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„Horizont“ – Versionsunterschied

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[[Bild:Sonnenaufgang.jpg|thumb|300px|Ein Sonnenaufgang am Horizont]]
[[Datei:Äquator im Atlantik.jpg|mini|hochkant=1.5|Horizont über dem Atlantik]]
Der '''Horizont''' ([[griechische Sprache|griechisch]] '''ορίζοντας''' - ''der Gesichtskreis'') ist die Grenzlinie zwischen der sichtbaren [[Erde]] und dem [[Himmel (planetär)|Himmel]]. Im [[Mathematik|mathematischen]] Sinn ist es die [[Schnittlinie]] der Himmelskugel mit einer [[Ebene]], die im Beobachtungsort [[senkrecht]] zur [[Lotrichtung]] steht.
Der '''Horizont''' ist eine Linie, die den [[Himmel (planetär)|Himmel]] von der [[Erde]] abgrenzt.
Der Begriff Horizont wurde von [[Philipp von Zesen]] durch den Ausdruck Gesichtskreis eingedeutscht.


Bei dem ''natürlichen'' Horizont hängt der Verlauf dieser Grenzlinie von [[Standort]] und [[Höhe]] des Beobachters sowie den örtlichen Gegebenheiten der umgebenden [[Landschaft]] ab, über dem [[Meer]] wird diese Linie auch ''Kimm'' genannt. Vom Horizont abhängige Beobachtungen, etwa des [[Sonnenaufgang]]s, lassen sich bei verschiedenen Standorten leichter vergleichen, wenn sie auf einen vereinfacht gedachten Horizont bezogen werden ([[Horizont (Bezug)|Bezugshorizont]]).
== Genauer betrachtet ==
sind einige Bedeutungen zu unterscheiden:
* (Mathematischer) '''Horizont:''' ein [[Großkreis]] im o.e. Sinn, der in der [[Astronomie]] zwei Bezugspunkte kennt:
** Wahrer Horizont: die horizontale Ebene geht durch den [[Erdmittelpunkt]]
** Scheinbarer Horizont (häufiger verwendet): durch einen Ort an der [[Erdoberfläche]]. Der Unterschied im [[Höhenwinkel]] eines Gestirns entspricht der [[Parallaxe]], während die [[Azimut]]e dieselben sind.
* Natürlicher Horizont oder [[Landschaft]]shorizont: die Grenzlinie zwischen Himmel und Erde, wie sie von den örtlichen Bedingungen abhängt.
** Einen ''weiten Horizont'' hat man auf einem [[Gipfel]] oder auf einer [[Ebene (Geographie)|Ebene]], im Gegensatz zu einem [[Gebirg]]stal. Oft dienen Berggipfel als Zeitmarken, z.B. bei der berühmten [[Sexten]]er [[Sonnenuhr]].
* Der ''Radiohorizont'' bezeichnet die theoretische Reichweite von VHF und UHF [[Radiowellen]], welche durch [[Brechung_(Physik)|Brechung]] in der Troposphäre über den visuellen Horizont reichen. Für eine Annäherungsrechnung wird ein um ein Drittel vergrößerter Erdradius angenommen.
* Nautischer Horizont, Kimmung, [[Kimm]]linie: der natürliche Horizont am [[Meer]], siehe unten.
* [[Künstlicher Horizont]]: eine genau [[horizontal]]e, spiegelnde Fläche ([[Quecksilber]], Glasscheibe oder [[Öl]]), die als Hilfmittel zur Messung der [[Lotrichtung]] dient.
** Mit K.H. wird auch ein [[Kreisel]]instrument der [[Navigation]] bezeichnet.
* Horizont im übertragenen Sinn, v.a. [[geist]]igen Sinn: siehe unten.


[[Datei:Sonnenuntergang Tazacorte 2019-11-19.JPG|mini|hochkant=1.5|Die Horizontdistanz wächst mit der Beobachtungshöhe – bei 134 Meter Höhe liegt der ''nautische Horizont'' in rund 41,3 km Entfernung. Doch können noch weiter entfernte Objekte sichtbar sein, infolge [[Terrestrische Refraktion|atmosphärischer Refraktion]] so der Meeresspiegel bis etwa 45,3 km (''optischer Horizont''). Wolkenschichten in 134 Meter [[Höhe über dem Meeresspiegel|Höhe ü. d. M.]] wären ungefähr 90 km entfernt, wenn sie auf dem Horizont zu schwimmen scheinen.]]
== Horizont in Mathematik, [[Astronomie]] und [[Geodäsie]] ==
Dieser ''ideale'' Horizont spannt eine [[Ebene (Mathematik)|Ebene]] auf, die [[Rechter Winkel|rechtwinklig]] zur [[Zenit]]- oder [[Lotrichtung]] steht und als '''Horizontebene''' oder '''Horizontalebene''' bezeichnet wird. Eine [[waagerechte]] Ebene oder [[Gerade|Linie]] wird häufig auch '''Horizontale''' genannt.
Der Horizont im mathematischen Sinn ist ein [[Großkreis]], der die [[Sphäre]] oder [[Himmelskugel]] in zwei gleiche Hälften teilt und dessen "[[Pol]]" der [[Zenit]] ist.


Der Ausdruck '''Gesichtskreis''' wurde im 17. Jahrhundert von [[Philipp von Zesen]] im Sinne einer [[Verdeutschung]] anstelle von ''Horizont'' eingeführt,<ref>{{Literatur |Titel=Etymologisches Wörterbuch des Deutschen |Hrsg=Wolfgang Pfeifer |Auflage=2. |Verlag=Deutscher Taschenbuch Verlag |Datum=1993 |ISBN=3-423-03358-4}}</ref> wird aber heute selten gebraucht und gilt als veraltet<ref>siehe Duden online: [https://www.duden.de/rechtschreibung/Gesichtskreis ''Gesichtskreis'']</ref>.
Er ist die Basis des [[Horizontsystem]]s - ein Koordinatensystem, in dem [[Gestirn]]e und [[terrestrisch]]e [[Messpunkt]]e durch Richtung ([[Azimut]], [[Kurs (Navigation)|Kurs]]) und [[Höhenwinkel]] angegeben werden. Senkrecht zum Horizont - also durch den Zenit - verlaufen die [[Vertikalkreis]]e, von denen der [[Meridian]] genau in [[Norden (Himmelsrichtung)|Nord]]-[[Süd]]-Richtung liegt.


== Wortherkunft ==
In der Theorie über [[Schwarzes Loch|Schwarze Löcher]] existiert der Begriff des [[Ereignishorizont]]es - eigentlich eine Sphäre um die Singularität herum, welche "schwarz" bleibt, aus welcher klassischerweise keine Information mehr nach außen dringen kann, da aufgrund der starken Gravitation die [[Fluchtgeschwindigkeit]] die [[Lichtgeschwindigkeit]] übertrifft und so selbst masselose Teilchen wie [[Lichtquant]]en eine so große [[Rotverschiebung]] erfahren, dass ihre Energie gleich Null wird (und sie damit faktisch ebenfalls von der Schwerkraft "festgehalten" werden).
Das Wort ''Horizont'' ist ein [[Lehnwort]] aus dem [[Latein]]ischen, das lateinische Wort {{lang|la|''horizon''}} (Genitiv: ''horizontis'') wiederum ist entlehnt aus dem [[Altgriechische Sprache|Altgriechischen]]. Es geht zurück auf {{lang|grc|ὁρίζων|horízōn}} mit der Bedeutung „Grenzlinie“&nbsp;– als Verkürzung des Ausdrucks {{lang|grc|ὁρίζων κύκλος|horízōn kýklos}} „begrenzender Kreis“ oder „des Begrenzenden<!-- Großschreibung korrekt, Genitiv --> Kreis<!-- Nominativ -->“<ref name="lsj">so auch {{lang|grc|ὁρίζοντος κύκλος|horízontos kýklos}} bei [[Aristoteles]], siehe Liddell-Scott-Jones: ''[[A Greek-English Lexicon]].'' 9. Ausgabe, Clarendon Press, Oxford 1940 [2003], [https://archive.org/stream/AGREEKENGLISHLEXICON2003COMPILEDByHENRIGEORGELIDDELLANDROBERTSCOTT/A%20GREEK-ENGLISH%20LEXICON%20/page/n2777/mode/1up ὁρίζων] bzw. Stichwort [http://www.perseus.tufts.edu/hopper/morph?l=o%28ri%2Fzontos&la=greek&can=o%28ri%2Fzontos0&prior=o%28tou=&d=Perseus:text:1999.04.0057:entry=o%28ri/zwn&i=1 ὁρίζοντος], auf [http://www.perseus.tufts.edu/hopper/searchresults?q=o%28ri%2Fzwn Perseus].</ref>&nbsp;– gebildet zu {{lang|grc|ὁρίζειν|horízein}} „begrenzen“, einer Ableitung von {{lang|grc|ὅρος|hóros}} „Grenze“.<ref name="kluge">{{Literatur |Autor=[[Friedrich Kluge]], [[Elmar Seebold]] |Titel=[[Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache]] |Auflage=25 |Datum=2011 |Online={{Google Buch |BuchID=6FSSDwAAQBAJ |Seite=425 |Hervorhebung=Horizont |Linktext=Lemma ''Horizont''}}}}</ref>


== Präzise Definitionen ==
== Horizont in der [[Nautik]], Kimmlinie ==
Genauer betrachtet sind einige Bedeutungen zu unterscheiden, die sich alle durch unterschiedliche [[Sichtweite]]n und scheinbare Entfernungen zum Horizont unterscheiden:
Die [[Kimm]] ist auf freiem [[Ozean]] die Grenzlinie zwischen [[Himmel (planetär)|Himmel]] und Wasser. Genauer handelt es sich um jene [[kreis (Geometrie)|kreis]]ähnliche Linie, von der tangential von der Erdoberfläche abgehende Lichtstrahlen ins Auge des Beobachters fallen.
* ''Natürlicher'' oder ''Landschaftshorizont:'' die Grenzlinie zwischen Himmel und Erde, wie sie von den örtlichen Bedingungen ([[Landschaft]], Berge, Stadtsilhouette) abhängt.
* ''Mathematischer Horizont'' oder ''astronomischer Horizont:'' die Schnittlinie der [[Sphäre (Mathematik)|Sphäre]] der Himmelskugel mit jener [[Ebene (Mathematik)|Ebene]], die im Beobachtungsort [[Orthogonalität|rechtwinklig]] zur [[Lotrichtung]] steht. Letztere ist nicht die Richtung zum [[Erdmittelpunkt]], welche wegen der [[Erdabplattung]] um bis zu 0,2° von der Lotrichtung abweicht.
* ''Nautischer Horizont'', Kimm(ung), [[#Horizont in der Nautik, Kimmlinie|Kimmlinie]]: der natürliche Horizont am Meer. Er liegt je nach Beobachterhöhe um die [[#Horizont in der Nautik, Kimmlinie|Kimmtiefe]] unter dem mathematischen Horizont. Bedingt durch die [[terrestrische Refraktion]] ist seine Sichtlinie geringfügig gebogen.
* ''[[Radiohorizont]]:'' [[Dezimeterwelle|Radiowellen]] verhalten sich (abhängig von ihrer [[Raumwelle|Wellenlänge]], erst ab [[Ultrakurzwelle]] spricht man von ''quasioptischer Wellenausbreitung'') ähnlich wie Licht. Die Brechung wird berücksichtigt durch einen größeren ''scheinbaren Erddurchmesser''.


Die Horizontebene ist die Ebene des geometrischen Horizonts. Die Vertikale auf diese Ebene schneidet die Himmelssphäre in [[Zenit (Richtungsangabe)|Zenit]] und [[Nadir (Richtungsangabe)|Nadir]].
Die [[Entfernung]] der Kimm hängt von dem Standpunkt des Beobachters ab.


== Horizont in der Nautik, Kimmlinie ==
Vernachlässigt man Lichtablenkungen in der Atmosphäre und idealisiert die Erde als perfekte Kugel, so ist die Entfernung zum Horizont näherungsweise gegeben durch
Die '''Kimm''' ist die auf offenem [[Meer]] sichtbare Grenzlinie zwischen Wasser und Himmel. Auf sie beziehen sich Messungen von [[Höhenwinkel]]n, zum Beispiel mit einem [[Sextant]]en.
:<math>d_\mathrm{ideal} = 3{,}570\,\mathrm{km}\cdot\sqrt{H} = 1{,}927\,\mathrm{sm}\ \cdot\sqrt{H} ,</math>
wobei H die Höhe in [[Meter]] über dem Meer ist, genähert über [[Normalnull|NN]]. Ferner ist 1 [[Seemeile|sm]] = 1,852 [[Kilometer|km]]. Unter durchschnittlichen atmosphärischen Bedingungen ist die Horizontentfernung ein wenig größer:
:<math>d_\mathrm{mittel} = 3{,}843\,\mathrm{km}\cdot\sqrt{H} = 2{,}075\,\mathrm{sm}\cdot\sqrt{H}</math>
Der mathematische Hintergrund ist unter [[Kimm]] näher beschrieben.


Wegen der [[Erdkrümmung]] – der ''mittlere [[Erdradius]]'' beträgt 6371&nbsp;km, der [[Krümmungsradius]] der Erde liegt zwischen 6334&nbsp;km und 6400&nbsp;km – erscheint die Kimm umso tiefer unter dem mathematischen Horizont, je höher sich der Beobachter über dem [[Meeresspiegel]] befindet.
Als ungefähre Entfernung des Horizonts lässt sich abschätzen:


Daher müssen die Höhenwinkel um die ''Kimmtiefe'' <math>\kappa</math> verkleinert werden. Diese sogenannte [[Höhenbeschickung]] beträgt
{| {{Prettytable}}
:<math>\frac{\kappa}{\text{arcmin}} = 1{,}75 \cdot \sqrt{\frac{h}{\text{m}}}</math>
! {{highlight1}} |Höhe
(Kimmtiefe <math>\kappa</math> in [[Bogenminute]]n; Höhe <math>h</math> des Beobachters in [[Meter]]n).
! {{highlight1}} |Situation/Beispiel
! {{highlight1}} |Entfernung
|-
|1.00m
|am Meer stehende [[Kind]]er, Augenhöhe
|3.5 km
|-
|1.70m
|am Meer stehende Erwachsene, Augenhöhe
|4.7 km
|-
|5m
|von einer [[Düne]]
|8.0 km
|-
|10m
|Hotelzimmerfenster
|11.3 km
|-
|30m
|[[Mastkorb]] auf einem Schiff
|19.6 km
|-
|100m
|
|35.7 km
|-
|157m
|[[Kölner Dom]]
|44.7 km
|-
|162m
|[[Ulmer Münster]] (höchster Kirchturm der Erde)
|45.4 km
|-
|500m
|Spitze des [[Taipei Financial Center]] (508m)
|79.8 km
|-
|1000m
|
|112.9 km
|-
|colspan="3" {{highlight1}}|&nbsp;und folgende rein theoretische Werte (zunehmendes Problem der Erdkrümmung)&nbsp;
|-
|2962m
|[[Zugspitze]]
|194 km
|-
|4807m
|[[Montblanc]]
|247 km
|-
|8872m
|[[Mount Everest]]
|336 km
|-
|11000m
|Flughöhe
|374 km
|}


[[Datei:HorizontEntfernungD.svg|mini|Distanz '''d''' des Horizonts von einem Punkt in Höhe '''h''' bei Krümmungsradius '''r''' = 6400 (Angaben in km)]]
== Andere Bedeutungen (Perspektive,Geologie, Bodenkunde, im geistigen Sinn)==
Nach der [[DIN]] 13312 („[[Navigation]]; Begriffe, Abkürzungen …“) soll für die Kimmtiefe in der Seefahrt die Abkürzung „''Kt''“, im Englischen die Abkürzung „''D''“ (von ''dip of horizon''), in der Luftfahrt die Abkürzung „''Dip''“ verwendet werden; als [[Formelzeichen]] wird für die Seefahrt ''k'' empfohlen.
* In der [[Perspektive]] bzw. in [[Bild]]ern: die Schnittgerade der Zeichen- bzw. Bildebene mit der Horizontalebene (dem o.e. mathematischen Horizont)
* In der [[Geologie]]: die kleinste [[Schicht]]einheit bei [[Sediment]]en; bzw. zeitlich die kleinste [[Zeiteinheit]].
* In der [[Bodenkunde]] werden Horizonte meist an einem 1,30m tiefen Bodenprofil(Querschnitt) benannt. Sie entstehen durch Umverteilung und Ablegerungen von mineralischen und organischen Stoffen im Boden
* In der [[Archäologie]] die Schichtabfolge von Siedlungsspuren.
* Im [[geist]]igen Sinn: der Gesichtskreis, das geistige [[Fassungsvermögen]] einer Person.


Die Distanz <math>d</math> des Horizonts von einem Punkt mit der Höhe <math>h</math> über der [[Erdoberfläche]] lässt sich mit der Formel
''Siehe auch:''
[[Himmelsrichtung]], [[Höhe]] [[Null]], [[Waage]], [[Zenit]], [[Dämmerung]], [[Sonnenaufgang]], [[Sonnenuntergang]]


:<math>d = \sqrt{2 r h + h^2} = \sqrt{(2 r + h) \cdot h} = \sqrt{2 r + h} \cdot \sqrt{h}</math>


berechnen, wobei <math>r</math> der Krümmungsradius der Erde ist. Wird für <math>r</math> der Wert <math>6\,400\,000\,\mathrm m</math> eingesetzt, was etwa dem maximal möglichen Wert in Metern entspricht, ergibt sich bei einer Beobachtungshöhe <math>h</math> von 400&nbsp;m eine Distanz von
{{Wiktionary1|Horizont}}


:<math>d = \sqrt{12\,800\,000 \cdot 400 + 160\,000}\,\text{m} = \sqrt{12\,800\,400} \cdot \sqrt{400}\,\text{m} \approx 71\,555 \, \text{m},</math> rund <math> 71{,}6 \,\text{km}.</math>
[[Kategorie:Astrometrie]]


Für Höhen <math>h</math>, die sehr viel kleiner als der Erdradius <math>r</math> sind <math>(h \ll r)</math>, kann der Term <math>h^2</math> gegenüber <math>2 r h</math> vernachlässigt werden; damit erhält man vereinfacht die folgende Näherungsformel<ref group="A">Diese Näherung gilt auch für auf 10&nbsp;km Höhe fliegende Flugzeuge<!-- Quellenbeleg fehlt noch -->.</ref>
[[ca:Horitzó]]

[[da:Horisont]]
:<math>d \approx \sqrt{2 r h } = \sqrt{2 r} \cdot \sqrt{h}</math>
[[en:Horizon]]

[[es:Horizonte]]
Setzt man hier den mittleren Erdradius (6371&nbsp;km) für <math>r</math> ein, so erhält man die Horizontdistanz in Kilometern, bei Angabe der Höhe <math>h</math> in Metern, mit der [[Faustregel|Faustformel]]<ref>{{Literatur |Autor=Berthold Schuppar |Titel=Geometrie auf der Kugel |Verlag=Springer Spektrum |Datum=2017 |ISBN=978-3-662-52941-6 |Seiten=54}}</ref>
[[fr:Horizon]]
:<math>d \approx 3{,}6 \cdot \sqrt{h}</math>.
[[hr:Obzor]]

[[it:Orizzonte]]
Damit ergibt sich zum Beispiel für eine Beobachtungshöhe <math>h</math> von 400&nbsp;m: <math>d \approx 3{,}6 \cdot \sqrt{400}\,\text{km} = 72\,\text{km}.</math>
[[ja:地平線]]

[[lt:Horizontas]]
Die geometrisch berechnete Distanz zum nautischen Horizont entspricht wegen der Lichtbrechung in der Erdatmosphäre aber nicht der Entfernung zum ''optischen'' Horizont. Abhängig von den Druck- und Temperaturbedingungen in der unteren Lufthülle kann die [[Terrestrische Refraktion#In Bodennähe|terrestrische Refraktion]] erheblich schwanken. Im Mittel liegt der ''scheinbare Erdradius'' bei circa 7680&nbsp;km, der gesehene Horizont um rund ein Zehntel weiter entfernt als der geometrisch berechnete. Die Entfernung <math>s_\text{opt}</math> zum optischen Horizont lässt sich so abschätzen mit der Formel
[[nl:Horizon]]
:<math>s_\text{opt} \approx 3{,}92 \cdot \sqrt{h}</math>,
[[pl:Horyzont]]
im Beispiel <math>\approx 3{,}92 \cdot 20\,\text{km} = 78{,}4\,\text{km}.</math>
[[pt:Horizonte]]

[[ro:Horizonte]]
Für Details und zusätzliche Beispiele siehe auch [[Sichtweite#Geodätische Sichtweite|geodätische Sichtweite]].
[[sv:Horisont]]

== Horizont in Mathematik, Astronomie und [[Geodäsie]] ==
Der Horizont im mathematischen Sinn ist ein [[Großkreis]], der die [[Sphäre]] oder [[Himmelskugel]] in zwei gleiche Hälften teilt und dessen [[Kugelgeometrie#Dualität auf der Kugel|Pol]] der [[Zenit]] ist.
; Geometrischer Horizont: ein [[Großkreis]] im oben erwähnten Sinn, der in der [[Astronomie]] zwei [[Referenzpunkt (Koordinaten)|Bezugspunkte]] kennt:
:* Geozentrischer (wahrer) Horizont: die horizontale Ebene geht durch den [[Erdmittelpunkt]]
:* Topozentrischer (scheinbarer) Horizont (häufiger verwendet): durch einen Ort an der [[Erdoberfläche]], beziehungsweise durch den Standpunkt des Beobachters. Der Unterschied im [[Höhenwinkel]] eines Gestirns entspricht der [[Parallaxe]], während die [[Azimut]]e dieselben sind.

Er ist die Basis des [[Horizontsystem]]s – ein Koordinatensystem, in dem [[Gestirn]]e und [[terrestrisch]]e [[Messpunkt]]e durch Richtung ([[Azimut]], [[Kurs (Navigation)|Kurs]]) und [[Höhenwinkel]] angegeben werden. Senkrecht zum Horizont – also durch den Zenit – verlaufen die [[Vertikalkreis (Geometrie)|Vertikalkreise]], von denen der [[Meridian (Geographie)|Meridian]] genau in [[Norden|Nord]]-[[Süden|Süd]]-Richtung liegt.

; Horizont als Messbezug:
Der Horizont ist der wichtigste [[Horizont (Bezug)|Bezug]] für lokale Messungen. Die wichtigsten Geräte zu seiner Realisierung sind die [[Wasserwaage]] bzw. (genauer) die [[Röhrenlibelle]], ferner [[Höhenkompensator]]en und andere [[Pendelkörper]], elektronische [[Neigungssensor]]en und bisweilen Flüssigkeits- bzw. [[Quecksilberhorizont|Quecksilberspiegel]].<br />
Die Messung der Horizontalen erfolgt mit [[Nivelliergerät]], die Aufstellung von Messinstrumenten wird [[Horizontieren]] genannt.

== Horizont in der Kunst ==
[[Datei:Earth's horizon as seen from Shuttle Endeavour.jpg|mini|Blick auf den Erdhorizont ([[Endeavour (Raumfähre)|Space Shuttle Endeavour]], 2002)]]
Der Begriff Horizont wird in der Kunst vielfach als Sinnbild für Sehnsüchte und [[Utopie]]n verwendet. Beispiele dafür sind das Lied ''[[Horizont (Lied)|Horizont]]'' von [[Udo Lindenberg]], der Roman ''[[Der verlorene Horizont]]'' von [[James Hilton]] oder das Bild ''Forgotten Horizon'' von [[Salvador Dalí]]. In den Werken des Künstlers [[Jens Lausen]] spielt der Horizont eine zentrale Rolle.

Die Gruppe [[Knorkator]] thematisiert in ihrem Lied ''Wie weit ist es bis zum Horizont'' die Berechnung der Entfernung bis zum Horizont über den [[Satz des Pythagoras]].

== Siehe auch ==
* [[Dämmerung]], [[Sonnenaufgang]], [[Sonnenuntergang]]
* [[Künstlicher Horizont]] – [[Messgerät|Messinstrument]] zur Ermittlung der Horizontalen
* [[Horizontproblem]], Grundproblem der Kosmologie
* [[Horizontastronomie]]
* [[Horizontalpendel]]
* [[Horizont (Geologie)]]

== Literatur ==
* [[Albrecht Koschorke]]: ''Die Geschichte des Horizonts. Grenze und Grenzüberschreitung in literarischen Landschaftsbildern.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-518-58064-7.
* {{Literatur
|Autor=Ulrich Scharnow
|Titel=Lexikon Seefahrt
|TitelErg=
|Auflage=5
|Verlag=Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen
|Ort=Berlin
|Datum=1988
|ISBN=3-344-00190-6
|Seiten=277}}

== Weblinks ==
{{Commonscat|Horizons}}
{{Wiktionary}}
{{Wikiquote}}

== Anmerkungen ==
<references group="A" />

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Normdaten|TYP=s|GND=4245653-8}}

[[Kategorie:Astrometrie]]
[[Kategorie:Geodäsie]]

Aktuelle Version vom 29. Dezember 2024, 19:55 Uhr

Horizont über dem Atlantik

Der Horizont ist eine Linie, die den Himmel von der Erde abgrenzt.

Bei dem natürlichen Horizont hängt der Verlauf dieser Grenzlinie von Standort und Höhe des Beobachters sowie den örtlichen Gegebenheiten der umgebenden Landschaft ab, über dem Meer wird diese Linie auch Kimm genannt. Vom Horizont abhängige Beobachtungen, etwa des Sonnenaufgangs, lassen sich bei verschiedenen Standorten leichter vergleichen, wenn sie auf einen vereinfacht gedachten Horizont bezogen werden (Bezugshorizont).

Die Horizontdistanz wächst mit der Beobachtungshöhe – bei 134 Meter Höhe liegt der nautische Horizont in rund 41,3 km Entfernung. Doch können noch weiter entfernte Objekte sichtbar sein, infolge atmosphärischer Refraktion so der Meeresspiegel bis etwa 45,3 km (optischer Horizont). Wolkenschichten in 134 Meter Höhe ü. d. M. wären ungefähr 90 km entfernt, wenn sie auf dem Horizont zu schwimmen scheinen.

Dieser ideale Horizont spannt eine Ebene auf, die rechtwinklig zur Zenit- oder Lotrichtung steht und als Horizontebene oder Horizontalebene bezeichnet wird. Eine waagerechte Ebene oder Linie wird häufig auch Horizontale genannt.

Der Ausdruck Gesichtskreis wurde im 17. Jahrhundert von Philipp von Zesen im Sinne einer Verdeutschung anstelle von Horizont eingeführt,[1] wird aber heute selten gebraucht und gilt als veraltet[2].

Das Wort Horizont ist ein Lehnwort aus dem Lateinischen, das lateinische Wort horizon (Genitiv: horizontis) wiederum ist entlehnt aus dem Altgriechischen. Es geht zurück auf ὁρίζων horízōn mit der Bedeutung „Grenzlinie“ – als Verkürzung des Ausdrucks ὁρίζων κύκλος horízōn kýklos „begrenzender Kreis“ oder „des Begrenzenden Kreis“[3] – gebildet zu ὁρίζειν horízein „begrenzen“, einer Ableitung von ὅρος hóros „Grenze“.[4]

Präzise Definitionen

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Genauer betrachtet sind einige Bedeutungen zu unterscheiden, die sich alle durch unterschiedliche Sichtweiten und scheinbare Entfernungen zum Horizont unterscheiden:

  • Natürlicher oder Landschaftshorizont: die Grenzlinie zwischen Himmel und Erde, wie sie von den örtlichen Bedingungen (Landschaft, Berge, Stadtsilhouette) abhängt.
  • Mathematischer Horizont oder astronomischer Horizont: die Schnittlinie der Sphäre der Himmelskugel mit jener Ebene, die im Beobachtungsort rechtwinklig zur Lotrichtung steht. Letztere ist nicht die Richtung zum Erdmittelpunkt, welche wegen der Erdabplattung um bis zu 0,2° von der Lotrichtung abweicht.
  • Nautischer Horizont, Kimm(ung), Kimmlinie: der natürliche Horizont am Meer. Er liegt je nach Beobachterhöhe um die Kimmtiefe unter dem mathematischen Horizont. Bedingt durch die terrestrische Refraktion ist seine Sichtlinie geringfügig gebogen.
  • Radiohorizont: Radiowellen verhalten sich (abhängig von ihrer Wellenlänge, erst ab Ultrakurzwelle spricht man von quasioptischer Wellenausbreitung) ähnlich wie Licht. Die Brechung wird berücksichtigt durch einen größeren scheinbaren Erddurchmesser.

Die Horizontebene ist die Ebene des geometrischen Horizonts. Die Vertikale auf diese Ebene schneidet die Himmelssphäre in Zenit und Nadir.

Horizont in der Nautik, Kimmlinie

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Die Kimm ist die auf offenem Meer sichtbare Grenzlinie zwischen Wasser und Himmel. Auf sie beziehen sich Messungen von Höhenwinkeln, zum Beispiel mit einem Sextanten.

Wegen der Erdkrümmung – der mittlere Erdradius beträgt 6371 km, der Krümmungsradius der Erde liegt zwischen 6334 km und 6400 km – erscheint die Kimm umso tiefer unter dem mathematischen Horizont, je höher sich der Beobachter über dem Meeresspiegel befindet.

Daher müssen die Höhenwinkel um die Kimmtiefe verkleinert werden. Diese sogenannte Höhenbeschickung beträgt

(Kimmtiefe in Bogenminuten; Höhe des Beobachters in Metern).

Distanz d des Horizonts von einem Punkt in Höhe h bei Krümmungsradius r = 6400 (Angaben in km)

Nach der DIN 13312 („Navigation; Begriffe, Abkürzungen …“) soll für die Kimmtiefe in der Seefahrt die Abkürzung „Kt“, im Englischen die Abkürzung „D“ (von dip of horizon), in der Luftfahrt die Abkürzung „Dip“ verwendet werden; als Formelzeichen wird für die Seefahrt k empfohlen.

Die Distanz des Horizonts von einem Punkt mit der Höhe über der Erdoberfläche lässt sich mit der Formel

berechnen, wobei der Krümmungsradius der Erde ist. Wird für der Wert eingesetzt, was etwa dem maximal möglichen Wert in Metern entspricht, ergibt sich bei einer Beobachtungshöhe von 400 m eine Distanz von

rund

Für Höhen , die sehr viel kleiner als der Erdradius sind , kann der Term gegenüber vernachlässigt werden; damit erhält man vereinfacht die folgende Näherungsformel[A 1]

Setzt man hier den mittleren Erdradius (6371 km) für ein, so erhält man die Horizontdistanz in Kilometern, bei Angabe der Höhe in Metern, mit der Faustformel[5]

.

Damit ergibt sich zum Beispiel für eine Beobachtungshöhe von 400 m:

Die geometrisch berechnete Distanz zum nautischen Horizont entspricht wegen der Lichtbrechung in der Erdatmosphäre aber nicht der Entfernung zum optischen Horizont. Abhängig von den Druck- und Temperaturbedingungen in der unteren Lufthülle kann die terrestrische Refraktion erheblich schwanken. Im Mittel liegt der scheinbare Erdradius bei circa 7680 km, der gesehene Horizont um rund ein Zehntel weiter entfernt als der geometrisch berechnete. Die Entfernung zum optischen Horizont lässt sich so abschätzen mit der Formel

,

im Beispiel

Für Details und zusätzliche Beispiele siehe auch geodätische Sichtweite.

Horizont in Mathematik, Astronomie und Geodäsie

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Der Horizont im mathematischen Sinn ist ein Großkreis, der die Sphäre oder Himmelskugel in zwei gleiche Hälften teilt und dessen Pol der Zenit ist.

Geometrischer Horizont
ein Großkreis im oben erwähnten Sinn, der in der Astronomie zwei Bezugspunkte kennt:
  • Geozentrischer (wahrer) Horizont: die horizontale Ebene geht durch den Erdmittelpunkt
  • Topozentrischer (scheinbarer) Horizont (häufiger verwendet): durch einen Ort an der Erdoberfläche, beziehungsweise durch den Standpunkt des Beobachters. Der Unterschied im Höhenwinkel eines Gestirns entspricht der Parallaxe, während die Azimute dieselben sind.

Er ist die Basis des Horizontsystems – ein Koordinatensystem, in dem Gestirne und terrestrische Messpunkte durch Richtung (Azimut, Kurs) und Höhenwinkel angegeben werden. Senkrecht zum Horizont – also durch den Zenit – verlaufen die Vertikalkreise, von denen der Meridian genau in Nord-Süd-Richtung liegt.

Horizont als Messbezug

Der Horizont ist der wichtigste Bezug für lokale Messungen. Die wichtigsten Geräte zu seiner Realisierung sind die Wasserwaage bzw. (genauer) die Röhrenlibelle, ferner Höhenkompensatoren und andere Pendelkörper, elektronische Neigungssensoren und bisweilen Flüssigkeits- bzw. Quecksilberspiegel.
Die Messung der Horizontalen erfolgt mit Nivelliergerät, die Aufstellung von Messinstrumenten wird Horizontieren genannt.

Horizont in der Kunst

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Blick auf den Erdhorizont (Space Shuttle Endeavour, 2002)

Der Begriff Horizont wird in der Kunst vielfach als Sinnbild für Sehnsüchte und Utopien verwendet. Beispiele dafür sind das Lied Horizont von Udo Lindenberg, der Roman Der verlorene Horizont von James Hilton oder das Bild Forgotten Horizon von Salvador Dalí. In den Werken des Künstlers Jens Lausen spielt der Horizont eine zentrale Rolle.

Die Gruppe Knorkator thematisiert in ihrem Lied Wie weit ist es bis zum Horizont die Berechnung der Entfernung bis zum Horizont über den Satz des Pythagoras.

  • Albrecht Koschorke: Die Geschichte des Horizonts. Grenze und Grenzüberschreitung in literarischen Landschaftsbildern. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-518-58064-7.
  • Ulrich Scharnow: Lexikon Seefahrt. 5. Auflage. Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1988, ISBN 3-344-00190-6, S. 277.
Commons: Horizons – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Horizont – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Horizont – Zitate
  1. Diese Näherung gilt auch für auf 10 km Höhe fliegende Flugzeuge.

Einzelnachweise

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  1. Wolfgang Pfeifer (Hrsg.): Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, 1993, ISBN 3-423-03358-4.
  2. siehe Duden online: Gesichtskreis
  3. so auch ὁρίζοντος κύκλος horízontos kýklos bei Aristoteles, siehe Liddell-Scott-Jones: A Greek-English Lexicon. 9. Ausgabe, Clarendon Press, Oxford 1940 [2003], ὁρίζων bzw. Stichwort ὁρίζοντος, auf Perseus.
  4. Friedrich Kluge, Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 25. Auflage. 2011 (Lemma Horizont in der Google-Buchsuche).
  5. Berthold Schuppar: Geometrie auf der Kugel. Springer Spektrum, 2017, ISBN 978-3-662-52941-6, S. 54.