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„Wendeltreppe“ – Versionsunterschied

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[[Bild:Jagdschloss Granitz Wendeltreppe.jpg|thumb|Wendeltreppe im [[Jagdschloss Granitz]] auf der Insel Rügen]]
[[Bild:Rembrandt Harmensz. van Rijn 038.jpg|thumb|Wendeltreppe in [[Rembrandt]]s Gemälde ''Der Philosoph'', 1633]]
[[Datei:NeuesMuseumNbg Treppenhaus.jpg|mini|hochkant|Wendeltreppe im [[Neues Museum Nürnberg|Neuen Museum Nürnberg]]]]
[[Datei:Jagdschloss Granitz Treppe.jpg|mini|[[Gusseisen|Gusseiserne]] Treppenstufen im [[Jagdschloss Granitz]]]]
Die '''Wendeltreppe''' ist eine platzsparende Art [[Treppe]], bei der die Wegführung einer Schraubenlinie gleicht. Durch diese Bauart bleibt der Bedarf an bebauter Grundfläche unabhängig von der Höhe der Treppe. Deshalb eignen sich Wendeltreppen insbesondere für den Einbau in Türmen.
[[Datei:Escalier.XIIe.siecle.png|mini|hochkant|Schnitt und Grundriss einer historischen Spindeltreppe in [[Massivbau]]-Konstruktion]]
[[Datei:St. Paul (München) Chor-Wendeltreppe.jpg|mini|hochkant=0.5|Hochaufragende Wendeltreppe an der Chorwand der [[St. Paul (München)|Paulskirche in München]]]]
[[Datei:Spiral staircase Marktkirche Halle(Saale).jpg|mini|Die Spindeltreppe der [[Marktkirche Unser Lieben Frauen]] in Halle (Saale)]]
[[Datei:Wendeltreppe zum Cafe Glockenspiel.jpg|mini|hochkant|Treppe in historischem Gebäude in der Münchner Altstadt]]


Eine '''Wendeltreppe''' (seltener '''Wendelstiege'''), in der [[Schweiz]] und [[Alemannische Dialekte|alemannisch]] '''Schnegge''' bzw. '''Schnecke''', ist eine gewendelte [[Treppe]]nform (von ''Wendel'' „schraubenförmige Struktur“), bei der die Wegführung einer [[Helix]] entspricht. Eine Wendeltreppe windet sich schraubenförmig um ein zentrales [[Treppenauge]], das auch als ''Hohl-'' oder ''Lichtspindel'' bezeichnet wird.<ref>[[Hans Koepf]], [[Günther Binding]]: ''Bildwörterbuch der Architektur.''</ref> Eine solche Treppe wird auch ''Hohltreppe'' genannt.
Von der Wendeltreppe ist die '''Spindeltreppe''' zu unterscheiden. Diese hat eine durchgehende Säule in der Mitte, bei einer Wendeltreppe ist die "Säule" wie ein Korkenzieher spiralförmig gedreht.


Wird die Treppe durch eine zentrale Säule (oder Spindel) getragen, spricht man von einer '''Spindeltreppe'''. Die Treppenspindel kann sich aus zylindrischen Teilen der einzelnen [[Treppenstufe|Stufen]] zusammensetzen, oder es kann sich um eine durchgehende [[Säule]] handeln, an der die Stufen im Nachhinein befestigt sind. Die meisten Spindeltreppen sind heute aus [[Stahl]] gefertigt; mögliche andere Materialien waren und sind [[Naturstein]], [[Betonwerkstein]], [[Gusseisen]] oder [[Holz]].
Die Wendeltreppe windet sich [[Schraube (Mathematik)|schraubenförmig]] um einen zentralen Stützpfeiler. Die Mittelachse kann aber auch ausgespart sein, was zur offenen Wendeltreppe mit Treppenauge führt. Durch Wendelungen kann der Weg vom Anfang der Treppe bis zu ihrem Austritt der oberen Stufe wesentlich verkürzt werden. Im [[Mittelalter]] wurden oft solche Treppen bis hoch in die einzelnen [[Turm (Bauwerk)|Türme]] der [[Schloss (Gebäude)|Schlösser]] gebaut.


Eine ''doppelläufige'' Wendeltreppe ist eine zweiarmige Wendeltreppe, bei der die Antritte und Austritte der Treppenarme um 180° versetzt liegen. Die Treppenläufe sind teilweise übereinander angeordnet (vgl. [[Doppelhelix]]). Die bekannteste doppelläufige Wendeltreppe befindet sich im Loireschloss [[Schloss Chambord#Architektur des Bauwerks|Chambord]]. Die Erfindung dieser Treppenform wird [[Leonardo da Vinci]] zugeschrieben. Ein Beispiel aus neuerer Zeit ist die Treppe zur Aussichtsplattform des [[Killesbergturm]]es in Stuttgart.
=== Rechtsdrehende Wendeltreppen===
Alte Wendeltreppen in engen Türmen sind immer rechtsdrehend (von unten aus kommend). In der [[Technik]] entspricht das einem Links-[[Gewinde]].


== Geschichte ==
Es spielte eine große Rolle, ob die Treppe links- oder rechtsherum gewunden war. Ein [[Ritter]] konnte sich bei der [[Flüchten|Flucht]] nach oben besser mit dem [[Schwert]] in der rechten [[Hand]] in einer rechts windenden Treppe verteidigen. Die Angreifer - mit dem Schwert in der rechten Hand - wurden dabei durch den Stützpfeiler in der Mitte behindert. Zusätzlich hatte der Verteidiger noch einen taktischen Höhenvorteil. Er konnte also von oben mit dem Schwert in der rechten Hand auf den Verteidiger eindreschen, der nur sein Schild bequem mit der linken Hand benutzen konnte.
{{Siehe auch|Liste antiker Wendeltreppen}}


Die Treppenform wurde in der Vergangenheit vor allem aufgrund des geringen Platzbedarfs gewählt. Häufig wurden Wendeltreppen bei [[Turm]]bauten eingesetzt, da sie der runden Turmgeometrie folgten. Sie kamen in [[Burg]]en und [[Schloss (Architektur)|Schlössern]], [[Kirchturm|Kirchtürmen]], [[Minarett]]en und [[Siegessäule|Ehrensäulen]] zum Einsatz. Die ältesten bekannten Beispiele befinden sich im ca. 480&nbsp;v.&#8239;Chr. errichteten Tempel A der griechischen Kolonie [[Selinunt]] auf Sizilien, dessen Eingang zur [[Cella]] von zwei Wendeltreppen flankiert war.<ref>Martin Beckmann: ''The 'Columnae Coc(h)lides' of Trajan and Marcus Aurelius.'' In: ''Phoenix.'' Band 56, Nr. 3/4, 2002, S. 348–357 (354).</ref><ref>Stefania Ruggeri: ''Selinunt.'' Edizioni Affinità Elettive, Messina 2006, ISBN 88-8405-079-0, S. 77</ref> In Burgen sind Wendeltreppen meist&nbsp;– von unten aus betrachtet&nbsp;– rechtsherum gewendelt. War die Wendeltreppe dem Gebäude vorgestellt, so wurde dieser Treppenturm auch [[Treppenturm|Wendelstein]] genannt. Eine besondere Form einer Wendeltreppe ist die [[Reitschnecke]], die für das Hochziehen von schweren Geschützen bzw. zum Reiten, zumeist innerhalb von [[Festung]]en, angelegt wurden.
Der [[Wehrturm]] in mittelalterlichen Burgen war der letzte Zufluchtsort, wenn alle Mauern fielen. Er hatte oft eine Tür, die mehrer Meter über dem Boden lag und nur über eine Leiter zu erreichen war. In solchen Wehrtürmen sind die Wendeltreppen prinzipiell rechtsdrehend. Wenn es aber erst einmal so weit gekommen war, dass man sich im Wehrturm verteidigen musste, dann war die Lage für den Verteidiger nicht mehr besonders rosig.


Heute kommt der wesentliche Vorteil dieser Treppenform, die Platzersparnis, nicht mehr zum Tragen. Die [[Bauordnungen (Deutschland)|Bauordnungen]] beschränkten die Anzahl der [[Treppenstufe|Stufen]] eines [[Treppenlauf (Bauteil)|Treppenlaufes]] aus Sicherheitsgründen. So werden [[Treppenabsatz|Treppenpodeste]] notwendig, die einen Bruch der kontinuierlichen Schraubenform darstellen. Aufgrund gestiegener Sicherheits- und Komfortbedürfnisse, aber auch aus Gründen der Rationalisierung ([[Orthogonalität|orthogonale]] [[Grundriss]]e) wird heute anderen Treppenformen der Vorzug gegeben.
In [[Augsburg]] gibt es eine Sonderform der Wendeltreppe. Im alten Wasserturm am roten Tor kann man eine gegenläufige Wendeltreppe bestaunen. Erbaut wurde sie vom damaligen Stadtbaumeister Caspar Walter (Amtszeit: 1701-1769). Siehe: [http://de.wikipedia.org/wiki/Kultur_und_Sehensw%C3%BCrdigkeiten_in_Augsburg#Vergessene_Sehensw.C3.BCrdigkeiten]


Heute werden Wendeltreppen vor allem dort eingesetzt, wo sie nicht den Anforderungen an eine [[notwendige Treppe]] genügen müssen. Das ist häufig in kleineren Wohngebäuden der Fall. In repräsentativen Gebäuden, bei denen mehr Fläche zur Verfügung steht, werden ausladende Wendeltreppen als gestalterische Elemente etwa in [[Foyer]]räumen eingesetzt.
[[Kategorie:Bauteil (Erschließung)]]

[[Kategorie:Treppe]]
Eine skulpturale Wirkung können insbesondere freistehende Wendeltreppen haben, die etwa dem Gebäude vorgestellt und über Brücken mit ihm verbunden sind.

== Baurechtliche Anforderungen ==
Aufgrund der zur Mitte hin abnehmenden Stufenbreite und der Notwendigkeit, im Kreis zu laufen, erfordert das Begehen einer Wendeltreppe eine höhere Aufmerksamkeit.

Die Personenrettung, insbesondere, wenn verletzte Personen auf einer Tragbahre oder einem Rettungsstuhl transportiert werden müssen, ist auf einer engen Wendeltreppe nur mit Einschränkungen möglich.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.treppenmeister.com/de/treppenlexikon/krankentransport/ |titel=Krankentransport auf Treppen |werk=treppenmeister.com (Treppenlexikon) |abruf=2024-12-12}}</ref>

'''Wendeltreppen als ''Notwendige Treppen'' und Fluchtwege'''
* Die [[Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin|Bundesanstalt für Arbeitsschutz]] gibt an: „Als Flucht- und Rettungswege gelten grundsätzlich nur Treppen mit geraden Läufen. Wendeltreppen und Spindeltreppen sind nur im zweiten Fluchtweg ausnahmsweise in begründeten Einzelfällen zulässig, wenn die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung deren sichere Benutzung im Gefahrenfall erwarten lassen.“
* Nach der BGI/GUV-I 561 ''Information Treppen'' der Deutschen Gesetzlichen [[Unfallversicherung]] (DGUV)<ref>[http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/i-561.pdf Information Treppen] der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), abgerufen im Juni 2016</ref> sind Wendeltreppen nicht als erster Fluchtweg zulässig. Als zweiter Fluchtweg sind sie zulässig, wenn eine Gefährdungsbeurteilung deren sichere Benutzung im Gefahrenfall erwarten lässt (siehe ASR A2.3). In Schulen und Kindertageseinrichtungen sind Spindeltreppen als notwendige Flucht- und Rettungswege nicht zulässig.

== Trivia ==
* In [[Augsburg]] gibt es im [[Kastenturm (Augsburg)|Kastenturm]] beim [[Wasserwerk am Roten Tor]] eine Sonderform der Wendeltreppe. Diese gegenläufige Wendeltreppe wurde vom damaligen Stadtbaumeister [[Caspar Walter]] (Amtszeit: 1701–1769) erbaut.
* In der Burg von [[Graz]] gibt es eine&nbsp;– „[[Doppelwendeltreppe Graz|Versöhnungsstiege]]“ genannte&nbsp;– Doppelwendeltreppe: Getrennte Treppenläufe führen wieder zusammen.
* In Paris führen Wendeltreppen zur Station [[Abbesses (Métro Paris)]] der Linie 12.
* Umgangssprachlich werden Wendeltreppen auch als spiralförmig beschrieben. Geometrisch trifft dies nicht zu, da eine [[Spirale]] durch einen stetig veränderten [[Radius]] definiert ist. Die Steigung einer Wendeltreppe ist demgegenüber kein zwingendes Wesensmerkmal einer Spirale. Es gibt nur wenige Wendeltreppen, die tatsächlich spiralförmig gestaltet sind. Eine solche Sonderform ist die ''Münchner Treppe'', bei der das Treppenauge nicht zylinderförmig ist, sondern sich wie ein auf der spitzen Seite stehender [[Kegelstumpf]] nach oben aufweitet.<ref>Baunetz Wissen: [http://www.baunetzwissen.de/glossarbegriffe/Treppen_Muenchner-Treppe_48211.html?index=M Münchner Treppe,] abgerufen am 16. November 2022</ref>

<gallery class="center" mode="packed" heights="140">
Codex Loeffelholz F 11v - secret staircase.png|Wendeltreppe mit drehbar gelagertem Treppenhaus als Geheimtreppe im [[Löffelholz-Codex]] von 1505
Uni-Mannheim Neubau Rettungsleiter.jpg|Rettungstreppe mit Spindel
Killesbergturm.JPG|Doppelläufige Wendeltreppe ([[Killesbergturm]])
Palazzo del Quirinale (La scala del Mascherino).jpg|Wendeltreppe von [[Ottaviano Nonni]] im [[Quirinalspalast]] in Rom
Pei Berlin 1.jpg|Offene Treppe im [[Ausstellungsbau des Deutschen Historischen Museums]]
Vor Frelsers Kirke Copenhagen spire.jpg|[[Vor Frelsers Kirke (Kopenhagen)|Erlöserkirche in Kopenhagen]] mit Wendeltreppe außen
Munot Reitschnecke.jpg|Reitschnecke im [[Munot]]
Bahauddin Maqbara by Kshitij.jpg|Außenwendeltreppen in [[Junagadh]], [[Indien]]
</gallery>

== Literatur ==
* [[Ursula Baus]], Klaus Siegele: ''Wendel- und Spindeltreppen''. DVA, München 2006, ISBN 978-3-421-03581-3.
* [[Friedrich Mielke]]: ''Handbuch der Treppenkunde.'' Verlag Th. Schäfer, Hannover 1993, ISBN 3-88746-312-9.

== Weblinks ==
{{Commonscat|Spiral stairs|Wendeltreppen}}
{{Wiktionary|Wendeltreppe}}

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Normdaten|TYP=s|GND=4189623-3}}

[[Kategorie:Treppen]]
[[Kategorie:Bauform von Bauelementen (Architektur)]]

Aktuelle Version vom 13. Mai 2025, 03:38 Uhr

Wendeltreppe im Neuen Museum Nürnberg
Gusseiserne Treppenstufen im Jagdschloss Granitz
Schnitt und Grundriss einer historischen Spindeltreppe in Massivbau-Konstruktion
Hochaufragende Wendeltreppe an der Chorwand der Paulskirche in München
Die Spindeltreppe der Marktkirche Unser Lieben Frauen in Halle (Saale)
Treppe in historischem Gebäude in der Münchner Altstadt

Eine Wendeltreppe (seltener Wendelstiege), in der Schweiz und alemannisch Schnegge bzw. Schnecke, ist eine gewendelte Treppenform (von Wendel „schraubenförmige Struktur“), bei der die Wegführung einer Helix entspricht. Eine Wendeltreppe windet sich schraubenförmig um ein zentrales Treppenauge, das auch als Hohl- oder Lichtspindel bezeichnet wird.[1] Eine solche Treppe wird auch Hohltreppe genannt.

Wird die Treppe durch eine zentrale Säule (oder Spindel) getragen, spricht man von einer Spindeltreppe. Die Treppenspindel kann sich aus zylindrischen Teilen der einzelnen Stufen zusammensetzen, oder es kann sich um eine durchgehende Säule handeln, an der die Stufen im Nachhinein befestigt sind. Die meisten Spindeltreppen sind heute aus Stahl gefertigt; mögliche andere Materialien waren und sind Naturstein, Betonwerkstein, Gusseisen oder Holz.

Eine doppelläufige Wendeltreppe ist eine zweiarmige Wendeltreppe, bei der die Antritte und Austritte der Treppenarme um 180° versetzt liegen. Die Treppenläufe sind teilweise übereinander angeordnet (vgl. Doppelhelix). Die bekannteste doppelläufige Wendeltreppe befindet sich im Loireschloss Chambord. Die Erfindung dieser Treppenform wird Leonardo da Vinci zugeschrieben. Ein Beispiel aus neuerer Zeit ist die Treppe zur Aussichtsplattform des Killesbergturmes in Stuttgart.

Die Treppenform wurde in der Vergangenheit vor allem aufgrund des geringen Platzbedarfs gewählt. Häufig wurden Wendeltreppen bei Turmbauten eingesetzt, da sie der runden Turmgeometrie folgten. Sie kamen in Burgen und Schlössern, Kirchtürmen, Minaretten und Ehrensäulen zum Einsatz. Die ältesten bekannten Beispiele befinden sich im ca. 480 v. Chr. errichteten Tempel A der griechischen Kolonie Selinunt auf Sizilien, dessen Eingang zur Cella von zwei Wendeltreppen flankiert war.[2][3] In Burgen sind Wendeltreppen meist – von unten aus betrachtet – rechtsherum gewendelt. War die Wendeltreppe dem Gebäude vorgestellt, so wurde dieser Treppenturm auch Wendelstein genannt. Eine besondere Form einer Wendeltreppe ist die Reitschnecke, die für das Hochziehen von schweren Geschützen bzw. zum Reiten, zumeist innerhalb von Festungen, angelegt wurden.

Heute kommt der wesentliche Vorteil dieser Treppenform, die Platzersparnis, nicht mehr zum Tragen. Die Bauordnungen beschränkten die Anzahl der Stufen eines Treppenlaufes aus Sicherheitsgründen. So werden Treppenpodeste notwendig, die einen Bruch der kontinuierlichen Schraubenform darstellen. Aufgrund gestiegener Sicherheits- und Komfortbedürfnisse, aber auch aus Gründen der Rationalisierung (orthogonale Grundrisse) wird heute anderen Treppenformen der Vorzug gegeben.

Heute werden Wendeltreppen vor allem dort eingesetzt, wo sie nicht den Anforderungen an eine notwendige Treppe genügen müssen. Das ist häufig in kleineren Wohngebäuden der Fall. In repräsentativen Gebäuden, bei denen mehr Fläche zur Verfügung steht, werden ausladende Wendeltreppen als gestalterische Elemente etwa in Foyerräumen eingesetzt.

Eine skulpturale Wirkung können insbesondere freistehende Wendeltreppen haben, die etwa dem Gebäude vorgestellt und über Brücken mit ihm verbunden sind.

Baurechtliche Anforderungen

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Aufgrund der zur Mitte hin abnehmenden Stufenbreite und der Notwendigkeit, im Kreis zu laufen, erfordert das Begehen einer Wendeltreppe eine höhere Aufmerksamkeit.

Die Personenrettung, insbesondere, wenn verletzte Personen auf einer Tragbahre oder einem Rettungsstuhl transportiert werden müssen, ist auf einer engen Wendeltreppe nur mit Einschränkungen möglich.[4]

Wendeltreppen als Notwendige Treppen und Fluchtwege

  • Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz gibt an: „Als Flucht- und Rettungswege gelten grundsätzlich nur Treppen mit geraden Läufen. Wendeltreppen und Spindeltreppen sind nur im zweiten Fluchtweg ausnahmsweise in begründeten Einzelfällen zulässig, wenn die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung deren sichere Benutzung im Gefahrenfall erwarten lassen.“
  • Nach der BGI/GUV-I 561 Information Treppen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)[5] sind Wendeltreppen nicht als erster Fluchtweg zulässig. Als zweiter Fluchtweg sind sie zulässig, wenn eine Gefährdungsbeurteilung deren sichere Benutzung im Gefahrenfall erwarten lässt (siehe ASR A2.3). In Schulen und Kindertageseinrichtungen sind Spindeltreppen als notwendige Flucht- und Rettungswege nicht zulässig.
  • In Augsburg gibt es im Kastenturm beim Wasserwerk am Roten Tor eine Sonderform der Wendeltreppe. Diese gegenläufige Wendeltreppe wurde vom damaligen Stadtbaumeister Caspar Walter (Amtszeit: 1701–1769) erbaut.
  • In der Burg von Graz gibt es eine – „Versöhnungsstiege“ genannte – Doppelwendeltreppe: Getrennte Treppenläufe führen wieder zusammen.
  • In Paris führen Wendeltreppen zur Station Abbesses (Métro Paris) der Linie 12.
  • Umgangssprachlich werden Wendeltreppen auch als spiralförmig beschrieben. Geometrisch trifft dies nicht zu, da eine Spirale durch einen stetig veränderten Radius definiert ist. Die Steigung einer Wendeltreppe ist demgegenüber kein zwingendes Wesensmerkmal einer Spirale. Es gibt nur wenige Wendeltreppen, die tatsächlich spiralförmig gestaltet sind. Eine solche Sonderform ist die Münchner Treppe, bei der das Treppenauge nicht zylinderförmig ist, sondern sich wie ein auf der spitzen Seite stehender Kegelstumpf nach oben aufweitet.[6]
Commons: Wendeltreppen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Wendeltreppe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur.
  2. Martin Beckmann: The 'Columnae Coc(h)lides' of Trajan and Marcus Aurelius. In: Phoenix. Band 56, Nr. 3/4, 2002, S. 348–357 (354).
  3. Stefania Ruggeri: Selinunt. Edizioni Affinità Elettive, Messina 2006, ISBN 88-8405-079-0, S. 77
  4. Krankentransport auf Treppen. In: treppenmeister.com (Treppenlexikon). Abgerufen am 12. Dezember 2024.
  5. Information Treppen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), abgerufen im Juni 2016
  6. Baunetz Wissen: Münchner Treppe, abgerufen am 16. November 2022