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„Qualitative Analyse“ – Versionsunterschied

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Die '''qualitative Analyse''' beschäftigt sich mit dem Nachweis [[chemisches Element|chemischer Elemente]], funktioneller Gruppen oder Verbindungen, ohne deren Mengenverhältnisse zu berücksichtigen.
Die '''qualitative Analyse''' beschäftigt sich mit dem Nachweis [[Chemisches Element|chemischer Elemente]], funktioneller Gruppen oder Verbindungen, ohne deren Mengenverhältnisse zu berücksichtigen. Dieser geschieht durch [[Nachweisreaktion]]en oder auf instrumentellem Wege. Bei der [[Quantitative Analyse|quantitativen Analyse]] wird untersucht, wie viel von bestimmten Stoffen in einer Probe vorhanden ist.


== {{Anker|Anfänge der Analytischen Chemie}}Anfänge, Entwicklung und Methoden der Analytischen Chemie ==
== Historisch ==
Immer wieder stießen Menschen auf unbekannte Flüssigkeiten, Gegenstände, Nahrungsmittel und Getränke, deren unbekannte Wirkung sie untersuchen wollten. Während einige vorsichtige Regierende in Antike und Mittelalter zu derlei lebensmittelanalytischen Zwecken Sklaven als Vorkoster einsetzten – und wohl auch verbrauchten –, hielten sich andere Monarchen an ihren Höfen oft Gelehrte. Probier- und Experimentierkünstler, Hofastrologen und -theologen, Ärzte, Kräuterfrauen, Quacksalber, Alchemisten, Meister und Magier gaben ihre oft geheimen Entdeckungen und Erfahrungen von Generation zu Generation weiter – und mit dem Aufkommen naturwissenschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsmethoden entwickelten sich erste systematische Vorgehensweisen zur Untersuchung unbekannter Proben auf die in ihnen enthaltenen Stoffe.

[[Datei:Domenico-Fetti Archimedes 1620.jpg|mini|''[[Archimedes]]'', [[Domenico Fetti]], 1620, ''Alte Meister'' [[Staatliche Kunstsammlungen Dresden]] ]]

Eine der wohl ältesten physikalisch-analytischen Methoden zur Untersuchung einer unbekannten Metallprobe war vielleicht das [[Archimedisches Prinzip|archimedische Prinzip]]: der Vergleich der [[Dichte]] durch Untertauchen in Wasser, um echtes von verfälschtem Gold unterscheiden zu können.

Auch chemische [[Analysenmethode]]n gab es schon, noch bevor sich die [[Chemie]] als Naturwissenschaft etablierte. Schon [[Plinius der Ältere|Plinius]] wusste [[Eisen(II)-sulfat|Eisensulfat]] in [[Grünspan]] nachzuweisen, indem er Galläpfelsaft einsetzte (dieser bildet mit [[Eisen]]-II-Ionen eine [[Eisengallustinte|schwarze Eisenverbindung]]).

Nach Entdeckung der [[Salpetersäure|Salpeter-]] und [[Schwefelsäure]] in den Vitriol-, [[Alaun]]- und Salpetersiedereien (Byzanz, 13. Jahrhundert) konnte man Silber- und Goldlegierungen auch chemisch voneinander unterscheiden: Silber löst sich in Salpetersäure („Scheidewasser“) auf, Gold nicht. Als man dann [[Salzsäure]] in Salpetersäure löste, war das [[Königswasser]] entdeckt (Venedig, 15. Jahrhundert) – es löste selbst den König der Metalle auf, das [[Gold]]. Und mit Hilfe von Kupfersalzlösungen – hergestellt z. B. aus Scheidewasser und Bronze – lehrte [[Andreas Libavius]] (ca. 1550–1616), wie man [[Salmiakgeist]] im Wasser nachweist: Kupfersalzlösungen färben sich durch den Salmiakgeist tiefblau.

[[Robert Boyle]] entwickelte 1685 den folgenden ersten Analysengang zur Untersuchung der Qualität eines Gewässers ohne gesundheitsschädliche Geschmacksproben:

# Messung der Temperatur und Bestimmung der Dichte (Volumen abmessen und Wiegen)
# Vorsichtige Bestimmung von Farbe, Geruch und Wirkung auf die Haut
# Ermittlung beweglicher Teilchen im Wasser mit Hilfe von [[Lupe]]n und der Wirkung von Luft auf die Wasserprobe,
# Test mit Galläpfelsaft (sind im Wasser Eisensalze enthalten, so färbt es sich schwarz, mit Kupfersalzen auch rot und/oder trüb),
# Test mit Veilchen- oder Rotkohlsaft ([[Anthocyane]] als [[Indikator (Chemie)|Indikator]])

[[Datei:Friedrich Hoffmann.jpg|mini|Friedrich Hoffmann]]

[[Friedrich Hoffmann]] erweiterte den Analysengang 1703 um den Nachweis von Kochsalz (Nachweismittel: [[Silbernitrat|Höllenstein]]) und Schwefelverbindungen (mit Hilfe von Quecksilber und/oder Quecksilbersalzen), und zur Zeit Bergmanns (um 1780) umfasste der Reagentiensatz des Analytikers schon Lackmus, Veilchen- und Galläpfelsaft, Schwefelsäure, [[Oxalsäure]], [[Pottasche]], Kalkwasser, Höllenstein, [[Bleizucker]] und [[Ethanol|Spiritus]].

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich schließlich nach Entdeckung immer weiterer Elemente ein für Laien bald kaum noch überschaubares Repertoire an Nachweismethoden und [[Nachweisreaktionen]]. Und um zu verhindern, dass bestimmte Stoffe gezielte Nachweisreaktionen (durch Färbungen, Trübungen usw.) störten, entwickelten Chemiker schließlich ein Trennsystem: Sie trennten mit Hilfe bestimmter [[Fällungsmittel]] (Gruppenreagentien) die nachzuweisenden Metallsalze ([[Kationen]]) in Gruppen von Niederschlägen und Lösungen auf – der klassisch-nasschemische [[Kationentrenngang]] entstand. Dieser basierte auf der Basis von Ausfällungen und Säure-Base-Reaktionen und dem methodisch immer gezielteren Einsatz immer gleicher, effizienter Fällungs- und Nachweismittel in Laboratorien.

Zu den bedeutenden Lehrbüchern der qualitativen Analyse gehört im 20. Jahrhundert das Werk von [[Heinrich Biltz]] ''Qualitative Analyse unorganischer Substanzen''.


=== Anorganische Chemie ===
=== Anorganische Chemie ===
Die erste Prüfung einer kleinen Teilmenge des Stoffgemisches erfolgt nach äußeren Eigenschaften wie


* Farbe,
Die erste Prüfung einer kleinen Teilmenge des Stoffgemisches erfolgt nach '''äußeren Eigenschaften''' wie
* Beschaffenheit,
* Farbe,
* Kristallform,
* Geruch (Vorsicht!)
* eventuell auch Geruch und Geschmack, jedoch ist wegen der möglichen Toxizität der unbekannten Substanzen stark von Geruchs- und Geschmacksproben abzuraten!
* Beschaffenheit und

* Kristallform,
um dann werden in '''Vorproben'''
und dann werden in Vorproben

* die [[Löslichkeit]],
* die [[Löslichkeit]],
* das Verhalten beim Erhitzen ([[Lötrohrprobe]]),
* das Verhalten beim Erhitzen ([[Lötrohrprobe]]),
* die Färbung der [[Boraxperle|Borax]]- oder [[Phosphorperle]] und
* die Färbung der [[Boraxperle|Borax-]] oder [[Phosphorperle]] und
* die [[Flammenfärbung]] zu testen.
* die [[Flammenfärbung]] getestet.


Der größere Teil wird dann vollständig in [[Lösung (Chemie)|Lösung]] gebracht, denn fast nur aus Lösungen lassen sich die für einzelne Ionen charakteristischen Färbungen und [[Niederschlag | Niederschläge]] erzeugen. Schwer lösliche Verbindungen werden mit starken [[Säure]]n oder [[Salzschmelze]]n [[Aufschluss (Chemie)| aufgeschlossen]].
Der größere Teil wird dann vollständig in [[Lösung (Chemie)|Lösung]] gebracht, denn fast nur aus Lösungen lassen sich die für einzelne Ionen charakteristischen Färbungen und [[Fällung|Niederschläge]] erzeugen. Schwer lösliche Verbindungen werden mit starken [[Säure]]n oder [[Salzschmelze]]n [[Aufschluss (Chemie)|aufgeschlossen]].


Im [[Trennungsgang]] werden die gelösten [[Ion (Chemie)|Ionen]] mit Hilfe von [[Reagenz]]ien in Gruppen aufgeteilt, innerhalb derer weitere Trennungen vorgenommen werden, um schließlich die isolierten Ionen mit Spezialreagenzien nachzuweisen ([[Identifizierung]]sreaktion).
Im [[Trennungsgang]] werden die gelösten [[Ion]]en mit Hilfe von [[Reagenz]]ien in Gruppen aufgeteilt, innerhalb derer weitere Trennungen vorgenommen werden, um schließlich die isolierten Ionen mit Spezialreagenzien nachzuweisen (Identifizierungsreaktion, [[Nachweisreaktion]]).
Diese Gruppen bezeichnet man als Fällungsgruppen.
Diese Gruppen bezeichnet man als Fällungsgruppen. Der [[Kationentrenngang]] wird im Chemiestudium in der Reihenfolge von oben nach unten durchführt:

Die 1. Gruppe ist die "HCl - Gruppe"
{| class="wikitable"
hier sind z.B. die Ionen von Silber und Blei leicht zu fällen/identifizieren.
|- class="hintergrundfarbe6"
Die 2. Gruppe ist die saure "Schwefelwasserstoffgruppe" (H2S)
! Gruppenname
Bsp.: Kupfer-; Zinn-; Cadmium-; Quecksilberionen
! Reagenz
Die 3. Gruppe ist die "Urotropin-Gruppe"
! abgetrennte Ionen
Urotropin (gutes Fällungsmittel) fällt hier z.B. Eisen -; Aluminium- und Chromionen (je 3+)
! Vorgehen
Die 4. Gruppe ist die "Ammoniumsulfid-Gruppe" (NH<sub>4</sub>)2S
! Prinzip
Hier werden Cobalt -; Nickel - und Manganionen gefällt.
|-
Die 5. Gruppe ist die "Ammoniumcarbonat-Gruppe" (NH<sub>4</sub>)2CO<sub>3</sub>
|
Barium- oder Calciumionen können hier nachgewiesen werden.
* Reduktions-Gruppe
Die letzte 6. Gruppe ist die "lösliche-Gruppe"
| [[Hydrazin|N<sub>2</sub>H<sub>4</sub>]]
Hier werden Natrium -; Ammonium -; Kalium - oder Lithiumionen nicht gefällt, sondern Spektroskopisch, bzw. NH<sub>4</sub><sup>+</sup> wird zum Beispiel mittels Kreuzprobe bestimmt.
| Pt<sup>2+/4+</sup>, Pd<sup>2+/4+</sup>
|
| einige Edelmetalle werden durch Hydrazin zu Metall reduziert und können anschließend wieder gelöst und identifiziert werden
|-
|
* Salzsäure-Gruppe
| HCl
| Ag<sup>+</sup>, (Pb<sup>2+</sup>), (Hg<sup>1+</sup>)
| siehe [[Salzsäuregruppe]]
| Fällung schwerlöslicher Chloride im '''sauren'''
|-
|
* Schwefelwasserstoff-Gruppe
| H<sub>2</sub>S in Salz- oder Essigsäurelösung
| Cu<sup>2+</sup>, Sn<sup>2+/4+</sup>, Cd<sup>2+</sup>, Hg<sup>1+/2+</sup>, Pb<sup>2+</sup>, As<sup>3+/5+</sup>, Sb<sup>3+/5+</sup>
| siehe [[Schwefelwasserstoffgruppe]]
| Fällung schwerlöslicher Sulfide im '''sauren'''
|-
|
* Urotropin-Gruppe
| [[Urotropin|C<sub>6</sub>H<sub>12</sub>N<sub>4</sub>]]
| Fe<sup>3+</sup>, Al<sup>3+</sup>, Cr<sup>3+</sup>
| siehe [[Ammoniumsulfidgruppe]], [[Urotropin-Gruppe]]
| Fällung schwerlöslicher Hydroxide dreiwertiger Kationen im '''alkalischen'''
|-
|
* Ammoniumsulfid-Gruppe
| (NH<sub>4</sub>)<sub>2</sub>S
| Co<sup>2+</sup>, Ni<sup>2+</sup>, Zn<sup>2+</sup>, Mn<sup>2+</sup>
| siehe [[Ammoniumsulfidgruppe]]
| Fällung weiterer schwerlöslicher Sulfide, nun im '''alkalischen'''
|-
|
* Ammoniumcarbonat-Gruppe
| (NH<sub>4</sub>)<sub>2</sub>CO<sub>3</sub>
| Ba<sup>2+</sup>, Sr<sup>2+</sup>, Ca<sup>2+</sup>
| siehe [[Ammoniumcarbonatgruppe]]
| Fällung schwerlöslicher Carbonate im '''alkalischen'''
|-
|
* lösliche-Gruppe
| direkt, weil viele Ionen durch die bisherigen Fällungen abgetrennt
| Na<sup>+</sup>, NH<sub>4</sub><sup>+</sup>, K<sup>+</sup>, Mg<sup>2+</sup>, Li<sup>+</sup>
| siehe [[Nachweisreaktionen]], [[Lösliche Gruppe]]
|}


=== Organische Chemie ===
=== Organische Chemie ===
In den vergangenen Jahrhunderten haben sich zahlreiche Menschen mit Einzelaspekten der qualitativen organischen Analyse beschäftigt. Auf diese Weise wurden Spezialreagenzien zum Nachweis verschiedener bedeutender [[Funktionelle Gruppe|funktioneller Gruppen]] entwickelt, z.&nbsp;B. [[Fehlingsche Lösung]], [[Lucas-Probe]] u.&nbsp;v.&nbsp;a. Die ersten umfassenden Trennungs- und Analysengänge für die qualitative organische Analyse wurden im 20. Jahrhundert verfasst. Das Schema eines solchen Analysenganges sieht wie folgt aus:


* Trennung des unbekannten Analysengemisches durch [[Säulenchromatographie]], [[Destillation]] oder [[Niederschlag|Fällung]] bzw. [[Extraktion (Verfahrenstechnik)|Extraktion]] ([[Ether-Trennungsgang]])<ref>O. Neunhoeffer: ''Analytische Trennung und Identifizierung organischer Substanzen''. 2. Auflage. De Gruyter, Berlin 1965 {{DNB|453569323}}</ref><ref>H. Laatsch: ''Die Technik der organischen Trennungsanalyse – Eine Einführung''. Georg Thieme Verlag, Stuttgart / New York 1988, ISBN 3-13-722801-8.</ref>
In den vergangenen Jahrhunderten haben sich zahlreiche Menschen mit Einzelaspekten der qualitativen organischen Analyse beschäftigt. Auf diese Weise wurden Spezialreagenzien zum Nachweis verschiedener bedeutender [[Funktionelle Gruppe|funktioneller Gruppen]] entwickelt, z.B. [[Fehlingsche Lösung]], [[Lukas Reagenz]] uva.
* Bestimmung der physikalischen Eigenschaften der einzelnen Substanzen, also [[Aggregatzustand]], Farbe, Geruch, [[Siedepunkt|Siede-]]/[[Schmelzpunkt]], [[Brechungsindex]], [[pH-Wert]] der Reinsubstanz und in wässriger Lösung. Unter Zuhilfenahme bestimmter Literatur oder Software, z.&nbsp;B. [[Beilsteins Handbuch der Organischen Chemie|Beilstein]], kann dann die Auswahl der möglichen Stoffe hier schon stark eingegrenzt werden.
* [[Elementaranalyse]] durch [[Natrium-Aufschluss]] ermöglicht den Nachweis von [[Stickstoff]] ([[Lassaigne-Probe]]), [[Schwefel]] ([[Bleisulfid]]-Fällung) und [[Halogen]]en (Fällung mit [[Silbernitrat]]) in der ursprünglichen Substanz.
* Nachweis funktioneller Gruppen, z.&nbsp;B. Alkohol oder Amin, durch charakteristische Reaktionen
* Eindeutige Identifizierung durch Herstellung eines charakteristischen [[Derivat (Chemie)|Derivates]]


== Unterdrückung von Nebenreaktionen ==
Die ersten umfassenden Trennungs- und Analysengänge für die qualitative organische Analyse wurden im 20 Jhdt. verfasst. Das Schema eines solchen Analysenganges sieht wie folgt aus:
Oft wird bei Nachweisreaktion neben dem Nachweismittel ein zusätzliches Reagenz zugegeben, welches in der Probe Stoffe beseitigt, die die Nachweisreaktion [[Interferenz (Analytik)|stören]]. Kontinuierlich erschienen in Fehlerquellenbeschreibungen in der Fachliteratur.<ref>P. Faerber, W. Foerst (Herausgeber) ''Chemie für Labor und Betrieb'', '''1968''' in 4 Teilen. (als PDF Versionen auf: https://organic-btc-ilmenau.jimdo.com/downloads-und-links/chemie-f%C3%BCr-labor-und-betrieb/anorganik-und-analytik/ mit freundlicher Genehmigung des Besitzers).</ref> Die Unterdrückung von Nebenreaktionen (''Entstörung'') kann in vielfältiger Weise geschehen. Die wichtigsten Methoden sind:


=== Oxidation (Redoxreaktion) ===
* Trennung des unbekannten Analysengemisches durch [[Säulenchromatographie]], [[Destillation]] oder [[Niederschlag|Fällung]] bzw. [[Extraktion]] ([[Ether-Trennungsgang]])
{{Hauptartikel|Redoxreaktion}}
Wenn z.&nbsp;B. eine [[Vorprobe]] auf [[Acetat]] durchgeführt wird, um die Anwesenheit von Acetationen in einer unbekannten Probe zu beweisen, dann verreibt man diese Substanz in einem [[Mörser (Werkzeug)|Mörser]] mit [[Kaliumhydrogensulfat]]. Dieser Stoff reagiert mit Acetationen zu [[Essigsäure]], die sich durch ihren Geruch verrät:


:<chem>CH3COO^- + HSO4- -> CH3COOH + SO4^{2}-</chem>
* Bestimmung der physikalischen Eigenschaften der einzelnen Substanzen, also Aggragatzustand, Farbe, Geruch, Siede-/Schmelzpunkt, [[Brechungsindex]], [[pH-Wert]] der Reinsubstanz und in wässriger Lösung. Unter Zuhilfenahme bestimmter Literatur oder Software, z.B. [[Beilstein (Nachschlagewerk)|Beilstein]], kann dann die Auswahl der möglichen Stoffe hier schon stark eingegrenzt werden.
: <small>Acetat wird durch Hydrogensulfat protoniert. Es entsteht Essigsäure und [[Sulfate|Sulfat]].</small>


Diese Reaktion wird gestört, wenn eine Probe zusätzlich Sulfidionen aufweist: In diesem Fall entsteht aus Sulfid und Hydrogensulfat das nach faulen Eiern riechende Giftgas [[Schwefelwasserstoff]]: Eine Geruchsprobe sollte in diesem Fall natürlich unterbleiben. Zur Beseitigung der Störung gibt man zusätzlich etwas [[Wasserstoffperoxid]] hinzu: Es oxidiert das störende Sulfid zum geruchlosen Sulfat.
* Elementaranalyse durch [[Natrium-Aufschluss]] ermöglicht den Nachweis von [[Stickstoff]] ([[Laissagne Probe]]), [[Schwefel]] ([[Bleisulfid]]-Fällung) und [[Halogen]]en (Fällung mit [[Silbernitrat]]) in der ursprünglichen Substanz.


=== Fällungsmittel (Fällungsreaktion) ===
* Nachweis funktioneller Gruppen, z.B. Alkohol oder Amin, durch charakteristische Reaktionen
{{Hauptartikel|Fällungsreaktion}}
[[Datei:DSC01971 - Cobalt (II) reactions.JPG|mini|[[Cobalt(II)-nitrat|CoNO<sub>3</sub>]] (schwach pink), [[Cobalt(II)-sulfid|CoS]] (schwarz), Co(OH)<sub>2</sub> (rotbraun), Cobaltcarbonate (blau)]]


Viele Schwermetallionen stören [[Nachweise für Anionen]], indem sie mit dem Nachweismittel Farbreaktionen eingehen. Zur Entstörung wird eine Salzprobe daher mit Soda ([[Natriumcarbonat]]) und Wasser aufgekocht und filtriert. Sodalösung ist basisch, da Wasser mit Carbonat reagiert:
* Eindeutige Identifizierung durch Herstellung eines charakteristischen [[Derivat]]es

:<chem>CO3^{2}- + H2O <=> HCO3- + OH-</chem>
: <small>Dissoziationsgleichgewicht des Carbonations in Wasser ([[Säure-Base-Reaktion]])</small>

Das Filtrat ([[Sodaauszug]]) enthält daher Carbonat- und Hydroxidionen.
Störende Schwermetallionen bilden in dieser Lösung Niederschläge ([[Carbonate]] und [[Hydroxide]]).
Das Filtrat wird als [[Sodaauszug]] bezeichnet und enthält die Anionen als Natriumsalze. Diese können nun störungsfrei nachgewiesen werden.

Auch im [[Kationentrenngang]] wird mit [[Fällungsmittel]]n gearbeitet, um störende Kationen voneinander zu trennen – in erster Linie mit Schwefelwasserstoff, welcher Sulfide ausfällt (vgl. Abbildung und siehe unter [[Salzsäuregruppe]], [[Schwefelwasserstoffgruppe]], [[Ammoniumsulfidgruppe]], [[Ammoniumcarbonatgruppe]]).

=== Verdrängung (Säure-Base-Reaktion) ===
{{Hauptartikel|Säure-Base-Reaktion}}
[[Datei:DSC01975 - Barium (II) reactions.JPG|mini|1.&nbsp;Bariumhydroxid, 2.&nbsp;Bariumcarbonat, 3.&nbsp;Bariumsulfat]]

Starke Säuren verdrängen schwache Säuren aus ihren Salzen (s.&nbsp;o.). Wenn man [[Nachweise für Anionen]] wie z.&nbsp;B. [[Sulfat]] durchführt, setzt man hierzu einen [[Sodaauszug]] von der Probe ein. Dieser enthält jedoch vom Soda her [[Carbonat]]-Ionen (s.&nbsp;o.). Carbonat reagiert wie Sulfat mit dem Nachweismittel [[Bariumchlorid]]lösung zu einem weißen Niederschlag (es entsteht Bariumcarbonat, weiß, welches einen positiven Sulfatnachweis vortäuscht, denn bei diesem entsteht [[Bariumsulfat]], Malerweiß):

:<chem>SO4^{2}- + BaCl2 -> BaSO4 v + 2Cl-</chem>

Zum Sulfat-Nachweis wird [[Salzsäure]] zugegeben: Sie verdrängt das Carbonat-Ion durch Bildung von [[Kohlensäure]] (Kohlendioxid und Wasser; [[Säure-Base-Reaktion]]):

:<chem>CO3^{2}- + 2HCl -> CO2 ^ + 2Cl- + H2O</chem>

Wenn im salzsauren Sodaauszug der Probelösung noch immer ein weißer Niederschlag bei Bariumchloridzugabe auftritt, so muss dieser vom (Barium-)Sulfat her kommen ([[Fällungsreaktion]]).

=== Maskierung (Komplexbildungsreaktion) ===
{{Hauptartikel|Komplexbildungsreaktion}}
[[Datei:Eisen(III)-Ionen und Thiocyanat.JPG|mini|Eisen(III)-Lösung und [[Eisen(III)-thiocyanat]]]]

Eine andere Methode ist es, das störende Ion zu „maskieren“. Wenn eine Probe z.&nbsp;B. [[Kobalt]]-Ionen enthält, dann lassen sich diese mit dem Nachweismittel Ammoniumthiocyanat und [[Pentanol]] (Amylalkohol) nachweisen: Beim Schütteln der Reaktionsmischung entsteht ein in Pentanol blau löslicher Kobalt-Thiocyanat-Komplex (vgl. unter [[Nachweise für Kationen]]):

:<chem>Co^{2}+ + SCN- + 5H2O -> [Co(H2O)5(SCN)]+</chem>
: <small>Cobalt-Kationen reagieren im wässrigen Milieu bei Zugabe von Thiocyanat-Ionen zum pinken Pentaaquathiocyanatocobalt(II)-Komplex, der sich mit blauer Farbe in Pentanol löst.</small>

Enthält die Probe jedoch zusätzlich Eisensalze, so überdeckt der bei dieser [[Nachweisreaktion]] entstehende, tiefrote Eisen-Thiocyanat-Komplex die blaue Farbe – Eisen stört den Nachweis ([[Komplexbildungsreaktion]]):

:<chem>Fe^{3}+ + SCN- + 5H2O -> [Fe(SCN)(H_2O)5]^{2}+</chem>
: <small>Eisen(III)-Ionen und Thiocyanat-Ionen reagieren in einem wässrigen Milieu zum blutroten Pentaaquathiocyanatoferrat(III)-Komplex.</small>

Zur Maskierung gibt man beim Nachweis festes [[Natriumfluorid]] hinzu: Es reagiert zu einem farblosen, reaktionsunfähigen Hexafluoroferrat-Komplex – das Eisen wurde „maskiert“.


== Moderne ==
== Moderne ==
Heutzutage sind qualitative Schnellanalysen mit spezifisch empfindlichen Reagenzien üblich. Auch hat die [[Instrumentelle Analytik]] wesentlich mehr Gewicht, selbst für sehr einfache qualitative Fragestellungen. Schwierigere Fragestellungen etwa aus der organischen oder der Biochemie werden meist durch [[Chromatographie]] und [[Spektroskopie|spektroskopische Methoden]] gelöst.

Dennoch widmen sich die ersten [[Semester]] des [[Chemiestudium]]s intensiv dem [[Kationentrenngang]] und seinen [[Nachweisreaktion]]en, weil er wichtige Stoffkenntnisse vermittelt. Gleiches gilt auch in der Laborantenausbildung.

== Siehe auch ==
* [[Nachweise für Anionen]]
* [[Nachweise für Kationen]]
* [[Nachweise organischer Stoffe]]


== Literatur ==
Heutzutage sind qualitative Schnellanalysen mit spezifisch empfindlichen Reagenzien üblich. Auch hat die [[Instrumentelle Analytik]] wesentlich mehr Gewicht, selbst für sehr einfache qualitative Fragestellungen. Schwierigere Fragestellungen etwa aus der organischen oder der Biochemie werden meist durch [[Chromatografie]] und [[Spektroskopie| spektroskopische Methoden]] gelöst.<br>
* Michael Wächter: ''Chemielabor''. Verlag Wiley-VCH, Weinheim 2011, ISBN 978-3-527-32996-0, S. 215–241
Dennoch widmet sich die ersten [[Semester]] des [[Chemiestudium]]s intensiv dem Trennungsgang, weil er wichtige Stoffkenntnis vermittelt.
* Udo R. Kunze, Georg Schwedt: ''Grundlagen der qualitativen und quantitativen Analyse''. 5. überarbeitete Auflage. Wiley-VCH, Weinheim, 2002, ISBN 3-527-30858-X
* Michael Wächter: ''Tabellenbuch der Chemie. Daten zur Analytik, Laborpraxis und Theorie''.1. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2012, ISBN 978-3-527-32960-1 (Datensammlung zum Gebrauch bei der Arbeit in Chemie- und Analytiklabors)
* Michael Wächter: ''Stoffe, Teilchen, Reaktionen''. Verlag Handwerk und Technik, Hamburg 2000, ISBN 3-582-01235-2, S. 154–169
* Bertram Schmidkonz: ''Praktikum Anorganische Analyse''. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt 2002, ISBN 3-8171-1671-3
* F. W. Küster [Begr.], A. Ruland [Bearb.], A. Thiel, U. Ruland [Bearb.] ''[[Küster-Thiel Rechentafeln für die Chemische Analytik|Rechentafeln für die Chemische Analytik]]''. 107. Auflage. De Gruyter, Berlin / New York 2011, ISBN 978-3-11-022962-2
* Gerhart Jander: ''Einführung in das anorganisch-chemische Praktikum''. 13. Auflage. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1990, ISBN 3-7776-0477-1
* [[Carl Remigius Fresenius|C. Remigius Fresenius]]: {{Google Buch|BuchID=lBtDAAAAIAAJ|Linktext=''Anleitung zur qualitativen chemischen Analyse''.}} 9. Auflage. F. Vieweg und sohn, 1856


==Literatur==
== Weblinks ==
{{Wikibooks|Praktikum Anorganische Chemie#Qualitative Analyse}}
*Küster Thiel 105. Auflage, "Rechentafeln für die Chemische Analytik", Berlin / New York 2003
{{Wikibooks|Anorganische Chemie für Schüler}} (Grundlagen der Nachweisreaktionen in der Anorganik sowie der Chemie allgemein)


== Einzelnachweise ==
[[Kategorie:Chemisches Analyseverfahren]]
<references />


[[Kategorie:Analytische Chemie]]
[[en:Qualitative inorganic analysis]]
[[ja:定性分析]]
[[pl:Chemiczna analiza jakościowa związków nieorganicznych]]
[[zh:定性分析]]

Aktuelle Version vom 29. Dezember 2024, 16:44 Uhr

Die qualitative Analyse beschäftigt sich mit dem Nachweis chemischer Elemente, funktioneller Gruppen oder Verbindungen, ohne deren Mengenverhältnisse zu berücksichtigen. Dieser geschieht durch Nachweisreaktionen oder auf instrumentellem Wege. Bei der quantitativen Analyse wird untersucht, wie viel von bestimmten Stoffen in einer Probe vorhanden ist.

Anfänge, Entwicklung und Methoden der Analytischen Chemie

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Immer wieder stießen Menschen auf unbekannte Flüssigkeiten, Gegenstände, Nahrungsmittel und Getränke, deren unbekannte Wirkung sie untersuchen wollten. Während einige vorsichtige Regierende in Antike und Mittelalter zu derlei lebensmittelanalytischen Zwecken Sklaven als Vorkoster einsetzten – und wohl auch verbrauchten –, hielten sich andere Monarchen an ihren Höfen oft Gelehrte. Probier- und Experimentierkünstler, Hofastrologen und -theologen, Ärzte, Kräuterfrauen, Quacksalber, Alchemisten, Meister und Magier gaben ihre oft geheimen Entdeckungen und Erfahrungen von Generation zu Generation weiter – und mit dem Aufkommen naturwissenschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsmethoden entwickelten sich erste systematische Vorgehensweisen zur Untersuchung unbekannter Proben auf die in ihnen enthaltenen Stoffe.

Archimedes, Domenico Fetti, 1620, Alte Meister Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Eine der wohl ältesten physikalisch-analytischen Methoden zur Untersuchung einer unbekannten Metallprobe war vielleicht das archimedische Prinzip: der Vergleich der Dichte durch Untertauchen in Wasser, um echtes von verfälschtem Gold unterscheiden zu können.

Auch chemische Analysenmethoden gab es schon, noch bevor sich die Chemie als Naturwissenschaft etablierte. Schon Plinius wusste Eisensulfat in Grünspan nachzuweisen, indem er Galläpfelsaft einsetzte (dieser bildet mit Eisen-II-Ionen eine schwarze Eisenverbindung).

Nach Entdeckung der Salpeter- und Schwefelsäure in den Vitriol-, Alaun- und Salpetersiedereien (Byzanz, 13. Jahrhundert) konnte man Silber- und Goldlegierungen auch chemisch voneinander unterscheiden: Silber löst sich in Salpetersäure („Scheidewasser“) auf, Gold nicht. Als man dann Salzsäure in Salpetersäure löste, war das Königswasser entdeckt (Venedig, 15. Jahrhundert) – es löste selbst den König der Metalle auf, das Gold. Und mit Hilfe von Kupfersalzlösungen – hergestellt z. B. aus Scheidewasser und Bronze – lehrte Andreas Libavius (ca. 1550–1616), wie man Salmiakgeist im Wasser nachweist: Kupfersalzlösungen färben sich durch den Salmiakgeist tiefblau.

Robert Boyle entwickelte 1685 den folgenden ersten Analysengang zur Untersuchung der Qualität eines Gewässers ohne gesundheitsschädliche Geschmacksproben:

  1. Messung der Temperatur und Bestimmung der Dichte (Volumen abmessen und Wiegen)
  2. Vorsichtige Bestimmung von Farbe, Geruch und Wirkung auf die Haut
  3. Ermittlung beweglicher Teilchen im Wasser mit Hilfe von Lupen und der Wirkung von Luft auf die Wasserprobe,
  4. Test mit Galläpfelsaft (sind im Wasser Eisensalze enthalten, so färbt es sich schwarz, mit Kupfersalzen auch rot und/oder trüb),
  5. Test mit Veilchen- oder Rotkohlsaft (Anthocyane als Indikator)
Friedrich Hoffmann

Friedrich Hoffmann erweiterte den Analysengang 1703 um den Nachweis von Kochsalz (Nachweismittel: Höllenstein) und Schwefelverbindungen (mit Hilfe von Quecksilber und/oder Quecksilbersalzen), und zur Zeit Bergmanns (um 1780) umfasste der Reagentiensatz des Analytikers schon Lackmus, Veilchen- und Galläpfelsaft, Schwefelsäure, Oxalsäure, Pottasche, Kalkwasser, Höllenstein, Bleizucker und Spiritus.

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich schließlich nach Entdeckung immer weiterer Elemente ein für Laien bald kaum noch überschaubares Repertoire an Nachweismethoden und Nachweisreaktionen. Und um zu verhindern, dass bestimmte Stoffe gezielte Nachweisreaktionen (durch Färbungen, Trübungen usw.) störten, entwickelten Chemiker schließlich ein Trennsystem: Sie trennten mit Hilfe bestimmter Fällungsmittel (Gruppenreagentien) die nachzuweisenden Metallsalze (Kationen) in Gruppen von Niederschlägen und Lösungen auf – der klassisch-nasschemische Kationentrenngang entstand. Dieser basierte auf der Basis von Ausfällungen und Säure-Base-Reaktionen und dem methodisch immer gezielteren Einsatz immer gleicher, effizienter Fällungs- und Nachweismittel in Laboratorien.

Zu den bedeutenden Lehrbüchern der qualitativen Analyse gehört im 20. Jahrhundert das Werk von Heinrich Biltz Qualitative Analyse unorganischer Substanzen.

Anorganische Chemie

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Die erste Prüfung einer kleinen Teilmenge des Stoffgemisches erfolgt nach äußeren Eigenschaften wie

  • Farbe,
  • Beschaffenheit,
  • Kristallform,
  • eventuell auch Geruch und Geschmack, jedoch ist wegen der möglichen Toxizität der unbekannten Substanzen stark von Geruchs- und Geschmacksproben abzuraten!

und dann werden in Vorproben

Der größere Teil wird dann vollständig in Lösung gebracht, denn fast nur aus Lösungen lassen sich die für einzelne Ionen charakteristischen Färbungen und Niederschläge erzeugen. Schwer lösliche Verbindungen werden mit starken Säuren oder Salzschmelzen aufgeschlossen.

Im Trennungsgang werden die gelösten Ionen mit Hilfe von Reagenzien in Gruppen aufgeteilt, innerhalb derer weitere Trennungen vorgenommen werden, um schließlich die isolierten Ionen mit Spezialreagenzien nachzuweisen (Identifizierungsreaktion, Nachweisreaktion). Diese Gruppen bezeichnet man als Fällungsgruppen. Der Kationentrenngang wird im Chemiestudium in der Reihenfolge von oben nach unten durchführt:

Gruppenname Reagenz abgetrennte Ionen Vorgehen Prinzip
  • Reduktions-Gruppe
N2H4 Pt2+/4+, Pd2+/4+ einige Edelmetalle werden durch Hydrazin zu Metall reduziert und können anschließend wieder gelöst und identifiziert werden
  • Salzsäure-Gruppe
HCl Ag+, (Pb2+), (Hg1+) siehe Salzsäuregruppe Fällung schwerlöslicher Chloride im sauren
  • Schwefelwasserstoff-Gruppe
H2S in Salz- oder Essigsäurelösung Cu2+, Sn2+/4+, Cd2+, Hg1+/2+, Pb2+, As3+/5+, Sb3+/5+ siehe Schwefelwasserstoffgruppe Fällung schwerlöslicher Sulfide im sauren
  • Urotropin-Gruppe
C6H12N4 Fe3+, Al3+, Cr3+ siehe Ammoniumsulfidgruppe, Urotropin-Gruppe Fällung schwerlöslicher Hydroxide dreiwertiger Kationen im alkalischen
  • Ammoniumsulfid-Gruppe
(NH4)2S Co2+, Ni2+, Zn2+, Mn2+ siehe Ammoniumsulfidgruppe Fällung weiterer schwerlöslicher Sulfide, nun im alkalischen
  • Ammoniumcarbonat-Gruppe
(NH4)2CO3 Ba2+, Sr2+, Ca2+ siehe Ammoniumcarbonatgruppe Fällung schwerlöslicher Carbonate im alkalischen
  • lösliche-Gruppe
direkt, weil viele Ionen durch die bisherigen Fällungen abgetrennt Na+, NH4+, K+, Mg2+, Li+ siehe Nachweisreaktionen, Lösliche Gruppe

Organische Chemie

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In den vergangenen Jahrhunderten haben sich zahlreiche Menschen mit Einzelaspekten der qualitativen organischen Analyse beschäftigt. Auf diese Weise wurden Spezialreagenzien zum Nachweis verschiedener bedeutender funktioneller Gruppen entwickelt, z. B. Fehlingsche Lösung, Lucas-Probe u. v. a. Die ersten umfassenden Trennungs- und Analysengänge für die qualitative organische Analyse wurden im 20. Jahrhundert verfasst. Das Schema eines solchen Analysenganges sieht wie folgt aus:

Unterdrückung von Nebenreaktionen

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Oft wird bei Nachweisreaktion neben dem Nachweismittel ein zusätzliches Reagenz zugegeben, welches in der Probe Stoffe beseitigt, die die Nachweisreaktion stören. Kontinuierlich erschienen in Fehlerquellenbeschreibungen in der Fachliteratur.[3] Die Unterdrückung von Nebenreaktionen (Entstörung) kann in vielfältiger Weise geschehen. Die wichtigsten Methoden sind:

Oxidation (Redoxreaktion)

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Wenn z. B. eine Vorprobe auf Acetat durchgeführt wird, um die Anwesenheit von Acetationen in einer unbekannten Probe zu beweisen, dann verreibt man diese Substanz in einem Mörser mit Kaliumhydrogensulfat. Dieser Stoff reagiert mit Acetationen zu Essigsäure, die sich durch ihren Geruch verrät:

Acetat wird durch Hydrogensulfat protoniert. Es entsteht Essigsäure und Sulfat.

Diese Reaktion wird gestört, wenn eine Probe zusätzlich Sulfidionen aufweist: In diesem Fall entsteht aus Sulfid und Hydrogensulfat das nach faulen Eiern riechende Giftgas Schwefelwasserstoff: Eine Geruchsprobe sollte in diesem Fall natürlich unterbleiben. Zur Beseitigung der Störung gibt man zusätzlich etwas Wasserstoffperoxid hinzu: Es oxidiert das störende Sulfid zum geruchlosen Sulfat.

Fällungsmittel (Fällungsreaktion)

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CoNO3 (schwach pink), CoS (schwarz), Co(OH)2 (rotbraun), Cobaltcarbonate (blau)

Viele Schwermetallionen stören Nachweise für Anionen, indem sie mit dem Nachweismittel Farbreaktionen eingehen. Zur Entstörung wird eine Salzprobe daher mit Soda (Natriumcarbonat) und Wasser aufgekocht und filtriert. Sodalösung ist basisch, da Wasser mit Carbonat reagiert:

Dissoziationsgleichgewicht des Carbonations in Wasser (Säure-Base-Reaktion)

Das Filtrat (Sodaauszug) enthält daher Carbonat- und Hydroxidionen. Störende Schwermetallionen bilden in dieser Lösung Niederschläge (Carbonate und Hydroxide). Das Filtrat wird als Sodaauszug bezeichnet und enthält die Anionen als Natriumsalze. Diese können nun störungsfrei nachgewiesen werden.

Auch im Kationentrenngang wird mit Fällungsmitteln gearbeitet, um störende Kationen voneinander zu trennen – in erster Linie mit Schwefelwasserstoff, welcher Sulfide ausfällt (vgl. Abbildung und siehe unter Salzsäuregruppe, Schwefelwasserstoffgruppe, Ammoniumsulfidgruppe, Ammoniumcarbonatgruppe).

Verdrängung (Säure-Base-Reaktion)

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1. Bariumhydroxid, 2. Bariumcarbonat, 3. Bariumsulfat

Starke Säuren verdrängen schwache Säuren aus ihren Salzen (s. o.). Wenn man Nachweise für Anionen wie z. B. Sulfat durchführt, setzt man hierzu einen Sodaauszug von der Probe ein. Dieser enthält jedoch vom Soda her Carbonat-Ionen (s. o.). Carbonat reagiert wie Sulfat mit dem Nachweismittel Bariumchloridlösung zu einem weißen Niederschlag (es entsteht Bariumcarbonat, weiß, welches einen positiven Sulfatnachweis vortäuscht, denn bei diesem entsteht Bariumsulfat, Malerweiß):

Zum Sulfat-Nachweis wird Salzsäure zugegeben: Sie verdrängt das Carbonat-Ion durch Bildung von Kohlensäure (Kohlendioxid und Wasser; Säure-Base-Reaktion):

Wenn im salzsauren Sodaauszug der Probelösung noch immer ein weißer Niederschlag bei Bariumchloridzugabe auftritt, so muss dieser vom (Barium-)Sulfat her kommen (Fällungsreaktion).

Maskierung (Komplexbildungsreaktion)

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Eisen(III)-Lösung und Eisen(III)-thiocyanat

Eine andere Methode ist es, das störende Ion zu „maskieren“. Wenn eine Probe z. B. Kobalt-Ionen enthält, dann lassen sich diese mit dem Nachweismittel Ammoniumthiocyanat und Pentanol (Amylalkohol) nachweisen: Beim Schütteln der Reaktionsmischung entsteht ein in Pentanol blau löslicher Kobalt-Thiocyanat-Komplex (vgl. unter Nachweise für Kationen):

Cobalt-Kationen reagieren im wässrigen Milieu bei Zugabe von Thiocyanat-Ionen zum pinken Pentaaquathiocyanatocobalt(II)-Komplex, der sich mit blauer Farbe in Pentanol löst.

Enthält die Probe jedoch zusätzlich Eisensalze, so überdeckt der bei dieser Nachweisreaktion entstehende, tiefrote Eisen-Thiocyanat-Komplex die blaue Farbe – Eisen stört den Nachweis (Komplexbildungsreaktion):

Eisen(III)-Ionen und Thiocyanat-Ionen reagieren in einem wässrigen Milieu zum blutroten Pentaaquathiocyanatoferrat(III)-Komplex.

Zur Maskierung gibt man beim Nachweis festes Natriumfluorid hinzu: Es reagiert zu einem farblosen, reaktionsunfähigen Hexafluoroferrat-Komplex – das Eisen wurde „maskiert“.

Heutzutage sind qualitative Schnellanalysen mit spezifisch empfindlichen Reagenzien üblich. Auch hat die Instrumentelle Analytik wesentlich mehr Gewicht, selbst für sehr einfache qualitative Fragestellungen. Schwierigere Fragestellungen etwa aus der organischen oder der Biochemie werden meist durch Chromatographie und spektroskopische Methoden gelöst.

Dennoch widmen sich die ersten Semester des Chemiestudiums intensiv dem Kationentrenngang und seinen Nachweisreaktionen, weil er wichtige Stoffkenntnisse vermittelt. Gleiches gilt auch in der Laborantenausbildung.

Wikibooks: Anorganische Chemie für Schüler – Lern- und Lehrmaterialien

(Grundlagen der Nachweisreaktionen in der Anorganik sowie der Chemie allgemein)

Einzelnachweise

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  1. O. Neunhoeffer: Analytische Trennung und Identifizierung organischer Substanzen. 2. Auflage. De Gruyter, Berlin 1965 DNB 453569323
  2. H. Laatsch: Die Technik der organischen Trennungsanalyse – Eine Einführung. Georg Thieme Verlag, Stuttgart / New York 1988, ISBN 3-13-722801-8.
  3. P. Faerber, W. Foerst (Herausgeber) Chemie für Labor und Betrieb, 1968 in 4 Teilen. (als PDF Versionen auf: https://organic-btc-ilmenau.jimdo.com/downloads-und-links/chemie-f%C3%BCr-labor-und-betrieb/anorganik-und-analytik/ mit freundlicher Genehmigung des Besitzers).