„Stillleben“ – Versionsunterschied
[ungesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Leyo (Diskussion | Beiträge) K falsches Minuszeichen durch Halbgeviertstrich ersetzt |
|||
(942 dazwischenliegende Versionen von mehr als 100 Benutzern, die nicht angezeigt werden) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
{{Dieser Artikel|handelt vom ''Stillleben'' als Kunstform. Weitere Bedeutungen sind unter [[Stillleben (Begriffsklärung)]] aufgeführt.}} |
|||
[[Bild: Heem.jpg|thumb|Blumenvase [[Jan David de Hem]]]] |
|||
[[Datei:Paul Cézanne 192.jpg|mini|[[Paul Cézanne]]: ''Stillleben mit Obstschale'', 1879–80, [[Museum of Modern Art]], New York.]] |
|||
'''Stillleben''' bezeichnet in der Geschichte der europäischen Kunsttradition die Darstellung unbelebter bzw. regloser Gegenstände (Blumen, Früchte, tote Tiere, Gläser, Instrumente o. a.).<ref>Die Schreibung ''Stilleben'' bis zum Ausgang des 20. Jahrhunderts ist bei Bibliotheks- und Internetrecherche nach dem Thema zu berücksichtigen.</ref> Auswahl und Gruppierung der Motive richtete sich nach inhaltlichen (manchmal symbolischen) und ästhetischen Aspekten. Zu einer eigenständigen Gattung der Malerei entwickelten sich diese Darstellungen am Anfang des 17. Jahrhunderts im [[Barock]]. Es wird unterschieden nach den dargestellten Gegenständen; es ergeben sich so die Unterarten Blumen-, Bücher-, Fisch-, Früchte-, [[Mahlzeitstillleben|Frühstücks]]-, Jagd-, Küchen-, Markt-, Musikinstrumenten-, [[Vanitas-Stillleben|Vanitas-]] oder Waffenstillleben. Die Übergänge zu den Bildgattungen [[Interieurmalerei|Interieur]], [[Tiermalerei|Tierstück]] oder [[Genremalerei|Genre]] sind zuweilen fließend.<ref name="Kindler-s.282">Hermain Bazin, Horst Gerson, Rolf Linnenkamp u. a.: ''Kindlers Malerei-Lexikon.'' Band 11, 1985, S. 282.</ref><ref name="Stadler-s.167–176">Wolf Stadler u. a.: ''Lexikon der Kunst.'' Band 11, 1994, S. 167–176.</ref><ref>Gerhard Strauss, Harald Olbrich: ''Lexikon der Kunst.'' Band 7, 1994, S. 64–67.</ref> |
|||
== Begriff und Begriffsgeschichte == |
|||
Unter '''Stillleben''' (zusammengesetzt aus ''stilles'' + ''Leben''; vgl. [[Niederländische Sprache|holländ.]] ''Stilleven'', [[Englische Sprache|engl.]] ''Still-life'', [[Französische Sprache|franz.]] ''Nature morte'', [[Italienische Sprache|ital.]] ''Riposo'') versteht man einen Zweig der [[Malerei]], welcher die Darstellung lebloser Gegenstände, wie toter Tiere (Wild, Geflügel und Fische), Haus-, Küchen- und Tischgeräte, Früchte, Blumen, Kostbarkeiten, Raritäten etc., zum Gegenstand hat. Diese Malerei versucht besonders durch ein geschicktes [[Arrangement_(Kunst)|Arrangement]], durch koloristische Reize und feine Beleuchtung zu wirken.<br/> |
|||
Bei der Betrachtung des Stilllebens und seiner Entwicklung muss unterschieden werden zwischen einem weiteren und einem engeren [[Kunstgattung|Gattungsbegriff]].<ref name="Stadler-s.167">Wolf Stadler u. a.: ''Lexikon der Kunst.'' Band 11. 1994, S. 167.</ref> Als Stillleben im weiteren Sinne gelten alle Darstellungen von Objektkompositionen und stilllebenartigen Arrangements – besonders zeitlich vor der Etablierung der Stilllebenmalerei als eigene Gattung der Malerei im 17. Jahrhundert.<ref>Die Etablierung zu einer autonomen Gattung muss einerseits als dynamischer Prozess verstanden werden, andererseits steht am Ende eine hierarchische Platzzuweisung an die letzte Stelle innerhalb der Gattungen der Malerei durch die Doktrin der Kunsttheorie des 17. Jahrhunderts.<br /> Siehe hierzu: Norbert Schneider: ''Stilleben.'' 1989, S. 7.</ref> Stillleben im weiteren Sinn gab es höchstwahrscheinlich zu allen Zeiten und bei allen Kulturen. Hierzu zählen sowohl die Malereien auf [[Seidenmalerei|Seide]] und [[Chinesisches Porzellan|Porzellan]] aus China und Japan als auch die dekorativen Mosaike und Wandfresken der Antike.<ref name="Stadler-s.167" /> |
|||
Seit der Erfindung der Fotografie im 19. Jahrhundert wurde das Stillleben auch in diesem Kunstgenre zu einem klassischen Thema. |
|||
Der Begriff ''stil leven'' (niederl.: ''stil'' = unbewegt und ''leven'' = Dasein) für ein Gemälde ist zum ersten Mal um 1650 in einem holländischen [[Inventar]] zu finden. Davor und auch noch danach bestimmten die wesentlichen Bildgegenstände die Bezeichnung eines Gemäldes (z. B. 1614 ''Een koocken en fruytbort''; 1624 ''Een bancket schilderytgen''; 1631 ''Een dootshooft''; 1669 ''Een biertje met een toebackje''; 1691 ''Een oesterbanketje met een roemer''; u. ä.).<ref>A.P.A. Vorenkamp: ''Bijdrage tot de geschiedenis van het Hollandsch stilleven in de 17 eeuw.'' 1933, S. 6 f.</ref> [[Arnold Houbraken]] übernahm Anfang des 18. Jahrhunderts die Bezeichnung ''stilleven'' für derartige Gemälde in seinem Werk über die Kunst ''De groote schouburgh der Nederlantsche konstschilders en schilderessen'' (1718–1721).<ref name="Kindler-s.282" /><ref name="Strauss-s.64">Gerhard Strauss, Harald Olbrich: ''Lexikon der Kunst.'' Band 7, 1994, S. 64.</ref> [[Joachim von Sandrart]] prägte 1675 in dem ersten großen Quellenwerk der deutschen Kunstgeschichtsschreibung ''Teutschen Academie der edlen Bau-, Bild- und Malereykünste'' den Begriff ''stillstehende Sachen''. Das Wort ''Stillleben'', in Anlehnung an den niederländischen Begriff, erscheint in der deutschen Sprache Mitte des 18. Jahrhunderts. Eine französische Bezeichnung wie ''nature morte'' od. ''vie coye'' wurde vielleicht in den theoretischen Diskussionen der französischen Akademie im 17. Jahrhundert geprägt, ist aber ebenfalls erst für die Mitte (bzw. Ende) des 18. Jahrhunderts belegt – ebenso der englische Ausdruck ''still life''. Im frühen 19. Jahrhundert hatte sich der Begriff ''Stillleben'' als Bezeichnung der Gattung in den verschiedenen Übersetzungen (''stilleven'', ''nature morte'', ''natura morta'', ''still life'' usw.) etabliert.<ref name="Kindler-s.282" /><ref name="Stadler-s.167–176" /><ref name="Strauss-s.64" /> |
|||
[[Bild:Zurbaran - Bodegon.jpg|thumb|right|300px|[[Francisco de Zurbarán]]: Stillleben mit verschiedenen Vasen (Öl auf Leinwand, 1636)]] |
|||
{{Großes Bild|Claesz., Pieter - Still Life with Musical Instruments - 1623.jpg|500|[[Pieter Claesz]].<br />''Stillleben mit Rauchwerkzeug und Musikinstrumenten'', 1623, Öl auf Leinwand, 69 × 122 cm, [[Louvre]], Paris<br />Dieses Gemälde eines bedeutenden niederländischen Stilllebenmalers ist eine [[Allegorie]] der fünf Sinne. Darüber hinaus vereint es eine Vielzahl von verschiedenen Stilllebenarten, die sich in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts herausbildeten – [[Raucherstillleben]], [[Vanitasstillleben]] und [[Mahlzeitstillleben]].}} |
|||
== |
== Entwicklung == |
||
=== Antike === |
|||
Schon im [[Altertum]] entwickelte sich das Stillleben seit der [[Alexander der Große|alexandrinischen]] Zeit zu größter Blüte, wofür die [[Pompeji|pompej]]anischen Wandbilder noch zahlreiche Beispiele liefern.<br/>Die Malerei der [[Renaissance]] behandelte das Stillleben nicht als eine selbständige Gattung der Malerei. Seit dem Anfang des [[17. Jahrhundert]]s wurde es jedoch von den ''niederländischen Malerinnen'' in großem Umfang kultiviert und zur höchsten Perfektion entwickelt. Dabei sind zwei Richtungen zu unterscheiden, deren eine nach glänzender koloristischer Wirkung bei einer mehr aufs Ganze gerichteten dekorativen Behandlung strebte, während die andere mehr auf die peinlich genaue, miniaturartige Wiedergabe der Einzelheiten sah.<br/> |
|||
[[Datei:Tunis Bardo Mosaique 10.jpg|mini|links|hochkant=0.8|Weinflasche und Trinkglas, [[Nationalmuseum von Bardo|Bardo-Museum]], [[Tunis]]]] |
|||
Fast immer liegt den Stillleben ein "[[memento mori]]" zugrunde. |
|||
[[Datei:Pompejanischer Maler um 70 001.jpg|mini|Stillleben aus dem Haus der Julia Felix in [[Pompeji]], um 70 n. Chr.]] |
|||
Die bekannteste Anekdote über antike Stilllebenmalerei ist wohl jene über den Künstlerwettstreit zwischen [[Zeuxis von Herakleia|Zeuxis]] und [[Parrhasios (Maler)|Parrhasios]], die von [[Plinius der Ältere|Plinius]] überliefert wurde. Demnach malte Zeuxis anlässlich des Wettstreits ein Ensemble von Trauben so täuschend echt, dass die Vögel nach diesen pickten. Seines Sieges gewiss, sollte nun Parrhasios sein verhangenes Bild enthüllen. Zur Beschämung des Zeuxis war jedoch auch der Vorhang gemalt. Des Weiteren berichtet Plinius über den antiken Künstler [[Sosos (Mosaizist)|Sosos]], der liegengelassene Essensabfälle als Fußbodenmosaik nachbildete, den sogenannten ''Ungefegten Raum'', was zahlreiche römische Fußbodenmosaiken als Thema übernahmen.<ref name="Ebert-Schifferer-s.16f">Sybille Ebert-Schifferer: ''Die Geschichte des Stillebens.'' 1998, S. 16f.</ref> |
|||
Um stilllebenartige Kunstwerke der Antike im engeren Sinne handelt es sich bei den (zunächst griechischen) [[Xenien]]. Dies sind Abbildungen von Lebensmitteln in Anlehnung an den Brauch des Gastgeschenks. Diese Abbildungen lösten sich aber bald aus diesem Zusammenhang und erhielten eine dekorative und repräsentative Funktion.<ref name="Ebert-Schifferer-s.16f" /><ref name="Strauss-s.65">Gerhard Strauss, Harald Olbrich: ''Lexikon der Kunst.'' Band 7, 1994, S. 65.</ref> Derartige Malereien und [[Mosaik]]e mit Darstellungen von Esswaren, Blumen, Geschirr, gedeckten Tischen, Silbergeräten oder Schreibgeräten – auch in Kombination mit lebenden Tieren – in antiken [[Villa|Villen]] veranschaulichen den Ertrag der Domäne und somit den Reichtum des Grundbesitzers. So finden sich derartige Xenien gemäß ihrer repräsentativen Funktion im Empfangs- oder Speiseraum.<ref>Sybille Ebert-Schifferer: ''Die Geschichte des Stillebens.'' 1998, S. 18 f.</ref> Bekannt ist ebenfalls, dass in der Antike neben stilllebenartigen Darstellungen an [[Wandmalerei|Wänden]] und auf Fußböden auch autonome Kunstwerke mit der Abbildung lebloser Dinge gesammelt wurden. Zu diesen leblosen Dingen zählte auch bereits in der Antike der Totenkopf als Carpe diem-Aufforderung ([[Vanitas]]gedanke).<ref>Sybille Ebert-Schifferer: ''Die Geschichte des Stillebens.'' 1998, S. 22.</ref> Die antike Darstellung lebloser Dinge weist deutliche Parallelen in Motivik, Funktion und illusionistischer Machart zu den Stillleben späterer Epochen auf.<ref>„Einige Charakterzüge, die Stilleben in nachantiker Zeit, nach Epoche und Region wechselnd, immer wieder bestimmen werden, fanden sich somit bereits in der Antike ausgeprägt. Neben dem maltechnischen Illusionismus sind dies der emblematisch verkürzte Verweis auf komplexe Inhalte, das dauerhafte Festhalten des in der Natur Vergänglichen, die Verwendung als Dekoration und als Statussymbol und schließlich auch der Vanitasgedanke.“<br />Sybille Ebert-Schifferer: ''Die Geschichte des Stillebens.'' 1998, S. 23.</ref> |
|||
=== Mittelalter und Renaissance === |
|||
===Stillleben des Barock=== |
|||
[[Datei:Cappella baroncelli, coretti di tadeo gaddi 02.JPG|mini|hochkant=0.8|{{Center|[[Taddeo Gaddi]]: ''Nische mit Patene, Pyxis und Ampullen'', 1328–1830, Fresko, 97 × 61 cm, [[Santa Croce (Florenz)|Santa Croce]], Florenz}}]] |
|||
[[Datei:Hans Memling 076.jpg|mini|hochkant=0.8|{{Center|[[Hans Memling]]: ''Vase mit Blumen'', ca. 1485, Öl auf Holz, 28,5 × 21,5 cm, Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid}}]] |
|||
[[Datei:Jacopo de' Barbari 001.jpg|mini|hochkant=0.8|{{Center|[[Jacopo de’ Barbari]]: ''Stillleben mit Rebhuhn, Eisenhandschuhen und Armbrustbolzen'', 1504, Öl auf Holz, 49 × 42 cm, [[Alte Pinakothek]], München}}]] |
|||
Die bildliche Darstellung lebloser Dinge ist in der Kunst des [[Mittelalter]]s eher selten anzutreffen – allenfalls Bücherstillleben als Bestandteil von [[Heiligenbild]]ern. Der Grund dafür ist die generelle Verneinung der Abbildung irdischer Realität. Das diesseitige Leben war im mittelalterlichen Denken nur Durchgangsstation zum eigentlichen, ewigen Leben und deshalb nicht abbildungswürdig.<ref>Sybille Ebert-Schifferer: ''Die Geschichte des Stillebens.'' 1998, S. 25.</ref><ref name="Strauss-s.65" /> |
|||
Die Epoche des [[Barock]] (etwa 1600-1790) war die große Zeit des Stilllebens, welches in Holland und Flandern, zur Zeit des Calvinismus, seine reichste Ausprägung erfuhr. |
|||
Anliegen der Maler barocker Stillleben war es, mit der Wiedergabe der Gegenstände eine symbolisch verschlüsselte Botschaft, einen gedanklichen Inhalt, zu vermitteln. |
|||
Die Sicht auf die Welt (und die Kunst) änderte sich in der [[Renaissance]] gravierend. Kurz zuvor, in der [[Protorenaissance]], gelang italienischen Künstlern – allen voran [[Giotto di Bondone]] – die Modellierung plastischer Bildgegenstände durch Schatten und erste räumlich-perspektivische Darstellungen. Dies sind die Grundvoraussetzungen für illusionistische Malerei. Diesen neuen Tendenzen folgend, schuf der Giotto-Schüler [[Taddeo Gaddi]] in der [[Santa Croce (Florenz)#Baroncelli-Kapelle und Castellani-Kapelle|Baroncelli-Kapelle]] in der Kirche [[Santa Croce (Florenz)|Santa Croce]] in [[Florenz]] 1328–1330 zwei Scheinnischen mit Darstellungen von liturgischem Gerät. Diese Arrangements dürfen als früheste bekannte neuzeitliche Stillleben im weiteren Sinne angesehen werden.<ref>Sybille Ebert-Schifferer: ''Die Geschichte des Stillebens.'' 1998, S. 25.</ref><ref name="Strauss-s.65" /> |
|||
Die Anwendung der Perspektive in der Kunst gelangte über [[Südfrankreich]] und [[Burgund]] in die [[Niederlande]]. Hier schufen – auch von der höfischen [[Miniaturmalerei]] beeinflusst – im 15. Jahrhundert Künstler wie die Brüder [[Hubert van Eyck|Hubert]] und [[Jan van Eyck]], [[Robert Campin]] und sein Schüler [[Rogier van der Weyden]] realistische Darstellung von Landschaften, Innenräumen, Pflanzen, Stoffen und Gebrauchsgegenständen. Objekte wie Wasserbecken, Kanne, [[Liturgisches Gerät]], Bücher, Blumenvasen etc. traten gruppiert als stilllebenhafte Partien in den Gemälden auf. Sie dienten neben anderen der [[Ikonographisches Heiligenattribut|Kennzeichnung]] von Heiligen, Märtyrern und Aposteln<ref>Sybille Ebert-Schifferer: ''Die Geschichte des Stillebens.'' 1998, S. 26 f.</ref><ref name="Stadler-s.167" /> oder dem Transport einer symbolhaften Bedeutung. Beispiele sind in den [[Marienbildnis]]sen die marianischen Symbole [[Lilien|Lilie]], [[Akelei]] und [[Iris (Auge)|Iris]] zusammen mit Waschgeräten als Symbol für die Reinheit Marias.<ref name="Strauss-s.65" /> |
|||
Hierfür bedienten sie sich etlicher Motive, die den "[[Vanitas]]-Gedanken", also der<br/> Vergänglichkeit allen irdischen Seins, zum Ausdruck bringen: |
|||
In einem weiteren Entwicklungsschritt bekamen diese Objekte eigene Bildfelder. Vor allem in der Eyck-Nachfolge kurz vor und um 1500 finden sich auf den Außenseiten privater [[Andachtsbild]]er derartige Elemente. Auch diese beziehen sich auf den Inhalt des [[Tafelbild (Malerei)|Tafelbildes]] und haben einen symbolischen Charakter. Ein prominentes Beispiel ist das ''Braque-Triptychon'' von Rogier van der Weyden um 1450. Das dreiflügelige Tafelbild zeigt im geöffneten Zustand im Mittelteil [[Jesus Christus]], flankiert von seiner Mutter [[Maria (Mutter Jesu)|Maria]] und dem jüngsten der Apostel, [[Johannes (Apostel)|Johannes]]. Die Außenflügel zeigen jeweils [[Johannes der Täufer|Johannes den Täufer]] und [[Maria Magdalena]]. Im geschlossenen Zustand zeigt das Triptychon auf der linken Seite einen Schädel und auf der rechten Seite ein in Perspektive gesetztes Kreuz mit einem Zitat aus dem Buch [[Jesus Sirach]]. Der Schädel ist als Verweis auf die Vergänglichkeit ([[Memento mori]]) zu sehen. Daneben existieren auch Darstellungen von Blumenvasen auf den Außenseiten von [[Diptychon|Diptychen]].<ref>Claus Grimm: ''Stilleben. Die niederländischen und deutschen Meister'' 1988, S. 22 f.; Sybille Ebert-Schifferer: ''Die Geschichte des Stillebens.'' 1998, S. 29 ff.</ref><ref>Wolf Stadler u. a.: ''Lexikon der Kunst.'' Band 11, 1994, S. 168.</ref><ref name="Strauss-s.65" /> |
|||
Das früheste selbstständige Stillleben im weiteren Sinne ist jenes von [[Jacopo de’ Barbari]]: Das Gemälde [[Stillleben mit Rebhuhn und Eisenhandschuhen|''Stillleben mit Rebhuhn, Eisenhandschuhen und Armbrustbolzen'']].<ref name="Strauss-s.65" /> Es handelt sich dabei nicht um ein Wandgemälde, sondern um eine stilllebenartige Darstellung ([[Trompe-l’œil]]) mit direktem funktionalem Zusammenhang.<ref>„Spätestens im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts entstanden demnach im Norden wie im Süden Bildwerke, bei denen es sich optisch um Stillleben handelt; sie erfüllten jedoch immer – unabhängig davon, in welchem Grad sie zugleich Träger symbolischer Aussagen waren – eine praktische Funktion und waren physisch an einen bestimmten Ort – meistens eine Wand – gebunden.“<br />Sybille Ebert-Schifferer: ''Die Geschichte des Stillebens.'' 1998, S. 34 ff.</ref><ref>Claus Grimm: ''Stilleben. Die italienischen, spanischen und französischen Meister.'' 1995, S. 26 f.</ref><ref>Wolf Stadler u. a.: ''Lexikon der Kunst.'' Band 11, 1994, S. 168.</ref> Das vom Künstler 1504 datierte Werk war vermutlich in die Wandverkleidung eines Jagdschlosses integriert. Weitere vergleichbare täuschend echt gemalte Stillleben zeigen teilweise geöffnete Schränke mit darin befindlichem Gerät – wie im ''Studiolo di Gubbio'' aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts, welches sich ehemals im Palazzo Ducale in Gubbio befand und nun im [[Metropolitan Museum of Art]] in [[New York City|New York]] betrachtet werden kann. |
|||
*verlöschende Lichter wie Öllampen, Kerzen etc. (das Zerrinnen der Zeit, Hinweis auf die unausweichliche ewige Dunkelheit im Tod) |
|||
*Totenkopf (Meditationsgegenstand, halb Mensch - halb Ding, Zeichen für die Todesverfallenheit alles Irdischen) |
|||
*leere Gläser oder Pokale (das entleerte, ausgelebte Leben) |
|||
*umgefallene bzw. umgestülpte Dinge meist Gefäße oder Instrumente (Tod, entleertes Leben) |
|||
*zerbrochene Gefäße wie Gläser, Schalen, Töpfe (die Eitelkeit alles Irischen ==> 'Memento Mori' - gedenke des Todes) |
|||
*Insekten / Käfer (allgem.) / Fliegen / Würmer / Eidechsen usw. (Sinnbilder des Teufels, der Sünde, der Vernichtung, des Bösen, aus Fäulnis geboren) |
|||
*Hirschkäfer (der Tod kann schnell kommen, wie dieser Käfer) |
|||
*Sanduhr (meistens fast abgelaufen ==> die Flüchtigkeit des Zeitlichen / Attribut des Knochenmannes) |
|||
*halbierte oder angebissene Früchte (verweisen auf den Sündenfall, aber auch auf den Geschmack, bei den 'fünf Sinnen') |
|||
*Blumen (verwelken schnell und verlieren dadurch ihre Schönheit, Vanitas, Offenbarung Gottes, Verherrlichung Gottes in seinen Werken) |
|||
*(römische) Münzen (als ein Hinweis auf das untergegangene Römische Reich / vergänglicher Reichtum der Besitzer) |
|||
*Geldbeutel bzw. nur Geld (Reichtum, käufliche Liebe==> der geldbeutel spielt in seiner formalen Gestalt häufig auf das weibliche Geschlecht an) |
|||
*weiße Lilie (Hinweis auf die Gottes Mutter Maria, Reinheit, Keuschheit, Unschuld und reine Seele) |
|||
*Spiegelnde Oberflächen wie Vasen, Glaskugeln (Reflektionen der damaligen Gesellschaft) |
|||
Spiegel (die Scheinhaftigkeit des Daseins, Eitelkeit und Schönheit, Irritation und Blendung) |
|||
*Apfel,Pfirsich (der Sündenfall, aber auch der 'Geschmack' in Zusammenhang mit den 'fünf Sinnen') |
|||
*Gemalte Bilder (Hinweis auf Rang und Bedeutung des Auftraggebers oder des Besitzers, der 'Augensinn' bei den 'fünf Sinnen') |
|||
*erlegte Tiere, Jagdtrophäen (das recht des Herrschers (Jagdrecht) auch über die Natur ==> die Jagd als Privileg des Adels) |
|||
*Vögel (Symbole der Seele und der Auferstehung, die 'Luft' bei den 'vier Elementen') |
|||
*Fisch, insbesondere Hering ( Fastenspeise, die Speise armer Leute, Symbol Christi in Verbindung mit dem Abendmahl, des weiteren als das 'Wasser' zu verstehen bei den 'vier Elementen') |
|||
*Waffen, Rüstungen, Harnische (Sinnbilder für Tapferkeit, Ruhm und Kühnheit) |
|||
*Schinken, ebenso wie Keulen oder Braten (stehen für reichliches Essen und Völlerei) |
|||
*Süßigkeiten, Gebäck, Austern sowie kostbare Gewürze (Hingabe an die Begierden, Zeichen für Lüsternheit und häufig antithetisch zu Fastenspeisen gesetzt wie Käse, Brot u. Hering, es ist auch eine Mahnung zur Bescheidenheit) |
|||
*Krebs (rückwärts- bzw. seitwärtsgehend ist er eine Anspielung auf die Verkehrtheit und Verrücktheit der Welt) |
|||
*halbierte oder geöffnete Nuss (Passionssymbolik, die zwei Naturen Christi, die menschliche Hülle musste zerbrechen ==> 'Kreuzigung' um die göttliche zu enthüllen) |
|||
*Trauben / Beeren (Hinweis auf Christus, wie die Trauben für den Wein, so musste Christus seinen Leib für die Veröhnung hingeben) |
|||
*Schmetterling (Zeichen für die 'Seele' und die 'Auferstehung') |
|||
*dunkler Hintergrund (Todeserwartung und Ewigkeit) |
|||
*Seifenblasen, in denen sich häufig irdische Güter wiederspiegeln (Anspielung auf die Momenthaftigkeit des Seins, das ganze Leben ist nur ein Spiegel und Schum und wird bald platzen) |
|||
*Muscheln (tote Schale, einstiges Leben, Sammelobjekte menschlicher Eitelkeit) |
|||
*Ei (Symbol der Auferstehung) |
|||
*Genussmittel wie Tabak, Konfekt, Pasteten usw. (Verschwendungssucht, Laster, Völlerei) |
|||
*Käse (Speise der Unsterblichkeit ==> festgewordene Milch - Christus selbst als 'himmlische Milch', Fastenspeise, Alltagsspeise einfacher Leute) |
|||
*Zitrone, eventuell angeschnitten ( Sinnbild für das äußerlich Schöne, dessen Inneres sauer ist - weist auf die Fragwürdigkeit des Genusses hin ==> zwar süß zu genießen aber mit einem bitteren Ende) |
|||
*Nautiluspokal (Hinweis auf die Seefahrt, die Weisheit als Lenker in der Seefahrt, Prunkobjekt, Attribut für Besitz und persönliche Bedeutung) |
|||
*Pfeifen (erzeugen nichts als Rauch ==> Genussmittel) |
|||
*Taschenuhr (sehr geschätzte Qualität für 'das rechte Maß') |
|||
*Bücher (Anspielung auf nutzlosen Zeitvertreib, eitle Wissenschaft, durch rechetn Gebrauch führen sie zu Belehrung und Erbauung) |
|||
*Reichtümer wie Gold- und Silbergeschirr, Ketten, Perlen etc. (eitler Tand , überflüssiger Luxus, Anspielung auf die Eitelkeit) |
|||
*Noten, Musikinstrumente ( weist auf die Flüchtigkeit der Töne hin ==> '...vergeht wie Schall und Rauch', Anspielung auf die Bildung desjenigen der das Bild in Auftrag gibt bzw. besitz, steht außerdem für das 'Gehör' bei den 'fünf Sinnen') |
|||
*Brot und Wein (Eucharistie, Abendmahlsymbolik, Leib und Blut Christi) |
|||
*Hündchen (Zeichen für eheliche Treue) |
|||
Eine große Zahl früher Stilllebenmalerei entstand im Zuge des Forscher- und Entdeckerdrangs des 15. und 16. Jahrhunderts. Die Erforschung der den Menschen umgebenden Natur wurde Darstellungszweck detailgenauer Naturstudien. Derartige Zeichnungen und [[Aquarell]]e, wie sie auch [[Albrecht Dürer|Albrecht Dürer d. J.]] fertigte, wurden in aufwendigen Werken über [[Botanik]] und [[Zoologie]] gesammelt und verbreitet, was ab der Mitte des 15. Jahrhunderts durch die Erfindung des [[Buchdruck]]s noch erheblich zunahm. Diese [[Florilegium|Florilegien]] (Blumenbücher) sind Bindeglied zwischen naturkundlicher Abbildung und Stillleben. Sie dienten als Typenvorrat und ebneten als Vorstufe den Weg für detailreiche Gemälde, die später als Blumenstück oder Blumenstillleben ihren festen Platz in der Kunst haben sollten.<ref>Sybille Ebert-Schifferer: ''Die Geschichte des Stillebens.'' 1998, S. 53ff & Claus Grimm: ''Stilleben. Die niederländischen und deutschen Meister.'' 1988, S. 26 f.</ref> |
|||
Neben der Sammlung<ref>Vgl. auch Gisela Luther: ''Stilleben als Bilder der Sammelleidenschaft.'' In: Uta Bernsmeier (Hrsg.): ''Stilleben in Europa. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kunstgeschichte, Münster, 25.11.1979–24.2.1980. Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, 15.3.–15.6.1980 (Ausstellungskatalog).'' Münster 1979, S. 88–128.</ref> verschiedener Naturstudien in speziellen Kompendien existierten isoliert gesammelte Darstellungen von leblosen Dingen in [[Wunderkammer|Kunst- und Wunderkammern]]. Sie waren physische Vertretung der dargestellten Objekte. Überhaupt stieg durch das Interesse an der Natur und deren detailgetreue Wiedergabe das Vorkommen von Blumen und Früchten in Kunstwerken – besonders in der italienischen [[Feston]]- und Girlandenmalerei. Beispiele hierfür finden sich bei [[Andrea Mantegna]], [[Carlo Crivelli (Maler)|Carlo Crivelli]], [[Leonardo da Vinci]] und [[Giovanni da Udine]].<ref>Sybille Ebert-Schifferer: ''Die Geschichte des Stillebens.'' 1998, S. 36.</ref> |
|||
Als direkte Vorstufe des autonomen Stilllebens – im Besonderen der [[Mahlzeitstillleben]] – dürfen die seit dem 16. Jahrhundert gefertigten Markt- und Küchenstücke angesehen werden. [[Pieter Aertsen]] und sein Neffe [[Joachim Beuckelaer]] fertigten Kunstwerke für profane Gebäude (Rathäuser und private Palais). Es sind philosophische Auslegungen der sichtbaren Welt, teilweise immer noch mit heilsgeschichtlichen Szenen im Bildhintergrund – oft ein moralischer Verweis wie der auf die gute Haushalts- und Lebensführung durch die Szene von [[Christus bei Maria und Martha|Christus im Haus von Maria und Martha]].<ref>Claus Grimm: ''Küchenstücke – Marktbilder – Fischstilleben.'' In: Gerhard Langemeyer, Hans-Albert Peeters (Hrsg.): ''Stilleben in Europa.'' 1979, S. 351–378; Claus Grimm: ''Stilleben. Die niederländischen und deutschen Meister.'' 1988, S. 28.</ref> Die Gemälde der Aertsen-Werkstatt spiegeln die zeitgenössische Ambivalenz zwischen der Freude an Reichtum und Wohlstand wider.<ref>Sybille Ebert-Schifferer: ''Die Geschichte des Stillebens.'' 1998, S. 43.</ref> Ein entsprechendes Beispiel ist Aertsens Gemälde von 1552 im [[Kunsthistorisches Museum|Kunsthistorischen Museum]] in [[Wien]]. Es zeigt im Vordergrund ein Stillleben bestehend aus mehreren Objekten – darunter ein besonders großes Stück Fleisch und die moralisierende Szene von Christus bei Maria und Martha im Hintergrund. |
|||
Andererseits weisen vor allem niederländische Stillleben Symbole des Reichtums auf, die den der Auftraggeber und des Landes widerspiegelten.<br/> |
|||
<div align="center"> |
|||
Sowohl diesem Zwecke als auch der Darstellung des hohen Bildungsstands und der Sammelleidenschaft der Auftraggeber dienten Bilder von Kleinodien- oder Kunstkammerschränken, wie sie beispielsweise der deutsche Maler Johan Georg Hinz malte.<br/> |
|||
<gallery perrow="4" widths="160"> |
|||
Zur Widerspiegelung des holländischen Wohlstands dienten auch die sogenannten ''Blumenstücke''. |
|||
Rogier van der Weyden- Braque Family Triptych - closed.JPG|[[Rogier van der Weyden]]<br />''Triptychon der Familie Braque'' (geschlossen), ca. 1450, Öl auf Paneel aus Eichenholz, 41 × 68 cm, [[Louvre|Musée du Louvre]], Paris |
|||
Holland war bereits zur Zeit des Barocks ein Knotenpunkt des internationalen Blumenhandels und viele dieser Blumen waren sehr kostbar.<br/> Doch auch die ''Blumenstücke'' hatten neben ihrer ästhetischen und repräsentativen Bedeutung auch eine Symbolische, da oftmals Blumen, die in der Natur zu verschiedenen Zeiten blühen, in einem Strauß arrangiert wurden, wie beispielsweise das "Blumenstück" vom Maler Ambrosius Bosschaert. |
|||
Pieter Aertsen - Christ with Mary and Martha - Google Art Project.jpg|[[Pieter Aertsen]]<br />Küchenstück ''Christus im Haus von Maria und Martha'', 1552, Öl auf Holz, 83 × 120,5 × 8 cm, [[Kunsthistorisches Museum]], Wien |
|||
</gallery></div> |
|||
=== Erste autonome Stillleben um 1600 === |
|||
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Ausprägung des barocken Stilllebens sehr vielfältig war, die barocken Maler ihre Motive in realistischer Manier darstellten und sich um eine harmonische Komposition bemühten, die jedoch den Anschein des Zufälligen haben sollte. |
|||
Einen auf das Jahr genauen Entstehungszeitpunkt gibt es nicht – auch kein eindeutiges Entstehungsland. Zu viele Stillleben sind verloren gegangen, besitzen keine eindeutige Datierung bzw. Signatur oder sind möglicherweise nicht bewusst als autonomes Werk geschaffen worden.<ref>„Die Entwicklungen zu den uns geläufigen akademischen Spezialfächern wie ‘Landschaft’ und ‘Stilleben’ fand nicht einlinig und in deutlicher Ausrichtung statt. Im geschichtlichen Rückblick sehen wir die frühesten und die aus dem zeitüblichen Rahmen deutlich herausragenden Bildlösungen als Meilensteine einer Entwicklung. Diese Bewertung geht auf Ähnlichkeiten zu den späteren Bildtypen aus, ohne sicher zu sein, ob die innovativen Kräfte und Veränderungswirkungen jener Zeit tatsächlich in die Richtung des später Erzielten drängten. Manches, was wie eine Vorwegnahme oder programmatische Form aussieht, war möglicherweise nur eine umständebedingte, unvollständige Ausführung.“<br />Claus Grimm: Stilleben. ''Die niederländischen und deutschen Meister.'' 1988, S. 73.</ref> Sicher ist, dass das Stillleben sich in Europa am Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts als eigenständige Gattung zu formieren begann – ebenso wie die „reine“ [[Landschaftsmalerei]].<ref>Claus Grimm: Stilleben. ''Die niederländischen und deutschen Meister.'' 1988, S. 73.</ref> Gemälde, in denen die Darstellung von leblosen Objekten ausschließlich das Bildthema bestimmt, traten zuerst um 1600 in den Niederlanden, Deutschland, Spanien und Italien auf. Aus den Niederlanden kennt die Kunstgeschichte die frühesten Vanitas- und Mahlzeitstillleben und aus Italien die frühesten bekannten Früchtestillleben.<ref>„Der gemeinsame Nenner für diese mit unterschiedlicher Themenpräferenz sich vollziehende Emanzipation des Stillebens dürfte das Zusammentreffen mehrerer, am Ende des 16. Jahrhunderts ausgereifter Entwicklungen sein […]. Um einen Zufall handelt es sich bei dem nahezu gleichzeitigen Auftreten von Stilleben an verschiedenen Orten also nicht. Gleichwohl lassen sich Spuren gegenseitiger künstlerischer Beeinflussung bislang nur sehr fragmentarisch aufzeigen. Der erhaltene Bestand ergibt, daß die frühesten Vanitas- und Mahlzeitdarstellungen aus den Niederlanden stammen, während auf dem Gebiet der Früchtemalerei italienische Künstler vorausgingen. Die Frage, welches Land das Stilleben »erfunden« habe, läßt sich nicht beantworten.“<br />Sybille Ebert-Schifferer: ''Die Geschichte des Stillebens.'' 1998, S. 75.</ref> |
|||
Die Emanzipation des Stilllebens als autonome Gattung ist ein Nebeneinander verschiedener historischer und kunsthistorischer Entwicklungen und Errungenschaften – also nicht lediglich eine Geschichte der Verselbstständigung einzelner Motive aus der Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts. Sybille Ebert-Schifferer sieht vor allem den Ersatz der menschlichen Figur durch ein Objekt als Träger einer inhaltlichen Botschaft als Voraussetzung des autonomen Stilllebens. So war um 1600 der ideale Zeitpunkt für das Zusammentreffen von zwei wesentlichen Faktoren. Auf der einen Seite hatten die Künstler die technischen und kognitiven Fähigkeiten zur naturgetreuen Wiedergabe und auf der anderen Seite besaßen die Rezipienten die Fähigkeit zur intellektuellen Kombinatorik und Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit Malerei als künstlerisches Phänomen.<ref>Sybille Ebert-Schifferer: ''Die Geschichte des Stillebens.'' 1998, S. 91.</ref> Hinzu kommt die Auflösung der [[Zunft|Gilden]], wodurch ein Kunstmarkt entstand, der diese Spezialisierungen erst möglich machte.<ref>Claus Grimm: Stilleben. ''Die niederländischen und deutschen Meister.'' 1988, S. 74.</ref> |
|||
---- |
|||
<div align="center"> |
|||
<gallery perrow="4" widths="160"> |
|||
Giovanni Ambrogio Figino - Teller mit Pfirsichen.jpg|[[Giovanni Ambrogio Figino]]<br />''Teller mit Pfirsichen'', 1591–1594, Öl auf Holz, 21 × 30 cm, Privatbesitz |
|||
Canestra di frutta (Caravaggio).jpg|[[Michelangelo Merisi da Caravaggio]]<br />''Früchtekorb'', 1593/94 (?), Öl auf Leinwand, 31 × 47 cm, [[Pinacoteca Ambrosiana (Mailand)|Pinacoteca Ambrosiana]], Mailand |
|||
Fra Juan Sánchez Cotán 001.jpg|[[Juan Sánchez Cotán]]<br />''Stillleben mit Quitte, Kohl, Melone und Gurke'', um 1602, Öl auf Leinwand, 69 × 84,5 cm, [[San Diego Museum of Art]], San Diego |
|||
Jacob de Gheyn - Vanitas.JPG|[[Jakob de Gheyn II.|Jacques de Gheyn II.]]<br />''Vanitas'', 1603, Öl auf Holz, 82,5 × 54 cm, [[Metropolitan Museum of Art]], New York |
|||
Jan Brueghel (I) - Vase of Flowers with Jewellery, Coins and Shells - WGA03593.jpg|[[Jan Brueghel der Ältere]]: ''Blumenvase mit Juwelen, Münzen und Muscheln'', ca. 1606, [[Pinacoteca Ambrosiana (Mailand)|Pinacoteca Ambrosiana]], Mailand |
|||
</gallery></div> |
|||
=== Die Blütezeit im 17. und 18. Jahrhundert === |
|||
===[[Jean-Baptiste-Siméon Chardin]]=== |
|||
==== Niederlande, Flandern und Deutschland ==== |
|||
Im Zeitalter des [[Barock]] (etwa 1600–1770) erfuhr das Stillleben in Europa – im Besonderen in den [[Republik der Vereinigten Niederlande|nördlichen]] und den [[Spanische Niederlande|südlichen Provinzen]] der Niederlande – seine reichste Ausprägung. Dabei kann durchaus zwischen typisch [[Holland|holländischer]] und [[Flandern|flämischer]] Stillebenmalerei unterschieden werden, beispielsweise gilt als typisch flämisch: „… Reichtum der Komposition, höchst dekorative Anordnung und Fülle der dargestellten Objekte, strahlende Farbigkeit …“.<ref name=Fläm-29>Karl Schütz: ''Die Geschichte des Stilllebens'', in: [[Klaus Ertz]] et al.: ''Das flämische Stillleben 1550–1680 (Sinn und Sinnlichkeit)''. Katalog der Ausstellung in der Villa Hügel, Essen, und im Kunsthistorischen Museum, Wien, 2002. Kulturstiftung Ruhr Essen / Luca Verlag, Lingen, 2002, S. 29</ref> Es bildeten sich schnell verschiedene Unterarten der Stilllebenmalerei heraus, mit einer Spezialisierung einzelner Künstler und mit Zentren in den verschiedenen Städten. In [[Antwerpen]] und [[Haarlem]] wurde das [[Mahlzeitstillleben]] von Künstlern wie [[Clara Peeters]], [[Osias Beert]], [[Floris van Dyck]], [[Pieter Claesz]] und [[Willem Claesz. Heda]] gepflegt. Antwerpen und [[Utrecht]] waren Zentren der Blumen- und Früchtestillleben. Hauptvertreter dieser Stilllebengattungen waren [[Jan Bruegel d. Ä.]], [[Daniel Seghers]] und [[Jan Davidsz. de Heem]], sowie im frühen 18. Jahrhundert [[Rachel Ruysch]] und [[Jan van Huysum]], die beide in Amsterdam lebten. Das [[Waldstillleben]] ist eine Sonderform des Blumenstilllebens und wurde von [[Otto Marseus van Schrieck]] gepflegt. In der Universitätsstadt [[Leiden (Stadt)|Leiden]] malten Künstler wie [[David Bailly]] und die Brüder [[Harmen Steenwijck]] und [[Pieter Steenwijck]] das Bücher- und [[Vanitasstillleben]]. In Amsterdam widmeten sich Künstler wie Jan Jansz. Treck und Jan Jansz. van de Velde mit Vorliebe dem [[Raucherstillleben]].<ref>Gerhard Strauss, Harald Olbrich: ''Lexikon der Kunst.'' Band 7, 1994, S. 66.</ref> [[Den Haag]] war durch Künstler wie [[Abraham van Beijeren]] für das Fischstillleben bekannt, während [[Frans Snyders]], [[Adriaen van Utrecht]] und [[Jan Fyt]] berühmt für ihre Jagdstillleben waren.<ref>Arnout Balis: ''Das Jagdstillleben'', in: [[Klaus Ertz]] et al.: ''Das flämische Stillleben 1550–1680 (Sinn und Sinnlichkeit)''. Katalog der Ausstellung in der Villa Hügel, Essen, und im Kunsthistorischen Museum, Wien, 2002. Kulturstiftung Ruhr Essen / Luca Verlag, Lingen, 2002, S. 196–217</ref> Als Weiterentwicklung des Mahlzeitenstilllebens in Kombination mit anderen Untergattungen entstand, angeregt durch die Kunst des Frans Snyders, die Gattung des [[Prunkstillleben]]s, als dessen Hauptmeister Abraham van Beijeren, Jan Davidsz. de Heem und [[Willem Kalf]] gelten.<ref name=Fläm-29 /><ref>„The true masters of the pronk still life are Jan Davidsz. de Heem, Abraham van Beyeren and Willem Kalf.“<br />Sam Segal/William B. Jordan: ''A prosperous past'' 1989, S. 17.</ref> Eine seinerzeit beliebte Mischform von Stillleben und [[Historienmalerei|Historien-]] oder [[Porträtmalerei]] ist das [[Girlandenbild]], das meistens in Kollaboration zweier Maler entstand, und vor allem im katholischen Flandern mit Zentrum in Antwerpen gepflegt wurde; Hauptvertreter waren [[Jan Brueghel d. Ä.]] und Daniel Seghers.<ref>Wolfgang Prohaska et al.: ''Das geistliche Stillleben – Blumenkränze und Girlanden'', in: Alexander Wied, Klaus Ertz et al.: ''Das flämische Stillleben 1550–1680 (Sinn und Sinnlichkeit)'' (Katalog der Ausstellung in der Villa Hügel, Essen, und im Kunsthistorischen Museum, Wien, 2002), Kulturstiftung Ruhr Essen / Luca Verlag, Lingen, 2002, S. 320–355</ref><ref>Ute Kleinmann: ''Blumen, Kränze und Girlanden: Zur Entstehung eines Antwerpener Bildtypus'', in: Klaus Ertz u. a.: ''Pieter Breughel der Jüngere – Jan Brueghel der Ältere : flämische Malerei um 1600, Tradition und Fortschritt'' (Katalog einer Ausstellung der Kulturstiftung Ruhr in der Villa Hügel Essen, 16. August – 16. November 1997; im Kunsthistorischen Museum, Wien, 9. Dezember 1997–14. April 1998; und im Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Antwerpen, 2. Mai – 26. Juli 1998), Luca-Verlag, Lingen, 1997, S. 54–66 ISBN 978-3-923641-42-0</ref><br> |
|||
Weitere bedeutende Meister der Stilllebenmalerei waren [[Nicolaes Gillis]], [[Balthasar van der Ast]], [[Jan Fyt]] und [[Willem van Aelst]]. |
|||
[[Datei:Peter Binoit - Stilleven met lettergebak, - 1919.0259 - Groninger Museum.jpg|mini|[[Peter Binoit]]: ''Stillleben mit Buchstabengebäck'', 1615, [[Groninger Museum]]. Im Gebäck erkennt man die Initialen des Künstlers P und B.]] |
|||
Um 1660 kam es zur Stagnation in der Entwicklung des Stilllebens, die Ausprägung seiner Motivgruppen war nun abgeschlossen. Künstlerisch und inhaltlich folgte nichts Neues, sodass es im 18. Jahrhundert zu einem Qualitätsverlust der Bilder kam.<br/> Eine Ausnahme war jedoch der französische Maler [[Jean-Baptiste-Siméon Chardin]], der von 1699 bis 1779 lebte. Er war ein Maler der [[Aufklärung]], der [[Jean-Jacques Rousseau]]s Forderung ''"Retour à la Nature - Zurück zur Natur"'' |
|||
entsprach, wobei dies die Abkehr von der Scheinhaftigkeit der höfischen Lebensweise hin zur schlichten Natürlichkeit bedeutete. Chardin öffnete, in deutlicher Abgrenzung zur Darstellung der ''feinen Gesellschaft'' durch andere Maler, den Blick für das Leben jenseits der aristokratischen Leichtlebigkeit und der frivolen Spielerei. |
|||
In [[Frankfurt am Main|Frankfurt]]/[[Hanau]] gab es im frühen 17. Jahrhundert eine Stillleben-Szene, die durch ausgewanderte Niederländer wie [[Lucas van Valckenborch]] begründet wurde. Ihr gehörten Maler wie sein Schüler [[Daniel Soreau]], dessen Söhne und Schüler [[Isaak Soreau|Isaak]] und [[Peter Soreau|Peter]], [[Sebastian Stoskopff]], [[Peter Binoit]], [[Franz Godin]] und [[Georg Flegel]] an. Ihre Kunst stand unter starkem flämischen bzw. niederländischen Einfluss.<ref>Sybille Ebert-Schifferer: ''Die Geschichte des Stillebens.'' 1998, S. 97f.</ref><ref>Gerhard Bott: ''Der Stillebenmaler Daniel Soreau und seine Schule'' in: Kurt Wettengl: ''Georg Flegel (1566–1638), Stilleben: [Publikation zur Ausstellung „Georg Flegel (1566–1638), Stilleben“ des Historischen Museums Frankfurt am Main in Zusammenarbeit mit der Schirn Kunsthalle Frankfurt vom 18. Dezember bis 13. Februar 1994]''. Hatje, Stuttgart 1993, ISBN 3-7757-0472-8.</ref> |
|||
Das Stillleben hatte während seiner Blütezeit im 17. Jahrhundert mit der perfekten Täuschung der Wahrnehmung, kulminierend im [[Trompe-l’œil]] auch seinen [[Mimesis|mimetischen]] Höhepunkt. |
|||
Häufig stellte er in seinen stillen Bildern das bescheidene Leben des [[Dritter Stand|Dritten Standes]] dar. |
|||
Anliegen der Maler war es, einerseits Objekte der Natur und des alltäglichen Lebens in ihrer Schönheit zu erfassen und wiederzugeben und andererseits häufig auch eine verschlüsselte Botschaft, einen gedanklichen Inhalt, zu vermitteln. Dabei ist eine pauschale Aussage über versteckte Hinweise in Stillleben nicht möglich, da dies von individuellen Faktoren wie dem Entstehungszeitpunkt, der Bildung bzw. Religiosität des Künstlers und der Rezipienten sowie von den entsprechenden verwendeten Objekten bzw. Symbolen abhängig ist. Es ist von einer ernst gemeinten moralischen Lehre, über einen nur globalen Verweis auf etwaige Inhalte oder Vorstellungen bis hin zu gar keinem Hinweis auf eine besondere Bedeutung alles möglich.<ref>„Het zou echter ook kunnen zijn dat sommige kunstenaars, in plaats van een precieze betekenis aan te geven, inderdaad slechts globale associaties bij hun publiek hebben willen wekken. Zelfs valt aan te nemen dat in bepaalde werken de inhoudelijke component minimaal is of misschien wel geheel ontbreekt.“<br />Eddy de Jongh: ''De interpretatie van stillevens: grenzen en mogelijkheden'' 1995, S. 132.<br />Zu „versteckter Symbolik“ in der Stilllebenmalerei siehe u. a. das gleichnamige Kapitel in: Norbert Schneider: ''Stilleben.'' 1989, S. 17f. Eine Übersicht über mögliche Bedeutungen einzelner Symbole gibt es hier: [[Vanitas#Vanitas-Symbole|Vanitas-Symbole]].</ref> Die Verschlüsselung bestimmter (moralischer) Botschaften durch Symbole verblasste um die Mitte des 17. Jahrhunderts und ordnete sich einem primär dekorativen und repräsentativen Selbstzweck unter.<ref>„Erst nach dem Verblassen eindeutiger und verschiedenartiger Assoziationen durch Geräte und Naturgegenstände, mit der gleichzeitigen Tendenz, Vergänglichkeit nur noch im Sinne der Gefährdetheit materieller Werte (etwa der mit hohem künstlerisch-technischem Aufwand gefertigten und aus kostbarem Material genommenen Prunkgeschirre) zu verstehen, und erst mit der parallelen, nur noch konventionellen Sinnherleitung war es möglich, die gemalten Gegenstände als ‘stillstehende Sachen’ als ‘nature morte’, als ‘Stilleben’ zu bezeichnen. Diese Begriffe haben sich erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts herausgebildet und schließlich allgemein durchgesetzt.“<br />Claus Grimm: ''Küchenstücke – Marktbilder – Fischstilleben.'' In: Gerhard Langemeyer, Hans-Albert Peters (Hrsg.): ''Stilleben in Europa.'' 1979, S. 372.</ref> Diese Gemälde des späten 17. und 18. Jahrhunderts stehen am Ende der Entwicklung des barocken Stilllebens. |
|||
So unterscheidet sich auch seine Motivwahl drastisch von der des barocken Prunkstilllebens:<br/> |
|||
In den Vordergrund trat einfaches, alltägliches, bürgerliches Gerät, das er von seinem ideologischen Ballast, wie religiöse und moralische Belehrungen ( "[[memento mori]]- oder auch "[[Vanitas]]-Gedanke"), befreite. Für Chardin bedeuteten die Gegenstände nicht mehr als sie selbst. Somit wurde durch Chardin der wesentlichste Schritt zum ''autonomen Kunstwerk'' der [[Moderne]] vollzogen; sein Werk wurde zum Wendepunkt hin zur modernen Malerei. |
|||
Mit der künstlerischen Produktion und der Achtung, die dem Kunstwerk entgegengebracht wurde, stieg auch das Selbstverständnis des Künstlers. Einige Maler von Stillleben waren im Zuge dieser Entwicklung hochbezahlte Hofmaler, andere wiederum mussten sich stets ihren Platz auf dem freien Kunstmarkt erkämpfen. Bei vielen Künstlern in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts reichte das Künstlerhandwerk nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts, so dass sie einem weiteren Beruf nachgehen mussten. Der Verkauf der Gemälde, wenn sie nicht für einen speziellen Auftraggeber gefertigt wurden, erfolgte über Händler, Jahrmärkte, Buchhandlungen und direkt aus dem Atelier heraus.<ref>„Viele der Stillebenmaler des 17. Jahrhunderts waren – wie die Landschafts- und Marienmaler – Teilzeitmaler, die entweder überwiegend von anderen Berufen lebten oder zeitweise die Maltätigkeit zurückstellten. Ambrosius Bosschaert der Ältere trieb – wie Rembrandt und Vermeer – Kunsthandel. Dasselbe gilt für den Flamen Picart und den Frankfurter Maler Marrel, der zeitweilig auch mit Tulpenzweibeln spekulierte. Johannes Hannot war Maler und Weinhändler; Osias Beert war Korkhändler; Cornelius Kick war Maler und Ladenbesitzer. Willem Kalf ist als Bilderhändler und -begutachter bezeugt, während Daniel Soreau wohl hauptberuflich Kaufmann war.“<br />Claus Grimm: ''Stilleben. Die niederländischen und deutschen Meister.'' 1988, S. 75.</ref> |
|||
<div align="center"> |
|||
<gallery perrow="4" widths="160"> |
|||
Vanitas Flower Still Life - Willem van Aelst - Google Cultural Institute.jpg|'''Blumenstillleben'''<br />[[Willem van Aelst]]<br />''Blumenvase mit Maus und Uhr'', um 1656, Öl auf Leinwand, 46,4 × 55,9 cm, [[North Carolina Museum of Art]], Raleigh |
|||
Otto Marseus van Schrieck - Plants and Insects - 532 - Mauritshuis.jpg|'''[[Waldstillleben]]'''<br />[[Otto Marseus van Schrieck]]<br />''Waldstillleben mit Schlange und Eidechse'', 1656, Öl auf Leinwand, 102,3 × 75,8 cm, [[Mauritshuis]], Den Haag |
|||
Heda, Willem Claeszoon - Breakfast Table with Blackberry Pie - WGA.jpg|'''[[Mahlzeitstillleben]]'''<br />[[Willem Claesz. Heda]]<br />''Stillleben mit Brombeerpastete'', 1631, Öl auf Holz, 54 × 82 cm, [[Gemäldegalerie Alte Meister]], Dresden |
|||
Jan Weenix - Still Life of a Dead Hare, Partridges, and Other Birds in a Niche - Google Art Project.jpg|'''Jagdstillleben'''<br />[[Jan Weenix]]<br />''Stillleben mit einem toten Hasen, Rebhühnern und anderen Vögeln in einer Nische'', um 1675, [[Museum of Fine Arts, Houston|Museum of Fine Arts]], Houston |
|||
Stilleben.steenwick..jpg|'''[[Vanitasstillleben]]'''<br />[[Harmen Steenwijck]]<br />''Vanitasstillleben'', ca. 1640, Öl auf Holz, 39,2 × 50,7 cm, [[National Gallery (London)|National Gallery London]] |
|||
Georg Flegel - Raucherstilleben ca. 1630.jpg|'''[[Raucherstillleben]]'''<br />[[Georg Flegel]]<br />''Raucherstillleben in einer Nische'', ca. 1630, [[Historisches Museum Frankfurt]] |
|||
Tromp-l'oeil Still-Life 1664 Hoogstraeten.jpg|'''[[Trompe-l’œil]]'''<br />[[Samuel van Hoogstraten]]<br />1664, Öl auf Leinwand, 46 × 58 cm, [[Dordrechts Museum]], Dordrecht |
|||
Abraham van Beijeren 004.jpg|'''[[Prunkstillleben]]'''<br />[[Abraham van Beijeren]]<br />1640–80, Öl auf Leinwand, 126 × 106 cm, [[Rijksmuseum Amsterdam]] |
|||
</gallery></div> |
|||
==== Italien ==== |
|||
Die Farbigkeit seiner streng aufgebauten Werke, sein ''aufgelöster Farbauftrag'' wurde von den Impressionisten als vorbildlich angesehen. Die unendlich abgestuften, innerbildlichen Farb- und Formbezüge waren ihm wichtiger als das Interesse an den dargestellten Gegenständen. Die Farbmaterie |
|||
gewann somit an selbstständigem Gewicht, seine Bildgegenstände wirken dadurch wie in Farbe eingelassen. |
|||
Natürlich wirkende Dekorationen aus Früchten hatte bereits [[Giovanni da Udine]] in der [[Villa Farnesina]] zu Beginn des 16. Jahrhunderts geschaffen.<ref>Luca Bortolotti: ''La natura morta - storia, artisti, opere'', Giunti Editore, Prato, 2003, S. 46–47</ref> Eine wichtige Rolle in der italienischen Stilllebenmalerei wird [[Caravaggio]] zugeschrieben, der abgesehen von einem berühmten, nicht genau datierbaren ''Früchtekorb'' ([[Pinacoteca Ambrosiana (Mailand)|Pinacoteca Ambrosiana]], Mailand), zwar auch in einigen Genrebildern einige meisterhaft dargestellte Früchte malte, jedoch ansonsten offenbar keine eigenständigen Stillleben schuf.<ref>Luca Bortolotti: ''La natura morta - storia, artisti, opere'', Giunti Editore, Prato, 2003, S. 108</ref> Obwohl sein Einfluss auf die Gattung damit eher verschwommen bleibt, wird manchmal von einer „caravaggistischen“ Strömung des Stilllebens gesprochen, die in einer [[Naturalismus (Bildende Kunst)|naturalistischen]] Darstellung vor sehr dunklen, [[Tenebrismus|tenebristischen]] Hintergründen besteht. In Italien waren in erster Linie Früchte- und Blumen-Stillleben beliebt, aber auch Abbildungen toter Tiere. Es sind zahlreiche anonyme Gemälde erhalten, was mit der relativen Geringschätzung zusammenhängt, die man besonders in Italien der gesamten Gattung – im Gegensatz zur Historienmalerei – entgegenbrachte. Die italienische Stilllebenmalerei wurde bis in die Gegenwart wenig beachtet, hatte aber bedeutende Querverbindungen zu anderen Ländern, u. a. da hier traditionell zumindest vorübergehend auch viele Maler aus Flandern oder Frankreich wirkten, von denen einige dauerhaft dort lebten. Beispielsweise hielten sich bedeutende flämische Stilllebenmaler wie [[Jan Brueghel d. Ä.]], [[Frans Snyders]], [[Jan Fyt]] und [[Willem van Aelst]] jahrelang in Italien auf. Der Franzose [[Nicolas Baudesson]]<ref>Claudia Salvi: ''Nicolas Baudesson detto Monsù Botteson o Badasson'', in: Gianluca & Ulisse Bocchi: ''Pittori di natura morta a Roma : artisti stranieri 1630-1750 = Still life painters in Rome : foreign artists 1630-1750'', Arti Grafiche Castello, Viadana, 2004, S. 405–434</ref> und der einflussreiche Flame [[Abraham Brueghel]] lebten jahrzehntelang in Rom bzw. Neapel.<ref>Ludovica Trezzani: ''Abraham Brueghel detto Rijngraaf'', in: Gianluca & Ulisse Bocchi: ''Pittori di natura morta a Roma : artisti stranieri 1630–1750 = Still life painters in Rome : foreign artists 1630–1750'', Arti Grafiche Castello, Viadana, 2004, S. 117–147</ref> Wenig erforscht sind die Verbindungen zur spanischen Malerei, die aber wahrscheinlich besonders für das seinerzeit unter spanischer Herrschaft stehende [[Königreich Neapel|Neapel]] eine Rolle spielen, von wo allgemein häufig Gemälde nach Spanien importiert wurden. |
|||
Chardin gilt heute mit seinen nicht anmaßenden oder selbstgefälligen [[Sujet]]s, die ganz der Ideologie der Aufklärer entsprachen, als einer der großen Meister der Stilllebenmalerei. |
|||
Italienische Zentren der Stilllebenmalerei waren [[Rom]], die [[Lombardei]], [[Neapel]] und [[Florenz]]. Bedeutende frühe Meister der lombardischen Schule waren [[Fede Galizia]], [[Ambrogio Figino]] und [[Panfilo Nuvolone]].<ref>Luca Bortolotti: ''La natura morta - storia, artisti, opere'', Giunti Editore, Prato, 2003, S. 114–116</ref> [[Evaristo Baschenis]] ist für seine Stillleben von Musikinstrumenten und anderen Geräten bekannt, die auch einen eindeutigen symbolischen Vanitas-Hintergrund haben.<ref>Luca Bortolotti: ''La natura morta - storia, artisti, opere'', Giunti Editore, Prato, 2003, S. 116–118</ref> |
|||
==Hauptvertreter== |
|||
In Rom wirkten als bedeutende Hauptvertreter [[Pietro Paolo Bonzi]],<ref>''Pietro Paolo Bonzi'', in: Luigi Salerno: ''La natura morta italiana 1560–1805 = still life painting in Italy 1560–1805'', Bozzi, Rom, 1984, S. 92–97</ref><ref>{{DBI|Verfasser=Fabia Borroni|ID=bonzi-pietro-paolo-detto-anche-pietro-paolo-gobbo_(Dizionario-Biografico)/|Band=12|SeiteVon=|SeiteBis=|Kommentar=}}</ref> [[Michele Pace]] (genannt Michelangelo del Campidoglio)<ref>''Pace, Michelangelo („Michelangelo da Campidoglio“).'' In: Luigi Salerno (Hrsg.): ''La natura morta italiana 1560–1805.'' Bozzi, Rom 1984, S. 179–181.</ref><ref>''Michelangelo di Campidoglio.'' In: Francesco Porzio, Federico Zeri, Elisabetta Avanzati (Hrsg.): ''La Natura morta in Italia.'' Bd. 2. Electa, Mailand 1989, S. 775–783.</ref><ref>''Pace, Michele detto Michelangelo del Campidoglio.'' In: Gianluca und Ulisse Bocchi (Hrsg.): ''Pittori di Natura Morta a Roma, Artisti Italiani 1630-1750.'' Arti Grafiche Castello, Viadana 2005, S. 399–446.</ref> und [[Mario Nuzzi]], gen. Mario de’ Fiori. Insbesondere Mario de’ Fiori war seinerzeit außerordentlich berühmt und spielte auch auf internationalem Niveau eine bedeutende Rolle in der stilistischen Entwicklung vom naturalistischen frühbarocken zum dekorativen und prunkvollen hochbarocken Stillleben, wobei das rein Malerische stärker betont ist, während die getreue Naturnachahmung mehr in den Hintergrund rückt.<ref>''Nuzzi, Mario (Mario dei Fiori)'', in: Luigi Salerno (Hrsg.): ''La natura morta italiana 1560–1805'', Bozzi, Rom, 1984, S. 174–177</ref><ref>''Nuzzi, Mario detto Mario de' Fiori'', in: Francesco Porzio, Federico Zeri, Elisabetta Avanzati (Hrsg.): ''La Natura morta in Italia'', Bd. 2, Mailand, Electa, 1989, S. 759–767</ref><ref>Luca Bortolotti: ''La natura morta - storia, artisti, opere'', Giunti Editore, Prato, 2003, S. 118–119</ref> |
|||
[[Bild:AST2.jpg|thumb|Früchte-Teller, [[Balthasar van der Ast]]]] |
|||
Einer der ersten florentinischen Stilllebenmaler war [[Jacopo da Empoli]], der vor allem Küchenstillleben oder Speisekammern malte.<ref>Luca Bortolotti: ''La natura morta - storia, artisti, opere'', Giunti Editore, Prato, 2003, S. 120</ref> Weitere bekannte Maler, die in Florenz wirkten, waren [[Giovanna Garzoni]], [[Filippo Napoletano]], [[Bartolomeo Bimbi]] und [[Andrea Scacciati]].<ref>Luca Bortolotti: ''La natura morta - storia, artisti, opere'', Giunti Editore, Prato, 2003, S. 120–126</ref><ref>''Andrea Scacciati'', in: Federico Zeri: ''La natura morta in Italia'', vol. 2, Electa, Mailand, 1989, S. 588–589</ref> [[Cristoforo Munari]] ist, ähnlich wie Baschenis, vor allem als Maler von Musikinstrumenten und anderen Gegenständen bekannt.<ref>Luca Bortolotti: ''La natura morta - storia, artisti, opere'', Giunti Editore, Prato, 2003, S. 142–144</ref><ref>{{DBI|Verfasser=Beatrice Cirulli |ID=cristoforo-ludovico-munari_(Dizionario-Biografico)/|Band=77|SeiteVon=|SeiteBis=|Kommentar=}}</ref> |
|||
Die Hauptvertreter der ''niederländischen'' Stilllebenmalerei sind: [[Jan Brueghel der Ältere]], [[Frans Snyders]], [[Herkules Seghers]], [[Jan David de Hem|die Familie de Heem]], [[Abraham van Beyeren]], [[Willem Kalf]], [[Pieter Claesz]], [[Willem Claesz Heda]], [[Willem van Aelst]], [[Balthasar van der Ast]], [[Gerard Dou]], [[Jan Fyt]], [[Jan Baptist Weenix]], [[Rachel Ruysch]], [[Jan van Huysum]] u.v.a. |
|||
Als besonders bedeutend gilt die neapolitanische Schule der Stilllebenmalerei mit [[Luca Forte]], [[Giovan Battista Recco]], [[Giuseppe Recco]], [[Giovanni Battista Ruoppolo|Giovan Battista Ruoppolo]], [[Andrea Belvedere]] und [[Paolo Porpora]] als wichtigen Vertretern. In Neapel wurden relativ häufig Stillleben mit Fisch- und Meeresfrüchten gepflegt, aber ebenso auch Früchte und Blumen gemalt.<ref>Luca Bortolotti: ''La natura morta - storia, artisti, opere'', Giunti Editore, Prato, 2003, S. 126–128</ref> Porpora gehörte – auf internationalem Niveau – zu den ersten und bedeutendsten Vertretern des [[Waldstillleben]]s (ital. ''Sottobosco'').<ref>Véronique Damian et al.: ''Paolo Porpora'', in: ''L’oeil gourmand, percorso nella natura morta napoletana del XVII secolo'' (Ausstellungskatalog), Galerie Canesso, Paris 2007, S. 46–59.</ref> |
|||
Im [[19. Jahrhundert]] kam das Stillleben wieder sehr in Mode, in [[Frankreich]] besonders durch [[Jean Baptiste Robie]], [[Antoine Vollon]] und [[Philippe Rousseau]], in [[Deutschland]] durch [[Johann Wilhelm Preyer]] (Düsseldorf), die Berliner [[Charles Hoguet]], [[Paul Meyerheim]], Hertel, [[Theude Grönland|Theude]] und [[Renée Grönland]], [[Friedrich Heimerdinger]] (Hamburg), namentlich aber auch durch die Malerinnen [[Louise Begas-Parmentier]], [[Hermione von Preuschen]], [[Margarethe Hormuth-Kallmorgen]] und [[Elise Hedinger]]. |
|||
Im 18. Jahrhundert können die betont einfachen, schlichten und rustikalen Stillleben von [[Giacomo Ceruti]] mit denjenigen von Chardin in Frankreich und Meléndez in Spanien verglichen werden.<ref>Luca Bortolotti: ''La natura morta - storia, artisti, opere'', Giunti Editore, Prato, 2003, S. 144</ref> |
|||
Im späten 19. und dem [[20. Jahrhundert]] haben u.a. [[Paul Cézanne]], [[Georges Braque]], [[Juan Gris]], [[Giorgio Morandi]], [[Georgia O´Keeffe]] und [[Eberhard Schlotter]] dieses Genre aufgegriffen. |
|||
<div align="center"> |
|||
<gallery perrow="4" widths="160"> |
|||
Florero (P00250) (Nuzzi).jpg|[[Mario Nuzzi]]: ''Blumenstillleben'', 1640–42, [[Museo del Prado|Prado]], Madrid |
|||
Paolo Porpora - Tortue et crabe - WGA18168.jpg|[[Paolo Porpora]]: ''Sottobosco mit Krebs und Schildkröte'', um 1652, [[Musée des Beaux-Arts de Nancy|Musée-des-Beaux-Arts]], Nancy |
|||
Pace del Campidoglio, Michele - Still-Life - 17th century.jpg|[[Michele Pace]] del Campidoglio: ''Früchte-Stillleben mit antikem Relief und Affe'', Privatsammlung |
|||
Cristoforo Munari - Still-Life with Musical Instruments - WGA16334.jpg|[[Cristoforo Munari]]: ''Stillleben mit Musikinstrumenten, chinesischem Porzellan und Citrusfrüchten'', ca. 1706–1715, [[Uffizien]], Florenz |
|||
Giacomo Ceruti - Still-Life - WGA4679.jpg|[[Giacomo Ceruti]]: ''Stilleben mit Brot, Nüssen und Wein'', 1750er Jahre, Privatsammlung |
|||
</gallery></div> |
|||
==== Spanien ==== |
|||
==Fotografische Stillleben== |
|||
[[Bild:Australian_cart.jpg|thumb|Stillleben in der Fotografie]] |
|||
Fotografische Stillleben werden meist mit ihrem englischen Namen "still-life photography" bezeichnet. Darunter versteht man die Aufnahme von Gegenständen. Neben den künstlerischen Stillife Aufnahmen zählen auch rein technische Sach- oder Produktaufnahmen, wie man sie häufig in der Werbung antrifft, zu diesem Gebiet. |
|||
Als direkte Vorläufer der Stilllebenmalerei in Spanien gilt eine von Julio de Aquiles und Alejandro Mayner um 1535 geschaffene und teilweise verlorene Dekoration in der ''Sala de Frutas'' (Früchtesaal) im Palast [[Karl V. (HRR)|Karls V.]] auf der [[Alhambra]].<ref>William B. Jordan & Peter Cherry: ''Spanish still life from Velázquez to Goya'', Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 15–16</ref> Die ersten spanischen Maler autonomer Stillleben – die in Spanien auch als [[Bodegón]] bezeichnet werden – waren [[Blas de Ledesma]] und Antonio Mohedano (ca. 1561–1626), die ebenfalls in erster Linie Früchte und Gemüse malten.<ref>William B. Jordan & Peter Cherry: ''Spanish still life from Velázquez to Goya'', Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 16</ref> Die bedeutendsten Künstler der Gattung im frühen 17. Jahrhundert waren [[Juan Sánchez Cotán|Juan Sanchez Cotán]] in [[Toledo]]<ref>William B. Jordan & Peter Cherry: ''Spanish still life from Velázquez to Goya'', Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 27–35</ref> und [[Juan van der Hamen y León|Juan van der Hamen y Leon]] in [[Madrid]], die einen typisch spanischen Stil von großer formaler Strenge und Klarheit pflegten. Typisch für Cotán sind steinerne Nischen, in denen jeweils nur wenige Objekte hängen oder liegen, während Van der Hamen sehr vielseitig war und Blumen, Früchte, Geflügel, toten Fisch, Käse, Süßigkeiten, Geschirr und andere Gefäße malte, oft auf verschiedenen Ebenen oder teilweise als gedeckter Tisch.<ref>William B. Jordan & Peter Cherry: ''Spanish still life from Velázquez to Goya'', Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 44–56.</ref> Es entstand schnell ein großer Bedarf und ein Markt von entsprechenden Gemälden, auch in bürgerlichen Schichten.<br> |
|||
Fotografische Stillleben wurden u.a. durch [[John Blackmore]], [[Robert Mapplethorpe]] und viele andere geschaffen. |
|||
Die formale Strenge wurde in der Folge von Malern wie [[Antonio Ponce]] nicht völlig aufgegeben, aber deutlich gelockert.<ref>William B. Jordan & Peter Cherry: ''Spanish still life from Velázquez to Goya'', Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 66–68.</ref> Einen sehr eigenen Stil verfolgte der vor allem für seine Weintrauben-Bilder bekannte [[Juan Fernández el Labrador|El Labrador]], der auch außerhalb Spaniens einen gewissen Ruf hatte.<ref>William B. Jordan & Peter Cherry: ''Spanish still life from Velázquez to Goya'', Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 70–77.</ref> |
|||
Der bedeutendste Stilllebenmaler im Umkreis des königlichen Hofes in Madrid in der Mitte des 17. Jahrhunderts war [[Antonio de Pereda]], der in einem weicheren, malerischen Stil arbeitete, der bereits hochbarock wirkt, ohne dabei rein dekorativ zu sein. Pereda ist unter anderem für Vanitas-Stillleben bekannt.<ref>William B. Jordan & Peter Cherry: ''Spanish still life from Velázquez to Goya'', Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 78–90.</ref><br> |
|||
== Siehe auch == |
|||
[[Juan de Arellano]] machte im zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts mit seinen dekorativen Blumenstillleben Furore, die formal von dem Römer Mario de’ Fiori beeinflusst sind<ref>William B. Jordan & Peter Cherry: ''Spanish still life from Velázquez to Goya'', Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 133–134.</ref> und sich durch eine kraftvolle Farbigkeit mit leuchtenden Primärfarben (Rot, Gelb, Blau) auszeichnen; sein wichtigster Nachfolger war [[Bartolomé Pérez]].<ref>William B. Jordan & Peter Cherry: ''Spanish still life from Velázquez to Goya'', Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 129–142.</ref> |
|||
* [[Blumen- und Früchtemalerei]] |
|||
* [[Portal: Kunst]] |
|||
Auch in Spanien gab es verschiedene regionale Strömungen von eigenem Charakter. In [[Sevilla]] waren [[Francisco de Zurbarán]] und sein Sohn [[Juan de Zurbarán|Juan]] sowie in der Folge [[Pedro de Camprobín]] die bedeutendsten Stilllebenmaler.<ref>William B. Jordan & Peter Cherry: ''Spanish still life from Velázquez to Goya'', Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 101–115.</ref> |
|||
Eine unabhängige Schule der Stilllebenmalerei gab es außerdem in Valencia und Umgebung mit [[Tomás Yepes]] als Hauptmeister.<ref>William B. Jordan & Peter Cherry: ''Spanish still life from Velázquez to Goya'', Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 118–123.</ref> |
|||
Um 1700 kam es auch in Spanien zu einer Krise, die unter anderem durch den Export vieler italienischer Stillleben ausgelöst wurde.<ref>William B. Jordan & Peter Cherry: ''Spanish still life from Velázquez to Goya'', Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 146–148.</ref> Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es noch einmal eine Blüte mit [[Luis Eugenio Meléndez|Luis Meléndez]], der auf der naturalistischen Tradition des frühen 17. Jahrhunderts aufbaute und bis zu einem gewissen Grade mit dem Italiener [[Giacomo Ceruti]] und dem Franzosen [[Jean-Baptiste Siméon Chardin|Chardin]] verglichen werden kann.<ref>William B. Jordan & Peter Cherry: ''Spanish still life from Velázquez to Goya'', Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 152–161.</ref> |
|||
<div align="center"> |
|||
<gallery perrow="4" widths="160"> |
|||
Juan van der Hamen - Still Life with Sweets and Pottery, 1627 E11640.jpg|[[Juan van der Hamen y León|Juan van der Hamen y Leon]]: ''Stillleben mit Süßigkeiten und Keramik'', 1627, [[National Gallery of Art]], Washington |
|||
Labrador-cuatro racimos de uvas.jpg|[[Juan Fernández el Labrador|Juan Fernandez el Labrador]]: ''Weintrauben'', Prado, Madrid |
|||
Pedro de Camprobín - Vase of Flowers - WGA3839.jpg|[[Pedro de Camprobín]]: ''Blumenvase mit Sonnenblume und Tagetes'', um 1665, Privatsammlung |
|||
Antonio de Pereda - Still Life with Vegetables and Kitchen Utensils - c. 1651.jpg|[[Antonio de Pereda]]: ''Stillleben mit Gemüse und Küchengeräten'', um 1651, [[Museu Nacional de Arte Antiga]], Lissabon |
|||
Juan de Arellano - Small Basket of Flowers - Google Art Project.jpg|[[Juan de Arellano]]: ''Korb mit Blumen'', 1671, [[Museo de Bellas Artes de Bilbao]] |
|||
Bodegon pan, granadas, higos y objetos-meléndez.jpg|[[Luis Eugenio Meléndez|Luis Meléndez]]: ''Bodegón mit Feigen, Granatäpfeln und Brot'', 1770, Prado, Madrid |
|||
</gallery></div> |
|||
==== Frankreich ==== |
|||
Im frühbarocken Frankreich, mit Zentrum in Paris, entwickelte sich etwas später als in anderen Ländern eine eigenständige Stilllebenmalerei, die auch Inspirationen von flämischen, italienischen und möglicherweise auch spanischen Künstlern aufnahm. Erste Maler des Genres in Frankreich waren [[Sebastian Stoskopff|Sébastien Stoskopf]], [[Lubin Baugin]], [[Pierre Dupuis (1610–1682)|Pierre Dupuis]] und [[Louise Moillon]],<ref>Claudia Salvi: ''D' après nature : la nature morte en France au XVIIe siècle'', Renaissance du Livre (Verlag), Tournai, 2000, S. 29–39, 47–54, 59–64 und 87–98</ref><ref>Luca Bortolotti: ''La natura morta - storia, artisti, opere'', Giunti Editore, Prato, 2003, S. 136</ref> die einen relativ asketischen, zurückhaltenden Stil pflegten. Beliebt waren vor allem Blumen- und/oder Früchte-Stillleben, seltener auch Mahlzeiten- und Vanitas-Stillleben. Nach 1650–60, zur Zeit [[Ludwig XIV.|Ludwigs XIV.]], entwickelte sich, wie im übrigen Europa, ein üppigerer, dekorativer Stil, dessen Hauptvertreter [[Jean-Michel Picart|Jean Michel Picart]] und in der Folge vor allem [[Jean-Baptiste Monnoyer]] und [[Jean-Baptiste Belin]] waren.<ref>Claudia Salvi: ''D' après nature : la nature morte en France au XVIIe siècle'', Renaissance du Livre (Verlag), Tournai, 2000, S. 101–108 und 183–204</ref> |
|||
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts kam es zunächst zu einem Qualitätsverlust des Genres. Dies änderte sich erst durch das Wirken von [[Jean Siméon Chardin]], der von 1699 bis 1779 lebte. Er war ein Maler der [[Aufklärung]], der die Abkehr von der Scheinhaftigkeit und Vordergründigkeit der höfischen Lebensweise hin zu einer schlichten Natürlichkeit verdeutlichte. Chardin öffnete den Blick für ein Leben jenseits der [[Aristokratie|aristokratischen]] Leichtlebigkeit und der [[Mehrdeutigkeit|frivolen]] Spielerei. An die Stelle des prunkvollen barocken Stilllebens mit seiner symbolischen Bedeutung setzte Chardin das bürgerliche Gerät des Alltags. Die Farbigkeit seiner streng aufgebauten Werke und sein aufgelöster Farbauftrag wurden von den [[Impressionismus|Impressionisten]] als vorbildlich angesehen.<br> |
|||
Eine bedeutende und vielseitige Stilllebenmalerin gegen Ende des 18. Jahrhunderts war [[Anne Vallayer-Coster]]. |
|||
<div align="center"> |
|||
<gallery perrow="4" widths="160"> |
|||
Sebastian Stoskopff - Still Life with Statuette and Shells - WGA21828.jpg|[[Sebastian Stoskopff|Sebastien Stoskopff]]: ''Stillleben mit Statuette und Muscheln'', um 1630, [[Louvre]], Paris |
|||
Louise Moillon - Apricots in a ceramic bowl, with plums on a stone ledge 2015 CKS 10392 0120.jpg|[[Louise Moillon]]: ''Eine Schale Aprikosen und Pflaumen'', Privatsammlung |
|||
Jean-Baptiste Monnoyer - Flowers in a vase.jpg|[[Jean-Baptiste Monnoyer]]: ''Blumen in einer marmornen Vase'', [[Musée des Beaux-Arts (Lyon)|Musée-des-Beaux-Arts]], Lyon |
|||
Jean Siméon Chardin - 'La Brioche' (Cake) - WGA04779.jpg|[[Jean Siméon Chardin]]: ''Die Brioche'', 1763, Louvre, Paris |
|||
Instruments de musique - Anne Vallayer-Coster - Musée du Louvre Peintures INV 8260.jpg|[[Anne Vallayer-Coster]]: ''Attribute der Musik'', 1770, Louvre, Paris |
|||
</gallery></div> |
|||
=== 19. und 20. Jahrhundert === |
|||
Im 19. Jahrhundert kam das Stillleben wieder sehr in Mode, in [[Frankreich]] besonders durch [[Jean-Baptiste Robie]] (1821–1910), [[Antoine Vollon]], [[Philippe Rousseau]] und [[Henri Fantin-Latour]]. Die Impressionisten konzentrierten sich in ihren Stillleben nicht mehr auf die möglichst genaue naturalistische Wiedergabe der Objekte, sondern erzeugten durch malerische Effekte eher eine poetische Vision oder eine Farbsymphonie. Auch wählten sie nicht selten ungewöhnliche oder überraschende Ansichten. Eine bedeutende Rolle spielen Stillleben im Werk von [[Édouard Manet]], [[Claude Monet]], [[Pierre-Auguste Renoir]] und [[Vincent van Gogh]]. |
|||
In [[Deutschland]] waren es [[Johann Wilhelm Preyer]], seine Tochter [[Emilie Preyer|Emilie]] sowie [[Jakob Lehnen]] (Mitglieder der [[Düsseldorfer Malerschule]]), die Berliner [[Charles Hoguet]], [[Paul Meyerheim]], Hertel, [[Theude Grönland|Theude]] und [[René Grönland]], [[Friedrich Heimerdinger]] (Hamburg). Als Frauen waren beteiligt die Malerinnen [[Luise Begas-Parmentier]], [[Hermione von Preuschen]], [[Margarethe Hormuth-Kallmorgen]] und [[Elise Hedinger]] (1854–1923). |
|||
Im späten 19. und dem 20. Jahrhundert haben u. a. [[Paul Cézanne]], [[Georges Braque]], [[Juan Gris]], [[Max Beckmann]], [[Paula Modersohn-Becker]], [[Giorgio Morandi]], [[Georgia O’Keeffe]], [[Horst Janssen]], [[Berthe Art]] und [[Eberhard Schlotter]] dieses Genre aufgegriffen. Dabei kam es häufig zu einer starken formalen Vereinfachung und [[Abstrakte Kunst|Abstraktion]] der Formen, die jenseits der ursprünglichen Zielsetzung des Genres – der Nachahmung der Natur – liegen. |
|||
<div align="center"> |
|||
<gallery perrow="4" widths="160"> |
|||
Henri Fantin-Latour - Fleurs et fruits, 1865.jpg|[[Henri Fantin-Latour]]: ''Blumen und Früchte'', 1865 |
|||
Claude Monet - Les Galettes.jpg|Claude Monet: ''Les Galettes'', 1882, Privatsammlung |
|||
Rouen (Seine-Maritime) - Musée des Beaux-Arts - "Bouquet de chrysantèmes " (Pierre-Auguste Renoir, 1841-1919) (32549598030).jpg|Pierre-Auguste Renoir: ''Ein Strauß Chrysantemen'', 1884, Musée des Beaux-Arts, Rouen |
|||
Vincent van Gogh - Grapes, Lemons, Pears, and Apples - 1949.215 - Art Institute of Chicago.jpg|Vincent van Gogh: ''Trauben, Zitronen, Pfirsiche und Äpfel'', 1887, [[Art Institute of Chicago]] |
|||
Datei:Max beckmann stilleben mit turkenbund 061336).jpg|[[Max Beckmann]]: ''Stillleben mit Türkenbund'' (1926) |
|||
Datei:Stilleben (Kusber 1957).jpg|[[Jochen Kusber]]: ''Stilleben'' (1957) |
|||
</gallery></div> |
|||
== Fotografische Stillleben == |
|||
[[Datei:Photographic still life of a Hosta ‘Guacamole’.jpg|miniatur|Fotografisches Stillleben]] |
|||
Fotografische Stillleben werden meist mit ihrem englischen Namen „still-life photography“ bezeichnet. Darunter versteht man die Aufnahme von Gegenständen. Neben den künstlerischen Still-Life-Aufnahmen gibt es als eigene Gruppe rein technische Sach- oder Produktaufnahmen, wie man sie häufig in der so genannten „angewandten Fotografie“ (z. B. Werbung) antrifft. Fotografische Stillleben wurden u. a. durch [[John Blakemore]], [[Imogen Cunningham]], [[Robert Mapplethorpe]], [[Tina Modotti]] und [[David LaChapelle]] geschaffen. |
|||
* Siehe auch [[Tabletop-Fotografie]] |
|||
== Literatur == |
== Literatur == |
||
=== Nachschlagewerke === |
|||
* ''Meisterwerke des Stilllebens.'' ''Kleine digitale Bibliothek.'' Bd. 27. CD-ROM, Directmedia Publishing, Berlin 2007, [[Digitale Bibliothek (Produkt)|Digitale Bibliothek]], ISBN 978-3-89853-327-0. |
|||
* Hermain Bazin, Horst Gerson, Rolf Linnenkamp u. a.: ''Kindlers Malerei-Lexikon.'' Bd. 11. Kindler, Zürich 1985, S. 282–286. |
|||
* ''[[Allgemeines Künstlerlexikon]] (AKL). Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker.'' K. G. Saur, München/ Leipzig 1991ff. ISBN 3-598-22740-X. |
|||
* Walther Bernt: ''Die niederländischen Maler des 17. Jahrhunderts. 800 Künstler mit 1470 Abb. 3 Bd.'' Münchner Verlag, München 19XX. |
|||
* Erika Gemar-Költzsch: ''Holländische Stillebenmaler im 17. Jahrhundert.'' Luca-Verlag, Lingen 1995, ISBN 3-923641-41-9. |
|||
* Fred G. Meijer, Adriaan van der Willigen: ''A dictionary of Dutch and Flemish still-life painters working in oils. 1525–1725.'' Primavera Press, Leiden 2003, ISBN 90-74310-85-0. |
|||
* Wolf Stadler u. a.: ''Lexikon der Kunst. Malerei, Architektur, Bildhauerei.'' Bd. 11. Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 167–176. |
|||
* Gerhard Strauss, Harald Olbrich: ''Lexikon der Kunst. Architektur, bildende Kunst, angewandte Kunst, Industrieformgestaltung, Kunsttheorie.'' Bd. 7. Seemann, Leipzig 1994, S. 64–67. |
|||
* Ulrich Thieme, Felix Becker (Hrsg.): ''[[Thieme-Becker|Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart]].'' Leipzig 1907 bis 1950. |
|||
* Hans Vollmer: ''Allgemeinem Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts ergänzt.'' Leipzig 1953 bis 1962. |
|||
=== Monografien und Ausstellungskataloge === |
|||
* [http://susi.e-technik.uni-ulm.de:8080/Meyers2/seite/werk/meyers/band/15/seite/0329/meyers_b15_s0329.html#Stillleben Stillleben], in: ''Meyers Konversationslexikon'', 4. Aufl. 1888, Bd. 15, S. 329. |
|||
* Ingvar Bergström: ''Dutch still-life painting in the seventeenth century.'' Aus dem Schwedischen von Christina Hedström und Gerald Taylor. Faber & Faber, London 1956. |
|||
* Uta Bernsmeier (Hrsg.): ''Stilleben in Europa. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kunstgeschichte, Münster, 25.11.1979–24.2.1980. Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, 15.3.–15.6.1980 (Ausstellungskatalog).'' Münster 1979. |
|||
* Gianluca & Ulisse Bocchi: ''Pittori di natura morta a Roma : artisti stranieri 1630–1750 = Still life painters in Rome : foreign artists 1630–1750'', Arti Grafiche Castello, Viadana, 2004. |
|||
* Laurens Bol: ''Holländische Maler des 17. Jahrhunderts, nahe den großen Meistern: Landschaften und Stilleben.'' Klinkhardt & Biermann, Braunschweig 1969. |
|||
* Luca Bortolotti: ''La natura morta - storia, artisti, opere'', Giunti Editore, Prato, 2003. |
|||
* Éric Coatalem, Florence Thiéblot: ''La nature morte française au XVIIe siècle = 17th-century still-life painting in France'', Faton (Verlag), Dijon, 2014. |
|||
* Véronique Damian et al.: ''L’oeil gourmand, percorso nella natura morta napoletana del XVII secolo'' (Ausstellungskatalog), Galerie Canesso, Paris 2007. |
|||
* Pamela Hibbs Decoteau: ''Clara Peeters: 1594 – ca. 1640, and the development of still-life painting in northern Europe.'' Luca-Verlag, Lingen 1992, ISBN 3-923641-38-9. |
|||
* [[Sybille Ebert-Schifferer]]: ''Die Geschichte des Stillebens.'' Hirmer Verlag, München 1998, ISBN 3-7774-7890-3. |
|||
* [[Klaus Ertz]] et al.: ''Das flämische Stillleben 1550–1680 (Sinn und Sinnlichkeit)''. Katalog der Ausstellung in der Villa Hügel, Essen, und im Kunsthistorischen Museum, Wien, 2002. Kulturstiftung Ruhr Essen / Luca Verlag, Lingen, 2002 |
|||
* Michel Faré: ''La nature morte en France : son histoire et son évolution du XVIIe au XXe siècle'', Pierre Cailler (Verlag), Genf, 1962 |
|||
* Michel Faré: ''Le grand siècle de la nature morte en France, le XVIIe siècle'', Fribourg & Paris, 1976 |
|||
* [[Claus Grimm (Kunsthistoriker)|Claus Grimm]]: ''Stilleben. Die italienischen, spanischen und französischen Meister.'' Belser, Stuttgart 1995, ISBN 3-7630-2303-8; Neuauflage 2001, 2010, ISBN 978-3-7630-2562-6. |
|||
* Claus Grimm: ''Stilleben. Die niederländischen und deutschen Meister.'' Belser, Stuttgart/Zürich 1988, ISBN 3-7630-1945-6; Neuauflage 2001, 2010, ISBN 978-3-7630-2562-6. |
|||
* Samuel van Hoogstraten: ''Inleydingh tot de Hooge Schoole der Schilderkonst. De zichtbaere werelt. Verdeelt in negen leerwinkels.'' Davaco Publ., Utrecht 1969 (Nachdr. der Ausg. Rotterdam 1678). |
|||
* [[William B. Jordan]] & Peter Cherry: ''Spanish still life from Velázquez to Goya'', Yale University Press, New Haven [CT], 1995, ISBN 0-300-06356-3, 1-85709-063-2 |
|||
* [[Gerhard Langemeyer]], Hans-Albert Peeters (Hrsg.): ''Stilleben in Europa. (Aust.kat.: Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster & Staatliche Kunsthalle Baden-Baden 1980).'' Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Münster 1979. |
|||
* [[Roswitha Neu-Kock]] (Red.): ''Stilleben – Natura Morta. Im Wallraf-Richartz-Museum und im Museum Ludwig. (Aust.kat.: Wallraf-Richartz-Museum und Museum Ludwig Köln 1980).'' Museen der Stadt Köln, Köln 1980. |
|||
* Michael North: ''Geschichte der Niederlande.'' Beck, München 2003, ISBN 3-406-41878-3 |
|||
* Alfonso E. Pérez Sánchez: ''La nature morte Espagnole du XVIIe siècle à Goya'', Office du Livre, Fribourg, 1987, ISBN 2-8264-0069-X |
|||
* Francesco Porzio, Federico Zeri, Elisabetta Avanzati (Hrsg.): ''La Natura morta in Italia.'' 2 Bände. Mondadori Electa, Mailand 1989. |
|||
* Luigi Salerno (Hrsg.): ''La natura morta italiana 1560–1805.'' Bozzi, Rom 1984. |
|||
* Claudia Salvi: ''D' après nature : la nature morte en France au XVIIe siècle'', Renaissance du Livre (Verlag), Tournai, 2000, ISBN 2-8046-0408-X |
|||
* Franz-Xaver Schlegel: ''Das Leben der toten Dinge – Studien zur modernen Sachfotografie in den USA 1914–1935'' 2 Bde. Art in Life, Stuttgart 1999, ISBN 3-00-004407-8. |
|||
* Norbert Schneider: ''Stilleben. Realität und Symbolik der Dinge; die Stillebenmalerei der frühen Neuzeit.'' Taschen, Köln 1989, ISBN 3-8228-0398-7. |
|||
* Sam Segal, William B. Jordan: ''A prosperous past. The sumptuous still life in the Netherlands. 1600–1700. (Aust.kat.: Delft & Cambridge & Massachusetts & Texas).'' SDU Publ., Den Haag 1989, ISBN 90-12-06238-1. |
|||
* [[Martina Sitt]], [[Hubertus Gaßner]] (Hrsg.): ''Spiegel geheimer Wünsche. Stillleben aus fünf Jahrhunderten.'' Hirmer Verlag München 2008, ISBN 978-3-7774-4195-5. |
|||
* A.P.A. Vorenkamp: ''Bijdrage tot de geschiedenis van het Hollandsch stilleven in de 17 eeuw: proefschrift ter verkrijging van den graad van doctor in de letteren en wijsbegeerte aan de Rijks-Universiteit te Leiden.'' N.V. Leidsche Uitgeversmaatschappij, Leiden 1933. |
|||
* Federico Zeri: ''La natura morta in Italia''. 2 Bände, Electa, Mailand, 1989. |
|||
=== Aufsätze und Artikel === |
|||
* Claus Grimm: ''Küchenstücke – Marktbilder – Fischstilleben.'' In: Gerhard Langemeyer, Hans-Albert Peeters (Hrsg.): ''Stilleben in Europa. (Aust.kat.: Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster & Staatliche Kunsthalle Baden-Baden 1980).'' Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Münster 1979, S. 351–378. |
|||
* Eddy de Jongh: ''De interpretatie van stillevens: grenzen en mogelijkheden.'' In: Eddy de Jongh: ''Kwesties van betekenis. Thema en motief in de Nederlandse schilderkunst van de zeventiende eeuw.'' Primavera Pers, Leiden 1995, ISBN 90-74310-14-1, S. 130–148. |
|||
* Wouter Th. Kloek: ''The migration from the South to the North.'' In: Ger Lujten (Hrsg.): ''Dawn of the Golden Age. Northern Netherlandish art 1580–1620. (Aust.kat.: Rijksmuseum, Amsterdam 1993/94).'' Waanders, Zwolle 1993. |
|||
* Wolfgang Prohaska et al.: ''Das geistliche Stillleben – Blumenkränze und Girlanden'', in: Alexander Wied, Klaus Ertz et al.: ''Das flämische Stillleben 1550–1680 (Sinn und Sinnlichkeit)'' (Katalog der Ausstellung in der Villa Hügel, Essen, und im Kunsthistorischen Museum, Wien, 2002), Kulturstiftung Ruhr Essen / Luca Verlag, Lingen, 2002, S. 320–355 |
|||
== Weblinks == |
== Weblinks == |
||
{{Commons}} |
|||
* http://www.lpg.musin.de/kusem/lk/still/still.htm |
|||
{{Commonscat|Still-life paintings|Stillleben Gemälde}} |
|||
{{Wiktionary}} |
|||
* {{DNB-Portal|4057577-9}} |
|||
* {{DDB-Suche}} |
|||
* {{Spk-digital|Stillleben|SBB=1}} |
|||
* [http://www.suermondt-ludwig-museum.de/ausstellungen/archiv/archiv_2007/kalf/index.html Gemaltes Licht – Die Stilleben von Willem Kalf (1619–1693)] Ausstellung im Suermondt-Ludwig-Museum Aachen, 8. März – 3. Juni 2007 |
|||
* [http://www.lpg.musin.de/kusem/lk/still/still.htm Das Stilleben – nature morte] |
|||
* [https://idw-online.de/en/news51383 Ruhr-Uni-Bochum Sinn und Sinnlichkeit-flämische Stillleben] |
|||
== Einzelnachweise == |
|||
<references responsive /> |
|||
{{Normdaten|TYP=s|GND=4057577-9|LCCN=sh85128120|NDL=00570262}} |
|||
{{Meyers}} |
|||
[[Kategorie:Fotopraxis]] |
|||
[[Kategorie:Malerei]] |
|||
[[Kategorie:Stilrichtung in der Malerei]] |
|||
[[Kategorie:Bildgattung]] |
[[Kategorie:Bildgattung]] |
||
[[Kategorie:Genre der Fotografie]] |
|||
[[Kategorie:Gattung der Malerei]] |
|||
[[en:Still life]] |
|||
[[Kategorie:Stillleben| ]] |
|||
[[fr:Nature morte]] |
|||
[[ja:静物画]] |
|||
[[ko:정물화]] |
|||
[[nl:Stilleven]] |
|||
[[sv:Stilleben]] |
Aktuelle Version vom 5. Juni 2025, 02:18 Uhr

Stillleben bezeichnet in der Geschichte der europäischen Kunsttradition die Darstellung unbelebter bzw. regloser Gegenstände (Blumen, Früchte, tote Tiere, Gläser, Instrumente o. a.).[1] Auswahl und Gruppierung der Motive richtete sich nach inhaltlichen (manchmal symbolischen) und ästhetischen Aspekten. Zu einer eigenständigen Gattung der Malerei entwickelten sich diese Darstellungen am Anfang des 17. Jahrhunderts im Barock. Es wird unterschieden nach den dargestellten Gegenständen; es ergeben sich so die Unterarten Blumen-, Bücher-, Fisch-, Früchte-, Frühstücks-, Jagd-, Küchen-, Markt-, Musikinstrumenten-, Vanitas- oder Waffenstillleben. Die Übergänge zu den Bildgattungen Interieur, Tierstück oder Genre sind zuweilen fließend.[2][3][4]
Begriff und Begriffsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei der Betrachtung des Stilllebens und seiner Entwicklung muss unterschieden werden zwischen einem weiteren und einem engeren Gattungsbegriff.[5] Als Stillleben im weiteren Sinne gelten alle Darstellungen von Objektkompositionen und stilllebenartigen Arrangements – besonders zeitlich vor der Etablierung der Stilllebenmalerei als eigene Gattung der Malerei im 17. Jahrhundert.[6] Stillleben im weiteren Sinn gab es höchstwahrscheinlich zu allen Zeiten und bei allen Kulturen. Hierzu zählen sowohl die Malereien auf Seide und Porzellan aus China und Japan als auch die dekorativen Mosaike und Wandfresken der Antike.[5]
Der Begriff stil leven (niederl.: stil = unbewegt und leven = Dasein) für ein Gemälde ist zum ersten Mal um 1650 in einem holländischen Inventar zu finden. Davor und auch noch danach bestimmten die wesentlichen Bildgegenstände die Bezeichnung eines Gemäldes (z. B. 1614 Een koocken en fruytbort; 1624 Een bancket schilderytgen; 1631 Een dootshooft; 1669 Een biertje met een toebackje; 1691 Een oesterbanketje met een roemer; u. ä.).[7] Arnold Houbraken übernahm Anfang des 18. Jahrhunderts die Bezeichnung stilleven für derartige Gemälde in seinem Werk über die Kunst De groote schouburgh der Nederlantsche konstschilders en schilderessen (1718–1721).[2][8] Joachim von Sandrart prägte 1675 in dem ersten großen Quellenwerk der deutschen Kunstgeschichtsschreibung Teutschen Academie der edlen Bau-, Bild- und Malereykünste den Begriff stillstehende Sachen. Das Wort Stillleben, in Anlehnung an den niederländischen Begriff, erscheint in der deutschen Sprache Mitte des 18. Jahrhunderts. Eine französische Bezeichnung wie nature morte od. vie coye wurde vielleicht in den theoretischen Diskussionen der französischen Akademie im 17. Jahrhundert geprägt, ist aber ebenfalls erst für die Mitte (bzw. Ende) des 18. Jahrhunderts belegt – ebenso der englische Ausdruck still life. Im frühen 19. Jahrhundert hatte sich der Begriff Stillleben als Bezeichnung der Gattung in den verschiedenen Übersetzungen (stilleven, nature morte, natura morta, still life usw.) etabliert.[2][3][8]
Stillleben mit Rauchwerkzeug und Musikinstrumenten, 1623, Öl auf Leinwand, 69 × 122 cm, Louvre, Paris
Dieses Gemälde eines bedeutenden niederländischen Stilllebenmalers ist eine Allegorie der fünf Sinne. Darüber hinaus vereint es eine Vielzahl von verschiedenen Stilllebenarten, die sich in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts herausbildeten – Raucherstillleben, Vanitasstillleben und Mahlzeitstillleben.
Entwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Antike
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die bekannteste Anekdote über antike Stilllebenmalerei ist wohl jene über den Künstlerwettstreit zwischen Zeuxis und Parrhasios, die von Plinius überliefert wurde. Demnach malte Zeuxis anlässlich des Wettstreits ein Ensemble von Trauben so täuschend echt, dass die Vögel nach diesen pickten. Seines Sieges gewiss, sollte nun Parrhasios sein verhangenes Bild enthüllen. Zur Beschämung des Zeuxis war jedoch auch der Vorhang gemalt. Des Weiteren berichtet Plinius über den antiken Künstler Sosos, der liegengelassene Essensabfälle als Fußbodenmosaik nachbildete, den sogenannten Ungefegten Raum, was zahlreiche römische Fußbodenmosaiken als Thema übernahmen.[9] Um stilllebenartige Kunstwerke der Antike im engeren Sinne handelt es sich bei den (zunächst griechischen) Xenien. Dies sind Abbildungen von Lebensmitteln in Anlehnung an den Brauch des Gastgeschenks. Diese Abbildungen lösten sich aber bald aus diesem Zusammenhang und erhielten eine dekorative und repräsentative Funktion.[9][10] Derartige Malereien und Mosaike mit Darstellungen von Esswaren, Blumen, Geschirr, gedeckten Tischen, Silbergeräten oder Schreibgeräten – auch in Kombination mit lebenden Tieren – in antiken Villen veranschaulichen den Ertrag der Domäne und somit den Reichtum des Grundbesitzers. So finden sich derartige Xenien gemäß ihrer repräsentativen Funktion im Empfangs- oder Speiseraum.[11] Bekannt ist ebenfalls, dass in der Antike neben stilllebenartigen Darstellungen an Wänden und auf Fußböden auch autonome Kunstwerke mit der Abbildung lebloser Dinge gesammelt wurden. Zu diesen leblosen Dingen zählte auch bereits in der Antike der Totenkopf als Carpe diem-Aufforderung (Vanitasgedanke).[12] Die antike Darstellung lebloser Dinge weist deutliche Parallelen in Motivik, Funktion und illusionistischer Machart zu den Stillleben späterer Epochen auf.[13]
Mittelalter und Renaissance
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die bildliche Darstellung lebloser Dinge ist in der Kunst des Mittelalters eher selten anzutreffen – allenfalls Bücherstillleben als Bestandteil von Heiligenbildern. Der Grund dafür ist die generelle Verneinung der Abbildung irdischer Realität. Das diesseitige Leben war im mittelalterlichen Denken nur Durchgangsstation zum eigentlichen, ewigen Leben und deshalb nicht abbildungswürdig.[14][10]
Die Sicht auf die Welt (und die Kunst) änderte sich in der Renaissance gravierend. Kurz zuvor, in der Protorenaissance, gelang italienischen Künstlern – allen voran Giotto di Bondone – die Modellierung plastischer Bildgegenstände durch Schatten und erste räumlich-perspektivische Darstellungen. Dies sind die Grundvoraussetzungen für illusionistische Malerei. Diesen neuen Tendenzen folgend, schuf der Giotto-Schüler Taddeo Gaddi in der Baroncelli-Kapelle in der Kirche Santa Croce in Florenz 1328–1330 zwei Scheinnischen mit Darstellungen von liturgischem Gerät. Diese Arrangements dürfen als früheste bekannte neuzeitliche Stillleben im weiteren Sinne angesehen werden.[15][10]
Die Anwendung der Perspektive in der Kunst gelangte über Südfrankreich und Burgund in die Niederlande. Hier schufen – auch von der höfischen Miniaturmalerei beeinflusst – im 15. Jahrhundert Künstler wie die Brüder Hubert und Jan van Eyck, Robert Campin und sein Schüler Rogier van der Weyden realistische Darstellung von Landschaften, Innenräumen, Pflanzen, Stoffen und Gebrauchsgegenständen. Objekte wie Wasserbecken, Kanne, Liturgisches Gerät, Bücher, Blumenvasen etc. traten gruppiert als stilllebenhafte Partien in den Gemälden auf. Sie dienten neben anderen der Kennzeichnung von Heiligen, Märtyrern und Aposteln[16][5] oder dem Transport einer symbolhaften Bedeutung. Beispiele sind in den Marienbildnissen die marianischen Symbole Lilie, Akelei und Iris zusammen mit Waschgeräten als Symbol für die Reinheit Marias.[10]
In einem weiteren Entwicklungsschritt bekamen diese Objekte eigene Bildfelder. Vor allem in der Eyck-Nachfolge kurz vor und um 1500 finden sich auf den Außenseiten privater Andachtsbilder derartige Elemente. Auch diese beziehen sich auf den Inhalt des Tafelbildes und haben einen symbolischen Charakter. Ein prominentes Beispiel ist das Braque-Triptychon von Rogier van der Weyden um 1450. Das dreiflügelige Tafelbild zeigt im geöffneten Zustand im Mittelteil Jesus Christus, flankiert von seiner Mutter Maria und dem jüngsten der Apostel, Johannes. Die Außenflügel zeigen jeweils Johannes den Täufer und Maria Magdalena. Im geschlossenen Zustand zeigt das Triptychon auf der linken Seite einen Schädel und auf der rechten Seite ein in Perspektive gesetztes Kreuz mit einem Zitat aus dem Buch Jesus Sirach. Der Schädel ist als Verweis auf die Vergänglichkeit (Memento mori) zu sehen. Daneben existieren auch Darstellungen von Blumenvasen auf den Außenseiten von Diptychen.[17][18][10]
Das früheste selbstständige Stillleben im weiteren Sinne ist jenes von Jacopo de’ Barbari: Das Gemälde Stillleben mit Rebhuhn, Eisenhandschuhen und Armbrustbolzen.[10] Es handelt sich dabei nicht um ein Wandgemälde, sondern um eine stilllebenartige Darstellung (Trompe-l’œil) mit direktem funktionalem Zusammenhang.[19][20][21] Das vom Künstler 1504 datierte Werk war vermutlich in die Wandverkleidung eines Jagdschlosses integriert. Weitere vergleichbare täuschend echt gemalte Stillleben zeigen teilweise geöffnete Schränke mit darin befindlichem Gerät – wie im Studiolo di Gubbio aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts, welches sich ehemals im Palazzo Ducale in Gubbio befand und nun im Metropolitan Museum of Art in New York betrachtet werden kann.
Eine große Zahl früher Stilllebenmalerei entstand im Zuge des Forscher- und Entdeckerdrangs des 15. und 16. Jahrhunderts. Die Erforschung der den Menschen umgebenden Natur wurde Darstellungszweck detailgenauer Naturstudien. Derartige Zeichnungen und Aquarelle, wie sie auch Albrecht Dürer d. J. fertigte, wurden in aufwendigen Werken über Botanik und Zoologie gesammelt und verbreitet, was ab der Mitte des 15. Jahrhunderts durch die Erfindung des Buchdrucks noch erheblich zunahm. Diese Florilegien (Blumenbücher) sind Bindeglied zwischen naturkundlicher Abbildung und Stillleben. Sie dienten als Typenvorrat und ebneten als Vorstufe den Weg für detailreiche Gemälde, die später als Blumenstück oder Blumenstillleben ihren festen Platz in der Kunst haben sollten.[22]
Neben der Sammlung[23] verschiedener Naturstudien in speziellen Kompendien existierten isoliert gesammelte Darstellungen von leblosen Dingen in Kunst- und Wunderkammern. Sie waren physische Vertretung der dargestellten Objekte. Überhaupt stieg durch das Interesse an der Natur und deren detailgetreue Wiedergabe das Vorkommen von Blumen und Früchten in Kunstwerken – besonders in der italienischen Feston- und Girlandenmalerei. Beispiele hierfür finden sich bei Andrea Mantegna, Carlo Crivelli, Leonardo da Vinci und Giovanni da Udine.[24]
Als direkte Vorstufe des autonomen Stilllebens – im Besonderen der Mahlzeitstillleben – dürfen die seit dem 16. Jahrhundert gefertigten Markt- und Küchenstücke angesehen werden. Pieter Aertsen und sein Neffe Joachim Beuckelaer fertigten Kunstwerke für profane Gebäude (Rathäuser und private Palais). Es sind philosophische Auslegungen der sichtbaren Welt, teilweise immer noch mit heilsgeschichtlichen Szenen im Bildhintergrund – oft ein moralischer Verweis wie der auf die gute Haushalts- und Lebensführung durch die Szene von Christus im Haus von Maria und Martha.[25] Die Gemälde der Aertsen-Werkstatt spiegeln die zeitgenössische Ambivalenz zwischen der Freude an Reichtum und Wohlstand wider.[26] Ein entsprechendes Beispiel ist Aertsens Gemälde von 1552 im Kunsthistorischen Museum in Wien. Es zeigt im Vordergrund ein Stillleben bestehend aus mehreren Objekten – darunter ein besonders großes Stück Fleisch und die moralisierende Szene von Christus bei Maria und Martha im Hintergrund.
-
Rogier van der Weyden
Triptychon der Familie Braque (geschlossen), ca. 1450, Öl auf Paneel aus Eichenholz, 41 × 68 cm, Musée du Louvre, Paris -
Pieter Aertsen
Küchenstück Christus im Haus von Maria und Martha, 1552, Öl auf Holz, 83 × 120,5 × 8 cm, Kunsthistorisches Museum, Wien
Erste autonome Stillleben um 1600
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einen auf das Jahr genauen Entstehungszeitpunkt gibt es nicht – auch kein eindeutiges Entstehungsland. Zu viele Stillleben sind verloren gegangen, besitzen keine eindeutige Datierung bzw. Signatur oder sind möglicherweise nicht bewusst als autonomes Werk geschaffen worden.[27] Sicher ist, dass das Stillleben sich in Europa am Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts als eigenständige Gattung zu formieren begann – ebenso wie die „reine“ Landschaftsmalerei.[28] Gemälde, in denen die Darstellung von leblosen Objekten ausschließlich das Bildthema bestimmt, traten zuerst um 1600 in den Niederlanden, Deutschland, Spanien und Italien auf. Aus den Niederlanden kennt die Kunstgeschichte die frühesten Vanitas- und Mahlzeitstillleben und aus Italien die frühesten bekannten Früchtestillleben.[29]
Die Emanzipation des Stilllebens als autonome Gattung ist ein Nebeneinander verschiedener historischer und kunsthistorischer Entwicklungen und Errungenschaften – also nicht lediglich eine Geschichte der Verselbstständigung einzelner Motive aus der Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts. Sybille Ebert-Schifferer sieht vor allem den Ersatz der menschlichen Figur durch ein Objekt als Träger einer inhaltlichen Botschaft als Voraussetzung des autonomen Stilllebens. So war um 1600 der ideale Zeitpunkt für das Zusammentreffen von zwei wesentlichen Faktoren. Auf der einen Seite hatten die Künstler die technischen und kognitiven Fähigkeiten zur naturgetreuen Wiedergabe und auf der anderen Seite besaßen die Rezipienten die Fähigkeit zur intellektuellen Kombinatorik und Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit Malerei als künstlerisches Phänomen.[30] Hinzu kommt die Auflösung der Gilden, wodurch ein Kunstmarkt entstand, der diese Spezialisierungen erst möglich machte.[31]
-
Giovanni Ambrogio Figino
Teller mit Pfirsichen, 1591–1594, Öl auf Holz, 21 × 30 cm, Privatbesitz -
Michelangelo Merisi da Caravaggio
Früchtekorb, 1593/94 (?), Öl auf Leinwand, 31 × 47 cm, Pinacoteca Ambrosiana, Mailand -
Juan Sánchez Cotán
Stillleben mit Quitte, Kohl, Melone und Gurke, um 1602, Öl auf Leinwand, 69 × 84,5 cm, San Diego Museum of Art, San Diego -
Jan Brueghel der Ältere: Blumenvase mit Juwelen, Münzen und Muscheln, ca. 1606, Pinacoteca Ambrosiana, Mailand
Die Blütezeit im 17. und 18. Jahrhundert
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Niederlande, Flandern und Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Zeitalter des Barock (etwa 1600–1770) erfuhr das Stillleben in Europa – im Besonderen in den nördlichen und den südlichen Provinzen der Niederlande – seine reichste Ausprägung. Dabei kann durchaus zwischen typisch holländischer und flämischer Stillebenmalerei unterschieden werden, beispielsweise gilt als typisch flämisch: „… Reichtum der Komposition, höchst dekorative Anordnung und Fülle der dargestellten Objekte, strahlende Farbigkeit …“.[32] Es bildeten sich schnell verschiedene Unterarten der Stilllebenmalerei heraus, mit einer Spezialisierung einzelner Künstler und mit Zentren in den verschiedenen Städten. In Antwerpen und Haarlem wurde das Mahlzeitstillleben von Künstlern wie Clara Peeters, Osias Beert, Floris van Dyck, Pieter Claesz und Willem Claesz. Heda gepflegt. Antwerpen und Utrecht waren Zentren der Blumen- und Früchtestillleben. Hauptvertreter dieser Stilllebengattungen waren Jan Bruegel d. Ä., Daniel Seghers und Jan Davidsz. de Heem, sowie im frühen 18. Jahrhundert Rachel Ruysch und Jan van Huysum, die beide in Amsterdam lebten. Das Waldstillleben ist eine Sonderform des Blumenstilllebens und wurde von Otto Marseus van Schrieck gepflegt. In der Universitätsstadt Leiden malten Künstler wie David Bailly und die Brüder Harmen Steenwijck und Pieter Steenwijck das Bücher- und Vanitasstillleben. In Amsterdam widmeten sich Künstler wie Jan Jansz. Treck und Jan Jansz. van de Velde mit Vorliebe dem Raucherstillleben.[33] Den Haag war durch Künstler wie Abraham van Beijeren für das Fischstillleben bekannt, während Frans Snyders, Adriaen van Utrecht und Jan Fyt berühmt für ihre Jagdstillleben waren.[34] Als Weiterentwicklung des Mahlzeitenstilllebens in Kombination mit anderen Untergattungen entstand, angeregt durch die Kunst des Frans Snyders, die Gattung des Prunkstilllebens, als dessen Hauptmeister Abraham van Beijeren, Jan Davidsz. de Heem und Willem Kalf gelten.[32][35] Eine seinerzeit beliebte Mischform von Stillleben und Historien- oder Porträtmalerei ist das Girlandenbild, das meistens in Kollaboration zweier Maler entstand, und vor allem im katholischen Flandern mit Zentrum in Antwerpen gepflegt wurde; Hauptvertreter waren Jan Brueghel d. Ä. und Daniel Seghers.[36][37]
Weitere bedeutende Meister der Stilllebenmalerei waren Nicolaes Gillis, Balthasar van der Ast, Jan Fyt und Willem van Aelst.

In Frankfurt/Hanau gab es im frühen 17. Jahrhundert eine Stillleben-Szene, die durch ausgewanderte Niederländer wie Lucas van Valckenborch begründet wurde. Ihr gehörten Maler wie sein Schüler Daniel Soreau, dessen Söhne und Schüler Isaak und Peter, Sebastian Stoskopff, Peter Binoit, Franz Godin und Georg Flegel an. Ihre Kunst stand unter starkem flämischen bzw. niederländischen Einfluss.[38][39]
Das Stillleben hatte während seiner Blütezeit im 17. Jahrhundert mit der perfekten Täuschung der Wahrnehmung, kulminierend im Trompe-l’œil auch seinen mimetischen Höhepunkt. Anliegen der Maler war es, einerseits Objekte der Natur und des alltäglichen Lebens in ihrer Schönheit zu erfassen und wiederzugeben und andererseits häufig auch eine verschlüsselte Botschaft, einen gedanklichen Inhalt, zu vermitteln. Dabei ist eine pauschale Aussage über versteckte Hinweise in Stillleben nicht möglich, da dies von individuellen Faktoren wie dem Entstehungszeitpunkt, der Bildung bzw. Religiosität des Künstlers und der Rezipienten sowie von den entsprechenden verwendeten Objekten bzw. Symbolen abhängig ist. Es ist von einer ernst gemeinten moralischen Lehre, über einen nur globalen Verweis auf etwaige Inhalte oder Vorstellungen bis hin zu gar keinem Hinweis auf eine besondere Bedeutung alles möglich.[40] Die Verschlüsselung bestimmter (moralischer) Botschaften durch Symbole verblasste um die Mitte des 17. Jahrhunderts und ordnete sich einem primär dekorativen und repräsentativen Selbstzweck unter.[41] Diese Gemälde des späten 17. und 18. Jahrhunderts stehen am Ende der Entwicklung des barocken Stilllebens.
Mit der künstlerischen Produktion und der Achtung, die dem Kunstwerk entgegengebracht wurde, stieg auch das Selbstverständnis des Künstlers. Einige Maler von Stillleben waren im Zuge dieser Entwicklung hochbezahlte Hofmaler, andere wiederum mussten sich stets ihren Platz auf dem freien Kunstmarkt erkämpfen. Bei vielen Künstlern in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts reichte das Künstlerhandwerk nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts, so dass sie einem weiteren Beruf nachgehen mussten. Der Verkauf der Gemälde, wenn sie nicht für einen speziellen Auftraggeber gefertigt wurden, erfolgte über Händler, Jahrmärkte, Buchhandlungen und direkt aus dem Atelier heraus.[42]
-
Blumenstillleben
Willem van Aelst
Blumenvase mit Maus und Uhr, um 1656, Öl auf Leinwand, 46,4 × 55,9 cm, North Carolina Museum of Art, Raleigh -
Waldstillleben
Otto Marseus van Schrieck
Waldstillleben mit Schlange und Eidechse, 1656, Öl auf Leinwand, 102,3 × 75,8 cm, Mauritshuis, Den Haag -
Mahlzeitstillleben
Willem Claesz. Heda
Stillleben mit Brombeerpastete, 1631, Öl auf Holz, 54 × 82 cm, Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden -
Jagdstillleben
Jan Weenix
Stillleben mit einem toten Hasen, Rebhühnern und anderen Vögeln in einer Nische, um 1675, Museum of Fine Arts, Houston -
Vanitasstillleben
Harmen Steenwijck
Vanitasstillleben, ca. 1640, Öl auf Holz, 39,2 × 50,7 cm, National Gallery London -
Raucherstillleben
Georg Flegel
Raucherstillleben in einer Nische, ca. 1630, Historisches Museum Frankfurt
Italien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Natürlich wirkende Dekorationen aus Früchten hatte bereits Giovanni da Udine in der Villa Farnesina zu Beginn des 16. Jahrhunderts geschaffen.[43] Eine wichtige Rolle in der italienischen Stilllebenmalerei wird Caravaggio zugeschrieben, der abgesehen von einem berühmten, nicht genau datierbaren Früchtekorb (Pinacoteca Ambrosiana, Mailand), zwar auch in einigen Genrebildern einige meisterhaft dargestellte Früchte malte, jedoch ansonsten offenbar keine eigenständigen Stillleben schuf.[44] Obwohl sein Einfluss auf die Gattung damit eher verschwommen bleibt, wird manchmal von einer „caravaggistischen“ Strömung des Stilllebens gesprochen, die in einer naturalistischen Darstellung vor sehr dunklen, tenebristischen Hintergründen besteht. In Italien waren in erster Linie Früchte- und Blumen-Stillleben beliebt, aber auch Abbildungen toter Tiere. Es sind zahlreiche anonyme Gemälde erhalten, was mit der relativen Geringschätzung zusammenhängt, die man besonders in Italien der gesamten Gattung – im Gegensatz zur Historienmalerei – entgegenbrachte. Die italienische Stilllebenmalerei wurde bis in die Gegenwart wenig beachtet, hatte aber bedeutende Querverbindungen zu anderen Ländern, u. a. da hier traditionell zumindest vorübergehend auch viele Maler aus Flandern oder Frankreich wirkten, von denen einige dauerhaft dort lebten. Beispielsweise hielten sich bedeutende flämische Stilllebenmaler wie Jan Brueghel d. Ä., Frans Snyders, Jan Fyt und Willem van Aelst jahrelang in Italien auf. Der Franzose Nicolas Baudesson[45] und der einflussreiche Flame Abraham Brueghel lebten jahrzehntelang in Rom bzw. Neapel.[46] Wenig erforscht sind die Verbindungen zur spanischen Malerei, die aber wahrscheinlich besonders für das seinerzeit unter spanischer Herrschaft stehende Neapel eine Rolle spielen, von wo allgemein häufig Gemälde nach Spanien importiert wurden.
Italienische Zentren der Stilllebenmalerei waren Rom, die Lombardei, Neapel und Florenz. Bedeutende frühe Meister der lombardischen Schule waren Fede Galizia, Ambrogio Figino und Panfilo Nuvolone.[47] Evaristo Baschenis ist für seine Stillleben von Musikinstrumenten und anderen Geräten bekannt, die auch einen eindeutigen symbolischen Vanitas-Hintergrund haben.[48]
In Rom wirkten als bedeutende Hauptvertreter Pietro Paolo Bonzi,[49][50] Michele Pace (genannt Michelangelo del Campidoglio)[51][52][53] und Mario Nuzzi, gen. Mario de’ Fiori. Insbesondere Mario de’ Fiori war seinerzeit außerordentlich berühmt und spielte auch auf internationalem Niveau eine bedeutende Rolle in der stilistischen Entwicklung vom naturalistischen frühbarocken zum dekorativen und prunkvollen hochbarocken Stillleben, wobei das rein Malerische stärker betont ist, während die getreue Naturnachahmung mehr in den Hintergrund rückt.[54][55][56]
Einer der ersten florentinischen Stilllebenmaler war Jacopo da Empoli, der vor allem Küchenstillleben oder Speisekammern malte.[57] Weitere bekannte Maler, die in Florenz wirkten, waren Giovanna Garzoni, Filippo Napoletano, Bartolomeo Bimbi und Andrea Scacciati.[58][59] Cristoforo Munari ist, ähnlich wie Baschenis, vor allem als Maler von Musikinstrumenten und anderen Gegenständen bekannt.[60][61]
Als besonders bedeutend gilt die neapolitanische Schule der Stilllebenmalerei mit Luca Forte, Giovan Battista Recco, Giuseppe Recco, Giovan Battista Ruoppolo, Andrea Belvedere und Paolo Porpora als wichtigen Vertretern. In Neapel wurden relativ häufig Stillleben mit Fisch- und Meeresfrüchten gepflegt, aber ebenso auch Früchte und Blumen gemalt.[62] Porpora gehörte – auf internationalem Niveau – zu den ersten und bedeutendsten Vertretern des Waldstilllebens (ital. Sottobosco).[63]
Im 18. Jahrhundert können die betont einfachen, schlichten und rustikalen Stillleben von Giacomo Ceruti mit denjenigen von Chardin in Frankreich und Meléndez in Spanien verglichen werden.[64]
-
Mario Nuzzi: Blumenstillleben, 1640–42, Prado, Madrid
-
Paolo Porpora: Sottobosco mit Krebs und Schildkröte, um 1652, Musée-des-Beaux-Arts, Nancy
-
Michele Pace del Campidoglio: Früchte-Stillleben mit antikem Relief und Affe, Privatsammlung
-
Cristoforo Munari: Stillleben mit Musikinstrumenten, chinesischem Porzellan und Citrusfrüchten, ca. 1706–1715, Uffizien, Florenz
-
Giacomo Ceruti: Stilleben mit Brot, Nüssen und Wein, 1750er Jahre, Privatsammlung
Spanien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als direkte Vorläufer der Stilllebenmalerei in Spanien gilt eine von Julio de Aquiles und Alejandro Mayner um 1535 geschaffene und teilweise verlorene Dekoration in der Sala de Frutas (Früchtesaal) im Palast Karls V. auf der Alhambra.[65] Die ersten spanischen Maler autonomer Stillleben – die in Spanien auch als Bodegón bezeichnet werden – waren Blas de Ledesma und Antonio Mohedano (ca. 1561–1626), die ebenfalls in erster Linie Früchte und Gemüse malten.[66] Die bedeutendsten Künstler der Gattung im frühen 17. Jahrhundert waren Juan Sanchez Cotán in Toledo[67] und Juan van der Hamen y Leon in Madrid, die einen typisch spanischen Stil von großer formaler Strenge und Klarheit pflegten. Typisch für Cotán sind steinerne Nischen, in denen jeweils nur wenige Objekte hängen oder liegen, während Van der Hamen sehr vielseitig war und Blumen, Früchte, Geflügel, toten Fisch, Käse, Süßigkeiten, Geschirr und andere Gefäße malte, oft auf verschiedenen Ebenen oder teilweise als gedeckter Tisch.[68] Es entstand schnell ein großer Bedarf und ein Markt von entsprechenden Gemälden, auch in bürgerlichen Schichten.
Die formale Strenge wurde in der Folge von Malern wie Antonio Ponce nicht völlig aufgegeben, aber deutlich gelockert.[69] Einen sehr eigenen Stil verfolgte der vor allem für seine Weintrauben-Bilder bekannte El Labrador, der auch außerhalb Spaniens einen gewissen Ruf hatte.[70]
Der bedeutendste Stilllebenmaler im Umkreis des königlichen Hofes in Madrid in der Mitte des 17. Jahrhunderts war Antonio de Pereda, der in einem weicheren, malerischen Stil arbeitete, der bereits hochbarock wirkt, ohne dabei rein dekorativ zu sein. Pereda ist unter anderem für Vanitas-Stillleben bekannt.[71]
Juan de Arellano machte im zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts mit seinen dekorativen Blumenstillleben Furore, die formal von dem Römer Mario de’ Fiori beeinflusst sind[72] und sich durch eine kraftvolle Farbigkeit mit leuchtenden Primärfarben (Rot, Gelb, Blau) auszeichnen; sein wichtigster Nachfolger war Bartolomé Pérez.[73]
Auch in Spanien gab es verschiedene regionale Strömungen von eigenem Charakter. In Sevilla waren Francisco de Zurbarán und sein Sohn Juan sowie in der Folge Pedro de Camprobín die bedeutendsten Stilllebenmaler.[74]
Eine unabhängige Schule der Stilllebenmalerei gab es außerdem in Valencia und Umgebung mit Tomás Yepes als Hauptmeister.[75]
Um 1700 kam es auch in Spanien zu einer Krise, die unter anderem durch den Export vieler italienischer Stillleben ausgelöst wurde.[76] Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es noch einmal eine Blüte mit Luis Meléndez, der auf der naturalistischen Tradition des frühen 17. Jahrhunderts aufbaute und bis zu einem gewissen Grade mit dem Italiener Giacomo Ceruti und dem Franzosen Chardin verglichen werden kann.[77]
-
Juan van der Hamen y Leon: Stillleben mit Süßigkeiten und Keramik, 1627, National Gallery of Art, Washington
-
Juan Fernandez el Labrador: Weintrauben, Prado, Madrid
-
Pedro de Camprobín: Blumenvase mit Sonnenblume und Tagetes, um 1665, Privatsammlung
-
Antonio de Pereda: Stillleben mit Gemüse und Küchengeräten, um 1651, Museu Nacional de Arte Antiga, Lissabon
-
Juan de Arellano: Korb mit Blumen, 1671, Museo de Bellas Artes de Bilbao
-
Luis Meléndez: Bodegón mit Feigen, Granatäpfeln und Brot, 1770, Prado, Madrid
Frankreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im frühbarocken Frankreich, mit Zentrum in Paris, entwickelte sich etwas später als in anderen Ländern eine eigenständige Stilllebenmalerei, die auch Inspirationen von flämischen, italienischen und möglicherweise auch spanischen Künstlern aufnahm. Erste Maler des Genres in Frankreich waren Sébastien Stoskopf, Lubin Baugin, Pierre Dupuis und Louise Moillon,[78][79] die einen relativ asketischen, zurückhaltenden Stil pflegten. Beliebt waren vor allem Blumen- und/oder Früchte-Stillleben, seltener auch Mahlzeiten- und Vanitas-Stillleben. Nach 1650–60, zur Zeit Ludwigs XIV., entwickelte sich, wie im übrigen Europa, ein üppigerer, dekorativer Stil, dessen Hauptvertreter Jean Michel Picart und in der Folge vor allem Jean-Baptiste Monnoyer und Jean-Baptiste Belin waren.[80]
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts kam es zunächst zu einem Qualitätsverlust des Genres. Dies änderte sich erst durch das Wirken von Jean Siméon Chardin, der von 1699 bis 1779 lebte. Er war ein Maler der Aufklärung, der die Abkehr von der Scheinhaftigkeit und Vordergründigkeit der höfischen Lebensweise hin zu einer schlichten Natürlichkeit verdeutlichte. Chardin öffnete den Blick für ein Leben jenseits der aristokratischen Leichtlebigkeit und der frivolen Spielerei. An die Stelle des prunkvollen barocken Stilllebens mit seiner symbolischen Bedeutung setzte Chardin das bürgerliche Gerät des Alltags. Die Farbigkeit seiner streng aufgebauten Werke und sein aufgelöster Farbauftrag wurden von den Impressionisten als vorbildlich angesehen.
Eine bedeutende und vielseitige Stilllebenmalerin gegen Ende des 18. Jahrhunderts war Anne Vallayer-Coster.
-
Sebastien Stoskopff: Stillleben mit Statuette und Muscheln, um 1630, Louvre, Paris
-
Louise Moillon: Eine Schale Aprikosen und Pflaumen, Privatsammlung
-
Jean-Baptiste Monnoyer: Blumen in einer marmornen Vase, Musée-des-Beaux-Arts, Lyon
-
Jean Siméon Chardin: Die Brioche, 1763, Louvre, Paris
-
Anne Vallayer-Coster: Attribute der Musik, 1770, Louvre, Paris
19. und 20. Jahrhundert
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im 19. Jahrhundert kam das Stillleben wieder sehr in Mode, in Frankreich besonders durch Jean-Baptiste Robie (1821–1910), Antoine Vollon, Philippe Rousseau und Henri Fantin-Latour. Die Impressionisten konzentrierten sich in ihren Stillleben nicht mehr auf die möglichst genaue naturalistische Wiedergabe der Objekte, sondern erzeugten durch malerische Effekte eher eine poetische Vision oder eine Farbsymphonie. Auch wählten sie nicht selten ungewöhnliche oder überraschende Ansichten. Eine bedeutende Rolle spielen Stillleben im Werk von Édouard Manet, Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir und Vincent van Gogh.
In Deutschland waren es Johann Wilhelm Preyer, seine Tochter Emilie sowie Jakob Lehnen (Mitglieder der Düsseldorfer Malerschule), die Berliner Charles Hoguet, Paul Meyerheim, Hertel, Theude und René Grönland, Friedrich Heimerdinger (Hamburg). Als Frauen waren beteiligt die Malerinnen Luise Begas-Parmentier, Hermione von Preuschen, Margarethe Hormuth-Kallmorgen und Elise Hedinger (1854–1923).
Im späten 19. und dem 20. Jahrhundert haben u. a. Paul Cézanne, Georges Braque, Juan Gris, Max Beckmann, Paula Modersohn-Becker, Giorgio Morandi, Georgia O’Keeffe, Horst Janssen, Berthe Art und Eberhard Schlotter dieses Genre aufgegriffen. Dabei kam es häufig zu einer starken formalen Vereinfachung und Abstraktion der Formen, die jenseits der ursprünglichen Zielsetzung des Genres – der Nachahmung der Natur – liegen.
-
Henri Fantin-Latour: Blumen und Früchte, 1865
-
Claude Monet: Les Galettes, 1882, Privatsammlung
-
Pierre-Auguste Renoir: Ein Strauß Chrysantemen, 1884, Musée des Beaux-Arts, Rouen
-
Vincent van Gogh: Trauben, Zitronen, Pfirsiche und Äpfel, 1887, Art Institute of Chicago
-
Max Beckmann: Stillleben mit Türkenbund (1926)
-
Jochen Kusber: Stilleben (1957)
Fotografische Stillleben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Fotografische Stillleben werden meist mit ihrem englischen Namen „still-life photography“ bezeichnet. Darunter versteht man die Aufnahme von Gegenständen. Neben den künstlerischen Still-Life-Aufnahmen gibt es als eigene Gruppe rein technische Sach- oder Produktaufnahmen, wie man sie häufig in der so genannten „angewandten Fotografie“ (z. B. Werbung) antrifft. Fotografische Stillleben wurden u. a. durch John Blakemore, Imogen Cunningham, Robert Mapplethorpe, Tina Modotti und David LaChapelle geschaffen.
- Siehe auch Tabletop-Fotografie
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nachschlagewerke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Meisterwerke des Stilllebens. Kleine digitale Bibliothek. Bd. 27. CD-ROM, Directmedia Publishing, Berlin 2007, Digitale Bibliothek, ISBN 978-3-89853-327-0.
- Hermain Bazin, Horst Gerson, Rolf Linnenkamp u. a.: Kindlers Malerei-Lexikon. Bd. 11. Kindler, Zürich 1985, S. 282–286.
- Allgemeines Künstlerlexikon (AKL). Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker. K. G. Saur, München/ Leipzig 1991ff. ISBN 3-598-22740-X.
- Walther Bernt: Die niederländischen Maler des 17. Jahrhunderts. 800 Künstler mit 1470 Abb. 3 Bd. Münchner Verlag, München 19XX.
- Erika Gemar-Költzsch: Holländische Stillebenmaler im 17. Jahrhundert. Luca-Verlag, Lingen 1995, ISBN 3-923641-41-9.
- Fred G. Meijer, Adriaan van der Willigen: A dictionary of Dutch and Flemish still-life painters working in oils. 1525–1725. Primavera Press, Leiden 2003, ISBN 90-74310-85-0.
- Wolf Stadler u. a.: Lexikon der Kunst. Malerei, Architektur, Bildhauerei. Bd. 11. Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 167–176.
- Gerhard Strauss, Harald Olbrich: Lexikon der Kunst. Architektur, bildende Kunst, angewandte Kunst, Industrieformgestaltung, Kunsttheorie. Bd. 7. Seemann, Leipzig 1994, S. 64–67.
- Ulrich Thieme, Felix Becker (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Leipzig 1907 bis 1950.
- Hans Vollmer: Allgemeinem Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts ergänzt. Leipzig 1953 bis 1962.
Monografien und Ausstellungskataloge
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ingvar Bergström: Dutch still-life painting in the seventeenth century. Aus dem Schwedischen von Christina Hedström und Gerald Taylor. Faber & Faber, London 1956.
- Uta Bernsmeier (Hrsg.): Stilleben in Europa. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kunstgeschichte, Münster, 25.11.1979–24.2.1980. Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, 15.3.–15.6.1980 (Ausstellungskatalog). Münster 1979.
- Gianluca & Ulisse Bocchi: Pittori di natura morta a Roma : artisti stranieri 1630–1750 = Still life painters in Rome : foreign artists 1630–1750, Arti Grafiche Castello, Viadana, 2004.
- Laurens Bol: Holländische Maler des 17. Jahrhunderts, nahe den großen Meistern: Landschaften und Stilleben. Klinkhardt & Biermann, Braunschweig 1969.
- Luca Bortolotti: La natura morta - storia, artisti, opere, Giunti Editore, Prato, 2003.
- Éric Coatalem, Florence Thiéblot: La nature morte française au XVIIe siècle = 17th-century still-life painting in France, Faton (Verlag), Dijon, 2014.
- Véronique Damian et al.: L’oeil gourmand, percorso nella natura morta napoletana del XVII secolo (Ausstellungskatalog), Galerie Canesso, Paris 2007.
- Pamela Hibbs Decoteau: Clara Peeters: 1594 – ca. 1640, and the development of still-life painting in northern Europe. Luca-Verlag, Lingen 1992, ISBN 3-923641-38-9.
- Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. Hirmer Verlag, München 1998, ISBN 3-7774-7890-3.
- Klaus Ertz et al.: Das flämische Stillleben 1550–1680 (Sinn und Sinnlichkeit). Katalog der Ausstellung in der Villa Hügel, Essen, und im Kunsthistorischen Museum, Wien, 2002. Kulturstiftung Ruhr Essen / Luca Verlag, Lingen, 2002
- Michel Faré: La nature morte en France : son histoire et son évolution du XVIIe au XXe siècle, Pierre Cailler (Verlag), Genf, 1962
- Michel Faré: Le grand siècle de la nature morte en France, le XVIIe siècle, Fribourg & Paris, 1976
- Claus Grimm: Stilleben. Die italienischen, spanischen und französischen Meister. Belser, Stuttgart 1995, ISBN 3-7630-2303-8; Neuauflage 2001, 2010, ISBN 978-3-7630-2562-6.
- Claus Grimm: Stilleben. Die niederländischen und deutschen Meister. Belser, Stuttgart/Zürich 1988, ISBN 3-7630-1945-6; Neuauflage 2001, 2010, ISBN 978-3-7630-2562-6.
- Samuel van Hoogstraten: Inleydingh tot de Hooge Schoole der Schilderkonst. De zichtbaere werelt. Verdeelt in negen leerwinkels. Davaco Publ., Utrecht 1969 (Nachdr. der Ausg. Rotterdam 1678).
- William B. Jordan & Peter Cherry: Spanish still life from Velázquez to Goya, Yale University Press, New Haven [CT], 1995, ISBN 0-300-06356-3, 1-85709-063-2
- Gerhard Langemeyer, Hans-Albert Peeters (Hrsg.): Stilleben in Europa. (Aust.kat.: Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster & Staatliche Kunsthalle Baden-Baden 1980). Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Münster 1979.
- Roswitha Neu-Kock (Red.): Stilleben – Natura Morta. Im Wallraf-Richartz-Museum und im Museum Ludwig. (Aust.kat.: Wallraf-Richartz-Museum und Museum Ludwig Köln 1980). Museen der Stadt Köln, Köln 1980.
- Michael North: Geschichte der Niederlande. Beck, München 2003, ISBN 3-406-41878-3
- Alfonso E. Pérez Sánchez: La nature morte Espagnole du XVIIe siècle à Goya, Office du Livre, Fribourg, 1987, ISBN 2-8264-0069-X
- Francesco Porzio, Federico Zeri, Elisabetta Avanzati (Hrsg.): La Natura morta in Italia. 2 Bände. Mondadori Electa, Mailand 1989.
- Luigi Salerno (Hrsg.): La natura morta italiana 1560–1805. Bozzi, Rom 1984.
- Claudia Salvi: D' après nature : la nature morte en France au XVIIe siècle, Renaissance du Livre (Verlag), Tournai, 2000, ISBN 2-8046-0408-X
- Franz-Xaver Schlegel: Das Leben der toten Dinge – Studien zur modernen Sachfotografie in den USA 1914–1935 2 Bde. Art in Life, Stuttgart 1999, ISBN 3-00-004407-8.
- Norbert Schneider: Stilleben. Realität und Symbolik der Dinge; die Stillebenmalerei der frühen Neuzeit. Taschen, Köln 1989, ISBN 3-8228-0398-7.
- Sam Segal, William B. Jordan: A prosperous past. The sumptuous still life in the Netherlands. 1600–1700. (Aust.kat.: Delft & Cambridge & Massachusetts & Texas). SDU Publ., Den Haag 1989, ISBN 90-12-06238-1.
- Martina Sitt, Hubertus Gaßner (Hrsg.): Spiegel geheimer Wünsche. Stillleben aus fünf Jahrhunderten. Hirmer Verlag München 2008, ISBN 978-3-7774-4195-5.
- A.P.A. Vorenkamp: Bijdrage tot de geschiedenis van het Hollandsch stilleven in de 17 eeuw: proefschrift ter verkrijging van den graad van doctor in de letteren en wijsbegeerte aan de Rijks-Universiteit te Leiden. N.V. Leidsche Uitgeversmaatschappij, Leiden 1933.
- Federico Zeri: La natura morta in Italia. 2 Bände, Electa, Mailand, 1989.
Aufsätze und Artikel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Claus Grimm: Küchenstücke – Marktbilder – Fischstilleben. In: Gerhard Langemeyer, Hans-Albert Peeters (Hrsg.): Stilleben in Europa. (Aust.kat.: Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster & Staatliche Kunsthalle Baden-Baden 1980). Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Münster 1979, S. 351–378.
- Eddy de Jongh: De interpretatie van stillevens: grenzen en mogelijkheden. In: Eddy de Jongh: Kwesties van betekenis. Thema en motief in de Nederlandse schilderkunst van de zeventiende eeuw. Primavera Pers, Leiden 1995, ISBN 90-74310-14-1, S. 130–148.
- Wouter Th. Kloek: The migration from the South to the North. In: Ger Lujten (Hrsg.): Dawn of the Golden Age. Northern Netherlandish art 1580–1620. (Aust.kat.: Rijksmuseum, Amsterdam 1993/94). Waanders, Zwolle 1993.
- Wolfgang Prohaska et al.: Das geistliche Stillleben – Blumenkränze und Girlanden, in: Alexander Wied, Klaus Ertz et al.: Das flämische Stillleben 1550–1680 (Sinn und Sinnlichkeit) (Katalog der Ausstellung in der Villa Hügel, Essen, und im Kunsthistorischen Museum, Wien, 2002), Kulturstiftung Ruhr Essen / Luca Verlag, Lingen, 2002, S. 320–355
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Stillleben im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Suche nach Stillleben. In: Deutsche Digitale Bibliothek
- Suche nach Stillleben im Online-Katalog der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
- Gemaltes Licht – Die Stilleben von Willem Kalf (1619–1693) Ausstellung im Suermondt-Ludwig-Museum Aachen, 8. März – 3. Juni 2007
- Das Stilleben – nature morte
- Ruhr-Uni-Bochum Sinn und Sinnlichkeit-flämische Stillleben
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Die Schreibung Stilleben bis zum Ausgang des 20. Jahrhunderts ist bei Bibliotheks- und Internetrecherche nach dem Thema zu berücksichtigen.
- ↑ a b c Hermain Bazin, Horst Gerson, Rolf Linnenkamp u. a.: Kindlers Malerei-Lexikon. Band 11, 1985, S. 282.
- ↑ a b Wolf Stadler u. a.: Lexikon der Kunst. Band 11, 1994, S. 167–176.
- ↑ Gerhard Strauss, Harald Olbrich: Lexikon der Kunst. Band 7, 1994, S. 64–67.
- ↑ a b c Wolf Stadler u. a.: Lexikon der Kunst. Band 11. 1994, S. 167.
- ↑ Die Etablierung zu einer autonomen Gattung muss einerseits als dynamischer Prozess verstanden werden, andererseits steht am Ende eine hierarchische Platzzuweisung an die letzte Stelle innerhalb der Gattungen der Malerei durch die Doktrin der Kunsttheorie des 17. Jahrhunderts.
Siehe hierzu: Norbert Schneider: Stilleben. 1989, S. 7. - ↑ A.P.A. Vorenkamp: Bijdrage tot de geschiedenis van het Hollandsch stilleven in de 17 eeuw. 1933, S. 6 f.
- ↑ a b Gerhard Strauss, Harald Olbrich: Lexikon der Kunst. Band 7, 1994, S. 64.
- ↑ a b Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. 1998, S. 16f.
- ↑ a b c d e f Gerhard Strauss, Harald Olbrich: Lexikon der Kunst. Band 7, 1994, S. 65.
- ↑ Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. 1998, S. 18 f.
- ↑ Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. 1998, S. 22.
- ↑ „Einige Charakterzüge, die Stilleben in nachantiker Zeit, nach Epoche und Region wechselnd, immer wieder bestimmen werden, fanden sich somit bereits in der Antike ausgeprägt. Neben dem maltechnischen Illusionismus sind dies der emblematisch verkürzte Verweis auf komplexe Inhalte, das dauerhafte Festhalten des in der Natur Vergänglichen, die Verwendung als Dekoration und als Statussymbol und schließlich auch der Vanitasgedanke.“
Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. 1998, S. 23. - ↑ Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. 1998, S. 25.
- ↑ Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. 1998, S. 25.
- ↑ Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. 1998, S. 26 f.
- ↑ Claus Grimm: Stilleben. Die niederländischen und deutschen Meister 1988, S. 22 f.; Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. 1998, S. 29 ff.
- ↑ Wolf Stadler u. a.: Lexikon der Kunst. Band 11, 1994, S. 168.
- ↑ „Spätestens im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts entstanden demnach im Norden wie im Süden Bildwerke, bei denen es sich optisch um Stillleben handelt; sie erfüllten jedoch immer – unabhängig davon, in welchem Grad sie zugleich Träger symbolischer Aussagen waren – eine praktische Funktion und waren physisch an einen bestimmten Ort – meistens eine Wand – gebunden.“
Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. 1998, S. 34 ff. - ↑ Claus Grimm: Stilleben. Die italienischen, spanischen und französischen Meister. 1995, S. 26 f.
- ↑ Wolf Stadler u. a.: Lexikon der Kunst. Band 11, 1994, S. 168.
- ↑ Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. 1998, S. 53ff & Claus Grimm: Stilleben. Die niederländischen und deutschen Meister. 1988, S. 26 f.
- ↑ Vgl. auch Gisela Luther: Stilleben als Bilder der Sammelleidenschaft. In: Uta Bernsmeier (Hrsg.): Stilleben in Europa. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kunstgeschichte, Münster, 25.11.1979–24.2.1980. Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, 15.3.–15.6.1980 (Ausstellungskatalog). Münster 1979, S. 88–128.
- ↑ Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. 1998, S. 36.
- ↑ Claus Grimm: Küchenstücke – Marktbilder – Fischstilleben. In: Gerhard Langemeyer, Hans-Albert Peeters (Hrsg.): Stilleben in Europa. 1979, S. 351–378; Claus Grimm: Stilleben. Die niederländischen und deutschen Meister. 1988, S. 28.
- ↑ Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. 1998, S. 43.
- ↑ „Die Entwicklungen zu den uns geläufigen akademischen Spezialfächern wie ‘Landschaft’ und ‘Stilleben’ fand nicht einlinig und in deutlicher Ausrichtung statt. Im geschichtlichen Rückblick sehen wir die frühesten und die aus dem zeitüblichen Rahmen deutlich herausragenden Bildlösungen als Meilensteine einer Entwicklung. Diese Bewertung geht auf Ähnlichkeiten zu den späteren Bildtypen aus, ohne sicher zu sein, ob die innovativen Kräfte und Veränderungswirkungen jener Zeit tatsächlich in die Richtung des später Erzielten drängten. Manches, was wie eine Vorwegnahme oder programmatische Form aussieht, war möglicherweise nur eine umständebedingte, unvollständige Ausführung.“
Claus Grimm: Stilleben. Die niederländischen und deutschen Meister. 1988, S. 73. - ↑ Claus Grimm: Stilleben. Die niederländischen und deutschen Meister. 1988, S. 73.
- ↑ „Der gemeinsame Nenner für diese mit unterschiedlicher Themenpräferenz sich vollziehende Emanzipation des Stillebens dürfte das Zusammentreffen mehrerer, am Ende des 16. Jahrhunderts ausgereifter Entwicklungen sein […]. Um einen Zufall handelt es sich bei dem nahezu gleichzeitigen Auftreten von Stilleben an verschiedenen Orten also nicht. Gleichwohl lassen sich Spuren gegenseitiger künstlerischer Beeinflussung bislang nur sehr fragmentarisch aufzeigen. Der erhaltene Bestand ergibt, daß die frühesten Vanitas- und Mahlzeitdarstellungen aus den Niederlanden stammen, während auf dem Gebiet der Früchtemalerei italienische Künstler vorausgingen. Die Frage, welches Land das Stilleben »erfunden« habe, läßt sich nicht beantworten.“
Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. 1998, S. 75. - ↑ Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. 1998, S. 91.
- ↑ Claus Grimm: Stilleben. Die niederländischen und deutschen Meister. 1988, S. 74.
- ↑ a b Karl Schütz: Die Geschichte des Stilllebens, in: Klaus Ertz et al.: Das flämische Stillleben 1550–1680 (Sinn und Sinnlichkeit). Katalog der Ausstellung in der Villa Hügel, Essen, und im Kunsthistorischen Museum, Wien, 2002. Kulturstiftung Ruhr Essen / Luca Verlag, Lingen, 2002, S. 29
- ↑ Gerhard Strauss, Harald Olbrich: Lexikon der Kunst. Band 7, 1994, S. 66.
- ↑ Arnout Balis: Das Jagdstillleben, in: Klaus Ertz et al.: Das flämische Stillleben 1550–1680 (Sinn und Sinnlichkeit). Katalog der Ausstellung in der Villa Hügel, Essen, und im Kunsthistorischen Museum, Wien, 2002. Kulturstiftung Ruhr Essen / Luca Verlag, Lingen, 2002, S. 196–217
- ↑ „The true masters of the pronk still life are Jan Davidsz. de Heem, Abraham van Beyeren and Willem Kalf.“
Sam Segal/William B. Jordan: A prosperous past 1989, S. 17. - ↑ Wolfgang Prohaska et al.: Das geistliche Stillleben – Blumenkränze und Girlanden, in: Alexander Wied, Klaus Ertz et al.: Das flämische Stillleben 1550–1680 (Sinn und Sinnlichkeit) (Katalog der Ausstellung in der Villa Hügel, Essen, und im Kunsthistorischen Museum, Wien, 2002), Kulturstiftung Ruhr Essen / Luca Verlag, Lingen, 2002, S. 320–355
- ↑ Ute Kleinmann: Blumen, Kränze und Girlanden: Zur Entstehung eines Antwerpener Bildtypus, in: Klaus Ertz u. a.: Pieter Breughel der Jüngere – Jan Brueghel der Ältere : flämische Malerei um 1600, Tradition und Fortschritt (Katalog einer Ausstellung der Kulturstiftung Ruhr in der Villa Hügel Essen, 16. August – 16. November 1997; im Kunsthistorischen Museum, Wien, 9. Dezember 1997–14. April 1998; und im Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Antwerpen, 2. Mai – 26. Juli 1998), Luca-Verlag, Lingen, 1997, S. 54–66 ISBN 978-3-923641-42-0
- ↑ Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. 1998, S. 97f.
- ↑ Gerhard Bott: Der Stillebenmaler Daniel Soreau und seine Schule in: Kurt Wettengl: Georg Flegel (1566–1638), Stilleben: [Publikation zur Ausstellung „Georg Flegel (1566–1638), Stilleben“ des Historischen Museums Frankfurt am Main in Zusammenarbeit mit der Schirn Kunsthalle Frankfurt vom 18. Dezember bis 13. Februar 1994]. Hatje, Stuttgart 1993, ISBN 3-7757-0472-8.
- ↑ „Het zou echter ook kunnen zijn dat sommige kunstenaars, in plaats van een precieze betekenis aan te geven, inderdaad slechts globale associaties bij hun publiek hebben willen wekken. Zelfs valt aan te nemen dat in bepaalde werken de inhoudelijke component minimaal is of misschien wel geheel ontbreekt.“
Eddy de Jongh: De interpretatie van stillevens: grenzen en mogelijkheden 1995, S. 132.
Zu „versteckter Symbolik“ in der Stilllebenmalerei siehe u. a. das gleichnamige Kapitel in: Norbert Schneider: Stilleben. 1989, S. 17f. Eine Übersicht über mögliche Bedeutungen einzelner Symbole gibt es hier: Vanitas-Symbole. - ↑ „Erst nach dem Verblassen eindeutiger und verschiedenartiger Assoziationen durch Geräte und Naturgegenstände, mit der gleichzeitigen Tendenz, Vergänglichkeit nur noch im Sinne der Gefährdetheit materieller Werte (etwa der mit hohem künstlerisch-technischem Aufwand gefertigten und aus kostbarem Material genommenen Prunkgeschirre) zu verstehen, und erst mit der parallelen, nur noch konventionellen Sinnherleitung war es möglich, die gemalten Gegenstände als ‘stillstehende Sachen’ als ‘nature morte’, als ‘Stilleben’ zu bezeichnen. Diese Begriffe haben sich erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts herausgebildet und schließlich allgemein durchgesetzt.“
Claus Grimm: Küchenstücke – Marktbilder – Fischstilleben. In: Gerhard Langemeyer, Hans-Albert Peters (Hrsg.): Stilleben in Europa. 1979, S. 372. - ↑ „Viele der Stillebenmaler des 17. Jahrhunderts waren – wie die Landschafts- und Marienmaler – Teilzeitmaler, die entweder überwiegend von anderen Berufen lebten oder zeitweise die Maltätigkeit zurückstellten. Ambrosius Bosschaert der Ältere trieb – wie Rembrandt und Vermeer – Kunsthandel. Dasselbe gilt für den Flamen Picart und den Frankfurter Maler Marrel, der zeitweilig auch mit Tulpenzweibeln spekulierte. Johannes Hannot war Maler und Weinhändler; Osias Beert war Korkhändler; Cornelius Kick war Maler und Ladenbesitzer. Willem Kalf ist als Bilderhändler und -begutachter bezeugt, während Daniel Soreau wohl hauptberuflich Kaufmann war.“
Claus Grimm: Stilleben. Die niederländischen und deutschen Meister. 1988, S. 75. - ↑ Luca Bortolotti: La natura morta - storia, artisti, opere, Giunti Editore, Prato, 2003, S. 46–47
- ↑ Luca Bortolotti: La natura morta - storia, artisti, opere, Giunti Editore, Prato, 2003, S. 108
- ↑ Claudia Salvi: Nicolas Baudesson detto Monsù Botteson o Badasson, in: Gianluca & Ulisse Bocchi: Pittori di natura morta a Roma : artisti stranieri 1630-1750 = Still life painters in Rome : foreign artists 1630-1750, Arti Grafiche Castello, Viadana, 2004, S. 405–434
- ↑ Ludovica Trezzani: Abraham Brueghel detto Rijngraaf, in: Gianluca & Ulisse Bocchi: Pittori di natura morta a Roma : artisti stranieri 1630–1750 = Still life painters in Rome : foreign artists 1630–1750, Arti Grafiche Castello, Viadana, 2004, S. 117–147
- ↑ Luca Bortolotti: La natura morta - storia, artisti, opere, Giunti Editore, Prato, 2003, S. 114–116
- ↑ Luca Bortolotti: La natura morta - storia, artisti, opere, Giunti Editore, Prato, 2003, S. 116–118
- ↑ Pietro Paolo Bonzi, in: Luigi Salerno: La natura morta italiana 1560–1805 = still life painting in Italy 1560–1805, Bozzi, Rom, 1984, S. 92–97
- ↑ Fabia Borroni: Stillleben. In: Alberto M. Ghisalberti (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 12: Bonfadini–Borrello. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1970.
- ↑ Pace, Michelangelo („Michelangelo da Campidoglio“). In: Luigi Salerno (Hrsg.): La natura morta italiana 1560–1805. Bozzi, Rom 1984, S. 179–181.
- ↑ Michelangelo di Campidoglio. In: Francesco Porzio, Federico Zeri, Elisabetta Avanzati (Hrsg.): La Natura morta in Italia. Bd. 2. Electa, Mailand 1989, S. 775–783.
- ↑ Pace, Michele detto Michelangelo del Campidoglio. In: Gianluca und Ulisse Bocchi (Hrsg.): Pittori di Natura Morta a Roma, Artisti Italiani 1630-1750. Arti Grafiche Castello, Viadana 2005, S. 399–446.
- ↑ Nuzzi, Mario (Mario dei Fiori), in: Luigi Salerno (Hrsg.): La natura morta italiana 1560–1805, Bozzi, Rom, 1984, S. 174–177
- ↑ Nuzzi, Mario detto Mario de' Fiori, in: Francesco Porzio, Federico Zeri, Elisabetta Avanzati (Hrsg.): La Natura morta in Italia, Bd. 2, Mailand, Electa, 1989, S. 759–767
- ↑ Luca Bortolotti: La natura morta - storia, artisti, opere, Giunti Editore, Prato, 2003, S. 118–119
- ↑ Luca Bortolotti: La natura morta - storia, artisti, opere, Giunti Editore, Prato, 2003, S. 120
- ↑ Luca Bortolotti: La natura morta - storia, artisti, opere, Giunti Editore, Prato, 2003, S. 120–126
- ↑ Andrea Scacciati, in: Federico Zeri: La natura morta in Italia, vol. 2, Electa, Mailand, 1989, S. 588–589
- ↑ Luca Bortolotti: La natura morta - storia, artisti, opere, Giunti Editore, Prato, 2003, S. 142–144
- ↑ Beatrice Cirulli: Stillleben. In: Raffaele Romanelli (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 77: Morlini–Natolini. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 2012.
- ↑ Luca Bortolotti: La natura morta - storia, artisti, opere, Giunti Editore, Prato, 2003, S. 126–128
- ↑ Véronique Damian et al.: Paolo Porpora, in: L’oeil gourmand, percorso nella natura morta napoletana del XVII secolo (Ausstellungskatalog), Galerie Canesso, Paris 2007, S. 46–59.
- ↑ Luca Bortolotti: La natura morta - storia, artisti, opere, Giunti Editore, Prato, 2003, S. 144
- ↑ William B. Jordan & Peter Cherry: Spanish still life from Velázquez to Goya, Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 15–16
- ↑ William B. Jordan & Peter Cherry: Spanish still life from Velázquez to Goya, Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 16
- ↑ William B. Jordan & Peter Cherry: Spanish still life from Velázquez to Goya, Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 27–35
- ↑ William B. Jordan & Peter Cherry: Spanish still life from Velázquez to Goya, Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 44–56.
- ↑ William B. Jordan & Peter Cherry: Spanish still life from Velázquez to Goya, Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 66–68.
- ↑ William B. Jordan & Peter Cherry: Spanish still life from Velázquez to Goya, Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 70–77.
- ↑ William B. Jordan & Peter Cherry: Spanish still life from Velázquez to Goya, Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 78–90.
- ↑ William B. Jordan & Peter Cherry: Spanish still life from Velázquez to Goya, Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 133–134.
- ↑ William B. Jordan & Peter Cherry: Spanish still life from Velázquez to Goya, Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 129–142.
- ↑ William B. Jordan & Peter Cherry: Spanish still life from Velázquez to Goya, Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 101–115.
- ↑ William B. Jordan & Peter Cherry: Spanish still life from Velázquez to Goya, Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 118–123.
- ↑ William B. Jordan & Peter Cherry: Spanish still life from Velázquez to Goya, Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 146–148.
- ↑ William B. Jordan & Peter Cherry: Spanish still life from Velázquez to Goya, Yale University Press, New Haven [CT], 1995, S. 152–161.
- ↑ Claudia Salvi: D' après nature : la nature morte en France au XVIIe siècle, Renaissance du Livre (Verlag), Tournai, 2000, S. 29–39, 47–54, 59–64 und 87–98
- ↑ Luca Bortolotti: La natura morta - storia, artisti, opere, Giunti Editore, Prato, 2003, S. 136
- ↑ Claudia Salvi: D' après nature : la nature morte en France au XVIIe siècle, Renaissance du Livre (Verlag), Tournai, 2000, S. 101–108 und 183–204