„Alpidische Orogenese“ – Versionsunterschied
[ungesichtete Version] | [gesichtete Version] |
K ext.link erg. |
falscher Link |
||
(224 dazwischenliegende Versionen von mehr als 100 Benutzern, die nicht angezeigt werden) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
[[Datei:Alpiner Gebirgsgürtel.png|mini|Karte des alpidischen Gebirgsgürtels]] |
|||
'''Alpidisch''' oder '''alpin''' bedeutet so etwa ''"zu den [[Alpen]] gehörend"'' und bezeichnet in der [[Geologie]] eine Zeit der [[Orogenese]], in der die Alpen gebildet wurden (Alpidische Orogenese). |
|||
[[Datei:Tectonic map Mediterranean DE.svg|mini|Alpidischer Gebirgsgürtel im Mittelmeerraum]] |
|||
[[Datei:Tectonic Map of Europe noleg.jpg|mini|Karte der tektonischen Provinzen Europas. Die Gebiete, die von der Alpidischen Faltung ergriffen wurden, sind blassorange ( {{Farbindex|#eacea6||name}} ) dargestellt.]] |
|||
Die '''Alpidische Orogenese''' bezeichnet die bislang letzte globale Gebirgsbildungsphase der [[Erdgeschichte]], in der auch die [[Alpen]] gebildet wurden. |
|||
Der Prozess dieser [[Orogenese]] reicht von der [[Kreidezeit]] über die stärkste Hebungsphase im [[Miozän]] vor etwa 20 Mio. Jahren bis in die Neuzeit, umfasst eine Zeitspanne von rund 100 Mio. Jahren und klingt seit etwa 5 Mio. Jahren ab. Die Eiszeiten des [[Pleistozän]]s in den letzten 2 Mio. Jahren prägten dann wesentlich das Aussehen der heutigen Gebirge. |
|||
Bei dieser Gebirgsbildung wurde der '''Alpidische Gebirgsgürtel''' (auch '''Alpidisches Gebirgssystem''' genannt) mit [[Atlas (Gebirge)|Atlas]], [[Pyrenäen]], [[Balearische Inseln|balearischen Inseln]], Alpen, [[Karpaten]], [[Apenninen]], [[Dinarisches Gebirge|Dinarischem Gebirge]], [[Rhodopen]], [[Balkangebirge|Balkan]], [[Taurusgebirge|Taurus]], [[Kaukasus]], [[Zāgros-Gebirge|Zāgros]], [[Kuhrud]], [[Elburs-Gebirge|Elburs]], [[Kopet-Dag]], [[Suleiman-Gebirge]], [[Hindukusch]], [[Karakorum (Gebirge)|Karakorum]], [[Himalaya]] bis zu den westlichen Gebirgen [[Indochina]]s und [[Malaysia]]s geformt. |
|||
In dieser Phase der Gebirgsbildung wurden die [[Alpen]], [[Pyrenäen]], [[Karpaten]], [[Apenninen]], der [[Himalaya]] und die [[Balearische Inseln|balearischen Inseln]] geformt. Durch die [[Kontinentalverschiebung]] wurde die [[Paratethys]], die europäische Randzone des Urmeeres [[Tethysmeer|Tethys]], nahezu geschlossen. Den Rest bildete die im Verlauf verlandende [[Pannon]]ische See, das heutige [[Mittelmeer]] und das [[Schwarze Meer]]. |
|||
Die [[Amerikanische Kordillere]] entstand ebenfalls durch [[Plattentektonik|plattentektonische]] Vorgänge dieser Zeit, deren Bildung wird aber als eigenständige Orogenese betrachtet. |
|||
⚫ | |||
== Vorhergehende geologische Prozesse == |
|||
=== Vorgeschichte === |
|||
In den [[Präkambrium|präkambrischen]] Zentral-[[Gneis]]kernen der [[Zillertaler Alpen]] und der östlichen [[Hohe Tauern|Hohen Tauern]] befinden sich Teile des [[Neoproterozoikum|neoproterozoischen]] Superkontinents [[Rodinia]], die ein Alter von 1 Milliarde Jahren aufweisen. |
|||
Seit dem Zerfall dieses [[Superkontinent]]s – also etwa ab 750 [[mya (Zeitskala)|mya]] (Mio. Jahren) – waren die Gesteine der späteren Alpen Meeresboden gewesen. Um 550 mya hatten sie Anteil am Küsten[[schelf]] [[Gondwana]]s und ab 460 mya lagen sie dann im [[Rheischer Ozean|Rheischen Ozean]], aus dem sie um 420 mya als vulkanischer [[Inselbogen]], das ''[[Hun-Superterran|Hun-Terran]]'', stellenweise hervorragten. Am Höhepunkt der stärksten Phase der [[Variszische Orogenese|variszischen Gebirgsbildung]] vor 360 mya waren diese Inseln wieder in der ''Rhea'' versunken. Im [[Perm (Geologie)|Perm]] ab 300 mya wurden die Alpen schließlich [[Sedimentation|Sedimentgebiet]] der [[Tethys (Ozean)|Tethys]] im Osten [[Pangaea]]s. |
|||
⚫ | |||
⚫ | |||
⚫ | |||
⚫ | |||
=== Entwicklung in der Trias === |
|||
⚫ | |||
[[Datei:CARNIAN EARTH.jpg|mini|Obertrias, [[Karnium]], ca. 220 mya: Die westliche [[Tethys (Ozean)|(Neo-)Tethys]] spreizt [[Pangaea]]]] |
|||
In der [[Trias (Geologie)|Trias]] ab 250 mya spreizte sich der Mittelozeanische Rücken der Tethys, wurde aber im Norden unter den Küstenschelf der heutigen [[Türkei]], des [[Iran]], [[Tibet]]s und Indochinas [[Subduktion|subduziert]]; diese [[Akkretion (Geologie)|Akkretion]] an die Schelfbereiche führte zur Stauchung und letztlich auch zur Heraushebung der Schelfe über die Meeresoberfläche. Das lange und dünne Kontinent-Bruchstück [[Cimmeria (Kontinent)|Cimmeria]] spaltete sich vom nördlichen Rand Ost-Gondwanas ab und rotierte um einen Punkt im Bereich der jetzigen [[Karpaten]]. Der vulkanische [[Inselbogen]] des späteren [[Kimmerischer Faltengürtel|kimmerischen Faltengürtels]] erhob sich im südlichen Küstenschelf des jungen [[Eurasien]]. |
|||
Die mit der Spreizung einhergehende Öffnung der Tethys nach Westen verursachte – neben großräumigen Seitenverschiebungen und Graben-Bildungen in den Regionen der alten variszischen Gebirge – auch heftigen [[Vulkanismus]] im alpinen Schelf, im Norden des [[Gargano|Apulischen Sporns]], im Bereich der heutigen Pyrenäen zwischen [[Iberische Halbinsel|Iberia]] und den [[Bretagne|bretonischen]] Varisziden und in [[Gibraltar]]; er erreichte die [[Riftzone]] des späteren Atlantiks und griff selbst noch bis auf die nördlichen [[Appalachen]] über. |
|||
=== Entwicklung im Jura === |
|||
Vor den südlichen Küsten Cimmerias entstand im [[Jura (Geologie)|Jura]] ab 200 mya ein tiefer Graben, der Tethysgraben, der sich westlich quer durch das auseinanderbrechende Pangaea, über den Tiefseebereich des neuentstandenen [[Penninischer Ozean|Penninischen Ozeans]] bis zum atlantischen [[Grabenbruch]] und die Nordküste [[Südamerika]]s bzw. Westgondwanas hinzog. Der sich spreizende Penninische Ozean bildete im Westen den ''[[Helvetisches System|Helvetischen Schelf]]'', im Zentrum des Trogs das Sedimentgebiet des ''[[Penninikum]]s'', und im Osten den ''[[Ostalpin|Ostalpinen Schelf]]'' der mit dem Apulischen Sporn Gondwanas gegen Osten driftete. |
|||
=== Entwicklung in der Kreide === |
|||
[[Datei:MWestCarpJ.png|mini|Die Situation im oberen [[Jura (Geologie)|Jura]], 150 mya, kurz vor der Abtrennung.]] |
|||
Während der [[Unterkreide]] ab 145 mya trennten sich nun eindeutig [[Nordamerika]], [[Grönland]] und [[Europa]], der [[Nordatlantik]] öffnete sich. |
|||
Die fortschreitende kimmerische Annäherung an Südost-Europa und die asiatischen [[Kraton]]e, die Öffnung des [[Nordatlantik|nordatlantischen]] Ozeans und einer Reihe relativ schmaler ozeanischer Becken (s. o. und r.) die über [[Transform-Störung]]en miteinander verbunden waren, ergaben weiterhin ein komplexes Wechselspiel quer durch das zerfallende Pangaea. |
|||
[[Iberische Halbinsel|Iberia]] löste sich von Europa als eigenständiges Krustenfragment ab und auch der [[Apulische Platte|Apulische Sporn]] wurde durch das entstehende östliche Mittelmeer vom nunmehrigen [[Afrika]] getrennt und drängte nun als selbständig gewordener Mikrokontinent weiterhin gegen den südlichen Rand Europas und hob dabei die [[Ostalpen]] [[Österreich]]s und [[Italien]]s über den Meeresspiegel. Dabei wurden sowohl erste Abschnitte des Penninischen Tiefseebeckens als auch letzte Reste des westlichsten [[Tethys (Ozean)|Tethys]]-Ozeanbodens subduziert (''Altalpidische Gebirgsbildung'' oder ''Eoalpine Orogenese''). Im Bereich der [[Karpaten]] und am [[Balkangebirge|Balkan]] entwickelte sich starker Vulkanismus. |
|||
== Die alpine Gebirgsbildung == |
|||
=== Entwicklung im Paläogen === |
|||
Im frühen [[Paläogen]] (ab 66 [[mya (Zeitskala)|mya]]) kollidierte die von Afrika abgespaltene [[Adriatisches Meer|adriatische]] Mikroplatte mit dem vor-alpinen [[Europa]], man bezeichnet diesen Vorgang in den Alpen im Vergleich zu der in der Kreidezeit stattfindenden Vorgeschichte auch als ''Jungalpidische Gebirgsbildung''. Die Linie des Zusammenpralls mit Bildung der [[Sutur (Geologie)|Sutur]] verläuft von der [[Ägäis]] über die Region des Flusses [[Vardar]] in [[Nordmazedonien]], die Klippen-Zone der [[Karpaten]] und die penninische Zone der Alpen, dem [[Piemont]] bis nach [[Korsika]]. |
|||
[[Afrika]] driftete weiter nach Nordosten und der [[Indien|indische]] [[Subkontinent]] stieß, vom ehemaligen Südkontinent ''Gondwana'' kommend, auf [[Asien]]. Um die [[Kreide-Paläogen-Grenze|Kreide-Paläogen-Wende]] erhoben sich nun auch die [[Westalpen]] [[Frankreich]]s und der [[Schweiz]] aus dem Penninischen Ozean und am nördlichen Rand des jungen Mittelmeers erhob sich der [[Apennin]] und der [[Kalabrien|kalabrische]] Bogen. [[Sardinien]] und Korsika lösten sich derweil in einer Drehbewegung gegen den Uhrzeigersinn vom Europäischen Kontinentalblock. |
|||
=== Entwicklung im Neogen und Zukunft === |
|||
Im [[Neogen]] ab 23 mya wurde die Paratethys, die nördliche Randzone der [[Tethys (Ozean)|Tethys]] in Europa und dem heutigen Zentralasien, allmählich geschlossen. Ihre Überreste sind der mittlerweile verlandete [[Pannon|Pannonische See]], das [[Schwarzes Meer|Schwarze Meer]] und die [[Kaspische See]]. |
|||
Im [[Oligozän]] setzte erneut Krustendehnung ein, [[Riftzone|Rifts]] in den [[Ozeanboden|Ozeanböden]] spreizten sich und es bildeten sich [[Back-arc Basin]]s. Durch wechselnde Richtungen der Subduktion bzw. der [[Ozeanbodenspreizung]] kam es zu einer vielschichtigen [[Falte (Geologie)|Verfaltung]] des [[Grundgebirge]]s, welche die sich gleichzeitig bildenden [[Molasse]]n mit einbezog. |
|||
Das aktuelle vierte globale [[Eiszeitalter]] ab 2,6 mya prägte mit seinen sich abwechselnden [[Kaltzeit]]en und [[Warmzeit]]en die heutige Geländestruktur. |
|||
⚫ | Die [[Kontinentaldrift]] der beteiligten [[Kontinentalplatte]]n dauert noch immer an, deshalb ist auch die alpidische Gebirgsbildung noch nicht abgeschlossen. Alpen und Himalaya wachsen im Millimeterbereich pro Jahr langsam weiter, werden aber gleichzeitig von den [[exogene Dynamik|exogenen]] geologischen Prozessen (z. B. [[Erosion (Geologie)|Erosion]]) wieder abgebaut. In 50 Millionen Jahren wird dieser tektonische Prozess im Bereich des Mittelmeeres, des [[Rotes Meer|Roten Meeres]] und des [[Persischer Golf|Persischen Golfes]] neue Gebirgszüge gebildet haben. |
||
== Gesteine == |
|||
Der hauptsächliche Gesteinsbestand in den zentralalpinen Hoch- und Mittelgebirgsregionen sind einförmige Para-[[Gneis]]e, das sind metamorphosierte tonige und sandige Sedimente, [[Grauwacke]]n und [[Tuff]]e. Darin finden sich häufig [[Amphibolit]]e, die aus [[Basalt]]en entstanden sind. In diesen Gesteinsgesellschaften sind auch [[magma]]tische ''Orthogneise'' sehr häufig. In der [[Silvretta]] und den [[Ötztaler Alpen]] belegt eine ältere Orthogneisgeneration ein [[Paläozoikum|altpaläozoisches]] [[Intrusion (Geologie)|Intrusionsereignis]]. Andere, jüngere magmatische Gneise sind hingegen im Gefolge der variszischen Gebirgsbildung im [[Karbon]] eingedrungen. Gleich alte Granitgneise kommen u. a. in den Kristallinmassen der [[Schladminger Tauern]] und [[Seckauer Tauern]] und in den [[Mürztal]]er Alpen vor und sind ein Hinweis auf eine erstmalige Orogenese in früher variszischer Zeit (um 420 mya, s. o.). |
|||
Die [[Marines Sediment|marin abgelagerten]] mächtigen Kalksedimente und Schelfkarbonate der [[Tethys (Ozean)|Tethys]] lassen sich als Gesteine des [[Helvetisches System|Helvetikums]] im Westen und der höchsten tektonischen Einheit der [[Nördliche Kalkalpen|Nördlichen Kalkalpen]] des [[Ostalpin]] und den [[Dolomiten]] des [[Südalpen#Geologie|Südalpins]] wiederfinden.<ref>{{Literatur |Autor=RICHTER, L. |Titel=Geologie und Geographie der Alpen – ein Überblick |Hrsg=KENKMANN, T. |Sammelwerk=Exkursionsführer zur Hauptexkursion 2000 – Geologie und Physische Geographie der West- und Zentralalpen |Band=[https://www.geographie.hu-berlin.de/de/institut/publikationsreihen/arbeitsberichte Arbeitsberichte, Heft 56] |Nummer= |Auflage= |Verlag=Geographisches Institut der Humboldt-Universität zu Berlin |Ort=Berlin |Datum=2001 |ISSN=0947-0360 |Seiten=11}}</ref> |
|||
== Siehe auch == |
|||
* [[Erdgeschichte Niederösterreichs]] |
|||
* [[Panthalassa]] |
|||
* [[Takonische Orogenese]] |
|||
* [[Kaledonische Orogenese]] |
|||
== Literatur == |
|||
* {{Literatur | Autor= Hans Heierli | Titel= Geologischer Wanderführer Schweiz. Teil 1: Die geologischen Grundlagen | Auflage= 2. | Verlag= Ott Verlag | Ort= Thun | Jahr= 1983 | ISBN= 3-7225-6282-1}} |
|||
* {{Literatur | Autor= S. M. Schmid, B. Fügenschuh, E. Kissling, R. Schuster | Titel= Tectonic map and overall architecture of the Alpine orogen | Sammelwerk=[[Eclogae Geologicae Helvetiae]] | Band=97 | Verlag= Birkhäuser Verlag | Ort= Basel | Jahr= 2004 | Seiten=93–117 | ISSN= 0012-9402 | Online=}} [https://earth.unibas.ch/tecto/Members/Schmid/Publications/082_Schmidetal.2004bEcl.pdf PDF] |
|||
* {{Literatur | Autor= Reinhard Schönenberg, Joachim Neugebauer | Titel= Einführung in die Geologie Europas | Auflage= 4. | Verlag= Verlag Rombach | Ort= Freiburg | Jahr= 1981 | ISBN= 3-7930-0914-9}} |
|||
⚫ | |||
{{Commonscat|Alpine orogeny|Alpidische Orogenese}} |
|||
⚫ | |||
* [http://www.scotese.com/newpage9.htm Die Erde vor 50 Mio. Jahren: Die europäischen Gebirge und der Himalaya begannen sich zu bilden.] |
|||
⚫ | |||
⚫ | |||
* {{Webarchiv | url=http://www.geologie.ac.at/RockyAustria/schatten_alter_koninente.htm | wayback=20110828042738 | text=Schatten alter Kontinente – die ältesten Teile Österreichs}} |
|||
* [https://www.oberrheingraben.de/Tektonik/Erlaeuterungen%20Gebirgsbildung%20Europa.htm Gebirgsbildungen Europas] |
|||
* {{Webarchiv |url=http://andiebert.gmxhome.de/diplomarbeit |wayback=20160126204723 |text=''Die geologische Entwicklung der Zentralalpen'' von A.Ebert, 2001}} |
|||
== Einzelnachweise == |
|||
<references /> |
|||
{{Normdaten|TYP=s|GND=4381339-2}} |
|||
[[Kategorie:Gebirgsbildung]] |
|||
[[Kategorie:Geschichte der Alpen]] |
|||
⚫ |
Aktuelle Version vom 8. Juni 2025, 21:55 Uhr



Die Alpidische Orogenese bezeichnet die bislang letzte globale Gebirgsbildungsphase der Erdgeschichte, in der auch die Alpen gebildet wurden.
Der Prozess dieser Orogenese reicht von der Kreidezeit über die stärkste Hebungsphase im Miozän vor etwa 20 Mio. Jahren bis in die Neuzeit, umfasst eine Zeitspanne von rund 100 Mio. Jahren und klingt seit etwa 5 Mio. Jahren ab. Die Eiszeiten des Pleistozäns in den letzten 2 Mio. Jahren prägten dann wesentlich das Aussehen der heutigen Gebirge.
Bei dieser Gebirgsbildung wurde der Alpidische Gebirgsgürtel (auch Alpidisches Gebirgssystem genannt) mit Atlas, Pyrenäen, balearischen Inseln, Alpen, Karpaten, Apenninen, Dinarischem Gebirge, Rhodopen, Balkan, Taurus, Kaukasus, Zāgros, Kuhrud, Elburs, Kopet-Dag, Suleiman-Gebirge, Hindukusch, Karakorum, Himalaya bis zu den westlichen Gebirgen Indochinas und Malaysias geformt. Die Amerikanische Kordillere entstand ebenfalls durch plattentektonische Vorgänge dieser Zeit, deren Bildung wird aber als eigenständige Orogenese betrachtet.
Vorhergehende geologische Prozesse
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vorgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In den präkambrischen Zentral-Gneiskernen der Zillertaler Alpen und der östlichen Hohen Tauern befinden sich Teile des neoproterozoischen Superkontinents Rodinia, die ein Alter von 1 Milliarde Jahren aufweisen.
Seit dem Zerfall dieses Superkontinents – also etwa ab 750 mya (Mio. Jahren) – waren die Gesteine der späteren Alpen Meeresboden gewesen. Um 550 mya hatten sie Anteil am Küstenschelf Gondwanas und ab 460 mya lagen sie dann im Rheischen Ozean, aus dem sie um 420 mya als vulkanischer Inselbogen, das Hun-Terran, stellenweise hervorragten. Am Höhepunkt der stärksten Phase der variszischen Gebirgsbildung vor 360 mya waren diese Inseln wieder in der Rhea versunken. Im Perm ab 300 mya wurden die Alpen schließlich Sedimentgebiet der Tethys im Osten Pangaeas.
Entwicklung in der Trias
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In der Trias ab 250 mya spreizte sich der Mittelozeanische Rücken der Tethys, wurde aber im Norden unter den Küstenschelf der heutigen Türkei, des Iran, Tibets und Indochinas subduziert; diese Akkretion an die Schelfbereiche führte zur Stauchung und letztlich auch zur Heraushebung der Schelfe über die Meeresoberfläche. Das lange und dünne Kontinent-Bruchstück Cimmeria spaltete sich vom nördlichen Rand Ost-Gondwanas ab und rotierte um einen Punkt im Bereich der jetzigen Karpaten. Der vulkanische Inselbogen des späteren kimmerischen Faltengürtels erhob sich im südlichen Küstenschelf des jungen Eurasien.
Die mit der Spreizung einhergehende Öffnung der Tethys nach Westen verursachte – neben großräumigen Seitenverschiebungen und Graben-Bildungen in den Regionen der alten variszischen Gebirge – auch heftigen Vulkanismus im alpinen Schelf, im Norden des Apulischen Sporns, im Bereich der heutigen Pyrenäen zwischen Iberia und den bretonischen Varisziden und in Gibraltar; er erreichte die Riftzone des späteren Atlantiks und griff selbst noch bis auf die nördlichen Appalachen über.
Entwicklung im Jura
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vor den südlichen Küsten Cimmerias entstand im Jura ab 200 mya ein tiefer Graben, der Tethysgraben, der sich westlich quer durch das auseinanderbrechende Pangaea, über den Tiefseebereich des neuentstandenen Penninischen Ozeans bis zum atlantischen Grabenbruch und die Nordküste Südamerikas bzw. Westgondwanas hinzog. Der sich spreizende Penninische Ozean bildete im Westen den Helvetischen Schelf, im Zentrum des Trogs das Sedimentgebiet des Penninikums, und im Osten den Ostalpinen Schelf der mit dem Apulischen Sporn Gondwanas gegen Osten driftete.
Entwicklung in der Kreide
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Während der Unterkreide ab 145 mya trennten sich nun eindeutig Nordamerika, Grönland und Europa, der Nordatlantik öffnete sich.
Die fortschreitende kimmerische Annäherung an Südost-Europa und die asiatischen Kratone, die Öffnung des nordatlantischen Ozeans und einer Reihe relativ schmaler ozeanischer Becken (s. o. und r.) die über Transform-Störungen miteinander verbunden waren, ergaben weiterhin ein komplexes Wechselspiel quer durch das zerfallende Pangaea.
Iberia löste sich von Europa als eigenständiges Krustenfragment ab und auch der Apulische Sporn wurde durch das entstehende östliche Mittelmeer vom nunmehrigen Afrika getrennt und drängte nun als selbständig gewordener Mikrokontinent weiterhin gegen den südlichen Rand Europas und hob dabei die Ostalpen Österreichs und Italiens über den Meeresspiegel. Dabei wurden sowohl erste Abschnitte des Penninischen Tiefseebeckens als auch letzte Reste des westlichsten Tethys-Ozeanbodens subduziert (Altalpidische Gebirgsbildung oder Eoalpine Orogenese). Im Bereich der Karpaten und am Balkan entwickelte sich starker Vulkanismus.
Die alpine Gebirgsbildung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Entwicklung im Paläogen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im frühen Paläogen (ab 66 mya) kollidierte die von Afrika abgespaltene adriatische Mikroplatte mit dem vor-alpinen Europa, man bezeichnet diesen Vorgang in den Alpen im Vergleich zu der in der Kreidezeit stattfindenden Vorgeschichte auch als Jungalpidische Gebirgsbildung. Die Linie des Zusammenpralls mit Bildung der Sutur verläuft von der Ägäis über die Region des Flusses Vardar in Nordmazedonien, die Klippen-Zone der Karpaten und die penninische Zone der Alpen, dem Piemont bis nach Korsika.
Afrika driftete weiter nach Nordosten und der indische Subkontinent stieß, vom ehemaligen Südkontinent Gondwana kommend, auf Asien. Um die Kreide-Paläogen-Wende erhoben sich nun auch die Westalpen Frankreichs und der Schweiz aus dem Penninischen Ozean und am nördlichen Rand des jungen Mittelmeers erhob sich der Apennin und der kalabrische Bogen. Sardinien und Korsika lösten sich derweil in einer Drehbewegung gegen den Uhrzeigersinn vom Europäischen Kontinentalblock.
Entwicklung im Neogen und Zukunft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Neogen ab 23 mya wurde die Paratethys, die nördliche Randzone der Tethys in Europa und dem heutigen Zentralasien, allmählich geschlossen. Ihre Überreste sind der mittlerweile verlandete Pannonische See, das Schwarze Meer und die Kaspische See. Im Oligozän setzte erneut Krustendehnung ein, Rifts in den Ozeanböden spreizten sich und es bildeten sich Back-arc Basins. Durch wechselnde Richtungen der Subduktion bzw. der Ozeanbodenspreizung kam es zu einer vielschichtigen Verfaltung des Grundgebirges, welche die sich gleichzeitig bildenden Molassen mit einbezog.
Das aktuelle vierte globale Eiszeitalter ab 2,6 mya prägte mit seinen sich abwechselnden Kaltzeiten und Warmzeiten die heutige Geländestruktur.
Die Kontinentaldrift der beteiligten Kontinentalplatten dauert noch immer an, deshalb ist auch die alpidische Gebirgsbildung noch nicht abgeschlossen. Alpen und Himalaya wachsen im Millimeterbereich pro Jahr langsam weiter, werden aber gleichzeitig von den exogenen geologischen Prozessen (z. B. Erosion) wieder abgebaut. In 50 Millionen Jahren wird dieser tektonische Prozess im Bereich des Mittelmeeres, des Roten Meeres und des Persischen Golfes neue Gebirgszüge gebildet haben.
Gesteine
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der hauptsächliche Gesteinsbestand in den zentralalpinen Hoch- und Mittelgebirgsregionen sind einförmige Para-Gneise, das sind metamorphosierte tonige und sandige Sedimente, Grauwacken und Tuffe. Darin finden sich häufig Amphibolite, die aus Basalten entstanden sind. In diesen Gesteinsgesellschaften sind auch magmatische Orthogneise sehr häufig. In der Silvretta und den Ötztaler Alpen belegt eine ältere Orthogneisgeneration ein altpaläozoisches Intrusionsereignis. Andere, jüngere magmatische Gneise sind hingegen im Gefolge der variszischen Gebirgsbildung im Karbon eingedrungen. Gleich alte Granitgneise kommen u. a. in den Kristallinmassen der Schladminger Tauern und Seckauer Tauern und in den Mürztaler Alpen vor und sind ein Hinweis auf eine erstmalige Orogenese in früher variszischer Zeit (um 420 mya, s. o.).
Die marin abgelagerten mächtigen Kalksedimente und Schelfkarbonate der Tethys lassen sich als Gesteine des Helvetikums im Westen und der höchsten tektonischen Einheit der Nördlichen Kalkalpen des Ostalpin und den Dolomiten des Südalpins wiederfinden.[1]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hans Heierli: Geologischer Wanderführer Schweiz. Teil 1: Die geologischen Grundlagen. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1983, ISBN 3-7225-6282-1.
- S. M. Schmid, B. Fügenschuh, E. Kissling, R. Schuster: Tectonic map and overall architecture of the Alpine orogen. In: Eclogae Geologicae Helvetiae. Band 97. Birkhäuser Verlag, 2004, ISSN 0012-9402, S. 93–117. PDF
- Reinhard Schönenberg, Joachim Neugebauer: Einführung in die Geologie Europas. 4. Auflage. Verlag Rombach, Freiburg 1981, ISBN 3-7930-0914-9.
Weblinks, Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die Welt vor 100 Mio. Jahren: An der Stelle der Alpen ist Tiefsee
- Die Erde vor 50 Mio. Jahren: Die europäischen Gebirge und der Himalaya begannen sich zu bilden.
- Die Welt vor 14 Mio. Jahren: Die Paratethys hat sich ausgebildet und beginnt zu verlanden.
- Entstehung der Ostalpen ( vom 27. November 2012 im Webarchiv archive.today) Geologische Bundesanstalt Wien (archivierte Webseite)
- Schatten alter Kontinente – die ältesten Teile Österreichs ( vom 28. August 2011 im Internet Archive)
- Gebirgsbildungen Europas
- Die geologische Entwicklung der Zentralalpen von A.Ebert, 2001 ( vom 26. Januar 2016 im Internet Archive)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ RICHTER, L.: Geologie und Geographie der Alpen – ein Überblick. In: KENKMANN, T. (Hrsg.): Exkursionsführer zur Hauptexkursion 2000 – Geologie und Physische Geographie der West- und Zentralalpen. Arbeitsberichte, Heft 56. Geographisches Institut der Humboldt-Universität zu Berlin, 2001, ISSN 0947-0360, S. 11.