„Kreuzprodukt“ – Versionsunterschied
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{{Dieser Artikel|befasst sich mit dem Produkt zweier Vektoren im Raum; für weitere Bedeutungen siehe [[Kreuzprodukt (Begriffsklärung)]].}} |
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Das '''Kreuzprodukt''' <math>\vec a\times\vec b</math> (auch '''Vektorprodukt''', '''vektorielles Produkt''' oder '''äußeres Produkt''' genannt) zweier [[Vektor (Mathematik)|Vektoren]] <math>\vec a</math> und <math>\vec b</math> in einem dreidimensionalen [[Vektorraum]] ist ein ''Vektor'', der senkrecht auf der von den beiden Vektoren aufgespannten Ebene steht. Die Länge dieses Vektors entspricht der Fläche des [[Parallelogramm]]s mit den Seiten <math>\vec a</math> und <math>\vec b</math>. |
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[[Datei:Cross product parallelogram.svg|mini|Kreuzprodukt]] |
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Es gibt zwei solche Vektoren, die in entgegengesetzte Richtung weisen. Davon wird einer ausgewählt, so dass <math>\vec a</math> und <math>\vec b</math> mit dem Vektor ihres Kreuzprodukts ein [[Rechtssystem (Mathematik)|Rechtssystem]] bilden. |
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Das '''Kreuzprodukt''', auch '''Vektorprodukt''', '''vektorielles Produkt''' oder '''äußeres Produkt''', ist eine [[Verknüpfung (Mathematik)|Verknüpfung]] im dreidimensionalen [[Euklidischer Raum#Euklidische Vektorräume|euklidischen Vektorraum]], die zwei [[Vektor]]en wieder einen Vektor zuordnet. Um es von anderen Produkten, insbesondere vom [[Skalarprodukt]], zu unterscheiden, wird es im deutsch- und englischsprachigen Raum mit einem [[Malzeichen|Malkreuz]] <math>\times</math> als Multiplikationszeichen geschrieben (vgl. Abschnitt ''[[#Schreibweisen|Schreibweisen]]''). Die Bezeichnungen ''Kreuzprodukt'' und ''Vektorprodukt'' gehen auf den Physiker [[Josiah Willard Gibbs]] zurück; die Bezeichnung ''äußeres Produkt'' wurde von [[Hermann Graßmann]] geprägt.<ref>{{Literatur |Autor=Max Päsler |Titel=Grundzüge der Vektor- und Tensorrechnung |Verlag=Walter de Gruyter |Datum=1977 |ISBN=3-11-082794-8 |Seiten=33}}</ref> |
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Das Kreuzprodukt |
Das Kreuzprodukt der Vektoren <math>\vec a</math> und <math>\vec b</math> ist ein Vektor, der [[Orthogonalität|senkrecht]] auf der von den beiden Vektoren aufgespannten Ebene steht und mit ihnen ein [[Rechtssystem (Mathematik)|Rechtssystem]] bildet. Seine Länge entspricht dem [[Flächeninhalt]] des [[Parallelogramm]]s, das von den Vektoren <math>\vec a</math> und <math>\vec b</math> aufgespannt wird. |
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In der Physik tritt das Kreuzprodukt an vielen Stellen auf, zum Beispiel im [[Elektromagnetismus]] bei der Berechnung der [[Lorentzkraft]] oder des [[Poynting-Vektor]]s. In der [[Klassische Mechanik|klassischen Mechanik]] wird es bei Drehgrößen wie dem [[Drehmoment]] und dem [[Drehimpuls]] oder bei Scheinkräften wie der [[Corioliskraft]] benutzt. |
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== Mathematische Darstellung == |
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== Schreibweisen == |
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Das Kreuzprodukt wird mit einem Kreuz als Multiplikationszeichen geschrieben: |
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Je nach Land sind für das Vektorprodukt zum Teil unterschiedliche Schreibweisen gebräuchlich. Im englisch- und deutschsprachigen Raum wird für das Vektorprodukt zweier Vektoren <math>\vec{a}</math> und <math>\vec{b}</math> für gewöhnlich die Schreibweise <math>\vec{a}\times\vec{b}</math> verwendet, in Frankreich und Italien wird dagegen die Schreibweise <math>\vec{a}\wedge\vec{b}</math> bevorzugt. In Russland wird das Vektorprodukt oft als <math>[\vec{a}\ \vec{b}]</math> oder <math>[\vec{a},\vec{b}]</math> notiert. |
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: <math> |
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\vec{c}=\vec{a}\times\vec{b} |
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</math> |
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Die Schreibweise <math>\vec{a}\wedge\vec{b}</math> und die Bezeichnung ''äußeres Produkt'' werden nicht nur für das Vektorprodukt verwendet, sondern auch für die Verknüpfung, die zwei Vektoren einen sogenannten ''Bivektor'' zuordnet, siehe [[Graßmann-Algebra]]. |
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<math>\vec{c}</math> ist ein [[Pseudovektor]]. Es ist eine vereinfachte Schreibweise für die von null verschiedenen Elemente eines antisymmetrischen [[Tensor]]s. |
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== Geometrische Definition == |
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Im gewöhnlichen dreidimensionalen Raum '''R'''<sup>3</sup> kann man das Kreuzprodukt von ''a'' und ''b'' so definieren: |
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[[Datei:RHR.svg|mini|Rechte-Hand-Regel]] |
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: <math> |
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[[Datei:Flächeninhalt Parallelogramm Kreuzprodukt.png|mini|Flächeninhalt des von zwei Vektoren aufgespannten Parallelogramms]] |
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\vec{a}\times\vec{b} |
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[[Datei:Cross product parallelogram.gif|mini|Abhängigkeit des Kreuzproduktes und seines Betrags vom Winkel]] |
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= |
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Das Kreuzprodukt <math>\vec{a}\times\vec{b}</math> von zwei Vektoren <math>\vec a</math> und <math>\vec b</math> im dreidimensionalen Anschauungsraum ist ein Vektor mit folgenden drei Eigenschaften:<ref>{{Literatur |Autor=I. N. Bronstein, K. A. Semendjajew |Titel=[[Taschenbuch der Mathematik]] |Auflage=5. |Verlag=Verlag Harri Deutsch |Datum=2001 |ISBN=3-8171-2005-2 |Seiten=190}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Goebbels, Ritter |Titel=Mathematik verstehen und anwenden |Auflage=4. |Datum= |Seiten=513}}</ref> |
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\left||\vec{a}\right|| \left||\vec{b}\right|| |
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\sin(\theta) \cdot \vec{e} |
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</math> |
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wobei ''sin(θ)'' der [[Sinus]] des von den beiden Vektoren eingeschlossenen Winkels ''θ'', <math>\vec{e}</math> der zu beiden Vektoren senkrechte Einheitsvektor, und <math>|\vec{a}|</math>, <math>|\vec{b}|</math> die jeweilige Länge (Betrag) der Vektoren sind. |
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* Der Vektor <math>\vec{a}\times\vec{b}</math> ist sowohl zu <math>\vec a</math> als auch zu <math>\vec b</math> [[orthogonal]], und damit orthogonal zu der von <math>\vec a</math> und <math>\vec b</math> aufgespannten Ebene. |
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== Orientierung == |
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* Er ist so orientiert, dass <math>\vec a, \vec b</math> und <math>\vec{a}\times\vec{b}</math> in dieser Reihenfolge ein [[Rechtssystem (Mathematik)|Rechtssystem]] bilden. Mathematisch heißt das, dass die drei Vektoren <math>\vec a, \vec b</math> und <math>\vec{a}\times\vec{b}</math> gleich orientiert sind wie die Vektoren <math>\vec e_1</math>, <math>\vec e_2</math> und <math>\vec e_3</math> der [[Standardbasis]]. Im physikalischen Raum bedeutet es, dass sie sich wie Daumen, Zeigefinger und abgespreizter Mittelfinger der rechten Hand verhalten ([[Drei-Finger-Regel|Rechte-Hand-Regel]]). |
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* Der Betrag von <math>\vec{a}\times\vec{b}</math> gibt den Flächeninhalt des von <math>\vec a</math> und <math>\vec b</math> aufgespannten [[Parallelogramm]]s an. Für <math>\vec a, \vec b \neq \vec 0 </math> lässt sich diese Eigenschaft mithilfe der Formel |
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== Komponentenweise Berechnung == |
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*:<math>|\vec{a}\times\vec{b}| = |\vec{a}|\, |\vec{b}|\, \sin\theta </math>, |
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:ausdrücken, wobei <math>|\vec a|</math> und <math>|\vec b|</math> die Längen der Vektoren <math>\vec a</math> und <math>\vec b</math> sind und <math>\sin \theta\,</math> der [[Sinus]] des eingeschlossenen Winkels <math>\theta = \sphericalangle(\vec a, \vec b)</math> ist.<ref group="A">Ist einer der Vektoren <math>\vec a, \vec b </math> der Nullvektor, so ist <math>\theta = \sphericalangle(\vec a, \vec b)</math> nicht erklärt.</ref> |
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Die drei Eigenschaften des Kreuzprodukts lassen sich in einer Formel zusammenfassen: |
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:<math> |
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\vec{a}\times\vec{b} |
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=\begin{cases}\displaystyle |
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|\vec{a}||\vec{b}| |
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\sin\theta \, \vec{n}, &\text{falls } \vec a, \vec b \neq \vec 0, \\ \vec 0 & \text{sonst,} \end{cases} |
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</math> |
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wobei der Vektor <math>\vec{n}</math> derjenige zu <math>\vec{a}</math> und <math>\vec{b}</math> senkrechte [[Einheitsvektor]] ist, der diese zu einem Rechtssystem ergänzt. |
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== Darstellung in kartesischen Koordinaten == |
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Im normalen '''R'''<sup>3</sup> kann man das Kreuzprodukt einfach komponentenweise berechnen: |
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In einem rechtshändigen [[Kartesisches Koordinatensystem|kartesischen Koordinatensystem]] bzw. im [[Euklidischer Raum|reellen Koordinatenraum]] <math>\R^3</math> mit der Standardorientierung lassen sich die Koordinaten des Kreuzprodukts direkt aus den Koordinaten der beteiligten Vektoren berechnen. Ist <math>\vec a = (a_1, a_2, a_3)^T</math> und <math>\vec b = (b_1, b_2, b_3)^T</math>, so gilt<ref>{{Literatur |Autor=Goebbels, Ritter |Titel=Mathematik verstehen und anwenden |Datum=2023 |Seiten=513}}</ref> |
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: <math> |
: <math> |
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\vec{a}\times\vec{b} |
\vec{a}\times\vec{b} |
||
Zeile 41: | Zeile 49: | ||
a_3b_1 - a_1b_3 \\ |
a_3b_1 - a_1b_3 \\ |
||
a_1b_2 - a_2b_1 |
a_1b_2 - a_2b_1 |
||
\end{pmatrix} |
\end{pmatrix}\,. |
||
= |
|||
\begin{pmatrix} |
|||
0 & -a_3 & a_2 \\ |
|||
a_3 & 0 & -a_1 \\ |
|||
-a_2 & a_1 & 0 |
|||
\end{pmatrix} |
|||
\begin{pmatrix} |
|||
b_1 \\ b_2 \\ b_3 |
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\end{pmatrix} |
|||
</math> |
</math> |
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Diese Formel für die kartesischen Koordinaten des Kreuzprodukts wird auch zur Definition des Kreuzprodukts verwendet.<ref>{{Literatur |Autor=Tilo Arens et al. |Titel=Mathematik |Auflage=5. |Verlag=Springer |Ort=Berlin / Heidelberg |Datum=2022 |ISBN=978-3-662-64388-4 |Seiten=709}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=[[Gerd Fischer (Mathematiker)|Gerd Fischer]], Boris Springborn |Titel=Lineare Algebra |Auflage=20. |Verlag=Springer |Ort=Berlin / Heidelberg |Datum=2025 |ISBN=978-3-662-71260-3 |Seiten=317}}</ref> |
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Jede Zeile enthält im Kreuzprodukt dabei die Differenz der Produkte ''über Kreuz'' der anderen beiden Zeilen, beginnend mit <math>a_2</math>. Die Indizes werden zyklisch permutiert. Dann entsteht immer ein Rechtssystem. |
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Genaugenommen ist das Kreuzprodukt ein antisymmetrischer [[Tensor]] mit den Komponenten: |
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: <math> |
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\begin{pmatrix} |
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0 & -a_2b_1+a_1b_2 & -a_3b_1+a_1b_3 \\ |
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a_2b_1-a_1b_2 & 0 & -a_3b_2+a_2b_3 \\ |
|||
a_3b_1-a_1b_3 & a_3b_2-a_2b_3 & 0 |
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\end{pmatrix} |
|||
</math> |
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Ein Zahlenbeispiel: |
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Zahlenwerte kann man einfach einsetzen: |
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: <math> |
: <math> |
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\begin{pmatrix}1 \\ 2 \\ 3\end{pmatrix} |
\begin{pmatrix}1 \\ 2 \\ 3\end{pmatrix} |
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Zeile 72: | Zeile 62: | ||
\begin{pmatrix} |
\begin{pmatrix} |
||
2 \cdot 9 - 3 \cdot 8 \\ |
2 \cdot 9 - 3 \cdot 8 \\ |
||
3 \cdot (-7) - 1 \cdot 9 \\ |
|||
1 \cdot 8 - 2 \cdot (-7) |
1 \cdot 8 - 2 \cdot (-7) |
||
\end{pmatrix} |
\end{pmatrix} |
||
Zeile 80: | Zeile 70: | ||
-30 \\ |
-30 \\ |
||
22 |
22 |
||
\end{pmatrix} |
\end{pmatrix}\,. |
||
</math> |
</math> |
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Eine Merkregel für diese Formel beruht auf einer symbolischen Darstellung über die [[Determinante]]. Dabei notiert man eine <math>(3 \times 3)</math>-Matrix, in deren erster Spalte die Symbole <math>\vec e_1</math>, <math>\vec e_2</math> und <math>\vec e_3</math> für die [[Standardbasis]] stehen. Die zweite Spalte wird von den Komponenten des Vektors <math>\vec a</math> und die dritte von denen des Vektors <math>\vec b</math> gebildet. Diese Determinante berechnet man nach den üblichen Regeln, zum Beispiel indem man sie nach der ersten Spalte [[Laplacescher Entwicklungssatz|entwickelt]] |
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== Graphische Darstellung == |
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:<math>\begin{align} |
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\vec a \times \vec b &=\det \begin{pmatrix}\vec e_1 & a_1 & b_1 \\ \vec e_2 & a_2 & b_2 \\ \vec e_3 & a_3 & b_3\end{pmatrix}\\ |
|||
&= \vec e_1 \begin{vmatrix} a_2 & b_2 \\ a_3 & b_3 \end{vmatrix} |
|||
- \vec e_2 \begin{vmatrix} a_1 & b_1 \\ a_3 & b_3 \end{vmatrix} |
|||
+ \vec e_3 \begin{vmatrix} a_1 & b_1 \\ a_2 & b_2 \end{vmatrix} \\ |
|||
&= (a_2 \,b_3 - a_3 \, b_2) \, \vec e_1 + (a_3 \, b_1 - a_1 \, b_3) \, \vec e_2 + (a_1 \, b_2 - \, a_2 \, b_1) \, \vec e_3 \,, |
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\end{align} |
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</math> |
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oder mit Hilfe der [[Regel von Sarrus]]: |
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:<math>\begin{align} |
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\vec a \times \vec b &= \det \begin{pmatrix}\vec e_1 & a_1 & b_1 \\ \vec e_2 & a_2 & b_2 \\ \vec e_3 & a_3 & b_3\end{pmatrix}\\ |
|||
&= \vec e_1 \, a_2 \, b_3 + a_1 \, b_2 \, \vec e_3 + b_1 \, \vec e_2 \, a_3 \\ |
|||
&\quad - \vec e_3 \, a_2 \, b_1 - a_3 \, b_2 \, \vec e_1 - b_3 \, \vec e_2 \, a_1 \\ |
|||
&= (a_2 \,b_3 - a_3 \, b_2) \, \vec e_1 + (a_3 \, b_1 - a_1 \, b_3) \, \vec e_2 + (a_1 \, b_2 - \, a_2 \, b_1) \, \vec e_3 \,. |
|||
\end{align} |
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</math> |
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Mit dem [[Levi-Civita-Symbol]] <math>\varepsilon_{ijk}</math> schreibt sich das Kreuzprodukt als |
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: <math> \vec{a}\times\vec{b} = \sum_{i,j,k=1}^3 \varepsilon_{ijk} a_i b_j \vec e_k\,.</math> |
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=== Herleitung der Koordinatendarstellung === |
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<div align="center">[[Bild:crossproduct.png]]</div> |
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Führt man im euklidischen Raum ein rechtshändiges kartesisches Koordinatensystem mit den Basiseinheitsvektoren <math>\vec e_1, \vec e_2, \vec e_3</math> ein, so erhält man direkt aus der [[#Geometrische Definition|geometrischen Definition]] und der [[#Antikommutativität|Antikommutativität]] |
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:<math>\begin{array}{lll} |
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Der Betrag von <math>\vec a\times\vec b</math> entspricht der Fläche des von <math>\vec a</math> und <math>\vec b</math> aufgespannten Parallelogramms. |
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\vec e_1 \times \vec e_1 = \vec 0, & \vec e_1 \times \vec e_2 = \vec e_3, & \vec e_1 \times \vec e_3 = -\vec e_2, \\ |
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\vec e_2 \times \vec e_1 = -\vec e_3, & \vec e_2 \times \vec e_2= \vec 0, & \vec e_2 \times \vec e_3 = \vec e_1, \\ |
|||
\vec e_3 \times \vec e_1 = \vec e_2, & \vec e_3 \times \vec e_2 = -\vec e_1, & \vec e_3 \times \vec e_3= \vec 0. \\ |
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\end{array}</math> |
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Drückt man zwei Vektoren <math>\vec a, \vec b</math> mithilfe der Basiseinheitsvektoren aus, so liest sich deren Kreuzprodukt als |
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== Wichtige Eigenschaften == |
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: |
:<math>\vec a \times \vec b = \left(a_1 \vec e_1 + a_2 \vec e_2 + a_3\vec e_3\right)\times \left(b_1 \vec e_1 + b_2 \vec e_2 + b_3\vec e_3\right).</math> |
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Unter Vorwegnahme der Bilinearität des Kreuzprodukts (siehe [[#Eigenschaften|Eigenschaften]]) lässt sich die rechte Seite ausmultiplizieren: |
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: <math>\vec{a}\times\vec{0} = \vec{0}</math> |
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:<math>\vec a \times \vec b =a_1b_1 \left(\vec e_1 \times \vec e_1\right)+a_1b_2 \left(\vec e_1 \times \vec e_2\right)+a_1b_3 \left(\vec e_1 \times \vec e_3\right)+a_2b_1 \left(\vec e_2 \times \vec e_1\right)+a_2b_2 \left(\vec e_2 \times \vec e_2\right)+a_2b_3 \left(\vec e_2 \times \vec e_3\right)+a_3b_1 \left(\vec e_3 \times \vec e_1\right)+a_3b_2 \left(\vec e_3 \times \vec e_2\right)+a_3b_3 \left(\vec e_3 \times \vec e_3\right).</math> |
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Für das Kreuzprodukt gilt das [[Kommutativgesetz]] '''nicht''', sondern: |
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: <math>\vec{a}\times\vec{b} = - (\vec{b}\times\vec{a})</math> |
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Einsetzen der obigen Kreuzprodukte liefert |
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Bei Vertauschung der Vektoren ändert sich also das Vorzeichen. Man sagt: Das Kreuzprodukt ist ''antikommutativ'' oder auch ''schiefsymmetrisch''. |
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:<math>\vec a \times \vec b =a_1b_2 \vec e_3+a_1b_3 \left(-\vec e_2\right)+a_2b_1 \left(-\vec e_3\right)+a_2b_3 \vec e_1+a_3b_1 \vec e_2+a_3b_2 \left(-\vec e_1\right).</math> |
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Es gelten zwei [[Distributivgesetz]]e: |
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: <math>\vec{a}\times(\vec{b} + \vec{c}) = \vec{a}\times\vec{b} + \vec{a}\times\vec{c}</math> |
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und |
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: <math>(\vec{a} + \vec{b})\times\vec{c} = \vec{a}\times\vec{c} + \vec{b}\times\vec{c}</math> |
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Durch Zusammenfassung gleicher Terme erhält man hieraus |
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:<math>\vec a \times \vec b = (a_2b_3 -a_3b_2)\, \vec e_1 + (a_3b_1-a_1b_3)\,\vec e_2 + (a_1b_2-a_2b_1)\, \vec e_3.</math> |
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Ferner gilt das [[Assoziativgesetz]] der Skalarmultiplikation: |
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== Eigenschaften == |
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<math>\alpha</math> sei aus <math>\mathbb{R}</math>. |
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[[Datei:Cross product vector.svg|mini|hochkant=0.4|Anti­kommuta­tivität in einem Rechtssystem]] |
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: <math>(\alpha\vec{a})\times\vec{b} = \alpha(\vec{a}\times\vec{b}) = \vec{a}\times(\alpha\vec{b})</math> |
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Aus der geometrischen Definition ergibt sich für alle Vektoren <math>\vec a, \vec b</math> und alle reellen Zahlen <math>\alpha, \beta</math> direkt: |
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* <math>\vec a \times \vec a = \vec 0 </math> (alternierend) |
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Für das Quadrat der Norm erhält man: |
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* <math>\vec a \times \vec 0 = \vec 0 \times \vec a = \vec 0</math>. |
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* <math>\vec a \times \vec b = -\, \vec b \times \vec a </math> ([[Antikommutativität]]). |
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oder einfacher: |
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<math> |
* <math>\vec a \times \vec b = \vec 0 \iff \vec a, \vec b </math> sind linear abhängig. |
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* <math>|\vec{a}\times\vec{b}|\le |\vec{a}||\vec{b}|</math> und <math>|\vec a \times \vec b| = |\vec a||\vec b| \iff \vec a \perp \vec b</math> |
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Das Kreuzprodukt hat folgende Eigenschaften, die man von einer Multiplikation erwartet: |
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# Es ist homogen in jedem Argument (''gemischtes Assoziativgesetz''): |
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Für den zwischen den Vektoren <math>\vec{a}</math> und <math>\vec{b}</math> aufgespannten nicht überstumpfen Winkel <math>\phi</math> gilt: |
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#:<math>\vec{a}\times(\beta\,\vec{b}) = \beta\,(\vec{a}\times\vec{b}) = (\beta\,\vec{a})\times\vec{b}</math>. |
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# Es ist additiv in jedem Argument (''gemischte Distributivgesetze''): |
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#:<math>\vec a \times (\vec b + \vec c) = \vec a \times \vec b + \vec a \times \vec c</math>, |
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#:<math>(\vec a + \vec b) \times \vec c = \vec a \times \vec c + \vec b \times \vec c</math>. |
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Die Eigenschaften 2 und 3 fasst man auch zusammen: Das Kreuzprodukt ist [[Bilineare Abbildung|bilinear]].<ref name="AmannII312313">{{Literatur |Autor=Herbert Amann, [[Joachim Escher (Mathematiker)|Joachim Escher]] |Titel=Analysis II |Reihe=Grundstudium Mathematik |Auflage=2. |Verlag=Birkhäuser |Ort=Basel u. a. |Datum=2006 |ISBN=3-7643-7105-6 |Seiten=312–313}}</ref> Da es auch alternierend ist, handelt es sich beim Kreuzprodukt somit um eine alternierende [[Bilinearform]]. |
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=== Jacobi-Identität === |
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: <math>||\vec{a}\times\vec{b}|| = ||\vec{a}||\cdot||\vec{b}||\cdot sin(\phi)</math> |
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Das Kreuzprodukt ist nicht [[Assoziativgesetz|assoziativ]]. Stattdessen gilt die [[Jacobi-Identität]], das heißt die zyklische Summe wiederholter Kreuzprodukte verschwindet: |
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:<math>\vec{a}\times(\vec{b}\times\vec{c}) +\vec{b}\times (\vec{c}\times\vec{a}) +\vec{c}\times (\vec{a}\times\vec{b}) = \vec{0}</math> |
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Aufgrund dieser Eigenschaft und den zuvor genannten bildet der <math>\R^3</math> zusammen mit dem Kreuzprodukt eine [[Lie-Algebra]]. |
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=== Beziehung zur Determinante === |
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Sind die Vektoren <math>\vec{a}</math> und <math>\vec{b}</math> parallel, so ist ihr Kreuzprodukt der [[Nullvektor]]. |
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Für jeden Vektor <math>\vec v</math> gilt |
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:<math> \vec v \cdot (\vec a \times \vec b) = \operatorname{det} (\vec v, \vec a, \vec b) </math>. |
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Dabei bezeichnet der Malpunkt das [[Skalarprodukt]]. Durch diese Bedingung ist das Kreuzprodukt eindeutig bestimmt:<ref name="AmannII312313" /> |
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Für jeden Vektor <math>\vec v</math> gilt: |
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Das Kreuzprodukt erscheint nur im '''R'''<sup>3</sup> sinnvoll, während im '''R'''<sup>2</sup> schlichtweg eine für das Kreuzprodukt wichtige Dimension fehlt. Dass Ähnliches für den '''R'''<sup>1</sup> gilt, leuchtet ein. Dies wird deutlich wenn zwei zweidimensionale Vektoren als Vektoren der Grundebene des dreidimensionalen Raumes auffasst. In diesem Fall zeigt der Vektor des Vektorproduktes senkrecht nach "oben". Mit diesem Trick kann es aber auch für '''R'''<sup>2</sup> genutzt werden, und zwar zur Berechnung des Flächeninhaltes des von den Vektoren aufgespannten Parallelogrames. |
|||
Sind zwei Vektoren <math>\vec a</math> und <math>\vec b</math> gegeben, so gibt es genau einen Vektor <math>\vec c</math>, so dass <math> \vec v \cdot \vec c = \operatorname{det} (\vec v, \vec a, \vec b) </math> für alle Vektoren <math>\vec v</math> gilt. Dieser Vektor <math>\vec c</math> ist <math>\vec a \times \vec b</math>. |
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== |
=== Graßmann-Identität === |
||
Für das wiederholte Kreuzprodukt von drei [[Vektor]]en (auch ''doppeltes Vektorprodukt'' genannt<ref>{{Literatur |Autor=I. N. Bronstein, K. A. Semendjajew |Titel=Taschenbuch der Mathematik |Auflage=5. |Verlag=Verlag Harri Deutsch |Datum=2001 |ISBN=3-8171-2005-2 |Seiten=191}}</ref>) gilt die ''Graßmann-Identität'' (auch ''Graßmannscher Entwicklungssatz'', nach [[Hermann Graßmann]]). Diese lautet: |
|||
:<math>\vec{a}\times(\vec{b}\times\vec{c}) = (\vec{a} \cdot \vec{c}) \,\vec{b} - (\vec{a} \cdot \vec{b})\, \vec{c}</math> |
|||
bzw. |
|||
:<math>(\vec{a}\times\vec{b})\times \vec{c} = (\vec{a} \cdot \vec{c})\, \vec{b}\ - (\vec{b} \cdot \vec{c}) \,\vec{a},</math> |
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wobei die Malpunkte das [[Skalarprodukt]] bezeichnen. |
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Die Grassmann-Identität (oder häufig auch BAC-CAB Regel genannt) ist geeignet, um physikalische Vektorberechnungen zu vereinfachen. Sie lautet: |
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In der Physik wird oft die Schreibweise |
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<!-- :'''a''' × ('''b''' × '''c''') = '''b'''('''a''' · '''c''') &amp;amp;amp;amp;#8722; '''c'''('''a''' · '''b'''), --> |
|||
:<math>\vec{a}\times(\vec{b}\times\vec{c}) = \vec{b} \,(\vec{a} \cdot \vec{c}) - \vec{c}\,(\vec{a} \cdot \vec{b}) \,,</math> |
|||
verwendet. Nach dieser Darstellung wird die Formel auch ''BAC-CAB-Formel'' genannt. |
|||
In Indexschreibweise lautet die Graßmann-Identität |
|||
:<math>\sum_{k=1}^3 \varepsilon_{ijk}\varepsilon_{klm} = \delta_{il}\delta_{jm}-\delta_{im}\delta_{jl}</math>. |
|||
Hierbei ist <math>\varepsilon_{ijk}</math> das [[Levi-Civita-Symbol]] und <math>\delta_{ij}</math> das [[Kronecker-Delta]]. |
|||
=== Lagrange-Identität === |
|||
: <math>\vec{a}\times(\vec{b}\times\vec{c}) = \vec{b}(\vec{a}\cdot\vec{c})-\vec{c}(\vec{a}\cdot\vec{b})</math>, |
|||
Für das [[Skalarprodukt]] von zwei Kreuzprodukten gilt die ''Lagrange-Identität''<ref>{{Literatur |Autor=Gerhard Merziger, Thomas Wirth |Titel=Repetitorium höhere Mathematik |Auflage=6. |Verlag=Binomi-Verlag |Ort=Hannover |Datum=2010 |ISBN=978-3-923923-34-2 |Seiten=134}}</ref> |
|||
:<math>(\vec{a}\times\vec{b}) \cdot (\vec{c}\times\vec{d}) |
|||
= (\vec{a}\cdot\vec{c}) (\vec{b}\cdot\vec{d}) - (\vec{b}\cdot\vec{c}) (\vec{a}\cdot\vec{d}) |
|||
</math>. |
|||
Insbesondere gilt |
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:<math>(\vec a \times \vec b )\cdot (\vec a \times \vec b ) = |\vec a |^2 |\vec b |^2 - (\vec a \cdot \vec b)^2</math>. |
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Ein Merksatz für diese Formel ist “ABC = BAC minus CAB”. |
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: |
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'''Anmerkung:''' Die Grassmann-Identität gilt nur für echte Vektoren und nicht für [[Pseudovektor|vektorwertige Operatoren]] (wie z.B. für den [[Nabla-Operator]]). |
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=== Kreuzprodukt aus zwei Kreuzprodukten === |
|||
== Verallgemeinerung == |
|||
: <math>\begin{align} |
|||
(\vec{a}\times\vec{b}) \times (\vec{c}\times\vec{d}) |
|||
&=\vec{b} \cdot \det(\vec{a},\vec{c},\vec{d}) - \vec{a} \cdot \det(\vec{b},\vec{c},\vec{d}) \\ |
|||
&=\vec{c} \cdot \det(\vec{a},\vec{b},\vec{d}) - \vec{d} \cdot \det(\vec{a},\vec{b},\vec{c}) |
|||
\end{align} |
|||
</math> |
|||
Sonderfälle: |
|||
Es gibt eine Verallgemeinerung des Kreuzprodukts auf ''n''-dimensionale euklidische Räume, die allerdings nicht mehr nur zwei Vektoren verknüpft, sondern ''n''-1 Vektoren. Das Kreuzprodukt dieser Vektoren ist ein Vektor, der auf allen normal (senkrecht im Sinne des Skalarprodukts) steht und dessen Länge und Richtungssinn von den Längen und der Reihenfolge der Argumente abhängt. |
|||
: <math>(\vec{a}\times\vec{b}) \times (\vec{b}\times\vec{c}) |
|||
= \vec{b} \cdot \det(\vec{a},\vec{b},\vec{c}) |
|||
</math> |
|||
: <math>(\vec{a}\times\vec{b}) \times (\vec{a}\times\vec{c}) |
|||
Diese Verallgemeinerung kann man so definieren: |
|||
= \vec{a} \cdot \det(\vec{a},\vec{b},\vec{c}) |
|||
</math> |
|||
== Kreuzproduktmatrix == |
|||
Sei ''V'' ein ''n''-dimensionaler euklidischer ''K''-Vektorraum und ''a''<sub>1</sub>, ..., ''a''<sub>n-1</sub> Vektoren von ''V''. Dann definiert man das '''Kreuzprodukt''' als formale [[Determinante_(Mathematik)|Determinante]] |
|||
Das Kreuzprodukt definiert für einen festen Vektor <math> \vec{w} </math> eine [[lineare Abbildung]], die einen Vektor <math> \vec{v} </math> auf den Vektor <math> \vec{w}\times \vec{v} </math> abbildet. Diese kann mit einem schiefsymmetrischen [[Tensoralgebra|Tensor]] zweiter Stufe [[Dyadisches Produkt#Koordinatenfreie Darstellung|identifiziert werden]]. Bei Verwendung der [[Standardbasis]] <math> \lbrace\vec{e}_1, \vec{e}_2,\vec{e}_3\rbrace </math> entspricht die lineare Abbildung einer [[Matrix (Mathematik)|Matrixoperation]]. Die [[schiefsymmetrische Matrix]] |
|||
: ''a''<sub>1</sub> × ... × ''a''<sub>''n''-1</sub> := det(''E'', ''a''<sub>1</sub>, ..., ''a''<sub>''n''-1</sub>) |
|||
:<math> {W}=\sum_{i=1}^3 (\vec{w}\times \vec{e}_i)\otimes\vec{e}_i |
|||
wobei die ''a<sub>i</sub>'' als Koordinatenvektoren bezüglich einer [[Orthonormalbasis]] aufgefasst werden und ''E'' der [[Spaltenvektor]] ist, dessen Komponenten die [[Basisvektor]]en sind. Da das nicht Elemente von ''K'' (sondern von ''V'') sind, ist das eine ''formale'' Determinante, die z.B. durch Entwicklung nach der ersten Spalte berechnet werden kann und einen Vektor in ''V'' liefert. |
|||
=\left(\begin{array}{ccc} |
|||
0& -w_3& w_2\\ |
|||
w_3& 0& -w_1\\ |
|||
-w_2& w_1& 0 |
|||
\end{array}\right) </math> mit <math> \displaystyle\vec{w} |
|||
=\sum_{i=1}^3 w_i \vec{e}_i |
|||
=\left(\begin{array}{c} |
|||
w_1\\ |
|||
w_2\\ |
|||
w_3 |
|||
\end{array}\right) </math> |
|||
leistet das Gleiche wie das Kreuzprodukt mit <math> \vec{w} </math>, d. h. <math> {W}\vec{v}=\vec{w}\times \vec{v} </math>: |
|||
Eine noch weitergehende Verallgemeinerung des Kreuzproduktes stellt das [[Äußeres Produkt|äußere Produkt]] von [[Linearform]]en (beziehungsweise noch allgemeiner von (alternierenden) [[Multilinearform]]en) dar. Dabei kann dann eine beliebige Zahl von Vektoren verknüpft werden, das Ergebnis ist allerdings im Allgemeinen kein Vektor mehr. |
|||
:<math> \left(\begin{array}{ccc} |
|||
=== Ableitung der Berechnungsformel im '''R'''<sup>3</sup> === |
|||
0& -w_3& w_2\\ |
|||
Für den '''R'''<sup>3</sup> mit dem kanonischen Skalarprodukt und der Orthonormalbasis {''e''<sub>1</sub>=(1,0,0), ''e''<sub>2</sub>=(0,1,0), ''e''<sub>3</sub>=(0,0,1)} folgt aus der allgemeinen Definition auch die Formel für die Komponenten: |
|||
w_3& 0& -w_1\\ |
|||
-w_2& w_1& 0 |
|||
\end{array}\right) |
|||
\left(\begin{array}{c} |
|||
v_1\\ |
|||
v_2\\ |
|||
v_3 |
|||
\end{array}\right) |
|||
=\left(\begin{array}{c} |
|||
-w_3 v_2+w_2 v_3\\ |
|||
w_3 v_1-w_1 v_3\\ |
|||
-w_2 v_1+w_1 v_2 |
|||
\end{array}\right) |
|||
= |
|||
\left(\begin{array}{c} |
|||
w_1\\ |
|||
w_2\\ |
|||
w_3 |
|||
\end{array}\right) |
|||
\times |
|||
\left(\begin{array}{c} |
|||
v_1\\ |
|||
v_2\\ |
|||
v_3 |
|||
\end{array}\right) </math>. |
|||
Die Matrix <math>W</math> heißt ''Kreuzproduktmatrix''. Sie wird auch mit <math>[\vec w]_{\times}</math> bezeichnet. In Indexnotation gilt |
|||
:<math>W_{ij} = - \sum_{k=1}^3 \varepsilon_{ijk} w_k</math> |
|||
mit |
|||
:<math>\sum_{j=1}^3 W_{ij} v_j = (\vec w \times \vec v)_i</math>. |
|||
Bei gegebener schiefsymmetrischer Matrix <math> {W} </math> gilt |
|||
:<math> {W}=\sum_{i=1}^3 \sum_{j=1}^3 W_{ij}\vec{e}_i\otimes\vec{e}_j = -W^{{T}} </math>, |
|||
wobei <math> {W}^{{T}} </math> die [[Transponierte Matrix|Transponierte]] von <math> {W} </math> ist, und man erhält den zugehörigen Vektor aus |
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:<math> \vec{w}=-\frac{1}{2} \sum_{i=1}^3 \sum_{j=1}^3 W_{ij}\vec{e}_i \times \vec{e}_j </math>. |
|||
Hat <math>\vec w</math> die Gestalt <math> \vec{w} = \vec{b}\times\vec{a} </math>, so gilt für die zugehörige Kreuzproduktmatrix: |
|||
:<math> {W} = [\vec w]_{\times}= \vec{a}\otimes\vec{b}-\vec{b}\otimes\vec{a} </math> und <math> W_{ij}= a_i b_j - b_i a_j </math> für alle <math>i, j</math>. |
|||
Hierbei bezeichnet „<math>\otimes</math>“ das [[Dyadisches Produkt|dyadische Produkt]]. |
|||
== Polare und axiale Vektoren == |
|||
Bei der Anwendung des Kreuzprodukts auf vektorielle [[physikalische Größe]]n spielt die Unterscheidung in ''polare'' oder ''Schubvektoren'' (das sind solche, die sich wie Differenzen zweier Ortsvektoren verhalten, zum Beispiel [[Geschwindigkeit]], [[Beschleunigung]], [[Kraft]], [[elektrische Feldstärke]]) einerseits und ''axiale'' oder ''Drehvektoren'', auch ''[[Pseudovektor]]en'' genannt, andererseits (das sind solche, die sich wie Drehachsen verhalten, zum Beispiel [[Winkelgeschwindigkeit]], [[Drehmoment]], [[Drehimpuls]], [[magnetische Flussdichte]]) eine wichtige Rolle. |
|||
Polaren oder Schubvektoren ordnet man dabei die ''Signatur'' (oder ''Parität'') +1 zu, axialen oder Drehvektoren die Signatur −1. Bei der vektoriellen Multiplikation zweier Vektoren schließlich multiplizieren sich diese Signaturen: zwei Vektoren mit gleicher Signatur liefern ein axiales, zwei mit verschiedener Signatur ein polares Vektorprodukt. Operationell ausgedrückt: Ein Vektor überträgt seine Signatur auf das Kreuzprodukt mit einem anderen Vektor, wenn dieser axial ist; ist der andere Vektor dagegen polar, bekommt das Kreuzprodukt die entgegengesetzte Signatur. |
|||
== Vom Kreuzprodukt abgeleitete Operationen == |
|||
=== Spatprodukt === |
|||
{{Hauptartikel|Spatprodukt}} |
|||
Die Kombination von Kreuz- und Skalarprodukt in der Form |
|||
:<math>(\vec{a} \times \vec{b}) \cdot \vec{c}</math> |
|||
wird als Spatprodukt bezeichnet. Das Ergebnis ist eine Zahl, die dem orientierten Volumen des durch die drei Vektoren aufgespannten [[Parallelepiped|Spats]] (Parallelepipeds) entspricht. Das Spatprodukt lässt sich auch als Determinante der benannten drei Vektoren darstellen |
|||
:<math>V = (\vec{a} \times \vec{b}) \cdot \vec{c} = \det \left(\vec a, \vec b, \vec c\right). </math> |
|||
=== Rotation === |
|||
{{Hauptartikel|Rotation eines Vektorfeldes}} |
|||
In der [[Vektoranalysis]] wird das Kreuzprodukt zusammen mit dem [[Nabla-Operator]] <math>\nabla</math> verwendet, um den [[Differentialoperator]] „Rotation“ zu bezeichnen. |
|||
Ist <math>\vec V</math> ein [[Vektorfeld]] im <math>\R^3</math>, so ist |
|||
:<math> |
|||
\operatorname{rot}\vec{V} = |
|||
\nabla \times \vec{V} = |
|||
\begin{pmatrix} |
|||
\frac \partial {\partial x_1} \\[.5em] |
|||
\frac \partial {\partial x_2}\\[.5em] |
|||
\frac \partial {\partial x_3} |
|||
\end{pmatrix} |
|||
\times |
|||
\begin{pmatrix}V_1\\[.5em] V_2\\[.5em] V_3 \end{pmatrix} = |
|||
\begin{pmatrix} |
|||
\frac{\partial}{\partial x_2} V_3 - \frac{\partial}{\partial x_3} V_2 \\[.5em] |
|||
\frac{\partial}{\partial x_3} V_1 - \frac{\partial}{\partial x_1} V_3 \\[.5em] |
|||
\frac{\partial}{\partial x_1} V_2 - \frac{\partial}{\partial x_2} V_1 |
|||
\end{pmatrix} |
|||
= |
|||
\begin{pmatrix} |
|||
\frac{\partial V_3}{\partial x_2} - \frac{\partial V_2}{\partial x_3} \\[.5em] |
|||
\frac{\partial V_1}{\partial x_3} - \frac{\partial V_3}{\partial x_1} \\[.5em] |
|||
\frac{\partial V_2}{\partial x_1} - \frac{\partial V_1}{\partial x_2} |
|||
\end{pmatrix} |
|||
</math> |
|||
wieder ein Vektorfeld, die Rotation von <math>\vec V</math>. |
|||
Formal wird dieses Vektorfeld also als Kreuzprodukt des Nabla-Operators und des Vektorfelds <math>\vec V</math> berechnet. |
|||
Die hierbei auftretenden Ausdrücke <math>\tfrac \partial {\partial x_i} V_j</math> sind jedoch keine Produkte, sondern Anwendungen des Differentialoperators <math>\tfrac \partial {\partial x_i} </math> auf die Funktion <math>V_j</math>. Deshalb sind die oben angeführten Rechenregeln wie z. B. die Graßmann-Identität in diesem Fall nicht gültig. Stattdessen gelten für doppelte Kreuzprodukte mit dem Nabla-Operator [[Nabla-Operator#Rechenregeln|besondere Rechenregeln]]. |
|||
== Kreuzprodukt im n-dimensionalen Raum == |
|||
Das Kreuzprodukt lässt sich für beliebige Dimension <math>n \ge 2</math> auf den <math>n</math>-dimensionalen Raum <math>\mathbb{R}^n</math> verallgemeinern. Dabei ist das Kreuzprodukt im <math>\mathbb{R}^n</math> kein Produkt von zwei Faktoren, sondern von <math>n-1</math> Faktoren. |
|||
Das Kreuzprodukt <math>\vec a_1 \times \vec a_2 \times \cdots \times \vec a_{n-1}</math> der Vektoren <math>\vec a_1, \dots , \vec a_{n-1} \in \R^n</math> ist dadurch charakterisiert, dass für jeden Vektor <math>\vec v \in \R^n</math> gilt |
|||
:<math> \vec v \cdot (\vec a_1 \times \vec a_2 \times \cdots \times \vec a_{n-1}) = \operatorname{det} (\vec v, \vec a_1, \dots, \vec a_{n-1}). </math> |
|||
In Koordinaten lässt sich das Kreuzprodukt im <math>\R^n</math> wie folgt berechnen. |
|||
Es sei <math>\vec e_i </math> der zugehörige <math>i</math>-te [[Standardbasis|kanonische Einheitsvektor]]. Für <math>n-1</math> Vektoren |
|||
: <math> |
: <math> |
||
\vec |
\vec a_1 |
||
= |
= |
||
\begin{pmatrix} |
\begin{pmatrix}a_{11} \\ a_{21} \\ \vdots \\ a_{n1}\end{pmatrix}, \ |
||
\vec a_2 |
|||
\times |
|||
\begin{pmatrix}b_1 \\ b_2 \\ b_3 \end{pmatrix} |
|||
= |
= |
||
\begin{pmatrix}a_{12} \\ a_{22} \\ \vdots \\ a_{n2}\end{pmatrix}, \ |
|||
\dots, \ |
|||
e_1 & a_1 & b_1 \\ |
|||
\vec a_{n-1} |
|||
e_2 & a_2 & b_2 \\ |
|||
e_3 & a_3 & b_3 |
|||
\end{pmatrix} |
|||
= |
= |
||
\begin{pmatrix}a_{1\, (n-1)} \\ a_{2\, (n-1)} \\ \vdots \\ a_{n\, (n-1)}\end{pmatrix} \in \R^n |
|||
</math> |
|||
gilt |
|||
:<math> \vec a_1 \times \vec a_2 \times \cdots \times \vec a_{n-1} = \det |
|||
\begin{pmatrix} |
\begin{pmatrix} |
||
\vec e_1 & a_{11} & \cdots & a_{1(n-1)} \\ |
|||
a_2b_3 - a_3b_2 \\ |
|||
\vec e_2 & a_{21} & \cdots & a_{2(n-1)} \\ |
|||
-(a_1b_3 - a_3b_1) \\ |
|||
\vdots & \vdots & \ddots & \vdots \\ |
|||
a_1b_2 - a_2b_1 |
|||
\vec e_n & a_{n1} & \dots & a_{n(n-1)} |
|||
\end{pmatrix} |
|||
\end{pmatrix}, |
|||
</math> |
</math> |
||
analog zu der [[#Komponentenweise Berechnung|oben erwähnten Berechnung]] mit Hilfe einer Determinante. |
|||
Der Vektor <math> \vec a_1 \times \vec a_2 \times \cdots \times \vec a_{n-1}</math> ist orthogonal zu |
|||
== Weitere Eigenschaften == |
|||
<math>\vec a_1,\vec a_2, \dotsc , \vec a_{n-1}</math>. Die Orientierung ist so, dass die Vektoren |
|||
<math> \vec a_1 \times \vec a_2 \times \cdots \times \vec a_{n-1}, \vec a_1,\vec a_2, \dotsc , \vec a_{n-1}</math> in dieser Reihenfolge ein Rechtssystem bilden. |
|||
Der Betrag von <math> \vec a_1 \times \vec a_2 \times \cdots \times \vec a_{n-1}</math> ist gleich dem <math>(n-1)</math>-dimensionalen Volumen des von <math>\vec a_1,\vec a_2, \dotsc , \vec a_{n-1}</math> aufgespannten [[Parallelotop]]s. |
|||
Für <math>n = 2</math> erhält man dabei kein Produkt, sondern nur eine lineare Abbildung |
|||
Für jeden [[Einheitsvektor]] im '''R'''<sup>3</sup>, sprich <math>\vec{e_1}</math>, <math>\vec{e_2}</math> und <math>\vec{e_3}</math>, gilt, dass er sich als Kreuzprodukt der jeweils zwei verbleibenden Vektoren darstellen lässt. |
|||
: <math>\R^2 \to \R^2; \ |
|||
\begin{pmatrix} a_1 \\a_2 \end{pmatrix} \mapsto \begin{pmatrix} a_2 \\ -a_1 \end{pmatrix}</math>, |
|||
die Rotation um 90° im Uhrzeigersinn. |
|||
Hieran ist auch zu erkennen, dass die Komponentenvektoren des Kreuzprodukts inklusive des Ergebnisvektors in ''dieser'' Reihenfolge – anders als aus dem <math>\R^3</math> gewohnt – im Allgemeinen ''kein'' Rechtssystem bilden; diese entstehen nur in reellen [[Vektorraum|Vektorräumen]] mit ungeradem <math>n</math>, bei geraden <math>n</math> bildet der Ergebnisvektor mit den Komponentenvektoren ein Linkssystem. Dies liegt wiederum daran, dass die [[Basis (Vektorraum)|Basis]] <math>( \vec a_1, \vec a_2, \dotsc, \vec a_{n-1}, \vec a_1 \times \vec a_2 \times \dotsb \times \vec a_{n-1})</math> in Räumen geradzahliger Dimension nicht dasselbe ist wie die Basis <math>(\vec a_1 \times \vec a_2 \times \dotsb \times \vec a_{n-1}, \vec a_1, \vec a_2, \dotsc, \vec a_{n-1})</math>, die per Definition (siehe oben) ein [[Rechtssystem (Mathematik)|Rechtssystem]] ist. Zwar würde eine kleine Veränderung der Definition dazu führen, dass die Vektoren in der erstgenannten Reihenfolge im <math>\R^n</math> stets ein Rechtssystem bilden, nämlich wenn in der symbolischen Determinante die Spalte der Einheitsvektoren ganz nach rechts gesetzt würde, diese Definition hat sich allerdings nicht durchgesetzt. |
|||
Beispiel: |
|||
: <math> |
|||
Eine noch weitergehende Verallgemeinerung führt auf die [[Graßmann-Algebra|Graßmann-Algebren]]. Anwendung finden diese Algebren etwa in Formulierungen der [[Differentialgeometrie]], welche die rigorose Beschreibung der klassischen Mechanik ([[Symplektische Mannigfaltigkeit]]en), der [[Quantengeometrie]] sowie in allererster Linie der [[Allgemeine Relativitätstheorie|Allgemeinen Relativitätstheorie]] erlaubt. In der Literatur wird das Kreuzprodukt im höherdimensionalen und ggf. gekrümmten Raum meist indexweise mit [[Levi-Civita-Symbol]] ausgeschrieben. |
|||
\vec{e_1} \times \vec{e_2} = |
|||
\begin{pmatrix} |
|||
== Kreuzprodukt in komplexwertigen Vektorräumen == |
|||
1 \\ |
|||
Behandelt man Vektoren aus komplexen Vektorräumen, z. B. in <math>\mathbb{C}^3</math>, muss das Kreuzprodukt entsprechend angepasst werden. Die konkrete Realisation hängt dabei von der gewählten Definition des [[Standardskalarprodukt|komplexen Skalarprodukts]] ab. Wählt man das Standardskalarprodukt zweier Vektoren <math> x, y \in \mathbb{C}^3</math>, bei dem der erste Vektor als [[komplexe Konjugation]] eingeht: |
|||
0 \\ |
|||
:<math>\langle \vec{x}, \vec{y} \rangle := \overline{x_1} y_1 + \overline{x_2} y_2 + \dotsb + \overline{x_n} y_n = \sum_{i=1}^n \overline{x_i} y_i = \vec{x}^H\vec{y}</math>, |
|||
0 |
|||
dann wird das Kreuzprodukt wie im <math>\mathbb{R}^3</math> berechnet und das Ergebnis anschließend komplex konjugiert: |
|||
\end{pmatrix} |
|||
:<math> |
|||
\vec{x}\times\vec{y} |
|||
= |
|||
\begin{pmatrix}x_1 \\ x_2 \\ x_3\end{pmatrix} |
|||
\times |
\times |
||
\begin{pmatrix} |
\begin{pmatrix}y_1 \\ y_2 \\ y_3 \end{pmatrix} |
||
0 \\ |
|||
1 \\ |
|||
0 |
|||
\end{pmatrix} |
|||
= |
= |
||
\begin{pmatrix} |
\begin{pmatrix} |
||
\overline{x_2y_3 - x_3y_2} \\ |
|||
\overline{x_3y_1 - x_1y_3} \\ |
|||
\overline{x_1y_2 - x_2y_1} |
|||
1 |
|||
\end{pmatrix} |
\end{pmatrix}\,. |
||
= |
|||
\vec{e_3} |
|||
</math> |
</math> |
||
== Anwendungen == |
== Anwendungen == |
||
Das Kreuzprodukt findet Anwendung in vielen Bereichen der Mathematik und Physik, unter anderem bei folgenden Themen: |
|||
* Berechnung des Flächeninhalts von Parallelogrammen und Dreiecken im Raum |
|||
Etliche [[Physik|physikalische]] Größen können mit Hilfe des Kreuzprodukts berechnet werden. Beispiele dafür sind das [[Drehmoment]] oder die [[Lorentzkraft]]. |
|||
* Berechnung eines [[Normalenvektor#Normale und Normalenvektor einer Ebene|Normalenvektors einer Ebene]] |
|||
* Berechnung des [[Drehmoment]]s, des [[Drehimpuls]]es, der [[Corioliskraft]], der [[Lorentzkraft]] |
|||
* Abstandsformel für [[windschiefe]] Geraden |
|||
== Anmerkungen == |
|||
<references group="A" /> |
|||
== Literatur == |
|||
* Gerd Fischer: ''Lineare Algebra'', Vieweg-Verlag, ISBN 3-528-97217-3. |
|||
* Steffen Goebbels, Stefan Ritter: ''Mathematik verstehen und Anwenden: Differenzial- und Integralrechnung, Lineare Algebra''. 4. Auflage. Springer Spektrum, Berlin / Heidelberg 2023, ISBN 978-3-662-68366-8, S. 512–516. |
|||
== Weblinks == |
== Weblinks == |
||
{{Commonscat|Cross product|Kreuzprodukt}} |
|||
{{Wiktionary|Kreuzprodukt}} |
|||
* {{TIBAV |9743 |Linktext=Vektorprodukt 1 |Herausgeber=Loviscach |Jahr=2010 |DOI=10.5446/9743}} |
|||
* {{TIBAV |9744 |Linktext=Vektorprodukt 2 |Herausgeber=Loviscach |Jahr=2010 |DOI=10.5446/9744}} |
|||
== Einzelnachweise == |
|||
* http://www-lehre.informatik.uni-osnabrueck.de/~cg/1997/skript/11_3_Kreuzprodukt_und.html |
|||
<references /> |
|||
* [http://www.phy.syr.edu/courses/java-suite/crosspro.html Java-Applet] der Universität von Syracus zum Vektor- oder Kreuzprodukt |
|||
* [http://www.haw-hamburg.de/~schramm/lehre/physik/phys_1/maple/html/math_hilf8.html Rechtssystem Kreuzprodukt] (Prinzipskizze) |
|||
* [http://www.glossar.de/glossar/1frame.htm?http%3A//www.glossar.de/glossar/z_rechte-hand.htm Rechte-Hand-Regeln] |
|||
[[Kategorie:Lineare Algebra]] |
[[Kategorie:Lineare Algebra]] |
||
[[da:Krydsprodukt]] |
|||
[[en:Cross product]] |
|||
[[fr:Produit vectoriel]] |
|||
[[he:מכפלה וקטורית]] |
|||
[[hu:Vektoriális szorzat]] |
|||
[[ja:クロス積]] |
|||
[[ko:외적]] |
|||
[[nl:Kruisproduct]] |
|||
[[pl:Iloczyn wektorowy]] |
|||
[[pt:Produto vetorial]] |
|||
[[ru:Векторное произведение]] |
|||
[[sl:Vektorski produkt]] |
|||
[[sv:Kryssprodukt]] |
|||
[[zh:叉积]] |
Aktuelle Version vom 28. Juli 2025, 03:45 Uhr

Das Kreuzprodukt, auch Vektorprodukt, vektorielles Produkt oder äußeres Produkt, ist eine Verknüpfung im dreidimensionalen euklidischen Vektorraum, die zwei Vektoren wieder einen Vektor zuordnet. Um es von anderen Produkten, insbesondere vom Skalarprodukt, zu unterscheiden, wird es im deutsch- und englischsprachigen Raum mit einem Malkreuz als Multiplikationszeichen geschrieben (vgl. Abschnitt Schreibweisen). Die Bezeichnungen Kreuzprodukt und Vektorprodukt gehen auf den Physiker Josiah Willard Gibbs zurück; die Bezeichnung äußeres Produkt wurde von Hermann Graßmann geprägt.[1]
Das Kreuzprodukt der Vektoren und ist ein Vektor, der senkrecht auf der von den beiden Vektoren aufgespannten Ebene steht und mit ihnen ein Rechtssystem bildet. Seine Länge entspricht dem Flächeninhalt des Parallelogramms, das von den Vektoren und aufgespannt wird.
In der Physik tritt das Kreuzprodukt an vielen Stellen auf, zum Beispiel im Elektromagnetismus bei der Berechnung der Lorentzkraft oder des Poynting-Vektors. In der klassischen Mechanik wird es bei Drehgrößen wie dem Drehmoment und dem Drehimpuls oder bei Scheinkräften wie der Corioliskraft benutzt.
Schreibweisen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Je nach Land sind für das Vektorprodukt zum Teil unterschiedliche Schreibweisen gebräuchlich. Im englisch- und deutschsprachigen Raum wird für das Vektorprodukt zweier Vektoren und für gewöhnlich die Schreibweise verwendet, in Frankreich und Italien wird dagegen die Schreibweise bevorzugt. In Russland wird das Vektorprodukt oft als oder notiert.
Die Schreibweise und die Bezeichnung äußeres Produkt werden nicht nur für das Vektorprodukt verwendet, sondern auch für die Verknüpfung, die zwei Vektoren einen sogenannten Bivektor zuordnet, siehe Graßmann-Algebra.
Geometrische Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Das Kreuzprodukt von zwei Vektoren und im dreidimensionalen Anschauungsraum ist ein Vektor mit folgenden drei Eigenschaften:[2][3]
- Der Vektor ist sowohl zu als auch zu orthogonal, und damit orthogonal zu der von und aufgespannten Ebene.
- Er ist so orientiert, dass und in dieser Reihenfolge ein Rechtssystem bilden. Mathematisch heißt das, dass die drei Vektoren und gleich orientiert sind wie die Vektoren , und der Standardbasis. Im physikalischen Raum bedeutet es, dass sie sich wie Daumen, Zeigefinger und abgespreizter Mittelfinger der rechten Hand verhalten (Rechte-Hand-Regel).
- Der Betrag von gibt den Flächeninhalt des von und aufgespannten Parallelogramms an. Für lässt sich diese Eigenschaft mithilfe der Formel
- ,
- ausdrücken, wobei und die Längen der Vektoren und sind und der Sinus des eingeschlossenen Winkels ist.[A 1]
Die drei Eigenschaften des Kreuzprodukts lassen sich in einer Formel zusammenfassen:
wobei der Vektor derjenige zu und senkrechte Einheitsvektor ist, der diese zu einem Rechtssystem ergänzt.
Darstellung in kartesischen Koordinaten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In einem rechtshändigen kartesischen Koordinatensystem bzw. im reellen Koordinatenraum mit der Standardorientierung lassen sich die Koordinaten des Kreuzprodukts direkt aus den Koordinaten der beteiligten Vektoren berechnen. Ist und , so gilt[4]
Diese Formel für die kartesischen Koordinaten des Kreuzprodukts wird auch zur Definition des Kreuzprodukts verwendet.[5][6]
Ein Zahlenbeispiel:
Eine Merkregel für diese Formel beruht auf einer symbolischen Darstellung über die Determinante. Dabei notiert man eine -Matrix, in deren erster Spalte die Symbole , und für die Standardbasis stehen. Die zweite Spalte wird von den Komponenten des Vektors und die dritte von denen des Vektors gebildet. Diese Determinante berechnet man nach den üblichen Regeln, zum Beispiel indem man sie nach der ersten Spalte entwickelt
oder mit Hilfe der Regel von Sarrus:
Mit dem Levi-Civita-Symbol schreibt sich das Kreuzprodukt als
Herleitung der Koordinatendarstellung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Führt man im euklidischen Raum ein rechtshändiges kartesisches Koordinatensystem mit den Basiseinheitsvektoren ein, so erhält man direkt aus der geometrischen Definition und der Antikommutativität
Drückt man zwei Vektoren mithilfe der Basiseinheitsvektoren aus, so liest sich deren Kreuzprodukt als
Unter Vorwegnahme der Bilinearität des Kreuzprodukts (siehe Eigenschaften) lässt sich die rechte Seite ausmultiplizieren:
Einsetzen der obigen Kreuzprodukte liefert
Durch Zusammenfassung gleicher Terme erhält man hieraus
Eigenschaften
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Aus der geometrischen Definition ergibt sich für alle Vektoren und alle reellen Zahlen direkt:
- (alternierend)
- .
- (Antikommutativität).
- sind linear abhängig.
- und
Das Kreuzprodukt hat folgende Eigenschaften, die man von einer Multiplikation erwartet:
- Es ist homogen in jedem Argument (gemischtes Assoziativgesetz):
- .
- Es ist additiv in jedem Argument (gemischte Distributivgesetze):
- ,
- .
Die Eigenschaften 2 und 3 fasst man auch zusammen: Das Kreuzprodukt ist bilinear.[7] Da es auch alternierend ist, handelt es sich beim Kreuzprodukt somit um eine alternierende Bilinearform.
Jacobi-Identität
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Kreuzprodukt ist nicht assoziativ. Stattdessen gilt die Jacobi-Identität, das heißt die zyklische Summe wiederholter Kreuzprodukte verschwindet:
Aufgrund dieser Eigenschaft und den zuvor genannten bildet der zusammen mit dem Kreuzprodukt eine Lie-Algebra.
Beziehung zur Determinante
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für jeden Vektor gilt
- .
Dabei bezeichnet der Malpunkt das Skalarprodukt. Durch diese Bedingung ist das Kreuzprodukt eindeutig bestimmt:[7]
Für jeden Vektor gilt: Sind zwei Vektoren und gegeben, so gibt es genau einen Vektor , so dass für alle Vektoren gilt. Dieser Vektor ist .
Graßmann-Identität
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für das wiederholte Kreuzprodukt von drei Vektoren (auch doppeltes Vektorprodukt genannt[8]) gilt die Graßmann-Identität (auch Graßmannscher Entwicklungssatz, nach Hermann Graßmann). Diese lautet:
bzw.
wobei die Malpunkte das Skalarprodukt bezeichnen. In der Physik wird oft die Schreibweise
verwendet. Nach dieser Darstellung wird die Formel auch BAC-CAB-Formel genannt. In Indexschreibweise lautet die Graßmann-Identität
- .
Hierbei ist das Levi-Civita-Symbol und das Kronecker-Delta.
Lagrange-Identität
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für das Skalarprodukt von zwei Kreuzprodukten gilt die Lagrange-Identität[9]
- .
Insbesondere gilt
- .
Kreuzprodukt aus zwei Kreuzprodukten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sonderfälle:
Kreuzproduktmatrix
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Kreuzprodukt definiert für einen festen Vektor eine lineare Abbildung, die einen Vektor auf den Vektor abbildet. Diese kann mit einem schiefsymmetrischen Tensor zweiter Stufe identifiziert werden. Bei Verwendung der Standardbasis entspricht die lineare Abbildung einer Matrixoperation. Die schiefsymmetrische Matrix
- mit
leistet das Gleiche wie das Kreuzprodukt mit , d. h. :
- .
Die Matrix heißt Kreuzproduktmatrix. Sie wird auch mit bezeichnet. In Indexnotation gilt
mit
- .
Bei gegebener schiefsymmetrischer Matrix gilt
- ,
wobei die Transponierte von ist, und man erhält den zugehörigen Vektor aus
- .
Hat die Gestalt , so gilt für die zugehörige Kreuzproduktmatrix:
- und für alle .
Hierbei bezeichnet „“ das dyadische Produkt.
Polare und axiale Vektoren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei der Anwendung des Kreuzprodukts auf vektorielle physikalische Größen spielt die Unterscheidung in polare oder Schubvektoren (das sind solche, die sich wie Differenzen zweier Ortsvektoren verhalten, zum Beispiel Geschwindigkeit, Beschleunigung, Kraft, elektrische Feldstärke) einerseits und axiale oder Drehvektoren, auch Pseudovektoren genannt, andererseits (das sind solche, die sich wie Drehachsen verhalten, zum Beispiel Winkelgeschwindigkeit, Drehmoment, Drehimpuls, magnetische Flussdichte) eine wichtige Rolle.
Polaren oder Schubvektoren ordnet man dabei die Signatur (oder Parität) +1 zu, axialen oder Drehvektoren die Signatur −1. Bei der vektoriellen Multiplikation zweier Vektoren schließlich multiplizieren sich diese Signaturen: zwei Vektoren mit gleicher Signatur liefern ein axiales, zwei mit verschiedener Signatur ein polares Vektorprodukt. Operationell ausgedrückt: Ein Vektor überträgt seine Signatur auf das Kreuzprodukt mit einem anderen Vektor, wenn dieser axial ist; ist der andere Vektor dagegen polar, bekommt das Kreuzprodukt die entgegengesetzte Signatur.
Vom Kreuzprodukt abgeleitete Operationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Spatprodukt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Kombination von Kreuz- und Skalarprodukt in der Form
wird als Spatprodukt bezeichnet. Das Ergebnis ist eine Zahl, die dem orientierten Volumen des durch die drei Vektoren aufgespannten Spats (Parallelepipeds) entspricht. Das Spatprodukt lässt sich auch als Determinante der benannten drei Vektoren darstellen
Rotation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Vektoranalysis wird das Kreuzprodukt zusammen mit dem Nabla-Operator verwendet, um den Differentialoperator „Rotation“ zu bezeichnen. Ist ein Vektorfeld im , so ist
wieder ein Vektorfeld, die Rotation von .
Formal wird dieses Vektorfeld also als Kreuzprodukt des Nabla-Operators und des Vektorfelds berechnet. Die hierbei auftretenden Ausdrücke sind jedoch keine Produkte, sondern Anwendungen des Differentialoperators auf die Funktion . Deshalb sind die oben angeführten Rechenregeln wie z. B. die Graßmann-Identität in diesem Fall nicht gültig. Stattdessen gelten für doppelte Kreuzprodukte mit dem Nabla-Operator besondere Rechenregeln.
Kreuzprodukt im n-dimensionalen Raum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Kreuzprodukt lässt sich für beliebige Dimension auf den -dimensionalen Raum verallgemeinern. Dabei ist das Kreuzprodukt im kein Produkt von zwei Faktoren, sondern von Faktoren.
Das Kreuzprodukt der Vektoren ist dadurch charakterisiert, dass für jeden Vektor gilt
In Koordinaten lässt sich das Kreuzprodukt im wie folgt berechnen. Es sei der zugehörige -te kanonische Einheitsvektor. Für Vektoren
gilt
analog zu der oben erwähnten Berechnung mit Hilfe einer Determinante.
Der Vektor ist orthogonal zu . Die Orientierung ist so, dass die Vektoren in dieser Reihenfolge ein Rechtssystem bilden. Der Betrag von ist gleich dem -dimensionalen Volumen des von aufgespannten Parallelotops.
Für erhält man dabei kein Produkt, sondern nur eine lineare Abbildung
- ,
die Rotation um 90° im Uhrzeigersinn.
Hieran ist auch zu erkennen, dass die Komponentenvektoren des Kreuzprodukts inklusive des Ergebnisvektors in dieser Reihenfolge – anders als aus dem gewohnt – im Allgemeinen kein Rechtssystem bilden; diese entstehen nur in reellen Vektorräumen mit ungeradem , bei geraden bildet der Ergebnisvektor mit den Komponentenvektoren ein Linkssystem. Dies liegt wiederum daran, dass die Basis in Räumen geradzahliger Dimension nicht dasselbe ist wie die Basis , die per Definition (siehe oben) ein Rechtssystem ist. Zwar würde eine kleine Veränderung der Definition dazu führen, dass die Vektoren in der erstgenannten Reihenfolge im stets ein Rechtssystem bilden, nämlich wenn in der symbolischen Determinante die Spalte der Einheitsvektoren ganz nach rechts gesetzt würde, diese Definition hat sich allerdings nicht durchgesetzt.
Eine noch weitergehende Verallgemeinerung führt auf die Graßmann-Algebren. Anwendung finden diese Algebren etwa in Formulierungen der Differentialgeometrie, welche die rigorose Beschreibung der klassischen Mechanik (Symplektische Mannigfaltigkeiten), der Quantengeometrie sowie in allererster Linie der Allgemeinen Relativitätstheorie erlaubt. In der Literatur wird das Kreuzprodukt im höherdimensionalen und ggf. gekrümmten Raum meist indexweise mit Levi-Civita-Symbol ausgeschrieben.
Kreuzprodukt in komplexwertigen Vektorräumen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Behandelt man Vektoren aus komplexen Vektorräumen, z. B. in , muss das Kreuzprodukt entsprechend angepasst werden. Die konkrete Realisation hängt dabei von der gewählten Definition des komplexen Skalarprodukts ab. Wählt man das Standardskalarprodukt zweier Vektoren , bei dem der erste Vektor als komplexe Konjugation eingeht:
- ,
dann wird das Kreuzprodukt wie im berechnet und das Ergebnis anschließend komplex konjugiert:
Anwendungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Kreuzprodukt findet Anwendung in vielen Bereichen der Mathematik und Physik, unter anderem bei folgenden Themen:
- Berechnung des Flächeninhalts von Parallelogrammen und Dreiecken im Raum
- Berechnung eines Normalenvektors einer Ebene
- Berechnung des Drehmoments, des Drehimpulses, der Corioliskraft, der Lorentzkraft
- Abstandsformel für windschiefe Geraden
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Ist einer der Vektoren der Nullvektor, so ist nicht erklärt.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Gerd Fischer: Lineare Algebra, Vieweg-Verlag, ISBN 3-528-97217-3.
- Steffen Goebbels, Stefan Ritter: Mathematik verstehen und Anwenden: Differenzial- und Integralrechnung, Lineare Algebra. 4. Auflage. Springer Spektrum, Berlin / Heidelberg 2023, ISBN 978-3-662-68366-8, S. 512–516.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Video: Vektorprodukt 1. Jörn Loviscach 2010, zur Verfügung gestellt von der Technischen Informationsbibliothek (TIB), doi:10.5446/9743.
- Video: Vektorprodukt 2. Jörn Loviscach 2010, zur Verfügung gestellt von der Technischen Informationsbibliothek (TIB), doi:10.5446/9744.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Max Päsler: Grundzüge der Vektor- und Tensorrechnung. Walter de Gruyter, 1977, ISBN 3-11-082794-8, S. 33.
- ↑ I. N. Bronstein, K. A. Semendjajew: Taschenbuch der Mathematik. 5. Auflage. Verlag Harri Deutsch, 2001, ISBN 3-8171-2005-2, S. 190.
- ↑ Goebbels, Ritter: Mathematik verstehen und anwenden. 4. Auflage. S. 513.
- ↑ Goebbels, Ritter: Mathematik verstehen und anwenden. 2023, S. 513.
- ↑ Tilo Arens et al.: Mathematik. 5. Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg 2022, ISBN 978-3-662-64388-4, S. 709.
- ↑ Gerd Fischer, Boris Springborn: Lineare Algebra. 20. Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg 2025, ISBN 978-3-662-71260-3, S. 317.
- ↑ a b Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis II (= Grundstudium Mathematik). 2. Auflage. Birkhäuser, Basel u. a. 2006, ISBN 3-7643-7105-6, S. 312–313.
- ↑ I. N. Bronstein, K. A. Semendjajew: Taschenbuch der Mathematik. 5. Auflage. Verlag Harri Deutsch, 2001, ISBN 3-8171-2005-2, S. 191.
- ↑ Gerhard Merziger, Thomas Wirth: Repetitorium höhere Mathematik. 6. Auflage. Binomi-Verlag, Hannover 2010, ISBN 978-3-923923-34-2, S. 134.