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„Bewusstseinszustand“ – Versionsunterschied

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Als '''Bewusstseinszustand''' werden Arten des [[Bewusstsein|bewussten]] Erlebens bezeichnet, die sich durch die Merkmale [[Wahrnehmung]], [[Selbstbewusstsein]], [[Vigilanz|Wachheit]], [[Handeln|Handlungsfähigkeit]] und [[Intentionalität]] auszeichnen.
Ein '''Bewusstseinszustand''' bezeichnet eine bestimmte Art des Erlebens, welches durch die Merkmale [[Wahrnehmung]], [[Selbstbewusstsein]], [[Vigilanz|Wachheit]] und [[Handlung|Handlungsfähigkeit]] bestimmt ist. Die Wahrnehmung unterscheidet sich wiederum nach Art und Intensität. Die Definition eines bestimmten Bewusstseinszustandes orientiert sich dabei hauptsächlich an der Auswertung der subjektiven Erfahrungen des Menschen. Durch die fortschreitende [[Medizintechnik]] werden heute auch [[Empirie|empirische]] Messwerte den einzelnen Zuständen zugeordnet. Ein allgemein anerkanntes erklärendes Modell der Bewusstseinszustände existiert in der [[Wissenschaft]] nicht. In manchen Bereichen können jedoch Veränderungen gemessen, erklärt und gezielt herbeigeführt werden.


Der Begriff „Bewusstseinsform“ wird meist synonym gebraucht. Dagegen impliziert der Begriff „Bewusstseinsebene“ eine Hierarchie oder auch eine Entwicklung der Bewusstseinszustände und wird somit nur innerhalb von bestimmten Theorien und Systemen verwendet.
Der Begriff „Bewusstseinsform“ wird meist synonym gebraucht. Dagegen impliziert der Begriff „Bewusstseinsebene“ eine Hierarchie oder auch eine Entwicklung der Bewusstseinszustände und wird somit nur innerhalb von bestimmten Theorien und Systemen verwendet.

== Allgemein ==
Gewöhnlich werden vom [[Mensch]]en die drei Zustände [[Bewusstsein|Wachbewusstsein]], [[Schlaf]] und [[Traum]]bewusstsein im ständigen Wechsel erfahren. Die Begriffe ''verändertes Bewusstsein'' und ''erweitertes Bewusstsein'' setzen die Definition eines „Normalzustandes“ voraus. Als dieser wird das wachbewusste Erleben des Menschen angesehen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass sich die Merkmale wie Wachheit und Wahrnehmung auch innerhalb dieser ''Hauptzustände'' ständig ändern und von der [[Umwelt]] beeinflusst werden. Ebenso muss man davon ausgehen, dass zu anderen Zeiten und in anderen Kulturen der „Normalzustand“ unterschiedlich wahrgenommen und abgegrenzt wird. Ein interkultureller Vergleich von Bewusstseinszuständen, ihre Definition, Bedeutung und Bewertung muss dies berücksichtigen.

Ebenso existieren die unterschiedlichsten [[Naturwissenschaft|naturwissenschaftlichen]], [[Philosophie|philosophischen]], [[Psychologie|psychologischen]], [[Religion|religiösen]] und [[Esoterik|esoterischen]] Systeme zur Einteilung und Erklärung der Bewusstseinszustände. Besonders psychologische und religiöse Erklärungsansätze weisen daraufhin, dass ein [[Individuum]] lediglich Bewusstseinszustände verstehen kann, wenn sie selbst durchlebt werden, vergleichbar mit einen mathematischen Beweis, der lediglich mit der Voraussetzung eigener Mathematikkenntnisse nachzuvollziehen ist. Ein Bewusstseinszustand wird heutzutage - im Gegensatz zum 19. Jahrhundert - als eine umfassende sich wandelnde Gesamtheit in einem genau bestimmten Zeitrahmen aufgefasst. Demnach wird das so genannte [[Unterbewusstsein|Unbewusste]] oder Unterbewusste von den meisten [[Neurobiologie|Neurobiologen]] nicht als eigenständiger Bewusstseinszustand gesehen. In der [[Psychologie]] hat [[Sigmund Freud]] den Begriff eingeführt, der noch heute in großen Bereichen der [[Psychotherapie]] eine bedeutende Rolle spielt.

=== Fragestellungen ===
Das gewöhnliche Wachbewusstsein konfrontiert die Philosophie und die Naturwissenschaft insbesondere mit dem [[Bewusstsein#Qualia-Problem|Qualia-Problem]] und dem [[Bewusstsein#Intentionalitäts-Problem|Intentionalitäts-Problem]]. Die Existenz verschiedener Bewusstseinszustände wirft dagegen weitere Fragen auf. Zunächst sind dabei die Übergangsphasen und ihre Ursachen von wissenschaftlichem Interesse. Allgemeiner stellt sich die Frage, ob und wie das Gehirn verschiedene „Funktionsmodi" realisiert, ob es eine allgemeine Beschreibung aller möglichen Zustände gibt und ob eine [[Evolution|evolutionäre]], kulturelle oder [[Spiritualität|spirituelle]] Entwicklung der Zustände stattfindet. Einige Neurologen und Psychologen sind sogar der Ansicht, dass die Erforschung „ungewöhnlicher“ Bewusstseinszustände auch zum besseren Verständnis der klassischen philosophischen Probleme des Bewusstseins beitragen kann. (vgl. [[Leib-Seele-Problem]], [[Neurotheologie]]).

== Ursachen für Veränderungen ==
Ausgehend von einem ''Alltagsbewusstsein'' werden verschiedene Techniken und Methoden beschrieben, um Veränderungen herbeizuführen. Diese lassen sich grob nach folgenden Kriterien unterscheiden:
* natürlich – anthropogen – „übernatürlich“, akausal, spontan, intuitiv
* physisch, materiell – psychisch, spirituell
* langfristig – kurzfristig – plötzlich
* religiös – säkular

Auf die beiden wichtigsten Dimensionen projiziert, kann man folgende, unvollständige und grobe Einteilung durchführen.


{| border="1" cellspacing="0" cellpadding="5" style="background-color:#F9F9F9"
!width="10%" |
!width="30%" | natürlich
!width="30%" | [[anthropogen]]
!width="30%" | „übernatürlich“
|- bgcolor="#FFFAFA"
!physisch
|Körpereigene Substanzen, [[Neurotransmitter]], [[Endorphine]], Neuronale Aktivitätspotentiale, [[Gehirn]]schädigungen
|Psychedelische [[Drogen]], [[Psychopharmaka]], [[Hyperventilation]], [[Tanz]], bewusste Atmung, [[Reizdeprivation]], Hatha-[[Yoga]], [[Musik]], [[Askese]], [[Fasten]], [[Biofeedback]]
|[[Nahtoderfahrung]]
|- bgcolor="#FFFAFA"
!psychisch
|emotionale Krisen, [[Psychose]] und andere [[psychische Erkrankungen]]
|[[Meditation]], [[Kontemplation]], [[Gebet]], Raja-Yoga, Rezitation, [[Koan]]
|„[[Wunder]]“, „Erscheinungen“, [[Satori]], „[[Gnade]]“
|}


== Merkmale ==
== Merkmale ==
=== Objektive Merkmale ===
=== Objektive Merkmale ===
==== Gehirnwellen ====
==== Gehirnwellen ====
Eine weit verbreitete Methode, um empirische Daten über Gehirnströme zu erhalten, ist die Aufzeichnung von [[Elektroenzephalografie|EEG]]-Signalen. Es ist damit möglich, anhand der Verteilung typischer Schwingungsfrequenzen bestimmte Grundtypen von Bewusstseinszuständen festzustellen. Hauptsächlich benutzt man hierfür Frequenzen zwischen 0,4 und 40 Hz, und zwar bei Bewusstseinszuständen während [[Aufmerksamkeit]]s- und Ruhephasen.
[[Bild: ElectroEncephalogram.png|thumb|14-Kanaliges EEG mit Alpha-Wellen]]
Eine verbreitete Methode, um empirische Daten über die [[Gehirnstrom|Gehirnströme]] zu erhalten, ist das [[Elektroenzephalografie|EEG]]. Es ist damit möglich, anhand einer Grundfrequenz, die das Gehirn erzeugt, den aktuellen Bewusstseinszustand relativ gut einzuschätzen. Hauptsächlich verbindet man mit diesem Wert, der zwischen 0,4 und 40 Hz liegen kann, einen Grad von Anspannung oder nach außen gerichteter [[Aufmerksamkeit]].


Der Zustand des Alltagsbewusstseins, der so genannte '''Beta-Zustand''', der sich typischerweise zwischen 13 Hz und 30 Hz befindet, entspricht einem Zustand der „permanenten Alarmbereitschaft“ ([[Fritz Perls]]). Der '''Alpha-Bereich''' (8 Hz -12 Hz) entspricht dem Zustand leichter Entspannung. Der '''Theta-Zustand''' (3 Hz - 8 Hz) steht für [[Meditation]] und tiefe Entspannung. Die niedrigste Frequenz findet sich im '''Delta-Zustand''' (0,4 Hz - 3 Hz), der auf verschiedene Bewusstseinszustände wie Tiefschlaf, [[Trance]] oder Tiefenhypnose hinweist. Eine Aussage über den Grad der Wachheit ist dann nur mit Hilfe des Frequenzwertes nicht möglich.
Der Zustand des Alltagsbewusstseins, der so genannte ''Beta-Zustand'', der sich typischerweise zwischen 13 Hz und 21 Hz befindet, entspricht einem Zustand guter Aufmerksamkeit und Intelligenzleistung, während der Bereich mit einem Schwerpunkt von 21 bis 38 Hz als der Bereich einer „permanenten Alarmbereitschaft“ ([[Fritz Perls]]) bezeichnet wird. Der ''Alpha-Bereich'' (8–12 Hz) entspricht dem Zustand leichter Entspannung. Der ''Theta-Zustand'' (3–8 Hz) steht für [[Meditation]] und tiefe Entspannung. Die niedrigste Frequenz findet sich beim ''Delta-Zustand'' (0,4–3 Hz), der auf verschiedene Bewusstseinszustände wie Tiefschlaf, [[Trance]] oder Tiefenhypnose hinweist. Eine Aussage über den Grad der Wachheit ist mit Hilfe eines einzelnen Frequenzwertes nicht möglich; es müssen vielmehr die Frequenzverteilungskurve und die Unterschiede zwischen verschiedenen Elektrodenpunkten in Betracht gezogen werden.


In den letzten Jahren ist der '''Gamma-Bereich''' (zwischen 40 Hz und 80 Hz) durch erweiterte Messverfahren in den Blickpunkt der Forschung gerückt. Da in diesem Bereich die primäre Verarbeitung der Sinneswahrnehmung vermutet wird, erhofft man sich dadurch für die Zukunft auch objektivierbare Aussagen über die Art der Wahrnehmung und die Wahrnehmungsinhalte. Verschiedene Gemütszustände und [[Emotion]]en lassen sich für den Wachzustand heute schon unterscheiden.
In den letzten Jahren ist der ''Gamma-Bereich'' (zwischen 40 Hz und 80 Hz) durch erweiterte Messverfahren in den Blickpunkt der Forschung gerückt. Da in diesem Bereich die primäre Verarbeitung der Sinneswahrnehmung vermutet wird, erhofft man sich dadurch für die Zukunft auch objektivierbare Aussagen über die Art der Wahrnehmung und die Wahrnehmungsinhalte. Verschiedene Gemütszustände und Emotionen lassen sich für den Wachzustand heute schon unterscheiden.


==== Wachheit und Handlungsfähigkeit ====
Zusätzlich zur Grundfrequenz lassen sich auch zahlreiche andere Frequenzen mit wechselnden Amplitudenstärken in jedem EEG nachweisen, die ebenfalls einen Einfluss auf die Art der Informationsverarbeitung im Gehirn haben. Man nimmt heute an, dass durch die Frequenzen verschiedene Gehirnbereiche miteinander synchronisiert werden. Vereinfacht dargestellt ist die Vorstellung dabei, dass beispielsweise die Verbindung von „archaischen Hirnregionen“ mit der Großhirnrinde zum Bewusstsein von bizarren oder [[Archetypus|archetypischen]] Traumbildern führen kann. Die Synchronisation der beiden Gehirnhälften wird dagegen mit einem ganzheitlichen Erleben in Beziehung gebracht.
Die Wachheit wird unter dem Begriff [[Vigilanz]] medizinisch und psychologisch in verschiedene Stadien eingeteilt.<ref>Hans-Jürgen Möller, Gerd Laux, Hans-Peter Kapfhammer (Hrsg.): ''Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie''. Band 2. Springer, Berlin/Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-03637-8 ({{Google Buch |BuchID=3J0oBAAAQBAJ |Seite=626}}), S. 626.</ref> Diese reichen vom bewusstlosen [[Koma]] bis zur „höchsten Erregung“. Die Einteilung erfolgt meist durch [[Phänomenologie|phänomenologische]] Kriterien wie Ansprechbarkeit oder Orientierungssinn, kann aber auch durch physiologische Kriterien unterstützt werden. Man unterscheidet zum Beispiel zwischen [[Sopor]], [[Somnolenz]] und [[Benommenheit]].

==== Wachheit und Handlungsfähigkeit ====
Die Wachheit wird unter dem Begriff [[Vigilanz]] medizinisch und psychologisch in verschiedene Stadien eingeteilt. Diese reichen vom bewusstlosen [[Koma]] bis zur „höchsten Erregung“. Die Einteilung erfolgt meist durch phänomenologische Kriterien wie Ansprechbarkeit oder Orientierungssinn, kann aber auch durch physiologische Kriterien unterstützt werden. Man unterscheidet zum Beispiel zwischen [[Sopor]], [[Somnolenz]] und [[Benommenheit]]. Im Hinblick auf die Unterscheidung von Bewusstseinszuständen ist das Merkmal Wachheit eng verwandt mit dem Realitätssinn oder der Fähigkeit Täuschungen und Projektionen der Wahrnehmung zu erkennen.

Die [[Neurophysiologie]] kennt heute eine Reihe von [[Neurotransmitter]]n und Botenstoffen wie beispielsweise das [[Serotonin]], [[Adrenalin]] und [[GABA]], welche die Aufmerksamkeit und die Wachheit beeinflussen. Durch die gemessenen Konzentrationen kann der Grad der Wachheit dann objektiv zumindest eingegrenzt werden. Zur Kontrolle der [[Narkose|Narkosetiefe]] kann seit einigen Jahren die Messung der Aktivität der [[NMDA-Rezeptor|NMDA-Synapsen]] in der Großhirnrinde herangezogen werden.


=== Subjektive Merkmale ===
=== Subjektive Merkmale ===
Wahrnehmung aus der Sicht des bewussten Erlebens umfasst ''alle'' Eindrücke, die bewusst werden. Darunter fallen die sinnliche Wahrnehmung, Handlungsintentionen, rein mentale Bilder und Gedanken ohne konkrete äußere Reize, Gedächtnisinhalte, Stimmungen, Emotionen, Affekte, Raum- und Zeitempfinden und die so genannte [[außersinnliche Wahrnehmung]]. [[Synästhesie|Synästhetiker]] können die Eindrücke eines Sinnesorgans als Wahrnehmungen eines anderen Sinnesorgans erleben.
Um sinnvoll über die subjektiven Merkmale bewussten Erlebens zu reden, müssen sie ''immer'' in einem speziellen [[Kultur|kulturellen]] Kontext betrachtet werden. Da beispielsweise [[Traum|Traumwahrnehmungen]] von den meisten Menschen erinnert und reflektiert werden, kann man diese problemlos miteinander vergleichen und verstehen. Für jemanden, der noch nie geträumt hat, muss es sich allerdings sehr seltsam anhören. Dies gilt besonders für Bewusstseinszustände, die meist nur durch eine lange Übungszeit erreicht werden.

==== Wahrnehmung ====
Wahrnehmung aus der Sicht des bewussten Erlebens umfasst ''alle'' Eindrücke, die bewusst werden. Darunter fallen die sinnliche Wahrnehmung, rein mentale Bilder und Gedanken ohne konkrete äußere Reize, Gedächtnisinhalte, Stimmungen, Emotionen, Raum- und Zeitempfinden und die so genannte [[ASW|außersinnliche Wahrnehmung]]. [[Synästhetiker]] verknüpfen verschiedene Sinneseindrücke zu einem einzigen Erleben und bieten dadurch einen interessanten Einblick in die Funktionsweise des Wahrnehmens.

Der aktuelle Bewusstseinszustand hat eine vielschichtige Beziehung zur Wahrnehmung. So wird das Wahrgenommene je nach Zustand verschieden organisiert und interpretiert. Wachheit, [[Verstand]], Urteilsvermögen und verschiedene andere [[Kognition|kognitive Fähigkeiten]] messen den Eindrücken eine Bedeutung bei. Ebenso beeinflusst der Bewusstseinszustand die Art und die erlebte Intensität der Wahrnehmung. So ist im Traumzustand die sensorisch-sinnliche Wahrnehmung stark reduziert und der Fokus liegt auf „inneren“ Bildern. Durch Drogen, Medikamente, Aufmerksamkeit, [[Denken|Denk]] - und Lernprozesse kann gezielt die Wahrnehmung verändert werden. Menschen in [[Trance]] berichten von Wahrnehmungen aus „anderen Welten“, in der [[Hypnose]] kann die Wahrnehmung sehr gezielt fokussiert und gesteuert werden.

==== Selbstbewusstsein ====
Die psychologischen, philosophischen und spirituellen Bedeutungen des Begriffes [[Selbstbewusstsein]] sind vielfältig. Dies kommt beispielsweise in den verschiedenen Begriffen wie „das Selbst“, das sensorische Selbst, Ich-Bewusstsein oder Identitätsbewusstsein zum Ausdruck. Im [[Tiefschlaf]] ist kein „Zentrum" des Erlebens aktiv und damit auch kein Geschehen erlebbar. Im Traumbewusstsein existiert dagegen eine „Instanz“, durch die Eindrücke zwar erfahren, aber kaum reflektiert werden. Das gewöhnliche „Alltagsbewusstsein" unterscheidet zwischen einem [[Ich]] und einem "Nicht-Ich" und sieht sich selbst als Zentrum des Ich-Erlebens. Weite Teile der Psychologie gehen heute davon aus, dass diese Ich-Struktur eine komplexe und dynamische Konstruktion ist. Was wir als Ich bezeichnen und erfahren ändert sich demnach auch im wachbewussten Zustand ständig.

[[Descartes]] hat durch sein ''„[[cogito ergo sum]]“'' („Ich denke, also bin ich“) einen großen Schritt für unser heutiges Verständnis von Selbstbewusstsein getan. Demnach identifiziert sich der Mensch selbst als ein denkendes Wesen. Später wurde die Trias Subjekt-Objekt-Natur des Selbstbewusstsein von [[Immanuel Kant|Kant]] hervorgehoben, wobei er davon ausgeht, dass sich der [[Subjekt_(Philosophie)|Subjekt]]-Charakter letztlich nicht erklären lasse. Für [[Hegel]] realisiert sich das gesamte Weltgeschehen in seiner Entwicklung als Selbstbewusstsein. In Hegels [[Dialektik]] wird das Subjekt mit dem Objekt im Werden wieder eins.

Verschiedene [[Spiritualität|spirituelle]] Vorstellungen stellen diese Einheit dagegen an den Anfang. So lehren manche Schulen des [[Hinduismus]] die Erlösung durch Erkenntnis der Gleichheit von [[Atman]] (persönlicher, absoluter Wesenskern) und göttlichem [[Brahman]] (Weltseele). Demnach sind Atman und Brahman letztendlich identisch, d.h. der innerste Wesenskern des Menschen sei [[Gott|göttlich]].

Der [[Buddhismus]] spricht dagegen von der Illusion des Ich-Bewusstseins. Wahres Bewusstsein bzw. wahre Erleuchtung sei die Erkenntnis dieses [[Ich]] als Täuschung. In der christlichen [[Mystik]] gibt [[Meister Eckhart]] eine Reihe von Anleitungen, wie die „[[Meister Eckhart#Gottesgeburt in der Seele|Gottesgeburt in der Seele]]“ erreicht werden kann. Unsicher ist jedoch, ob alle [[Tradition|Traditionen]] und ihre Vertreter von demselben Bewusstseinszustand ausgehen. So betont der [[Zen]]-Buddhismus, dass die Subjekt-Erfahrung nicht äußerlich vermittelt werden, sondern nur selbst erlebt werden könne.

== Bewusstseinszustände im Einzelnen ==
=== Koma ===
Das tiefe [[Koma]] wird als das Gegenteil vom Wachbewusstsein angesehen. Wahrnehmung und Handlungsfähigkeit sind scheinbar zum Erliegen gekommen. Es existiert kein Selbstbewusstsein, welches den Zustand reflektieren könnte. Im so genannten Wachkoma ([[apallisches Syndrom]]) ist der Patient scheinbar wach, reagiert aber nicht auf seine Umwelt. In allen komatösen Zuständen kann eine elektrische Aktivität des Gehirns überwiegend im delta-Bereich bei 0,5&nbsp;Hz bis 4&nbsp;Hz gemessen werden, sobald diese erlischt spricht man vom Hirntod, der von den meisten Fachleuten als der Tod des Menschen angesehen wird. Diese Annahme ist jedoch in der Öffentlichkeit umstritten.


== Einzelne Bewusstseinszustände ==
{{Hauptartikel|Veränderter Bewusstseinszustand}}
=== Wachzustand ===
=== Wachzustand ===
Wachbewusstes Erleben kann so unterschiedlich sein, dass eine einheitliche Definition nicht möglich ist. Die wesentlichen Eigenschaften zur Unterscheidung von anderen Bewusstseinszuständen sind ein meist sprachlich orientiertes, abstraktes Denken, eine hohe Handlungsfähigkeit, eine [[Person|personale]] und soziale [[Identität]], eine deutliche Trennung von Bewusstsein und [[Unterbewusstsein]] und eine mehr nach außen gerichtete [[Aufmerksamkeit]]. Das abstrakte Denken ermöglicht und erweitert viele [[Kognition|kognitive]] Fähigkeiten. Dadurch wird die eigene Identität unentwegt in eine Beziehung zur Umwelt und zu den eigenen Vorstellungen gesetzt. Das Bewusstsein ermöglicht so ein sehr weit reichendes Planen der Lebensumstände, wodurch es auch ein wichtiger Vorteil im Kampf ums [[Evolutionstheorie|Überleben]] war.
Die wesentlichen Eigenschaften zur Unterscheidung von anderen Bewusstseinszuständen sind Gedanken, die in der Regel sprachlich organisiert sind, und Handlungsfähigkeit. Sprachlich gefasstes Denken ermöglicht und erweitert viele [[Kognition|kognitive]] Fähigkeiten. Dieser Bewusstseinszustand ermöglicht somit ein sehr weit reichendes Planen der Lebensumstände, was als Vorteil im [[Evolutionstheorie|Kampf ums Überleben]] angesehen wird.


Zudem werden im wachbewussten Zustand auch [[Psychische_Störung|psychopathologische]] Krankheitsbilder wie [[Halluzination]]en und [[Psychose]]n oder neurologische Krankheiten beobachtet, ohne dafür eigene Bewusstseinszustände zu beschreiben.
Der wachbewusste Zustand wird in der Regel so weit gefasst, dass auch Krankheitsbilder wie [[Halluzination]]en und [[Psychose]]n dazu gerechnet werden. [[Tagtraum|Tagträume]] sind bildhafte, mit Träumen vergleichbare Phantasievorstellungen und Imaginationen, die im wachen Bewusstseinszustand erlebt werden.


=== Schlaf / Tiefschlaf ===
=== Hypnagogie ===
[[Hypnagogie]] bezeichnet einen Bewusstseinszustand, der beim Einschlafen oder (zumeist nächtlichen) Erwachen auftreten kann.<ref>Helmut Neundlinger: ''[http://books.google.at/books?id=YnwhAQAAIAAJ&q=Hypnagogie&dq=Hypnagogie&hl=de&sa=X&redir_esc=y Christian Loidl (1957–2001)].'' StifterHaus, 2007 ({{Google Buch|BuchID=YnwhAQAAIAAJ}})</ref> Eine Person im hypnagogischen Zustand kann visuelle, auditive und taktile Halluzinationen erleben, unter Umständen ohne sich bewegen zu können.<ref>Max Hirshkowitz: ''Besser schlafen für Dummies.'' John Wiley & Sons, 2012, ISBN 978-3-527-64245-8, S.&nbsp;233 ({{Google Buch |BuchID=Ppm-5wBsjtUC |Seite=233}})</ref>
[[Bild:John Vanderlyn 001.jpg|thumb|right|300px|Die schlafende Ariadne auf Naxos]]
Die [[Physiologie]] und der Verlauf des [[Schlaf]]es sind heute sehr gut erforscht. Einzelne Schlafphasen werden mittels EEG unterschieden und sind auch bei fast allen Säugetieren und Vögeln nachweisbar. Der traumlose Schlaf ist für die betroffene Person praktisch ohne bewusste Wahrnehmung und damit ereignis- und zeitlos; eine [[Erinnerung]] daran ist gewöhnlich nicht vorhanden. Die Handlungsfähigkeit ist dabei eingeschränkt, jedoch nicht zwingend vollständig. [[Schlafwandler]] sind in Einzelfällen sogar ansprechbar und können antworten.


=== Schlafzustand ===
Für die Bedeutung des Schlafes gibt es mehrere Erklärungsansätze, wobei der naheliegenste schon von [[Schopenhauer]] erwähnt wird: ''„Der Schlaf ist für den ganzen Menschen, was das Aufziehen für die Uhr.“'' Der Köper, insbesondere die [[Skelettmuskulatur]] regeneriert sich, das Gehirn und seine Funktionen können sich erholen. Ebenso hat der Schlaf beim Menschen einen wichtigen Einfluss auf höhere kognitive Fähigkeiten, das Gedächtnis und auf das seelische Gleichgewicht.
[[Physiologie]] und Veränderungen während des [[Schlaf]]es sind Gegenstand intensiver Forschung. Verschiedene Schlafphasen [[Korrelation|korrelieren]] mit typischen Unterschieden im EEG. Schlafphasen sind bei fast allen Säugetieren und Vögeln nachweisbar. Der traumlose Schlaf bleibt für die betroffene Person ohne spätere, mögliche Erinnerung daran. Die Handlungsfähigkeit ist dabei eingeschränkt, jedoch nicht immer vollständig. [[Somnambulismus|Schlafwandler]] sind in Einzelfällen sogar ansprechbar und können antworten.


Der Schlaf des Menschen erfüllt wichtige Funktionen bei der Bereitstellung von kognitiven Fähigkeiten, Gedächtnis und ausgeglichener Stimmungslage.
Der Schlaf als wichtiges Phänomen im Leben der Menschen hat in der [[Mythologie]] vieler Kulturen eine reichhaltige Geschichte. Die Tatsache des regelmäßigen Verlustes der Kontrolle und der Identität kann tiefe [[Angst|Ängste]] hervorrufen und am Grundverständnis des Menschen rühren.


[[Datei:Michael Lukas Leopold Willmann 001.jpg|300px|mini|Jakobs Traum: Die Engelsleiter]]
=== Traum ===
=== Traumzustand ===
[[Bild:Michael Lukas Leopold Willmann 001.jpg|thumb|left|300px|Jakobs Traum: Die Engelsleiter]]
Im gewöhnlichen [[Traum]]bewusstsein erlebt der Mensch die verschiedensten Szenarien, die aber zunächst kaum oder gar nicht reflektiert werden. Die Erlebnisse werden hauptsächlich bildlich erfahren, aber auch alle anderen Sinneswahrnehmungen und kognitive Fähigkeiten wie [[Sprache]] können erfahren werden. „Traumhandlungen“ können aktiv ausgeführt werden. Die Bandbreite an [[Gefühl]]en und [[Gemüt]]szuständen ist sehr groß. Der wesentliche Unterschied zum Wachbewusstsein liegt, neben diesen rein psychischen Traumerlebnissen, in der unterschiedlichen Ich-Wahrnehmung und Reflexion. Dieser „Rollenwechsel“ unterliegt keiner bewussten Kontrolle. Auch innerhalb der Szenarien erlebt der Träumer nur eine minimale oder gar keine Entscheidungsfreiheit.
Im gewöhnlichen [[Traum]]bewusstsein erlebt der Mensch die verschiedensten Szenarien, die aber während des Traums kaum oder gar nicht reflektiert werden. Die Erlebnisse werden hauptsächlich bildlich erfahren. „Traumhandlungen“ können scheinbar aktiv ausgeführt werden. Die Bandbreite an Gefühlen und [[Gemüt]]szuständen ist sehr groß.


Verschiedene Schulen der Psychologie, wie beispielsweise die [[Tiefenpsychologie]], weisen der Bearbeitung erinnerter Träume eine große Rolle für die psychische Gesundheit zu (vgl. [[Traumdeutung]]).
Die Naturwissenschaaft geht heute davon aus, dass das gesamte Traumgeschehen ein inner-psychischer Prozess ist, dessen Ursache, Notwendigkeit und Sinn aber noch nicht geklärt sind. Da die Skelettmuskulatur während der Phase des [[REM-Schlaf]]es maximal relaxiert ist, wird sie meistens als die typische Zeit des Träumens betrachtet. Tatsächlich ist es aber auch möglich, während aller anderen Schlafphasen zu träumen und sogar die Tagträume im Wachzustand unterscheiden sich davon physiologisch kaum.
<div style="clear:left;"></div>


==== Klartraum ====
Hingegen weisen verschiedene Schulen der Psychologie, wie beispielsweise die [[Tiefenpsychologie]], der Bearbeitung erinnerter Träume eine große Rolle für die psychische Gesundheit zu (vgl. [[Traumdeutung]]).
Eine Person kann im Traum ein [[Selbsterkenntnis|reflexives Bewusstsein]] von der Traumsituation besitzen. [[Aristoteles]] beispielsweise beschreibt eine solche Situation als häufig:
{{Zitat|oft nämlich sagt einem, wenn man schläft, etwas in seinem Bewusstsein: Was dir da erscheint, ist nur ein Traum<ref>Aristoteles: De insomniis (Über die Träume) III, 462a, hier nach der Übersetzung von Eugen Dönt in: Aristoteles: ''Kleine naturwissenschaftliche Schriften''. Reclam, Stuttgart 1997, S.&nbsp;127.</ref>}}
[[Léon d’Hervey de Saint-Denys]] publizierte 1867 anonym das Buch ''Les Rêves et les moyens de les diriger'', das Techniken vorschlägt, in einer solchen Situation bewussten Träumens Kontrolle über den Verlauf des Traums auszuüben. [[Frederik van Eeden]] prägte 1913 in einem psychologischen Fachbeitrag für diese Situation des reflexiv bewussten Träumens und gegebenenfalls der aktiv-bewussten Verlaufssteuerung den Ausdruck „[[Klartraum|luzides Träumen]]“.<ref>F. v. Eeden: ''A Study of Dreams''. In: ''Proceedings of the Society for Psychical Research'', 26, 1913, S. 431–461.</ref> Grundlegende Forschungsarbeiten erfolgten in den 1980er Jahren durch den deutschen Psychologen [[Paul Tholey]]. Inzwischen wird die internationale Klartraumforschung besonders unter psychiatrischen und [[Sportwissenschaft|sportwissenschaftlichen]] Zielsetzungen betrieben.<ref>[http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/klartraeume-kann-man-das-lernen-13363320.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2 ''Klarträume: Fliegen lernen''.] In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]]'', 18. Januar 2015; abgerufen am 16. Oktober 2015</ref>


In einigen [[Yoga]]-Schulen werden entsprechende Techniken kultiviert („[[Traumyoga]]“). Buddhistische Traditionen sehen darin die Möglichkeit, sich des illusionären Charakters der Wahrnehmung insgesamt bewusst zu werden. Demnach soll es möglich sein, im wachbewussten Zustand ebenso zum „wahren“ Selbstbewusstsein zu „erwachen“ wie im Traum zum Klartraum.
=== Klartraum ===
Wenn eine Person im Traum ein kritisches und reflexives Selbstbewusstsein erlangt, spricht man vom [[Klartraum]] oder „luziden Traum“. Je nach Veranlagung und Übung kann die komplette „Traumwelt“ kontrolliert werden. Der einzige Unterschied zum Wachzustand ist dann die rein inner-psychische Wahrnehmung und Handlung. Auch hier werden verschiedene Stadien und Phasen unterschieden. Im einfachsten Fall werden die Traumerlebnisse nur besonders bewusst wahrgenommen. Durch große Erfahrung kann der Klartraum gezielt zur [[Tiefenpsychologie|tiefenpsychologischen]] Arbeit genutzt werden. Die Wachheit und das Selbstbewusstsein unterscheiden sich dann nicht vom Wachzustand, eine [[Kommunikation]] mit der Umwelt ist eingeschränkt möglich.


=== Koma ===
Schon [[Aristoteles]] und [[Descartes]] berichten von Klarträumen. Ihre praktische „Nutzung“ zur Selbsterkenntnis hat in verschiedenen [[Yoga]]-Schulen eine lange Tradition. Buddhistische Traditionen sehen darin die Möglichkeit, sich des illusionären Charakters der Wahrnehmung insgesamt bewusst zu werden. Demnach soll es ebenso möglich sein, im wachbewussten Zustand zum „wahren“ Selbstbewusstsein zu „erwachen“ wie im Traum zum Klartraum.
Das tiefe [[Koma]] wird als das Gegenteil vom Wachbewusstsein angesehen. Wahrnehmung und Handlungsfähigkeit sind offenbar zum Erliegen gekommen. Es existiert kein Selbstbewusstsein, welches den Zustand reflektieren könnte. Im so genannten Wachkoma ([[apallisches Syndrom]]) sind Patienten scheinbar wach, reagieren aber nicht auf die Umwelt. In allen komatösen Zuständen kann eine elektrische Aktivität des Gehirns gemessen werden, während diese unter anderem beim [[Hirntod]] fehlt.


=== Trance ===
Von einzelnen Autoren wird auch das so genannte [[Witnessing]] (dt. „bezeugend“) als ein bewusstes Erleben im Tiefschlaf beschrieben (Gackenbach/Bosveld, 1991)
[[Trance]] bezeichnet einen (wach-)schlafähnlichen oder einen höchst konzentrierten Bewusstseinszustand, bei dem eine Person sich intensiv mit einer Thematik beschäftigt. Untertypen sind [[Ekstase]], [[hypnotische Trance]], [[Halluzination]]en und [[Traumatische Trance]].

=== Hypnotische Trance ===
Die [[Hypnose|Hypnotische Trance]] (oder Hypnose) ist ein besonderer Wachzustand mit eingeschränkter, fokussierter Wahrnehmung. Durch eine [[Suggestion|suggestive]] Einleitung wird die [[Aufmerksamkeit]] auf das [[Unterbewusstsein]] gelenkt, das kritische und selbstbewusste Denken tritt in den Hintergrund. Wahrgenommen werden dann besonders körperliche und emotionale Reize, aber auch einfache kognitive Leistungen sind in diesem Zustand möglich. Das sinnliche Erfassen der äußeren Umwelt ist je nach Tiefe und Intension weitgehend eingeschränkt. Die Wirksamkeit der hypnotischen Trance lässt sich leicht am Merkmal der Wachheit messen, wobei sich eine leichte Hypnose hierbei kaum vom Wachzustand unterscheidet.

Viele Aspekte der Hypnose sind wissenschaftlich gut belegt, da relativ gut kontrollierbare Forschungen möglich sind. Einerseits ist die hypnotische Trance grundsätzlich vom Wachzustand und vom Schlaf zu unterscheiden, andererseits sind die Übergänge auch hier fließend. Ein Wechsel zu einem dieser Zustände kann spontan erfolgen, wenn er vom [[Hypnotiseur]] nicht verhindert wird. Im Gegensatz zur schamanischen Trance liegt die Aufmerksamkeit meist auf unmittelbaren und praktischen Zusammenhängen und Wahrnehmungen und ist deutlich eingeschränkt. Die Ich-Identität wird ähnlich wie im Traumbewusstsein wahrgenommen und ermöglicht somit auch nur eingeschränkte Kontrolle und Reflexion. Nicht alle Menschen können in hypnotische Zustände versetzt werden.

=== Schamanische Trance ===
[[Bild:Kyzyl_Shaman.jpg|thumb|right|200px|Ein Schamane bei der Arbeit]]
Die Tradition des [[Schamanismus]] ist untrennbar mit der Person des Schamanen und des rituell praktizierten Trancezustandes verbunden. Die Ausprägungen sind kulturell sehr unterschiedlich. Vielfach wird behauptet, dass Schamanismus in fast allen Kulturen vor dem Aufstieg der heutigen [[Religion]]en verbreitet war. Unser gegenwärtiges Bild ist vor allem durch die Überlieferungen der sibirischen und innerasiatischen Traditionen geprägt. Im Vergleich zu anderen Bewusstseinszuständen fällt besonders diese kulturelle, soziale und [[Ritual|rituelle]] Ausrichtung auf. Die Wahrnehmungswelt innerhalb der Trance wird wesentlich von der Intension des Schamanen und seiner Erfahrung bestimmt. Sie ist zumeist strukturiert (z.B. Drei-Welten-Konzept, [[Totem|Tiertotem]]). Die Erfahrungen werden in der Ausbildung an andere Schamanen weitergegeben. Interessanterweise gibt es auch unter den Schamanen selbst keine Einigkeit darüber, ob die Trance ein rein inner-psychisches Erlebnis ist oder ob tatsächlich Reisen in andere Welten unternommen werden.

Der Schamane hat gewöhnlich ein zum Wachzustand fast unverändertes Selbstbewusstsein im Trancezustand. Dadurch kann die schamanische Trance von Zuständen abgegrenzt werden, die sich nach langer [[Meditation]]s- oder [[Yoga]]-Praxis einstellen. Eine Erinnerung an die Erlebnisse ist meist vollständig vorhanden. Die Wahrnehmung ist weniger kontrollierbar als im Klartraum. Dagegen ist die Kontrolle über den physischen Körper stärker vorhanden und eine Kommunikation mit der Umwelt weitgehend möglich. Das Spektrum der Erlebnisinhalte ist enorm; es umfasst für den Schamanen Geisterwelten, Himmel und [[Unterwelt]]en, Pflanzen- und Tier-Identifikation sowie emotionale Extremzustände.

Schamanische Aktivitäten können auch in einer so genannten [[Besessenheit]]strance ausgeführt werden. Häufig bezeichnet man so ein [[Individuum]], das Nachrichten von Verstorbenen oder Geistern zu empfangen glaubt, als [[Medium_(Person)|Medium]]. Dieser Zustand wird als unkontrollierbar erfahren und kann gewöhnlich von der Person nicht erinnert werden. Eine Kommunikation mit der Umwelt ist möglich, beschränkt sich aber auf eine reine „Weitergabe“ der erfahrenen Wahrnehmung, ohne dass diese von der betreffenden Person reflektiert werden kann.

Neben diesen ritualisierten Trance-Zuständen in der schamanischen Tradition, hat der Besessenheitsglaube in der christlichen Kultur eine lange Tradition. [[Exorzismus|Exorzismen]] sind in der katholischen Kirche auch heute noch prinzipiell möglich. So wird dieser Zustand der Besessenheit in der Bibel auch als Zungenreden bezeichnet (z.B. 1. Kor 14, 5). Die Dauer und Intensität der [[Besessenheit]]strance kann sehr unterschiedlich sein und wird durch verschiedene Einteilungen klassifiziert (vgl. [[Besessenheitstyp|Besessenheitstypen]]). In der [[Psychiatrie]] wird dieser Zustand als Krankheit - [[Psychose]] oder [[Verfolgungswahn]] - diagnostiziert und behandelt.

Lange Zeit wurde im modernen [[Eurozentrismus|eurozentrischen]] Weltbild die schamanische Trance mit [[Neurose]]n , [[Schizophrenie]] oder [[Epilepsie]] erklärt. Da sich die EEG-Grundfrequenz bei Trancezuständen dieser Art meist im Theta-Bereich (6&nbsp;Hz bis 7&nbsp;Hz mit zugleich hohen Entladungen) bewegt, ist es heute durchaus möglich, diese von verschiedenen psychopathologischen Zuständen und von reiner Phantasie im Wachzustand zu unterscheiden. Daneben können auch physiologische Veränderungen im Blutbild gemessen werden (erhöhte Konzentration von beta-Endorphinen bei gleichzeitiger Abnahme von [[Adrenalin]] und [[Kortisol]]). Die [[Interkulturelle Psychologie]] geht heute davon aus, dass der sozioreligiöse Kontext im Therapieansatz berücksichtigt werden muss und belegt für schamanische Zeremonien in den jeweiligen Kulturen eine erfolgreiche therapeutische Wirkung. Die theoretischen Grundlagen dieser Ansätze sind in der klinischen Psychologie allerdings umstritten.

Die Erlebniswelt in der schamanischen Trance ist mit dem von [[Carl Gustav Jung]] postulierten [[Kollektives Unbewusstes|kollektivem Unbewussten]] womöglich eng verwandt oder gar identisch, da hier [[Archetypus|archetypische]] Inhalte erscheinen.

=== Nahtod-Erfahrung ===
Viele gleichartige Berichte von kurzzeitig [[hirntot]]en Patienten deuten auf ein ähnliches Erleben während dieser Zeit hin ([[Nahtod-Erfahrung]]). Ob dies als ein eigenständiger Bewusstseinszustand angesehen werden kann, ist umstritten. Verschiedene Merkmale des Bewusstseins sind aber deutlich verändert. Das Identitätsgefühl verändert sich und viele Beschreibungen der Wahrnehmung erinnern teilweise an schamanische oder mystische Zustände oder auch an die Beschreibungen des [[Tibetisches Totenbuch|tibetanischen]] und [[Ägyptisches Totenbuch|ägyptischen Totenbuches]]. Die Traditionen und Autoren der Totenbücher gehen allerdings völlig selbstverständlich davon aus, dass das Bewusstsein keine Folge der Funktionalität des [[Gehirn]]s ist. Diese Sichtweise lässt sich deshalb nicht mit dem heutigen (natur-)wissenschaftlichen Modell vom Bewusstsein in Einklang bringen.

Charakteristisch für die Nahtod-Erfahrung ist die [[Außerkörperliche Erfahrung]]. Die Person erlebt sich selbst beim Verlassen und Beobachten des physischen Körpers. Dabei wird eine gesteigerte Klarheit und Wachheit beschrieben, die das Erleben deutlich von Träumen oder Trancezuständen abhebt. Für die oft klinischen Situationen ist es ein interessanter Forschungsansatz, zumal auch in der Wissenschaft anerkannte Erklärungsansätze existieren.

=== Kausales, mystisches Bewusstsein ===
Wie bei allen anderen Bewusstseinszuständen, ist bei dem [[Mystik|mystischen Bewusstsein]] die sprachliche Beschreibung der wahrgenommenen Erfahrung von der zugrunde liegenden persönlichen Erfahrung und dem kulturellen Hintergrund abhängig. Vergleicht man dazu Überlieferungen aus verschieden [[Kultur]]en und [[Religion]]en, so lassen sich viele Übereinstimmungen feststellen.

Die ''gesamte'' Wahrnehmung wird im mystischen Bewusstsein meistens als eine Einheit beschrieben. Das [[Raum|Raum]]- und [[Zeit|Zeit]]gefühl sind deutlich verändert. „Universales“ und unmittelbares Wissen scheint verfügbar. Sobald das Erleben in Sprache [[Kommunikation|kommuniziert]] wird, wirkt es häufig paradox. Die Andersartigkeit dieser [[Realität]] ist - im Gegensatz zur schamanischen Trance - für das betreffende Individuum unzweifelhaft. Der Begriff „[[kausal|kausales]] Bewusstsein“ drückt die Überzeugung aus, dass dieser „Bereich“ die ''Ursache'' aller Erscheinungen, also auch der Materie bzw. der materiell bedingten ist.

Das mystische Bewusstsein unterscheidet sich von allen anderen ungewöhnlichen Zuständen insbesondere dadurch, dass es von vielen Traditionen als vierter ''natürlicher'' Zustand angesehen wird. Als [[Samadhi]], wie es im Hinduismus beschrieben wird, ''ersetzt'' es damit dauerhaft die Erfahrung des gewöhnlichen Wachzustandes und hat auch Einfluss auf das Erleben von Schlaf- und Traumbewusstsein. Durch Techniken wie die Meditation soll ''der ganze Mensch'' nachhaltig verändert werden. Da eine einmalige [[mystische Erfahrung]] meist noch keine grundsätzliche Veränderung bewirkt, wird aus der Sicht verschiedener traditioneller Lehren die ''mystische Erfahrung'' vom ''mystischen Bewusstsein'' deutlich getrennt. Die Aufgabe eines Meisters besteht auch darin, mystische Erfahrungen des Schülers von Trance-Erfahrungen zu unterscheiden.

==== Ekstatischer Zustand ====
Die Intensität der Erfahrung wird als „unaussprechlich“ beschrieben. Der erfahrene Frieden und die positive Stimmung können sich bis zur [[Ekstase]] steigern. Das Selbstbewusstsein wird als klar und erweitert dargestellt und kann sich im Extremfall auf das ganze [[Universum]] beziehen. Die Wahrnehmung der Umwelt ist dabei meistens sehr eingeschränkt. Die Person ist „entrückt“. Somit ist auch kaum eine Handlungsfähigkeit und Kommunikation mit der äußeren Welt möglich. In vielen indigenen Religionen oder beispielsweise auch im [[Sufismus]] werden Bewegung und Tanz als Methode, ekstatisches Erleben zu evozieren, eingesetzt.

Von einigen Autoren wird behauptet, dass dieser Zustand mit äußerst niedrigen Grundfrequenzen kleiner als 0,01 Hz erklärbar ist. Es ist aber nahezu unmöglich mit den heutigen Verfahrens- und Messtechniken dies zweifelsfrei zu belegen.

==== Nicht-ekstatischer Zustand ====
[[Bild:Kodo Sawaki.jpg|right|thumb|200px|Der japanische [[Zen]]-Lehrer [[Kodo Sawaki]] (1880-1965) im vollen Lotus-Sitz]]
Verschiedene [[Buddhismus|buddhistische]] Traditionen und christliche Mystiker streben hingegen einen Zustand an, der sich durch eine erhöhte Aufmerksamkeit auszeichnet, die sich auch auf die Umwelt richtet. Durch die Konzentration auf die unmittelbare Wahrnehmung selbst, verliert die Ich-Identität an Gewicht. Das Selbstgefühl ist dann in einem ständigen Fluss, im Idealfall in einem gleichzeitigen „doppelten Erleben“ der äußeren und der mystischen Realität. So schreibt [[Meister Eckhart]]: ''„Wo meine Seele ist, da ist Gott, und wo Gott ist, da ist auch meine Seele, und das ist so wahr als Gott Gott ist.“''

Die Handlungsfähigkeit wird gegenüber dem gewöhnlichen Wachzustand als erhöht erlebt. Es scheint nichts vorhanden, das möglichen Zielen und Intensionen entgegenwirken kann. Es existiert keine Todesangst der Ich-Identität. Ebenso ist die Wachheit gesteigert, da die gesamte Aufmerksamkeit auf dem unmittelbaren inneren und äußeren Erleben liegt und die Selbstreflexion deutlich verringert ist.

==== Zwischenzustände ====
Ebenso wie für die „Bereiche“ Trance und Schlaf werden auch für das mystische Bewusstsein zahlreiche Abstufungen unterschieden. Diese lassen sich aber kaum in einen interkulturellen Zusammenhang bringen und einheitlich beschreiben und abgrenzen. [[Ken Wilber]] identifiziert die „existentielle Ebene“ in dem Versuch, verschiedene Traditionen und Ansätze zu integrieren. Es ist der Zustand der ''Einheit'' von Körper und Geist bzw. Bewusstsein, die ständig und unmittelbar empfunden wird. [[Taiji]] und [[Hatha_Yoga|Hatha-Yoga]], aber auch moderne ganzheitliche Therapieformen wie [[Rolfing]], die [[Feldenkrais-Methode]] oder die [[Atemtherapie]] orientieren sich an diesem Zustand.

Das Selbstbewusstsein auf der „existentiellen Ebene“ wird als ''klar und zentriert'' bezeichnet. Der Mensch in diesem „Zustand“ ''hat'' keinen Körper, er ''ist'' sein Körper. Das Erleben wird allgemein als intensiver beschrieben. Die Wahrnehmung und Aufmerksamkeit ist mehr nach innen und auf körperliche Empfindungen verschoben. Die „existentielle Ebene“ scheint für alle spirituellen Wege wesentlich. Eine objektive Beschreibung und Klassifizierung ist aber wegen der Vielschichtigkeit der Ausprägungen problematisch.

==== Wissenschaftliche Forschung ====
Der Anspruch der mystischen Traditionen, einen völlig andersartigen ''natürlichen'' Bewusstseinszustand realisieren zu können, ruft in der westlichen Wissenschaft deutliche Skepsis und teilweise Widerstand hervor. In neuerer Zeit versucht die [[Neurotheologie]] Verbindungen zwischen den Beschreibungen mystischer Bewusstseinszustände und physiologisch messbarer und beeinflussbarer Kriterien herzustellen. Ein [[Empirie|empirischer]] Befund der mystischen Erfahrung scheitert bisher an grundlegenden philosophischen bzw. [[Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretischen]] Einwänden. Dennoch lässt sich ein meditativer Zustand meist eindeutig von einem wachbewussten Erleben mit Hilfe der Grundfrequenz unterscheiden. Diese liegt bei leichter meditativer Entspannung im mittleren Alpha-Bereich (ca. 10 Hz) und kann bei tiefer Meditation bis in den oberen Theta-Bereich bei ca. 7 Hz bis 8 Hz reichen. Auffallend bei Personen, die über eine lange Meditationspraxis verfügen, ist der Verlust des Gewöhnungseffektes ([[Alpha-Blockierung]]), d.h., das [[Großhirn]] blendet regelmäßige „Störungen“ nicht mehr aus dem Bewusstsein aus.

Populär, aber auch wissenschaftlich umstritten, sind viele religiös-soziologische Studien, insbesondere in den USA, die einen Zusammenhang zwischen [[Gebet]], [[Religiosität]] und Meditation mit Lebensumständen wie Gesundheit, Wohlstand oder Langlebigkeit herstellen.

=== Absolutes Bewusstsein, Leere, Nirvana ===
Über diesen Bewusstseinszustand kann nichts weiter ausgesagt werden, darin sind sich alle Lehren und Systeme, die ihn beschreiben, einig. Eine „[[Shunyata|Leere]]“ ist dieser Zustand nur solange, wie sich ''keine besonderen Merkmale'' zeigen oder gegenüber anderen Zuständen abheben. Als [[Turiya]] ist er das [[Unendlich]]e, der Ursprung oder der Nicht-Zustand; bei Meister Eckhart ist er die „Gottheit“. Der Begriff [[Nirvana]] aus der buddhistischen Tradition hat auch im Westen eine Bekanntheit erreicht, die ursprüngliche Bedeutung lässt sich aber kaum in den europäischen, kulturellen Kontext integrieren.
Der Begriff [[Erleuchtung]] kann dagegen je nach kulturellem Hintergrund entweder das mystische oder das 'absolute' Bewusstsein bezeichnen.
[[Bild:Relativ-Absolut-Bewusstsein-001.jpg|right|thumb|400px|Symbolische Verdeutlichung des Verhältnisses zwischen dem absoluten Bewusstsein und den relativen, phänomenologischen Zuständen]]
Übereinstimmend in allen mystischen Lehren und religiösen Traditionen ist auch, dass dieser „Zustand“ nicht erreicht werden kann, da er unbegrenzt ist; er kann einem nur „widerfahren“. Gebet, [[Kontemplation]] und [[Meditation]] sollen den Menschen für diesen Zustand „anfällig“ machen, ein kausaler Zusammenhang wird aber abgelehnt. Es existiere dann kein Selbst mehr, dass diesen „Zustand“ als ein Objekt erfahren könnte. ''Erfährt'' der Mensch im mystischen Bewusstsein die mystische oder „erste“ Wirklichkeit, so ''sei'' er nun diese Wirklichkeit.

Die moderne Wissenschaft stößt hier notwendigerweise an ihre Grenze und kann nur bestimmte Auswirkungen beschreiben. Wobei sich für manche Physiker die Erkenntnis des 'absoluten' Bewusstseins und die Ergebnisse ihrer praktischen Arbeit nicht gegenseitig ausschließen. So schreibt [[Erwin Schrödinger]]: "''Die Vielheit ist bloßer Schein. In Wahrheit gibt es nur EIN Bewusstsein.''" (1961). Es muss aber bezweifelt werden, dass sich dieser „Zustand“ mithilfe empirischer Messwerte objektiv von anderen Zuständen unterscheiden lässt.

== Siehe auch ==

[[Bewusstsein]], [[Bewusstseinserweiterung]], [[Phänomenologie]], [[Wissenschaft des Bewusstseins]], [[Awareness]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Dirk Hartmann]]: [http://www.uni-due.de/~bg0057/Dokumente/PhilGrundlagenPsych.pdf ''Philosophische Grundlagen der Psychologie''.] (PDF; 17&nbsp;MB) WBG, Darmstadt 1998, ISBN 3-534-13887-2.
* [[John Carew Eccles|Eccles, John C.]]: ''Die Evolution des Gehirns - die Erschaffung des Selbst .'' Piper, 2002, ISBN 3-49223-709-6
* Stephan Matthiesen, [[Rainer Rosenzweig]] (Hrsg.): ''Von Sinnen. Traum und Trance, Rausch und Rage aus Sicht der Hirnforschung.'' mentis Verlag, 2007, ISBN 978-3-89785-572-4.
* [[Stanislav Grof]]: ''Das Abenteuer der Selbstentdeckung.'' Kösel, 1987, ISBN 3-46634-172-8
* [[Daisetz T. Suzuki]], [[Erich Fromm]]: ''Zen-Buddhismus und Psychoanalyse.'' Frankfurt a.M. 2002, ISBN 3-51836-537-1
* [[Ernst Pöppel]]: ''Grenzen des Bewusstseins.'' Frankfurt 2000, ISBN 3-458-34427-6.
* Dean Cvetkovic, Irena Cosic: ''States of Consciousness: Experimental Insights into Meditation, Waking, Sleep and Dreams.'' Springer, Berlin / Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-18046-0.
* Roger Walsh: ''Der Geist des Schamanismus.'' Patmos, 2005, ISBN 3-49169-126-5
* Robert Ornstein: ''Die Psychologie des Bewusstseins.'' Frankfurt a.M. 1982, ISBN 3-46201-004-2
* Felicitas D. Goodman: ''Die andere Wirklichkeit : Über das Religiöse in den Kulturen der Welt'' München 1994, ISBN 3-923804-61-X
* Ken Wilber: ''Das Spektrum des Bewusstseins'' Hamburg 1991, ISBN 3-49918-593-8
* Ernst Pöppel: ''Grenzen des Bewusstseins.'' Frankfurt 2000, ISBN 3-45834-427-6
* James H. Austin: ''Zen and the Brain'' MIT Press 1998, ISBN 0-26201-164-6
* Peretz Lavie: ''Die wundersame Welt des Schlafes. Entdeckungen, Träume, Phänomene.'' Dtv, München 1999, ISBN 3-423-33048-1


== Weblinks ==
== Einzelnachweise ==
<references />
* [http://www.information-philosophie.de/philosophie/neurowissenschaft2.html Neurowissenschaft]
* [http://www.psi-infos.de/veraenderte_bewusstseinszustae.html Veränderte Bewusstseinszustände]
* [http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/GEDAECHTNIS/GehirnAufbau.shtml Das Gehirn aus psychologischer Perspektive]
* [http://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/GEDAECHTNIS/Schlaf.shtml Schlaf aus psychologischer Sicht]
* [http://www.saar.de/~luci/Klartraum/ Klartraum]
* [http://www.selbsthypnose.at/ Weiterführende Informationen zu Hypnose und Selbsthypnose sowie Anleitungen]
* [http://www.sonic.net/~jkremer/Trance.htm Schamanische und Besessenheitstrance]
* [http://www.musictherapyworld.de/modules/mmmagazine/showarticle.php?articletoshow=94 Verschiedene Trancezustände]
* [http://www.theofehr.de/Advaita-Meditation/Samadhi__Turiya/samadhi__turiya.html Samadhi]
* [http://www.horusmedia.de/1999-energie/energie.php Zen und Physiopsychologie]
* [http://www.psp-tao.de/transpersonaleerfahrungen Transpersonale Erfahrungen]
* [http://www.integralworld.net/de/excerpt-G-de.html Die integrale Theorie]


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Aktuelle Version vom 11. Januar 2025, 11:15 Uhr

Als Bewusstseinszustand werden Arten des bewussten Erlebens bezeichnet, die sich durch die Merkmale Wahrnehmung, Selbstbewusstsein, Wachheit, Handlungsfähigkeit und Intentionalität auszeichnen.

Der Begriff „Bewusstseinsform“ wird meist synonym gebraucht. Dagegen impliziert der Begriff „Bewusstseinsebene“ eine Hierarchie oder auch eine Entwicklung der Bewusstseinszustände und wird somit nur innerhalb von bestimmten Theorien und Systemen verwendet.

Objektive Merkmale

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Eine weit verbreitete Methode, um empirische Daten über Gehirnströme zu erhalten, ist die Aufzeichnung von EEG-Signalen. Es ist damit möglich, anhand der Verteilung typischer Schwingungsfrequenzen bestimmte Grundtypen von Bewusstseinszuständen festzustellen. Hauptsächlich benutzt man hierfür Frequenzen zwischen 0,4 und 40 Hz, und zwar bei Bewusstseinszuständen während Aufmerksamkeits- und Ruhephasen.

Der Zustand des Alltagsbewusstseins, der so genannte Beta-Zustand, der sich typischerweise zwischen 13 Hz und 21 Hz befindet, entspricht einem Zustand guter Aufmerksamkeit und Intelligenzleistung, während der Bereich mit einem Schwerpunkt von 21 bis 38 Hz als der Bereich einer „permanenten Alarmbereitschaft“ (Fritz Perls) bezeichnet wird. Der Alpha-Bereich (8–12 Hz) entspricht dem Zustand leichter Entspannung. Der Theta-Zustand (3–8 Hz) steht für Meditation und tiefe Entspannung. Die niedrigste Frequenz findet sich beim Delta-Zustand (0,4–3 Hz), der auf verschiedene Bewusstseinszustände wie Tiefschlaf, Trance oder Tiefenhypnose hinweist. Eine Aussage über den Grad der Wachheit ist mit Hilfe eines einzelnen Frequenzwertes nicht möglich; es müssen vielmehr die Frequenzverteilungskurve und die Unterschiede zwischen verschiedenen Elektrodenpunkten in Betracht gezogen werden.

In den letzten Jahren ist der Gamma-Bereich (zwischen 40 Hz und 80 Hz) durch erweiterte Messverfahren in den Blickpunkt der Forschung gerückt. Da in diesem Bereich die primäre Verarbeitung der Sinneswahrnehmung vermutet wird, erhofft man sich dadurch für die Zukunft auch objektivierbare Aussagen über die Art der Wahrnehmung und die Wahrnehmungsinhalte. Verschiedene Gemütszustände und Emotionen lassen sich für den Wachzustand heute schon unterscheiden.

Wachheit und Handlungsfähigkeit

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Die Wachheit wird unter dem Begriff Vigilanz medizinisch und psychologisch in verschiedene Stadien eingeteilt.[1] Diese reichen vom bewusstlosen Koma bis zur „höchsten Erregung“. Die Einteilung erfolgt meist durch phänomenologische Kriterien wie Ansprechbarkeit oder Orientierungssinn, kann aber auch durch physiologische Kriterien unterstützt werden. Man unterscheidet zum Beispiel zwischen Sopor, Somnolenz und Benommenheit.

Subjektive Merkmale

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Wahrnehmung aus der Sicht des bewussten Erlebens umfasst alle Eindrücke, die bewusst werden. Darunter fallen die sinnliche Wahrnehmung, Handlungsintentionen, rein mentale Bilder und Gedanken ohne konkrete äußere Reize, Gedächtnisinhalte, Stimmungen, Emotionen, Affekte, Raum- und Zeitempfinden und die so genannte außersinnliche Wahrnehmung. Synästhetiker können die Eindrücke eines Sinnesorgans als Wahrnehmungen eines anderen Sinnesorgans erleben.

Einzelne Bewusstseinszustände

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Die wesentlichen Eigenschaften zur Unterscheidung von anderen Bewusstseinszuständen sind Gedanken, die in der Regel sprachlich organisiert sind, und Handlungsfähigkeit. Sprachlich gefasstes Denken ermöglicht und erweitert viele kognitive Fähigkeiten. Dieser Bewusstseinszustand ermöglicht somit ein sehr weit reichendes Planen der Lebensumstände, was als Vorteil im Kampf ums Überleben angesehen wird.

Der wachbewusste Zustand wird in der Regel so weit gefasst, dass auch Krankheitsbilder wie Halluzinationen und Psychosen dazu gerechnet werden. Tagträume sind bildhafte, mit Träumen vergleichbare Phantasievorstellungen und Imaginationen, die im wachen Bewusstseinszustand erlebt werden.

Hypnagogie bezeichnet einen Bewusstseinszustand, der beim Einschlafen oder (zumeist nächtlichen) Erwachen auftreten kann.[2] Eine Person im hypnagogischen Zustand kann visuelle, auditive und taktile Halluzinationen erleben, unter Umständen ohne sich bewegen zu können.[3]

Physiologie und Veränderungen während des Schlafes sind Gegenstand intensiver Forschung. Verschiedene Schlafphasen korrelieren mit typischen Unterschieden im EEG. Schlafphasen sind bei fast allen Säugetieren und Vögeln nachweisbar. Der traumlose Schlaf bleibt für die betroffene Person ohne spätere, mögliche Erinnerung daran. Die Handlungsfähigkeit ist dabei eingeschränkt, jedoch nicht immer vollständig. Schlafwandler sind in Einzelfällen sogar ansprechbar und können antworten.

Der Schlaf des Menschen erfüllt wichtige Funktionen bei der Bereitstellung von kognitiven Fähigkeiten, Gedächtnis und ausgeglichener Stimmungslage.

Jakobs Traum: Die Engelsleiter

Im gewöhnlichen Traumbewusstsein erlebt der Mensch die verschiedensten Szenarien, die aber während des Traums kaum oder gar nicht reflektiert werden. Die Erlebnisse werden hauptsächlich bildlich erfahren. „Traumhandlungen“ können scheinbar aktiv ausgeführt werden. Die Bandbreite an Gefühlen und Gemütszuständen ist sehr groß.

Verschiedene Schulen der Psychologie, wie beispielsweise die Tiefenpsychologie, weisen der Bearbeitung erinnerter Träume eine große Rolle für die psychische Gesundheit zu (vgl. Traumdeutung).

Eine Person kann im Traum ein reflexives Bewusstsein von der Traumsituation besitzen. Aristoteles beispielsweise beschreibt eine solche Situation als häufig:

„oft nämlich sagt einem, wenn man schläft, etwas in seinem Bewusstsein: Was dir da erscheint, ist nur ein Traum[4]

Léon d’Hervey de Saint-Denys publizierte 1867 anonym das Buch Les Rêves et les moyens de les diriger, das Techniken vorschlägt, in einer solchen Situation bewussten Träumens Kontrolle über den Verlauf des Traums auszuüben. Frederik van Eeden prägte 1913 in einem psychologischen Fachbeitrag für diese Situation des reflexiv bewussten Träumens und gegebenenfalls der aktiv-bewussten Verlaufssteuerung den Ausdruck „luzides Träumen“.[5] Grundlegende Forschungsarbeiten erfolgten in den 1980er Jahren durch den deutschen Psychologen Paul Tholey. Inzwischen wird die internationale Klartraumforschung besonders unter psychiatrischen und sportwissenschaftlichen Zielsetzungen betrieben.[6]

In einigen Yoga-Schulen werden entsprechende Techniken kultiviert („Traumyoga“). Buddhistische Traditionen sehen darin die Möglichkeit, sich des illusionären Charakters der Wahrnehmung insgesamt bewusst zu werden. Demnach soll es möglich sein, im wachbewussten Zustand ebenso zum „wahren“ Selbstbewusstsein zu „erwachen“ wie im Traum zum Klartraum.

Das tiefe Koma wird als das Gegenteil vom Wachbewusstsein angesehen. Wahrnehmung und Handlungsfähigkeit sind offenbar zum Erliegen gekommen. Es existiert kein Selbstbewusstsein, welches den Zustand reflektieren könnte. Im so genannten Wachkoma (apallisches Syndrom) sind Patienten scheinbar wach, reagieren aber nicht auf die Umwelt. In allen komatösen Zuständen kann eine elektrische Aktivität des Gehirns gemessen werden, während diese unter anderem beim Hirntod fehlt.

Trance bezeichnet einen (wach-)schlafähnlichen oder einen höchst konzentrierten Bewusstseinszustand, bei dem eine Person sich intensiv mit einer Thematik beschäftigt. Untertypen sind Ekstase, hypnotische Trance, Halluzinationen und Traumatische Trance.

Einzelnachweise

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  1. Hans-Jürgen Möller, Gerd Laux, Hans-Peter Kapfhammer (Hrsg.): Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie. Band 2. Springer, Berlin/Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-03637-8 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche), S. 626.
  2. Helmut Neundlinger: Christian Loidl (1957–2001). StifterHaus, 2007 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  3. Max Hirshkowitz: Besser schlafen für Dummies. John Wiley & Sons, 2012, ISBN 978-3-527-64245-8, S. 233 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  4. Aristoteles: De insomniis (Über die Träume) III, 462a, hier nach der Übersetzung von Eugen Dönt in: Aristoteles: Kleine naturwissenschaftliche Schriften. Reclam, Stuttgart 1997, S. 127.
  5. F. v. Eeden: A Study of Dreams. In: Proceedings of the Society for Psychical Research, 26, 1913, S. 431–461.
  6. Klarträume: Fliegen lernen. In: FAZ, 18. Januar 2015; abgerufen am 16. Oktober 2015