Zum Inhalt springen

„Gary Becker“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
[ungesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Gypsy~dewiki (Diskussion | Beiträge)
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
(179 dazwischenliegende Versionen von mehr als 100 Benutzern, die nicht angezeigt werden)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:GaryBecker-May24-2008.jpg|mini|Gary Becker, 2008]]
'''Gary Stanley Becker''' (* [[2. Dezember]] [[1930]] in [[Pottsville (Pennsylvania)|Pottsville]], [[Pennsylvania]]) ist ein US-amerikanischer [[Ökonom]] und [[Nobelpreis]]träger für Wirtschaftswissenschaften ("Für seine Ausdehnung der mikroökonomischen Theorie auf einen weiten Bereich menschlichen Verhaltens und menschlicher Zusammenarbeit", 13.10.1992). Becker ist Mitglied der [[Denkfabrik]] [[Mont Pèlerin Society]].
'''Gary Stanley Becker''' (* [[2. Dezember]] [[1930]] in [[Pottsville (Pennsylvania)|Pottsville]], [[Pennsylvania]]; † [[3. Mai]] [[2014]] in [[Chicago]], [[Illinois]]<ref>{{Webarchiv|url=http://abcnews.go.com/US/wireStory/gary-becker-economics-nobel-laureate-dies-83-23583726 |wayback=20140505000956 |text=Gary Becker, Economics Nobel Laureate, Dies at 83 }}</ref>) war ein US-amerikanischer [[Ökonom]] und Soziologe. Er erhielt 1992 den [[Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften]] „für seine Ausdehnung der mikroökonomischen Theorie auf einen weiten Bereich menschlichen Verhaltens und menschlicher Zusammenarbeit“.


== Leben ==
Mit vier oder fünf Jahren zog Becker von Pottsville nach [[Brooklyn]]. Dort hatte er in der Schule mehr Interesse an Sport als an sonstigem Unterricht. Im Alter von 16 Jahren änderte sich dies und er entdeckte sein Interesse für die Mathematik. Da er seinem Vater stets die neuesten Wirtschaftsnachrichten vorlesen musste, erlangte er auch Wissen über diesen Bereich, auch wenn er davon eher gelangweilt war.
Als Gary vier oder fünf Jahre alt war, zog die [[Juden in den Vereinigten Staaten|jüdische]] Familie Becker von Pottsville nach [[Brooklyn]], New York. Mit 16 Jahren entdeckte Gary sein Interesse für die Mathematik. Da er seinem Vater stets die neuesten Wirtschaftsnachrichten vorlesen musste, kam er zu Wissen, von dem er gelangweilt war.


An der [[Princeton University]] belegte er eher zufällig einen Kurs in Ökonomie und war begeistert davon, vor allem von den mathematischen Zusammenhängen. Bald aber empfand er, dass die mathematischen Gleichungen die Probleme der Gesellschaft nicht wirklich darstellen oder gar zu lösen vermochten.
An der [[Princeton University]] belegte er eher zufällig einen Kurs in Ökonomie und war begeistert, vor allem von den mathematischen Zusammenhängen. Bald aber empfand er, dass die mathematischen Gleichungen die Probleme der Gesellschaft nicht wirklich darstellen oder gar zu lösen vermochten.


Becker schloss Princeton 1951 mit einem B.A. ab und wechselte danach an die [[University of Chicago]]. Dort traf er 1951 in einem [[Mikroökonomie]]kurs zum ersten Mal [[Milton Friedman]]. Dieser erweckte sein Interesse für die [[Volkswirtschaftslehre]] erneut, und nach seiner eigenen Aussage prägte Friedman seine weitere Laufbahn. 1955 bekam er den Doktortitel von der University of Chicago verliehen. Von 1957 bis 1968 unterrichtete er an der [[Columbia University]] und kehrte danach an die University of Chicago zurück, wo er noch heute Preistheorie unterrichtet. Im Jahr 1967 bekam er die [[John Bates Clark Medal]] verliehen. Er war einer der ersten Ökonomen, die die [[Volkswirtschaftslehre]] auf Gebiete ausdehnte, die traditionell eher zur Soziologie gehörten, wie z.B. Rassendiskriminierung, Kriminalität, Organisation der Familie und Drogenabhängigkeit. Er ist für seine Argumentation, das viele verschiedene Formen des menschlichen Verhaltens auch als rational und das Ergebnis von Nutzenmaximierung verstanden werden können. Er ist ebenso einer der bekanntesten Autoren von Studien über Humankapital. In seiner Art, ökonomische Theorie auf ungewöhnliche Themengebiete anzuwenden, scheint der Ökonom [[Steven Levitt]] dem von Becker gewiesenen Weg zu folgen.
Becker schloss in Princeton 1951 mit einem [[Bachelor of Arts|B.A.]] ab und wechselte an die [[University of Chicago]]. Dort traf er 1951 in einem [[Mikroökonomie]]kurs zum ersten Mal [[Milton Friedman]]. Dieser erneuerte sein Interesse für die [[Volkswirtschaftslehre]] und prägte nach seiner eigenen Aussage seine weitere Laufbahn. Im Jahre 1955 erwarb er den Doktorgrad an der University of Chicago und unterrichtete von 1957 bis 1968 an der [[Columbia University]]. Danach kehrte er an die University of Chicago zurück, an der er [[Preistheorie]] unterrichtete. An der University of Chicago war Becker University Professor (eine selten verliehene Auszeichnung) für Ökonomie und Soziologie.


Im Jahr 1987 stand Becker der [[American Economic Association]] als gewählter Präsident vor.<ref name="AEA">{{Internetquelle|url=https://www.aeaweb.org/honors_awards/officerspast.php|sprache=en|zugriff=2015-10-27|titel=Past and Present Officers|hrsg=aeaweb.org (American Economic Association)}}</ref>
Becker wies in seinen Arbeiten auf den ökonomischen Nutzen von [[Kind]]ern für ihre [[Eltern]] hin. Von Becker stammt auch das [[Rotten-Kid-Theorem]].


Becker hat zwei Schwestern und einen Bruder. Im Jahre 1954 heiratete er seine erste Frau Doria Slote, die 1970 starb. Das Paar hat zwei Töchter. 1980 heiratete er seine zweite Frau Guity Nashat.
Gemäß Nobelpreiskomitee kann Beckers Werk in vier Gebiete klassifiziert werden:


Im Mai 2014 starb Becker im Alter von 83 Jahren in Chicago.
* Humankapitalinvestment

* Verhalten der Familie (Haushalt), insbesondere Aufteilung der Arbeit und Zeitallokation innerhalb der Familie
== Werk ==
Becker war einer der ersten Ökonomen, der die [[Wirtschaftswissenschaft]] auf Gebiete ausdehnte, die traditionell eher zur [[Soziologie]] gehörten, wie z.&nbsp;B. [[Rassendiskriminierung]], [[Kriminalität]], Organisation der Familie und Drogenabhängigkeit. Er ist für seine Argumentation bekannt, dass viele Formen des menschlichen Verhaltens als rational und Ergebnis von Nutzenmaximierung verstanden werden können. Gleichzeitig unterstreicht Becker in seiner Forschung die Bedeutung von zwischenmenschlichen [[altruistisch]]en Verbindungen.

In den 1960er und 1970er Jahren hat er, zusammen mit Autoren wie [[Theodore William Schultz]] und [[Jacob Mincer]], das Konzept des [[Humankapital]]s<ref>Manfred Becker: ''Personalentwicklung'', 5. Auflage, Schäfer-Pöschel Verlag 2009, S. 38</ref> in die Wissenschaft wiedereingeführt. Humankapital ist ein „individuell angelegter Kapitalstock an Fertigkeiten, an Wissen und Gesundheit“, dessen Pflege jedem Einzelnen aufgetragen ist. Öffentliche Bildungsangebote sollen mit privaten Anstrengungen kombiniert werden, um dem Arbeitsmarkt die optimalen Kernkompetenzen zur Verfügung zu stellen, die [[Beschäftigungsfähigkeit|employability]] zu fördern. Besonders die [[OECD]] machte sich diese Theorie zu eigen. Das bedeutete eine breite Ausweitung der allgemeinen Schul- und Hochschulbildung ([[Wirtschaftssektor|Tertiärer Sektor]]) zur Vermittlung von [[Schlüsselkompetenz]]en, Abschaffung strikter und enger Berufsbilder, [[lebenslanges Lernen]]. Interessante Berufe wurden der [[Informatiker]], der Finanzexperte, der [[Controlling|Controller]]. Demgegenüber würden die einfachen und mittleren Tätigkeiten an Bedeutung verlieren. Besonders Frankreich und Großbritannien, verzögert die Bundesrepublik folgten dem Modell in den 1970er Jahren.<ref>{{Literatur |Autor=Lutz Raphael |Titel=Jenseits von Kohle und Stahl |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort=Berlin |Datum=2018 |ISBN=9783742504746 |Seiten=255-260}}</ref>

In seinem Buch ''The Economics of Discrimination'' stellte Becker ein Modell mit einer Erklärung vor, wie eine individuell bei Arbeitgebern, Kollegen oder Kunden vorhandene Diskriminierungsneigung (von ihm ''taste for discrimination'' genannt) zu einer Ungleichbehandlung am Arbeitsmarkt und zur Entstehung bzw. Aufrechterhaltung eines ''[[Gender-Pay-Gap|gender wage gap]]'' führen kann.

Becker wies in seinen Arbeiten auf den ökonomischen Nutzen von Kindern für ihre Eltern hin. Von Becker stammt auch das [[Rotten-Kid-Theorem]]. Seine Theorien spielen auch zur Erklärung von [[Geburtenrate]]n in der [[Demographie]] eine Rolle.

Das Nobelpreiskomitee hat Beckers Werk in vier Gebiete klassifiziert:

* [[Humankapital]]investment
* Verhalten der Menschen bei gemeinschaftlicher [[Privathaushalt|Haushaltsführung]], insbesondere [[Arbeitsteilung|Aufteilung]] der [[Arbeit (Philosophie)|Arbeit]] und [[Ressourcenallokation|Zeitallokation]] innerhalb der Familie
* Kriminalität und Bestrafung
* Kriminalität und Bestrafung
* Diskriminierung in Arbeits- und Gütermärkten.
* [[Diskriminierung]] in Arbeits- und Gütermärkten.


Beckers methodischer Ansatz wurde in verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen rezipiert; aus diesem Grund bezeichnete der Ökonom [[Justin Wolfers]] ihn in einem Nachruf für die ''[[New York Times]]'' als „den wichtigsten Sozialwissenschafter der letzten fünfzig Jahre“ und „kreativsten Ökonomen in der Geschichte dieser Wissenschaft“.<ref>[https://www.nytimes.com/2014/05/06/upshot/how-gary-becker-transformed-the-social-sciences.html?_r=0 ''Justin Wolfers: How Gary Becker Transformed the Social Sciences''] [[The New York Times]], 5. Mai 2014</ref>
Becker hat zwei Schwestern, Wendy und Naralie, und einen Bruder, Marvin. 1964 heiratete Becker seine erste Frau, die jedoch bereits 1970 verstarb. Das Paar hatte zwei Töchter (Judy und Catherine). 1980 heiratete er seine zweite Frau Guity Nashat.


== Sonstiges ==
Von 1985 bis 2004 schrieb der eher konservative Becker eine monatliche Kolumne in der ''[[Business Week]]'' im Wechsel mit dem eher liberalen Princeton Ökonomen Alan Blinder. Im Dezember 2004 begann er einen gemeinsamen Weblog mit dem Richter Richard Posner.
Becker bekam 1967 die [[John Bates Clark Medal]] verliehen und war Mitglied der [[Mont Pelerin Society]]. 1972 wurde er in die [[American Academy of Arts and Sciences]] gewählt, 1975 in die [[National Academy of Sciences]] und 1986 in die [[American Philosophical Society]]. In den 1980er Jahren wurde Becker als Professor in das Department of Sociology kooptiert. Die Initiative dazu ging von [[James Samuel Coleman|James S. Coleman]] aus, mit dem Becker bis zu Colemans Tod ein gemeinsames Seminar über Rational-Choice Theorie abhielt<ref>Richard Swedberg, ''Economics and Sociology,'' Princeton 1990, Princeton University Press, S. 34–35, S. 47.</ref>. Von 1985 bis 2004 schrieb der sich als im klassischen Sinne liberal bezeichnende<ref> {{Webarchiv|text=Archivlink |url=http://www.acton.org/publications/randl/rl_interview_76.php |wayback=20080521035852 }}</ref> Becker, im Wechsel mit dem eher linksliberalen Ökonomen [[Alan Blinder]] von der Princeton University, eine monatliche Kolumne in der ''[[Business Week]]''. Im Dezember 2004 begann er einen gemeinsamen Weblog mit dem Richter [[Richard Posner]].


2007 verlieh ihm [[George W. Bush]] die [[Presidential Medal of Freedom]], neben der [[Congressional Gold Medal]] die höchste zivile Auszeichnung der Vereinigten Staaten.


==Werke==
== Werke ==
* ''Human Capital: A Theoretical and Empirical Analysis, with Special Reference to Education'' (1964)
*"Ökonomische Erklärung menschlichen Verhaltens" (1993) ISBN 3161460464
* ''Crime and Punishment: An Economic Approach (1968), Journal of Political Economy, 76 (2), S. 169–217.''
*''The Economics of Discrimination'' (1971)
*''The Economic Approach to Human Behavior'' (1976)
* ''The Economics of Discrimination''. (1957, 2. Aufl. 1971)
* ''The Economic Approach to Human Behavior'', Chicago University Press, Chicago 1976, ISBN 0-226-04111-5.
*''Human Capital: A Theoretical and Empirical Analysis, with Special Reference to Education'' (1993)
** deutsch: ''Der ökonomische Ansatz zur Erklärung menschlichen Verhaltens'', 2. Auflage. Mohr, Tübingen, ISBN 3-16-146046-4.
*''The Economics of Life'' (deutsch ''Die Ökonomie des Alltags'') (1996)
* ''A Treatise on the Family'' (1981)
*''Social Economics: Market Behavior in a Social Environment'' (2001)
* ''The Economics of Life'' (1996)
** (deutsch) ''Die Ökonomik des Alltags'', Stuttgart 1998, ISBN 978-3-8252-2049-5
* ''Familie, Gesellschaft und Politik – die ökonomische Perspektive'' (1996), ISBN 3-16-146361-7
* ''Social Economics: Market Behavior in a Social Environment'' (2001)

== Literatur ==
* [[James Samuel Coleman|James S. Coleman]], ''The Impact of Gary Becker's Work on Sociology'', In: ''Acta Sociologica'', Band 36, 1993, S. 169–178.
* [[Edward L. Glaeser]] und [[Andrei Shleifer]]: ''Gary Becker (1930–2014)''. In: ''[[Science]].'' Band 344, Nr. 6189, 2014, S. 1233, [[doi:10.1126/science.1256540]]
* [[Ingo Pies]] und Martin Leschke (Hrsg.): ''Gary Beckers ökonomischer Imperialismus'', Tübingen, 1998, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck).
* Richard Swedberg, ''Economics and Sociology - Redefining Their Boundaries: Interviews with Economists and Sociologists'', Princeton, N.J., 1990, Princeton University Press (Interview mit Gary Becker S. 27–46).
* Thomas Weiss: ''Ökonomische Bestimmungsgründe der Fertilität in westlichen Industrieländern.'' Materialien zur Bevölkerungswissenschaft, Hg.: [[Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung]], Wiesbaden, 1986. (''Darstellung und Kritik des Beckerschen Ansatzes'')


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{PND|118654489}}
{{Commonscat}}
* {{DNB-Portal|118654489}}
* {{nobel-ww|1992|Gary Becker}}
* {{nobel-ww|1992|Gary Becker}}
* [https://www.becker-posner-blog.com/ The Becker-Posner Blog] Weblog von Gary S. Becker und seinem Freund Richard Posner (englisch)
*[http://home.uchicago.edu/~gbecker/ Beckers Webpräsenz an der University of Chicago]
* [https://www.youtube.com/watch?v=QajILZ3S2RE Komplette Vorlesung von Becker zur Humankapitaltheorie] an der University of Chicago, Frühjahr 2010


== Belege ==
[[Kategorie:Mann|Becker, Gary]]
<references />
[[Kategorie:US-Amerikaner|Becker, Gary]]
[[Kategorie:Ökonom (20. Jh.)|Becker, Gary]]
[[Kategorie:Ökonom (21. Jh.)|Becker, Gary]]
[[Kategorie:Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften|Becker, Gary]]


{{Navigationsleiste Träger des Alfred-Nobel-Gedächtnispreises für Wirtschaftswissenschaften}}
{{Personendaten|
{{Normdaten|TYP=p|GND=118654489|LCCN=n/50/6963|NDL=00432680|VIAF=7436093}}
NAME=Becker, Gary

|ALTERNATIVNAMEN=
{{SORTIERUNG:Becker, Gary}}
|KURZBESCHREIBUNG=US-amerikanischer [[Ökonom]] und [[Nobelpreis]]träger
[[Kategorie:Träger des Alfred-Nobel-Gedächtnispreises für Wirtschaftswissenschaften]]
|GEBURTSDATUM=[[2. Dezember]] [[1930]]
[[Kategorie:Ökonom (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Ökonom (21. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Bildungsforscher]]
[[Kategorie:Absolvent der Princeton University]]
[[Kategorie:Absolvent der University of Chicago]]
[[Kategorie:Hochschullehrer (Columbia University)]]
[[Kategorie:Hochschullehrer (University of Chicago)]]
[[Kategorie:Vertreter der Chicagoer Schule]]
[[Kategorie:Kolumnist]]
[[Kategorie:Mitglied der Econometric Society]]
[[Kategorie:Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften]]
[[Kategorie:Mitglied der American Academy of Arts and Sciences]]
[[Kategorie:Mitglied der Mont Pèlerin Society]]
[[Kategorie:Mitglied der American Philosophical Society]]
[[Kategorie:Mitglied der National Academy of Sciences]]
[[Kategorie:Ehrendoktor der Szkoła Główna Handlowa w Warszawie]]
[[Kategorie:Träger der Presidential Medal of Freedom]]
[[Kategorie:Träger der National Medal of Science]]
[[Kategorie:US-Amerikaner]]
[[Kategorie:Geboren 1930]]
[[Kategorie:Gestorben 2014]]
[[Kategorie:Mann]]

{{Personendaten
|NAME=Becker, Gary
|ALTERNATIVNAMEN=Becker, Gary Stanley
|KURZBESCHREIBUNG=US-amerikanischer Ökonom und Nobelpreisträger
|GEBURTSDATUM=2. Dezember 1930
|GEBURTSORT=[[Pottsville (Pennsylvania)|Pottsville]], [[Pennsylvania]]
|GEBURTSORT=[[Pottsville (Pennsylvania)|Pottsville]], [[Pennsylvania]]
|STERBEDATUM=
|STERBEDATUM=3. Mai 2014
|STERBEORT=
|STERBEORT=[[Chicago]], [[Illinois]]
}}
}}

[[bg:Гери Бекър]]
[[en:Gary Becker]]
[[fr:Gary Becker]]
[[ja:ゲーリー・ベッカー]]
[[pl:Gary Becker]]
[[zh:蓋瑞·貝克]]

Aktuelle Version vom 5. Januar 2025, 17:38 Uhr

Gary Becker, 2008

Gary Stanley Becker (* 2. Dezember 1930 in Pottsville, Pennsylvania; † 3. Mai 2014 in Chicago, Illinois[1]) war ein US-amerikanischer Ökonom und Soziologe. Er erhielt 1992 den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften „für seine Ausdehnung der mikroökonomischen Theorie auf einen weiten Bereich menschlichen Verhaltens und menschlicher Zusammenarbeit“.

Als Gary vier oder fünf Jahre alt war, zog die jüdische Familie Becker von Pottsville nach Brooklyn, New York. Mit 16 Jahren entdeckte Gary sein Interesse für die Mathematik. Da er seinem Vater stets die neuesten Wirtschaftsnachrichten vorlesen musste, kam er zu Wissen, von dem er gelangweilt war.

An der Princeton University belegte er eher zufällig einen Kurs in Ökonomie und war begeistert, vor allem von den mathematischen Zusammenhängen. Bald aber empfand er, dass die mathematischen Gleichungen die Probleme der Gesellschaft nicht wirklich darstellen oder gar zu lösen vermochten.

Becker schloss in Princeton 1951 mit einem B.A. ab und wechselte an die University of Chicago. Dort traf er 1951 in einem Mikroökonomiekurs zum ersten Mal Milton Friedman. Dieser erneuerte sein Interesse für die Volkswirtschaftslehre und prägte nach seiner eigenen Aussage seine weitere Laufbahn. Im Jahre 1955 erwarb er den Doktorgrad an der University of Chicago und unterrichtete von 1957 bis 1968 an der Columbia University. Danach kehrte er an die University of Chicago zurück, an der er Preistheorie unterrichtete. An der University of Chicago war Becker University Professor (eine selten verliehene Auszeichnung) für Ökonomie und Soziologie.

Im Jahr 1987 stand Becker der American Economic Association als gewählter Präsident vor.[2]

Becker hat zwei Schwestern und einen Bruder. Im Jahre 1954 heiratete er seine erste Frau Doria Slote, die 1970 starb. Das Paar hat zwei Töchter. 1980 heiratete er seine zweite Frau Guity Nashat.

Im Mai 2014 starb Becker im Alter von 83 Jahren in Chicago.

Becker war einer der ersten Ökonomen, der die Wirtschaftswissenschaft auf Gebiete ausdehnte, die traditionell eher zur Soziologie gehörten, wie z. B. Rassendiskriminierung, Kriminalität, Organisation der Familie und Drogenabhängigkeit. Er ist für seine Argumentation bekannt, dass viele Formen des menschlichen Verhaltens als rational und Ergebnis von Nutzenmaximierung verstanden werden können. Gleichzeitig unterstreicht Becker in seiner Forschung die Bedeutung von zwischenmenschlichen altruistischen Verbindungen.

In den 1960er und 1970er Jahren hat er, zusammen mit Autoren wie Theodore William Schultz und Jacob Mincer, das Konzept des Humankapitals[3] in die Wissenschaft wiedereingeführt. Humankapital ist ein „individuell angelegter Kapitalstock an Fertigkeiten, an Wissen und Gesundheit“, dessen Pflege jedem Einzelnen aufgetragen ist. Öffentliche Bildungsangebote sollen mit privaten Anstrengungen kombiniert werden, um dem Arbeitsmarkt die optimalen Kernkompetenzen zur Verfügung zu stellen, die employability zu fördern. Besonders die OECD machte sich diese Theorie zu eigen. Das bedeutete eine breite Ausweitung der allgemeinen Schul- und Hochschulbildung (Tertiärer Sektor) zur Vermittlung von Schlüsselkompetenzen, Abschaffung strikter und enger Berufsbilder, lebenslanges Lernen. Interessante Berufe wurden der Informatiker, der Finanzexperte, der Controller. Demgegenüber würden die einfachen und mittleren Tätigkeiten an Bedeutung verlieren. Besonders Frankreich und Großbritannien, verzögert die Bundesrepublik folgten dem Modell in den 1970er Jahren.[4]

In seinem Buch The Economics of Discrimination stellte Becker ein Modell mit einer Erklärung vor, wie eine individuell bei Arbeitgebern, Kollegen oder Kunden vorhandene Diskriminierungsneigung (von ihm taste for discrimination genannt) zu einer Ungleichbehandlung am Arbeitsmarkt und zur Entstehung bzw. Aufrechterhaltung eines gender wage gap führen kann.

Becker wies in seinen Arbeiten auf den ökonomischen Nutzen von Kindern für ihre Eltern hin. Von Becker stammt auch das Rotten-Kid-Theorem. Seine Theorien spielen auch zur Erklärung von Geburtenraten in der Demographie eine Rolle.

Das Nobelpreiskomitee hat Beckers Werk in vier Gebiete klassifiziert:

Beckers methodischer Ansatz wurde in verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen rezipiert; aus diesem Grund bezeichnete der Ökonom Justin Wolfers ihn in einem Nachruf für die New York Times als „den wichtigsten Sozialwissenschafter der letzten fünfzig Jahre“ und „kreativsten Ökonomen in der Geschichte dieser Wissenschaft“.[5]

Becker bekam 1967 die John Bates Clark Medal verliehen und war Mitglied der Mont Pelerin Society. 1972 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt, 1975 in die National Academy of Sciences und 1986 in die American Philosophical Society. In den 1980er Jahren wurde Becker als Professor in das Department of Sociology kooptiert. Die Initiative dazu ging von James S. Coleman aus, mit dem Becker bis zu Colemans Tod ein gemeinsames Seminar über Rational-Choice Theorie abhielt[6]. Von 1985 bis 2004 schrieb der sich als im klassischen Sinne liberal bezeichnende[7] Becker, im Wechsel mit dem eher linksliberalen Ökonomen Alan Blinder von der Princeton University, eine monatliche Kolumne in der Business Week. Im Dezember 2004 begann er einen gemeinsamen Weblog mit dem Richter Richard Posner.

2007 verlieh ihm George W. Bush die Presidential Medal of Freedom, neben der Congressional Gold Medal die höchste zivile Auszeichnung der Vereinigten Staaten.

  • Human Capital: A Theoretical and Empirical Analysis, with Special Reference to Education (1964)
  • Crime and Punishment: An Economic Approach (1968), Journal of Political Economy, 76 (2), S. 169–217.
  • The Economics of Discrimination. (1957, 2. Aufl. 1971)
  • The Economic Approach to Human Behavior, Chicago University Press, Chicago 1976, ISBN 0-226-04111-5.
    • deutsch: Der ökonomische Ansatz zur Erklärung menschlichen Verhaltens, 2. Auflage. Mohr, Tübingen, ISBN 3-16-146046-4.
  • A Treatise on the Family (1981)
  • The Economics of Life (1996)
  • Familie, Gesellschaft und Politik – die ökonomische Perspektive (1996), ISBN 3-16-146361-7
  • Social Economics: Market Behavior in a Social Environment (2001)
  • James S. Coleman, The Impact of Gary Becker's Work on Sociology, In: Acta Sociologica, Band 36, 1993, S. 169–178.
  • Edward L. Glaeser und Andrei Shleifer: Gary Becker (1930–2014). In: Science. Band 344, Nr. 6189, 2014, S. 1233, doi:10.1126/science.1256540
  • Ingo Pies und Martin Leschke (Hrsg.): Gary Beckers ökonomischer Imperialismus, Tübingen, 1998, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck).
  • Richard Swedberg, Economics and Sociology - Redefining Their Boundaries: Interviews with Economists and Sociologists, Princeton, N.J., 1990, Princeton University Press (Interview mit Gary Becker S. 27–46).
  • Thomas Weiss: Ökonomische Bestimmungsgründe der Fertilität in westlichen Industrieländern. Materialien zur Bevölkerungswissenschaft, Hg.: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Wiesbaden, 1986. (Darstellung und Kritik des Beckerschen Ansatzes)
Commons: Gary Becker – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Gary Becker, Economics Nobel Laureate, Dies at 83 (Memento vom 5. Mai 2014 im Internet Archive)
  2. Past and Present Officers. aeaweb.org (American Economic Association), abgerufen am 27. Oktober 2015 (englisch).
  3. Manfred Becker: Personalentwicklung, 5. Auflage, Schäfer-Pöschel Verlag 2009, S. 38
  4. Lutz Raphael: Jenseits von Kohle und Stahl. Berlin 2018, ISBN 978-3-7425-0474-6, S. 255–260.
  5. Justin Wolfers: How Gary Becker Transformed the Social Sciences The New York Times, 5. Mai 2014
  6. Richard Swedberg, Economics and Sociology, Princeton 1990, Princeton University Press, S. 34–35, S. 47.
  7. Archivlink (Memento vom 21. Mai 2008 im Internet Archive)