„Geschichte Kroatiens“ – Versionsunterschied
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Die '''Geschichte Kroatiens''' umfasst die Entwicklungen auf dem Gebiet der heutigen [[Kroatien|Republik Kroatien]] von der Urgeschichte bis zur Gegenwart. Sie beginnt lange vor der [[Landnahme der Slawen auf dem Balkan|slawischen Landnahme im 7. Jahrhundert]] und der Entstehung des gegenwärtigen Siedlungsgebiets der [[Kroaten]] in [[Südosteuropa]]. Ihr Name erscheint in den Quellen ab dem 9. Jahrhundert. |
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'''[[Kroatien]]''' war bis zum Zusammenbruch des osteuropäischen [[Kommunismus]] Teil von [[Jugoslawien]]. Die im Juni [[1991]] nach einer [[Volksabstimmung]] einseitig erklärte [[Unabhängigkeit]] wurde am [[8. Oktober]] [[1991]] offiziell in Kraft gesetzt und im Dezember [[1991]] / Januar [[1992]] international anerkannt. |
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Bereits vor rund einer Million Jahren war das Gebiet Kroatiens von Menschen bewohnt, in der [[Mittlere Steinzeit|Mittleren Steinzeit]] von [[Neandertaler]]n (ausschließlich aus dem [[Moustérien]] vor etwa 120.000 bis 40.000 Jahren), schließlich von [[Cro-Magnon-Mensch]]en vor mehr als 30.000 Jahren. Vor über 15.000 Jahren entstanden die ältesten in Kroatien aufgefundenen Tonobjekte in Form von Figurinen. |
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== Vorgeschichte == |
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Im 6. Jahrtausend v. Chr. setzten mit dem [[Neolithikum]] Landbebauung und Viehhaltung ein. Die aus dem Nahen Osten zugewanderten neuen Bewohner wurden sesshaft, viele von ihnen lebten vom Fischfang. Die Dörfer nahmen, vor allem an der Küste, urbane Strukturen an. Vor der [[Vučedol-Kultur]] (3000–2200 v. Chr.) wird erstmals Kupferverarbeitung fassbar. Im 1. Jahrtausend v. Chr. war der Küstensaum von [[Veneter (Adria)|Venetern]] und Histriern besiedelt, weiter im Süden lebten [[Liburner]] und [[Illyrer|illyrische]] Stämme. Die gesellschaftlichen Hierarchien nach dem 8. Jahrhundert wurden steiler, die Expansion [[Kelten|keltischer]] Stämme verdrängte große Gruppen südwärts, die dort neue Reiche errichteten. Gleichzeitig entstanden griechische Kolonien entlang der Küste, die die Nachbarn kulturell stark beeinflussten. |
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=== Slawische Besiedelung === |
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Ab der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. wurde das Gebiet römisch, nach jahrelangen Aufständen entstand die militärisch gesicherte Provinz [[Dalmatia]]. Seit dem 3. Jahrhundert n. Chr., vor allem aber mit der einsetzenden [[Völkerwanderung]] ging im Norden die städtische Lebensform stark zurück, im Süden schrumpften die nunmehr massiv befestigten Städte. Die römische Provinzialbevölkerung wurde christianisiert. Gegen Ende des weströmischen Reiches stellte Dalmatien den letzten von Ostrom anerkannten Kaiser, der 480 ermordet wurde. |
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Die älteste schriftliche erwähnung der Kroaten stammt aus dem zweiten Jahrhundert vor Christus (die griechische Steintafel kann heute in einem Museum in Russland besichtigt werden). |
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Kroatiens ländliche Gebiete wurden ab dem Ende des 6. Jahrhunderts zunehmend von slawischen Gruppen bewohnt, die im 8. und 9. Jahrhundert gleichfalls christianisiert wurden. Zur Zeit der Landnahme verlief die Ostgrenze der kroatischen Länder etwa an der Grenze zwischen dem [[Byzantinisches Reich|Ost]]- und [[Westrom|Weströmischen Reich]]; im 9. Jahrhundert entlang der Grenzlinie zwischen dem [[Fränkisches Reich|Fränkischen]] und dem [[Byzantinisches Reich|Byzantinischen Reich]]. Um 925 entstand unter [[Tomislav]] ein kroatisches Königreich. Dieses geriet 1102 in eine [[Personalunion#Verbindung von Staaten|Personalunion]] mit dem [[Königreich Ungarn]]. In den folgenden Jahrhunderten verlief in Kroatien die Konfliktzone der damaligen Großmächte [[Republik Venedig|Venedig]], des [[Habsburg]]erreiches und des [[Osmanisches Reich|Osmanischen Reiches]]. Einen eigenen Weg als unabhängiger Kleinstaat mit weiträumigen Handelskontakten schlug die [[Republik Ragusa]] ein, mit dem heutigen [[Dubrovnik]] als Hauptstadt (bis 1808). |
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''"Herkunft und Bedeutung des Ethnonyms "Kroate", in der modernen Lautung der Selbstbezeichnung "Hrvat", sind bis heute ungewiss. Mit Sicherheit ist der Name nicht slawischer Wurzel; demnach ist auszuschliessen, dass sich die Ethnogenese der Kroaten unabhängig von ihrer späteren sprachlichen Slavisierung einfach als Ausdifferenzierung slawischer Stämme vollzog. Am wahrscheinlichsten ist eine iranische Herkunft des Namens; doch kann man hieraus keinesfalls die Vorstellung ableiten, es sei ein geschlossenen Volk aus dem Kaukasus an die Adriaostküste gewandert."'' |
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(aus ''Ludwig Steindorffs'' Buch "Kroatien") |
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Ab 1527 kam Kroatien mit Ungarn unter die Kontrolle des Habsburgerreiches, bis zu dessen Zusammenbruch am Ende des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] im Jahr 1918. Darauf folgend war es Teil des [[Königreich Serbien|serbisch]] dominierten [[Königreich Jugoslawien|Königreichs Jugoslawien]]. Kroatien wurde unter den [[Ustaša]] während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] 1941 zum [[Faschismus|faschistischen]] [[Satellitenstaat]] [[Unabhängiger Staat Kroatien]] unter deutscher und italienischer Besetzung. |
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[[bild:Horovathos.jpg|thumb|"Horovathos": die Älteste Erwähnung der Kroaten]] |
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Nach Kriegsende wurde es Teil des neu gebildeten [[Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien|kommunistischen bzw. sozialistischen Jugoslawien]] unter [[Josip Broz Tito]] (1892–1980). Nach Titos Tod und den aufkommenden Konflikten innerhalb Jugoslawiens errang das Land im [[Kroatienkrieg]] von 1991 bis 1995 seine heutige [[Staatliche Unabhängigkeit|Unabhängigkeit]] als [[Demokratie|demokratische]] [[Republik]]. |
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Nach dem Untergang des römischen Reiches fielen Istrien und Teile Dalmatiens an Byzanz. Die ursprünglich aus einer Region der heutigen Ukraine stammenden Kroaten siedelten sich im 6. Jahrhundert nach Christus in den ehemals römischen Provinzen Dalmatien und Pannonien an. |
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[[Datei:Povijest Hrvata (Meštrović).jpg|mini|„Die Geschichte der Kroaten“, eine der bekanntesten Skulpturen [[Ivan Meštrović]]s (1932).]] |
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== Urgeschichte == |
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Die Kroaten befreiten sich im 7. Jahrhundert von der Herrschaft der Awaren und traten als erste [[Slawen]] dem Christentum bei. |
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Die ältesten gesicherten archäologischen Fundstücke in [[Kroatien]] stammen aus dem [[Mittelpaläolithikum|Mittel-]] und dem [[Jungpaläolithikum]], umfassen somit die Zeit der [[Neandertaler]] wie der der Vorgänger der heutigen Menschen. In [[Krapina (archäologischer Fundplatz)|Krapina]] gibt es international bekannte Neandertaler-Fundstellen. |
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Zu Beginn des 9. Jahrhunderts wurde Pannonien Teil des Frankenreiches, Dalmatien Teil des Byzantinischen Reiches. Um 925 erlangten beide Fürstentümer ihre Unabhängigkeit und gründeten gemeinsam das Königreich Kroatien. Im 11. Jahrhundert führten interne Machtkämpfe zum Niedergang und zur Aufteilung Kroatiens, das in den folgenden Jahrhunderten unter wechselnder Herrschaft des Byzantinischen Reiches, des Osmanischen Reiches, Ungarns und Venedigs stand und 1848 schließlich unter österreichische Herrschaft geriet. |
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== Altertum == |
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=== Illyrer, Griechen, Kelten und Römer === |
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Die ersten namentlich bekannten Siedler im Gebiet des heutigen Kroatien waren [[Illyrer]], die hier ab dem 8./7. Jahrhundert v. Chr. siedelten.<ref>[[Edgar Hösch]]: ''Geschichte der Balkanländer'', C. H. Beck, München 1968, S. 387.</ref> Durch archäologische Funde ist belegt, dass die [[Griechen]] im 6. Jahrhundert v. Chr. Schiffsverkehr mit den Illyrern unterhielten. An der [[Adriatisches Meer|Adriaküste]] entstanden [[Griechen|griechische]] Kolonien, die bedeutendsten waren ''Pharos'' (das heutige [[Stari Grad (Hvar)|Stari Grad]] auf der Insel [[Hvar]]) und ''Issa'' (gegründet 386 v. Chr. – das heutige [[Vis (Stadt)|Vis/Lissa]] auf der gleichnamigen Insel).<ref>Mirjana Sanader: ''Kroatien in der Antike. Zaberns Bildbände zur Archäologie.'' Von Zabern, Mainz 2007, ISBN 978-3-8053-3740-3, S. 54. Edgar Hösch: ''Geschichte der Balkanländer.'' Beck, München 1968, ISBN 3-406-57299-5, S. 23.</ref> Die Griechen drangen aber wegen der feindlichen Bevölkerung und des unergiebigen dalmatinischen Hinterlandes nicht ins Landesinnere vor.<ref>Dieter Timpe: ''Mitteleuropa in den Augen der Römer.'' In: ''Bonner Jahrbücher.'' Band 207, Rheinisches Landesmuseum Bonn, Böhlau, Köln/Wien 2009, ISBN 978-3-8053-4064-9, S. 5–32, hier: S. 12.</ref> Im vierten vorchristlichen Jahrhundert drangen auch [[Kelten]] in das Gebiet vor.<ref>Ivo Goldstein: ''Croatia. A History.'' Hurst, London 1999, ISBN 1-85065-388-7, S. 9.</ref> |
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[[Datei:Roman provinces of Illyricum, Macedonia, Dacia, Moesia, Pannonia and Thracia.jpg|mini|Die unteren Donauländer zu Zeiten der Römer]] |
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== Kroatisches Königreich == |
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Im 3. Jahrhundert v. Chr. gründeten die Illyrer unter König [[Agron]] ein eigenes Staatswesen. [[Illyrien]] wurde im Jahre 168 v. Chr. von den [[Römisches Reich|Römern]] unterworfen. Nach dem Sieg Kaiser [[Augustus]] (35 v. Chr.) über die Illyrer wurde das heutige Gebiet Kroatiens Teil der römischen Provinz von Illyrien. Die Römer unterteilten Illyrien in zwei Zonen: in [[Pannonien]] mit der Hauptstadt ''[[Petovium]]'' [[Ptuj]] und [[Dalmatia]] mit der Hauptstadt ''Salona'' (''[[Solin]]''). Zahlreiche Illyrer traten in römische Dienste, [[Diokletian]] brachte es sogar bis zum römischen Kaisertitel. |
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[[Datei:Extent of Western Roman Empire 395.png|mini|Die Ausdehnung des [[Weströmisches Reich|Weströmischen Reiches]] zum Zeitpunkt der Teilung im Jahre 395]] |
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[[Trpimir]] (845-864) war ein kroatischer Fürst. Sein Enkel, [[Tomislav]], sollte zum ersten kroatischen König werden. |
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Die monumentalsten Denkmäler aus römischer Zeit in Kroatien sind der [[Diokletianspalast]] in [[Split]] und das [[Amphitheater Pula|Amphitheater in Pula]]. Den Diokletianspalast ließ sich Kaiser Diokletian sechs Kilometer südlich von Salona als Altersruhesitz bauen. Aus dem Palastgelände entwickelte sich später der Kern der Stadt Split. Das [[Amphitheater]] in Pula ist die sechstgrößte römische Arena. Bei [[Gladiator]]enkämpfen konnten bis zu 26.000 Zuschauer das Treiben auf dem 68 mal 42 Meter großen Kampfplatz verfolgen. |
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''Dazu der Auszug eines Artikels der Tageszeitung "[[Der Standard]]" vom 21 Dezember 2003:'' |
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=== Völkerwanderung === |
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"Im Jahr 924 setzte sich Tomislav (910-928), ein Nachfahre Trpimirs, selbst die Königskrone aufs Haupt (so nimmt man jedenfalls an, denn es gibt keine Zeugnisse dafür, dass ihm diese Würde von [[Byzanz]] oder [[Rom]] verliehen wurde, allerdings sprach ihn [[Papst Johann X]]. in einem Brief als "König der Kroaten" an). Das Slawentum hatte in Tomislavs Regierungszeit durch den Einbruch der [[Magyaren]] in Pannonien eine für die europäische Geschichte höchst bedeutsame Teilung erfahren: War vordem der gesamte Raum zwischen Ostsee und Ägäis von slawischen Stämmen bewohnt, so wurden durch die Festsetzung der Ungarn die Südslawen von den West- und Ostslawen getrennt. |
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Bei der Teilung des römischen Reichs (395 n. Chr.) wurde das Gebiet Kroatiens dem [[Weströmisches Reich|weströmischen Reich]] zugeschlagen, [[Istrien]] und Dalmatia fielen nach dem Untergang Westroms 476 an [[Byzantinisches Reich|Ostrom]]. In den Stürmen der [[Völkerwanderung]] wechselte das Gebiet oft seine Besitzer. Es zogen unter anderem [[Sarmaten]], [[Goten]], [[Alanen]], [[Vandalen]], [[Gepiden]] und [[Langobarden]] hindurch und ließen sich hier teilweise auch nieder. Nach 489 war das Gebiet Teil des Reichs der [[Ostgoten]]. |
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Nach dem Untergang der Ostgoten 553 waren einige Gebiete des heutigen Kroatiens mit Unterbrechungen bis 1270 Teil des byzantinischen Kaiserreichs. |
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Tomislav konnte jedenfalls sein Land, das Slawonien, große Teile Bosniens, Kernkroatien und Teile der dalmatinischen Küste umfasste, erfolgreich gegen magyarische Angriffe verteidigen. Seine politischen Pläne aber hatten noch weitere Ziele. Er baute eine Streitmacht auf, die nach Angaben des byzantinischen Kaisers [[Konstantin VII.]] 100.000 Mann Fußvolk, 60.000 Reiter und 180 Kriegsschiffe zählte. Den Byzantinern war Tomislav als Bundesgenosse willkommen, denn sie konnten dadurch [[Bulgarien]] in die Zange nehmen. Die Bulgaren ihrerseits hatten die noch nicht in einem Staat geeinten [[Serben]] unterworfen, was zur ersten serbischen Massenflucht (wie später vor den Türken) nach Kroatien führte. Der Bündnisvertrag mit Byzanz unterstellte Tomislav die gesamte dalmatinische Küste, also auch die bis dahin formell byzantinischen Hafenstädte Spalato/ Split, Traù/Trogir und Zara/ Zadar sowie die Adria-Inseln. Bis auf das zwischen dem Frankenreich und Venedig geteilte Istrien waren nun alle Kroaten im (später so genannten) "dreieinigen Königreich" Tomislavs vereint. |
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== Mittelalter == |
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[[Bild:Tomislav1.JPG]] |
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{{Hauptartikel|Kroatien im Frühmittelalter}} |
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=== Slawische Landnahme === |
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Im 7. Jahrhundert siedelten sich im Rahmen der [[Landnahme der Slawen auf dem Balkan]] [[Kroaten]] in den ehemaligen römischen Provinzen Dalmatia und Pannonien an. Dem legendenhaften Bericht zufolge, den der byzantinische Kaiser [[Konstantin VII. Porphyrogennetos]] überliefert hat, wurden diese [[Slawen|slawischen]] Stämme im 7. Jahrhundert von dem byzantinischen Kaiser [[Herakleios]] aus ihrer Heimat im heutigen [[Galizien]], an der [[Weichsel]] und nördlich der [[Karpaten]] als Schutz gegen die [[Awaren]] ins Land gerufen. |
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Nach einer Theorie von [[Slawistik|Slawisten]] vollzog sich die [[Ethnogenese]] der Kroaten jedoch erst nach der slawischen Besiedlung des Landes. Die Herkunft der [[Volk]]sbezeichnung „[[Kroaten#Namensherkunft|Kroaten]]“ (in der Selbstbezeichnung {{lang|hr|''Hrvati''}}) ist bis heute nicht mit Sicherheit geklärt, es hat jedoch keine [[Slawische Sprachen|slawische]] Wurzel, sondern geht wahrscheinlich auf einen [[Iranische Sprachen|iranischen]] Ursprung als Fremdbezeichnung für Slawen zurück.<ref>[[Heinrich Kunstmann (Slawist)|Heinrich Kunstmann]]: ''Die Slaven. Ihr Name, ihre Wanderung nach Europa und die Anfänge der russischen Geschichte in historisch-onomastischer Sicht.'' Steiner, Stuttgart 1996, ISBN 3-515-06816-3, S. 39.</ref> |
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Die Nachfolger des ersten Königs konnten diese Machtstellung nicht behaupten. Innere Streitigkeiten schwächten die Handlungsfähigkeit des Herrscherhauses. Die romanischen Städte an der Küste suchten Kontakte zu dem aufsteigenden Venedig. Ragusa/Dubrovnik machte sich selbstständig und konnte sich mit Geschick diese Stellung als Stadtrepublik bis in die napoleonische Zeit bewahren. Ein neuerliches Bündnis trug für König [[Stefan Drzislav]] (969-997) zunächst wieder Früchte: Byzanz übersandte ihm Krone, Szepter, Reichsapfel und Purpurmantel - die Anerkennung seiner Autorität auch über Dalmatien. Unter diesem König erschien zum ersten Mal eine Vorform des kroatischen Wappens, ein rot-weiß gemustertes Schachbrettmuster. (Es überdauerte das ungarische Königtum, fand sich im großen Habsburgerwappen, aber auch in der Fahne des [[Ustascha-Staates]] wieder und schmückt heute, mit einer Wappenkrone der Teilregionen versehen, die Flagge der [[Republik Kroatien]]). |
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Die Christianisierung der Kroaten erfolgte bereits im 7. Jahrhundert. Die Kroaten nahmen das [[Christentum]] von römischen Glaubensboten an. Das bestätigen die Briefe des Papstes [[Johannes X. (Papst)|Johannes X.]] aus dem Jahre 925. |
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Danach aber drohte Kroatien zwischen seinen erstarkenden Nachbarn - [[Venedig]] im Westen, [[Ungarn]] im Nordosten - zerrieben zu werden. Für [[Byzanz]] wurde die Verständigung mit Venedig wichtiger als das Bündnis mit dem durch die Streitigkeiten der Söhne Drzislavs geschwächten Kroatien. Der byzantinische Kaiser [[Basileos II.]] erinnerte sich daran, dass Dalmatien ja eigentlich ein byzantinisches "Thema" (so hießen die oströmischen Verwaltungsbezirke) war und übertrug dessen Administration an den Dogen von Venedig, [[Peter Orseolo]]. Im Mai des Jahres 1000 fuhr eine venezianische Kriegsflotte vor der dalmatinischen Küste auf, die schwachen kroatischen Kräfte waren rasch zerstreut, Zadar, Trogir und Split wurden venezianisch, mit Ragusa wurde ein Vertrag geschlossen. König [[Kresimir III.]] musste Venedig von einem einst vereinbarten Tribut (der ohnehin schon längst nicht mehr gezahlt wurde) befreien, Orseolo als "Herzog Dalmatiens" bestätigen und seinen Sohn als Geisel in die Lagunenstadt schicken. |
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In dieser Zeit kam es zu sporadischen Angriffen der [[Araber]] auf die Adriaküste. Während die Vorbevölkerung, so sie nicht geflohen war, im Landesinneren schnell kroatisiert wurde, konnte sich besonders auf den Inseln und in den Küstenstädten die [[Romanische Sprachen|romanische]] Bevölkerung halten. Im Besitz der Seeküste, erbauten die Kroaten eine große Flotte, mit der sie erst Seeraub, dann aber auch Handel trieben. |
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Das Ringen um Dalmatien war mit dieser Niederlage keineswegs zu Ende. [[Zvonimir I.]] (1075-1089), der letzte einheimische König, stieß an die Küste vor und verlegte sogar seine Königsresidenz nach Biograd na moru/Zaravecchia. Zvonimir war mit einer ungarischen Königstochter verheiratet. Er wurde, noch kinderlos, ermordet. Ungarn stellte Erbansprüche, [[König Ladislaus I.]], dann Koloman, brachen den Widerstand feindlicher Adelsbünde, beschränkten sich aber in den "pacta conventa" mit dem kroatischen Hochadel auf eine Personalunion und überließen die Verwaltung Kroatiens einem königlichen Stellvertreter, dem "Ban". Fortan nannten sich die ungarischen Herrscher "Von Gottes Gnaden König von Ungarn, Kroatien und Dalmatien" (bei Letzterem, bald in der Hand der Venezianer, blieb es freilich beim Anspruch)." |
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Die Quellenlage im frühen Mittelalter und besonders unter der Awarenherrschaft ist äußerst dürftig, dass manche Angaben über diese Zeit auf Spekulationen, andere aber auch auf der Jahrhunderte später verfassten sehr detaillierten Chronik des byzantinischen Kaisers [[Konstantin VIII.|Konstantin VIII. Porphyrogennetos]] (zwischen 948 und 952) beruhen, so dass hier manchmal Skepsis geboten ist. |
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''Siehe auch:'' [[Liste der kroatischen Könige]] |
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=== Fürstentümer === |
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[[Datei:Map of the Western Balkans around 814 AD.png|mini|Die Fürstentümer [[Pannonia inferior (Fränkisches Reich)|Pannonisch-Kroatien]] (blau) und [[Herzogtum Kroatien|Dalmatinisch-Kroatien]] (rot) im Todesjahr [[Karl der Große|Karls des Großen]] 814, vor ihrer Vereinigung zum Königreich unter [[Tomislav]].]] |
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Fürst [[Višeslav (Kroatien)|Višeslav]] (bis 803) wird 799 erstmals anlässlich eines letztendlich erfolglosen Angriffs [[Fränkisches Reich|fränkischer]] Truppen auf [[Rijeka]] erwähnt. |
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806 fallen Pannonien und Dalmatia nach dem Sieg [[Karl der Große|Karls des Großen]] unter die Herrschaft des [[Fränkisches Reich|fränkischen Reiches]]. |
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Seit 1102 waren die ungarischen Könige auch die Herrscher in Kroatien. Der kroatische Adel konnte sich aber eine gewisse Autonomie im Rahmen des ungarischen Reiches erhalten. Gemeinsam mit den nicht von den Osmanen besetzten Teilen Ungarns kam Kroatien 1526 unter das Szepter der Habsburger. Nach wie vor blieb das Land aber Teil des ungarischen Königreiches. |
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In dieser Zeit bestanden zwei Fürstentümer auf dem Gebiet des heutigen Kroatiens: |
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== Habsburgermonarchie und Venedig == |
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* das [[Herzogtum Kroatien|Dalmatinische Kroatien]] im Küstengebiet unter Fürst [[Borna (Kroatien)|Borna]] (810–821) und |
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== Jugoslawien == |
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* das [[Pannonia inferior (Fränkisches Reich)|Pannonische Kroatien]] im pannonischen Gebiet [[Posavina (Region)|Posavien]] unter Fürst [[Ljudevit (Posavina)|Ljudevit]]. |
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Ab 812 war Ljudevits Fürstentum unter fränkischer Oberhoheit, das Bornas unter byzantinischer. |
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===Erstes Jugoslawien === |
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Im Jahr 819 führte Ljudevit einen Aufstand gegen die Franken und besiegte den [[Markgraf]]en [[Chadaloh I. (Alaholfinger)|Kalodach]]. Ein zweiter Krieg gegen den fränkischen Markgrafen [[Balderich von Friaul]] endete unentschieden. Am Fluss [[Kupa]] besiegte Ljudevit auch den Fürsten [[Borna (Kroatien)|Borna]] von Dalmatia und [[Liburnien]], seinen Onkel. Im Jahr 820 drangen die Franken erneut ins pannonische Nordkroatien ein, wurden aber zurückgeschlagen. |
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Bereits [[1917]] vereinbarten das von aus [[Österreich-Ungarn]] emigrierten südlawischen Politikern gegründete ''Südslawische Komitee'' und die Exilregierung des Königreiches [[Serbien]] in der [[Erklärung von Korfu]] die Errichtung eines gemeinsamen Staates der Serben, Kroaten und Slowenen. |
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Borna wurde in einem Bericht für 919 als {{lang|la|''dux Guduscanorum''}} ‚Führer‘ oder ‚Herzog der Guduskaner‘ bezeichnet, für 920 als {{lang|la|''dux Dalmatiae''|de=Herzog Dalmatias}}. |
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Nach der Niederlage der Mittelmächte erklärte der neugebildete ''Nationalrat der Slowenen, Kroaten und Serben'' [[Österreich-Ungarn]]s, dem auch der letzte kroatische [[Sabor]] seine Befugnisse übertragen hatte, am 29. Oktober [[1918]] in [[Zagreb]] die Loslösung der südslawischen Länder der Monarchie. Diese bildeten zunächst vorübergehend den ''Staat der Slowenen, Kroaten und Serben''. Dem Nationalrat gelang es jedoch nicht, seine Autorität durchzusetzen, vielmehr herrschte auf großen Teilen seines theoretischen Territoriums praktisch Anarchie. Im Vorgriff auf die [[Italien]] in Geheimverträgen von den Alliierten zugesagte Annexion [[Dalmatien]]s begannen zudem italienische Truppen mit der Besetzung von Gebieten längs der Ostküste der [[Adria]]. Angesichst dessen beschloss der Nationalrat Ende November 1918 die sofortige Vereinigung mit dem Königreich [[Serbien]]. |
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Fürst [[Mislav (Kroatien)|Mislav]] (835–845) verlegte seine Hauptresidenz nach [[Klis]] in der Nähe von Split. |
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Aleksandar I. Karađorđević, Thronfolger und Prinzregent von [[Serbien]], proklamierte daraufhin am 1. Dezember 1918 das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (''Kraljevina Srba, Hrvata i Slovenaca'', abgekürzt auch ''SHS-Staat''). |
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Im Jahr 838 schickte der [[Geschichte Bayerns|bayerische]] [[Ludwig der Deutsche|Herzog Ludwig]] seine Streitkräfte gegen den pannonischen Fürsten [[Ratomir]] aus und wurde zurückgeschlagen. |
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In den Friedenverhandlungen gelang es dem ersten Außenminister des neuen Staates, dem aus Dalmatien stammenden vormaligen Vorsitzenden des ''Südslawischen Komitees'', [[Ante Trumbic|Ante Trumbić]], einen Anschluss [[Dalmatien]]s an [[Italien]] zu verhindern. Lediglich die Stadt [[Zadar]] und das ehemaligen österreichischen Küstenland (das auch [[Istrien]] umfasste) kamen zu Italien. [[Rijeka]] wurde zunächst zur Freistadt erklärt, dann jedoch von irregulären italienischen Truppen besetzt. Der Streit um die Zugehörigkeit der Stadt wurde erst [[1924]] durch einen Vertrag beigelegt, der Rijeka bei Italien beließ, die unmittelbar östlich angrenzende Stadt [[Susak|Sušak]] hingegen dem SHS-Königreich zusprach. |
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Fürst [[Trpimir I.]] (845–864) war der Begründer der [[Trpimirović-Dynastie]]. Er rief den [[Benediktiner]]-Orden ins Land und bot dem in Franken verfolgten [[Gottschalk von Orbais]] Zuflucht an seinem Hof. |
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In den Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung des ''Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen'', bei denen erstmals in Kroatien das allgemeine Wahlrecht für Männer galt, gewann in Kroatien-Slawonien die 1904 gegründete [[Kroatische Bauernpartei]] unter [[Stjepan Radic|Stjepan Radić]], die vor dem Krieg nur eine geringe Rolle gespielt hatte, die absolute Mehrheit der Stimmen. In Dalmatien hingegen behielten zunächst bürgerliche Gruppierungen aus dem Umfeld des vormaligen ''Südslawischen Komitees'' die Mehrheit. |
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In einer Urkunde von 852 bezeichnet er sich als {{lang|la|''dux Chroatorum''|de=Herzog der Kroaten}}, sein Herrschaftsgebiet als {{lang|la|''regnum Chroatorum''|de=Königreich der Kroaten}}. Es ist die erste schriftliche Erwähnung von Kroaten in Dalmatien. |
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Die Kroatische Bauernpartei lehnte die Gründung des ''Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen'' in der From, wie sie stattgefunden hatte, ab. Unter Berufung auf das vom amerikaniechen Präsidenten [[Woodrow Wilson]] proklamierte ''"Selbstbestimmunsgrecht der Völker"'' verlangte sie die Anerkennung eines separaten Selbstbestimmungssrechtes für Kroatien und ebenso die anderen südslawischen Vöker. Zudem lehnte sie die [[Monarchie|monarchische]] Staatsform ab und verlangte für Kroatien die Gründung einer [[Republik]]. |
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Fürst [[Domagoj]] (864–876) kämpfte so intensiv gegen Venedig, dass ihn Byzanz, in dessen Besitz sich Venedig seinerzeit befand, durch eine Verschwörung zu beseitigen versuchte. Er wurde von den Venezianern als „der schlimmste Fürst der Slawen“ ({{laS|pessimus dux Sclavorum}}) bezeichnet, von [[Johannes VIII. (Papst)|Papst Johannes VIII.]] als „ruhmreicher Fürst der Slawen“ (lateinisch {{lang|la|''gloriosus dux Sclavorum''}}). |
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Da im Prozedere der Verfassungsgebenden Versammlung ein Vetorecht der einzelnen Völker nicht anerkannt wurde und zudem die monarchische Staatsform nicht in Frage gestellt werden durfte, boykottierten die Abgeordneten der Kroatischen Bauernpartei diese und erarbeiteten stattdessen eine Verfassung für eine ''Bauernrepublik Kroatien'', die Teil einer zukünftigen Konföderation südslawischer Bauernrepubliken werden sollte. Diese blieb jedoch augfrund der realen Machtverhältnisse bloßes Papier. |
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Dem Fürsten [[Branimir]] (879–892) zahlen die romanischen Städte in Dalmatien Tribut, die bis dahin den Tribut an Byzanz zahlten. Nach der Niederlage bei [[Makarska]] im Jahr 887 (bei der der Doge [[Pietro I. Candiano|Pietro Candiano]] fiel) zahlten die Venezianer Abgaben für die Passage entlang der kroatischen Küste. |
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Die durch den Boykott der Kroatischen Bauernpartei und das Fehlen der Abgeordneten der ''[[Kommunistische Partei Jugoslawiens|Kommunistischen Partei Jugoslawiens]]'', die kurz nach den Wahlen als ''"staatsfeindlich"'' verboten worden war, zahlenmäßig geschrumpfte Verfassungsgebenden Versammlung verabschiedete 1921 mit knapper Mehrheit eine Verfassung, die eine zentralistische Staatsorganisation und die Auflösung der historischen Provinzen vorsah, was denen [[Serben]] als zahlenmäßig größtem Volk de facto die Vorherrschaft sicherte. |
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Fürst Branimir erhielt vom Papst Johannes VIII. am 7. Juni 879 die Anerkennung über die „weltliche Macht“ über das {{lang|la|''regnum croatorum''|de=Reich der Kroaten}}, eigentlich ‚Königreich der Kroaten‘, (das so noch nicht bestand) also Dalmatien. |
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Die [[Kroatische Bauernpartei]] verzeichnetet in der Folge weiteren Zulauf und wurde auch in [[Dalmatien]] und unter den Kroaten [[Bosnien-Herzegowina]]s zur stärksten Partei. Nachdem sie mit reiner Boykottpolitik keinen Erfolg gehabt hatte, gab sie den Boykott des Zentralparlamentes und die Ablehnung der Monarchie auf und beteiligte sich zeitweise auch an der Zentralregierung. Zu einer dauerhaften Übereinkunft der unterschiedlichen politischen Kräfte über die künftige Staatsordnung des süslawischen Königreiches kam es jedoch nicht. |
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[[Tomislav]] (910–928) vereinigte Kroatien zu einem Königreich. |
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Am 20. Juni 1928 erschoss ein monenegrinischer Abgeordneter in der laufenden Parlamentssitzung vier Abgeordnete der kroatischen Bauernpartei, darunter deren Führer [[Stjepan Radic|Stjepan Radić]]. |
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=== Unabhängiges Königreich (925–1102) === |
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[[Datei:Balkans925.png|mini|Das Königreich Kroatien und seine Nachbarländer um das Jahr 925]] |
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Domagojs Enkel, [[Tomislav]], wurde 925 der erste König Kroatiens. Ursprünglich hieß dieses Land ''Chorbatia''.<ref>[[Gerhard Herm]]: ''Der Balkan. Das Pulverfaß Europas''. Econ Verlag, Düsseldorf 1993, ISBN 3-430-14445-0, S. 283.</ref> Papst [[Johannes X. (Papst)|Johannes X.]] erkannte diesen Titel sofort an. Während seiner Herrschaft fielen die [[Magyaren]] im pannonischen Becken ein. Tomislav verteidigte sein Königreich, das aus Zentralkroatien, [[Slawonien]] und Teilen Dalmatiens und [[Bosnien]]s bestand, erfolgreich gegen die Ungarn. Durch ein Bündnis mit Byzanz bekam Kroatien die Adriainseln und die Städte Split, [[Trogir]] und [[Zadar]] zugesprochen, die bis dahin formell unter byzantinischer Herrschaft gestanden hatten. Tomislavs Staat umfasste somit bis auf Istrien alle heutigen kroatischen Gebiete. 928 verschwand Tomislav spurlos. Unter König [[Stjepan Držislav|Stefan Držislav]] (969–997) bestätigte Byzanz Kroatien die [[Hoheit (Staatsrecht)|Hoheit]] über Dalmatien. |
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Danach geriet Kroatien durch Venedig und [[Ungarn]] in Bedrängnis. Im Mai 1000 besiegte eine venezianische Kriegsflotte Kroatien. Zadar, Trogir und Split wurden vorübergehend unter venezianische Verwaltung gestellt. Zwischen Venedig und [[Dubrovnik]] wurde ein Vertrag geschlossen. König [[Krešimir III.]] hob die nur noch formell bestehende [[Tribut]]pflicht Venedigs auf und anerkannte den [[Doge von Venedig|venezianischen Dogen]] [[Peter Orseolo]] als Fürsten Dalmatiens. |
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====Banovina Kroatien==== |
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Unter [[Petar Krešimir IV.]] (1058–1074) wurde Kroatiens Macht geschwächt. Durch innere Streitigkeiten begünstigt, machten sich die romanischen Küstenstädte selbständig und suchten den Anschluss an [[Republik Venedig|Venedig]]. |
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=== Zweiter Weltkrieg === |
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König [[Dmitar Zvonimir|Zvonimir]] (1075–1089) war mit der ungarischen Prinzessin [[Jelena die Schöne|Jelena der Schönen]] verheiratet, starb jedoch, ohne einen männlichen Nachkommen als Thronfolger zu hinterlassen. Nachdem der bereits greise [[Stjepan II.]] nach fünfzehnjährigem Exil im Kloster zum neuen König gekrönt worden war, starb mit ihm nach nur zwei Jahren Regentschaft der letzte Vertreter der Trpimirović-Herrscherdynastie. Im Zuge dessen erhob Ungarn Erbansprüche auf Kroatien, sodass [[Ladislaus I. (Ungarn)|Ladislaus I.]] 1091 nach einem erfolgreichen Feldzug nach Kroatien seinen Neffen [[Álmos (Kroatien)|Álmos]] als neuen Herrscher einsetzte. Dessen Herrschaftsbereich beschränkte sich nach dem Sommer 1091 allerdings nur noch auf Ost-Kroatien. |
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Nach dem Überfall [[Deutschland]]s auf [[Jugoslawien]] am [[6. April]] [[1941]] wurde am [[10. April]] [[1941]] der '''Unabhängige Staat Kroatien''' proklamiert. Dies geschah durch die [[Faschismus|faschistische]] [[Ustascha|Ustaša]]-Bewegung unter Führung von [[Ante Pavelic|Ante Pavelić]]. Dieser formal unabhängige Staat wurde aber sowohl politisch als auch militärisch von Deutschland gestützt, insbesondere bei den ab 1942/43 aufkommenden Kämpfen gegen die [[Jugoslawische Partisanen|Jugoslawischen Partisanen]] unter Führung des Kroaten [[Josip Broz Tito]]. Das am [[29. November]] [[1943]] im [[Bosnien-Herzegowina|bosnischen]] [[Jajce]] als provisorische Regierung gegründete Nationalkomitee des ''Antifaschistischen Rates des Volksbefreiung Jugoslawiens (AVNOJ)'' erhob folglich auch den Anspruch, für das vom Faschismus befreite Kroatien zu sprechen. Die Partisanen schafften es, durch breite Unterstützung in der Bevölkerung, aber auch durch geschicktes Taktieren mit den [[Alliierte]]n, große Teile Kroatiens und Bosnien-Herzegowinas ohne direkte ausländische Unterstützung in ihre Hand zu bringen. Die Einnahme [[Belgrad]]s durch die [[Rote Armee]] am [[20. Oktober]] [[1944]] war ein weiterer Ansporn für die Partisanen, was schließlich im Frühjahr [[1945]] zum Ende des Krieges auch in Kroatien führte. |
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1093 wurde [[Petar Svačić]] zum König gewählt. Er starb 1097 in der [[Schlacht am Gvozd]] gegen den ungarischen König [[Koloman (Ungarn)|Koloman]]. |
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=== Zweites Jugoslawien=== |
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Der durch verwandtschaftliche Verhältnisse mit der kroatischen Herrscherdynastie verbundene Koloman aus der Dynastie der [[Arpaden]] erkannte die Einheit des kroatischen Königreiches von der [[Drau]] bis zur Adria an und wurde durch die sogenannte ''[[Pacta conventa (Kroatien)|pacta conventa]]'' in [[Personalunion]] König von Kroatien. In den ''pacta conventa'' wurden auch die Rechte der kroatischen Nation gesichert. Die Verwaltung Kroatiens übernahm der [[Ban]], ein kroatischer Vertreter. Die staatlichen [[Insignie]]n und [[Hoheitszeichen|Attribute]] des kroatischen Königreiches blieben gültig. |
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==== Der Kroatische Frühling 1971 ==== |
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=== Personalunion mit Ungarn (1102–1526) === |
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{{Hauptartikel|Kroatien im Staatsverband mit Ungarn}} |
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Die Personalunion mit dem [[Königreich Ungarn]] blieb, mit Einschränkungen während der [[Türkenkriege]] im 16., 17. und frühen 18. Jahrhundert, und einiger anderer Unterbrechungen, in verschiedener Form bis 1918 bestehen. |
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Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts hatten die [[Osmanisches Reich|Osmanen]] [[Serbien]], [[Bosnien]], die [[Herzegowina]], [[Bulgarien]], [[Griechenland]] und [[Albanien]] erobert. Das in Eile aufgestellte [[Kreuzzug|Kreuzfahrerheer]] des ungarischen Königs [[Sigismund (HRR)|Sigismund]] wurde 1396 in der [[Schlacht bei Nikopolis]] von den Türken vernichtend geschlagen. Zwischen den Osmanen und dem christlichen [[Abendland]] lag als einziger Puffer nur noch das kaum verteidigte kroatische Territorium. 1463 geriet Bosnien unter osmanische Herrschaft und nach der [[Schlacht auf dem Krbava-Feld]] 1493 brach auch der Widerstand des [[Liste kroatischer Adelsgeschlechter|kroatischen Adels]] zusammen. Die Türken eroberten die Gebiete südlich des Gvozd sowie das östliche Slawonien. Kroatien schrumpfte auf einen engen Streifen zwischen der [[Donau]] und der Adria. |
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In der tiefen Krise, in welcher sich Jugoslawien in den späten [[1980er]] Jahren befand, wuchs ein immer stärkerer Gegensatz zwischen zentralistischen und großserbischen Tendenzen einerseits und einem wiedererwachenden kroatischen [[Nationalismus]] andererseits. Nach dem Tod [[Tito]]s [[1980]] war ein wichtiger Stabilisierungsfaktor weggefallen. In dieser Situation suchten [[Kroatien]] und [[Slowenien]] größere [[Autonomie]], später auch Unabhängigkeit. Dabei spielte neben der nationalen Frage vor allem die Wirtschaft eine große Rolle: Die durch die günstige Lage zum Westen hin und durch den [[Tourismus]] an der Küste verhältnismäßig wohlhabenden Republiken wollten nicht mehr ärmere und weniger entwickelte Regionen subventionieren. |
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Im Jahr 1519 nannte Papst [[Leo X.|Leo X.]] die Kroaten {{lang|la|''[[Antemurale Christianitatis]]''|de=Bollwerk des Christentums}}, weil sie als letztes Bollwerk gegen die Ausbreitung des Osmanischen Reiches gen Westen erfolgreich Widerstand leisteten. Die türkischen Einheiten stießen bis in die Region des heutigen [[Karlovac]] vor. Nachdem das christliche ungarische Heer von den Türken in der [[Schlacht bei Mohács (1526)|Schlacht bei Mohács]] im Jahre 1526 aufgerieben worden war, bedrohte die Lage auch das übrige Europa. Das Ergebnis der Verteidigungsbemühungen der Kroaten im 15. Jahrhundert waren 30 Kriegszüge und 70 zerstörte Städte. |
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In der zunehmend vergifteten Atmosphäre waren Angstpropaganda und gegenseitige Verleumdungen an der Tagesordnung. |
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[[Ladislaus (Neapel)|Ladislaus von Neapel]] verkaufte im Jahr 1409 Dalmatien für 100.000 Dukaten an Venedig.<ref>Friedrich Jäger: ''Bosniaken, Kroaten, Serben. Ein Leitfaden ihrer Geschichte.'' Lang, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-631-37503-4, S. 53.</ref> Die Venezianer konnten daraufhin ihr Einflussgebiet ausdehnen und herrschten außer in Dalmatien bis 1797 auch über den größten Teil Istriens. Die Venezianer gewährten den besetzten kroatischen Städten zwar eine gewisse [[Autonomie]], Oberhäupter der Städte durften jedoch nur venezianische Adelige sein. Die [[Oligarchie|oligarchische]] und kolonialistische Politik Venedigs führte zu Widerstand und Aufständen. |
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== Das unabhängige Kroatien seit 1990 == |
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Nur Dubrovnik (''[[Republik Ragusa|Ragusa]]'') konnte durch geschickte Politik vom 14. Jahrhundert bis in die [[Napoléon Bonaparte|napoleonische]] Zeit seine politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit als [[Stadtstaat]] bewahren. Im 16. Jahrhundert war die Handelsflotte Dubrovniks mit über 300 Schiffen die drittgrößte im [[Mittelmeerraum]]. Erst die Truppen Napoléon Bonapartes beendeten die Herrschaft Venedigs über den Großteil der kroatischen Küste. |
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Während die Kriegshandlungen in [[Slowenien]] binnen kurzer Zeit zugunsten Sloweniens eingestellt wurden, entbrannte in Kroatien und auch [[Bosnien-Herzegowina]] ein viele Jahre dauernder [[Balkankonflikt|Bürgerkrieg]]. |
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== Neuzeit == |
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=== Unter den Habsburgern (1527–1918) === |
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{{Hauptartikel|Kroatien in der Donaumonarchie}} |
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Das 16. Jahrhundert war im [[Königreich Kroatien und Slawonien]] großteils von kriegerischen Auseinandersetzungen gegen die Osmanen geprägt. Nach der [[Schlacht bei Mohács (1526)|Schlacht bei Mohács]] 1527 erkannte der kroatische Adel [[Ferdinand I. (HRR)|Ferdinand I.]] von Habsburg als König von Kroatien und Ungarn an, auch als Gegenleistung für die Verteidigungsführung gegen die Türken. |
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Der von den Osmanen eroberte Teil Slawoniens wurde stark verwüstet, die Einwohnerzahlen und die damit verbundenen Steuerleistungen sanken während der über 150 Jahre dauernden Herrschaft erheblich ab.<ref>Karl Kaser: ''Freier Bauer und Soldat. Zur Kunde Südosteuropas.'' Böhlau, Wien 1997, ISBN 3-205-98614-8, S. 29ff.</ref> Zur Verteidigung gegen die Osmanen wurde die [[Militärgrenze]] geschaffen. In Kroatien entstanden die [[Slawonische Militärgrenze|Slawonische]] und die [[Kroatische Militärgrenze]]. Dort wurden vor allem Serben angesiedelt, aus denen die [[Krajina-Serben]] entstanden. Zwischen den Grenzverteidigungssystemen beider Seiten entstand Ende des 16. Jahrhunderts für etwa hundert Jahre ein großes unbesiedeltes Waldgebiet.<ref>Hannes Grandits: ''Familie und sozialer Wandel im ländlichen Kroatien (18.–20. Jahrhundert).'' (= ''Zur Kunde Südosteuropas'' 2/32) Böhlau, Wien 2002, ISBN 3-205-99486-8, S. 68f.</ref> |
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Als nach den ersten freien Wahlen [[1990]] die [[HDZ]] unter [[Franjo Tudjman|Franjo Tuđman]] in Kroatien mit Abstand gewann, und der Trend zur Unabhängigkeit, aber auch steigender Nationalismus offensichtlich wurden, war es leicht, den [[Krajina]]-Serben einzureden, sie seien in einem solchen Staat in ihrer Existenz gefährdet. Dabei spielten vor allem die von der Belgrader Regierung kontrollierten serbischen Medien eine große Rolle. |
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[[Datei:Blaeu 1645 - Sclavonia Croatia Bosnia cum Dalmatiæ parte.jpg|mini|Karte von Slawonien, Kroatien, Bosnien und einem Teil Dalmatiens (1645).]] |
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Die Belgrader Regierung versorgte sie mit Waffen, damit sie sich gegen die Kroaten „verteidigen“ konnten, von denen man sie glauben machte, sie wollten das Ustascha-Regime wiederauferstehen lassen. Straßensperren wurden errichtet, um Nicht-Serben davon abzuhalten, in das als ''serbisch'' proklamierte Gebiet der Krajina zu gelangen. Als die kroatische Regierung Polizisten sandte kam es zu ersten Kämpfen. Der Krieg in Kroatien war ausgebrochen. |
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Im Lauf des 17. Jahrhunderts erlitten die Osmanen einige Niederlagen. Die [[Zweite Wiener Türkenbelagerung|Niederlage des Türkenheeres]] 1683 vor Wien und die darauf einsetzende Befreiung des Teils der kroatischen Gebiete unter osmanischer Herrschaft brachte Kroatien schließlich nach den langen Türkenkriegen den Frieden. Im [[Frieden von Karlowitz]] 1699 mussten die Osmanen Ungarn und das heutige Slawonien aufgeben. Osmanisch blieb aber noch das [[Türkisches Kroatien|Türkische Kroatien]] im Westen von Bosnien. Die entvölkerten Gebiete Slawoniens wurden wieder durch kroatische Rückkehrer, aber auch durch serbische und deutsche Kolonisten wiederbesiedelt.<ref>Wolfgang Kessler: ''Zur Geschichte des Buchdrucks im binnenkroatischen Raum bis zum Beginn der „Illyrischen Bewegung“.'' In: Detlef Haberland, Tünde Katona (Hrsg.): ''Buch- und Wissenstransfer in Ostmittel- und Südosteuropa in der Frühen Neuzeit. Beiträge der Tagung an der Universität Szeged vom 25.-28. April 2006.'' Verlag Oldenbourg, München 2007, ISBN 3-486-58541-X, S. 215–280, hier S. 216f.</ref> |
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Durch die [[Kroatische Pragmatische Sanktion]] 1712 erkannte der Kroatische [[Sabor]] das Erbrecht der weiblichen Linie der Habsburger an. Mit Rücksicht auf den ungarischen Adel wurde dieser Beschluss von [[Wien]] nie offiziell bestätigt, stattdessen wurde Kroatien 1723 zum unauflösbaren Bestandteil der ungarischen [[Stephanskrone]] erklärt. |
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Zu schwereren Kämpfen kam es im Herbst 1991 in [[Vukovar]] im Osten Slawoniens. Dabei kam es zu den ersten großen Massakern an Zivilisten im Laufe des Balkankriegs. Näheres unter [[Vukovar#Geschichte]]. |
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Ab 1756 stieg [[Varaždin]], eine Stadt nördlich von [[Zagreb]], zur faktischen Hauptstadt des [[Dreieiniges Königreich Kroatien, Slawonien und Dalmatien|Königreiches Kroatien, Slawonien und Dalmatien]] auf. 1776 wurden große Teile der Stadt durch einen Brand zerstört, woraufhin der kroatische königliche Rat nach Zagreb zog. |
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Bald griff die Bundesarmee, die nach der de-facto Auflösung des Bundesparlaments keiner zivilen Kontrolle mehr unterstand, auf Seiten der Aufständischen Serben in den Konflikt ein, während aus Polizei und [[Territorialverteidigung]] die kroatische Armee improvisiert wurde. |
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Kaiser [[Joseph II.]] hob die Verfassung Ungarns auf und führte eine [[Zentralismus|Zentralisierung]] des Reiches durch. Als er auf Druck der inländischen Opposition Ungarn und Kroatien die verfassungsmäßigen Rechte zurückgab, fällte der kroatische Landtag 1790 in Zagreb den Beschluss, dass die kroatischen Gespanschaften sich so lange unter die Gewalt der ungarischen Regierung begeben, bis das kroatische Territorium auch jene Gebiete miteinschlösse, die sich wie Dalmatien und Istrien unter venezianischer Herrschaft befanden. |
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Serben errichteten in der Krajina die sogenannte [[Republik Serbische Krajina]], welche etwa 30% der Staatsfläche Kroatiens umfasste. Während die westlichen Regionen tatsächlich mit großer Mehrheit serbisch bevölkert waren, hatten Westslawonien um [[Okucani|Okučani]] und [[Pakrac]] sowi Ostslawonien sehr gemischte Bevölkerungen. Hier kam es zu Massenvertreibungen. Allerdings kam es auch im kroatischen Kernland, vor allem in Slawonien und Dalmatien, zur Inhaftierung und Ausweisung von Tausenden serbischer Zivilisten. |
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In der franzisko-josephinischen Epoche erlebte die kroatische [[Geschichtsschreibung]] ihre Geburt als wissenschaftliche Disziplin. Die umfangreichen Quellenausgaben und Gesamtdarstellungen trugen zu einer umfassenden Aufarbeitung der nationalen Vergangenheit bei und fanden breiten Anklang in der Öffentlichkeit. Damit wurde ein Mobilisierungsmittel für die künftigen nationalen Auseinandersetzungen geliefert, dessen unmittelbare Folge die Forderung nach einer politischen Aktion für ein freies politisches Leben der Kroaten war. |
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Der HDZ-Regierung gelang es, mit Hilfe von Kriegsgesetzen bei Wahrung einer äußerlichen Demokratie autoritäre Maßnahmen gegen Minderheiten und Regimekritiker durchzuführen. Die [[katholische Kirche]] bekam großen Einfluss auf das politische Geschehen. |
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[[Napoleon Bonaparte|Napoleon]] griff die Bezeichnung Illyrien, die für kroatische und slowenische Gebiete verwendet wurde, wieder auf, indem er von 1805 beziehungsweise 1809 bis 1813 die ''[[Illyrische Provinzen|Provinces Illyriennes]]'' errichtete. Nach seinem Dekret von 1811 standen zum ersten Mal [[Slowenien|slowenische]] und kroatische Gebiete wie [[Krain]], [[Kärnten]], Istrien, [[Zivilkroatien]], Dalmatien, Dubrovnik und die Militärgrenze unter einer Verwaltung. Der französische Marschall [[Auguste Frédéric Louis Viesse de Marmont]] setzte sich für die Einführung der Volkssprache, die er Illyrisch nannte, in den öffentlichen Dienst ein. |
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[[1993]] waren Teile der kroatischen Armee im Krieg in [[Bosnien-Herzegowina]] involviert. |
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Nach den großen, wenn auch nur kurzlebigen Veränderungen der napoleonischen Zeit waren die kroatisch-magyarischen Beziehungen von einem wachsenden Konflikt geprägt. Die Kroaten ließen sich vom österreichischen Kaiser 1848 gegen die ungarische Nationalitätenpolitik gewinnen, weil sie darin einen Kampf gegen die [[Magyarisierung]]spolitik im Königreich Ungarn sahen. |
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=== Oluja und Blijesak === |
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[[Datei:Dragutin Weingärtner, Hrvatski sabor 1848. god.jpg|mini|''Zusammenkunft des kroatischen Parlaments 1848'' unter dem [[Ban]] [[Josip Jelačić]] (Gemälde von [[Dragutin Weingärtner]]).]] |
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''Oluja'' (''Aktion Sturm'') bezeichnet die kroatische Rückeroberung der Krajina, ''Blijesak'' (''Aktion Blitz'') ist das Äquivalent in Westslawonien. |
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Der Kroatische Ban [[Josip Jelačić von Bužim]] kämpfte für die Idee eines Kaiserreiches, in dem alle Völker gleichberechtigt leben, und erklärte am 19. April 1848 die Beziehungen zu Ungarn für beendet. Er nahm 1848 an der blutigen Niederschlagung der [[Revolution von 1848/1849 im Kaisertum Österreich|bürgerlichen Revolution]] in [[Wien]] Teil und ermöglichte so den Aufstieg des [[Neoabsolutismus]]. |
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Nach der Niederschlagung der [[Wiener Oktoberaufstand 1848|Wiener Revolution]] wurde Kroatien weiterhin als ungarisches [[Nebenland]] behandelt. Infolge des [[Österreichisch-Ungarischer Ausgleich|österreichisch-ungarischen Ausgleiches]] von 1867 folgte der [[Ungarisch-Kroatischer Ausgleich|ungarisch-kroatische Ausgleich]], der den Kroaten in den Ländern der Heiligen Stephanskrone eine beschränkte Autonomie zugestand. Dalmatien, Istrien und die [[Österreichische Riviera]] blieben jedoch administrativ in der [[Cisleithanien|österreichischen Reichshälfte]], obwohl die Mehrheit der Kroaten eine Wiedervereinigung wünschte. |
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1995 eroberten die kroatische Armee und Spezialeinheiten der Polizei die sogenannte ''Republik Serbische Krajina'' von den Serben zurück. Es ist bekannt, dass die Aktion von langer Hand und teilweise mit deutscher und amerikanischer Unterstützung geplant war. |
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=== Im ersten Jugoslawien (1918–1941) === |
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Ausgenommen waren die ebenfalls serbisch kontrollierten Gebiete an der Grenze zur [[Vojvodina]], Ostslawonien um [[Vukovar]] und die [[Baranja]]. Diese kamen unter eine provisorische UN-Verwaltung ([[UNTAES]] - ''United Nations Transitional Administriation of Eastern Slavonia, Baranja and Western Syrmia'') und wurden erst 1998 auf friedliche Weise in Kroatien wiedereingegliedert. |
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{{Hauptartikel|Kroatien im Königreich Jugoslawien}} |
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Während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] 1917 vereinbarten das [[Jugoslawisches Komitee|Jugoslawische Komitee]], das von aus [[Österreich-Ungarn]] emigrierten südslawischen Politikern gegründet wurde, und die Exilregierung des [[Königreich Serbien|Königreiches Serbien]], in der ''[[Deklaration von Korfu]]'' die Errichtung eines gemeinsamen Staates der Serben, Kroaten und Slowenen. |
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Nach der Niederlage der [[Mittelmächte]] erklärte der neu gebildete ''Nationalrat der Slowenen, Kroaten und Serben'' Österreich-Ungarns, dem auch der letzte kroatische [[Sabor]] seine Befugnisse übertragen hatte, am 29. Oktober 1918 in Zagreb die Loslösung der südslawischen Länder von der österreichisch-ungarischen Monarchie. Diese Länder bildeten anschließend den [[Staat der Slowenen, Kroaten und Serben]]. Dem Nationalrat gelang es jedoch nicht, eine Einigung zu erzielen, vielmehr herrschte in großen Teilen seines Territoriums praktisch [[Anarchie]]. Zudem begannen italienische Truppen mit der Besetzung von Gebieten längs der Ostküste der Adria, als Vorgriff auf die im [[Londoner Vertrag 1915|Londoner Vertrag von 1915]] von den Alliierten zugesagte Annexion großer Teile Dalmatiens. Angesichts dessen beschloss der Nationalrat im November 1918 die sofortige Vereinigung mit dem Königreich Serbien. |
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Während und nach diesen Aktionen flohen die weitaus meisten der dortigen serbischen Bevölkerung, großteils in die [[Republika Srpska]] in [[Bosnien-Herzegowina]] und nach [[Serbien und Montenegro]], aber auch in die UNTAES-Zone. In Kroatien ist dabei bis heute umstritten, ob es sich um geplante Vertreibungen von Seiten der kroatischen Streitkräfte gehandelt hat. Es wird oft behauptet, die politische Führung der Krajina-Serben habe die Evakuierung angeordnet. Tatsache ist jedoch, das etwa 80 - 90 % der verlassenen serbischen Häuser vernichtet oder von Kroaten aus Bosnien in Beschlag genommen wurden, was die Rückkehr der serbischen Bevölkerung bis heute sehr schwierig macht. Doch auch hier ist umstritten, welche Rolle die Streitkräfte hatten und inwiefern es sich um Zerstörungen von rückkehrenden kroatischen Zivilisten handelt. |
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[[Alexander I. (Jugoslawien)|Aleksandar I. Karađorđević]], Thronfolger und Prinzregent von Serbien, proklamierte daraufhin am 1. Dezember 1918 das [[Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen]] (''Kraljevina Srba, Hrvata i Slovenaca'', abgekürzt auch ''SHS-Staat''). |
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Von den ursprünglich mehr als 220.000 geflohenen Serben sind mindestens ca. 140.000 bis heute nicht zurückgekehrt. Dazu tragen auch weiterhin hohe ethnische Spannungen in diesen Regionen bei. In der Krajina gibt es seitdem keine größeren geschlossenen serbischen Siedlungsgebiete mehr. |
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[[Datei:Österreich-Ungarns Ende.png|mini|Aufteilung Österreich-Ungarns nach den [[Pariser Vorortverträge]]n (1919).]] |
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Wegen Verbrechen an der Menschlichkeit, die sie im Zuge von Oluja und Blijesak angeordnet oder zumindest bewusst zugelassen haben sollen, sind mehrere hohe kroatische Offiziere vor dem [[Internationaler Gerichtshof|internationalen Gerichtshof]] in [[Den Haag]] angeklagt, so unter anderem der seit 2001 flüchtige General [[Ante Gotovina]], damals Kommandant der in [[Zadar]] stationierten Einsatztruppe West. |
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In den Friedensverhandlungen gelang es dem ersten Außenminister des neuen Staates, dem aus Dalmatien stammenden vormaligen Vorsitzenden des Südslawischen Komitees, [[Ante Trumbić]], einen Anschluss Dalmatiens an Italien zu verhindern. Lediglich die Stadt Zadar und das ehemalige [[Österreichisches Küstenland|österreichische Küstenland]], das auch Istrien umfasste, kamen zu Italien. [[Rijeka]] wurde zunächst zur [[Unabhängiger Freistaat Fiume|Freistadt]] erklärt, dann aber von irregulären italienischen Truppen besetzt. Der Streit um die Zugehörigkeit der Stadt wurde 1924 durch einen Vertrag beigelegt, der Rijeka bei Italien beließ. Die unmittelbar östlich angrenzende Stadt [[Sušak]] wurde hingegen dem SHS-Königreich zugesprochen. |
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In den Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung des ''Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen'', bei denen in Kroatien erstmals das allgemeine Wahlrecht für Männer galt, gewann in Kroatien-Slawonien die 1904 gegründete [[Kroatische Bauernpartei]] unter [[Stjepan Radić]], die vor dem Krieg nur eine geringe Rolle gespielt hatte, die absolute Mehrheit. In Dalmatien behielten zunächst bürgerliche Gruppierungen aus dem Umfeld des vormaligen ''Südslawischen Komitees'' die Mehrheit. |
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Kroatien hat mit der Vertreibung der Krajina-Serben die gleichen Probleme wie [[Serbien und Montenegro]] mit den Ethnischen säuberungen im [[Kosovo]]: Man ist anscheinend nicht bereit die eigene Verantwortung abzuarbeiten. |
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[[Datei:Stjepan Radić (2).jpg|mini|Stjepan Radić (1871–1928)]] |
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''Ich hoffe, ich hab's halbwegs neutral getroffen, bitte um Daten, Namen etc. erweitern'' |
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Die Kroatische Bauernpartei lehnte die Gründung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen in der Form, in der sie stattgefunden hatte, ab, und verlangte unter Berufung auf das vom US-amerikanischen Präsidenten [[Woodrow Wilson]] proklamierte [[Selbstbestimmungsrecht der Völker]] die Anerkennung eines separaten Selbstbestimmungsrechtes für Kroatien und die anderen südslawischen Völker. Zudem lehnte sie die [[Monarchie|monarchische]] Staatsform ab und verlangte die Gründung einer [[Republik]]. |
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Da im Prozedere der verfassunggebenden Versammlung ein [[Vetorecht]] der einzelnen Völker nicht vorgesehen war, und zudem die monarchische Staatsform nicht in Frage gestellt werden durfte, wurde sie von Abgeordneten der Kroatischen Bauernpartei boykottiert. Sie erarbeiteten stattdessen die Verfassung der „Bauernrepublik Kroatien“, die Teil einer zukünftigen Konföderation südslawischer Bauernrepubliken werden sollte. Die Idee blieb jedoch wegen der realen Machtverhältnisse bloß Makulatur. |
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=== 1996 - heute === |
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Wegen des Boykotts der Kroatischen Bauernpartei und des Fehlens der [[Kommunistische Partei Jugoslawiens|Kommunistischen Partei Jugoslawiens]], die kurz nach den Wahlen als „staatsfeindlich“ verboten wurde, war die verfassunggebende Versammlung geschrumpft. Sie verabschiedete 1921 mit knapper Mehrheit eine Verfassung, die eine zentralistische Staatsorganisation und die Auflösung der historischen Provinzen vorsah, was den [[Serben]] als zahlenmäßig größtem Volk [[de facto]] die Vorherrschaft sicherte. |
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Am 6 November 1996 wird Kroatien in den [[Europarat]] aufgenommen. |
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Die Kroatische Bauernpartei verzeichnete daraufhin regen Zulauf und wurde auch in Dalmatien und bei den Kroaten [[Bosnien-Herzegowina]]s zur stärksten Partei. Nachdem sie mit einer bloßen Boykottpolitik keinen Erfolg gehabt hatte, gab sie den Boykott des Zentralparlamentes und die Ablehnung der Monarchie auf, und beteiligte sich zeitweise an der Zentralregierung. Zu einer dauerhaften Übereinkunft der unterschiedlichen politischen Kräfte über die künftige Staatsordnung des südslawischen Königreiches kam es aber nicht. |
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Nach dem Tod Tuđmans am 11. Dezember [[1999]] und den Parlamentswahlen am [[3. Januar]] [[2000]] kam es zum ersten Regierungswechsel in 10 Jahren. Eine breite [[Koalition]] aus sechs bisherigen [[Opposition]]sparteien unter Führung der [[SDP]] übernahm die Regierung. |
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Präsident wurde nun [[Stipe Mesic|Stipe Mesić]] und Premier [[Ivica Racan|Ivica Račan]]. |
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Am 20. Juni 1928 erschoss der Abgeordnete der serbischen [[Radikale Volkspartei|Radikalen Volkspartei]] [[Puniša Račić]] in einer Parlamentssitzung vier Abgeordnete der kroatischen Bauernpartei und verletzte den Parteivorsitzenden [[Stjepan Radić]] tödlich. Daraufhin ließ König Aleksandar alle politischen Parteien verbieten und rief die Diktatur aus. Eine neue Verfassung wurde ausgerufen und das Land in [[Königreich Jugoslawien]] umbenannt. Die kroatisch-nationalistische [[Ustascha]]-Bewegung schwor Rache und rief zum bewaffneten Kampf gegen „die serbischen Unterdrücker“ auf. Im Rahmen dieses Kampfes fiel König [[Alexander I. (Jugoslawien)|Aleksandar I.]] im Oktober 1934 in [[Marseille]] einem Attentat zum Opfer. |
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Die anfängliche Euphorie bei vielen Gegnern der HDZ legte sich schnell, als offensichtlich wurde, dass die erhofften Veränderungen nicht über Nacht stattfinden konnten. |
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[[2001]] kam es zu ersten internen Konflikten um die Zusammenarbeit mit dem [[Internationaler Gerichtshof|internationalen Gerichtshof]] in [[Den Haag]], und die HSLS unter [[Drazen Budisa|Dražen Budiša]] verließ die Regierung. |
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Der [[Koalition]]sregierung wird oft vorgeworfen, sie sei zu zögerlich mit der Aufarbeitung von 10 Jahren HDZ-Regierung vorgegangen und habe vor wichtigen Reformen zurückgeschreckt. |
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=== Satellitenstaat im Zweiten Weltkrieg === |
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Am 21 Februar 2003 stellte Kroatien den Beitrittsantrag zur [[Europäische Union|Europäischen Union]]. Die Chancen für eine Aufnahme in die EU in der zweiten Erweiterungsrunde (neben [[Bulgarien]] und [[Rumänien]]) werden als gut eingeschätzt. Größte Stolpersteine sind dabei nicht sosehr die Wirtschaft wie gesellschaftliche Themen - unter anderem die Aufarbeitung des Krieges. Besonders die [[Niederlande]] und [[Großbritannien]] haben angekündigt, vor der Verhaftung [[Ante Gotovina]]s auf keinen Fall grünes Licht geben zu wollen. Bei einem Beitritt währe Kroatien der zweite Nachfolgestaat des ehemaligen Jugoslawien welcher Mitglied der Union wird. |
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{{Hauptartikel|Unabhängiger Staat Kroatien}} |
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[[Datei:Ndh 1941.png|mini|Der Unabhängige Staat Kroatien, eingeteilt in eine deutsche und italienische Besatzungszone und ohne die von Italien annektierten Küstengebiete und Inseln (1941–1943).]] |
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Nach dem Beitritt Jugoslawiens zum [[Dreimächtepakt]] kam es zu einem von [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] unterstützten Putsch serbischer Offiziere gegen den serbischen Prinzregenten Paul. Obwohl die neue jugoslawische Regierung versuchte, sich mit dem [[Deutsches Reich 1933 bis 1945|Deutschen Reich]] zu verständigen, antwortete Deutschland am 6. April 1941 mit einem Überfall auf [[Jugoslawien]]. Binnen vier Wochen wurde die Armee des Königreichs Jugoslawien von den [[Achsenmächte]]n vernichtend geschlagen, die jugoslawische Regierung kapitulierte und König [[Peter II. (Jugoslawien)|Petar II. Karađorđević]] floh ins Exil nach Großbritannien. |
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Nachdem die Kroatische Bauernpartei die Kollaboration mit der deutschen Besatzungsmacht abgelehnt hatte, übergab sie die Macht in Kroatien der [[Faschismus|faschistischen]] [[Ustascha]]-Bewegung unter der Führung von [[Ante Pavelić]]. Die Ustascha proklamierte während des [[Balkanfeldzug]]es am 10. April 1941 den „[[Unabhängiger Staat Kroatien|Unabhängigen Staat Kroatien]]“ ({{lang|hr|''Nezavisna Država Hrvatska''}}). Dies war ein [[Vasallenstaat]] der [[Achsenmächte]], der politisch und militärisch von Deutschland gestützt wurde, insbesondere bei den ab 1942/43 aufkommenden Kämpfen gegen die [[Jugoslawische Volksbefreiungsarmee|jugoslawischen Partisanen]] unter Führung von [[Josip Broz Tito]] und anfangs gegen die monarchistisch-jugoslawisch orientierten [[Tschetnik]]s. Ab 1942 kämpften einzelne Tschetnik-Verbände in Kroatien an der Seite der Ustascha gegen die kommunistischen Partisanen und wurden dafür vom NDH-Staat finanziell unterstützt. Große Teile der dalmatinischen Küste einschließlich der Städte Split (Spalato) und [[Šibenik]] (Sebenico) mit den ihr vorgelagerten Inseln wurden an Italien abgetreten. In dieser Zeit kam es zum [[Völkermord an den Serben im Unabhängigen Staat Kroatien]], wobei auch Juden und Roma verfolgt wurden. Eines der berüchtigtsten [[Liste von Konzentrationslagern im Unabhängigen Staat Kroatien|Konzentrationslager]] war das [[KZ Jasenovac]]. |
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Bei den Wahlen im November 2003 wurde die HDZ wieder stimmenstärkste Partei und bildet seither eine Minderheitsregierung mit Unterstützung durch die Pensionistenpartei HSU und weiterer Kleinparteien sowie die meisten Vertreter der ethnischen Minderheiten. |
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1942, noch unter deutscher Besatzung, hatten die Kommunisten das aktive und passive [[Frauenwahlrecht in Südeuropa|Frauenwahlrecht]] anerkannt.<ref name=":4">[[Marie-Janine Calic]]: ''Geschichte Jugoslawiens im 20. Jahrhundert.'' C.H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60645-8, S. 167.</ref> Die volle rechtliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Gleichberechtigung der Geschlechter wurde erstmals in der Verfassung von 1946 garantiert.<ref name="Calic216">[[Marie-Janine Calic]]: ''Geschichte Jugoslawiens im 20. Jahrhundert.'' C.H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60645-8, S. 216.</ref> Eine abweichende Quelle nennt für die Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts den 11. August 1945.<ref name="Martin95">Mart Martin: ''The Almanac of Women and Minorities in World Politics.'' Westview Press Boulder, Colorado, 2000, S. 95.</ref> |
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''Siehe auch:'' |
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[[Liste der Kroatischen Könige]], |
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[[Liste der Bane von Kroatien]], |
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[[Liste der Präsidenten und Ministerpräsidenten von Kroatien]], |
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[[Geschichte Jugoslawiens]], |
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[[Balkankonflikt]] |
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Das am 29. November 1943 im bosnischen [[Jajce]] als provisorische Regierung gegründete Nationalkomitee des [[Antifaschistischer Rat der Nationalen Befreiung Jugoslawiens|Antifaschistischen Rates der Nationalen Befreiung Jugoslawiens]] (AVNOJ) erhob wegen seiner Rolle bei der Befreiung Kroatiens vom Faschismus den Führungsanspruch. In der Folge wurde 1943 der [[Antifaschistischer Landesrat der Volksbefreiung Kroatiens|Antifaschistische Landesrat der Volksbefreiung Kroatiens]] (ZAVNOH) als oberstes Repräsentationsorgan Kroatiens gegründet. Die Partisanen schafften es, durch breite Unterstützung in der Bevölkerung, aber auch durch geschicktes Taktieren mit den [[Alliierte]]n, ihre Macht in weiten Teilen Kroatiens und Bosnien-Herzegowinas auszubauen und zu festigen. |
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== Weblinks: == |
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* [http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/laenderinfos/laender/laender_ausgabe_html?type_id=9&land_id=88 Geschichte Kroatiens] ([[Auswärtiges Amt]]) |
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== Zeitgeschichte == |
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* [http://www.hr/darko/etf/et01.html#dukes Zusammenfassung der früheren Kroatischen Geschichte (Englisch)] |
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=== Im zweiten Jugoslawien (1945–1991) === |
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{{Hauptartikel|Sozialistische Republik Kroatien}} |
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[[Datei:Locator map Croatia in Yugoslavia.svg|mini|Lage der [[Sozialistische Republik Kroatien|Sozialistischen Republik Kroatien]] in Jugoslawien.]] |
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Kroatien wurde nach dem Kriegsende entsprechend den Beschlüssen der zweiten [[Antifaschistischer Rat der Nationalen Befreiung Jugoslawiens|AVNOJ]]-Konferenz zu einer von sechs Teilrepubliken der neu gegründeten „Föderativen Volksrepublik Jugoslawien“ (''Federativna Narodna Republika Jugoslavija''), die ab 1963 „[[Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien]]“ (''Socijalistička Federativna Republika Jugoslavija'') hieß. Ebenso wie in den anderen Teilrepubliken und „autonomen Provinzen“ wurde in Kroatien der [[Sozialismus]] eingeführt. Politische Gegner und besonders ehemalige Anhänger der Ustascha wurden in den ersten Jahren verfolgt und auch hingerichtet, woraufhin viele aus dem Land flohen und ihre Tätigkeit in der [[Diaspora]] fortsetzten. Privateigentum der Oberschicht wurde konfisziert, Unternehmen, Gebäude und Ländereien enteignet und verstaatlicht. |
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Die einst große [[Jugoslawiendeutsche|deutschsprachige Minderheit]] im Osten des Landes, in [[Slawonien]], der [[Gespanschaft Osijek-Baranja|Baranja]] und [[Syrmien]], wurde unter dem Vorwurf der kollektiven Kollaboration mit den faschistischen Besatzern fast vollständig enteignet und vertrieben. In ihren Häusern wurden vorwiegend Serben angesiedelt. Ebenso wurde die Mehrzahl der [[Italiener]] in Istrien und in Küstenstädten wie Rijeka, Zadar und Split [[Vertreibung#Weitere Vertreibungen während und nach dem Zweiten Weltkrieg|vertrieben]]. Im Gegensatz zu den Deutschsprachigen wurden die im Lande verbliebenen Italiener jedoch als nationale Minderheit anerkannt und erhielten Minderheitenrechte, die im Rahmen der Verträge zwischen Jugoslawien und Italien zur Regelung der [[Triest]]-Frage auch international garantiert wurden. |
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''Weitere Artikel zum Thema Südosteuropa unter'' '''[[Portal Südosteuropa]]''' |
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Nach dem Bruch zwischen Tito und [[Josef Stalin|Stalin]] 1948 und besonders nach den Reformen der 1960er Jahre nahm die Entwicklung der politischen Praxis in Jugoslawien ihren eigenen Lauf. Hervorzuheben sind eine zunehmende Öffnung zum Westen hin, die Duldung privater Familienbetriebe und landwirtschaftlicher Güter bis zu einer maximalen Größe von 20 Hektar und die relative Nichteinmischung des Staates in private Angelegenheiten. Öffentlich auftretende politische Gegner mussten aber weiterhin mit Repressionen rechnen. |
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[[en:History of Croatia]] |
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[[hr:Povijest_Hrvata]] |
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Durch die weitgehende Öffnung des Landes zum Westen hin konnte sich der Tourismus an der Adriaküste entfalten. Bis zum Zusammenbruch Jugoslawiens war der Tourismus eine der wichtigsten Devisenquellen, neben der Entsendungen von Gastarbeitern (kroatisch {{lang|hr|''gastarbajteri''}}). In den Großräumen Zagreb, Rijeka und [[Osijek]] konnte sich auch Industrie entwickeln, während [[Dalmatien]], die [[Lika]] und die kroatischen Inseln in dieser Hinsicht unterentwickelt blieben und von einer massiven [[Landflucht]] gezeichnet waren. Kroatien war vor allem wegen des Tourismus und der vergleichsweise hohen Produktivität seiner Wirtschaft eine der wohlhabendsten Republiken Jugoslawiens. Die Tatsache, dass Kroatien einen großen Teil seiner Deviseneinnahmen an die Zentralregierung abführen musste und folglich notwendige Investitionen in Kroatien ausblieben, führte zu Unmut. |
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Ende der 1960er Jahre begann der sogenannte [[Kroatischer Frühling|Kroatische Frühling]] (''maspokret''), eine Reformbewegung, die von Intellektuellen gegründet und getragen wurde und bald darauf auch die Zagreber Parteispitze erfasste. Die Vertreter des Kroatischen Frühlings forderten eine Reihe von ökonomischen, demokratischen und nationalen Maßnahmen wie die stärkere Autonomie der Republiken, die Reduzierung von Zahlungen an die Zentralregierung und ärmere Republiken und den Bau der Autobahnen [[Autocesta A1|Zagreb-Split]] und [[Autocesta A6|Zagreb-Rijeka]]. |
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Am Beginn des Kroatischen Frühlings stand unter anderem der Sprachenstreit um die Stellung der [[Kroatische Sprache|kroatischen Sprache]] in Jugoslawien. Offiziell war diese als „westliche Variante“ der [[Serbokroatische Sprache|serbokroatischen Sprache]] mit der „östlichen Variante“, dem [[Serbische Sprache|Serbischen]], gleichgestellt, de facto überwog jedoch vor allem im staatlichen Sprachgebrauch und in der Öffentlichkeit die serbische Variante, während die Verwendung spezifisch kroatischer Formen als „nationalistische Abweichung“ angesehen wurde. Als Reaktion darauf unterzeichneten zahlreiche kroatische Intellektuelle, darunter Wissenschaftler und Schriftsteller wie [[Miroslav Krleža]], am 17. März 1967 eine „Deklaration über die Bezeichnung und Stellung der kroatischen Literatursprache“, in der sie die offizielle Anerkennung der Eigenständigkeit der kroatischen Sprache forderten. |
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Begünstigt durch die Liberalisierung der politischen Öffentlichkeit in Jugoslawien nach dem Sturz des Innenministers [[Aleksandar Ranković (Politiker)|Aleksandar Ranković]] wurden erstmals seit der Machtübernahme der Kommunisten auch andere Themen wirtschaftlicher und politischer Art zunehmend kritisch öffentlich diskutiert. Die Führung des Bundes der Kommunisten Kroatiens unter [[Savka Dabčević-Kučar]] unterstützte die Liberalisierung und machte sich Teile der öffentlich erhobenen Forderungen zu eigen. Zwar wurde die Führungsrolle der Kommunistischen Partei nicht in Frage gestellt, doch lösten sich gesellschaftliche Organisationen wie der traditionelle Kulturverband „Matica Hrvatska“ und der von [[Dražen Budiša]] geleitete Studentenverband der [[Universität Zagreb]] vom Einfluss der Partei und begannen selbständig aufzutreten. Der Unmut in Kroatien entlud sich schließlich in Demonstrationen. |
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Die Parteiführung auf Bundesebene stand der Entwicklung in Kroatien zunächst abwartend gegenüber, zumal die Person Titos in der kroatischen Öffentlichkeit nicht direkt kritisiert wurde, vielmehr wurde um Titos Unterstützung geworben. Von den Kreisen der [[Jugoslawische Volksarmee|jugoslawischen Armee]] und des [[Uprava državne bezbednosti|jugoslawischen Geheimdienstes]] wurde jedoch zunehmend ein Eingreifen gegen die angeblich die Einheit Jugoslawiens bedrohende Entwicklung in Kroatien gefordert. Schließlich zwang Tito am 29. November 1971 die gesamte Führung des Bundes der Kommunisten Kroatiens zum Rücktritt. Sie wurde durch eine neue linientreue Parteiführung ersetzt, die der politischen Liberalisierung sofort ein Ende setzte. Bis Mitte 1972 wurden in diesem Zusammenhang 550 Personen festgenommen und insgesamt 2000 Menschen verurteilt. |
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Die Forderung nach einer größeren wirtschaftlichen Selbständigkeit der Teilrepubliken Jugoslawiens wurde durch die neue Verfassung von 1974 teilweise erfüllt, eine politische Liberalisierung hingegen bis in die zweite Hälfte der 1980er Jahre nicht zugelassen. In der tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise, in der sich Jugoslawien in den späten 1980er Jahren befand, wuchs ein immer stärkerer Gegensatz zwischen zentralistischen und großserbischen Tendenzen einerseits und dem wiedererwachenden kroatischen [[Nationalbewusstsein]] andererseits. Mit dem Tod Titos 1980 war zudem ein wichtiger Stabilisierungsfaktor weggefallen. |
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Mit dem Ende der sozialistischen Ära in Europa forderten ab 1990 [[Slowenien]] und Kroatien verstärkt den Umbau Jugoslawiens zu einer [[Konföderation]] und die Umorientierung zur [[Parlamentarisches Regierungssystem|parlamentarischen Demokratie]] und [[Marktwirtschaft]]. Der Präsident der [[Sozialistische Republik Serbien|Teilrepublik Serbien]] [[Slobodan Milošević]] setzte sich für einen zentralisierten jugoslawischen Gesamtstaat ein und agitierte gegen [[Albaner]], Kroaten und Slowenen, um ihre Unabhängigkeitsbestrebungen zu verhindern. |
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{{Siehe auch|Titoismus}} |
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=== Krieg und Unabhängigkeit === |
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{{Hauptartikel|Geschichte Kroatiens seit 1990|Kroatienkrieg}} |
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[[Datei:Krajina.png|mini|Von Serben besetzte Gebiete Kroatiens vor der [[Militäroperation Oluja]] im Januar 1995.]] |
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Im Mai 1990 wurden die ersten Wahlen in Kroatien abgehalten. Die von [[Franjo Tuđman]] geführte [[Kroatische Demokratische Gemeinschaft]] (HDZ) ging dabei als Wahlsieger hervor. Die HDZ trat für ein von Jugoslawien unabhängiges Kroatien ein, was bei der serbischen Minderheit in Kroatien und bei der jugoslawischen Zentralregierung in Belgrad auf Ablehnung stieß. |
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Mitte August 1990 wurden während der so genannten [[Baumstammrevolution]] Straßen an den Grenzen der von Serben beanspruchten Gebiete blockiert, um den Verkehr von und zu den Fremdenverkehrsgebieten an der Küste zu sperren. Ein Ende August in der Gegend von Knin organisiertes Referendum führte am 2. September 1990 zur Ausrufung der „Autonomen Region Serbische Krajina“. Ein Eingreifen der [[Polizei (Kroatien)|kroatischen Polizei]] wurde von der [[Jugoslawische Volksarmee|Jugoslawischen Volksarmee]] (JNA) verhindert. Gleichzeitig begann die Vertreibung nichtserbischer Bewohner aus diesen Gebieten. |
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Die kroatische Regierung erklärte am 25. Juni 1991 die Unabhängigkeit Kroatiens, woraufhin die Jugoslawische Volksarmee serbische Paramilitärs mit Waffen und militärischer Ausrüstung versorgte. Mehrere kroatische Städte wie [[Vukovar]], [[Osijek]], [[Karlovac]], [[Split]], [[Zadar]], [[Šibenik]] und [[Dubrovnik]] wurden massiv von der JNA angegriffen. |
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Am 7. Oktober 1991 feuerte ein Kampfflugzeug der JNA eine [[Luft-Boden-Rakete]] in das Zagreber Regierungsgebäude, in dem sich Präsident Tuđman und weitere Regierungsmitglieder befanden. Bei diesem Angriff wurde niemand ernsthaft verletzt. Am folgenden Tag brach das kroatische Parlament ([[Sabor]]) sämtliche staatsrechtlichen Verbindungen mit der SFRJ ab. |
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Es folgten Massenvertreibungen von Kroaten und anderen Bevölkerungsgruppen sowie auch von Serben aus dem Grenzgebiet zu Bosnien-Herzegowina. Vielerorts wurde die Bevölkerung von der JNA, die größtenteils aus serbischen und montenegrinischen Soldaten bestand, der [[Kroatische Armee|kroatischen Armee]] sowie von [[Freischärler]]n aus Serbien im Rahmen „[[Ethnische Säuberung|ethnischer Säuberungen]]“ vertrieben. Die Zahl der Vertriebenen wurde auf über 170.000 geschätzt.<ref name="DW2005">{{Internetquelle |autor=Filip Slavkovic |url=http://www.dw.de/zehn-jahre-nach-ende-des-kroatien-krieges-erinnerung-an-die-entscheidende-offensive/a-1668573-1 |titel=Zehn Jahre nach Ende des Kroatien-Krieges: Erinnerung an die entscheidende Offensive |werk=[[Deutsche Welle]] |datum=2005-08-04 |abruf=2012-11-18}}</ref> Mit Angriffen auf Osijek und [[Schlacht um Dubrovnik|Dubrovnik]] belagerte und bombardierte die JNA Städte, die von einer kleinen serbischen Minderheit bewohnt wurden. In der Grenzstadt [[Vukovar]] kam es zur [[Schlacht um Vukovar]], wobei der größte Teil der Stadt verwüstet wurde und der Großteil der Bevölkerung fliehen musste. Die Stadt wurde im November 1991 von serbischen Truppen erobert. |
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Am 19. Dezember 1991 wurde in den von Serben kontrollierten Gebieten der Krajina die [[Republika Srpska Krajina]] ausgerufen, die völkerrechtlich nicht anerkannt wurde. Ihr schlossen sich die serbisch kontrollierten Gebiete im Osten [[Slawonien]]s und in der [[Komitat Baranya|Baranja]] an. |
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Am 23. Dezember 1991 erklärte die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Außenminister [[Hans-Dietrich Genscher]], als erster Staat im Alleingang die Anerkennung der [[Unabhängigkeit (Politik)|staatlichen Unabhängigkeit]] Kroatiens und Sloweniens. [[Österreich]] folgte, und bis Ende Januar 1992 die Mehrheit der internationalen Staatengemeinschaft, welche sich zuvor noch abwartend verhalten hatte.<ref>[http://www.uni-hildesheim.de/index.php?id=6614&no_cache=1&sword_list[]=Jahrhundert ''Kontinuitäten und Zäsuren in der Geschichte Kroatiens – Schwerpunkt 20. Jahrhundert.''] Kurzzusammenfassung des Vortrags vom 14. April 2008. Prof. Dr. Ludwig Steindorff (Universität Kiel)</ref> |
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Unter Vermittlung der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] kamen mehrere Waffenstillstände zustande, sie wurden von den kriegführenden Parteien wiederholt gebrochen. Die jugoslawische Bundesarmee verlegte schrittweise ihr Waffenarsenal von Kroatien nach Bosnien-Herzegowina, wo der nächste Krieg ausbrach. |
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Von 1992 bis 1993 suchten etwa 700.000 Bosniaken und bosnische Kroaten in Kroatien Schutz und Zuflucht vor dem [[Bosnienkrieg|Krieg in Bosnien]], was einem Bevölkerungszuwachs von über 15 % entspricht. |
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[[Datei:Evstafiev-travnik-refugees.jpg|mini|Bosnische Flüchtlinge in [[Travnik]]]] |
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Anfang 1995 wurde der [[Z4-Plan]], ein Vorschlag über eine friedliche Wiedereingliederung der [[Republika Srpska Krajina]] in den kroatischen Staat unter Garantien weit reichender Autonomie nahe der Souveränität, vorgelegt. Dies wurde von den Krajina-Serben abgelehnt und stattdessen eine Vereinigung mit der [[Republika Srpska]] und [[Serbien]] angestrebt.<ref name="DW2005" /> In der Folge wuchs die Bereitschaft westlicher Staaten, die kroatische Seite bei der Rückeroberung ihres Staatsgebietes zu unterstützen. Im Mai 1995 startete die [[Militäroperation Blitz]], mit der ein serbisch kontrollierter Teil Westslawoniens zurückgewonnen wurde. Als Vergeltung befahl der damalige Präsident der Republika Srpska Krajina, [[Milan Martić]], Raketenangriffe mit [[Streubombe]]n gegen Zagreb ([[Raketenbeschuss auf Zagreb]]), [[Sisak]] und [[Karlovac]], wobei sieben Zivilisten getötet und 176 verwundet wurden. |
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Nach Bekanntwerden des [[Massaker von Srebrenica|Völkermordes in Srebrenica]] eroberte die kroatische Armee in der [[Operation Sommer '95]] Ende Juli 1995 weitere Gebiete in Südbosnien und hatte damit den südlichen Teil der unter serbischen Herrschaft stehenden Krajina von drei Seiten umzingelt. Daraufhin erklärte bei den Verhandlungen über den Z4-Plan in Genf am 3. August der Ministerpräsident der ''Serbischen Republik Krajina'', [[Milan Babić]] gegenüber [[Peter W. Galbraith]], dem US-Botschafter in Kroatien, dass er den Z4-Plan annehmen würde.<ref name="NYTBonner1">{{Internetquelle |autor=Raymond Bonner |url=http://www.nytimes.com/1995/08/04/world/serbs-said-to-agree-to-pact-with-croatia.html |titel=Serbs Said to Agree to Pact With Croatia |werk=[[New York Times]] |datum=1995-08-04 |sprache=en |abruf=2012-11-18}}</ref> Diese Erklärung wurde von Kroatien nicht akzeptiert, da [[Milan Martić]] sich geweigert hatte, den Plan überhaupt entgegenzunehmen. |
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Am 4. August 1995 begann die [[Militäroperation Oluja|Militäroperation Sturm]], die innerhalb weniger Tage nahezu die gesamte [[Republik Serbische Krajina]] unter Kontrolle des kroatischen Staates brachte. Dies führte zu einer Massenflucht der serbischen Bevölkerung. Mehr als 200.000 Serben flohen kurz vor, während und nach der Militäroperation. Unter den Flüchtenden befanden sich auch 35.000 bis 45.000 Kämpfer der [[Armee der Republik Srpska Krajina]]. Der aus Kroatien stammende Belgrader Militärexperte Aleksandar Radic geht davon aus, dass sich die kroatische Seite mit Belgrad über einen Rückzug ohne langwierige serbische Gegenwehr verständigt habe.<ref name="DW2005" /> Belgrad hatte kurz vorher einen entsprechend instruierten Befehlshaber in der Krajina eingesetzt.<ref name="ZEIT2005">{{Literatur |Autor=[[Norbert Mappes-Niediek]] |Online=http://www.zeit.de/2005/51/Ein_General_vor_Gericht/komplettansicht |Titel=Ein General vor Gericht |Sammelwerk=[[Die Zeit]] |Datum=2005-12-15 |Abruf=2012-11-18}}</ref> Milošević, der eigentliche Lenker der kroatischen Serben, habe diese geopfert, weil er sich auf Bosnien konzentrieren musste.<ref name="DW2005" /> Im September wurden in der [[Militäroperation Maestral]] die Serben in Bosnien-Herzegowina weit zurückgedrängt. |
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Im [[Abkommen von Erdut]] am 12. November 1995 vereinbarten die Regierungen Kroatiens und eine serbische Delegation die friedliche Reintegration des verbliebenen Teiles von Kroatien im Osten. Wenige Tage später folgte das [[Abkommen von Dayton]]. |
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Am 6. November 1996 wurde Kroatien Mitglied des [[Europarat]]es. In den Jahren 1996 und 1997 erholte sich die wirtschaftliche Lage des Landes deutlich. |
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Die im [[Abkommen von Erdut]] bezeichneten Gebiete [[Slawonien|Ostslawoniens]], der [[Gespanschaft Osijek-Baranja|Baranja]] und [[Syrmien|Westsyrmiens]] standen zunächst unter die Verwaltung der [[UNTAES]] und wurde am 15. Januar 1998 formell in Kroatien eingegliedert. |
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Präsident Tuđman starb am 11. Dezember 1999. Bei den darauf folgenden Parlamentswahlen am 3. Januar 2000 kam es zum ersten Regierungswechsel in zehn Jahren. Eine breite Koalition aus sechs Parteien unter Führung der [[Socijaldemokratska Partija Hrvatske|SDP]] übernahm die Regierung. [[Stjepan Mesić]] wurde zum [[Staatspräsident|Präsidenten]], [[Ivica Račan]] zum [[Ministerpräsident]]en gewählt. |
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Seit dem 30. November 2000 ist Kroatien Mitglied der [[WTO]], seit dem Oktober 2003 hat es den Status eines [[EU-Beitritt]]skandidaten. |
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[[Datei:Croatian War of Independence Memorial, Zagreb.JPG|mini|Mahnmal für die Opfer des Kroatienkrieges (1991–1995) in Zagreb.]] |
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Bei den Wahlen im November 2003 wurde die [[Hrvatska demokratska zajednica|HDZ]] wieder stärkste Partei. Sie bildete im Dezember eine Minderheitsregierung mit Unterstützung durch die Pensionistenpartei HSU und weiterer Kleinparteien sowie die meisten Vertreter der nationalen Minderheiten. Neuer Ministerpräsident wurde [[Ivo Sanader]]. Kroatien verfolgt nun eine aktive Kampagne zur Rückkehr der serbischen Flüchtlinge. |
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Am 3. Oktober 2005 wurden [[Beitrittsverhandlungen Kroatiens mit der Europäischen Union|Beitrittsverhandlungen über die EU-Vollmitgliedschaft Kroatiens]] aufgenommen. Kroatien wurde von Seiten des [[Internationaler Strafgerichtshof|Internationalen Strafgerichtshofs]] ([[Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien]]) „vollständige Zusammenarbeit“ bei der Aufspürung des flüchtigen Generals [[Ante Gotovina]] bescheinigt, was auch ein von der EU gefordertes Kriterium für den Beginn von Beitrittsverhandlungen war. In der Vergangenheit war es wegen Frage der Auslieferung zu einer Verschiebung der Beitrittsverhandlungen gekommen. Am 7. Dezember 2005 konnte Gotovina auf der spanischen Insel [[Teneriffa]] festgenommen und dem Den Haager Strafgerichtshof überstellt werden. Dort wurde er am 16. November 2012 im Berufungsverfahren freigesprochen.<ref>[http://orf.at/stories/2151393/2151378/ ''Kein „verbrecherisches Unternehmen“''], [[ORF|orf.at]] vom 16. November 2012, abgerufen am 16. November 2012.</ref> |
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Kroatien wollte eigentlich bereits bis zu den [[Europawahl 2009]] Mitglied in der Union werden. Beim EU-Gipfel am 8. Dezember 2011 in Brüssel wurde der 1. Juli 2013 als Beitrittsdatum für das Land festgelegt. |
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Kroatien war und ist ein Transitland für [[Migrant]]en, die auf einer der [[Balkanroute]]n nach Österreich, Deutschland oder in ein anderes westeuropäisches Land gelangen wollen (→ [[Flüchtlingskrise in Europa ab 2015#Kroatien|Flüchtlingskrise in Europa seit 2015]]). Kroatien gehört seit dem 1. Januar 2023 zum [[Schengenraum]]; die Landgrenze zum Nachbarstaat [[Slowenien]] ist 670 km lang. Ungarn hat an seiner 329 km langen Grenze zu Kroatien einen [[Ungarischer Grenzzaun|Grenzzaun]] errichtet. |
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Die [[COVID-19-Pandemie]] traf Kroatien im Winter 2020/21, im Frühjahr 2021 ([[Beta-Variante]]), im Herbst 2021 ([[Omikron-Variante]]) und – noch stärker – im März und April 2022 (möglicherweise – wie in Portugal – [[Variante BA.5]]. Statistik [[COVID-19-Pandemie in Kroatien#Statistik|hier]]). |
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Seit März 2022 ist Kroatien (wie viele andere Länder auch) von negativen Auswirkungen des [[Russischer Überfall auf die Ukraine 2022|russischen Überfalls auf die Ukraine 2022]] (hohe Preise für Energie und Lebensmittel) betroffen. |
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Am 17. Juni 2022 beschloss der EU-Finanzministerrat, dass Kroatien zum 1. Januar 2023 auf den [[Euro]] umsteigen kann.<ref>dpa: [https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/euro-einfuehrung-in-kroatien-eu-staaten-geben-gruenes-licht-18110766.html ''Kroatien darf auf den Euro umsteigen'']</ref> |
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== Siehe auch == |
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* [[Liste der Herrscher Kroatiens]] |
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* [[Liste der Bane von Kroatien]] |
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* [[Liste der Präsidenten und Premierminister von Kroatien]] |
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* [[Geschichte Jugoslawiens]] |
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* [[Jugoslawienkriege]] |
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== Literatur == |
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=== Quelleneditionen === |
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* Anna Šašel, Jaroslav Šašel: ''Inscriptiones Latinae quae in Iugoslavia inter annos MCMII et MCMXL repertae et editae sunt'', Narodni Muzej, 1986. |
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=== Überblickswerke === |
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* Ivo Goldstein: ''Croatia. A History'', London 1999, 3. Aufl. 2004. |
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* Dragutin Pavliceviö: ''Povijest Hrvatske'' (Geschichte Kroatiens), Zagreb 1994. |
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* Ivo Omrčanin: ''Diplomatische und politische Geschichte Kroatiens'', Vowinckel, Neckargemünd 1968, Washington 1990. |
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* Robert Stallaerts: ''Historical Dictionary of Croatia'', Scarecrow Press, 2010. |
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* Giuseppe Praga: ''Storia di Dalmazia'', Padua 1954. |
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* Branko Franolić, Mateo Žagar: ''A Historical Outline of Literary Croatian'', Erasmus, 2008. |
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=== Urgeschichte, Antike === |
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* Mirjana Sanader (Hrsg.): ''Kroatien in der Antike'' (= ''Zaberns Bildbände zur Archäologie''). Phillip von Zabern, Mainz 2007, ISBN 978-3-8053-3740-3. |
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* Vincent L. Gaffney: ''The Adriatic Islands Project: Contact, Commerce and Colonialism, 6000 BC - AD 600'', Tempvs Reparatvm 1995. |
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=== Mittelalter === |
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* [[Ludwig Steindorff]]: ''Geschichte Kroatiens. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart'', Regensburg 2001. |
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* Vjekoslav Klaić: ''Povijest Hrvata'' [Die Geschichte der Kroaten], 5 Bde., Nakladni zavod Matice hrvatske, Zagreb 1981. |
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== Weblinks == |
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{{Commonscat|History of Croatia|Geschichte Kroatiens}} |
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* {{Internetquelle |autor=[[Ludwig Steindorff]] |url=https://www.bpb.de/apuz/158166/ein-kurzer-gang-durch-die-geschichte?p=all |titel=Ein kurzer Gang durch die Geschichte Kroatiens |hrsg=[[Bundeszentrale für politische Bildung]] |datum=2013-04-16 |abruf=2018-10-28}} |
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* Hans-Jürgen Hübner: [https://mehrmittelmeer.de/kroatien_gesamt.html ''Geschichte Kroatiens''] |
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* [http://www.historyfiles.co.uk/KingListsEurope/EasternCroatia.htm Übersicht über die kroatische Geschichte] (englisch) |
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* [http://mirror.veus.hr/myth/ ''Kroatien: Mythus und Realität''] (englisch) (''Online-Version eines Buches von C. Michael McAdams, einem Kroatien-Spezialisten und Direktor an der University of San Francisco'') |
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== Einzelnachweise == |
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<references /> |
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{{Navigationsleiste Geschichte nach Staat/Europa}} |
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[[Kategorie:Kroatische Geschichte| ]] |
Aktuelle Version vom 2. Juli 2025, 09:54 Uhr
Die Geschichte Kroatiens umfasst die Entwicklungen auf dem Gebiet der heutigen Republik Kroatien von der Urgeschichte bis zur Gegenwart. Sie beginnt lange vor der slawischen Landnahme im 7. Jahrhundert und der Entstehung des gegenwärtigen Siedlungsgebiets der Kroaten in Südosteuropa. Ihr Name erscheint in den Quellen ab dem 9. Jahrhundert.
Bereits vor rund einer Million Jahren war das Gebiet Kroatiens von Menschen bewohnt, in der Mittleren Steinzeit von Neandertalern (ausschließlich aus dem Moustérien vor etwa 120.000 bis 40.000 Jahren), schließlich von Cro-Magnon-Menschen vor mehr als 30.000 Jahren. Vor über 15.000 Jahren entstanden die ältesten in Kroatien aufgefundenen Tonobjekte in Form von Figurinen.
Im 6. Jahrtausend v. Chr. setzten mit dem Neolithikum Landbebauung und Viehhaltung ein. Die aus dem Nahen Osten zugewanderten neuen Bewohner wurden sesshaft, viele von ihnen lebten vom Fischfang. Die Dörfer nahmen, vor allem an der Küste, urbane Strukturen an. Vor der Vučedol-Kultur (3000–2200 v. Chr.) wird erstmals Kupferverarbeitung fassbar. Im 1. Jahrtausend v. Chr. war der Küstensaum von Venetern und Histriern besiedelt, weiter im Süden lebten Liburner und illyrische Stämme. Die gesellschaftlichen Hierarchien nach dem 8. Jahrhundert wurden steiler, die Expansion keltischer Stämme verdrängte große Gruppen südwärts, die dort neue Reiche errichteten. Gleichzeitig entstanden griechische Kolonien entlang der Küste, die die Nachbarn kulturell stark beeinflussten.
Ab der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. wurde das Gebiet römisch, nach jahrelangen Aufständen entstand die militärisch gesicherte Provinz Dalmatia. Seit dem 3. Jahrhundert n. Chr., vor allem aber mit der einsetzenden Völkerwanderung ging im Norden die städtische Lebensform stark zurück, im Süden schrumpften die nunmehr massiv befestigten Städte. Die römische Provinzialbevölkerung wurde christianisiert. Gegen Ende des weströmischen Reiches stellte Dalmatien den letzten von Ostrom anerkannten Kaiser, der 480 ermordet wurde.
Kroatiens ländliche Gebiete wurden ab dem Ende des 6. Jahrhunderts zunehmend von slawischen Gruppen bewohnt, die im 8. und 9. Jahrhundert gleichfalls christianisiert wurden. Zur Zeit der Landnahme verlief die Ostgrenze der kroatischen Länder etwa an der Grenze zwischen dem Ost- und Weströmischen Reich; im 9. Jahrhundert entlang der Grenzlinie zwischen dem Fränkischen und dem Byzantinischen Reich. Um 925 entstand unter Tomislav ein kroatisches Königreich. Dieses geriet 1102 in eine Personalunion mit dem Königreich Ungarn. In den folgenden Jahrhunderten verlief in Kroatien die Konfliktzone der damaligen Großmächte Venedig, des Habsburgerreiches und des Osmanischen Reiches. Einen eigenen Weg als unabhängiger Kleinstaat mit weiträumigen Handelskontakten schlug die Republik Ragusa ein, mit dem heutigen Dubrovnik als Hauptstadt (bis 1808).
Ab 1527 kam Kroatien mit Ungarn unter die Kontrolle des Habsburgerreiches, bis zu dessen Zusammenbruch am Ende des Ersten Weltkriegs im Jahr 1918. Darauf folgend war es Teil des serbisch dominierten Königreichs Jugoslawien. Kroatien wurde unter den Ustaša während des Zweiten Weltkriegs 1941 zum faschistischen Satellitenstaat Unabhängiger Staat Kroatien unter deutscher und italienischer Besetzung.
Nach Kriegsende wurde es Teil des neu gebildeten kommunistischen bzw. sozialistischen Jugoslawien unter Josip Broz Tito (1892–1980). Nach Titos Tod und den aufkommenden Konflikten innerhalb Jugoslawiens errang das Land im Kroatienkrieg von 1991 bis 1995 seine heutige Unabhängigkeit als demokratische Republik.

Urgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die ältesten gesicherten archäologischen Fundstücke in Kroatien stammen aus dem Mittel- und dem Jungpaläolithikum, umfassen somit die Zeit der Neandertaler wie der der Vorgänger der heutigen Menschen. In Krapina gibt es international bekannte Neandertaler-Fundstellen.
Altertum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Illyrer, Griechen, Kelten und Römer
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die ersten namentlich bekannten Siedler im Gebiet des heutigen Kroatien waren Illyrer, die hier ab dem 8./7. Jahrhundert v. Chr. siedelten.[1] Durch archäologische Funde ist belegt, dass die Griechen im 6. Jahrhundert v. Chr. Schiffsverkehr mit den Illyrern unterhielten. An der Adriaküste entstanden griechische Kolonien, die bedeutendsten waren Pharos (das heutige Stari Grad auf der Insel Hvar) und Issa (gegründet 386 v. Chr. – das heutige Vis/Lissa auf der gleichnamigen Insel).[2] Die Griechen drangen aber wegen der feindlichen Bevölkerung und des unergiebigen dalmatinischen Hinterlandes nicht ins Landesinnere vor.[3] Im vierten vorchristlichen Jahrhundert drangen auch Kelten in das Gebiet vor.[4]

Im 3. Jahrhundert v. Chr. gründeten die Illyrer unter König Agron ein eigenes Staatswesen. Illyrien wurde im Jahre 168 v. Chr. von den Römern unterworfen. Nach dem Sieg Kaiser Augustus (35 v. Chr.) über die Illyrer wurde das heutige Gebiet Kroatiens Teil der römischen Provinz von Illyrien. Die Römer unterteilten Illyrien in zwei Zonen: in Pannonien mit der Hauptstadt Petovium Ptuj und Dalmatia mit der Hauptstadt Salona (Solin). Zahlreiche Illyrer traten in römische Dienste, Diokletian brachte es sogar bis zum römischen Kaisertitel.

Die monumentalsten Denkmäler aus römischer Zeit in Kroatien sind der Diokletianspalast in Split und das Amphitheater in Pula. Den Diokletianspalast ließ sich Kaiser Diokletian sechs Kilometer südlich von Salona als Altersruhesitz bauen. Aus dem Palastgelände entwickelte sich später der Kern der Stadt Split. Das Amphitheater in Pula ist die sechstgrößte römische Arena. Bei Gladiatorenkämpfen konnten bis zu 26.000 Zuschauer das Treiben auf dem 68 mal 42 Meter großen Kampfplatz verfolgen.
Völkerwanderung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei der Teilung des römischen Reichs (395 n. Chr.) wurde das Gebiet Kroatiens dem weströmischen Reich zugeschlagen, Istrien und Dalmatia fielen nach dem Untergang Westroms 476 an Ostrom. In den Stürmen der Völkerwanderung wechselte das Gebiet oft seine Besitzer. Es zogen unter anderem Sarmaten, Goten, Alanen, Vandalen, Gepiden und Langobarden hindurch und ließen sich hier teilweise auch nieder. Nach 489 war das Gebiet Teil des Reichs der Ostgoten.
Nach dem Untergang der Ostgoten 553 waren einige Gebiete des heutigen Kroatiens mit Unterbrechungen bis 1270 Teil des byzantinischen Kaiserreichs.
Mittelalter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Slawische Landnahme
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im 7. Jahrhundert siedelten sich im Rahmen der Landnahme der Slawen auf dem Balkan Kroaten in den ehemaligen römischen Provinzen Dalmatia und Pannonien an. Dem legendenhaften Bericht zufolge, den der byzantinische Kaiser Konstantin VII. Porphyrogennetos überliefert hat, wurden diese slawischen Stämme im 7. Jahrhundert von dem byzantinischen Kaiser Herakleios aus ihrer Heimat im heutigen Galizien, an der Weichsel und nördlich der Karpaten als Schutz gegen die Awaren ins Land gerufen.
Nach einer Theorie von Slawisten vollzog sich die Ethnogenese der Kroaten jedoch erst nach der slawischen Besiedlung des Landes. Die Herkunft der Volksbezeichnung „Kroaten“ (in der Selbstbezeichnung Hrvati) ist bis heute nicht mit Sicherheit geklärt, es hat jedoch keine slawische Wurzel, sondern geht wahrscheinlich auf einen iranischen Ursprung als Fremdbezeichnung für Slawen zurück.[5]
Die Christianisierung der Kroaten erfolgte bereits im 7. Jahrhundert. Die Kroaten nahmen das Christentum von römischen Glaubensboten an. Das bestätigen die Briefe des Papstes Johannes X. aus dem Jahre 925.
In dieser Zeit kam es zu sporadischen Angriffen der Araber auf die Adriaküste. Während die Vorbevölkerung, so sie nicht geflohen war, im Landesinneren schnell kroatisiert wurde, konnte sich besonders auf den Inseln und in den Küstenstädten die romanische Bevölkerung halten. Im Besitz der Seeküste, erbauten die Kroaten eine große Flotte, mit der sie erst Seeraub, dann aber auch Handel trieben.
Die Quellenlage im frühen Mittelalter und besonders unter der Awarenherrschaft ist äußerst dürftig, dass manche Angaben über diese Zeit auf Spekulationen, andere aber auch auf der Jahrhunderte später verfassten sehr detaillierten Chronik des byzantinischen Kaisers Konstantin VIII. Porphyrogennetos (zwischen 948 und 952) beruhen, so dass hier manchmal Skepsis geboten ist.
Fürstentümer
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Fürst Višeslav (bis 803) wird 799 erstmals anlässlich eines letztendlich erfolglosen Angriffs fränkischer Truppen auf Rijeka erwähnt.
806 fallen Pannonien und Dalmatia nach dem Sieg Karls des Großen unter die Herrschaft des fränkischen Reiches.
In dieser Zeit bestanden zwei Fürstentümer auf dem Gebiet des heutigen Kroatiens:
- das Dalmatinische Kroatien im Küstengebiet unter Fürst Borna (810–821) und
- das Pannonische Kroatien im pannonischen Gebiet Posavien unter Fürst Ljudevit.
Ab 812 war Ljudevits Fürstentum unter fränkischer Oberhoheit, das Bornas unter byzantinischer.
Im Jahr 819 führte Ljudevit einen Aufstand gegen die Franken und besiegte den Markgrafen Kalodach. Ein zweiter Krieg gegen den fränkischen Markgrafen Balderich von Friaul endete unentschieden. Am Fluss Kupa besiegte Ljudevit auch den Fürsten Borna von Dalmatia und Liburnien, seinen Onkel. Im Jahr 820 drangen die Franken erneut ins pannonische Nordkroatien ein, wurden aber zurückgeschlagen.
Borna wurde in einem Bericht für 919 als dux Guduscanorum ‚Führer‘ oder ‚Herzog der Guduskaner‘ bezeichnet, für 920 als dux Dalmatiae ‚Herzog Dalmatias‘.
Fürst Mislav (835–845) verlegte seine Hauptresidenz nach Klis in der Nähe von Split.
Im Jahr 838 schickte der bayerische Herzog Ludwig seine Streitkräfte gegen den pannonischen Fürsten Ratomir aus und wurde zurückgeschlagen.
Fürst Trpimir I. (845–864) war der Begründer der Trpimirović-Dynastie. Er rief den Benediktiner-Orden ins Land und bot dem in Franken verfolgten Gottschalk von Orbais Zuflucht an seinem Hof.
In einer Urkunde von 852 bezeichnet er sich als dux Chroatorum ‚Herzog der Kroaten‘, sein Herrschaftsgebiet als regnum Chroatorum ‚Königreich der Kroaten‘. Es ist die erste schriftliche Erwähnung von Kroaten in Dalmatien.
Fürst Domagoj (864–876) kämpfte so intensiv gegen Venedig, dass ihn Byzanz, in dessen Besitz sich Venedig seinerzeit befand, durch eine Verschwörung zu beseitigen versuchte. Er wurde von den Venezianern als „der schlimmste Fürst der Slawen“ (lateinisch pessimus dux Sclavorum) bezeichnet, von Papst Johannes VIII. als „ruhmreicher Fürst der Slawen“ (lateinisch gloriosus dux Sclavorum).
Dem Fürsten Branimir (879–892) zahlen die romanischen Städte in Dalmatien Tribut, die bis dahin den Tribut an Byzanz zahlten. Nach der Niederlage bei Makarska im Jahr 887 (bei der der Doge Pietro Candiano fiel) zahlten die Venezianer Abgaben für die Passage entlang der kroatischen Küste.
Fürst Branimir erhielt vom Papst Johannes VIII. am 7. Juni 879 die Anerkennung über die „weltliche Macht“ über das regnum croatorum ‚Reich der Kroaten‘, eigentlich ‚Königreich der Kroaten‘, (das so noch nicht bestand) also Dalmatien.
Tomislav (910–928) vereinigte Kroatien zu einem Königreich.
Unabhängiges Königreich (925–1102)
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Domagojs Enkel, Tomislav, wurde 925 der erste König Kroatiens. Ursprünglich hieß dieses Land Chorbatia.[6] Papst Johannes X. erkannte diesen Titel sofort an. Während seiner Herrschaft fielen die Magyaren im pannonischen Becken ein. Tomislav verteidigte sein Königreich, das aus Zentralkroatien, Slawonien und Teilen Dalmatiens und Bosniens bestand, erfolgreich gegen die Ungarn. Durch ein Bündnis mit Byzanz bekam Kroatien die Adriainseln und die Städte Split, Trogir und Zadar zugesprochen, die bis dahin formell unter byzantinischer Herrschaft gestanden hatten. Tomislavs Staat umfasste somit bis auf Istrien alle heutigen kroatischen Gebiete. 928 verschwand Tomislav spurlos. Unter König Stefan Držislav (969–997) bestätigte Byzanz Kroatien die Hoheit über Dalmatien.
Danach geriet Kroatien durch Venedig und Ungarn in Bedrängnis. Im Mai 1000 besiegte eine venezianische Kriegsflotte Kroatien. Zadar, Trogir und Split wurden vorübergehend unter venezianische Verwaltung gestellt. Zwischen Venedig und Dubrovnik wurde ein Vertrag geschlossen. König Krešimir III. hob die nur noch formell bestehende Tributpflicht Venedigs auf und anerkannte den venezianischen Dogen Peter Orseolo als Fürsten Dalmatiens.
Unter Petar Krešimir IV. (1058–1074) wurde Kroatiens Macht geschwächt. Durch innere Streitigkeiten begünstigt, machten sich die romanischen Küstenstädte selbständig und suchten den Anschluss an Venedig.
König Zvonimir (1075–1089) war mit der ungarischen Prinzessin Jelena der Schönen verheiratet, starb jedoch, ohne einen männlichen Nachkommen als Thronfolger zu hinterlassen. Nachdem der bereits greise Stjepan II. nach fünfzehnjährigem Exil im Kloster zum neuen König gekrönt worden war, starb mit ihm nach nur zwei Jahren Regentschaft der letzte Vertreter der Trpimirović-Herrscherdynastie. Im Zuge dessen erhob Ungarn Erbansprüche auf Kroatien, sodass Ladislaus I. 1091 nach einem erfolgreichen Feldzug nach Kroatien seinen Neffen Álmos als neuen Herrscher einsetzte. Dessen Herrschaftsbereich beschränkte sich nach dem Sommer 1091 allerdings nur noch auf Ost-Kroatien.
1093 wurde Petar Svačić zum König gewählt. Er starb 1097 in der Schlacht am Gvozd gegen den ungarischen König Koloman.
Der durch verwandtschaftliche Verhältnisse mit der kroatischen Herrscherdynastie verbundene Koloman aus der Dynastie der Arpaden erkannte die Einheit des kroatischen Königreiches von der Drau bis zur Adria an und wurde durch die sogenannte pacta conventa in Personalunion König von Kroatien. In den pacta conventa wurden auch die Rechte der kroatischen Nation gesichert. Die Verwaltung Kroatiens übernahm der Ban, ein kroatischer Vertreter. Die staatlichen Insignien und Attribute des kroatischen Königreiches blieben gültig.
Personalunion mit Ungarn (1102–1526)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Personalunion mit dem Königreich Ungarn blieb, mit Einschränkungen während der Türkenkriege im 16., 17. und frühen 18. Jahrhundert, und einiger anderer Unterbrechungen, in verschiedener Form bis 1918 bestehen.
Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts hatten die Osmanen Serbien, Bosnien, die Herzegowina, Bulgarien, Griechenland und Albanien erobert. Das in Eile aufgestellte Kreuzfahrerheer des ungarischen Königs Sigismund wurde 1396 in der Schlacht bei Nikopolis von den Türken vernichtend geschlagen. Zwischen den Osmanen und dem christlichen Abendland lag als einziger Puffer nur noch das kaum verteidigte kroatische Territorium. 1463 geriet Bosnien unter osmanische Herrschaft und nach der Schlacht auf dem Krbava-Feld 1493 brach auch der Widerstand des kroatischen Adels zusammen. Die Türken eroberten die Gebiete südlich des Gvozd sowie das östliche Slawonien. Kroatien schrumpfte auf einen engen Streifen zwischen der Donau und der Adria.
Im Jahr 1519 nannte Papst Leo X. die Kroaten Antemurale Christianitatis ‚Bollwerk des Christentums‘, weil sie als letztes Bollwerk gegen die Ausbreitung des Osmanischen Reiches gen Westen erfolgreich Widerstand leisteten. Die türkischen Einheiten stießen bis in die Region des heutigen Karlovac vor. Nachdem das christliche ungarische Heer von den Türken in der Schlacht bei Mohács im Jahre 1526 aufgerieben worden war, bedrohte die Lage auch das übrige Europa. Das Ergebnis der Verteidigungsbemühungen der Kroaten im 15. Jahrhundert waren 30 Kriegszüge und 70 zerstörte Städte.
Ladislaus von Neapel verkaufte im Jahr 1409 Dalmatien für 100.000 Dukaten an Venedig.[7] Die Venezianer konnten daraufhin ihr Einflussgebiet ausdehnen und herrschten außer in Dalmatien bis 1797 auch über den größten Teil Istriens. Die Venezianer gewährten den besetzten kroatischen Städten zwar eine gewisse Autonomie, Oberhäupter der Städte durften jedoch nur venezianische Adelige sein. Die oligarchische und kolonialistische Politik Venedigs führte zu Widerstand und Aufständen.
Nur Dubrovnik (Ragusa) konnte durch geschickte Politik vom 14. Jahrhundert bis in die napoleonische Zeit seine politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit als Stadtstaat bewahren. Im 16. Jahrhundert war die Handelsflotte Dubrovniks mit über 300 Schiffen die drittgrößte im Mittelmeerraum. Erst die Truppen Napoléon Bonapartes beendeten die Herrschaft Venedigs über den Großteil der kroatischen Küste.
Neuzeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Unter den Habsburgern (1527–1918)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das 16. Jahrhundert war im Königreich Kroatien und Slawonien großteils von kriegerischen Auseinandersetzungen gegen die Osmanen geprägt. Nach der Schlacht bei Mohács 1527 erkannte der kroatische Adel Ferdinand I. von Habsburg als König von Kroatien und Ungarn an, auch als Gegenleistung für die Verteidigungsführung gegen die Türken.
Der von den Osmanen eroberte Teil Slawoniens wurde stark verwüstet, die Einwohnerzahlen und die damit verbundenen Steuerleistungen sanken während der über 150 Jahre dauernden Herrschaft erheblich ab.[8] Zur Verteidigung gegen die Osmanen wurde die Militärgrenze geschaffen. In Kroatien entstanden die Slawonische und die Kroatische Militärgrenze. Dort wurden vor allem Serben angesiedelt, aus denen die Krajina-Serben entstanden. Zwischen den Grenzverteidigungssystemen beider Seiten entstand Ende des 16. Jahrhunderts für etwa hundert Jahre ein großes unbesiedeltes Waldgebiet.[9]

Im Lauf des 17. Jahrhunderts erlitten die Osmanen einige Niederlagen. Die Niederlage des Türkenheeres 1683 vor Wien und die darauf einsetzende Befreiung des Teils der kroatischen Gebiete unter osmanischer Herrschaft brachte Kroatien schließlich nach den langen Türkenkriegen den Frieden. Im Frieden von Karlowitz 1699 mussten die Osmanen Ungarn und das heutige Slawonien aufgeben. Osmanisch blieb aber noch das Türkische Kroatien im Westen von Bosnien. Die entvölkerten Gebiete Slawoniens wurden wieder durch kroatische Rückkehrer, aber auch durch serbische und deutsche Kolonisten wiederbesiedelt.[10]
Durch die Kroatische Pragmatische Sanktion 1712 erkannte der Kroatische Sabor das Erbrecht der weiblichen Linie der Habsburger an. Mit Rücksicht auf den ungarischen Adel wurde dieser Beschluss von Wien nie offiziell bestätigt, stattdessen wurde Kroatien 1723 zum unauflösbaren Bestandteil der ungarischen Stephanskrone erklärt.
Ab 1756 stieg Varaždin, eine Stadt nördlich von Zagreb, zur faktischen Hauptstadt des Königreiches Kroatien, Slawonien und Dalmatien auf. 1776 wurden große Teile der Stadt durch einen Brand zerstört, woraufhin der kroatische königliche Rat nach Zagreb zog.
Kaiser Joseph II. hob die Verfassung Ungarns auf und führte eine Zentralisierung des Reiches durch. Als er auf Druck der inländischen Opposition Ungarn und Kroatien die verfassungsmäßigen Rechte zurückgab, fällte der kroatische Landtag 1790 in Zagreb den Beschluss, dass die kroatischen Gespanschaften sich so lange unter die Gewalt der ungarischen Regierung begeben, bis das kroatische Territorium auch jene Gebiete miteinschlösse, die sich wie Dalmatien und Istrien unter venezianischer Herrschaft befanden.
In der franzisko-josephinischen Epoche erlebte die kroatische Geschichtsschreibung ihre Geburt als wissenschaftliche Disziplin. Die umfangreichen Quellenausgaben und Gesamtdarstellungen trugen zu einer umfassenden Aufarbeitung der nationalen Vergangenheit bei und fanden breiten Anklang in der Öffentlichkeit. Damit wurde ein Mobilisierungsmittel für die künftigen nationalen Auseinandersetzungen geliefert, dessen unmittelbare Folge die Forderung nach einer politischen Aktion für ein freies politisches Leben der Kroaten war.
Napoleon griff die Bezeichnung Illyrien, die für kroatische und slowenische Gebiete verwendet wurde, wieder auf, indem er von 1805 beziehungsweise 1809 bis 1813 die Provinces Illyriennes errichtete. Nach seinem Dekret von 1811 standen zum ersten Mal slowenische und kroatische Gebiete wie Krain, Kärnten, Istrien, Zivilkroatien, Dalmatien, Dubrovnik und die Militärgrenze unter einer Verwaltung. Der französische Marschall Auguste Frédéric Louis Viesse de Marmont setzte sich für die Einführung der Volkssprache, die er Illyrisch nannte, in den öffentlichen Dienst ein.
Nach den großen, wenn auch nur kurzlebigen Veränderungen der napoleonischen Zeit waren die kroatisch-magyarischen Beziehungen von einem wachsenden Konflikt geprägt. Die Kroaten ließen sich vom österreichischen Kaiser 1848 gegen die ungarische Nationalitätenpolitik gewinnen, weil sie darin einen Kampf gegen die Magyarisierungspolitik im Königreich Ungarn sahen.

Der Kroatische Ban Josip Jelačić von Bužim kämpfte für die Idee eines Kaiserreiches, in dem alle Völker gleichberechtigt leben, und erklärte am 19. April 1848 die Beziehungen zu Ungarn für beendet. Er nahm 1848 an der blutigen Niederschlagung der bürgerlichen Revolution in Wien Teil und ermöglichte so den Aufstieg des Neoabsolutismus.
Nach der Niederschlagung der Wiener Revolution wurde Kroatien weiterhin als ungarisches Nebenland behandelt. Infolge des österreichisch-ungarischen Ausgleiches von 1867 folgte der ungarisch-kroatische Ausgleich, der den Kroaten in den Ländern der Heiligen Stephanskrone eine beschränkte Autonomie zugestand. Dalmatien, Istrien und die Österreichische Riviera blieben jedoch administrativ in der österreichischen Reichshälfte, obwohl die Mehrheit der Kroaten eine Wiedervereinigung wünschte.
Im ersten Jugoslawien (1918–1941)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während des Ersten Weltkriegs 1917 vereinbarten das Jugoslawische Komitee, das von aus Österreich-Ungarn emigrierten südslawischen Politikern gegründet wurde, und die Exilregierung des Königreiches Serbien, in der Deklaration von Korfu die Errichtung eines gemeinsamen Staates der Serben, Kroaten und Slowenen.
Nach der Niederlage der Mittelmächte erklärte der neu gebildete Nationalrat der Slowenen, Kroaten und Serben Österreich-Ungarns, dem auch der letzte kroatische Sabor seine Befugnisse übertragen hatte, am 29. Oktober 1918 in Zagreb die Loslösung der südslawischen Länder von der österreichisch-ungarischen Monarchie. Diese Länder bildeten anschließend den Staat der Slowenen, Kroaten und Serben. Dem Nationalrat gelang es jedoch nicht, eine Einigung zu erzielen, vielmehr herrschte in großen Teilen seines Territoriums praktisch Anarchie. Zudem begannen italienische Truppen mit der Besetzung von Gebieten längs der Ostküste der Adria, als Vorgriff auf die im Londoner Vertrag von 1915 von den Alliierten zugesagte Annexion großer Teile Dalmatiens. Angesichts dessen beschloss der Nationalrat im November 1918 die sofortige Vereinigung mit dem Königreich Serbien.
Aleksandar I. Karađorđević, Thronfolger und Prinzregent von Serbien, proklamierte daraufhin am 1. Dezember 1918 das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (Kraljevina Srba, Hrvata i Slovenaca, abgekürzt auch SHS-Staat).

In den Friedensverhandlungen gelang es dem ersten Außenminister des neuen Staates, dem aus Dalmatien stammenden vormaligen Vorsitzenden des Südslawischen Komitees, Ante Trumbić, einen Anschluss Dalmatiens an Italien zu verhindern. Lediglich die Stadt Zadar und das ehemalige österreichische Küstenland, das auch Istrien umfasste, kamen zu Italien. Rijeka wurde zunächst zur Freistadt erklärt, dann aber von irregulären italienischen Truppen besetzt. Der Streit um die Zugehörigkeit der Stadt wurde 1924 durch einen Vertrag beigelegt, der Rijeka bei Italien beließ. Die unmittelbar östlich angrenzende Stadt Sušak wurde hingegen dem SHS-Königreich zugesprochen.
In den Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen, bei denen in Kroatien erstmals das allgemeine Wahlrecht für Männer galt, gewann in Kroatien-Slawonien die 1904 gegründete Kroatische Bauernpartei unter Stjepan Radić, die vor dem Krieg nur eine geringe Rolle gespielt hatte, die absolute Mehrheit. In Dalmatien behielten zunächst bürgerliche Gruppierungen aus dem Umfeld des vormaligen Südslawischen Komitees die Mehrheit.

Die Kroatische Bauernpartei lehnte die Gründung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen in der Form, in der sie stattgefunden hatte, ab, und verlangte unter Berufung auf das vom US-amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson proklamierte Selbstbestimmungsrecht der Völker die Anerkennung eines separaten Selbstbestimmungsrechtes für Kroatien und die anderen südslawischen Völker. Zudem lehnte sie die monarchische Staatsform ab und verlangte die Gründung einer Republik.
Da im Prozedere der verfassunggebenden Versammlung ein Vetorecht der einzelnen Völker nicht vorgesehen war, und zudem die monarchische Staatsform nicht in Frage gestellt werden durfte, wurde sie von Abgeordneten der Kroatischen Bauernpartei boykottiert. Sie erarbeiteten stattdessen die Verfassung der „Bauernrepublik Kroatien“, die Teil einer zukünftigen Konföderation südslawischer Bauernrepubliken werden sollte. Die Idee blieb jedoch wegen der realen Machtverhältnisse bloß Makulatur.
Wegen des Boykotts der Kroatischen Bauernpartei und des Fehlens der Kommunistischen Partei Jugoslawiens, die kurz nach den Wahlen als „staatsfeindlich“ verboten wurde, war die verfassunggebende Versammlung geschrumpft. Sie verabschiedete 1921 mit knapper Mehrheit eine Verfassung, die eine zentralistische Staatsorganisation und die Auflösung der historischen Provinzen vorsah, was den Serben als zahlenmäßig größtem Volk de facto die Vorherrschaft sicherte.
Die Kroatische Bauernpartei verzeichnete daraufhin regen Zulauf und wurde auch in Dalmatien und bei den Kroaten Bosnien-Herzegowinas zur stärksten Partei. Nachdem sie mit einer bloßen Boykottpolitik keinen Erfolg gehabt hatte, gab sie den Boykott des Zentralparlamentes und die Ablehnung der Monarchie auf, und beteiligte sich zeitweise an der Zentralregierung. Zu einer dauerhaften Übereinkunft der unterschiedlichen politischen Kräfte über die künftige Staatsordnung des südslawischen Königreiches kam es aber nicht.
Am 20. Juni 1928 erschoss der Abgeordnete der serbischen Radikalen Volkspartei Puniša Račić in einer Parlamentssitzung vier Abgeordnete der kroatischen Bauernpartei und verletzte den Parteivorsitzenden Stjepan Radić tödlich. Daraufhin ließ König Aleksandar alle politischen Parteien verbieten und rief die Diktatur aus. Eine neue Verfassung wurde ausgerufen und das Land in Königreich Jugoslawien umbenannt. Die kroatisch-nationalistische Ustascha-Bewegung schwor Rache und rief zum bewaffneten Kampf gegen „die serbischen Unterdrücker“ auf. Im Rahmen dieses Kampfes fiel König Aleksandar I. im Oktober 1934 in Marseille einem Attentat zum Opfer.
Satellitenstaat im Zweiten Weltkrieg
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Nach dem Beitritt Jugoslawiens zum Dreimächtepakt kam es zu einem von Großbritannien unterstützten Putsch serbischer Offiziere gegen den serbischen Prinzregenten Paul. Obwohl die neue jugoslawische Regierung versuchte, sich mit dem Deutschen Reich zu verständigen, antwortete Deutschland am 6. April 1941 mit einem Überfall auf Jugoslawien. Binnen vier Wochen wurde die Armee des Königreichs Jugoslawien von den Achsenmächten vernichtend geschlagen, die jugoslawische Regierung kapitulierte und König Petar II. Karađorđević floh ins Exil nach Großbritannien.
Nachdem die Kroatische Bauernpartei die Kollaboration mit der deutschen Besatzungsmacht abgelehnt hatte, übergab sie die Macht in Kroatien der faschistischen Ustascha-Bewegung unter der Führung von Ante Pavelić. Die Ustascha proklamierte während des Balkanfeldzuges am 10. April 1941 den „Unabhängigen Staat Kroatien“ (Nezavisna Država Hrvatska). Dies war ein Vasallenstaat der Achsenmächte, der politisch und militärisch von Deutschland gestützt wurde, insbesondere bei den ab 1942/43 aufkommenden Kämpfen gegen die jugoslawischen Partisanen unter Führung von Josip Broz Tito und anfangs gegen die monarchistisch-jugoslawisch orientierten Tschetniks. Ab 1942 kämpften einzelne Tschetnik-Verbände in Kroatien an der Seite der Ustascha gegen die kommunistischen Partisanen und wurden dafür vom NDH-Staat finanziell unterstützt. Große Teile der dalmatinischen Küste einschließlich der Städte Split (Spalato) und Šibenik (Sebenico) mit den ihr vorgelagerten Inseln wurden an Italien abgetreten. In dieser Zeit kam es zum Völkermord an den Serben im Unabhängigen Staat Kroatien, wobei auch Juden und Roma verfolgt wurden. Eines der berüchtigtsten Konzentrationslager war das KZ Jasenovac.
1942, noch unter deutscher Besatzung, hatten die Kommunisten das aktive und passive Frauenwahlrecht anerkannt.[11] Die volle rechtliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Gleichberechtigung der Geschlechter wurde erstmals in der Verfassung von 1946 garantiert.[12] Eine abweichende Quelle nennt für die Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts den 11. August 1945.[13]
Das am 29. November 1943 im bosnischen Jajce als provisorische Regierung gegründete Nationalkomitee des Antifaschistischen Rates der Nationalen Befreiung Jugoslawiens (AVNOJ) erhob wegen seiner Rolle bei der Befreiung Kroatiens vom Faschismus den Führungsanspruch. In der Folge wurde 1943 der Antifaschistische Landesrat der Volksbefreiung Kroatiens (ZAVNOH) als oberstes Repräsentationsorgan Kroatiens gegründet. Die Partisanen schafften es, durch breite Unterstützung in der Bevölkerung, aber auch durch geschicktes Taktieren mit den Alliierten, ihre Macht in weiten Teilen Kroatiens und Bosnien-Herzegowinas auszubauen und zu festigen.
Zeitgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im zweiten Jugoslawien (1945–1991)
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Kroatien wurde nach dem Kriegsende entsprechend den Beschlüssen der zweiten AVNOJ-Konferenz zu einer von sechs Teilrepubliken der neu gegründeten „Föderativen Volksrepublik Jugoslawien“ (Federativna Narodna Republika Jugoslavija), die ab 1963 „Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien“ (Socijalistička Federativna Republika Jugoslavija) hieß. Ebenso wie in den anderen Teilrepubliken und „autonomen Provinzen“ wurde in Kroatien der Sozialismus eingeführt. Politische Gegner und besonders ehemalige Anhänger der Ustascha wurden in den ersten Jahren verfolgt und auch hingerichtet, woraufhin viele aus dem Land flohen und ihre Tätigkeit in der Diaspora fortsetzten. Privateigentum der Oberschicht wurde konfisziert, Unternehmen, Gebäude und Ländereien enteignet und verstaatlicht.
Die einst große deutschsprachige Minderheit im Osten des Landes, in Slawonien, der Baranja und Syrmien, wurde unter dem Vorwurf der kollektiven Kollaboration mit den faschistischen Besatzern fast vollständig enteignet und vertrieben. In ihren Häusern wurden vorwiegend Serben angesiedelt. Ebenso wurde die Mehrzahl der Italiener in Istrien und in Küstenstädten wie Rijeka, Zadar und Split vertrieben. Im Gegensatz zu den Deutschsprachigen wurden die im Lande verbliebenen Italiener jedoch als nationale Minderheit anerkannt und erhielten Minderheitenrechte, die im Rahmen der Verträge zwischen Jugoslawien und Italien zur Regelung der Triest-Frage auch international garantiert wurden.
Nach dem Bruch zwischen Tito und Stalin 1948 und besonders nach den Reformen der 1960er Jahre nahm die Entwicklung der politischen Praxis in Jugoslawien ihren eigenen Lauf. Hervorzuheben sind eine zunehmende Öffnung zum Westen hin, die Duldung privater Familienbetriebe und landwirtschaftlicher Güter bis zu einer maximalen Größe von 20 Hektar und die relative Nichteinmischung des Staates in private Angelegenheiten. Öffentlich auftretende politische Gegner mussten aber weiterhin mit Repressionen rechnen.
Durch die weitgehende Öffnung des Landes zum Westen hin konnte sich der Tourismus an der Adriaküste entfalten. Bis zum Zusammenbruch Jugoslawiens war der Tourismus eine der wichtigsten Devisenquellen, neben der Entsendungen von Gastarbeitern (kroatisch gastarbajteri). In den Großräumen Zagreb, Rijeka und Osijek konnte sich auch Industrie entwickeln, während Dalmatien, die Lika und die kroatischen Inseln in dieser Hinsicht unterentwickelt blieben und von einer massiven Landflucht gezeichnet waren. Kroatien war vor allem wegen des Tourismus und der vergleichsweise hohen Produktivität seiner Wirtschaft eine der wohlhabendsten Republiken Jugoslawiens. Die Tatsache, dass Kroatien einen großen Teil seiner Deviseneinnahmen an die Zentralregierung abführen musste und folglich notwendige Investitionen in Kroatien ausblieben, führte zu Unmut.
Ende der 1960er Jahre begann der sogenannte Kroatische Frühling (maspokret), eine Reformbewegung, die von Intellektuellen gegründet und getragen wurde und bald darauf auch die Zagreber Parteispitze erfasste. Die Vertreter des Kroatischen Frühlings forderten eine Reihe von ökonomischen, demokratischen und nationalen Maßnahmen wie die stärkere Autonomie der Republiken, die Reduzierung von Zahlungen an die Zentralregierung und ärmere Republiken und den Bau der Autobahnen Zagreb-Split und Zagreb-Rijeka.
Am Beginn des Kroatischen Frühlings stand unter anderem der Sprachenstreit um die Stellung der kroatischen Sprache in Jugoslawien. Offiziell war diese als „westliche Variante“ der serbokroatischen Sprache mit der „östlichen Variante“, dem Serbischen, gleichgestellt, de facto überwog jedoch vor allem im staatlichen Sprachgebrauch und in der Öffentlichkeit die serbische Variante, während die Verwendung spezifisch kroatischer Formen als „nationalistische Abweichung“ angesehen wurde. Als Reaktion darauf unterzeichneten zahlreiche kroatische Intellektuelle, darunter Wissenschaftler und Schriftsteller wie Miroslav Krleža, am 17. März 1967 eine „Deklaration über die Bezeichnung und Stellung der kroatischen Literatursprache“, in der sie die offizielle Anerkennung der Eigenständigkeit der kroatischen Sprache forderten.
Begünstigt durch die Liberalisierung der politischen Öffentlichkeit in Jugoslawien nach dem Sturz des Innenministers Aleksandar Ranković wurden erstmals seit der Machtübernahme der Kommunisten auch andere Themen wirtschaftlicher und politischer Art zunehmend kritisch öffentlich diskutiert. Die Führung des Bundes der Kommunisten Kroatiens unter Savka Dabčević-Kučar unterstützte die Liberalisierung und machte sich Teile der öffentlich erhobenen Forderungen zu eigen. Zwar wurde die Führungsrolle der Kommunistischen Partei nicht in Frage gestellt, doch lösten sich gesellschaftliche Organisationen wie der traditionelle Kulturverband „Matica Hrvatska“ und der von Dražen Budiša geleitete Studentenverband der Universität Zagreb vom Einfluss der Partei und begannen selbständig aufzutreten. Der Unmut in Kroatien entlud sich schließlich in Demonstrationen.
Die Parteiführung auf Bundesebene stand der Entwicklung in Kroatien zunächst abwartend gegenüber, zumal die Person Titos in der kroatischen Öffentlichkeit nicht direkt kritisiert wurde, vielmehr wurde um Titos Unterstützung geworben. Von den Kreisen der jugoslawischen Armee und des jugoslawischen Geheimdienstes wurde jedoch zunehmend ein Eingreifen gegen die angeblich die Einheit Jugoslawiens bedrohende Entwicklung in Kroatien gefordert. Schließlich zwang Tito am 29. November 1971 die gesamte Führung des Bundes der Kommunisten Kroatiens zum Rücktritt. Sie wurde durch eine neue linientreue Parteiführung ersetzt, die der politischen Liberalisierung sofort ein Ende setzte. Bis Mitte 1972 wurden in diesem Zusammenhang 550 Personen festgenommen und insgesamt 2000 Menschen verurteilt.
Die Forderung nach einer größeren wirtschaftlichen Selbständigkeit der Teilrepubliken Jugoslawiens wurde durch die neue Verfassung von 1974 teilweise erfüllt, eine politische Liberalisierung hingegen bis in die zweite Hälfte der 1980er Jahre nicht zugelassen. In der tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise, in der sich Jugoslawien in den späten 1980er Jahren befand, wuchs ein immer stärkerer Gegensatz zwischen zentralistischen und großserbischen Tendenzen einerseits und dem wiedererwachenden kroatischen Nationalbewusstsein andererseits. Mit dem Tod Titos 1980 war zudem ein wichtiger Stabilisierungsfaktor weggefallen.
Mit dem Ende der sozialistischen Ära in Europa forderten ab 1990 Slowenien und Kroatien verstärkt den Umbau Jugoslawiens zu einer Konföderation und die Umorientierung zur parlamentarischen Demokratie und Marktwirtschaft. Der Präsident der Teilrepublik Serbien Slobodan Milošević setzte sich für einen zentralisierten jugoslawischen Gesamtstaat ein und agitierte gegen Albaner, Kroaten und Slowenen, um ihre Unabhängigkeitsbestrebungen zu verhindern.
Krieg und Unabhängigkeit
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Im Mai 1990 wurden die ersten Wahlen in Kroatien abgehalten. Die von Franjo Tuđman geführte Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) ging dabei als Wahlsieger hervor. Die HDZ trat für ein von Jugoslawien unabhängiges Kroatien ein, was bei der serbischen Minderheit in Kroatien und bei der jugoslawischen Zentralregierung in Belgrad auf Ablehnung stieß.
Mitte August 1990 wurden während der so genannten Baumstammrevolution Straßen an den Grenzen der von Serben beanspruchten Gebiete blockiert, um den Verkehr von und zu den Fremdenverkehrsgebieten an der Küste zu sperren. Ein Ende August in der Gegend von Knin organisiertes Referendum führte am 2. September 1990 zur Ausrufung der „Autonomen Region Serbische Krajina“. Ein Eingreifen der kroatischen Polizei wurde von der Jugoslawischen Volksarmee (JNA) verhindert. Gleichzeitig begann die Vertreibung nichtserbischer Bewohner aus diesen Gebieten.
Die kroatische Regierung erklärte am 25. Juni 1991 die Unabhängigkeit Kroatiens, woraufhin die Jugoslawische Volksarmee serbische Paramilitärs mit Waffen und militärischer Ausrüstung versorgte. Mehrere kroatische Städte wie Vukovar, Osijek, Karlovac, Split, Zadar, Šibenik und Dubrovnik wurden massiv von der JNA angegriffen.
Am 7. Oktober 1991 feuerte ein Kampfflugzeug der JNA eine Luft-Boden-Rakete in das Zagreber Regierungsgebäude, in dem sich Präsident Tuđman und weitere Regierungsmitglieder befanden. Bei diesem Angriff wurde niemand ernsthaft verletzt. Am folgenden Tag brach das kroatische Parlament (Sabor) sämtliche staatsrechtlichen Verbindungen mit der SFRJ ab.
Es folgten Massenvertreibungen von Kroaten und anderen Bevölkerungsgruppen sowie auch von Serben aus dem Grenzgebiet zu Bosnien-Herzegowina. Vielerorts wurde die Bevölkerung von der JNA, die größtenteils aus serbischen und montenegrinischen Soldaten bestand, der kroatischen Armee sowie von Freischärlern aus Serbien im Rahmen „ethnischer Säuberungen“ vertrieben. Die Zahl der Vertriebenen wurde auf über 170.000 geschätzt.[14] Mit Angriffen auf Osijek und Dubrovnik belagerte und bombardierte die JNA Städte, die von einer kleinen serbischen Minderheit bewohnt wurden. In der Grenzstadt Vukovar kam es zur Schlacht um Vukovar, wobei der größte Teil der Stadt verwüstet wurde und der Großteil der Bevölkerung fliehen musste. Die Stadt wurde im November 1991 von serbischen Truppen erobert.
Am 19. Dezember 1991 wurde in den von Serben kontrollierten Gebieten der Krajina die Republika Srpska Krajina ausgerufen, die völkerrechtlich nicht anerkannt wurde. Ihr schlossen sich die serbisch kontrollierten Gebiete im Osten Slawoniens und in der Baranja an.
Am 23. Dezember 1991 erklärte die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Außenminister Hans-Dietrich Genscher, als erster Staat im Alleingang die Anerkennung der staatlichen Unabhängigkeit Kroatiens und Sloweniens. Österreich folgte, und bis Ende Januar 1992 die Mehrheit der internationalen Staatengemeinschaft, welche sich zuvor noch abwartend verhalten hatte.[15]
Unter Vermittlung der Vereinten Nationen kamen mehrere Waffenstillstände zustande, sie wurden von den kriegführenden Parteien wiederholt gebrochen. Die jugoslawische Bundesarmee verlegte schrittweise ihr Waffenarsenal von Kroatien nach Bosnien-Herzegowina, wo der nächste Krieg ausbrach.
Von 1992 bis 1993 suchten etwa 700.000 Bosniaken und bosnische Kroaten in Kroatien Schutz und Zuflucht vor dem Krieg in Bosnien, was einem Bevölkerungszuwachs von über 15 % entspricht.

Anfang 1995 wurde der Z4-Plan, ein Vorschlag über eine friedliche Wiedereingliederung der Republika Srpska Krajina in den kroatischen Staat unter Garantien weit reichender Autonomie nahe der Souveränität, vorgelegt. Dies wurde von den Krajina-Serben abgelehnt und stattdessen eine Vereinigung mit der Republika Srpska und Serbien angestrebt.[14] In der Folge wuchs die Bereitschaft westlicher Staaten, die kroatische Seite bei der Rückeroberung ihres Staatsgebietes zu unterstützen. Im Mai 1995 startete die Militäroperation Blitz, mit der ein serbisch kontrollierter Teil Westslawoniens zurückgewonnen wurde. Als Vergeltung befahl der damalige Präsident der Republika Srpska Krajina, Milan Martić, Raketenangriffe mit Streubomben gegen Zagreb (Raketenbeschuss auf Zagreb), Sisak und Karlovac, wobei sieben Zivilisten getötet und 176 verwundet wurden.
Nach Bekanntwerden des Völkermordes in Srebrenica eroberte die kroatische Armee in der Operation Sommer '95 Ende Juli 1995 weitere Gebiete in Südbosnien und hatte damit den südlichen Teil der unter serbischen Herrschaft stehenden Krajina von drei Seiten umzingelt. Daraufhin erklärte bei den Verhandlungen über den Z4-Plan in Genf am 3. August der Ministerpräsident der Serbischen Republik Krajina, Milan Babić gegenüber Peter W. Galbraith, dem US-Botschafter in Kroatien, dass er den Z4-Plan annehmen würde.[16] Diese Erklärung wurde von Kroatien nicht akzeptiert, da Milan Martić sich geweigert hatte, den Plan überhaupt entgegenzunehmen.
Am 4. August 1995 begann die Militäroperation Sturm, die innerhalb weniger Tage nahezu die gesamte Republik Serbische Krajina unter Kontrolle des kroatischen Staates brachte. Dies führte zu einer Massenflucht der serbischen Bevölkerung. Mehr als 200.000 Serben flohen kurz vor, während und nach der Militäroperation. Unter den Flüchtenden befanden sich auch 35.000 bis 45.000 Kämpfer der Armee der Republik Srpska Krajina. Der aus Kroatien stammende Belgrader Militärexperte Aleksandar Radic geht davon aus, dass sich die kroatische Seite mit Belgrad über einen Rückzug ohne langwierige serbische Gegenwehr verständigt habe.[14] Belgrad hatte kurz vorher einen entsprechend instruierten Befehlshaber in der Krajina eingesetzt.[17] Milošević, der eigentliche Lenker der kroatischen Serben, habe diese geopfert, weil er sich auf Bosnien konzentrieren musste.[14] Im September wurden in der Militäroperation Maestral die Serben in Bosnien-Herzegowina weit zurückgedrängt.
Im Abkommen von Erdut am 12. November 1995 vereinbarten die Regierungen Kroatiens und eine serbische Delegation die friedliche Reintegration des verbliebenen Teiles von Kroatien im Osten. Wenige Tage später folgte das Abkommen von Dayton.
Am 6. November 1996 wurde Kroatien Mitglied des Europarates. In den Jahren 1996 und 1997 erholte sich die wirtschaftliche Lage des Landes deutlich.
Die im Abkommen von Erdut bezeichneten Gebiete Ostslawoniens, der Baranja und Westsyrmiens standen zunächst unter die Verwaltung der UNTAES und wurde am 15. Januar 1998 formell in Kroatien eingegliedert.
Präsident Tuđman starb am 11. Dezember 1999. Bei den darauf folgenden Parlamentswahlen am 3. Januar 2000 kam es zum ersten Regierungswechsel in zehn Jahren. Eine breite Koalition aus sechs Parteien unter Führung der SDP übernahm die Regierung. Stjepan Mesić wurde zum Präsidenten, Ivica Račan zum Ministerpräsidenten gewählt.
Seit dem 30. November 2000 ist Kroatien Mitglied der WTO, seit dem Oktober 2003 hat es den Status eines EU-Beitrittskandidaten.
Bei den Wahlen im November 2003 wurde die HDZ wieder stärkste Partei. Sie bildete im Dezember eine Minderheitsregierung mit Unterstützung durch die Pensionistenpartei HSU und weiterer Kleinparteien sowie die meisten Vertreter der nationalen Minderheiten. Neuer Ministerpräsident wurde Ivo Sanader. Kroatien verfolgt nun eine aktive Kampagne zur Rückkehr der serbischen Flüchtlinge.
Am 3. Oktober 2005 wurden Beitrittsverhandlungen über die EU-Vollmitgliedschaft Kroatiens aufgenommen. Kroatien wurde von Seiten des Internationalen Strafgerichtshofs (Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien) „vollständige Zusammenarbeit“ bei der Aufspürung des flüchtigen Generals Ante Gotovina bescheinigt, was auch ein von der EU gefordertes Kriterium für den Beginn von Beitrittsverhandlungen war. In der Vergangenheit war es wegen Frage der Auslieferung zu einer Verschiebung der Beitrittsverhandlungen gekommen. Am 7. Dezember 2005 konnte Gotovina auf der spanischen Insel Teneriffa festgenommen und dem Den Haager Strafgerichtshof überstellt werden. Dort wurde er am 16. November 2012 im Berufungsverfahren freigesprochen.[18]
Kroatien wollte eigentlich bereits bis zu den Europawahl 2009 Mitglied in der Union werden. Beim EU-Gipfel am 8. Dezember 2011 in Brüssel wurde der 1. Juli 2013 als Beitrittsdatum für das Land festgelegt.
Kroatien war und ist ein Transitland für Migranten, die auf einer der Balkanrouten nach Österreich, Deutschland oder in ein anderes westeuropäisches Land gelangen wollen (→ Flüchtlingskrise in Europa seit 2015). Kroatien gehört seit dem 1. Januar 2023 zum Schengenraum; die Landgrenze zum Nachbarstaat Slowenien ist 670 km lang. Ungarn hat an seiner 329 km langen Grenze zu Kroatien einen Grenzzaun errichtet.
Die COVID-19-Pandemie traf Kroatien im Winter 2020/21, im Frühjahr 2021 (Beta-Variante), im Herbst 2021 (Omikron-Variante) und – noch stärker – im März und April 2022 (möglicherweise – wie in Portugal – Variante BA.5. Statistik hier). Seit März 2022 ist Kroatien (wie viele andere Länder auch) von negativen Auswirkungen des russischen Überfalls auf die Ukraine 2022 (hohe Preise für Energie und Lebensmittel) betroffen.
Am 17. Juni 2022 beschloss der EU-Finanzministerrat, dass Kroatien zum 1. Januar 2023 auf den Euro umsteigen kann.[19]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Liste der Herrscher Kroatiens
- Liste der Bane von Kroatien
- Liste der Präsidenten und Premierminister von Kroatien
- Geschichte Jugoslawiens
- Jugoslawienkriege
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Quelleneditionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Anna Šašel, Jaroslav Šašel: Inscriptiones Latinae quae in Iugoslavia inter annos MCMII et MCMXL repertae et editae sunt, Narodni Muzej, 1986.
Überblickswerke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ivo Goldstein: Croatia. A History, London 1999, 3. Aufl. 2004.
- Dragutin Pavliceviö: Povijest Hrvatske (Geschichte Kroatiens), Zagreb 1994.
- Ivo Omrčanin: Diplomatische und politische Geschichte Kroatiens, Vowinckel, Neckargemünd 1968, Washington 1990.
- Robert Stallaerts: Historical Dictionary of Croatia, Scarecrow Press, 2010.
- Giuseppe Praga: Storia di Dalmazia, Padua 1954.
- Branko Franolić, Mateo Žagar: A Historical Outline of Literary Croatian, Erasmus, 2008.
Urgeschichte, Antike
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Mirjana Sanader (Hrsg.): Kroatien in der Antike (= Zaberns Bildbände zur Archäologie). Phillip von Zabern, Mainz 2007, ISBN 978-3-8053-3740-3.
- Vincent L. Gaffney: The Adriatic Islands Project: Contact, Commerce and Colonialism, 6000 BC - AD 600, Tempvs Reparatvm 1995.
Mittelalter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ludwig Steindorff: Geschichte Kroatiens. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Regensburg 2001.
- Vjekoslav Klaić: Povijest Hrvata [Die Geschichte der Kroaten], 5 Bde., Nakladni zavod Matice hrvatske, Zagreb 1981.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ludwig Steindorff: Ein kurzer Gang durch die Geschichte Kroatiens. Bundeszentrale für politische Bildung, 16. April 2013, abgerufen am 28. Oktober 2018.
- Hans-Jürgen Hübner: Geschichte Kroatiens
- Übersicht über die kroatische Geschichte (englisch)
- Kroatien: Mythus und Realität (englisch) (Online-Version eines Buches von C. Michael McAdams, einem Kroatien-Spezialisten und Direktor an der University of San Francisco)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Edgar Hösch: Geschichte der Balkanländer, C. H. Beck, München 1968, S. 387.
- ↑ Mirjana Sanader: Kroatien in der Antike. Zaberns Bildbände zur Archäologie. Von Zabern, Mainz 2007, ISBN 978-3-8053-3740-3, S. 54. Edgar Hösch: Geschichte der Balkanländer. Beck, München 1968, ISBN 3-406-57299-5, S. 23.
- ↑ Dieter Timpe: Mitteleuropa in den Augen der Römer. In: Bonner Jahrbücher. Band 207, Rheinisches Landesmuseum Bonn, Böhlau, Köln/Wien 2009, ISBN 978-3-8053-4064-9, S. 5–32, hier: S. 12.
- ↑ Ivo Goldstein: Croatia. A History. Hurst, London 1999, ISBN 1-85065-388-7, S. 9.
- ↑ Heinrich Kunstmann: Die Slaven. Ihr Name, ihre Wanderung nach Europa und die Anfänge der russischen Geschichte in historisch-onomastischer Sicht. Steiner, Stuttgart 1996, ISBN 3-515-06816-3, S. 39.
- ↑ Gerhard Herm: Der Balkan. Das Pulverfaß Europas. Econ Verlag, Düsseldorf 1993, ISBN 3-430-14445-0, S. 283.
- ↑ Friedrich Jäger: Bosniaken, Kroaten, Serben. Ein Leitfaden ihrer Geschichte. Lang, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-631-37503-4, S. 53.
- ↑ Karl Kaser: Freier Bauer und Soldat. Zur Kunde Südosteuropas. Böhlau, Wien 1997, ISBN 3-205-98614-8, S. 29ff.
- ↑ Hannes Grandits: Familie und sozialer Wandel im ländlichen Kroatien (18.–20. Jahrhundert). (= Zur Kunde Südosteuropas 2/32) Böhlau, Wien 2002, ISBN 3-205-99486-8, S. 68f.
- ↑ Wolfgang Kessler: Zur Geschichte des Buchdrucks im binnenkroatischen Raum bis zum Beginn der „Illyrischen Bewegung“. In: Detlef Haberland, Tünde Katona (Hrsg.): Buch- und Wissenstransfer in Ostmittel- und Südosteuropa in der Frühen Neuzeit. Beiträge der Tagung an der Universität Szeged vom 25.-28. April 2006. Verlag Oldenbourg, München 2007, ISBN 3-486-58541-X, S. 215–280, hier S. 216f.
- ↑ Marie-Janine Calic: Geschichte Jugoslawiens im 20. Jahrhundert. C.H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60645-8, S. 167.
- ↑ Marie-Janine Calic: Geschichte Jugoslawiens im 20. Jahrhundert. C.H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60645-8, S. 216.
- ↑ Mart Martin: The Almanac of Women and Minorities in World Politics. Westview Press Boulder, Colorado, 2000, S. 95.
- ↑ a b c d Filip Slavkovic: Zehn Jahre nach Ende des Kroatien-Krieges: Erinnerung an die entscheidende Offensive. In: Deutsche Welle. 4. August 2005, abgerufen am 18. November 2012.
- ↑ Kontinuitäten und Zäsuren in der Geschichte Kroatiens – Schwerpunkt 20. Jahrhundert. Kurzzusammenfassung des Vortrags vom 14. April 2008. Prof. Dr. Ludwig Steindorff (Universität Kiel)
- ↑ Raymond Bonner: Serbs Said to Agree to Pact With Croatia. In: New York Times. 4. August 1995, abgerufen am 18. November 2012 (englisch).
- ↑ Norbert Mappes-Niediek: Ein General vor Gericht. In: Die Zeit. 15. Dezember 2005 (zeit.de [abgerufen am 18. November 2012]).
- ↑ Kein „verbrecherisches Unternehmen“, orf.at vom 16. November 2012, abgerufen am 16. November 2012.
- ↑ dpa: Kroatien darf auf den Euro umsteigen