„Vedanta“ – Versionsunterschied
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'''Vedānta''' ([[Sanskrit]], m., वेदान्त, vedānta) ist die wichtigste Richtung der [[indische Philosophie|indischen Philosophie]] und heißt wörtlich übersetzt: „Ende des Wissens“, „Vollendung des Wissens“. Innerhalb des Vedānta gibt es mehrere Richtungen, von denen Advaita die bedeutendste ist. Vedānta gehört zu den sechs klassischen orthodoxen philosophischen Systemen ([[Darshana]]s) und ist neben dem [[Samkhya]] die wichtigste [[indische Philosophie]]. |
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'''Vedanta''' ([[Sanskrit]], m., वेदान्त ; [[International Alphabet of Sanskrit Transliteration|IAST]]: {{IAST|vedānta}}) ist neben dem [[Samkhya]] eine der heute populärsten Richtungen der [[Indische Philosophie|indischen Philosophie]] und heißt wörtlich übersetzt: „Ende des [[Veda]]“ d. h. der als [[Offenbarung]] verstandenen frühindischen Textüberlieferung („Veda“ → „Wissen“). Der Begriff wurde erstmals in der Mundaka-[[Upanishaden|Upanishad]] 3.2.6 und der [[Bhagavad Gita]], Vers 15.15 für die am Ende des vedischen Schrifttums stehenden Upanishaden verwendet.<ref>Georg Feuerstein: ''Die Yoga Tradition. Geschichte, Literatur, Philosophie & Praxis.'' Yoga Verlag, Wiggensbach 2009, ISBN 978-3-935001-06-9<!-- auch mit falscher ISBN 978-3-935001-6-9 -->, S. 40 f.</ref> |
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Später wurde es der Name eines der sechs [[Darshan|Darshanas]], der philosophischen Systeme des [[Hinduismus]]. |
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Innerhalb des Vedanta gibt es mehrere Richtungen, von denen der Advaita-Vedanta heute die bedeutendste ist. |
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Die Bedeutung, die Vedanta (und insbesondere Advaita Vedanta) heute innerhalb der religiösen und philosophischen Traditionen Indiens zukommt, ist zum Teil beeinflusst durch Diskurse, die im Europa des ausgehenden 18. Jahrhunderts ihren Ausgangspunkt hatten. Die Interpretationen der damals in Europa vorliegenden indischen Schriften durch verschiedene Autoren (insbesondere Philosophen und Theologen) prägten nachhaltig das europäische Bild Indiens. Seit dem 19. Jahrhundert lässt sich beobachten, wie dieser Diskurs innerhalb religiöser Reformbewegungen sowie der indischen Unabhängigkeitsbewegung eine Neuinterpretation erfuhr.<ref>Richard King: ''"Mystic Hinduism". Vedanta and the politics of representation.'' In: Ders.: ''Orientalism and Religion. Postcolonial Theory, India and 'The Mystic East'.'' Routledge, London 1999, S. 118–142.</ref> |
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⚫ | Bereits in den [[Upanishaden]] kristallisieren sich die zentralen Begriffe [[Atman]] (innerstes Sein des Menschen) und [[Brahman (Philosophie)|Brahman]] ( |
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⚫ | Das Studium der Veden und das Befolgen der Rituale wurden als Voraussetzung für das Studium des höheren Wissens, des Vedanta, angesehen. Nur wer so gereinigt war und den höheren Kasten angehörte, durfte den Vedanta studieren. Die vorgeschriebene vorbereitende Reinigung des Schülers durch vedische Rituale wird heute oft durch Elemente des [[Bhakti-Yoga]] ersetzt.<br />Bereits in den [[Upanishaden]] kristallisieren sich die zentralen Begriffe [[Atman]] (innerstes Sein des Menschen) und [[Brahman (Philosophie)|Brahman]] (Weltseele) heraus. Sie werden in vielen Aussagen, vor allem den [[Mahavakya|Mahavakyas]], als Einheit identifiziert: „Diese Seele (Atman) ist Brahman“, „Das bist du“ ([[Tat Tvam Asi]]), „Ich bin Brahman“. Die Natur des Brahman ist ''satya'' („Wahrheit“), ''jnana'' („Erkenntnis“), ''ananta'' („Unendlichkeit“) oder ''ananda'' („Glückseligkeit“). Hier stellt sich die Frage nach der Beziehung der individuellen Seelen, ''jivatman'', zum ''paramatman'', d. h. Brahman, und nach der Beziehung der Welt der Vielfältigkeit zum einen letzten Sein. Wird in den Upanishaden auch immer wieder die Einheit betont, gibt es doch auch Ansätze, die der Welt eine eigene, von Brahman getrennte Wirklichkeit zusprechen. Bei der Lösung dieser Frage kam es zu den unterschiedlichen Vedanta-Systemen. |
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== Formen des Vedanta == |
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Ausgehend von den verschiedenen Kommentatoren der Grundlagentexte ([[Brahma-Sutra]], [[Upanishaden]] und [[Bhagavad Gita]]) entstanden mehrere Schulen des Vedanta.<ref>Flood 1996, S. 239.</ref> Dazu gehören unter anderem: Advaita-Vedanta, Vishishtadvaita-Vedanta, Achintya Bhedabheda, Shuddhadvaita und Dvaita-Vedanta. |
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Bei Advaita-Vedānta ([[Sanskrit]], m., अद्वैत वेदान्त, advaita vedānta, ''[[advaita]]'' = „Nicht-Dualität“) handelt es sich um ein [[Monismus|monistisches]] System, da die Welt auf ein Prinzip zurückgeführt wird. Der bekannteste Gelehrte des Advaita-Vedānta war [[Shankara]] (788–820 n. 0), der ältere Upanishaden, wie z. B. die Kathā-Upanishad, kommentierte und die Vedānta-Philosphie weiterentwickelte. Wichtige Texte des Vedānta sind die Brahmasutras (1./2. Jh. n. 0) und die Vedāntasutrāni. Advaita ist eng mit dem [[Jnana Yoga|Jñāna-Yoga]] („Yoga des Wissens“) verbunden; als Bezug dienen die 108 [[Upanishaden]], die den abschließenden Teil der [[Veden]] bilden. |
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Wesentliches Charakteristikum von Advaita-Vedānta ist die Wesensidentität von [[Atman]] (der individuellen Seele) und [[Brahman (Philosophie)|Brahman]] (der Weltseele). Der Erkenntnisprozess des Menschen (und Weg zur Erlösung) besteht darin, diese Einheit zu erkennen, deshalb die Bezeichnung ''Advaita-Vedānta'' („Nicht-Zweiheit“). Dualität tritt dort auf, wo ''avidyā'' („Unwissenheit“) herrscht. Die wahre Erkenntnis, die diese Unwissenheit überwindet, führt zur Advaita-Erfahrung und damit zur Befreiung (''[[moksha]]''). Shankaras wichtigster Beitrag besteht in der Entwicklung des Brahman-Begriffs ohne alle Qualitäten (''nirguna''), d. h. ein Brahman, dem man keine Attribute zuschreiben kann. Daher sind auch ''sat'' (reines „Sein“), ''cit'' (reines „Bewusstsein“) und ''ānanda'' (reine „Glückseligkeit“) keine das Brahman qualifizierenden Attribute; sie konstituieren vielmehr das Wesen des Brahman. |
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Beim Advaita-Vedanta ([[Sanskrit]], m., अद्वैत वेदान्त, {{IAST|advaita vedānta}}, ''advaita'' = „Nicht-Dualität“) handelt es sich um ein [[Monismus|monistisches]] System,<ref>Flood 1996, S. 239.</ref> das die Welt auf ein einziges Prinzip, Brahman, zurückführt. Der bekannteste Gelehrte des Advaita-Vedanta war [[Shankara]] (ca. 788–820 n. Chr.)<ref>Flood 1996, S. 239.</ref> Wesentliches Merkmal des Advaita-Vedanta ist die Wesensidentität von [[Atman]] (individuelle Seele) und [[Brahman (Philosophie)|Brahman]] (Weltseele), deshalb die Bezeichnung ''Advaita-Vedanta'' = „Vedanta der Nichtzweiheit“. Durch das Überwinden von ''avidya'' (Unwissenheit) und [[Maya (Mythologie)#Philosophie (Hinduismus)|''maya'']] (Illusion) kann der Mensch diese Wahrheit erkennen, das Selbst vom Nicht-Selbst befreien und [[Moksha]] (Erlösung) erlangen.<ref>Flood 1996, S. 241.</ref> |
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Shankaras wichtigster Beitrag besteht in der Entwicklung des Brahman-Begriffs ohne Form und Attribute ''(nirguna)''. Daher sind auch ''[[Sat-Chit-Ananda|sat]]'' (reines „Sein“), ''cit'' (reines „Bewusstsein“) und ''ananda'' (reine „Glückseligkeit“) keine das Brahman qualifizierenden Attribute, sondern sie konstituieren sein Wesen. Shankara erkennt zwar auch den Wert von mystischen Erfahrungen und [[Bhakti]]-Frömmigkeit an, ihm zufolge kann die Erkenntnis der Einheit von Atman und Brahman aber nur durch das Studium heiliger Texte erlangt werden.<ref>Flood 1996, S. 242.</ref> Erlösung steht damit nur der [[Brahmane]]n-Kaste offen. Shankara sprach sich scharf gegen den [[Buddhismus]] aus, da dieser den Offenbarungscharakter der Veden ablehnt ([[Nastika]]).<ref>Flood 1996, S. 240.</ref> |
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Vertreter des modernen [[Neo-Advaita]] verweisen ganz auf das nichtduale Ziel des Advaita und versuchen, dieses durch Erfahrungen zu vermitteln. |
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Der wahre [[Atman]] ist verschleiert. Das Denkorgan geht eine klebrige Verbindung mit der Wahrnehmung ein. Ziel ist die Reinigung des „Diamantkerns“ ''Atman'' vom Schleim. Jedoch ist der Diamant ständig existent und nie von kosmischer Kraft getrennt und verändert sich nicht. Der Mensch ist das Produkt der eigenen Taten, des eigenen [[Karma]], nicht von göttlicher Gnade. Karma ist das Begehren, woraus der Mensch entsteht. |
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=== Vishishtadvaita-Vedanta === |
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==Vishishtādvaita-Vedānta== |
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Vishishtadvaita-Vedanta ([[Sanskrit]], n., विशिष्टाद्वैत वेदान्त, {{IAST|viśiṣṭādvaita vedānta}}, ''vishishta'' („modifiziert“, ''advaita'' („Nicht-Dualität“))) bedeutet so viel wie qualifizierter Nicht-Dualismus. Es besagt, [[Gott]] existiere als Einziges, jedoch bliebe die Pluralität der Welt als eine reale Erscheinungsform Gottes erhalten und sei nicht, wie bei [[Shankara]]s Advaita, eine Illusion. |
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Bedeutendster Vertreter ist [[Ramanuja |
Bedeutendster Vertreter ist [[Ramanuja]] (1017–1137 n. Chr.), der in allem das göttliche [[Brahman (Philosophie)|Brahman]], für ihn in [[Vishnu|Vishnu-Narayana]], sieht. Alle Eigenschaften der [[Schöpfung]] seien real und unter der Kontrolle Gottes. Dieser könne trotz der Existenz aller Eigenschaften eins sein, da diese nicht unabhängig von ihm existieren können. |
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In Ramanujas System besitzt Gott ([[Narayana]]) zwei untrennbare Wesensarten, nämlich die Welt und die Seelen. Diese verhalten sich danach zu ihm wie Körper und Seele. Materie und Seelen stellen den Körper Gottes dar. Gott sei ihr Bewohner, die Kontrollinstanz, Materie und Seelen untergeordnete Elemente, Eigenschaften.<br />Ramanuja vertritt das Konzept eines persönlichen höchsten Wesens, Narayana und die göttliche Liebe ist für ihn der verbindende Faktor zwischen dem höchsten Wesen und den individuellen Seelen. Der Vishishtadvaita bildet neben einigen verwandten Theorien eine wichtige theoretische Grundlage des [[Vishnuismus]], insbesondere des [[Bhakti]]-[[Yoga]], des Weges der Hingabe an Gott. |
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Der Vishishtadvaita konnte sich als erster gegen [[Shankara]]s Advaita-Vedanta (Monismus) behaupten. |
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Vishishtādvaita und einige verwandte Theorien bilden die theoretische Grundlage des [[Bhakti]]-[[Yoga]] – des Yoga der göttlichen Hingabe – im [[Vishnuismus]]. Er nimmt eine Zwischenposition zwischen [[Shankara]]s Advaita- und Madhvas [[Dvaita Vedanta|Dvaita-Vedānta]] ein. |
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''Achintya Bhedabheda'' bezeichnet eine Schule, welche die gleichzeitige Einheit (abheda) und Verschiedenheit (bheda) der Wahrheit lehrt. Begründer dieser Philosophie ist [[Chaitanya]] (1486–1533). |
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Diese Lehre besagt, dass sowohl die Gesamtheit aller [[Atman|Seelen]] als auch die Gesamtheit der Materie ([[Prakriti]]) Umwandlungen der Energie der höchsten Wahrheit sind. Krishna wird hierbei als „shaktiman“ bezeichnet: Besitzer aller [[shakti]]s. Als Gottes Energie sind sie einerseits mit ihm identisch und gleichzeitig auf ewig von ihm verschieden, „bheda-abheda“. Dies sei „achintya“, unvorstellbar, muss allerdings aufgrund der Autorität der Schriften akzeptiert werden. Die Wahrheit, die „nichtduale Einheit in Vielfalt“, wird im [[Bhagavatapurana]] 1.2.11 veranschaulicht: |
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vadanti tat tattva-vidas tattvaṁ yaj jñānam advayam । |
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brahmeti paramātmeti bhagavān iti śabdyate ॥ |
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''„Die Kenner der Wahrheit beschreiben die ewige Wahrheit, deren Wesen nichtduale reine Erkenntnis ist, als Brahman, Paramatma und Bhagavan, so wird es vernommen.“'' |
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Anhänger dieser Philosophie sehen in dem Vers die konzentrierte Lehre: Die absolute Wahrheit ist nichtdual und doch wird sie gleichzeitig bezeichnet mit |
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* ''[[Brahman (Philosophie)|Brahman]]'', die alldurchdringende und eigenschaftslose spirituelle Energie. |
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* ''Paramatma'', die Überseele, welche jeden [[Atman]] begleitet und in transzendenter Gestalt in allen Dingen gegenwärtig ist. |
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* Wilfried Huchzermeyer. ''Die heiligen Schriften Indiens: Geschichte der Sanskrit-Literatur.'' Edition-Sawitri.de, ISBN 3-931172-22-8 |
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* ''[[Bhagavan]]'', der höchste Herr selbst, der jenseits der manifestierten [[Prakriti]] in seinem ewigen Reich [[Vaikuntha]] weilt. |
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Shuddhadvaita, die Philosophie der reinen Nichtdualität, wurde von [[Vallabha]] (1479–1531), einem Zeitgenossen Chaitanyas begründet. Er lehnt die [[Maya (Mythologie)|Maya]]-Lehre Shankaras ab, wonach Universum und Individualität bloße Illusion seien. Für ihn ist die ganze Welt Gottes Energie und trotz des ständigen Wandels real. Wie andere vishnuitischen Philosophen unterscheidet auch er zwischen Gott, Materie und den individuellen Seelen. |
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* http://www.hinduweb.org/home/dharma_and_philosophy/vvh/vvh.htm |
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* http://www.Begegnung-mit-Raphael.de |
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* http://www.advaita-vedanta.org/avhp/ |
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* http://www.advaitaforum.de |
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Vallabha erhob das [[Bhagavatapurana]] zur Position einer höchst autoritativen Schrift. Sein systematisches Werk ''Tattvadipa'', das sich mit den Lehren des Bhagavatapurana beschäftigt, veranschaulicht seine Philosophie des ''Shuddhadvaita'': Krishna erschafft die Jivas (Seelen), kreiert das Universum und genießt alles. Der Zweck der Existenz Gottes und der Seelen liege in nichts anderem, als sich gegenseitig zu erfreuen und zu genießen. [[Radha]] sei die Gestalt gewordene Liebe [[Krishna]]s.<ref>Zusammengefasst aus Klaus K. Klostermaier: ''Hinduism – A Short History.'' 2000, ISBN 1-85168-213-9, S. 111–114.</ref><br />Die Schule Vallabhas ist bekannt für ihre Verehrung Radhas und Krishnas als das höchste göttliche Paar. Sie ist heute eine starke religiöse Bewegung, die vor allem in Nordindien Millionen von Anhängern haben soll. |
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⚫ | Stattdessen seien alle Menschen Individuen ([[jiva]]s), von denen jeder einen eigenen Geist habe. Auch untergrabe die Gleichsetzung von Gottseele einerseits und den Seelen der Individuen andererseits die absolute Autorität Gottes, der allein das Höchste [[Brahman (Philosophie)|Brahman]] sei, und von dessen Gnade allein es abhänge. Gottesdienst (''[[puja]]'') und die glaubensvolle Unterwerfung unter ein höheres Wesen ([[Bhakti Yoga|Bhakti-Yoga]]) seien sinnlos, wenn dieses höhere Wesen identisch mit der (eigenen) [[Seele]] ist. |
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* [[Yoga-Vasishtha]] |
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* [[Paul Deussen]]: ''Das System des Vedânta …'' Brockhaus, Leipzig 1883. |
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* Eliot Deutsch: ''Advaita Vedanta – A Philosophical Reconstruction.'' University of Hawaii Press, 1986, ISBN 0-8248-0271-3. |
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* Gavin Flood: ''An introdiction to Hinduism.'' Cambridge University Press, Cambridge 1996. |
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* [[Helmuth von Glasenapp]]: ''Vedānta und Buddhismus'' (= ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse.'' Jahrgang 1950, Band 11). Verlag der Wissenschaften und der Literatur in Mainz (in Kommission bei Franz Steiner Verlag, Wiesbaden). |
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* Rewati Raman Pandey: ''Scientific Temper and Advaita Vedanta.'' Sureshonmesh Prakashan, Varanasi 1991. |
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* Arvind Sharma: ''The Philosophy of Religion and Advaita Vedānta: A Comparative Study in Religion and Reason.'' Pennsylvania State University, University Park 2008, ISBN 978-0-271-02832-3. |
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* Sthaneshwar Timalsina: ''Consciousness in Indian Philosophy: The Advaita doctrine of 'awareness only'.'' Routledge, New York 2009, ISBN 978-0-415-77677-6. |
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== Weblinks == |
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* {{IEP|http://www.iep.utm.edu/bhed-ved|Bhedābheda Vedānta|Andrew J. Nicholson}} |
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* {{IEP|http://www.iep.utm.edu/adv-veda|Advaita Vedānta|Sangeetha Menon}} |
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* [http://www.vedanta-germany.org/ Website der deutschen Vedanta-Gesellschaft e. V.] |
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== Einzelnachweise und Anmerkungen == |
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Aktuelle Version vom 4. Januar 2025, 09:52 Uhr
Vedanta (Sanskrit, m., वेदान्त ; IAST: vedānta) ist neben dem Samkhya eine der heute populärsten Richtungen der indischen Philosophie und heißt wörtlich übersetzt: „Ende des Veda“ d. h. der als Offenbarung verstandenen frühindischen Textüberlieferung („Veda“ → „Wissen“). Der Begriff wurde erstmals in der Mundaka-Upanishad 3.2.6 und der Bhagavad Gita, Vers 15.15 für die am Ende des vedischen Schrifttums stehenden Upanishaden verwendet.[1]
Später wurde es der Name eines der sechs Darshanas, der philosophischen Systeme des Hinduismus.
Innerhalb des Vedanta gibt es mehrere Richtungen, von denen der Advaita-Vedanta heute die bedeutendste ist. Die Bedeutung, die Vedanta (und insbesondere Advaita Vedanta) heute innerhalb der religiösen und philosophischen Traditionen Indiens zukommt, ist zum Teil beeinflusst durch Diskurse, die im Europa des ausgehenden 18. Jahrhunderts ihren Ausgangspunkt hatten. Die Interpretationen der damals in Europa vorliegenden indischen Schriften durch verschiedene Autoren (insbesondere Philosophen und Theologen) prägten nachhaltig das europäische Bild Indiens. Seit dem 19. Jahrhundert lässt sich beobachten, wie dieser Diskurs innerhalb religiöser Reformbewegungen sowie der indischen Unabhängigkeitsbewegung eine Neuinterpretation erfuhr.[2]
Grundlagen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Studium der Veden und das Befolgen der Rituale wurden als Voraussetzung für das Studium des höheren Wissens, des Vedanta, angesehen. Nur wer so gereinigt war und den höheren Kasten angehörte, durfte den Vedanta studieren. Die vorgeschriebene vorbereitende Reinigung des Schülers durch vedische Rituale wird heute oft durch Elemente des Bhakti-Yoga ersetzt.
Bereits in den Upanishaden kristallisieren sich die zentralen Begriffe Atman (innerstes Sein des Menschen) und Brahman (Weltseele) heraus. Sie werden in vielen Aussagen, vor allem den Mahavakyas, als Einheit identifiziert: „Diese Seele (Atman) ist Brahman“, „Das bist du“ (Tat Tvam Asi), „Ich bin Brahman“. Die Natur des Brahman ist satya („Wahrheit“), jnana („Erkenntnis“), ananta („Unendlichkeit“) oder ananda („Glückseligkeit“). Hier stellt sich die Frage nach der Beziehung der individuellen Seelen, jivatman, zum paramatman, d. h. Brahman, und nach der Beziehung der Welt der Vielfältigkeit zum einen letzten Sein. Wird in den Upanishaden auch immer wieder die Einheit betont, gibt es doch auch Ansätze, die der Welt eine eigene, von Brahman getrennte Wirklichkeit zusprechen. Bei der Lösung dieser Frage kam es zu den unterschiedlichen Vedanta-Systemen.
Formen des Vedanta
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ausgehend von den verschiedenen Kommentatoren der Grundlagentexte (Brahma-Sutra, Upanishaden und Bhagavad Gita) entstanden mehrere Schulen des Vedanta.[3] Dazu gehören unter anderem: Advaita-Vedanta, Vishishtadvaita-Vedanta, Achintya Bhedabheda, Shuddhadvaita und Dvaita-Vedanta.
Advaita-Vedanta
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beim Advaita-Vedanta (Sanskrit, m., अद्वैत वेदान्त, advaita vedānta, advaita = „Nicht-Dualität“) handelt es sich um ein monistisches System,[4] das die Welt auf ein einziges Prinzip, Brahman, zurückführt. Der bekannteste Gelehrte des Advaita-Vedanta war Shankara (ca. 788–820 n. Chr.)[5] Wesentliches Merkmal des Advaita-Vedanta ist die Wesensidentität von Atman (individuelle Seele) und Brahman (Weltseele), deshalb die Bezeichnung Advaita-Vedanta = „Vedanta der Nichtzweiheit“. Durch das Überwinden von avidya (Unwissenheit) und maya (Illusion) kann der Mensch diese Wahrheit erkennen, das Selbst vom Nicht-Selbst befreien und Moksha (Erlösung) erlangen.[6] Shankaras wichtigster Beitrag besteht in der Entwicklung des Brahman-Begriffs ohne Form und Attribute (nirguna). Daher sind auch sat (reines „Sein“), cit (reines „Bewusstsein“) und ananda (reine „Glückseligkeit“) keine das Brahman qualifizierenden Attribute, sondern sie konstituieren sein Wesen. Shankara erkennt zwar auch den Wert von mystischen Erfahrungen und Bhakti-Frömmigkeit an, ihm zufolge kann die Erkenntnis der Einheit von Atman und Brahman aber nur durch das Studium heiliger Texte erlangt werden.[7] Erlösung steht damit nur der Brahmanen-Kaste offen. Shankara sprach sich scharf gegen den Buddhismus aus, da dieser den Offenbarungscharakter der Veden ablehnt (Nastika).[8]
Vertreter des modernen Neo-Advaita verweisen ganz auf das nichtduale Ziel des Advaita und versuchen, dieses durch Erfahrungen zu vermitteln.
Vishishtadvaita-Vedanta
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vishishtadvaita-Vedanta (Sanskrit, n., विशिष्टाद्वैत वेदान्त, viśiṣṭādvaita vedānta, vishishta („modifiziert“, advaita („Nicht-Dualität“))) bedeutet so viel wie qualifizierter Nicht-Dualismus. Es besagt, Gott existiere als Einziges, jedoch bliebe die Pluralität der Welt als eine reale Erscheinungsform Gottes erhalten und sei nicht, wie bei Shankaras Advaita, eine Illusion.
Bedeutendster Vertreter ist Ramanuja (1017–1137 n. Chr.), der in allem das göttliche Brahman, für ihn in Vishnu-Narayana, sieht. Alle Eigenschaften der Schöpfung seien real und unter der Kontrolle Gottes. Dieser könne trotz der Existenz aller Eigenschaften eins sein, da diese nicht unabhängig von ihm existieren können.
In Ramanujas System besitzt Gott (Narayana) zwei untrennbare Wesensarten, nämlich die Welt und die Seelen. Diese verhalten sich danach zu ihm wie Körper und Seele. Materie und Seelen stellen den Körper Gottes dar. Gott sei ihr Bewohner, die Kontrollinstanz, Materie und Seelen untergeordnete Elemente, Eigenschaften.
Ramanuja vertritt das Konzept eines persönlichen höchsten Wesens, Narayana und die göttliche Liebe ist für ihn der verbindende Faktor zwischen dem höchsten Wesen und den individuellen Seelen. Der Vishishtadvaita bildet neben einigen verwandten Theorien eine wichtige theoretische Grundlage des Vishnuismus, insbesondere des Bhakti-Yoga, des Weges der Hingabe an Gott.
Der Vishishtadvaita konnte sich als erster gegen Shankaras Advaita-Vedanta (Monismus) behaupten.
Weitere wichtige Vertreter waren Yāmuna und Nathamuni (823–951 n. Chr.).
Achintya Bhedabheda
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Achintya Bhedabheda bezeichnet eine Schule, welche die gleichzeitige Einheit (abheda) und Verschiedenheit (bheda) der Wahrheit lehrt. Begründer dieser Philosophie ist Chaitanya (1486–1533).
Diese Lehre besagt, dass sowohl die Gesamtheit aller Seelen als auch die Gesamtheit der Materie (Prakriti) Umwandlungen der Energie der höchsten Wahrheit sind. Krishna wird hierbei als „shaktiman“ bezeichnet: Besitzer aller shaktis. Als Gottes Energie sind sie einerseits mit ihm identisch und gleichzeitig auf ewig von ihm verschieden, „bheda-abheda“. Dies sei „achintya“, unvorstellbar, muss allerdings aufgrund der Autorität der Schriften akzeptiert werden. Die Wahrheit, die „nichtduale Einheit in Vielfalt“, wird im Bhagavatapurana 1.2.11 veranschaulicht:
vadanti tat tattva-vidas tattvaṁ yaj jñānam advayam ।
brahmeti paramātmeti bhagavān iti śabdyate ॥
„Die Kenner der Wahrheit beschreiben die ewige Wahrheit, deren Wesen nichtduale reine Erkenntnis ist, als Brahman, Paramatma und Bhagavan, so wird es vernommen.“
Anhänger dieser Philosophie sehen in dem Vers die konzentrierte Lehre: Die absolute Wahrheit ist nichtdual und doch wird sie gleichzeitig bezeichnet mit
- Brahman, die alldurchdringende und eigenschaftslose spirituelle Energie.
- Paramatma, die Überseele, welche jeden Atman begleitet und in transzendenter Gestalt in allen Dingen gegenwärtig ist.
- Bhagavan, der höchste Herr selbst, der jenseits der manifestierten Prakriti in seinem ewigen Reich Vaikuntha weilt.
Shuddhadvaita
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Shuddhadvaita, die Philosophie der reinen Nichtdualität, wurde von Vallabha (1479–1531), einem Zeitgenossen Chaitanyas begründet. Er lehnt die Maya-Lehre Shankaras ab, wonach Universum und Individualität bloße Illusion seien. Für ihn ist die ganze Welt Gottes Energie und trotz des ständigen Wandels real. Wie andere vishnuitischen Philosophen unterscheidet auch er zwischen Gott, Materie und den individuellen Seelen.
Vallabha erhob das Bhagavatapurana zur Position einer höchst autoritativen Schrift. Sein systematisches Werk Tattvadipa, das sich mit den Lehren des Bhagavatapurana beschäftigt, veranschaulicht seine Philosophie des Shuddhadvaita: Krishna erschafft die Jivas (Seelen), kreiert das Universum und genießt alles. Der Zweck der Existenz Gottes und der Seelen liege in nichts anderem, als sich gegenseitig zu erfreuen und zu genießen. Radha sei die Gestalt gewordene Liebe Krishnas.[9]
Die Schule Vallabhas ist bekannt für ihre Verehrung Radhas und Krishnas als das höchste göttliche Paar. Sie ist heute eine starke religiöse Bewegung, die vor allem in Nordindien Millionen von Anhängern haben soll.
Dvaita-Vedanta
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dvaita-Vedanta (Sanskrit, m., द्वैत वेदान्त, dvaita vedānta, dvaita = „Zweiheit“, „Dualität“) wurde vom Philosophen Madhva (1199–1278) begründet. Der Begriff Dvaita-Vedānta bedeutet: „Vedanta der Zweiheit“. Danach ist der Atman vom Brahman ewig getrennt und nicht so wie im Advaita-Vedanta identisch.
Stattdessen seien alle Menschen Individuen (jivas), von denen jeder einen eigenen Geist habe. Auch untergrabe die Gleichsetzung von Gottseele einerseits und den Seelen der Individuen andererseits die absolute Autorität Gottes, der allein das Höchste Brahman sei, und von dessen Gnade allein es abhänge. Gottesdienst (puja) und die glaubensvolle Unterwerfung unter ein höheres Wesen (Bhakti-Yoga) seien sinnlos, wenn dieses höhere Wesen identisch mit der (eigenen) Seele ist.
Das Dvaita-Vedanta wurde fortentwickelt von Jayatirtha (1356–1388) und Vyasaraya (1478–1589). Die Anhänger der von Madhva gelehrten Religion sind heute am stärksten vertreten im indischen Bundesstaat Karnataka.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Paul Deussen: Das System des Vedânta … Brockhaus, Leipzig 1883.
- Paul Deussen: Die Sûtra’s des Vedânta oder die Shârîraka-Mîmânsâ des Bâdarâyana nebst dem vollständigen Kommentare des Shânkara. Aus dem Sanskrit übersetzt. Brockhaus, Leipzig 1887.
- Eliot Deutsch: Advaita Vedanta – A Philosophical Reconstruction. University of Hawaii Press, 1986, ISBN 0-8248-0271-3.
- Gavin Flood: An introdiction to Hinduism. Cambridge University Press, Cambridge 1996.
- Erich Frauwallner: Geschichte der indischen Philosophie. Otto-Müller-Verlag, Salzburg 1953.
- Helmuth von Glasenapp: Vedānta und Buddhismus (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse. Jahrgang 1950, Band 11). Verlag der Wissenschaften und der Literatur in Mainz (in Kommission bei Franz Steiner Verlag, Wiesbaden).
- Rewati Raman Pandey: Scientific Temper and Advaita Vedanta. Sureshonmesh Prakashan, Varanasi 1991.
- Raphael: Tat Tvam Asi – Das bist du. übers. v. Beate Schleep. Kamphausen, Bielefeld 2000, ISBN 3-933496-48-9.
- Arvind Sharma: The Philosophy of Religion and Advaita Vedānta: A Comparative Study in Religion and Reason. Pennsylvania State University, University Park 2008, ISBN 978-0-271-02832-3.
- Sthaneshwar Timalsina: Consciousness in Indian Philosophy: The Advaita doctrine of 'awareness only'. Routledge, New York 2009, ISBN 978-0-415-77677-6.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Sri Swami Sivananda: All About Hinduism – Ausführliche Beschreibung auf Englisch
- Vedânta-Texte auf Sanskrit und Deutsch, Übersetzung von Paul Deussen 1887
- Andrew J. Nicholson: Bhedābheda Vedānta. In: James Fieser, Bradley Dowden (Hrsg.): Internet Encyclopedia of Philosophy.
- Sangeetha Menon: Advaita Vedānta. In: James Fieser, Bradley Dowden (Hrsg.): Internet Encyclopedia of Philosophy.
- Website der deutschen Vedanta-Gesellschaft e. V.
Einzelnachweise und Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Georg Feuerstein: Die Yoga Tradition. Geschichte, Literatur, Philosophie & Praxis. Yoga Verlag, Wiggensbach 2009, ISBN 978-3-935001-06-9, S. 40 f.
- ↑ Richard King: "Mystic Hinduism". Vedanta and the politics of representation. In: Ders.: Orientalism and Religion. Postcolonial Theory, India and 'The Mystic East'. Routledge, London 1999, S. 118–142.
- ↑ Flood 1996, S. 239.
- ↑ Flood 1996, S. 239.
- ↑ Flood 1996, S. 239.
- ↑ Flood 1996, S. 241.
- ↑ Flood 1996, S. 242.
- ↑ Flood 1996, S. 240.
- ↑ Zusammengefasst aus Klaus K. Klostermaier: Hinduism – A Short History. 2000, ISBN 1-85168-213-9, S. 111–114.