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„Haus Doorn“ – Versionsunterschied

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K en:Huis Doorn
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[[Datei:WMNL Huis Doorn 24.JPG|mini|hochkant=1.3|Haus Doorn, Ostseite]]
'''Haus Doorn''' in [[Doorn]], Provinz Utrecht, Königreich der Niederlande, ist einer der merkwürdigsten Orte in Europa. Es dürfte kaum einen anderen Ort geben, wo durch jeden Kubikmeter so viele verschiedene historische und kulturelle Linien laufen. Zu fast jedem europäischen Thema läßt sich in Haus Doorn eine Exkursion veranstalten - und das in nur einem Dutzend Räumen.
'''Haus Doorn''', niederländisch ''Huis Doorn'', ist ein kleines [[Schloss (Gebäude)|Schloss]] in Doorn, einem Ort in der niederländischen Gemeinde [[Utrechtse Heuvelrug]]. Der ehemalige deutsche Kaiser [[Wilhelm II. (Deutsches Reich)|Wilhelm II.]] lebte hier von 1920 bis zu seinem Tod am 4. Juni 1941 im [[Exil]]. Er wurde in einem Mausoleum im Park des Schlosses beigesetzt. Heute ist Haus Doorn ein Museum im Besitz des niederländischen Staates.


== Das Gebäude und seine Geschichte ==
== Geschichte ==
[[Datei:3941 Doorn, Netherlands - panoramio (2).jpg|mini|Haus Doorn (2015), im Vordergrund eine Büste des Kaisers von [[Max Bezner]] (Replikat 1928)]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 136-C0805, Kaiserpaar im Haus Doorn.jpg|mini|Wilhelm II. und [[Hermine von Schönaich-Carolath|Hermine]] im Haus Doorn (1933)]]
[[Datei:Mausoleumwhilhelm.JPG|mini|Mausoleum mit den sterblichen Überresten Wilhelms II. (Zutritt nur für Familienmitglieder und deren Gäste)]]


Haus Doorn wird erstmals 1289 erwähnt.<ref>S. Muller Fzn., K. Heringa, F. Ketner: ''Oorkondenboek van het Sticht Utrecht tot 1301'', IV, 1, Utrecht 1954, Nr. 2389.</ref> Seit dieser Zeit bis 1633 diente es als Wohnsitz der [[Propst|Pröpste]] des [[Utrechter Dom]]s. Die ursprüngliche kleine [[Wasserburg]] war eine rechteckige [[Kastellburg]] von 27 × 37&nbsp;m, bestehend aus einer Ringmauer mit runden Wehrtürmen an drei Seiten, von denen der südwestliche auf der Gartenseite erhalten blieb, mit einem rechteckigen Wohnturm auf der Nordostecke. Vor 1350 wurde das Tor in einen Torturm umgewandelt und ein rechteckiger Baukörper hinzugefügt. Nach dem Verkauf an Reinier von Goltstein 1633 ließ dieser die verfallene Burg restaurieren.
''Eines von vielen niederländischen Schlössern, uralt, viele Male umgebaut, von Hand zu Hand gegangen, zuletzt erworben als Exilssitz von [[Wilhelm II. (Deutsches Reich)|Wilhelm II.]]''


Im 18. Jahrhundert erhielt das Haus seine heutige, schlossartige Form. Das [[Gebäudeflügel|dreiflüglige]] Haus zählt fünf auf sechs Fensterachsen und hat einen kleinen [[Ehrenhof (Schloss)|Ehrenhof]]. Das gesamte, von einem rechteckigen Graben umflossene Gebäude ist aus [[Backstein]] errichtet. So zeigt sich auch die Hofseite, während die Gartenfassade weiß geschlämmt ist. Die Grundausstattung der Inneneinrichtung stammt aus dem 19. Jahrhundert.
Der Ex-Kaiser fügte dem Grundstück ein neo-mittelalterliches Torgebäude hinzu und liess für sich selbst ein Mausoleum bauen, da er weder in ausländischer Erde begraben werden, noch in ein Deutschland zurückkehren wollte, das keine Monarchie ist.


Baronesse Ella van Heemstra, Mutter der Schauspielerin [[Audrey Hepburn]], verbrachte einige Jugendjahre in Haus Doorn.<ref name="stretto">{{cite web|url=https://www.stretto.be/2017/06/30/de-dagboeken-van-de-duitse-keizer-in-huis-doorn/ |title=De dagboeken van de Duitse keizer in Huis Doorn|website=Stretto.be|author=Michel Dutrieue|access-date=2022-01-08|language=nl}}</ref>
Da Holz sägen und hacken sein Zeitvertreib war, sind unter dem letzten Bewohner viele tausend Bäume aus dem das Haus umgebenden Park verschwunden.


Als Reichskanzler [[Max von Baden]] am 9. November 1918 eigenmächtig die [[Abdankung Wilhelms II.|Abdankung des Kaisers]] verkündete, befand sich Wilhelm II. im belgischen [[Spa (Belgien)|Spa]] im [[Hotel Britannique (Spa)|Hotel Britannique]], dem Sitz des [[Großes Hauptquartier|Großen Hauptquartiers]]. Ohne abzudanken, floh er am 10. November über die Grenze in die neutralen Niederlande und bat die niederländische Regierung um Asyl. Zunächst wohnte er als Gast des Grafen Godard [[Bentinck]] auf [[Schloss Amerongen]], wo er erst am 28. November die Abdankungsurkunde unterzeichnete. Im Jahr 1919 erwarb Wilhelm im benachbarten Doorn das gleichnamige Schlösschen von der Baronesse Heemstra de Beaufort und ließ es bis 1920 für sich und seine Familie herrichten.
== Kaiser Wilhelm II. ==


Im Rahmen der [[Fürstenabfindung]] verlor das [[Hohenzollern|Haus Hohenzollern]] zwar fast alle seiner 70 Schlösser in Deutschland, aber Wilhelm konnte den wichtigsten persönlichen Familienbesitz nach Doorn kommen lassen; insgesamt 59 Güterwaggons mit Möbeln, Kunstwerken und Erinnerungen sollen es gewesen sein. Darunter diverse kunsthistorische Gegenstände aus dem [[Berliner Schloss]], die bis heute unter Haus Doorn gelagert werden.<ref>{{Internetquelle |autor=Andreas Heimann |url=https://www.welt.de/wams_print/article2939613/Das-letzte-Schloss-des-Kaisers.html |titel=Das letzte Schloss des Kaisers |werk=[[Welt am Sonntag]] |datum=2008-12-28 |abruf=2024-02-06}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=[[Christian Walther (Journalist)|Christian Walther]] |url=https://www.tagesspiegel.de/berlin/des-kaisers-nachmieter-5471341.html |titel=Das Berliner Stadtschloss nach 1918: Des Kaisers Nachmieter |werk=[[Der Tagesspiegel]] |datum=2016-05-27 |abruf=2024-02-06}}</ref> In nur einem guten Dutzend Räume befinden sich bis heute Kunstwerke vor allem aus dem 18. Jahrhundert bis ins 19. Jahrhundert.
Kaiser Wilhelm II. hat hier nach dem verlorenen [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] seit [[1920]] den Rest seines Lebens im [[Exil]] verbracht. Im Rahmen der Fürstenabfindung verlor er zwar fast alle seiner ehemals 70 Schlösser in Deutschland, aber er konnte den wichtigsten persönlichen und Familienbesitz nach Doorn kommen lassen - in 59 Güterwaggons. Und seine Abfindung ermöglichte es ihm, in Doorn bis zu seinem Tode Hof zu halten.


Wilhelm ließ Haus Doorn um ein neo-mittelalterliches Torgebäude und einen Rosengarten erweitern. Das Haus ist umgeben vom 35 Hektar großen [[Schlosspark]], der in den benachbarten Forst übergeht. Die umfangreichen Gartenanlagen waren für das ehemalige Kaiserpaar der ausschlaggebende Grund für den Kauf des Schlosses. Wilhelms liebster sportlicher Zeitvertreib in Doorn war das Holz[[sägen]] und -hacken. Das Holz wurde zur Weihnachtszeit an die ärmere Bevölkerung von Doorn verteilt.<ref>{{Der Spiegel |ID=46450724 |Titel=»ES WIRD ZEIT, DASS WILHELM WIEDER SÄGT« |Jahr=1967 |Nr=14}}</ref>
== Drei Museen in einem ==


Im Exil in Doorn verbrachte der ehemalige Kaiser die restlichen 21 Jahre seines Lebens. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erhielt die Gemeinde Doorn eine [[Garnison]] von 3000 niederländischen Soldaten. Am 10. Mai 1940 erfolgte die [[Überfall auf die Niederlande, Belgien und Luxemburg|deutsche Invasion der Niederlande]]. Wilhelm und Hermine fürchteten zuerst, von den Niederländern in [[Festungshaft]] genommen zu werden. Sie wurden allerdings nur kurze Zeit durch die Regierung in Doorn [[Internierung|interniert]], während das Personal bis auf zwei Diener und einen Koch nach [[Provinz Noord-Holland|Nordholland]] abtransportiert wurde. Bereits am 14. Mai 1940 erschienen aber deutsche Truppen mit einem Brief [[Adolf Hitler|Hitlers]], der befahl, zum Schutz des Kaisers eine Wache der [[Geheime Feldpolizei (Wehrmacht)|Geheimen Feldpolizei]] vor dem Torgebäude aufzustellen, was Wilhelm mit großer Freude aufnahm.<ref>[[John C. G. Röhl]]: ''Wilhelm II.'' Band 3: ''Der Weg in den Abgrund, 1900–1941.'' München 2008, ISBN 978-3-406-57779-6, S. 1318.</ref>
'''Das Schloss als solches.''' Haus Doorn ist ein komplettes Schloss mit Hofstaat im kleinen, mit getrennten Flügeln für den Fürsten und seine Gemahlin, mit Speisesaal, Audienzzimmer, Büro des Adjutanten und großer Küche, mit Schlosspark und Mausoleum. Es dürfte nur wenige andere so kleine, so komplette Schlösser geben, die ununterbrochen bewohnt waren.


Da Wilhelm weder in ausländischer Erde begraben noch jemals in ein republikanisches Deutschland zurückkehren wollte, wurde für ihn ein Mausoleum im Park errichtet.
'''Das Leben einer Familie. ''' Haus Doorn ist das Haus, in dem noch fast alles genau so steht und hängt wie am Tage des Todes seines Hausherrn. Man sieht genau, wie der ehemalige Kaiser und seine erste und zweite Frau dort gelebt haben. Sie haben Hof gehalten, umgeben von Erinnerungen. Und hier wartet der Sarg des Ex-Kaisers immer noch auf sein Begräbnis. Kaum ein anderes Schloss zeigt so viel Persönliches.


Nach dem Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] zog der niederländische Staat Haus Doorn als deutschen Feindbesitz ein. Die [[Hohenzollern]] versuchten die Rückgabe gerichtlich zu erstreiten, scheiterten 1949 aber in zweiter Instanz. Das niederländische Gericht verweigerte dem [[Wilhelm von Preußen (1882–1951)|ehemaligen Kronprinzen]] die nötige „Entfeindungserklärung“, da er weder eine pro-niederländische noch eine nicht-[[nationalsozialismus|nationalsozialistische]] Haltung eingenommen habe und auch seinen ständigen Wohnsitz nicht in den Niederlanden hatte.<ref>[[Stephan Malinowski]]: ''Die Hohenzollern und die Nazis. Geschichte einer Kollaboration.'' Propyläen, Berlin 2021, ISBN 978-3-8437-2575-0, S. 526–535.</ref>
'''Eine Sammlung zur Geschichte. ''' Haus Doorn ist, eben wegen all der Gegenstände aus Familienbesitz, ein Museum, in dem so unendlich viel zur Geschichte und Kultur zu sehen ist. Das Gemälde der Krönung Kurfürsts [[Friedrich I. (Preußen)|Friedrichs III. von Brandenburg]] zum ersten König in Preußen, Gemälde der Freunde [[Friedrich II. (Preußen)|Friedrichs des Großen]] aus [[Sanssouci]], die Schnupftabaksdosensammlung desselben, Briefe von [[Viktoria (Vereinigtes Königreich)|Queen Victoria]], Aquarelle von norwegischen Fjorden - um nur einige Beispiele zu nennen. Nicht zu sehen ist der Stuhl, auf dem [[Hermann Göring|Göring]] gesessen hat: den hat der Hausherr verbrennen lassen.

Im Jahr 1953 übertrug er Gebäude und Inventar der niederländischen „Stiftung zur Verwaltung von Haus Doorn“. Die Stiftung soll Museum und Park „im historischen Kontext des kaiserlichen Exils“ erhalten. Einzig das Mausoleum ist bis zum heutigen Tage im Besitz der Familie Hohenzollern, die auch die Pflege und Zutrittserlaubnisse regelt.

== Museum ==
Haus Doorn und der Park sind für Besucher zugänglich; für das Museum (im eigentlichen Haus Doorn) bezahlt man Eintritt. Man betritt den Park über ein Portalgebäude. Haus Doorn selbst beinhaltet Kunstwerke und Gebrauchsgegenstände Wilhelms und berichtet dabei von den herrschaftlichen Bewohnern.

Haus Doorn zeigt einen Hofstaat im Kleinen, mit getrennten Flügeln für den Fürsten und seine Gemahlin, mit Speisesaal, Audienzzimmer, Büro des [[Adjutant]]en und großer Küche, mit Schlosspark und [[Mausoleum]]. Der Zustand des Hauses entspricht weitestgehend jenem, den es beim Tod Wilhelms 1941 hatte. Man erfährt, wie der frühere Kaiser und seine erste und zweite Frau dort lebten. Zu sehen sind unter anderem das Gemälde der Krönung des Kurfürsten [[Friedrich I. (Preußen)|Friedrichs III. von Brandenburg]] zum ersten König in Preußen, Gemälde der Freunde [[Friedrich II. (Preußen)|Friedrichs des Großen]] aus [[Sanssouci]], die Schnupftabaksdosensammlung desselben, Briefe von [[Victoria (Vereinigtes Königreich)|Queen Victoria]], Aquarelle von norwegischen Fjorden und weitere Erinnerungen an die Kaiserzeit.

== Literatur ==
* Huis Doorn (Hrsg.): ''Kaiserliche Exilresidenz – Huis Doorn.'' Doorn 2014, ISBN 978-90-821831-1-5.
* Jörg Michael Henneberg: ''Der Tod Kaiser Wilhelms II. am 4. Juni 1941 in Huis Doorn'' (= ''Wilhelminische Studien.'' Band 7). Gesellschaft für wilhelminische Studien, Wilhelmshaven 2008, {{DNB|99185442X}}.
* [[Sigurd von Ilsemann]]: ''Der Kaiser in Holland. Aufzeichnungen aus den Jahren 1918–1941.'' Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1951, ISBN 3-423-00791-5.
* Ben Olde Meierink: ''Burgen von Pröpsten und Kanonikern in den Niederlanden.'' In: ''[[Burgen und Schlösser]], Zeitschrift für Burgenforschung und Denkmalpflege'' 1/2014, S. 28 ff.
* Friedhild den Toom: ''Wilhelm II. in Doorn.'' 3. überarbeiteter Auflage. Doorn 2013, ISBN 90-90-15748-4.
* Andreas Felmeden: ''Ein Augenzeugenbericht über die Beerdigung des früheren Kaisers und Königs Wilhelm II. in Haus Doorn am 9. Juni 1941.'' In: ''Orden und Ehrenzeichen'' Nr. 82, Dezember 2012, S. 355–340; Zeitschrift der [[Deutsche Gesellschaft für Ordenskunde|Deutschen Gesellschaft für Ordenskunde e.&nbsp;V.]]


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Huis Doorn|Haus Doorn}}
* [http://www.HuisDoorn.NL www.HuisDoorn.NL] – Webseite von Haus Doorn
* [https://www.huisdoorn.nl/ Offizielle Website des Museums Haus Doorn] (deutsch, englisch, niederländisch)
* [http://www.KasteleninUtrecht.NL/Doorn.htm Geschichte des Gebäudes ''(in Niederländisch)'']
* [http://www.preussen.de/de/heute/haus_doorn.html Haus Doorn]. In: Preussen.de{{Toter Link |url=http://www.preussen.de/de/heute/haus_doorn.html |date=2024-02}}
* [http://www.niii.ru.nl/H.Wupper/Doorn/Huis_Doorn.html Quelle dieses Artikels ''(in Niederländisch)'']
*[https://www.holland.com/de/tourist/lass-dich-inspirieren/bring-yourself/ein-stuck-weltgeschichte-in-doorn ''Museum Huis Doorn.''] In: ''Holland.com''
* [https://www.hohenzollern-orte.de/poi/huis_doorn-28232/ ''Haus Doorn.''] In: ''Hohenzollern-Orte.de''
* [[Karlheinz Weißmann]]: [https://www.wilhelm-der-zweite.de/heute/doorn.php ''Zu Besuch beim Kaiser in Doorn.''] In: ''Wilhelm-der-Zweite.de''

== Einzelnachweise ==
<references />


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[[Kategorie:Bauwerk in den Niederlanden]]
{{Normdaten|TYP=g|GND=106419432X|VIAF=220011369}}
[[Kategorie:Preußische Geschichte]]
[[Kategorie:Schloss in den Niederlanden]]


[[Kategorie:Utrechtse Heuvelrug]]
[[nl:Huis Doorn]]
[[en:Huis Doorn]]
[[Kategorie:Schloss in den Niederlanden|Doorn]]
[[Kategorie:Parkanlage in den Niederlanden|Doorn]]
[[Kategorie:Architektur (Preußen)]]
[[Kategorie:Deutsche Geschichte (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Hohenzollern]]
[[Kategorie:Bauwerk in der Provinz Utrecht|Doorn]]
[[Kategorie:Wilhelm II. (Deutsches Reich)]]
[[Kategorie:Sterbehaus einer berühmten Person]]
[[Kategorie:Grablege der Hohenzollern]]
[[Kategorie:Schloss in Europa|Doorn]]
[[Kategorie:Grabmal im Königreich der Niederlande]]
[[Kategorie:Parkanlage in Europa]]
[[Kategorie:Grabmal in Europa]]

Aktuelle Version vom 1. Juli 2025, 21:04 Uhr

Haus Doorn, Ostseite

Haus Doorn, niederländisch Huis Doorn, ist ein kleines Schloss in Doorn, einem Ort in der niederländischen Gemeinde Utrechtse Heuvelrug. Der ehemalige deutsche Kaiser Wilhelm II. lebte hier von 1920 bis zu seinem Tod am 4. Juni 1941 im Exil. Er wurde in einem Mausoleum im Park des Schlosses beigesetzt. Heute ist Haus Doorn ein Museum im Besitz des niederländischen Staates.

Haus Doorn (2015), im Vordergrund eine Büste des Kaisers von Max Bezner (Replikat 1928)
Wilhelm II. und Hermine im Haus Doorn (1933)
Mausoleum mit den sterblichen Überresten Wilhelms II. (Zutritt nur für Familienmitglieder und deren Gäste)

Haus Doorn wird erstmals 1289 erwähnt.[1] Seit dieser Zeit bis 1633 diente es als Wohnsitz der Pröpste des Utrechter Doms. Die ursprüngliche kleine Wasserburg war eine rechteckige Kastellburg von 27 × 37 m, bestehend aus einer Ringmauer mit runden Wehrtürmen an drei Seiten, von denen der südwestliche auf der Gartenseite erhalten blieb, mit einem rechteckigen Wohnturm auf der Nordostecke. Vor 1350 wurde das Tor in einen Torturm umgewandelt und ein rechteckiger Baukörper hinzugefügt. Nach dem Verkauf an Reinier von Goltstein 1633 ließ dieser die verfallene Burg restaurieren.

Im 18. Jahrhundert erhielt das Haus seine heutige, schlossartige Form. Das dreiflüglige Haus zählt fünf auf sechs Fensterachsen und hat einen kleinen Ehrenhof. Das gesamte, von einem rechteckigen Graben umflossene Gebäude ist aus Backstein errichtet. So zeigt sich auch die Hofseite, während die Gartenfassade weiß geschlämmt ist. Die Grundausstattung der Inneneinrichtung stammt aus dem 19. Jahrhundert.

Baronesse Ella van Heemstra, Mutter der Schauspielerin Audrey Hepburn, verbrachte einige Jugendjahre in Haus Doorn.[2]

Als Reichskanzler Max von Baden am 9. November 1918 eigenmächtig die Abdankung des Kaisers verkündete, befand sich Wilhelm II. im belgischen Spa im Hotel Britannique, dem Sitz des Großen Hauptquartiers. Ohne abzudanken, floh er am 10. November über die Grenze in die neutralen Niederlande und bat die niederländische Regierung um Asyl. Zunächst wohnte er als Gast des Grafen Godard Bentinck auf Schloss Amerongen, wo er erst am 28. November die Abdankungsurkunde unterzeichnete. Im Jahr 1919 erwarb Wilhelm im benachbarten Doorn das gleichnamige Schlösschen von der Baronesse Heemstra de Beaufort und ließ es bis 1920 für sich und seine Familie herrichten.

Im Rahmen der Fürstenabfindung verlor das Haus Hohenzollern zwar fast alle seiner 70 Schlösser in Deutschland, aber Wilhelm konnte den wichtigsten persönlichen Familienbesitz nach Doorn kommen lassen; insgesamt 59 Güterwaggons mit Möbeln, Kunstwerken und Erinnerungen sollen es gewesen sein. Darunter diverse kunsthistorische Gegenstände aus dem Berliner Schloss, die bis heute unter Haus Doorn gelagert werden.[3][4] In nur einem guten Dutzend Räume befinden sich bis heute Kunstwerke vor allem aus dem 18. Jahrhundert bis ins 19. Jahrhundert.

Wilhelm ließ Haus Doorn um ein neo-mittelalterliches Torgebäude und einen Rosengarten erweitern. Das Haus ist umgeben vom 35 Hektar großen Schlosspark, der in den benachbarten Forst übergeht. Die umfangreichen Gartenanlagen waren für das ehemalige Kaiserpaar der ausschlaggebende Grund für den Kauf des Schlosses. Wilhelms liebster sportlicher Zeitvertreib in Doorn war das Holzsägen und -hacken. Das Holz wurde zur Weihnachtszeit an die ärmere Bevölkerung von Doorn verteilt.[5]

Im Exil in Doorn verbrachte der ehemalige Kaiser die restlichen 21 Jahre seines Lebens. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erhielt die Gemeinde Doorn eine Garnison von 3000 niederländischen Soldaten. Am 10. Mai 1940 erfolgte die deutsche Invasion der Niederlande. Wilhelm und Hermine fürchteten zuerst, von den Niederländern in Festungshaft genommen zu werden. Sie wurden allerdings nur kurze Zeit durch die Regierung in Doorn interniert, während das Personal bis auf zwei Diener und einen Koch nach Nordholland abtransportiert wurde. Bereits am 14. Mai 1940 erschienen aber deutsche Truppen mit einem Brief Hitlers, der befahl, zum Schutz des Kaisers eine Wache der Geheimen Feldpolizei vor dem Torgebäude aufzustellen, was Wilhelm mit großer Freude aufnahm.[6]

Da Wilhelm weder in ausländischer Erde begraben noch jemals in ein republikanisches Deutschland zurückkehren wollte, wurde für ihn ein Mausoleum im Park errichtet.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zog der niederländische Staat Haus Doorn als deutschen Feindbesitz ein. Die Hohenzollern versuchten die Rückgabe gerichtlich zu erstreiten, scheiterten 1949 aber in zweiter Instanz. Das niederländische Gericht verweigerte dem ehemaligen Kronprinzen die nötige „Entfeindungserklärung“, da er weder eine pro-niederländische noch eine nicht-nationalsozialistische Haltung eingenommen habe und auch seinen ständigen Wohnsitz nicht in den Niederlanden hatte.[7]

Im Jahr 1953 übertrug er Gebäude und Inventar der niederländischen „Stiftung zur Verwaltung von Haus Doorn“. Die Stiftung soll Museum und Park „im historischen Kontext des kaiserlichen Exils“ erhalten. Einzig das Mausoleum ist bis zum heutigen Tage im Besitz der Familie Hohenzollern, die auch die Pflege und Zutrittserlaubnisse regelt.

Haus Doorn und der Park sind für Besucher zugänglich; für das Museum (im eigentlichen Haus Doorn) bezahlt man Eintritt. Man betritt den Park über ein Portalgebäude. Haus Doorn selbst beinhaltet Kunstwerke und Gebrauchsgegenstände Wilhelms und berichtet dabei von den herrschaftlichen Bewohnern.

Haus Doorn zeigt einen Hofstaat im Kleinen, mit getrennten Flügeln für den Fürsten und seine Gemahlin, mit Speisesaal, Audienzzimmer, Büro des Adjutanten und großer Küche, mit Schlosspark und Mausoleum. Der Zustand des Hauses entspricht weitestgehend jenem, den es beim Tod Wilhelms 1941 hatte. Man erfährt, wie der frühere Kaiser und seine erste und zweite Frau dort lebten. Zu sehen sind unter anderem das Gemälde der Krönung des Kurfürsten Friedrichs III. von Brandenburg zum ersten König in Preußen, Gemälde der Freunde Friedrichs des Großen aus Sanssouci, die Schnupftabaksdosensammlung desselben, Briefe von Queen Victoria, Aquarelle von norwegischen Fjorden und weitere Erinnerungen an die Kaiserzeit.

  • Huis Doorn (Hrsg.): Kaiserliche Exilresidenz – Huis Doorn. Doorn 2014, ISBN 978-90-821831-1-5.
  • Jörg Michael Henneberg: Der Tod Kaiser Wilhelms II. am 4. Juni 1941 in Huis Doorn (= Wilhelminische Studien. Band 7). Gesellschaft für wilhelminische Studien, Wilhelmshaven 2008, DNB 99185442X.
  • Sigurd von Ilsemann: Der Kaiser in Holland. Aufzeichnungen aus den Jahren 1918–1941. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1951, ISBN 3-423-00791-5.
  • Ben Olde Meierink: Burgen von Pröpsten und Kanonikern in den Niederlanden. In: Burgen und Schlösser, Zeitschrift für Burgenforschung und Denkmalpflege 1/2014, S. 28 ff.
  • Friedhild den Toom: Wilhelm II. in Doorn. 3. überarbeiteter Auflage. Doorn 2013, ISBN 90-90-15748-4.
  • Andreas Felmeden: Ein Augenzeugenbericht über die Beerdigung des früheren Kaisers und Königs Wilhelm II. in Haus Doorn am 9. Juni 1941. In: Orden und Ehrenzeichen Nr. 82, Dezember 2012, S. 355–340; Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Ordenskunde e. V.
Commons: Haus Doorn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. S. Muller Fzn., K. Heringa, F. Ketner: Oorkondenboek van het Sticht Utrecht tot 1301, IV, 1, Utrecht 1954, Nr. 2389.
  2. Michel Dutrieue: De dagboeken van de Duitse keizer in Huis Doorn. In: Stretto.be. Abgerufen am 8. Januar 2022 (niederländisch).
  3. Andreas Heimann: Das letzte Schloss des Kaisers. In: Welt am Sonntag. 28. Dezember 2008, abgerufen am 6. Februar 2024.
  4. Christian Walther: Das Berliner Stadtschloss nach 1918: Des Kaisers Nachmieter. In: Der Tagesspiegel. 27. Mai 2016, abgerufen am 6. Februar 2024.
  5. »ES WIRD ZEIT, DASS WILHELM WIEDER SÄGT«. In: Der Spiegel. Nr. 14, 1967 (online).
  6. John C. G. Röhl: Wilhelm II. Band 3: Der Weg in den Abgrund, 1900–1941. München 2008, ISBN 978-3-406-57779-6, S. 1318.
  7. Stephan Malinowski: Die Hohenzollern und die Nazis. Geschichte einer Kollaboration. Propyläen, Berlin 2021, ISBN 978-3-8437-2575-0, S. 526–535.

Koordinaten: 52° 1′ 53,2″ N, 5° 20′ 19″ O