„Deitweg“ – Versionsunterschied
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"'''Deitweg'''", auch "'''Dietweg'''" genannt, ist eine [[Altstraße]]. Die sehr alte Wegbezeichnung bedeutet "Leuteweg". Doch nicht nur einfache Leute, Händler oder adlige Personen nutzten diesen Weg, auch Könige der damaligen Zeit zogen auf ihm von [[Pfalz (Palatium)|Pfalz]] zu Pfalz, um dort ihren Regierungsgeschäften nachzukommen, denn Regierungssitze in ihrer heutigen Bedeutung gab es noch nicht. Im [[9. Jahrhundert|9.]] und [[10. Jahrhundert]] wählten die [[Ottonen|Ottonisch]]en Könige den Deitweg, wenn sie, aus ihrem angestammten Heimatort [[Bad Gandersheim|Gandersheim]], über Königsdahlum und Ortshausen nach [[Werla]] ritten. |
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'''Deitweg''', auch '''Deiweg''', '''Dietweg''' oder '''Dieweg''', ist eine Bezeichnung für [[Altstraße]]n, und zwar sowohl als [[Gattungsname]] („ein“ Deitweg) als auch als [[Eigenname]] („der“ Deitweg in/bei…). Noch heute sind entsprechende Eigennamen in [[Westfalen]], [[Ostfalen]] und in Süddeutschland als Straßennamen oder Flurnamen überliefert. Wie auch das Wort „[[Deutsch (Etymologie)|deutsch]]“ geht ''dei(t)/die(t)'' auf das altgermanische Wort für „Volk“ zurück, vergleiche [[Althochdeutsche Sprache|althochdeutsch]] ''thiot'', ''diot'', [[Altsächsische Sprache|altsächsisch]] (altniederdeutsch) ''thiod'', [[Mittelhochdeutsche Sprache|mittelhochdeutsch]] und [[Mittelniederdeutsche Sprache|mittelniederdeutsch]] ''diet'' mit dieser Bedeutung.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.dwds.de/wb/etymwb/deutsch |titel=‹deutsch› in: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen | werk=DWDS |abruf=2022-07-10}}</ref> Folglich bedeutet die sehr alte Wegbezeichnung „Leuteweg“ oder „Volksweg“ im Sinne von Volksfernweg.<ref name="BornstedtStöckheim">[[Wilhelm Bornstedt]]: ''Chronik des Pfahldorfes Rüningen: Siedlungsgeographie, Sozial-, Kultur- und Kriegsgeschichte eines braunschweigischen Dorfes'', Braunschweig 1980, S. 229 ff.</ref><ref>[[Wilhelm Bornstedt]]: ''Die alten Heer- und Handelsstraßen im Großraume um Braunschweig: Hildesheim, Peine, Schunter, Königslutter, Helmstedt, Schöningen, Schöppenstedt, Grosses Bruch, Oderwald, Wolfenbüttel, Salzgitter und Braunschweig.'' Braunschweig 1969.</ref> Nicht nur einfache Leute, Händler oder adlige Personen nutzten ''Deitwege'' bzw. ''Folkwege'', auch Könige der damaligen Zeit zogen auf ihnen von [[Königspfalz|Pfalz]] zu Pfalz, um dort ihren Regierungsgeschäften nachzukommen, denn Regierungssitze in ihrer heutigen Bedeutung gab es noch nicht. In der Literatur werden diese Wege in die vorfränkische Zeit datiert, also vor das 9. Jahrhundert. |
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Andernorts wurden ''Dei(t)-'' bzw. ''Die(t)wege'' als ''[[Folkweg]]'' bezeichnet. Die [[Synonym]]ie beider Begriffe wird am Beispiel eines Fernwegs deutlich, der in Nord-Süd-Richtung bei [[Celle]] die [[Aller]] überquert: Er ist sowohl unter dem Namen ''Dietweg'' als auch unter dem Namen ''Folkweg'' bekannt.<ref>Frank Rieckenberg: {{Webarchiv|url=http://www.cellesche-zeitung.de/website.php/website/story/371756/Druckansicht |wayback=20150205001149 |text=''Gewässer im Celler Stadtgebiet vor der Stadtgründung – Eine historische Betrachtung (Teil 1)''}}. ''Cellesche Zeitung''. 14. Juni 2013</ref> |
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== Wege mit dem Wortbestandteil „Dei(t)“ == |
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=== Bestehende Straßen- und Flurnamen === |
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In [[Ostfalen]] sind Straßen mit den Namen ''Deiweg'' oder ''Deitweg'' überliefert, die vorzugsweise in Ost-West-Richtung verlaufen: |
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* In [[Leiferde (Braunschweig)|Braunschweig-Leiferde]] der Deiweg, der zwischen [[Steterburg (Salzgitter)|Steterburg]] und [[Salzdahlum]] verlief, |
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* südlich davon der ''Lecheder Deiweg'' zwischen [[Evessen]] und [[Bleckenstedt]],<ref>[[Wilhelm Bornstedt]]: ''Chronik des Pfahldorfes Rüningen: Siedlungsgeographie, Sozial-, Kultur- und Kriegsgeschichte eines braunschweigischen Dorfes'', Braunschweig 1980, S. 237 ff.</ref> |
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* in [[Lobmachtersen]] der Deiweg nahe der [[Fuhse]] und |
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* in der Nähe von [[Stadt Wanzleben|Wanzleben]] der Deiweg in der Feldmark. |
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* In [[Veltheim am Fallstein]] ist der Straßenname Deitweg vorhanden. |
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* In dem [[Soest]]er Stadtteil [[Meiningsen]] gibt es ebenfalls den Straßennamen Deiweg, nur wenige Kilometer von der heutigen [[Bundesstraße 1|B1]] und dem Soester [[Westfälischer Hellweg|Westernhellweg]] entfernt. |
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=== Historischer Deitweg bei Ohrum === |
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Nördlich des [[Harz (Mittelgebirge)|Harzes]] kreuzte ein bereits 747 bezeugter Fernweg die [[Oker]] bei [[Ohrum]], wo er zum Schauplatz einer kriegerischen Auseinandersetzung von [[Pippin der Kurze|Pippin dem Kurzen]] und später der Sachsentaufe durch [[Karl der Große|Karl den Großen]] wurde. Er verband die frühere Residenz [[Stift Gandersheim|Gandersheim]] mit dem Kloster in [[Schöningen]] und dem Sitz der [[Ottonen]] in [[Magdeburg]]. Weitere Stationen waren <!--{{Coordinate|name=Gandersheim|text=ICON2|NS=51.87194|EW=10.02528|type=landmark|region=DE-NI}}-->[[Königsdahlum]], <!--{{Coordinate|name=Königsdahlum|text=ICON2|NS=51.98242|EW=10.11611|type=landmark|region=DE-NI}}--> [[Ortshausen]] <!--{{Coordinate|name=Ortshausen|text=ICON2|NS= 51.98391|EW=10.16481|type=landmark|region=DE-NI}}--> und die [[Königspfalz Werla]] <!--{{Coordinate|name=Werla|text=ICON2|NS=52.03768|EW=10.55477|type=landmark|region=DE-NI}}--> bei [[Goslar]]. |
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Der Weg wird in einer Urkunde des Stifts Hildesheim von 1108 als ''publica et antiqua via'' zwischen [[Kissenbrück]] und Goslar erwähnt. Bei Bauarbeiten im Verlauf des Ohrumer ''Schmiedewegs'' wurden Reste eines Knüppeldamms freigelegt, dessen Verlängerung in den [[Oderwald]] durch einen Hohlweg führt.<ref name="BornstedtStöckheim"/><ref>Elisabeth Reifenstein, Hrsg. Gemeinde Ohrum: ''Chronik Ohrum 747–1997.'' Wolfenbüttel 1997, S. 31 ff.</ref> Östlich der Oker heißt ein Flurstück westlich von [[Remlingen (Remlingen-Semmenstedt)|Remlingen]] beim ''Wöhrenberg'' „Hinter dem Deiwege“, das nördlich der früheren von Ohrum kommenden Heerstraße Wolfenbüttel-Halberstadt liegt.<ref>{{Internetquelle|url=https://www.geolife.de/link-karte-612014-5774707-13.html|titel=GeoLife AK |zugriff=2020-09-29 |hrsg=LGLN}}</ref> |
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== Wege mit dem Wortbestandteil „Die(t)“ == |
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=== Süddeutschland === |
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Die aktuellen Straßenverzeichnisse der Online-Kartenanbieter listen den Namen ''Dietweg'' in folgenden deutschen Ortschaften auf:<ref>[https://www.openstreetmap.org/search?query=deiweg Online-Karte] Suchanfrage „Dietweg“ bei openstreetmap.org vom 30. November 2014.</ref> |
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* [[Reutlingen]] |
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* [[Gaimersheim]] in Oberbayern bei [[Ingolstadt]] |
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* [[Frommenhausen]] |
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* Ortsteil Altdorf in [[Biessenhofen]] |
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* Ortsteil [[Weigheim]] in [[Villingen-Schwenningen]] |
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* [[Dellmensingen]] in [[Erbach (Donau)|Erbach]] |
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* [[Nendingen]] in [[Tuttlingen]] |
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* Ortsteil [[Possenried]] in [[Wertingen]] |
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=== Elsass und Belgien === |
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Weitere Straßen- und Feldwege mit der Bezeichnung ''Dietweg'' findet man im Raum [[Straßburg]] sowie den Namen ''Dieweg'' in Belgien. |
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== Weblinks == |
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* [https://www.openstreetmap.org/search?query=deiweg Online-Karte] Suchanfrage „Deiweg“ bei openstreetmap.org. |
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== Einzelnachweise == |
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<references /> |
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[[Kategorie:Altstraße]] |
[[Kategorie:Altstraße]] |
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[[Kategorie:Verkehrsgeschichte (Niedersachsen)]] |
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[[Kategorie:Verkehr (Mittelalter)]] |
Aktuelle Version vom 25. November 2023, 18:16 Uhr

Deitweg, auch Deiweg, Dietweg oder Dieweg, ist eine Bezeichnung für Altstraßen, und zwar sowohl als Gattungsname („ein“ Deitweg) als auch als Eigenname („der“ Deitweg in/bei…). Noch heute sind entsprechende Eigennamen in Westfalen, Ostfalen und in Süddeutschland als Straßennamen oder Flurnamen überliefert. Wie auch das Wort „deutsch“ geht dei(t)/die(t) auf das altgermanische Wort für „Volk“ zurück, vergleiche althochdeutsch thiot, diot, altsächsisch (altniederdeutsch) thiod, mittelhochdeutsch und mittelniederdeutsch diet mit dieser Bedeutung.[1] Folglich bedeutet die sehr alte Wegbezeichnung „Leuteweg“ oder „Volksweg“ im Sinne von Volksfernweg.[2][3] Nicht nur einfache Leute, Händler oder adlige Personen nutzten Deitwege bzw. Folkwege, auch Könige der damaligen Zeit zogen auf ihnen von Pfalz zu Pfalz, um dort ihren Regierungsgeschäften nachzukommen, denn Regierungssitze in ihrer heutigen Bedeutung gab es noch nicht. In der Literatur werden diese Wege in die vorfränkische Zeit datiert, also vor das 9. Jahrhundert.
Andernorts wurden Dei(t)- bzw. Die(t)wege als Folkweg bezeichnet. Die Synonymie beider Begriffe wird am Beispiel eines Fernwegs deutlich, der in Nord-Süd-Richtung bei Celle die Aller überquert: Er ist sowohl unter dem Namen Dietweg als auch unter dem Namen Folkweg bekannt.[4]
Wege mit dem Wortbestandteil „Dei(t)“
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bestehende Straßen- und Flurnamen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Ostfalen sind Straßen mit den Namen Deiweg oder Deitweg überliefert, die vorzugsweise in Ost-West-Richtung verlaufen:
- In Braunschweig-Leiferde der Deiweg, der zwischen Steterburg und Salzdahlum verlief,
- südlich davon der Lecheder Deiweg zwischen Evessen und Bleckenstedt,[5]
- in Lobmachtersen der Deiweg nahe der Fuhse und
- in der Nähe von Wanzleben der Deiweg in der Feldmark.
- In Veltheim am Fallstein ist der Straßenname Deitweg vorhanden.
- In dem Soester Stadtteil Meiningsen gibt es ebenfalls den Straßennamen Deiweg, nur wenige Kilometer von der heutigen B1 und dem Soester Westernhellweg entfernt.
Historischer Deitweg bei Ohrum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nördlich des Harzes kreuzte ein bereits 747 bezeugter Fernweg die Oker bei Ohrum, wo er zum Schauplatz einer kriegerischen Auseinandersetzung von Pippin dem Kurzen und später der Sachsentaufe durch Karl den Großen wurde. Er verband die frühere Residenz Gandersheim mit dem Kloster in Schöningen und dem Sitz der Ottonen in Magdeburg. Weitere Stationen waren Königsdahlum, Ortshausen und die Königspfalz Werla bei Goslar.
Der Weg wird in einer Urkunde des Stifts Hildesheim von 1108 als publica et antiqua via zwischen Kissenbrück und Goslar erwähnt. Bei Bauarbeiten im Verlauf des Ohrumer Schmiedewegs wurden Reste eines Knüppeldamms freigelegt, dessen Verlängerung in den Oderwald durch einen Hohlweg führt.[2][6] Östlich der Oker heißt ein Flurstück westlich von Remlingen beim Wöhrenberg „Hinter dem Deiwege“, das nördlich der früheren von Ohrum kommenden Heerstraße Wolfenbüttel-Halberstadt liegt.[7]
Wege mit dem Wortbestandteil „Die(t)“
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Süddeutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die aktuellen Straßenverzeichnisse der Online-Kartenanbieter listen den Namen Dietweg in folgenden deutschen Ortschaften auf:[8]
- Reutlingen
- Gaimersheim in Oberbayern bei Ingolstadt
- Frommenhausen
- Ortsteil Altdorf in Biessenhofen
- Ortsteil Weigheim in Villingen-Schwenningen
- Dellmensingen in Erbach
- Nendingen in Tuttlingen
- Ortsteil Possenried in Wertingen
Elsass und Belgien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weitere Straßen- und Feldwege mit der Bezeichnung Dietweg findet man im Raum Straßburg sowie den Namen Dieweg in Belgien.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Online-Karte Suchanfrage „Deiweg“ bei openstreetmap.org.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ ‹deutsch› in: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. In: DWDS. Abgerufen am 10. Juli 2022.
- ↑ a b Wilhelm Bornstedt: Chronik des Pfahldorfes Rüningen: Siedlungsgeographie, Sozial-, Kultur- und Kriegsgeschichte eines braunschweigischen Dorfes, Braunschweig 1980, S. 229 ff.
- ↑ Wilhelm Bornstedt: Die alten Heer- und Handelsstraßen im Großraume um Braunschweig: Hildesheim, Peine, Schunter, Königslutter, Helmstedt, Schöningen, Schöppenstedt, Grosses Bruch, Oderwald, Wolfenbüttel, Salzgitter und Braunschweig. Braunschweig 1969.
- ↑ Frank Rieckenberg: Gewässer im Celler Stadtgebiet vor der Stadtgründung – Eine historische Betrachtung (Teil 1) ( vom 5. Februar 2015 im Internet Archive). Cellesche Zeitung. 14. Juni 2013
- ↑ Wilhelm Bornstedt: Chronik des Pfahldorfes Rüningen: Siedlungsgeographie, Sozial-, Kultur- und Kriegsgeschichte eines braunschweigischen Dorfes, Braunschweig 1980, S. 237 ff.
- ↑ Elisabeth Reifenstein, Hrsg. Gemeinde Ohrum: Chronik Ohrum 747–1997. Wolfenbüttel 1997, S. 31 ff.
- ↑ GeoLife AK. LGLN, abgerufen am 29. September 2020.
- ↑ Online-Karte Suchanfrage „Dietweg“ bei openstreetmap.org vom 30. November 2014.