„Girozentrale“ – Versionsunterschied
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Als Girozentralen werden die regionalen Zentralinstitute der Sparkassenorganisation in Deutschland bezeichnet. Diese werden in traditionell zusammen mit den für die jeweilige Region zuständigen [[Landesbank]]en als Gemeinschaftsbank geführt. Als Körperschaften des öffentlichen Rechts unterstehen sie der staatlichen Aufsicht. Das Spitzeninstitut der Girozentralen in Deutschland ist die DGZDekaBank mit Sitz in Frankfurt a.M.. Dieses Institut ist aus der Verschmelzung der Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank - (DGZ) und der DekaBank zum 1. Januar 1999 hervorgegangen. |
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'''Girozentralen''' sind in Deutschland [[Kreditinstitut]]e, die als [[region]]ale [[Spitzeninstitut]]e der [[Sparkassen-Finanzgruppe|Sparkassenorganisation]] fungieren. |
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In ihrer Funktion als Landesbanken besorgen die Girozentralen alle Bankgeschäfte eines Landes. Zu ihren wesentlichen Aufgaben gehört zudem die Förderung der dort ansässigen Wirtschaft. Als Zentralbank der Sparkassen eines Landes sind sie deren zentrale Verrechnungsstelle für den bargeldlosen Verkehr und u. a. für die Verwaltung der Liquiditätsreserven angeschlossener Sparkassen und für die Refinanzierung – durch die Ausgabe von Pfandbriefen oder Kommunalobligationen – zuständig. |
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== Allgemeines == |
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Der Begriff Girozentrale rührt historisch von dem ursprünglich alleinigen Charakter dieser Kreditinstitute als [[Verrechnung]]sstellen im [[bargeldloser Zahlungsverkehr|bargeldlosen Zahlungsverkehr]] der [[Sparkasse]]n her.<ref>[https://books.google.de/books?id=BwrDhXQo8j8C&printsec=frontcover&dq=girozentralen&hl=de&sa=X&ei=QRomU8DhL4fbsgbE9YD4Dg#v=onepage&q=girozentralen&f=false Adalbert Dick, ''Die Verflechtung zwischen Sparkassen und Girozentralen'', 1959, S. 11]</ref> Das Wort setzt sich zusammen aus „Giro“ ({{itS|Kreis, Kreislauf}}) und Zentrale für eine übergeordnete Institution mit Bündelungsaufgaben. Das Wort ''Giroverkehr'' stand früher für den bargeldlosen Zahlungsverkehr, der heute mittels [[Überweisung (Zahlungsverkehr)|Überweisung]], [[Echtzeitüberweisung]], [[Scheck]], [[Lastschrift]], [[Abbuchungsauftrag]] oder [[Wechsel (Urkunde)|Wechsel]] durchgeführt wird. Diesen bargeldlosen Zahlungsverkehr mussten die angeschlossenen Sparkassen über die zuständige Girozentrale leiten, sofern [[Zahlungspflichtiger]] und [[Zahlungsempfänger]] ihre [[Girokonto|Girokonten]] nicht bei derselben Sparkasse unterhielten. Dann nämlich konnte der bargeldlose Zahlungsverkehr überregional nur funktionieren, wenn die beteiligten Institute gegenseitig Verrechnungskonten führten. Bei der Vielzahl der örtlichen Sparkassen und anderer Kreditinstitute war eine [[bilateral]]e Führung von Verrechnungskonten nicht möglich. Daraus ergab sich das Erfordernis einer zentralen Verrechnungsstelle. |
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Auch wenn die Begriffe [[Landesbank]] und Girozentrale zuweilen synonym benutzt werden,<ref>Dirk Schmidt, ''Sparkassenwissen für Verwaltungsräte'', 2002, S. 331 f.</ref> sind ihre bankbetrieblichen Aufgaben strikt zu trennen. Der Begriff der Girozentrale in § 3 Abs. 1 Verbandssatzung weist eine über den Begriff der Landesbank hinausgehende funktionale Komponente auf, denn er bezeichnet die Landesbanken speziell in ihrer Funktion als Sparkassenzentralbanken.<ref>[https://books.google.de/books?id=4fLXEliSGo0C&pg=PA221&dq=girozentralen&hl=de&sa=X&ei=OikmU7CVFsettAbGkIGABg#v=onepage&q=girozentralen&f=false Christian Thiemann, ''Rechtsprobleme mit der Marke Sparkasse'', 2008, S. 222]</ref> Daraus folgt, dass die Landesbanken nur so lange Mitglied im Sparkassen- und Giroverband sein können, wie sie tatsächlich die Aufgabe einer Sparkassenzentralbank wahrnehmen. |
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* [[HSH Nordbank]], hervorgegangen aus der Hamburgischen Landesbank und der Landesbank Kiel |
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* [[LBBW]] - Landesbank Baden-Würtemberg - Girozentrale |
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== Rechtsform und Trägerschaft == |
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Die einheitlichen Bankinstitute mit Landesbank- und Girozentralenaufgaben sind als [[Anstalt des öffentlichen Rechts|Anstalten des öffentlichen Rechts]] organisiert und unterstehen der staatlichen Aufsicht des jeweiligen [[Land (Deutschland)|Bundeslandes]]. Dessen jeweiliger Finanzminister ist [[geborenes Mitglied]] des Aufsichtsgremiums der Landesbank/Girozentrale ([[Aufsichtsrat]]/[[Verwaltungsrat (Deutschland)|Verwaltungsrat]]). Die deutschen Girozentralen unterhalten ihrerseits wiederum ein Spitzeninstitut, die [[DekaBank Deutsche Girozentrale]] mit Sitz in [[Frankfurt am Main|Frankfurt a. M.]] Dieses Institut ist aus der Verschmelzung der ''[[DekaBank Deutsche Girozentrale#Geschichte der Deutschen Girozentrale|Deutsche Girozentrale – Deutsche Kommunalbank (DGZ)]]'' und der ''[[DekaBank Deutsche Girozentrale#Geschichte der Deka Deutsche Kapitalanlagegesellschaft mbH|DekaBank]]'' zum 1. Januar 1999 hervorgegangen. |
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* [[WestLB]] - Westdeutsche Landesbank - Girozentrale |
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== Geschichte == |
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[[Datei:Deutscher Zentral-Giroverband 1922.jpg|mini|Deutsche Kommunal-Anleihe über 5000 Mark vom 31. Dezember 1922, herausgegeben vom Deutschen Zentral-Giroverband und der Deutschen Girozentrale.]] |
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Als Vorläufer der Girozentralen gelten die Provinzial-Hilfskassen, von denen die am 1. Januar 1832 gegründete [[Provinzial-Hülfskasse Westfalen]] in [[Münster]] die erste war. Auf einer außerordentlichen Sparkassenversammlung des deutschen Sparkassenverbandes wurde am 22. Oktober 1892 erstmals über die Errichtung einer Sparkassenzentralbank unter dem Gesichtspunkt der Liquiditätssicherung für Krisenfälle diskutiert.<ref>[https://books.google.de/books?id=ND8PlyJm__YC&pg=PA966&dq=girozentralen&hl=de&sa=X&ei=mCsmU4HdO4mQtAa3ioH4BQ#v=onepage&q=girozentralen&f=false Hans Pohl, ''Wirtschaft, Unternehmen, Kreditwesen, soziale Probleme'', Band 1, 2005, S. 979]</ref> Die Wirtschaftskrise des Jahres 1907 gab einen Anstoß zur Einführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, um die Geldversorgung der Wirtschaft unabhängiger vom [[Bargeld]] zu gestalten.<ref>Hans Pohl, ''Wirtschaft, Unternehmen, Kreditwesen, soziale Probleme'', Band 1, 2005, S. 979</ref> Seit 1910 stieg die Bedeutung der [[Zahlungsverkehr]]sfunktion für Landesbanken, da sie zur zentralen Verrechnungsstelle bei der Beschleunigung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs wurden.<ref>Hans Pohl, ''Wirtschaft, Unternehmen, Kreditwesen, soziale Probleme'', Band 1, 2005, S. 972</ref> Seit Februar 1911 übernahm die [[Stadtsparkasse Köln]] die Funktion der Girozentrale in der Rheinprovinz. Am 20. Juni 1914 beschloss der Rheinisch-Westfälische Sparkassentag in Köln, die ''Landesbank der Rheinprovinz'' anstelle der Stadtsparkasse Köln als Girozentrale einzusetzen.<ref>[https://books.google.de/books?id=YLHqyBg_XB8C&pg=PA137&lpg=PA137&dq=landesbank+der+rheinprovinz+1931&source=bl&ots=xtY4JaisWB&sig=vPzmdEZPwwBf381RtTuk8lOrWo8&hl=de&sa=X&ei=L4kkU42aMojZtQa4yIGACw#v=onepage&q=landesbank%20der%20rheinprovinz%201931&f=false Hans Pohl, ''Die rheinischen Sparkassen'', 2001, S. 112]</ref> [[Johann Christian Eberle]], Bürgermeister der Stadt [[Nossen]], hatte die Vorteile eines sparkasseneigenen, geschlossenen [[Gironetz|Zahlungsverkehrsnetzes]] erkannt und die Gründung von Girozentralen als zentrale Verrechnungsstelle in jedem Land vorgeschlagen.<ref>Adalbert Dick, ''Die Verflechtung zwischen Sparkassen und Girozentralen'', 1959, S. 19</ref> Auf Eberles Initiative hin kam es am 5. Oktober 1908 zur Gründung des ''Giroverbandes Sächsischer Gemeinden'' mit 151 Mitgliedern, der eigentliche Giroverkehr begann am 2. Januar 1909 mit der ersten deutschen Girozentrale, die in Dresden den Giroverkehr für 143 Girokassen aufnahm.<ref>Hans Pohl, ''Wirtschaft, Unternehmen, Kreditwesen, soziale Probleme'', Band 1, S. 980</ref> In der Folge gründeten sich weitere Giroverbände, und am 26. Oktober 1916 schlossen sich 12 Giroverbände zum „Deutschen Zentral-Giroverband“ zusammen. Ab 1923 begann der Zusammenschluss von in der gleichen Region tätigen Landesbanken mit reinen Girozentralen, was zur Schaffung der „Gemeinschaftsbanken“ führte.<ref>Melchior Palyi/Paul Quittner, ''Handwörterbuch des Bankwesens'', 1933, S. 723 ff.</ref> Seitdem war die Landesbankfunktion mit der der Girozentrale in einem Bankinstitut vereint. |
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Durch die [[Deutsche Bankenkrise]] ab 1931 wurde das deutsche Währungs- und Bankensystem stark getroffen.<ref>[https://books.google.de/books?id=n_3UcGo621EC&pg=PA199&dq=landesbanken+geschichte&hl=de&sa=X&ei=AIckU-fzLcbkswaEioHQBA#v=onepage&q=landesbanken%20geschichte&f=false Michael North, ''Kleine Geschichte des Geldes'', 2009, S. 199]</ref> Auch die größte der Landesbanken, die Landesbank der Rheinprovinz, stand vor dem Zusammenbruch. Diese hatte langfristige [[Kommunalkredit]]e durch kurzfristige Geldanlagen der Sparkassen [[Refinanzierung|refinanziert]] und war im Juli 1931 in eine Liquiditätskrise geraten.<ref>Hans Pohl, ''Die rheinischen Sparkassen'', 2001, S. 137</ref> Sie musste am 7. August 1931 ihre Zahlungen einstellen. Davon betroffen waren sowohl die Landesbank- als auch die Girozentralenfunktion. Die Koordination des Giroverkehrs der Sparkassen hatte im August 1931 eine Zweigstelle der Deutschen Girozentrale in Köln übernommen.<ref>Hans Pohl, ''Die rheinischen Sparkassen'', 2001, S. 154</ref> |
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== Aufgaben == |
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Als Zentralbanken der angeschlossenen Sparkassen obliegt den Girozentralen die Durchführung des überregionalen Zahlungsverkehrs, die Verwaltung von [[Liquiditätsüberschuss|Liquiditätsüberschüssen]] der oder Ausgleich von [[Liquiditätsdefizit]]en bei Sparkassen, die Gewährung von [[Metageschäft|Gemeinschaftskrediten]] zusammen mit Sparkassen an deren [[Kreditnehmer]] sowie die Unterstützung der Sparkassen im [[Effekten]]-, [[Wertpapierdepot|Depot-]], [[Außenhandel]]s-, [[Devisenhandel|Devisen-]] und [[Sorten]]geschäft.<ref>Adalbert Dick, ''Die Verflechtung zwischen Sparkassen und Girozentralen'', 1959, S. 112</ref> Selbst die heutige, durch [[Fusion (Wirtschaft)|Fusionen]] gestiegene quantitative und qualitative [[Kapazität (Wirtschaft)|Kapazität]] der meisten Sparkassen ist zu gering, um diese [[Bankgeschäft]]e autonom für ihre Sparkassenkunden abzuwickeln. Sie bedienen sich deshalb der für sie zuständigen Girozentrale, die für diese Geschäftsarten das personelle und fachliche [[Know-how]] sowie die technischen Voraussetzungen besitzt. Die Girozentralen arbeiten dabei im Hintergrund, ohne dass der Sparkassenkunde von deren Aktivitäten erfährt. In der Regel ist der Funktionsbereich einer Girozentrale mit dem regionalen Bezirk des zuständigen Sparkassen- und Giroverbands identisch. |
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Die Funktion einer zentralen Verrechnungsstelle im bargeldlosen Zahlungsverkehr für Sparkassen haben die Girozentralen weitgehend verloren, seit europäische Zahlungsverkehrssysteme wie [[TARGET2]] (November 2007) und [[Europäischer Zahlungsraum|SEPA]] (Januar 2008) eine Zentralisierung über die [[Deutsche Bundesbank]] vorsehen. |
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* [[Bayerische Landesbank]] (BayernLB) |
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* [[Landesbank Baden-Württemberg]] (LBBW) |
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* [[Landesbank Saar]] (SaarLB) |
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* [[Landesbank Berlin]] AG (LBB) – nicht mehr im Besitz eines Bundeslandes, seit sie vom Land Berlin an die [[Sparkassen-Finanzgruppe]] verkauft wurde. |
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== International == |
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In Österreich übernimmt die ''[[Erste Bank]] der österreichischen Sparkassen AG'' die Funktionen einer Girozentrale. International gibt es eine Girozentralen-Aufgabe nur dort, wo auch Sparkassen existieren. In Frankreich sind seit Januar 2000 die 17 [[Groupe Caisse d’Epargne|Caisse d’Epargne]] genossenschaftliche Kreditinstitute, die seit Juli 2009 in der ''Banques Populaires Caisse d‘Epargne'' ([[BPCE]]) konsolidiert werden. Die BPCE übernimmt dabei auch die Girozentralenfunktion. Für die spanischen „Cajas de ahorro“ übernimmt die ''Cecabank'' die Aufgabe einer Girozentrale. Die 39 italienischen Sparkassen („Cassa di Risparmio“) werden rechtlich und statistisch nicht als eigenständige Kreditinstitutsgruppe geführt; deren Spitzeninstitut ist der ''Associazione fra le Casse di Risparmio Italiane'' (ACRI). |
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== Einzelnachweise == |
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Aktuelle Version vom 20. April 2024, 11:42 Uhr
Girozentralen sind in Deutschland Kreditinstitute, die als regionale Spitzeninstitute der Sparkassenorganisation fungieren.
Allgemeines
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Begriff Girozentrale rührt historisch von dem ursprünglich alleinigen Charakter dieser Kreditinstitute als Verrechnungsstellen im bargeldlosen Zahlungsverkehr der Sparkassen her.[1] Das Wort setzt sich zusammen aus „Giro“ (italienisch Kreis, Kreislauf) und Zentrale für eine übergeordnete Institution mit Bündelungsaufgaben. Das Wort Giroverkehr stand früher für den bargeldlosen Zahlungsverkehr, der heute mittels Überweisung, Echtzeitüberweisung, Scheck, Lastschrift, Abbuchungsauftrag oder Wechsel durchgeführt wird. Diesen bargeldlosen Zahlungsverkehr mussten die angeschlossenen Sparkassen über die zuständige Girozentrale leiten, sofern Zahlungspflichtiger und Zahlungsempfänger ihre Girokonten nicht bei derselben Sparkasse unterhielten. Dann nämlich konnte der bargeldlose Zahlungsverkehr überregional nur funktionieren, wenn die beteiligten Institute gegenseitig Verrechnungskonten führten. Bei der Vielzahl der örtlichen Sparkassen und anderer Kreditinstitute war eine bilaterale Führung von Verrechnungskonten nicht möglich. Daraus ergab sich das Erfordernis einer zentralen Verrechnungsstelle.
Auch wenn die Begriffe Landesbank und Girozentrale zuweilen synonym benutzt werden,[2] sind ihre bankbetrieblichen Aufgaben strikt zu trennen. Der Begriff der Girozentrale in § 3 Abs. 1 Verbandssatzung weist eine über den Begriff der Landesbank hinausgehende funktionale Komponente auf, denn er bezeichnet die Landesbanken speziell in ihrer Funktion als Sparkassenzentralbanken.[3] Daraus folgt, dass die Landesbanken nur so lange Mitglied im Sparkassen- und Giroverband sein können, wie sie tatsächlich die Aufgabe einer Sparkassenzentralbank wahrnehmen.
Rechtsform und Trägerschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die einheitlichen Bankinstitute mit Landesbank- und Girozentralenaufgaben sind als Anstalten des öffentlichen Rechts organisiert und unterstehen der staatlichen Aufsicht des jeweiligen Bundeslandes. Dessen jeweiliger Finanzminister ist geborenes Mitglied des Aufsichtsgremiums der Landesbank/Girozentrale (Aufsichtsrat/Verwaltungsrat). Die deutschen Girozentralen unterhalten ihrerseits wiederum ein Spitzeninstitut, die DekaBank Deutsche Girozentrale mit Sitz in Frankfurt a. M. Dieses Institut ist aus der Verschmelzung der Deutsche Girozentrale – Deutsche Kommunalbank (DGZ) und der DekaBank zum 1. Januar 1999 hervorgegangen.
Geschichte
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Als Vorläufer der Girozentralen gelten die Provinzial-Hilfskassen, von denen die am 1. Januar 1832 gegründete Provinzial-Hülfskasse Westfalen in Münster die erste war. Auf einer außerordentlichen Sparkassenversammlung des deutschen Sparkassenverbandes wurde am 22. Oktober 1892 erstmals über die Errichtung einer Sparkassenzentralbank unter dem Gesichtspunkt der Liquiditätssicherung für Krisenfälle diskutiert.[4] Die Wirtschaftskrise des Jahres 1907 gab einen Anstoß zur Einführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, um die Geldversorgung der Wirtschaft unabhängiger vom Bargeld zu gestalten.[5] Seit 1910 stieg die Bedeutung der Zahlungsverkehrsfunktion für Landesbanken, da sie zur zentralen Verrechnungsstelle bei der Beschleunigung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs wurden.[6] Seit Februar 1911 übernahm die Stadtsparkasse Köln die Funktion der Girozentrale in der Rheinprovinz. Am 20. Juni 1914 beschloss der Rheinisch-Westfälische Sparkassentag in Köln, die Landesbank der Rheinprovinz anstelle der Stadtsparkasse Köln als Girozentrale einzusetzen.[7] Johann Christian Eberle, Bürgermeister der Stadt Nossen, hatte die Vorteile eines sparkasseneigenen, geschlossenen Zahlungsverkehrsnetzes erkannt und die Gründung von Girozentralen als zentrale Verrechnungsstelle in jedem Land vorgeschlagen.[8] Auf Eberles Initiative hin kam es am 5. Oktober 1908 zur Gründung des Giroverbandes Sächsischer Gemeinden mit 151 Mitgliedern, der eigentliche Giroverkehr begann am 2. Januar 1909 mit der ersten deutschen Girozentrale, die in Dresden den Giroverkehr für 143 Girokassen aufnahm.[9] In der Folge gründeten sich weitere Giroverbände, und am 26. Oktober 1916 schlossen sich 12 Giroverbände zum „Deutschen Zentral-Giroverband“ zusammen. Ab 1923 begann der Zusammenschluss von in der gleichen Region tätigen Landesbanken mit reinen Girozentralen, was zur Schaffung der „Gemeinschaftsbanken“ führte.[10] Seitdem war die Landesbankfunktion mit der der Girozentrale in einem Bankinstitut vereint.
Durch die Deutsche Bankenkrise ab 1931 wurde das deutsche Währungs- und Bankensystem stark getroffen.[11] Auch die größte der Landesbanken, die Landesbank der Rheinprovinz, stand vor dem Zusammenbruch. Diese hatte langfristige Kommunalkredite durch kurzfristige Geldanlagen der Sparkassen refinanziert und war im Juli 1931 in eine Liquiditätskrise geraten.[12] Sie musste am 7. August 1931 ihre Zahlungen einstellen. Davon betroffen waren sowohl die Landesbank- als auch die Girozentralenfunktion. Die Koordination des Giroverkehrs der Sparkassen hatte im August 1931 eine Zweigstelle der Deutschen Girozentrale in Köln übernommen.[13]
Aufgaben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Zentralbanken der angeschlossenen Sparkassen obliegt den Girozentralen die Durchführung des überregionalen Zahlungsverkehrs, die Verwaltung von Liquiditätsüberschüssen der oder Ausgleich von Liquiditätsdefiziten bei Sparkassen, die Gewährung von Gemeinschaftskrediten zusammen mit Sparkassen an deren Kreditnehmer sowie die Unterstützung der Sparkassen im Effekten-, Depot-, Außenhandels-, Devisen- und Sortengeschäft.[14] Selbst die heutige, durch Fusionen gestiegene quantitative und qualitative Kapazität der meisten Sparkassen ist zu gering, um diese Bankgeschäfte autonom für ihre Sparkassenkunden abzuwickeln. Sie bedienen sich deshalb der für sie zuständigen Girozentrale, die für diese Geschäftsarten das personelle und fachliche Know-how sowie die technischen Voraussetzungen besitzt. Die Girozentralen arbeiten dabei im Hintergrund, ohne dass der Sparkassenkunde von deren Aktivitäten erfährt. In der Regel ist der Funktionsbereich einer Girozentrale mit dem regionalen Bezirk des zuständigen Sparkassen- und Giroverbands identisch.
Die Funktion einer zentralen Verrechnungsstelle im bargeldlosen Zahlungsverkehr für Sparkassen haben die Girozentralen weitgehend verloren, seit europäische Zahlungsverkehrssysteme wie TARGET2 (November 2007) und SEPA (Januar 2008) eine Zentralisierung über die Deutsche Bundesbank vorsehen.
Girozentralen in Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bayerische Landesbank (BayernLB)
- Landesbank Baden-Württemberg (LBBW)
- Landesbank Hessen-Thüringen – Girozentrale (Helaba)
- Norddeutsche Landesbank – Girozentrale (Nord/LB)
- Landesbank Saar (SaarLB)
- Landesbank Berlin AG (LBB) – nicht mehr im Besitz eines Bundeslandes, seit sie vom Land Berlin an die Sparkassen-Finanzgruppe verkauft wurde.
International
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Österreich übernimmt die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG die Funktionen einer Girozentrale. International gibt es eine Girozentralen-Aufgabe nur dort, wo auch Sparkassen existieren. In Frankreich sind seit Januar 2000 die 17 Caisse d’Epargne genossenschaftliche Kreditinstitute, die seit Juli 2009 in der Banques Populaires Caisse d‘Epargne (BPCE) konsolidiert werden. Die BPCE übernimmt dabei auch die Girozentralenfunktion. Für die spanischen „Cajas de ahorro“ übernimmt die Cecabank die Aufgabe einer Girozentrale. Die 39 italienischen Sparkassen („Cassa di Risparmio“) werden rechtlich und statistisch nicht als eigenständige Kreditinstitutsgruppe geführt; deren Spitzeninstitut ist der Associazione fra le Casse di Risparmio Italiane (ACRI).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Adalbert Dick, Die Verflechtung zwischen Sparkassen und Girozentralen, 1959, S. 11
- ↑ Dirk Schmidt, Sparkassenwissen für Verwaltungsräte, 2002, S. 331 f.
- ↑ Christian Thiemann, Rechtsprobleme mit der Marke Sparkasse, 2008, S. 222
- ↑ Hans Pohl, Wirtschaft, Unternehmen, Kreditwesen, soziale Probleme, Band 1, 2005, S. 979
- ↑ Hans Pohl, Wirtschaft, Unternehmen, Kreditwesen, soziale Probleme, Band 1, 2005, S. 979
- ↑ Hans Pohl, Wirtschaft, Unternehmen, Kreditwesen, soziale Probleme, Band 1, 2005, S. 972
- ↑ Hans Pohl, Die rheinischen Sparkassen, 2001, S. 112
- ↑ Adalbert Dick, Die Verflechtung zwischen Sparkassen und Girozentralen, 1959, S. 19
- ↑ Hans Pohl, Wirtschaft, Unternehmen, Kreditwesen, soziale Probleme, Band 1, S. 980
- ↑ Melchior Palyi/Paul Quittner, Handwörterbuch des Bankwesens, 1933, S. 723 ff.
- ↑ Michael North, Kleine Geschichte des Geldes, 2009, S. 199
- ↑ Hans Pohl, Die rheinischen Sparkassen, 2001, S. 137
- ↑ Hans Pohl, Die rheinischen Sparkassen, 2001, S. 154
- ↑ Adalbert Dick, Die Verflechtung zwischen Sparkassen und Girozentralen, 1959, S. 112