„Absoluter Nullpunkt“ – Versionsunterschied
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Der '''absolute Nullpunkt''' ist die kleinste mögliche [[Temperatur]], −273,15 [[Grad Celsius]], und definiert den Ursprung der [[Absolute Temperatur|absoluten Temperaturskala]] (0 [[Kelvin]]). Am absoluten Nullpunkt nimmt die [[Energie]] eines physikalischen Systems den kleinsten möglichen Wert an. Insbesondere ist in Systemen der klassischen Physik die kinetische Energie der Teilchen gleich Null. Die Bewegungen, Schwingungen und Verformungen der [[Molekül]]e eines Stoffs sind in dem Fall komplett eingefroren. In Systemen der [[Quantenmechanik|quantenmechanischen Physik]] verbleibt im Allgemeinen ein Anteil kinetischer Energie aus der [[Nullpunktsenergie]]. Nach dem [[Dritter Hauptsatz der Thermodynamik|dritten Hauptsatz der Thermodynamik]] können reale Systeme den absoluten Nullpunkt nicht erreichen. Allerdings können Temperaturen beliebig nahe dem absoluten Nullpunkt realisiert werden. Mit [[Laserkühlung]] konnten Proben schon bis auf wenige Milliardstel Kelvin abgekühlt werden. |
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Der '''Absolute Nullpunkt''' ([[Formelzeichen]] ''T<sub>0</sub>'') ist die theoretisch tiefste mögliche [[Temperatur]], die als '''0 [[Kelvin]]''' definiert ist, was minus 273,15 [[Grad Celsius]] oder minus 459,67 [[Grad Fahrenheit]] entspricht, aber nach dem dritten Hauptsatz der [[Hauptsatz der Thermodynamik|Thermodynamik]] ([[Nernst-Theorem]]) niemals exakt erreicht werden kann. Andererseits ist es nach der Thermodynamik durchaus möglich, Temperaturen zu erreichen, die dem absoluten Nullpunkt beliebig nahe kommen. Wissenschaftler konnten schon kleine Proben bis auf wenige Milliardstel Kelvin über den absoluten Nullpunkt abkühlen. |
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Die Temperatur eines Körpers wird durch die [[Kinetische Energie|Bewegungsenergie]] seiner [[Atom|Atome]] bzw. [[Molekül|Moleküle]] hervorgerufen, welche in der [[Maxwell-Boltzmann-Verteilung]] beschrieben wird. Je schneller sich die [[Teilchen]] bewegen, desto höher ist die Temperatur ir seids alle bläd des Körpers, und je langsamer sie sich bewegen, desto geringer ist demnach wiederum dessen Temperatur. Der absolute Nullpunkt ist erreicht, wenn die Bewegungsenergie der Teilchen eines Körpers gleich der so genannten [[Nullpunktsenergie]] ist, die aus prinzipiellen [[Quantenmechanik|quantenmechanischen]] Gründen nicht unterschritten und nicht aus dem System entfernt werden kann. |
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[[Guillaume Amontons]] fand 1699 heraus, dass sich das Volumen einer Gasmenge linear mit ihrer Temperatur verändert. Da das Volumen eines Gases aber nicht negativ werden sollte, folgerte er, dass es einen absoluten Nullpunkt geben müsse, bei dem das Volumen der Gasmenge gleich null wäre. Durch Extrapolation seiner Messwerte schätzte er die Lage dieses Nullpunkts ab und kam auf einen Wert von −248 °C.<ref>{{Literatur|Titel=Degrees Kelvin: A Tale of Genius, Invention, and Tragedy|Autor=David Lindley|Verlag=National Academies Press|Jahr=2004|Seiten=99|Online={{Google Buch|BuchID=8GLsdUIfmyEC|Seite=99}}}}</ref> |
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[[William Thomson, 1. Baron Kelvin]], entdeckte 1848, dass nicht die Volumenverkleinerung für diese Frage entscheidend ist, sondern der Energieverlust. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um Gase oder feste Stoffe handelt. Thomson schlug daraufhin vor, eine neue, ''absolute'' Temperaturskala zu definieren, zu der die Volumenänderung proportional ist. Diese neue Temperaturskala hat keine negativen Werte mehr, beginnt bei null (dies entspricht −273,15 °C, siehe dazu [[Kelvin#Fixpunkte|Eigenschaften der Kelvinskala]]) und steigt so an, dass ein Temperaturunterschied von einem Kelvin jeweils einem Temperaturunterschied von einem Grad Celsius entspricht. Die Einheit für diese Temperaturskala wurde zunächst ''Grad A'' (A für absolut) genannt, später zunächst ''Grad Kelvin'' (°K) und dann [[Kelvin]] (K). |
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In der Nähe des absoluten Nullpunkts kommt es zu verschiedenen Effekten. [[Metall]]e zeigen [[Supraleitung]] und [[Helium]] sowie einige andere [[Gas]]e zeigen ein Phänomen, das [[Superfluidität]] genannt wird. Dabei [[Kondensation|kondensieren]] sie zu einer [[Flüssigkeit]], die keine [[Viskosität]] besitzt. |
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{{Zitat|Wenn man jetzt das Magnetfeld plötzlich entfernt, so tritt der ''thermomagnetische Abkühlungseffekt'' ein. Auf diese Weise wurde mit Kaliumchromalaun eine Temperatur von 0,05 K erzielt. Im Jahre 1935 ist man sogar bereits zu 0,005 K vorgedrungen. […] Um den erreichten Fortschritt richtig zu beurteilen, müßte man eigentlich die ''logarithmische Temperaturskala'', wie sie von Lord Kelvin vorgeschlagen worden ist, anwenden. Danach würde eine Senkung von 100 K auf 10 K dieselbe Bedeutung zukommen, wie […] von 1 K auf 0,1 K.|Heinrich Greinacher|''Physik in Streifzügen''. Verlag von Julius Springer, Berlin 1939.}} |
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Der absolute Nullpunkt ist die Basis der [[Kelvin|Kelvin-Skala]], wobei seine Existenz und sein extrapolierter Wert aus dem [[Gesetz von Gay-Lussac]] ableitbar sind. |
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Im [[Bremer Fallturm]] wurde im Jahr 2021 ein [[Bose-Einstein-Kondensat]] auf eine Rekordtemperatur von 38 Pikokelvin ({{ZahlExp|38|-12|post=K}}) abgekühlt.<ref> |
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{{Internetquelle |url=https://www.scinexx.de/news/technik/kaelterekord-im-freien-fall/ |titel=Kälterekord im freien Fall |autor=Nadja Podbregar |werk=scinexx.de |datum=2021-09-01 |abruf=2024-12-10 |sprache=de}}</ref> |
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[[Guillaume Amontons]] fand 1699 heraus, dass sich das Volumen einer Gasmenge proportional mit ihrer Temperatur verändert. Das führte zunächst zu verschiedenen Hypothesen, wonach es einen absoluten Nullpunkt geben müsse, bei dem das Volumen der Gasmenge gleich Null wäre, oder die Gesetzmäßigkeit der Volumenverkleinerung gelte bei flüssigen Gasen nicht mehr. Dann könne man die Temperatur beliebig weit absenken. [[Kelvin|William Thomson]] entdeckte [[1848]], dass nicht die Volumenverkleinerung für diese Frage entscheidend ist, sondern der Energieverlust. Hierbei ist es auch unerheblich, ob es sich um Gase oder feste Stoffe handelt. [[Kelvin|William Thomson]] schlug vor, eine neue, ''absolute'' Temperaturskala zu definieren. Diese hat keine negativen Werte, beginnt bei 0 (entspricht – 273,15 Grad Celsius) und steigt in Schritten zu je ein Grad Celsius an. Die Einheit für diese Temperaturskala wurde zunächst ''Grad A'' (A für absolut) genannt, später ''Grad K'' (K für [[Kelvin]]). |
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[[Physikalisches System|Physikalische Systeme]] mit Temperaturen nahe am absoluten Nullpunkt weisen einige besondere Verhaltensweisen wie [[Suprafluidität]] und [[Bose-Einstein-Kondensat]]ion auf. Diese Temperaturgebiete der Tieftemperaturphysik können nur noch mit besonderen Methoden erreicht werden. |
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Bei Normaldruck sind am Nullpunkt alle Elemente fest, abgesehen von [[Helium]], das sich dort in einer flüssigen bzw. suprafluiden Phase befindet. |
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Thermodynamische Aussagen über den Nullpunkt im Zusammenhang mit der [[Entropie]] macht das [[Nernst-Theorem|Theorem von Nernst]]. |
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Perfekte Kristalle erreichen beim Nullpunkt für die Entropie <math>S</math> einen konstanten Wert <math> S = k_{\rm B} \ln 1 = 0 </math>, da die Entropie gemäß der statistischen Definition als der mit der [[Boltzmannkonstante]]n <math>k_{\rm B}</math> multiplizierte [[Logarithmus]] der Anzahl der möglichen [[Mikrozustand|Mikrozustände]] definiert ist und es nur eine mögliche Realisierung des beobachteten [[Makrozustand]]s gibt. Bei (amorphen) [[Glas|Gläsern]] gibt es mehrere gleichenergetische Realisierungen eines Zustands mit <math>T = 0 \, \rm K</math>, so dass die Entropie von null verschieden ist. |
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[[da:Absolut nulpunkt]] |
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[[en:Absolute zero]] |
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== Werte unterhalb des absoluten Nullpunkts == |
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[[et:Absoluutne nulltemperatuur]] |
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In Systemen mit diskreten Energieniveaus nimmt die Besetzungswahrscheinlichkeit gemäß <math display="inline">\mathrm e^{-E/k_\mathrm BT}</math> ([[Boltzmann-Faktor]]) mit steigender Energie der Niveaus ab. Am absoluten Nullpunkt sind nur die niedrigstmöglichen Niveaus besetzt. Es ist aber experimentell gelungen, Zustände zu erzeugen, bei denen die höheren Energieniveaus stärker besetzt sind als die niedrigeren ([[Besetzungsinversion]]). Solchen Zuständen, die nicht im [[Thermodynamisches Gleichgewicht|thermodynamischen Gleichgewicht]] sind, kann man formal eine [[negative Temperatur]] zuschreiben. |
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[[fi:Absoluuttinen nollapiste]] |
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[[fr:Zéro absolu]] |
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== Literatur == |
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[[he:האפס המוחלט]] |
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* [[Tom Shachtman]]: ''Minusgrade. Auf der Suche nach dem absoluten Nullpunkt'' (= ''rororo'' 6118 ''rororo Science. Sachbuch''). Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-499-61118-X. |
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[[it:Zero assoluto]] |
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* [[Kurt Mendelssohn]]: ''Die Suche nach dem absoluten Nullpunkt.'' Kindler, München 1966. |
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[[ja:絶対零度]] |
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[[ko:절대 영도]] |
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== Weblinks == |
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[[lv:Absolūtā nulle]] |
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{{Wiktionary|absoluter Nullpunkt}} |
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[[nl:Absolute nulpunt]] |
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[[pl:Zero bezwzględne]] |
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== Einzelnachweise == |
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[[pt:Zero absoluto]] |
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<references /> |
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[[ru:Абсолютный нуль температуры]] |
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[[sk:Absolútna nula]] |
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{{Normdaten|TYP=s|GND=4141119-5}} |
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[[sl:Absolutna ničla]] |
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[[sv:Absoluta nollpunkten]] |
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[[uk:Абсолютний нуль]] |
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[[zh:绝对零度]] |
Aktuelle Version vom 12. Juni 2025, 15:17 Uhr
Der absolute Nullpunkt ist die kleinste mögliche Temperatur, −273,15 Grad Celsius, und definiert den Ursprung der absoluten Temperaturskala (0 Kelvin). Am absoluten Nullpunkt nimmt die Energie eines physikalischen Systems den kleinsten möglichen Wert an. Insbesondere ist in Systemen der klassischen Physik die kinetische Energie der Teilchen gleich Null. Die Bewegungen, Schwingungen und Verformungen der Moleküle eines Stoffs sind in dem Fall komplett eingefroren. In Systemen der quantenmechanischen Physik verbleibt im Allgemeinen ein Anteil kinetischer Energie aus der Nullpunktsenergie. Nach dem dritten Hauptsatz der Thermodynamik können reale Systeme den absoluten Nullpunkt nicht erreichen. Allerdings können Temperaturen beliebig nahe dem absoluten Nullpunkt realisiert werden. Mit Laserkühlung konnten Proben schon bis auf wenige Milliardstel Kelvin abgekühlt werden.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Guillaume Amontons fand 1699 heraus, dass sich das Volumen einer Gasmenge linear mit ihrer Temperatur verändert. Da das Volumen eines Gases aber nicht negativ werden sollte, folgerte er, dass es einen absoluten Nullpunkt geben müsse, bei dem das Volumen der Gasmenge gleich null wäre. Durch Extrapolation seiner Messwerte schätzte er die Lage dieses Nullpunkts ab und kam auf einen Wert von −248 °C.[1]
William Thomson, 1. Baron Kelvin, entdeckte 1848, dass nicht die Volumenverkleinerung für diese Frage entscheidend ist, sondern der Energieverlust. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um Gase oder feste Stoffe handelt. Thomson schlug daraufhin vor, eine neue, absolute Temperaturskala zu definieren, zu der die Volumenänderung proportional ist. Diese neue Temperaturskala hat keine negativen Werte mehr, beginnt bei null (dies entspricht −273,15 °C, siehe dazu Eigenschaften der Kelvinskala) und steigt so an, dass ein Temperaturunterschied von einem Kelvin jeweils einem Temperaturunterschied von einem Grad Celsius entspricht. Die Einheit für diese Temperaturskala wurde zunächst Grad A (A für absolut) genannt, später zunächst Grad Kelvin (°K) und dann Kelvin (K).
„Wenn man jetzt das Magnetfeld plötzlich entfernt, so tritt der thermomagnetische Abkühlungseffekt ein. Auf diese Weise wurde mit Kaliumchromalaun eine Temperatur von 0,05 K erzielt. Im Jahre 1935 ist man sogar bereits zu 0,005 K vorgedrungen. […] Um den erreichten Fortschritt richtig zu beurteilen, müßte man eigentlich die logarithmische Temperaturskala, wie sie von Lord Kelvin vorgeschlagen worden ist, anwenden. Danach würde eine Senkung von 100 K auf 10 K dieselbe Bedeutung zukommen, wie […] von 1 K auf 0,1 K.“
Im Bremer Fallturm wurde im Jahr 2021 ein Bose-Einstein-Kondensat auf eine Rekordtemperatur von 38 Pikokelvin (38e-12 K) abgekühlt.[2]
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Physikalische Systeme mit Temperaturen nahe am absoluten Nullpunkt weisen einige besondere Verhaltensweisen wie Suprafluidität und Bose-Einstein-Kondensation auf. Diese Temperaturgebiete der Tieftemperaturphysik können nur noch mit besonderen Methoden erreicht werden.
Bei Normaldruck sind am Nullpunkt alle Elemente fest, abgesehen von Helium, das sich dort in einer flüssigen bzw. suprafluiden Phase befindet.
Thermodynamische Aussagen über den Nullpunkt im Zusammenhang mit der Entropie macht das Theorem von Nernst. Perfekte Kristalle erreichen beim Nullpunkt für die Entropie einen konstanten Wert , da die Entropie gemäß der statistischen Definition als der mit der Boltzmannkonstanten multiplizierte Logarithmus der Anzahl der möglichen Mikrozustände definiert ist und es nur eine mögliche Realisierung des beobachteten Makrozustands gibt. Bei (amorphen) Gläsern gibt es mehrere gleichenergetische Realisierungen eines Zustands mit , so dass die Entropie von null verschieden ist.
Werte unterhalb des absoluten Nullpunkts
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Systemen mit diskreten Energieniveaus nimmt die Besetzungswahrscheinlichkeit gemäß (Boltzmann-Faktor) mit steigender Energie der Niveaus ab. Am absoluten Nullpunkt sind nur die niedrigstmöglichen Niveaus besetzt. Es ist aber experimentell gelungen, Zustände zu erzeugen, bei denen die höheren Energieniveaus stärker besetzt sind als die niedrigeren (Besetzungsinversion). Solchen Zuständen, die nicht im thermodynamischen Gleichgewicht sind, kann man formal eine negative Temperatur zuschreiben.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Tom Shachtman: Minusgrade. Auf der Suche nach dem absoluten Nullpunkt (= rororo 6118 rororo Science. Sachbuch). Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-499-61118-X.
- Kurt Mendelssohn: Die Suche nach dem absoluten Nullpunkt. Kindler, München 1966.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ David Lindley: Degrees Kelvin: A Tale of Genius, Invention, and Tragedy. National Academies Press, 2004, S. 99 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Nadja Podbregar: Kälterekord im freien Fall. In: scinexx.de. 1. September 2021, abgerufen am 10. Dezember 2024.