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„Chromosom 21 (Mensch)“ – Versionsunterschied

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Das '''Chromosom 21''' gehört mit etwa 34 Millionen Bausteinen zu den kleinsten menschlichen [[Chromosom]]en. Es umfasst lediglich 1,5 Prozent der menschlichen [[Erbinformation]]en.


Das '''Chromosom 21''' gehört mit etwa 34 Millionen Bausteinen zu den kleinsten menschlichen [[Chromosom]]en. Es umfasst lediglich 1,5 Prozent der menschlichen [[Erbinformation]]en.
Auf ihm liegen die schon länger bekannten 14 [[Gen]]e, von denen man bereits heute weiß, dass ihre genetische Veränderung zu einer Reihe schwerer monogener (von einem einzigen Gen verursachten) Erkrankungen führen kann. Dazu gehören [[Alzheimer]], spezielle Formen von [[Epilepsie]] und [[Autoimmunerkrankung]]en sowie eine erhöhte Anfälligkeit für [[Leukämie]].


== Merkmale ==
== [[DNA-Sequenzierung|Sequenzierung]] ==
Auf Chromosom 21 liegen mindestens vierzehn [[Gen]]e, von denen man bereits heute weiß, dass ihre genetische Veränderung zu einer Reihe monogener (von einem einzigen Gen verursachten) Erkrankungen führen kann.<ref name="Hattori">M. Hattori, A. Fujiyama, T. D. Taylor u.&nbsp;a.: ''The DNA sequence of human chromosome 21.'' In: ''Nature.'' Band 405, Nummer 6784, Mai 2000, S.&nbsp;311–319, {{ISSN|0028-0836}}, [[doi:10.1038/35012518]], PMID 10830953.</ref> Dazu gehören die [[Alzheimer-Krankheit]], [[amyotrophe Lateralsklerose]], spezielle Formen von [[Epilepsie]] und [[Autoimmunerkrankung]]en ([[Thymus-Epithelzelle#Autoimmun-Regulator: AIRE|AIRE]]), [[Homocysteinurie]], Muskelerkrankungen ([[Bethlem-Myopathie]] und [[Ullrich-Myopathie]]<ref>A. K. Lampe, K. M. Bushby: ''Collagen VI related muscle disorders.'' In: ''Journal of medical genetics.'' (J Med Genet.) September 2005, Band 42, Nr. 9, S. 673–85, PMID 16141002.</ref>) sowie eine erhöhte Anfälligkeit für [[Leukämie]].<ref name="Hattori" /><ref>[[Christa Fonatsch|C. Fonatsch]]: ''The role of chromosome 21 in hematology and oncology.'' In: ''Genes, chromosomes & cancer.'' Band 49, Nummer 6, Juni 2010, S.&nbsp;497–508, {{ISSN|1098-2264}}, [[doi:10.1002/gcc.20764]], PMID 20232485.</ref>
Mit maßgeblicher Beteiligung deutscher Genetiker an drei [[Sequenzierzentrum|Sequenzierzentren]] (an der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung Braunschweig, am Institut für Molekulare Biotechnologie Jena und am [[Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik]] Berlin) hat ein internationales Team die mehr als 33 Millionen Bausteine ([[Base]]n) des Chromosom 21 im Umfang von 99,7 Prozent mit 99,99 prozentiger Sicherheit sequenziert. Damit ist das Chromosom 21 neben dem [[Chromosom 22]] das zweite Chromosom, das vollständig sequenziert wurde. Das Chromosom 21 enthält, wie man jetzt weiß, insgesamt 225 Gene und 59 [[Pseudogen]]e. Von den 127 wirklich gesichteten Genen sind 103 bereits in ihrer Funktion bekannt, dass heißt, man kennt das in dem Gen kodierte Eiweiß ([[Protein]]). Die anderen 98 Gene sind Vorhersagen aufgrund von computerbasierten [[Sequenzanalyse]]n. Hierbei machen sich die Wissenschaftler den Umstand zu Nutze, dass bestimmte Sequenzabschnitte im [[Genom]] auftauchen, die den Anfang oder das Ende eines vermeintlichen Gens markieren.


== Sequenzierung ==
Bei den vorhergesagten Genen sind einige gute Kandidaten, als Ursache von bestimmten genetischen Erkrankungen identifiziert zu werden. Diese Erkrankungen wurden schon länger im Zusammenhang mit dem Chromosom 21 gesehen. Zu ihnen gehören u. a. verschiedene Formen von [[Taubheit]], [[Tumor]]erkrankungen und [[Depression|manische Depressionen]]. Außerdem wurden auch [[Tumorsuppressor]]-Gene gefunden, die zur Unterdrückung von Tumoren führen.
Mit maßgeblicher Beteiligung deutscher Genetiker an drei [[Sequenzierzentrum|Sequenzierzentren]] (an der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung Braunschweig, am [[Institut für Molekulare Biotechnologie Jena]] und am [[Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik]] Berlin) hat ein internationales Team die mehr als 33 Millionen Bausteine ([[Base (Chemie)|Basen]]) des Chromosoms 21 im Umfang von 99,7 Prozent mit 99,99-prozentiger Sicherheit [[DNA-Sequenzierung|sequenziert]]. Damit ist das Chromosom 21 nach dem [[Chromosom 22 (Mensch)|Chromosom 22]] das zweite Chromosom, das vollständig sequenziert wurde. Das Chromosom 21 enthält, wie man jetzt weiß, insgesamt 225 Gene und 59 [[Pseudogen]]e. Unter den 225 Genen sind 127 enthalten, die bereits vor der Sequenzierung des Chromosoms bekannt waren. Die anderen 98 Gene sind unbekannte Gene die durch Vorhersagen aufgrund von computerbasierten [[DNA-Sequenzanalyse]]n bestimmt wurden. Hierbei machen sich die Wissenschaftler den Umstand zu Nutze, dass bestimmte Sequenzabschnitte im [[Genom]] auftauchen, die den Anfang oder das Ende eines vermeintlichen Gens markieren. Im Vergleich zu dem ähnlich großen Chromosom 22, das 545 Gene trägt, ist das Chromosom 21 damit sehr arm an Genen.<ref name="PMID11802376">M. Hattori, A. Fujiyama, Y. Sakaki: ''The DNA sequence of human chromosome 21.'' In: ''Tanpakushitsu kakusan koso. Protein, nucleic acid, enzyme.'' Band 46, Nummer 16 Suppl, Dezember 2001, S.&nbsp;2254–2261, {{ISSN|0039-9450}}, PMID 11802376, (Review).</ref><ref>M. Hattori u. a.: ''The DNA sequence of human chromosome 21.'' In: ''Nature.'' Band 405, 3. Mai 2000, S.&nbsp;311–319, [[doi:10.1038/35012518]].</ref>


Bei den vorhergesagten Genen sind einige gute Kandidaten, als Ursache von bestimmten genetischen Erkrankungen identifiziert zu werden. Diese Erkrankungen wurden schon länger im Zusammenhang mit dem Chromosom 21 gesehen. Zu ihnen gehören unter anderem verschiedene Formen von [[Gehörlosigkeit|Taubheit]], [[Tumor]]erkrankungen und [[Depression|manische Depressionen]]. Außerdem wurden auch [[Tumorsuppressor]]-Gene gefunden, die zur Unterdrückung von Tumoren führen (beispielsweise Gen [[Ets2]]).<ref name="PMID18172498">T. E. Sussan, A. Yang u.&nbsp;a.: [http://www.nature.com/nature/journal/v451/n7174/abs/nature06446.html ''Trisomy represses Apc(Min)-mediated tumours in mouse models of Down's syndrome.''] In: ''Nature.'' Band 451, Nummer 7174, Januar 2008, S.&nbsp;73–75, {{ISSN|1476-4687}}, [[doi:10.1038/nature06446]], PMID 18172498.</ref>
== medizinische Bedeutung ==
Auch die beiden auf dem Chromosom 21 befindlichen Gene ''[[DSCR1]]'' und ''[[DYRK1A]]'' wirken krankhaften Gewebewucherungen entgegen.<ref name="PMID19458618">K. H. Baek, A. Zaslavsky u.&nbsp;a.: ''Down's syndrome suppression of tumour growth and the role of the calcineurin inhibitor DSCR1.'' In: ''Nature.'' Band 459, Nummer 7250, Juni 2009, S.&nbsp;1126–1130, {{ISSN|1476-4687}}, [[doi:10.1038/nature08062]], PMID 19458618, {{PMC|2724004}}.</ref><ref>Anjali Nayar: [http://www.nature.com/news/2009/090520/full/news.2009.493.html ''Why people with Down's syndrome get fewer cancers.''] In: ''Nature.'' Online-Veröffentlichung vom 20.&nbsp;Mai 2009, [[doi:10.1038/news.2009.493]].</ref>
Die Analyse der Gene dieses Chromosoms hat eine große medizinische Bedeutung. Menschen, die in allen oder in einem Teil ihrer Körperzellen drei Kopien des gesamten Chromosoms 21 oder drei Kopien von Teilen eines 21. Chromosoms besitzen, haben eine Form des [[Down-Syndrom]]s ([[Trisomie]] 21). Auf dem Cromosom 21 wurden mittlerweile mehrere Gene identifiziert, die an bestimmten Aspekten des Down-Syndroms beteiligt sein könnten. Endgültig gesichert sind alle diese Annahmen jedoch noch nicht, denn nicht alle Menschen mit einer Form der Trisomie 21 haben z. B. einen [[Herzfehler]] und auch andere als [[syndrom]]stypisch geltende Besonderheiten können nicht bei allen festgestellt bzw. in gleicher Ausprägung nachgewiesen werden. Es ist bekannt, dass alle körperlichen Besonderheiten und alle Erkrankungen, die gehäuft bei Menschen mit Down-Syndrom vorliegen, auch bei Menschen ohne zusätzliches Erbmaterial des 21. Chromosoms auftreten können. Statt einer numerischen [[Chromosomenaberration]] wird in diesen Fällen eine strukturelle Chromosomenaberration oder eine [[Genmutation]] auf dem Chromosom 21 angenommen. Für andere Gene wurde eine spezifische Wirkung in jenen Gehirnregionen beobachtet, in denen bei Menschen mit Down-Syndrom ebenfalls Veränderungen beobachtet werden.


== Medizinische Bedeutung ==
Die Forscher hoffen, dass auf dieser erweiterten Basis neue bzw. verbesserte Behandlungsmethoden für Menschen mit Trisomie 21 und für Menschen mit bestimmten Erbkrankheiten entwickelt werden könnten.
Die Analyse der Gene dieses Chromosoms hat eine große medizinische Bedeutung. Menschen, die in allen oder in einem Teil ihrer Körperzellen drei Kopien des gesamten Chromosoms 21 oder drei Kopien von Teilen eines 21. Chromosoms besitzen, haben eine Form des [[Down-Syndrom]]s ([[Trisomie]] 21). Auf dem Chromosom 21 wurde mittlerweile eine kritische Region identifiziert, die an allen typischen Aspekten des Down-Syndroms beteiligt ist (DSCR, ''Down syndrome critical region'', Position 21q22). Die in dieser Region enthaltenen Gene sind inzwischen mit dem jeweiligen [[Phänotyp]] assoziiert und ermöglichen eine zukünftige ursächliche Behandlung der mit diesem Defekt verbundenen Symptome.<ref>{{OMIM|190685|Down-Syndrom}}</ref><ref name="PMID20101688">T. Eggermann, N. Schönherr u.&nbsp;a.: ''Identification of a 21q22 duplication in a Silver-Russell syndrome patient further narrows down the Down syndrome critical region.'' In: ''American journal of medical genetics. Part A'' Band 152A, Nummer 2, Februar 2010, S.&nbsp;356–359, {{ISSN|1552-4833}}, [[doi:10.1002/ajmg.a.33217]], PMID 20101688.</ref>


Außerdem können dank des dritten Chromosoms 21 Menschen mit dem Down-Syndrom dazu beitragen, dass [[Krebs (Medizin)|Krebs]] zukünftig effektiver bekämpft werden kann. Obwohl Menschen mit Trisomie 21 in den ersten Lebensjahren auffällig häufiger an [[Leukämie]]n erkranken, als genetisch gesunde Menschen,<ref>{{Internetquelle |autor=Michaela Hilburger |url=https://www.esanum.de/fachbereichsseite-onkologie/feeds/onkologie/posts/downsyndrom-und-leukaemie-im-kindesalter-den-zusammenhaengen-auf-der-spur |titel=Downsyndrom und Leukämie im Kindesalter |hrsg=Esanum |abruf=2023-08-13}}</ref> ist für Mediziner und Wissenschaftler von besonderer Bedeutung, dass sie ansonsten im Laufe des Lebens äußerst selten an einer anderen Form von Krebs erkranken. Durch die [[DNA-Sequenzanalyse|Sequenzanalyse]] des 21. Chromosoms hat man herausgefunden, dass das Gen DSCR1 ein [[Protein]] produziert, dass sich an das [[Enzym]] [[Calcineurin]] bindet.<ref>{{Internetquelle |autor=M. V. S. Import |url=https://www.wissenschaft.de/erde-umwelt/warum-menschen-mit-down-syndrom-selten-krebs-haben/ |titel=Warum Menschen mit Down-Syndrom selten Krebs haben |datum=2009-05-21 |sprache=de-DE |abruf=2023-08-13}}</ref> So wird verhindert, dass das Calcineurin mit den [[Zelle (Biologie)|Zellen]] der [[Blutgefäß]]e in Wechselwirkung gehen kann. Da das Chromosom 21 beim Down-Syndrom dreimal, anstatt der üblichen zwei Mal vorliegt, findet ein Wachstum und eine Neubildung der Blutgefäße kaum noch statt. Dies hindert auch den [[Tumor]] an seinem Wachstum, da er für dieses eine gute Blutversorgung braucht. Dieses Wissen kann zukünftig bei der Bekämpfung von Krebs durch gezielte Hemmung des Tumorwachstums eingesetzt werden.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.spektrum.de/news/krebsschutzgene-von-menschen-mit-down-syndrom-identifiziert/995823 |titel=Onkologie: Krebsschutzgene von Menschen mit Down-Syndrom identifiziert |sprache=de |abruf=2023-08-13}}</ref>
== Bedeutung hinsichtlich der Geamtzahl der menschlichen Gene ==
Weiterhin sorgt unter Wissenschaftlern ein anderer, aus der Sequenzierung des Chromosoms 21 abgeleiteter Gesichtspunkt für einige Diskussion: Schon seit längerem wird über die Anzahl aller Gene und damit auch über die Anzahl der Proteine im [[Säugetiere|Säugetier]] bzw. im Menschen spekuliert. Bei einer Länge von insgesamt drei bis vier Milliarden [[Basenpaar]]en könnte die menschliche [[DNA]] für über drei Millionen [[Protein]]e kodieren. Diese Zahl ist jedoch offensichtlich viel zu hoch gegriffen. Seit längerem ist schon bekannt, dass neben den informativen Abschnitten im gesamten Genom andere Abschnitte existieren, die scheinbar "inhaltsleer" sind. Daher ging man bislang von einer Gesamtzahl von 80.000 bis etwa 140.000 Genen aus. Mit den nunmehr vorliegenden Daten kommen die Wissenschaftler zu einem Wert, der deutlich unter den bisherigen Annahmen liegt. Rechnet man jetzt die Zahl der '''225''' auf dem '''Chromosom 21''' gefundenen bzw. vorhergesagten Gene und die Zahl der auf '''Chromosom 22''' gefundenen '''545''' Gene auf das gesamte menschliche Genom hoch, so ergibt sich eine '''Gesamtzahl von lediglich 40.000 Genen'''.


== Literatur ==


'''Artikelgrundlage '''
[[Kategorie:Genetik]]
[[Kategorie:Zellbiologie]]


* Roger H. Reeves: ''Recounting a genetic story.'' In: ''Nature.'' Band 405, S.&nbsp;283–284, [[doi:10.1038/35012790]].
[[pl:Chromosom 21]]
* Y. Sakaki, M. Hattori u.&nbsp;a.: ''The DNA sequence of human chromosome 21.'' In: ''Nature.'' Band 405, S.&nbsp;311–319, [[doi:10.1038/35012518]].

== Einzelnachweise ==
<references />

== Weblinks ==
* [http://genome.imb-jena.de/sf/sf_status_list.pl?species=1&chrom=21 genome.imb-jena.de Genomauflistung]

{{Navigationsleiste Chromosomen des Menschen}}

[[Kategorie:Humangenetik]]
[[Kategorie:Chromosom]]

Aktuelle Version vom 18. April 2025, 20:40 Uhr

Aufbau des Chromosoms 21

Das Chromosom 21 gehört mit etwa 34 Millionen Bausteinen zu den kleinsten menschlichen Chromosomen. Es umfasst lediglich 1,5 Prozent der menschlichen Erbinformationen.

Auf Chromosom 21 liegen mindestens vierzehn Gene, von denen man bereits heute weiß, dass ihre genetische Veränderung zu einer Reihe monogener (von einem einzigen Gen verursachten) Erkrankungen führen kann.[1] Dazu gehören die Alzheimer-Krankheit, amyotrophe Lateralsklerose, spezielle Formen von Epilepsie und Autoimmunerkrankungen (AIRE), Homocysteinurie, Muskelerkrankungen (Bethlem-Myopathie und Ullrich-Myopathie[2]) sowie eine erhöhte Anfälligkeit für Leukämie.[1][3]

Mit maßgeblicher Beteiligung deutscher Genetiker an drei Sequenzierzentren (an der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung Braunschweig, am Institut für Molekulare Biotechnologie Jena und am Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik Berlin) hat ein internationales Team die mehr als 33 Millionen Bausteine (Basen) des Chromosoms 21 im Umfang von 99,7 Prozent mit 99,99-prozentiger Sicherheit sequenziert. Damit ist das Chromosom 21 nach dem Chromosom 22 das zweite Chromosom, das vollständig sequenziert wurde. Das Chromosom 21 enthält, wie man jetzt weiß, insgesamt 225 Gene und 59 Pseudogene. Unter den 225 Genen sind 127 enthalten, die bereits vor der Sequenzierung des Chromosoms bekannt waren. Die anderen 98 Gene sind unbekannte Gene die durch Vorhersagen aufgrund von computerbasierten DNA-Sequenzanalysen bestimmt wurden. Hierbei machen sich die Wissenschaftler den Umstand zu Nutze, dass bestimmte Sequenzabschnitte im Genom auftauchen, die den Anfang oder das Ende eines vermeintlichen Gens markieren. Im Vergleich zu dem ähnlich großen Chromosom 22, das 545 Gene trägt, ist das Chromosom 21 damit sehr arm an Genen.[4][5]

Bei den vorhergesagten Genen sind einige gute Kandidaten, als Ursache von bestimmten genetischen Erkrankungen identifiziert zu werden. Diese Erkrankungen wurden schon länger im Zusammenhang mit dem Chromosom 21 gesehen. Zu ihnen gehören unter anderem verschiedene Formen von Taubheit, Tumorerkrankungen und manische Depressionen. Außerdem wurden auch Tumorsuppressor-Gene gefunden, die zur Unterdrückung von Tumoren führen (beispielsweise Gen Ets2).[6] Auch die beiden auf dem Chromosom 21 befindlichen Gene DSCR1 und DYRK1A wirken krankhaften Gewebewucherungen entgegen.[7][8]

Medizinische Bedeutung

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Die Analyse der Gene dieses Chromosoms hat eine große medizinische Bedeutung. Menschen, die in allen oder in einem Teil ihrer Körperzellen drei Kopien des gesamten Chromosoms 21 oder drei Kopien von Teilen eines 21. Chromosoms besitzen, haben eine Form des Down-Syndroms (Trisomie 21). Auf dem Chromosom 21 wurde mittlerweile eine kritische Region identifiziert, die an allen typischen Aspekten des Down-Syndroms beteiligt ist (DSCR, Down syndrome critical region, Position 21q22). Die in dieser Region enthaltenen Gene sind inzwischen mit dem jeweiligen Phänotyp assoziiert und ermöglichen eine zukünftige ursächliche Behandlung der mit diesem Defekt verbundenen Symptome.[9][10]

Außerdem können dank des dritten Chromosoms 21 Menschen mit dem Down-Syndrom dazu beitragen, dass Krebs zukünftig effektiver bekämpft werden kann. Obwohl Menschen mit Trisomie 21 in den ersten Lebensjahren auffällig häufiger an Leukämien erkranken, als genetisch gesunde Menschen,[11] ist für Mediziner und Wissenschaftler von besonderer Bedeutung, dass sie ansonsten im Laufe des Lebens äußerst selten an einer anderen Form von Krebs erkranken. Durch die Sequenzanalyse des 21. Chromosoms hat man herausgefunden, dass das Gen DSCR1 ein Protein produziert, dass sich an das Enzym Calcineurin bindet.[12] So wird verhindert, dass das Calcineurin mit den Zellen der Blutgefäße in Wechselwirkung gehen kann. Da das Chromosom 21 beim Down-Syndrom dreimal, anstatt der üblichen zwei Mal vorliegt, findet ein Wachstum und eine Neubildung der Blutgefäße kaum noch statt. Dies hindert auch den Tumor an seinem Wachstum, da er für dieses eine gute Blutversorgung braucht. Dieses Wissen kann zukünftig bei der Bekämpfung von Krebs durch gezielte Hemmung des Tumorwachstums eingesetzt werden.[13]

Artikelgrundlage

  • Roger H. Reeves: Recounting a genetic story. In: Nature. Band 405, S. 283–284, doi:10.1038/35012790.
  • Y. Sakaki, M. Hattori u. a.: The DNA sequence of human chromosome 21. In: Nature. Band 405, S. 311–319, doi:10.1038/35012518.

Einzelnachweise

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  1. a b M. Hattori, A. Fujiyama, T. D. Taylor u. a.: The DNA sequence of human chromosome 21. In: Nature. Band 405, Nummer 6784, Mai 2000, S. 311–319, ISSN 0028-0836, doi:10.1038/35012518, PMID 10830953.
  2. A. K. Lampe, K. M. Bushby: Collagen VI related muscle disorders. In: Journal of medical genetics. (J Med Genet.) September 2005, Band 42, Nr. 9, S. 673–85, PMID 16141002.
  3. C. Fonatsch: The role of chromosome 21 in hematology and oncology. In: Genes, chromosomes & cancer. Band 49, Nummer 6, Juni 2010, S. 497–508, ISSN 1098-2264, doi:10.1002/gcc.20764, PMID 20232485.
  4. M. Hattori, A. Fujiyama, Y. Sakaki: The DNA sequence of human chromosome 21. In: Tanpakushitsu kakusan koso. Protein, nucleic acid, enzyme. Band 46, Nummer 16 Suppl, Dezember 2001, S. 2254–2261, ISSN 0039-9450, PMID 11802376, (Review).
  5. M. Hattori u. a.: The DNA sequence of human chromosome 21. In: Nature. Band 405, 3. Mai 2000, S. 311–319, doi:10.1038/35012518.
  6. T. E. Sussan, A. Yang u. a.: Trisomy represses Apc(Min)-mediated tumours in mouse models of Down's syndrome. In: Nature. Band 451, Nummer 7174, Januar 2008, S. 73–75, ISSN 1476-4687, doi:10.1038/nature06446, PMID 18172498.
  7. K. H. Baek, A. Zaslavsky u. a.: Down's syndrome suppression of tumour growth and the role of the calcineurin inhibitor DSCR1. In: Nature. Band 459, Nummer 7250, Juni 2009, S. 1126–1130, ISSN 1476-4687, doi:10.1038/nature08062, PMID 19458618, PMC 2724004 (freier Volltext).
  8. Anjali Nayar: Why people with Down's syndrome get fewer cancers. In: Nature. Online-Veröffentlichung vom 20. Mai 2009, doi:10.1038/news.2009.493.
  9. Down-Syndrom. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  10. T. Eggermann, N. Schönherr u. a.: Identification of a 21q22 duplication in a Silver-Russell syndrome patient further narrows down the Down syndrome critical region. In: American journal of medical genetics. Part A Band 152A, Nummer 2, Februar 2010, S. 356–359, ISSN 1552-4833, doi:10.1002/ajmg.a.33217, PMID 20101688.
  11. Michaela Hilburger: Downsyndrom und Leukämie im Kindesalter. Esanum, abgerufen am 13. August 2023.
  12. M. V. S. Import: Warum Menschen mit Down-Syndrom selten Krebs haben. 21. Mai 2009, abgerufen am 13. August 2023 (deutsch).
  13. Onkologie: Krebsschutzgene von Menschen mit Down-Syndrom identifiziert. Abgerufen am 13. August 2023.