„August Neidhardt von Gneisenau“ – Versionsunterschied
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[[Datei:George Dawe, Field Marshal August Neidhardt, Count of Gneisenau (1760–1831), 1818.jpg|mini|August Neidhardt von Gneisenau, Gemälde von [[George Dawe]], 1818. Gneisenaus Unterschrift: [[Datei:Signatur August Neidhardt von Gneisenau.PNG|rahmenlos|klasse=skin-invert-image]]]] |
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'''August Wilhelm Antonius Graf Neidhardt von Gneisenau''', geboren als ''August Wilhelm Antonius Neidhardt'' (* [[27. Oktober]] [[1760]] in [[Schildau]], [[Freistaat Sachsen|Sachsen]]; † [[23. August]] [[1831]] in [[Posen]] (heute ''Poznan'' in [[Polen]]) war ein preußischer [[Generalfeldmarschall]] und Heeresreformer (''vergleiche [[Preußische Reformen]]''). Er hatte als Blüchers Stabschef wesentlichen Anteil am [[Schlacht bei Waterloo|Sieg bei Waterloo]]. |
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'''August Wilhelm Anton Neidhardt''' (ursprünglich: '''Neithardt'''), ab 1783 '''Neidhardt von Gneisenau''', ab 1814 '''Graf Neidhardt von Gneisenau''' (* [[27. Oktober]] [[1760]] in [[Schildau]]; † [[23. August]] [[1831]] in [[Posen]]) war ein preußischer [[Generalfeldmarschall|Feldmarschall]], [[Reform|Heeresreformer]] und [[Befreiungskriege|Befreiungskämpfer]]. Während der [[Preußische Reformen|Stein-Hardenbergschen Reformen]] modernisierte er zusammen mit [[Gerhard von Scharnhorst]] die [[Preußische Armee]] im Sinne der [[Aufklärung]], schaffte die alten [[Adel]]svorrechte ab und führte die allgemeine [[Wehrpflicht]] ein. In der [[Schlacht bei Waterloo]] 1815 trug er entscheidend zum Sieg über [[Napoleon Bonaparte|Napoleon]] bei. Gneisenau gehörte zu den bedeutendsten Reformern der [[Befreiungskriege]];<ref>[https://www.wissen.de/lexikon/gneisenau-august-graf-neidhardt-von Gneisenau, August Graf Neidhardt von], Hrsg. Wissen, |
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Konradin Medien GmbH Leinfelden-Echterdingen.</ref> unter anderem auf der Grundlage seiner Ideen wurde später die [[Führen mit Auftrag|Auftragstaktik]] entwickelt. |
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[[Bild:gneisenau_axb01.jpg|thumb|von Gneisenau]] |
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== Leben == |
== Leben == |
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=== Herkunft und Name === |
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[[Datei:Schildau Gneisenaustrasse 2.jpg|mini|Gneisenau-Geburtshaus in Schildau]] |
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Gneisenau wurde als Sohn des sächsischen Artillerieleutnants [[August Wilhelm Neidhardt]] und seiner Frau Maria Eva, geborene Müller, geboren. Der Vater nannte sich „von Neidhardt“; erst in den folgenden Jahren wurde der Beiname [[Schloss Gneisenau|Gneisenau]], von einem früheren Besitztum der Familie in Österreich, hinzugefügt. Als der spätere Feldmarschall [[1777]] auf der Universität [[Erfurt]] immatrikuliert wurde, wurde er im Register als „Antonius Neidhardt“ aufgeführt. Dagegen nannte ihn die [[Ansbach-Bayreuth]]sche Rangliste von [[1783]] „Neidhardt von Gneisenau“, und diesen Doppelnamen behielt er auch im preußischen Dienst. |
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[[Datei:Schildau Geburtshaus Gneisenau Tafel.jpg|mini|Gedenktafel am Geburtshaus]] |
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August Wilhelm Antonius Neithardt wurde am 27. Oktober 1760 in Schildau geboren, das damals zum [[Kurfürstentum Sachsen]] gehörte. Er war das einzige Kind seiner Eltern, die sich erst ein Jahr vor seiner Geburt kennengelernt hatten. Sein Vater war der sächsische Artillerieleutnant und Baumeister August Wilhelm Neithardt (* 24. Januar 1734 in [[Reick]], † 6. Juni 1802 in [[Opole|Oppeln]]), der im Siebenjährigen Krieg im Reichs-Reserve-Artilleriepark des [[Obersächsischer Kreis|Obersächsischen Kreises]] der [[Reichsarmee#Gegen Brandenburg-Preußen 1757–1763|Reichsarmee]] diente. 1759/60 bezog er mit seiner Einheit ein Winterquartier in [[Würzburg]]. Dort lernte er Maria Eva Dorothea Müller (* 8. November 1738 in Würzburg, † 22. Oktober 1761 in [[Fürth]]) kennen und heiratete sie wenig später. Sie war die älteste Tochter von Michael Anton Müller (* 1700; † 1781 in Würzburg), einem Ingenieuroberst der [[Fürstbischöflich-würzburgische Armee|Fürstbischöflich-würzburgischen Armee]]. <ref>Johannes Mack: ''Der Baumeister und Architekt Joseph Greissing. Mainfränkischer Barock vor Balthasar Neumann'' (= Quellen und Darstellungen zur fränkischen Kunstgeschichte. Band 16). Gesellschaft für Fränkische Geschichte e. V., Würzburg 2008, S. 182 ff.</ref> |
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Nach dem Tod der Mutter am [[22. Oktober]] [[1761]] übergab ihn sein Vater an Pflegeeltern in Schilda oder [[Hildesheim]]. Im Jahr [[1769]] kam der junge Neidhardt zu seinem Großvater mütterlicherseits nach [[Würzburg]] und besuchte die dortige [[Jesuiten]]schule bis zum Tod des Großvaters [[1772]]. Danach ist sein Aufenthalt ungeklärt; Würzburg, [[Schwäbisch-Gmünd]] und [[Erfurt]] sind mögliche Aufenthaltsorte. Am [[1. Oktober]] [[1777]] [[Immatrikulation|immatrikulierte]] sich Neidhardt an der [[Universität Erfurt]] und studierte militärische [[Mathematik]], [[Artillerie]]wesen, [[Befestigung]]skunst und [[Kartographie]]. Durch seinen lockeren Lebenswandel verlor der 18-jährige das großväterliche Erbe und brach [[1778]] sein Studium ab. Er trat dann in das in [[Erfurt]] in [[Garnison]] liegende österreichische ''Husarenregiment Wurmser'' ein und zog als [[Gemeiner]] in den [[Bayerischer Erbfolgekrieg|Bayerischen Erbfolgekrieg]]. Nach dem [[Frieden von Teschen]] (''Cieszyn'') im Jahr [[1779]] trat Neidhardt in den Dienst des [[Markgraf]]en [[Carl-Alexander von Ansbach-Bayreuth]]. In der Rangliste des dortigen [[Jägerbataillon]]s ist Neidhardt erstmalig mit dem Namen verzeichnet, den inzwischen sein Vater angenommen hatte: ''Neidhardt von Gneisenau''. |
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August Neithardt senior nahm später den Beinamen „von Gneisenau“ an, der von [[Schloss Gneisenau]], einem früheren Besitztum seiner Familie in [[Oberösterreich]], herrührte. Was die weitere Namensführung betraf, so wurde der spätere Feldmarschall 1777 bei seiner Immatrikulation an der [[Universität Erfurt]] im Register als „Antonius Neithardt, Torgaviensis Stud. phil.“ aufgeführt.<ref>Der Biograph [[Hans Delbrück]] folgert aus diesem Immatrikulationsnamen, dass Gneisenau zum einen in seiner Jugend den Rufnamen Anton hatte, und dass er andererseits bei seinen Kommilitonen nicht als „[[Schildbürger]] populär werden wollte“ (vgl. [[Schildau]]), und deshalb [[Torgau]] als seinen Herkunftsort angab. Die letztere Angabe stimmt auch überein mit der von Pertz (Siehe Literatur).</ref> Dagegen nannte ihn die [[Fürstentum Ansbach|brandenburg-ansbachische]] Rangliste von 1783 „Neithardt von Gneisenau“, und diesen Doppelnamen behielt er auch im preußischen Dienst, wobei später das „t“ in ein „d“ umgewandelt wurde. |
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=== Teilnahme am amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1782/83) === |
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Der, wie andere deutsche Fürsten auch, an Geldmangel leidende Markgraf Carl-Alexander verkaufte während des [[Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg|amerikanischen Unabhängigkeitskrieges]] Soldaten an [[Großbritannien und Nordirland|Großbritannien]]. Gneisenau meldete sich zum Einsatz in Nordamerika, wurde zum [[Leutnant]] ernannt und [[1782]] nach [[Amerika (Kontinent)|Amerika]] verschifft. Da der Krieg fast vorüber war, verbrachte Gneisenau seine Zeit meist in der Garnison von [[Québec (Stadt)|Québec]]. Bereits Ende [[1783]] kehrte er in die Garnison [[Bayreuth]] zurück und trat zur [[Infanterie]] über. |
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=== Frühe Kindheit in Schildau (1760–1769) === |
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Als im Frühjahr 1760 die Kriegshandlungen wieder aufgenommen wurden, folgte Maria Neithardt wie damals üblich ihrem Ehemann im [[Tross]]. Im Oktober 1760 lagen sich die feindlichen Armeen im Raum Torgau gegenüber; die hochschwangere Maria Neidhardt war im nahen Schildau einquartiert. Dort brachte sie am 27. Oktober im Gasthof „Zur Weintraube“ ihren Sohn August zur Welt und ließ ihn noch am selben Abend [[Protestantismus|protestantisch]] taufen. Bereits fünf Tage später flüchtete der Tross jedoch aus Schildau, weil der Preußenkönig (aufgrund einer Falschmeldung) hier die österreichische Hauptarmee vermutete und demzufolge mit seinen Truppen auf die Stadt zumarschierte. Tatsächlich fand die Schlacht dann zwei Tage später auf den [[Dreiheide|Süptitzer Höhen]] bei Torgau statt. Obwohl noch Wöchnerin, schloss sich auch Maria Neithardt mit ihrem Säugling der Flucht an. Bei der nächtlichen Fahrt im offenen Bauernwagen glitt das Kind der erschöpften Mutter jedoch bereits am Ortsausgang von Schildau unbemerkt aus den Armen. Erstaunlicherweise wurde es nicht von einem der nachfolgenden Wagen überfahren; stattdessen fand es im Morgengrauen ein Grenadier, der es zurück nach Schildau brachte und dort vergeblich nach seiner Mutter suchte. In der Folgezeit wurde das [[Findelkind]] von einer [[Amme]] versorgt. Maria Neithardt überlebte die Strapazen der Reise und den Kummer über den Verlust ihres Kindes nicht lange und starb knapp ein Jahr später in Fürth.<ref>Joachim Sauer: ''Der große Sohn Schildaus'', in: [[Torgauer Zeitung]], 2010-10-29.</ref> |
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Wegen des eintönigen Dienstes verließ er die Dienste des Markgrafen von Ansbach-Bayreuth und bewarb sich im November [[1786]] beim preußischen Heer. Als jüngster [[Premierleutnant]] wurde er in die Garnison [[Lwówek Śląski|Löwenberg]] (''Lwowek'') versetzt. Er lernte in seiner Garnisonszeit die englische, französische und polnische Sprache und studierte Geschichte, Literatur und Kriegswissenschaften. Am [[17. März]] [[1788]] wurde er in die [[Freimaurerei|Freimaurerloge]] „Zu den drei Felsen“ der [[Großloge]] „[[Vereinigte Großlogen von Deutschland|Zu Den Drei Weltkugeln]]“ in Schmiedeberg i.R. gewählt. |
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Seine frühe Kindheit verbrachte August Neithardt in äußerster Armut in Schildau bei Pflegeeltern, die von seinem Vater ein geringes Pflegegeld erhielten. Gneisenau selbst befand später über seine Kindheit: „Ich würde, hätte jener Grenadier mich nicht aufgehoben, unfehlbar in der Finsternis vom nächsten Wagen totgefahren sein [...] Ich bin ein Findling im Kriege gewesen, die Torgauer Schlacht stand mir Pate, meine arme junge Mutter starb, und mein Vater hat sich im ganzen Leben nur dreimal um mich gekümmert. Es war nie zu meinem Besten“<ref>Hans-Joachim Füssel: ''Schildau ehrt den großen Sohn der Stadt, Neidhardt von Gneisenau'', in: Torgauer Zeitung 2009-10-30.</ref>. Augusts Kindheit war überaus hart und teilweise von Misshandlungen überschattet. Als er etwas größer geworden war, musste er seine schulfreie Zeit mit Gänsehüten verbringen. Als er schließlich neun Jahre alt war, gelang es einem Schneider aus Schildau, Augusts Großvater in Würzburg ausfindig zu machen und ihn auf die missliche Lage seines Enkels hinzuweisen. |
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[[1790]] erfolgte die Beförderung zum [[Stabskapitän]]. Von [[1792]] bis [[1795]] war Gneisenau mit seinem [[Bataillon]] bei der zweiten [[Teilungen Polens|Polnischen Teilung]] zusammen mit russischen Truppen eingesetzt. Im Jahr [[1795]] wurde Gneisenau zum [[Hauptmann (Offizier)|Hauptmann]] befördert und als [[Kompaniechef]] nach [[Jauer]] (''Jawor'') versetzt. Er heiratete [[1796]] die vermögende Karoline von Kottwitz, mit der er in den Folgejahren 4 Töchter und 3 Söhne hatte. Nachdem seine Frau [[1803]] das [[Gutshof|Gut]] Mittel-Kauffung erworben hat, studierte Gneisenau landwirtschaftliche Schriften, entwarf Pläne zur [[Melioration]] und richtete eine Kartoffelschnapsbrennerei ein. Nebenher beschäftigte er sich weiter intensiv mit Studien zum Truppendienst, zur Infanterie, [[Kavallerie]], [[Artillerie]], Ingenieurkunde, Taktik und [[Militärgeographie]]. |
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=== Würzburg und Erfurt (1769–1782) === |
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=== Heeresreformer während der napoleonischen Herrschaft (1806–1812) === |
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Als August Neithardts Großvater Andreas Müller von seinem Enkel erfuhr, handelte er umgehend und ließ ihn zu sich nach Würzburg holen. Dort im Milieu des [[Bildungsbürgertum]]s genoss er ein reichhaltiges klassisches Bildungsangebot, erlernte gründlich Latein und Französisch und erwarb Grundkenntnisse des Englischen und Italienischen; großen Einfluss übte dabei seine Tante Margarethe Müller (später verh. von Storr) auf ihn aus. August Neidhardts besondere Interessen galten der Geschichte, speziell des klassischen Altertums, und der Musik. Andreas Müller bemühte sich auch, ihm den katholischen Glauben nahezubringen, und ließ ihn deshalb die Jesuitenschule besuchen; allerdings blieb August Neidhardt zeitlebens, wie er selbst bekundete, Protestant und ließ auch seine eigenen Kinder später in diesem Sinne erziehen. |
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Am [[10. Oktober]] [[1806]] nahm Gneisenau unter dem Befehl des Prinzen [[Louis Ferdinand von Preußen]] im [[Gefecht bei Saalfeld]] erstmals an Kampfhandlungen gegen die Truppen [[Napoléon Bonaparte|Napoleons]] teil und wurde verwundet, nahm aber trotzdem an der Doppel[[schlacht bei Jena und Auerstedt]] am [[14. Oktober]] 1806 teil. Nach der Niederlage der preußischen Truppen entkam er zum Sammelpunkt der geschlagenen preußischen Armee nach [[Graudenz]] (''Grudziadz''). Er wurde zum [[Major]] befördert und analysierte in einer [[Denkschrift]] die Fehler der [[Preußen]] in der Schlacht bei Jena und Auerstedt. In einer zweiten Denkschrift forderte Gneisenau eine Reform der [[Taktik]]. Er wurde mit seinem Bataillon an die russische Grenze in (Preußisch-)[[Litauen]] verlegt und nahm im April [[1807]] an der Verteidigung der [[Festung]] [[Danzig]] (''Gdansk'') teil. Vom [[König]] [[Friedrich Wilhelm III. (Preußen)|Friedrich Wilhelm III.]] von Preußen wurde Gneisenau als neuer Kommandant in die eingeschlossene pommersche Festung [[Kolobrzeg|Kolberg]] (''Kolobrzeg'') an der Ostsee entsandt, wo er am [[29. April]] [[1807]] auf dem Seeweg eintraf. Gemeinsam mit dem Bürgervorsteher [[Joachim Nettelbeck]] organisierte Gneisenau die Verteidigung der Festung Kolberg durch reguläre Truppen und Bürgermilizen. Der [[Waffenstillstand]] zwischen [[Preußen]] und [[Frankreich]] beendete den Kampf um Kolberg am [[2. Juli]] 1807. Gneisenau wurde zum [[Oberstleutnant]] befördert und in die [[Militär-Reorganisationskommission]] berufen. |
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Neithardts Vater war im Gefolge des [[Friede von Hubertusburg|Friedens von Hubertusburg]] aus dem Militärdienst ausgeschieden und hatte danach zunächst ein unstetes Leben geführt. Im Jahre 1772 ließ er sich jedoch in Erfurt nieder und bekam dort 1773 eine Anstellung als [[kurmainz]]ischer Bauinspektor; 1777 wurde er zum Baudirektor für „Stadt und Land Erfurt und das [[Eichsfeld]]“ ernannt; in der Zwischenzeit hatte er erneut geheiratet und ein Haus erworben. Aus dieser zweiten Ehe seines Vaters bekam August Neithardt drei Halbbrüder und zwei Halbschwestern. Nachdem August Neithardt senior in Erfurt sesshaft geworden war, ließ er seinen Sohn ebenfalls nach Erfurt holen und von 1773 bis 1777 das katholische Gymnasium besuchen. Am 1. Oktober 1777 [[Immatrikulation|immatrikulierte]] sich August Neithardt an der [[Universität Erfurt]] für die Fächer Militärische [[Mathematik]], [[Artillerie]]wesen, [[Befestigung]]skunst und [[Kartografie]]. Durch seinen lockeren Lebenswandel vertändelte der 18-Jährige das großväterliche Erbe und musste deshalb 1778 sein Studium abbrechen. Er trat dann in das in Erfurt in [[Garnison]] liegende österreichische [[Husaren-Regiment „Graf Wurmser“]] ein und zog als [[Gemeiner]] in den [[Bayerischer Erbfolgekrieg|Bayerischen Erbfolgekrieg]]. Nach dem [[Frieden von Teschen]] (''Cieszyn'') im Jahr 1779 trat Neithardt in den Dienst des [[Markgraf]]en [[Karl Alexander (Brandenburg-Ansbach-Bayreuth)|Karl Alexander von Brandenburg-Ansbach]]. In der Rangliste des dortigen [[Jäger (Militär)|Jägerbataillons]] ist Gneisenau erstmals mit dem Namen verzeichnet, den inzwischen auch sein Vater angenommen hatte: ''Neithardt von Gneisenau''. |
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Zwischen 1807 und [[1810]] hielt sich Gneisenau meist in [[Klaipėda|Memel]] (''Klaipėda'') und [[Kaliningrad|Königsberg]] (''Kaliningrad'') auf. Unter anderem arbeitete er mit [[General]] [[Johann David Ludwig Graf Yorck von Wartenburg|Graf York]] neue Exerzierinstruktionen für die Infanterie aus. Mit weiteren Offizieren war er mit der Aufklärung der Vorgänge betraut, die zur Kapitulation der Festungen Erfurt, [[Magdeburg]], [[Nienburg]] und [[Neiße]] (''Nysa'') sowie des Hohenloheschen Korps bei [[Prenzlau]] und zur Niederlage der Schlacht bei Jena und Auerstedt und dem Gefecht bei Halle geführt hatten. Im Sommer 1808 forderte in einer Denkschrift an den König die Volksbewaffnung mit Zügen der [[Guerilla]] und verfasste wenig später die „Konstitution für die allgemeine Waffenerhebung des nördlichen Deutschlands gegen Frankreich“. Im Mai [[1808]] wurde Gneisenau zum [[Inspekteur]] der Festungen ernannt und wurde im September 1808 auch Chef des Ingenieurkorps. Am [[1. März]] [[1809]] wurde er als Mitglied des Artillerie- und Ingenieurdepartements ins preußische [[Kriegsministerium]] berufen. Im Mai 1809 griff Gneisenau seinen Gedanken der Volkserhebung wieder auf und regte die Aufstellung einer „Preußischen Legion“ an der Seite der Österreicher an. |
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=== Teilnahme am Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1782/83) === |
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Im Mai 1809 wurde Gneisenau zum [[Oberst]] befördert und quittierte im Juli 1809 seinen Dienst „für die Dauer des Friedens“, nachdem er und andere Reformer von reaktionären Kräften am Hof verleumdet und des Verrats beschuldigt worden waren. In inoffiziellem Auftrag reiste Gneisenau im August 1809 nach Großbritannien, um die Möglichkeiten britischer Hilfe im Kampf gegen Napoleon zu sondieren. In Kenntnis seiner militärischen Fähigkeiten boten ihm lediglich der [[Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig|Herzog von Braunschweig-Oels]] das Kommando in seinem [[Freikorps]], der [[Schwarzen Schar]], und die Briten den Eintritt in die [[Deutsch-Englische Legion]] an. Enttäuscht kehrte Gneisenau im Dezember [[1810]] nach [[Berlin]] zurück. Zum Schutz vor französischen Spitzeln brachte ihn [[Carl von Clausewitz|Clausewitz]] bei einem Tischler in [[Berlin-Pankow|Pankow]] (bei Berlin) unter. Danach begab sich Gneisenau auf sein Gut in [[Schlesien]], hielt aber weiter engen Kontakt zu den Reformern ([[Gerhard von Scharnhorst|Scharnhorst]], [[Hermann von Boyen|Boyen]] und [[Gebhard Leberecht von Blücher|Blücher]]). |
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Der – wie andere deutsche Fürsten auch – an Geldmangel leidende Markgraf Karl Alexander vermietete während des [[Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg|Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges]] Truppen an [[Königreich Großbritannien|Großbritannien]]. Gneisenau meldete sich zum Einsatz in Nordamerika, wurde zum [[Leutnant]] ernannt und 1782 über den [[Hafen Marktsteft]] nach [[Amerika]] verschifft. Da der Krieg fast vorüber war, verbrachte Gneisenau seine Zeit meist in der Garnison von [[Québec (Stadt)|Québec]]. Bereits Ende 1783 kehrte er in die [[Garnison]] [[Bayreuth]] zurück und wechselte zur [[Infanterie]]. |
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=== Aufstieg in der Preußischen Armee (1783–1806) === |
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Im März [[1811]] wurde er vom [[Staatskanzler]] [[Karl August Fürst von Hardenberg|Hardenberg]] auf dessen [[Gut Tempelberg]] bei [[Fürstenwalde]] gerufen, um die neue Situation auf Grund der sich verschärfenden Zuspitzung der russisch-französischen Beziehungen zu erörtern. Im gleichen Jahr bereiteten Scharnhorst, Boyen, [[Carl von Clausewitz|Clausewitz]] und Gneisenau eine Volkserhebung vor, die Gneisenau verfasste (vgl. [[Guerilla]] ) und Hardenberg am [[8. August]] 1811 dem König übergab. Dieser Plan wurde jedoch vom König abgelehnt. Gneisenau arbeitete aber weiter an den Plänen für den Aufstand. Nach dem Vertrag vom [[24. Februar]] [[1812]], in dem sich Preußen zur Aufstellung eines Hilfskorps für den Krieg der Franzosen gegen [[Russland]] verpflichtete, reichte Gneisenau seine Entlassung aus dem Staatsdienst ein und reiste zum zweiten Mal nach Großbritannien. Erneut wollte er die Möglichkeiten einer britischen Unterstützung in Erfahrung bringen. Die Reise führt ihn über [[Wien]] nach [[Wilna]] zu [[Zar]] [[Alexander I. (Russland)|Alexander I.]], für den er eine Analyse der russische Streitkräfte ausarbeitete. Über [[Stockholm]] kam Gneisenau - wieder ohne offiziellen Auftrag - nach [[London]]. Er führte Gespräche mit der Regierung, ohne allerdings konkrete Zusagen zu erhalten. Über Kolberg reiste Gneisenau an den preußischen Königshof in [[Breslau]] (''Wroclaw''), wo er am [[11. März]] [[1813]] eintraf. |
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[[Datei:Gneisenau 1797.jpg|mini|Die Narbe auf der rechten Wange stammt von einem Reitunfall als Knabe.]] |
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Unter anderem wegen des eintönigen Dienstes verließ er die Dienste des Markgrafen von Ansbach-Bayreuth und bewarb sich 1785 beim [[Preußische Armee|preußischen Heer]]. Vor seiner eigentlichen Anstellung hospitierte Gneisenau mit Genehmigung [[Friedrich II. (Preußen)|Friedrichs des Großen]] als [[Sekondeleutnant]] im Potsdamer Generalquartiermeisterstab. Als jüngster [[Premierleutnant]] wurde er 1786 zum leichten Infanterie-Regiment Chaumontet in die Garnison [[Lwówek Śląski|Löwenberg]] (''Lwowek'') versetzt. Er ergänzte in seiner Garnisonszeit seine Englisch- und Französischkenntnisse und erlernte zusätzlich auch die polnische Sprache. Außerdem studierte er Geschichte, Literatur und Kriegswissenschaften. Am 17. März 1788 wurde er in die [[Freimaurerei|Freimaurerloge]] „Zu den drei Felsen“ der [[Großloge]] „[[Große National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“|Große National-Mutterloge Zu Den Drei Weltkugeln]]“ in [[Schmiedeberg i. Riesengebirge|Schmiedeberg im Riesengebirge]] aufgenommen. |
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=== Wirken in den [[Befreiungskriege]]n (1812–1815) === |
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Nach der französischen Niederlage im Russlandfeldzug von 1812/13 konnten sich die Reformer in Preußen endlich durchsetzen, und am [[16. März]] 1813 erklärte König [[Friedrich Wilhelm III. (Preußen)|Friedrich Wilhelm III. von Preußen]] dem napoleonischen Frankreich den Krieg. Gneisenau wurde als [[Generalmajor]] wieder in das preußische [[Heer]] eingestellt und als Zweiter [[Generalquartiermeister]] zur Armee [[Gebhard Leberecht von Blücher|Blüchers]] versetzt, in der auch sein Sohn August bei der Kavallerie diente. Beim Einrücken in den [[Rheinbund]]staat Sachsen verfasste Gneisenau einen Aufruf zum gemeinsamen Widerstand. In [[Dresden]], das von den Franzosen geräumt worden war, ordnete Gneisenau die Schaffung von Flussübergängen an, da die Elbbrücken von den Franzosen gesprengt worden waren. Am [[5. April]] 1813 nahm er an der Schlacht bei [[Möckern]] teil, und in der [[Schlacht bei Großgörschen]] am [[2. Mai]] [[1813]] befehligte Gneisenau die Kavallerie des linken Flügels. Da der Erste Generalquartiermeister der Blücher-Armee, Scharnhorst, in dieser Schlacht tödlich verwundet wurde, übernahm Gneisenau in der Folge die Aufgaben des Ersten Generalquartiermeisters. In der Schlacht bei [[Bautzen]] unterlagen die vereinten preußisch-russischen Truppen erneut, während das Reitergefecht bei [[Haynau]] (''Chojnow'') gewonnen wurde. |
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1790 erfolgte die Beförderung zum [[Stabskapitän]]. Von 1792 bis 1795 war Gneisenau mit seinem [[Bataillon]] bei der zweiten [[Teilungen Polens|Polnischen Teilung]] zusammen mit russischen Truppen eingesetzt. Im Jahr 1795 wurde Gneisenau zum [[Hauptmann (Offizier)|Hauptmann]] befördert und als [[Kompaniechef]] nach [[Jawor|Jauer]] (''Jawor'') versetzt. Er heiratete 1796 die vermögende Karoline [[Kottwitz (Adelsgeschlecht)|von Kottwitz]], mit der er in den Folgejahren vier Töchter und drei Söhne bekam. Nachdem seine Frau 1803 das [[Gutshof|Gut]] Mittel-Kauffung erworben hatte, studierte Gneisenau landwirtschaftliche Schriften, entwarf Pläne zur [[Melioration]] und richtete eine [[Kartoffelbrennerei]] ein. Nebenher beschäftigte er sich weiter intensiv mit Studien zum Truppendienst, zur Infanterie, [[Kavallerie]], [[Artillerie]], Ingenieurkunde, Taktik und [[Militärgeografie]]. |
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Die Zeit des Waffenstillstands vom [[4. Juni]] bis August 1813 nutzte Gneisenau zur weiteren Ausbildung und Ausrüstung der preußischen Truppen, insbesondere der [[Schlesische Armee|Schlesischen Armee]] Blüchers. Gleichzeitig führte er auch die Geschäfte des [[Generalgouvernement]]s Schlesien. Er ließ auch die schlesischen Festungen ausbauen und weiter aufrüsten. Mitte August hatte die Schlesische Armee eine Stärke von 105.000 Mann und bestand aus zwei russischen und einem preußischen [[Korps]]. Nach den Gefechten bei Löwenberg, Bunzlau und Goldberg zwischen dem [[21. August]] und dem [[23. August]] 1813 musste sich die Schlesische Armee allerdings zurückziehen. Aber in der Schlacht an der [[Katzbach]] am [[25. August]] errangen die Verbündeten den Sieg. |
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=== Heeresreformer während der napoleonischen Herrschaft (1806–1812) === |
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Bis Ende September 1813 kämpfte die von Blücher und Gneisenau geführte Schlesische Armee in Schlesien und drang dann ab [[26. September]] 1813 über Bautzen nach Norden vor. Am [[5. Oktober]] 1813 stand die Armee östlich von [[Bitterfeld]]. Auch die anderen beiden verbündeten Heere, die Nordarmee unter dem schwedischen Kronprinzen [[Bernadotte]] und die Böhmische Armee unter dem österreichischen Fürsten [[Karl Philipp Fürst zu Schwarzenberg|Schwarzenberg]], konzentrierten ihre Kräfte im mitteldeutschen Raum bei Leipzig, wo es am [[18. Oktober]] 1813 zur entscheidenden [[Völkerschlacht bei Leipzig]] kommt, die mit dem Sieg der Verbündeten endete. Blücher und Gneisenau zogen mit ihren Truppen als Erste in die Stadt ein. Beide wurden auf dem Marktplatz von Zar [[Alexander I. (Russland)|Alexander I.]] von Russland, von [[Franz II. Joseph Karl (HRR)|Kaiser Franz von Österreich]], von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und von Fürst Schwarzenberg belobigt. Gneisenau vermisste allerdings schmerzlich ein persönliches Wort der Anerkennung durch den preußischen König. Am [[18. Dezember]] 1813 wurde Gneisenau zum [[Generalleutnant]] befördert. Sein Feldzugplan zum direkten Marsch der verbündeten Armeen wurde allerdings aus politischen Gründen anfangs verworfen. Erst am Jahresende 1813 gelang es Gneisenau, seinen Plan durchzusetzen. Die Schlesische Armee überschritt am [[1. Januar]] [[1814]] bei [[Kaub]] den [[Rhein]] und marschierte westwärts Richtung Frankreich. In seinen Briefen warnte Gneisenau vor Verhandlungen mit Napoleon über einen Friedensabschluss, die bis Februar 1814 geführt wurden. Am [[31. März]] 1814 endete der Feldzug mit der Besetzung von [[Paris]]. Napoleon dankte ab und verließ Frankreich. Wegen seiner Verdienste wurde Gneisenau in den [[Graf]]enstand erhoben. |
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Am 10. Oktober 1806 nahm Gneisenau unter dem Befehl des Prinzen [[Louis Ferdinand von Preußen (1772–1806)|Louis Ferdinand von Preußen]] beim [[Gefecht bei Saalfeld]] erstmals an Kampfhandlungen gegen die Truppen [[Napoléon Bonaparte|Napoleons]] teil und wurde verwundet. Trotzdem kämpfte er in der [[Schlacht bei Jena und Auerstedt|Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt]] am 14. Oktober 1806 im Gefolge des preußischen Generals [[Ernst von Rüchel]]. Nach der Niederlage der preußischen Truppen entkam Gneisenau zum Sammelpunkt der geschlagenen preußischen Armee nach [[Graudenz]]. Er wurde am 17. Dezember 1806 zum [[Major]] befördert und mit seinem Bataillon an die russische Grenze in (Preußisch-)[[Litauen]] verlegt. In [[Denkschrift]]en analysierte Gneisenau die Fehler der Preußen in den Schlachten bei Jena und Auerstedt und forderte eine Reform der [[Taktik (Militär)|Taktik]]. Vom [[König]] [[Friedrich Wilhelm III. (Preußen)|Friedrich Wilhelm III.]] von Preußen wurde Gneisenau auf Empfehlung des Generals Ernst von Rüchel, inzwischen Generalgouverneur der Provinz Preußen, als neuer Kommandant in die belagerte pommersche Festung [[Belagerung Kolbergs 1807|Kolberg]] entsandt, wo er am 29. April 1807 auf dem Seeweg über die Ostsee eintraf. Gneisenau organisierte die erfolgreiche Verteidigung der Festung auch durch die Einbeziehung patriotischer Bürger um den Bürgerrepräsentanten [[Joachim Nettelbeck (Seemann)|Joachim Nettelbeck]]. Der [[Waffenstillstand]] zwischen Preußen und Frankreich beendete den Kampf um Kolberg am 2. Juli 1807. Gneisenau war bereits am 13. Juni 1807 zum [[Oberstleutnant]] befördert worden und wurde auf Wunsch [[Gerhard von Scharnhorst|Scharnhorsts]] in die [[Preußische Heeresreform|Militär-Reorganisationskommission]] berufen. |
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Zwischen 1807 und 1810 hielt sich Gneisenau meist in [[Klaipėda|Memel]] und [[Königsberg (Preußen)|Königsberg]] auf. Unter anderem arbeitete er mit General [[Ludwig Yorck von Wartenburg|Graf Yorck]] das neue ''Exerzier-Reglement für die Infanterie'' (1812) aus. Mit weiteren Offizieren war er mit der Aufklärung der Vorgänge betraut, die zur Kapitulation der Festungen [[Erfurt]], [[Magdeburg]], [[Nienburg (Saale)|Nienburg]] und [[Neisse (Stadt)|Neiße]] sowie des Hohenloheschen Korps bei [[Prenzlau]] und zu den Niederlagen bei der Schlacht bei Jena und Auerstedt und dem Gefecht bei Halle geführt hatten. Im Sommer 1808 forderte er in einer Denkschrift an den König die Volksbewaffnung, die Züge der [[Guerilla]]taktik erkennen ließ, und verfasste wenig später die „Konstitution für die allgemeine Waffenerhebung des nördlichen Deutschlands gegen Frankreich“. Im Mai 1808 wurde Gneisenau zum Inspekteur der Festungen ernannt und im September 1808 auch zum Chef des Ingenieurkorps. Am 1. März 1809 wurde er als Mitglied des Artillerie- und Ingenieurdepartements ins [[Preußisches Kriegsministerium|preußische Kriegsministerium]] berufen. Im Mai 1809 griff Gneisenau seinen Gedanken der Volkserhebung wieder auf und regte die Aufstellung einer „Preußischen Legion“ an der Seite der Österreicher an. |
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Nach Napoleons Rückkehr [[1815]] blieb Gneisenau weiter Stabschef von Blüchers Armee. Ein eigenes Kommando blieb ihm somit versagt, eine Entscheidung, die auf das andauernde Misstrauen des Hofes gegen ihn als „[[Jakobiner]]“ (mit seinen vormaligen Volksbewaffnungsplänen) zurück ging, und die ihn tief kränkte. Trotzdem erfüllte er seine Aufgaben mit Tatkraft und Energie. Er bemühte sich für die Armee um Waffen und Geld aus Großbritannien, um die Versorgung der Truppe mit Verpflegung und Bekleidung und plante mit Blücher den Feldzug. Die geplante Vereinigung der britisch-niederländischen Armee unter [[Arthur Wellesley, 1. Herzog von Wellington|Wellington]] mit der preußischen Armee unter Blücher scheiterte, als Napoleon die Preußen bei [[Schlacht bei Ligny|Ligny]] angriff und schlug. Die Schlacht der Franzosen gegen die Briten bei [[Quatre-Bras]] endete unentschieden. Daraufhin fassten Blücher und Gneisenau den Plan, unter Aufgabe der Versorgungslinien nicht nach Osten, sondern nach Norden zu marschieren, um so doch noch eine Vereinigung mit den Truppen Wellingtons zu erreichen. Wellington stellte sich Napoleon am [[18. Juni]] 1815 bei Belle Alliance in [[Belgien]] zur [[Schlacht bei Waterloo]]. Erst als am späten Nachmittag die preußischen Truppen das Schlachtfeld erreichten, fiel die Entscheidung zugunsten der Verbündeten. Napoleon wurde vernichtend geschlagen und dankte später erneut ab. Die preußischen Truppen erbeuteten zahlreiche Gegenstände aus Napoleons Besitz. Gneisenau behielt das kaiserliche Siegel und wurde im Juli 1815 zum [[General der Infanterie]] befördert. |
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Im Mai 1809 wurde Gneisenau zum [[Oberst]] befördert und quittierte im Juli 1809 seinen Dienst „für die Dauer des Friedens“, nachdem er und andere Reformer von reaktionären Kräften am Hof verleumdet und des Verrats beschuldigt worden waren. In inoffiziellem Auftrag reiste Gneisenau im August 1809 nach Großbritannien, um die Möglichkeiten britischer Hilfe im Kampf gegen Napoleon zu sondieren. In Kenntnis seiner militärischen Fähigkeiten boten ihm lediglich [[Friedrich Wilhelm (Braunschweig-Lüneburg-Oels)|Friedrich Wilhelm, der Herzog von Braunschweig]], das Kommando über sein [[Freikorps]], die ''[[Schwarze Schar]]'', und die Briten den Eintritt in ihre [[King’s German Legion|''Deutsche Legion'']] ''(„King’s German Legion“)'' an. Enttäuscht kehrte Gneisenau im Dezember 1810 nach [[Berlin]] zurück. Zum Schutz vor französischen Spitzeln brachte ihn [[Carl von Clausewitz|Clausewitz]] bei einem Tischler in [[Berlin-Pankow|Pankow]] (heute Berlin) unter. Danach begab sich Gneisenau auf sein Gut in [[Schlesien]], hielt aber weiter engen Kontakt zu den anderen Reformern ([[Gerhard von Scharnhorst|Scharnhorst]], [[Hermann von Boyen|Boyen]] und [[Gebhard Leberecht von Blücher|Blücher]]). |
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=== Verlust des Einflusses, Alter und Tod (1815-1831) === |
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Nach dem Krieg zog sich der an [[Gicht]] erkrankte Gneisenau zunächst auf sein verschuldetes Gut zurück. Im Jahr [[1822]] verstarb die Tochter Agnes, verheiratet mit Scharnhorsts Sohn Wilhelm, bei der Geburt ihres dritten Kindes. Gneisenau kümmerte sich nun um seine Enkel, da sich sein Schwiegersohn im Ausland aufhielt. Aber bereits im Oktober 1815 übernahm er das [[Generalkommando]] am Rhein. Gneisenau hielt Verbindung zu fortschrittlichen Intellektuellen zumal in [[Berlin]] und wurde - als "[[Jakobiner]]" - verstärkt und dauerhaft zum Ziel von Angriffen konservativ-reaktionärer Kreise am Königshof. Daraufhin reichte er im April [[1816]] seinen Abschied ein. Der König lehnte ab und gewährt stattdessen einen „Urlaub auf unbestimmte Zeit“. Als Gneisenau Wochen später zurückkehrte, war seine Dienststellung schon mit einem Anderen besetzt. Gneisenau wurde vom König in den [[Preußischer Staatsrat|Preußischen Staatsrat]] berufen, aber erst [[Karl August von Hardenberg|Hardenberg]] gelang es, Gneisenau zur Annahme der Berufung zu überreden. Er erhielt den Vorsitz in den Abteilungen „Äußere Angelegenheiten“ und „Militärangelegenheiten“. Im Jahr [[1818]] wurde Gneisenau vom König zum (nur der Repräsentation dienenden) Gouverneur von [[Berlin]] ernannt. [[1819]] wurde die Eigenständigkeit der [[Landwehr]] abgeschafft, ohne dass man Gneisenau als Vorsitzenden der Abteilung für Militärangelegenheiten konsultierte. Er wurde zum [[Präses]] der Ober-Militär-Examinationskommission ernannt, die die wissenschaftliche Eignungsprüfung der Offiziere abhielt, und war dort mit reiner Verwaltungsarbeit beschäftigt. Jeder Einfluss auf Entscheidungen war ihm damit entzogen. Seine Gegner hatten ihn kalt gestellt. Auf Gneisenaus eigene Empfehlung wurde die Position des Gouverneurs von Berlin [[1820]] zur Entlastung der Staatskasse gestrichen, Titel und Berliner Dienstwohnung blieben ihm jedoch erhalten. Er pendelte zwischen Berlin und seinem Gut [[Erdmannsdorf]] bei [[Jelenia Góra|Hirschberg]] (''Jelenia Góra''), das er gegen Gut Mittel-Kauffung eingetauscht hatte. Gneisenau engagierte sich für die Künste, befürwortete die Wiederherstellung des alten Schlossgartens in Berlin und sorgte unter anderem mit [[Karl Friedrich Schinkel|Schinkel]], [[Christian Daniel Rauch]] und [[Carl von Clausewitz]] dafür, dass [[Gerhard von Scharnhorst|Scharnhorst]] ein würdiges Grabmal erhielt, welches noch heute auf dem [[Invalidenfriedhof]] zu Berlin zu sehen ist. |
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Im März 1811 wurde er vom [[Staatskanzler (Preußen)|Staatskanzler]] [[Karl August von Hardenberg|Hardenberg]] auf dessen Gut [[Tempelberg (Steinhöfel)|Tempelberg]] bei [[Fürstenwalde/Spree|Fürstenwalde]] gerufen, um die neue Situation aufgrund der sich verschärfenden Zuspitzung der russisch-französischen Beziehungen zu erörtern. Im gleichen Jahr bereiteten Scharnhorst, Boyen, Clausewitz und Gneisenau eine Volkserhebung vor, deren Plan Gneisenau verfasste und Hardenberg am 8. August 1811 dem König übergab. Dieser Plan wurde jedoch vom König abgelehnt. Gneisenau arbeitete aber weiter an den Planungen für den Aufstand. Nach dem Vertrag vom 24. Februar 1812, in dem sich Preußen zur Aufstellung eines Hilfskorps für den Krieg der Franzosen gegen [[Russisches Kaiserreich|Russland]] verpflichtete, reichte Gneisenau seine Entlassung aus dem Staatsdienst ein und reiste auf Umwegen ein weiteres Mal nach Großbritannien. Erneut wollte er die Möglichkeiten einer britischen Unterstützung in Erfahrung bringen. Die Reise führt ihn über [[Wien]] nach [[Vilnius|Wilna]] zu [[Zar]] [[Alexander I. (Russland)|Alexander I.]], für den er eine Analyse der russischen Streitkräfte ausarbeitete. Über [[Stockholm]] kam Gneisenau – wieder ohne offiziellen Auftrag – nach [[London]]. Er führte Gespräche mit der Regierung, ohne allerdings konkrete Zusagen zu erhalten. Über Kolberg reiste Gneisenau dann an den preußischen Königshof in [[Breslau]], wo er am 11. März 1813 eintraf. |
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Am [[18. Juni]] [[1825]] fand bei den Feierlichkeiten zum 10. Jahrestag der Schlacht bei Waterloo die Ernennung Gneisenaus zum [[Generalfeldmarschall]] statt. Als königliche Schenkung erhielt er das Gut [[Sommerschenburg]] bei [[Helmstedt]]. Er wurde auch weiterhin revolutionärer Ideen verdächtigt, obwohl er längst konservative Ansichten hatte; sein Briefwechsel wird kontrolliert. |
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=== Wirken in den Befreiungskriegen (1812–1815) === |
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[[1830]] erfolgte in [[Polen]] ein Aufstand gegen die russische Besatzung ("Polnischer Insurrektionskrieg"). Den Oberbefehl über das von Preußen aufgestellte Korps an der Grenze zu Russisch-Polen erhielt im Dezember [[1830]] Gneisenau. Zar [[Nikolaus I. (Russland)|Nikolaus I.]] von Russland verzichtete jedoch auf die preußische Waffenhilfe. Neidhardt von Gneisenau fiel während seines Kommandos am 23. August 1831 der aus Russland über Polen eingeschleppten europäischen [[Cholera]]-Epidemie zum Opfer. |
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-R06118, August Graf Neidhardt von Gneisenau (Zeichnung).jpg|mini|August Neidhardt von Gneisenau, Zeichnung]] |
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[[Datei:Gneisenau-Wappen.png|mini|Das 1814 zur Erhebung in den Grafenstand verliehene Wappen]] |
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Nach der französischen Niederlage im Russlandfeldzug von 1812/13 konnten sich die Reformer in Preußen endlich durchsetzen, und am 16. März 1813 erklärte König [[Friedrich Wilhelm III. (Preußen)|Friedrich Wilhelm III. von Preußen]] dem napoleonischen Frankreich den Krieg. Gneisenau wurde im selben Monat als [[Generalmajor]] wieder in das [[Preußische Armee|preußische Heer]] eingestellt und als Zweiter [[Generalquartiermeister]] zur Armee [[Gebhard Leberecht von Blücher|Blüchers]] versetzt, in der auch sein Sohn August bei der Kavallerie diente. Beim Einrücken in den [[Rheinbund]]staat Sachsen verfasste Gneisenau einen Aufruf zum gemeinsamen Widerstand. In [[Dresden]], das von den Franzosen geräumt worden war, ordnete Gneisenau die Schaffung von Flussübergängen an, da die Elbbrücken von den Franzosen gesprengt worden waren. In der [[Schlacht bei Großgörschen]] am 2. Mai 1813 befehligte Gneisenau die Kavallerie des linken Flügels. Da der Erste Generalquartiermeister der Blücher-Armee, Scharnhorst, in dieser Schlacht verwundet wurde, übernahm Gneisenau in der Folge dessen Aufgaben. In der Schlacht bei [[Bautzen]] unterlagen die vereinten preußisch-russischen Truppen erneut, während das [[Gefecht bei Haynau|Reitergefecht bei Haynau]] (''Chojnow'') gewonnen wurde. |
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== Späte Verehrung, Grabstätte und Denkmal == |
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Die sterblichen Überreste des Generalfeldmarschalls Graf Neidhardt von Gneisenau wurden zunächst auf einer Bastion der Festung [[Posen]] aufgebahrt, nach Abklingen der Cholera jedoch in die Kirche von [[Wormsdorf]] ([[Bördekreis]]) überführt. |
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Die Zeit des Waffenstillstands vom 4. Juni bis August 1813 nutzte Gneisenau zur weiteren Ausbildung und Ausrüstung der preußischen Truppen, insbesondere der [[Schlesische Armee (Befreiungskriege)|Schlesischen Armee]] Blüchers. Gleichzeitig führte er – in der Nachfolge des erkrankten [[Friedrich Wilhelm von Götzen der Jüngere|Friedrich Wilhelm von Götzen d. J.]] – auch die Geschäfte des [[Generalgouvernement]]s Schlesien. Er ließ auch die schlesischen Festungen ausbauen und weiter aufrüsten. Mitte August hatte die Schlesische Armee eine Stärke von 105.000 Mann und bestand aus zwei russischen und einem preußischen [[Korps]]. Nach den Gefechten bei Löwenberg, Bunzlau und Goldberg zwischen dem 21. und dem 23. August 1813 musste sich die schlesische Armee allerdings zurückziehen. Aber in der [[Schlacht an der Katzbach]] am 26. August errangen die Verbündeten den Sieg. |
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Nach dem Willen des Königs sollte dem verdienten Soldaten eine würdige Grablege mit einem Mamordenkmal des alten Freiheitskämpfers errichtet werden. Dem bekannten Architekten [[Karl Friedrich Schinkel]] wurde die Planung und Errichtung des Mausoleums übertragen, während der Bildhauer [[Christian Daniel Rauch]] - der seine Ausbildung, darunter mehrere Jahre in Italien, der Königin Luise verdankte - mit der Ausführung des Denkmals beauftragt wurde. Jedoch verzögerte sich die Herstellung der letzteren, da das Schiff, welches den Mamorblock aus [[Carrara]] in Italien beförderte, in einem Sturm in der [[Biskaya]] unterging. Weitere Jahre vergingen, bis ein neuer Block in Auftrag gegeben, in Mamorbrüchen von Carrara ausgewählt, herausgebrochen und auf die Reise geschickt werden konnte. Erneut trat eine Verzögerung ein, weil der König Friedrich Wilhelm III. Anfang 1840 starb. Im Früjahr 1841 war endlich alles soweit, dass der Sarg nach Sommerschenburg überführt und die Einweihungsfeierlichkeiten beginnen konnten. |
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Bis Ende September 1813 kämpfte die von Blücher und Gneisenau geführte Schlesische Armee in Schlesien und drang dann ab 26. September 1813 über Bautzen nach Norden vor. Am 5. Oktober 1813 stand die Armee östlich von [[Bitterfeld]]. Auch die anderen beiden verbündeten Heere, die [[Nordarmee (Befreiungskriege)|Nordarmee]] unter dem schwedischen Kronprinzen [[Karl XIV. Johann (Schweden)|Bernadotte]] und die [[Böhmische Armee (Befreiungskriege)|Böhmische Armee]] unter dem österreichischen Fürsten [[Karl Philipp Fürst zu Schwarzenberg|Karl Philipp zu Schwarzenberg]], konzentrierten ihre Kräfte im mitteldeutschen Raum bei Leipzig, wo es am 18. Oktober 1813 zur entscheidenden [[Völkerschlacht bei Leipzig]] kam, die mit dem Sieg der Verbündeten endete. Blücher und Gneisenau zogen mit ihren Truppen als erste in die Stadt ein. Beide wurden auf dem Marktplatz von Zar [[Alexander I. (Russland)|Alexander I.]] von Russland, von Kaiser [[Franz II. (HRR)|Franz von Österreich]], von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und von Fürst Schwarzenberg belobigt. Gneisenau vermisste allerdings schmerzlich ein persönliches Wort der Anerkennung durch den preußischen König. Am 18. Dezember 1813 wurde Gneisenau zum [[Generalleutnant]] befördert. Sein Feldzugsplan zum direkten Marsch der verbündeten Armeen wurde allerdings aus politischen Gründen anfangs verworfen. Erst am Jahresende 1813 gelang es Gneisenau, seinen Plan durchzusetzen. Die Schlesische Armee überschritt am 1. Januar 1814 bei [[Kaub]] den [[Rhein]] und marschierte westwärts Richtung Frankreich. In seinen Briefen warnte Gneisenau vor Verhandlungen mit Napoleon über einen Friedensabschluss, die bis Februar 1814 geführt wurden. Am 31. März 1814 endete der Feldzug mit der Kapitulation von [[Paris]]. Napoleon, dessen zivile und militärische Anhänger sich daraufhin den [[Haus Bourbon#Restauration|Bourbonen]] zugewandt hatten, musste abdanken und Frankreich verlassen. Der König erhob Gneisenau wegen seiner Verdienste in den [[Graf]]enstand und am 3. August 1814 ernannte ihn die Berliner Universität gemeinsam mit Hardenberg, Blücher, Yorck, Kleist, Bülow und Tauentzien zum Dr. phil. h. c. Über seine Erlebnisse im Freiheitskrieg berichtete Gneisenau unter anderem in zahlreichen Briefen an den inzwischen entlassenen General Ernst von Rüchel, seinen alten Gönner. |
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Der neue König [[Friedrich Wilhelm IV. (Preußen)|Friedrich Wilhelm IV.]], der den Generalfeldmarschall sehr verehrt hatte, sah es als eine seiner ersten Regierungsmaßnahmen an, die lange verzögerte öffentliche Ehrung nun endlich durchzuführen. Am 18. Juni 1841 - 25 Jahre nach Waterloo - fand demgemäß die Feier unter Beisein des Königs, des Königlichen Hauses, des Hofes, der Generalität von Truppenteilen aller Waffengattungen, der Behörden, der Geistlichkeit beider Konfessionen und der Bevölkerung statt. |
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Alles war eine Stiftung des Königs und des preußischen Offizierskorps. Eine namhafte Stiftung machte auch ein Zivilist, ein Freund Gneisenaus aus der Kolberger Zeit, der königlich-großbritannische Generalkonsul in Danzig, Alexander Gibsone, aus einer englischen, in Preußen ansässig gewordenen Familie. |
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Nach Napoleons Rückkehr 1815 blieb Gneisenau weiterhin [[Chef des Stabes]] von Blüchers Armee. Ein eigenes Kommando blieb ihm somit versagt, eine Entscheidung, die auf das andauernde Misstrauen des Hofes gegen ihn als „[[Jakobiner]]“ (mit seinen vormaligen Volksbewaffnungsplänen) zurückging und ihn tief kränkte. Trotzdem erfüllte er seine Aufgaben mit Tatkraft und Energie. Er bemühte sich um Waffen und Geld für die Armee aus Großbritannien, um die Versorgung der Truppe mit Verpflegung und Bekleidung zu gewährleisten, und plante mit Blücher den Feldzug. Die geplante Vereinigung der britisch-niederländischen Armee unter [[Arthur Wellesley, 1. Herzog von Wellington|Wellington]] mit der preußischen Armee unter Blücher scheiterte, als Napoleon die Preußen bei [[Schlacht bei Ligny|Ligny]] angriff und schlug. Die Schlacht der Franzosen gegen die Briten bei [[Quatre-Bras]] endete unentschieden. Blücher war bei einem von ihm geführten Angriff vorübergehend vermisst; die Verantwortung für die Armee ging auf Gneisenau über. So fasste er allein den Plan, unter Aufgabe der Versorgungslinien nicht nach Osten, sondern nach Norden zu marschieren, um so doch noch eine Vereinigung mit den Truppen Wellingtons zu erreichen. Diese Entscheidung dürfte dadurch erleichtert worden sein, dass der Rückzug nach Osten durch das anmarschierende IV. Armee-Korps unter Bülow unmöglich wurde. Wellington stellte sich Napoleon am 18. Juni 1815 bei [[Belle-Alliance]] in [[Belgien]] zur [[Schlacht bei Waterloo|Schlacht von Waterloo]]. Erst als am späten Nachmittag die preußischen Truppen das Schlachtfeld erreichten, fiel die Entscheidung zugunsten der Verbündeten. Napoleon wurde vernichtend geschlagen und später auf Beschluss der Alliierten nach St. Helena verbannt. Die preußischen Truppen erbeuteten zahlreiche Gegenstände aus Napoleons Besitz. Gneisenau behielt das kaiserliche Siegel und wurde im Juli 1815 zum [[General der Infanterie]] befördert. Der bayerische König [[Maximilian I. Joseph (Bayern)|Maximilian I. Joseph]] zeichnete ihn mit dem Großkreuz des [[Militär-Max-Joseph-Orden]]s aus.<ref>Rudolf von Kramer, Otto Freiherr von Waldenfels: ''VIRTUTI PRO PATRIA. Der königlich bayerische Militär-Max-Joseph-Orden Kriegstaten und Ehrenbuch 1914–1918.'' Selbstverlag des königlich bayerischen Militär-Max-Joseph-Ordens, München 1966, S. 444.</ref> |
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Im Einvernehmen mit der Gneisenauschen Familie wurde auf seinen Wunsch ein Denkmal-Wächterhaus im schweizerischen Stil erbaut, das für alle Zeiten von einem verdienten Kriegsveteranen zu bewachen und zu pflegen ist. Die [[Deutsche Inflation 1914 bis 1923|Inflation von 1923]] verschlang das Stiftungskapital, und seit dem Tode des letzten Veteranen betraute Friedrich August Graf Neidhardt von Gneisenau - seit 1882 Besitzer von Sommerschenburg - einen Angestellten der Gutsverwaltung mit der Überwachung des Mausoleums im Nebenberuf. Zuletzt war es der Förster Tomaschewski, der Opfer des Krieges wurde. |
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=== Verlust des Einflusses, Alter und Tod (1815–1831) === |
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Über der Gruft steht auf einer halbrund geführten Mauer aus Sandsteinquadern ein dorisches Tempelchen des Architekten Köppe aus Magdeburg, das den Hintergrund für das Standbild des Generalfeldmarschalls bildet. Im Inneren des Tempels führen Sandsteinstufen zur eigentlichen Gruft hinab, die aus einer tonnengewölbten Vorhalle besteht, hinter der der Bronzesarkophag des Feldherren steht. Fußboden und Seitenwände der Vorhalle bestehen aus Mamorplatten, die an den Seiten mit Grabschriften der Familie Gneisenau beschriftet sind. Der Raum empfängt von der Decke her blaues Licht. An der Wand über dem [[Sarkophag]] stand der Spruch: |
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[[Datei:August Wilhelm von Gneisenau - Büste Walhalla.jpg|mini|Gneisenau-Büste (1842) von [[Christian Friedrich Tieck]] in der [[Walhalla]]]] |
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:„''Ich habe einen guten Kampf gekämpft,'' |
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:''ich habe den Lauf vollendet,'' |
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:''ich habe Glauben erhalten,'' |
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:''Hinfort wird mir beigelegt'' |
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:''die Krone der Gerechtigkeit.'' |
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:2. Tim.4.7“ |
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Dieser Spruch wurde von einer ewigen Lampe beleuchtet. |
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Nach dem Krieg zog sich der an [[Gicht]] erkrankte Gneisenau zunächst auf sein verschuldetes Gut zurück. Aber bereits im Oktober 1815 übernahm er das [[Generalkommando]] am Rhein. Gneisenau hielt Verbindung zu fortschrittlichen Intellektuellen zumal in Berlin und wurde – als „Jakobiner“ – verstärkt und dauerhaft zum Ziel von Angriffen konservativer Kreise am Königshof. Daraufhin reichte er im April 1816 seinen Abschied ein. Der König lehnte ab und gewährte stattdessen einen „Urlaub auf unbestimmte Zeit“. Als Gneisenau Wochen später zurückkehrte, war seine Dienststellung schon mit einem anderen besetzt. Gneisenau wurde vom König in den [[Preußischer Staatsrat (1817–1918)|Preußischen Staatsrat]] berufen, aber erst [[Karl August von Hardenberg|Hardenberg]] gelang es, Gneisenau zur Annahme der Berufung zu überreden. Er erhielt den Vorsitz in den Abteilungen „Äußere Angelegenheiten“ und „Militärangelegenheiten“. Im Jahr 1818 wurde Gneisenau vom König zum (nur der Repräsentation dienenden) [[Liste der Gouverneure von Berlin|Gouverneur von Berlin]] ernannt. 1819 wurde die Eigenständigkeit der [[Landwehr (Militär)|Landwehr]] abgeschafft, ohne dass man Gneisenau als Vorsitzenden der Abteilung für Militärangelegenheiten konsultierte. Er wurde zum [[Präses]] der Ober-Militär-Examinationskommission ernannt, die die wissenschaftliche Eignungsprüfung der Offiziere abhielt, und war dort mit reiner Verwaltungsarbeit beschäftigt. Jeder Einfluss auf Entscheidungen war ihm damit entzogen; seine Gegner hatten ihn kaltgestellt. Auf Gneisenaus eigene Empfehlung wurde die Position des Gouverneurs von Berlin 1820 zur Entlastung der Staatskasse gestrichen, Titel und Berliner Dienstwohnung blieben ihm jedoch erhalten. Er pendelte zwischen Berlin und seinem [[Schloss Erdmannsdorf (Schlesien)|Schloss und Gut]] [[Mysłakowice|Erdmannsdorf]] bei [[Jelenia Góra|Hirschberg]], das er gegen sein Gut Mittel-Kauffung eingetauscht hatte. Gneisenau engagierte sich für die Künste, befürwortete die Wiederherstellung des alten Schlossgartens in Berlin und sorgte unter anderem mit [[Karl Friedrich Schinkel|Schinkel]], [[Christian Daniel Rauch]] und [[Carl von Clausewitz]] dafür, dass [[Gerhard von Scharnhorst|Scharnhorst]] ein würdiges Grabmal erhielt, das noch heute auf dem [[Invalidenfriedhof]] zu Berlin zu sehen ist. |
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Das Mamorstandbild des Grafen vor der Tempelfassade steht auf hohem Sandsteinpostament. Es hat durch den drapierten Mantel ein antikes Gepräge, der Kopf unbedeckt, die Linke auf den Degen gestützt, in der Rechten eine Rolle, der Blick nach Westen gewandt. Vor dem Sockel lagen zwei preußische Mörser von 1818 und zu beiden Seiten auf Hügeln standen zwei französische Kanonen von 1870/71, ein Geschenk des Kaisers (im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] eingeschmolzen). |
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Im Jahr 1822 starb die Tochter Agnes, verheiratet mit Scharnhorsts Sohn [[Wilhelm von Scharnhorst|Wilhelm]], bei der Geburt ihres dritten Kindes. Gneisenau kümmerte sich nun um seine Enkel, da sich sein Schwiegersohn im Ausland aufhielt. |
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Die Inschriften lauten: |
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:„''So ist durch den hier ruhenden Helden'' |
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:''dieses Fleckchen Erde in Erinnerung'' |
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:''an die Befreiung Deutschlands'' |
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:''geweihter Boden geworden''“ |
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Am 18. Juni 1825 fand bei den Feierlichkeiten zum 10. Jahrestag der Schlacht bei Waterloo die Ernennung Gneisenaus zum [[Generalfeldmarschall]] statt. Als königliche Schenkung erhielt er das Gut [[Sommerschenburg]] in der preußischen [[Provinz Sachsen]]. Er wurde auch weiterhin revolutionärer Ideen verdächtigt, obwohl er längst konservative Ansichten hatte; so wurde sein Briefwechsel kontrolliert. |
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:Juliane Caroline Friederike |
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:Gräfin Neidhardt von Gneisenau |
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:geb. Freiin von Kottwitz |
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:geb. 12. Januar 1772 |
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:gest. 07. Dezember 1832 |
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Als sich die Kämpfe des 1830 ausgebrochenen [[Novemberaufstand]]s in [[Russisch-Polen]] im März 1831 einer Entscheidung näherten, ernannte Friedrich Wilhelm III. Gneisenau zum Oberkommandierenden der Truppen in den vier Ostprovinzen Preußens, nämlich des [[I. Armee-Korps (Preußen)|I.]] (preußischen), [[II. Armee-Korps (Deutsches Kaiserreich)|II.]] (pommerschen), [[V. Armee-Korps (Deutsches Kaiserreich)|V.]] (Posener) und [[VI. Armee-Korps (Deutsches Kaiserreich)|VI.]] (schlesischen) Armee-Korps, und stattete ihn mit besonderen Vollmachten aus. Sein Chef des Stabes war Clausewitz. Zar [[Nikolaus I. (Russland)|Nikolaus I.]] von Russland wünschte jedoch, die aufständischen Polen allein niederzuwerfen. Die preußischen Truppen verhielten sich entlang der Grenze neutral, wobei sie einen [[Kordon]] gegen die aus Russisch-Polen herandringende [[Cholera]]-Epidemie bildeten. Dennoch fiel Neidhardt von Gneisenau am 23. August 1831 in Posen der Cholera zum Opfer, nachdem er noch am 1. Mai an [[Wilhelm von Scharnhorst]] geschrieben hatte: „Ich meinerseits halte die Cholera weder für so ansteckend noch für so gefährlich.“ |
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:Hedwig Gräfin |
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:Neidhardt von Gneisenau |
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:geb. 05. Juli 1868 |
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:gest. 10. September 1868 |
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=== Nachkommen === |
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:Bruno Graf Neidhardt von Gneisenau |
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Gneisenaus Söhne August, Hugo und [[Bruno Neidhardt von Gneisenau|Bruno]] schlugen eine militärische Laufbahn ein. Die Tochter Agnes (1800–1822), heiratete Wilhelm von Scharnhorst, die Tochter Hedwig (1805–1890) 1828 den Grafen [[Friedrich von Brühl]], die Tochter Emilie Graf [[Karl Friedrich Anton von Hohenthal]] auf [[Schloss Püchau]]. Die Tochter Ottilie blieb ledig. |
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:Königl. Pr. Leutnant a.D. |
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:geb. 26. November 1852 |
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:gest. 23. November 1894 |
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Zu Gneisenaus Nachfahren gehörten die [[NS-Staat|NS]]-[[Widerstandskämpfer]] [[Claus Schenk Graf von Stauffenberg|Claus]] und [[Berthold Schenk Graf von Stauffenberg]], [[Nikolaus Graf von Üxküll-Gyllenband]] und [[Cäsar von Hofacker]]. Die Hitler-Attentäter Berthold und Claus Schenk Graf von Stauffenberg sowie ihr Cousin und Mitverschwörer Caesar von Hofacker waren Ururenkel Gneisenaus aus der Familie seiner Tochter Emilie.<ref>[[Eberhard Birk]]: ''Caesar von Hofacker und der militärische Widerstand''. In: ''[[Militärgeschichte (Zeitschrift, Bundeswehr)|Militärgeschichte. Zeitschrift für historische Bildung]]'', Jg. 2004, Heft 2, Hrsg. ([[Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr|ZMSBw]]), Potsdam 2004, S. 8–11, hier S. 8. {{ISSN|0940-4163}}</ref> Bertholds nicht am Attentat beteiligter Zwillingsbruder [[Alexander Schenk Graf von Stauffenberg]] war ein bedeutender [[Alte Geschichte|Althistoriker]]. |
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:Hugo Graf Neidhardt von Gneisenau |
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:Königl. Rittmeister |
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:aggreg. d. Westfälischen Dragonerreg. No. 7 |
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:geb. 29. Februar 1836 |
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:gest. 21. August 1871 |
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== Gedenken == |
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:August Hyppolit Graf Neidhardt von Gneisenau |
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[[Datei:Sommerschenburg Gneisenau.jpg|mini|Gneisenau-Mausoleum von [[Karl Friedrich Schinkel]] in [[Sommerschenburg]]]] |
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:Königl. Major a.D. |
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[[Datei:Berlin, Mitte, Bebelplatz, Denkmal Gneisenau.jpg|mini|[[Gneisenau-Denkmal (Berlin)|Gneisenau-Denkmal]] von [[Christian Daniel Rauch]] (1855), Berlin]] |
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:Stifter des Fideicommisses Sommerschenburg |
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:geb. 24. Mai 1798 |
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:gest. 12. Mai 1856 |
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=== Mausoleum in Sommerschenburg === |
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:Minna Gräfin Neidhardt von Gneisenau |
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Die sterblichen Überreste des Generalfeldmarschalls Graf Neidhardt von Gneisenau wurden zunächst auf einer Bastion der [[Festung Posen]] aufgebahrt. Nach Abklingen der Cholera wurden sie in die Kirche von [[Wormsdorf]] ([[Landkreis Börde]]) überführt und fanden ihre letzte Ruhe 1841 in [[Sommerschenburg]]. |
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:geb. Ruhneke |
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:geb. 01. Januar 1814 |
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:gest. 05. April 1897 |
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Nach dem Willen des Königs sollte dem verdienten Freiheitskämpfer und Soldaten ein würdiges Grabmal mit einer Marmorstatue errichtet werden. Dem bekannten Architekten [[Karl Friedrich Schinkel]] wurden die Planung und Errichtung des Mausoleums übertragen, während der Bildhauer [[Christian Daniel Rauch]] – der seine Ausbildung, darunter mehrere Jahre in Italien, der Königin Luise verdankte – mit der Ausführung des Denkmals beauftragt wurde. Jedoch verzögerte sich dessen Herstellung, da das Schiff, das den dafür vorgesehenen Marmorblock aus [[Carrara]] in Italien beförderte, in einem Sturm in der [[Biskaya]] unterging. Weitere Jahre vergingen, bis ein neuer Block in Auftrag gegeben, in Marmorbrüchen von Carrara ausgewählt, herausgebrochen und auf die Reise geschickt werden konnte. Als König Friedrich Wilhelm III. am 7. Juni 1840 starb, trat eine erneute Verzögerung ein. Im Frühjahr 1841 war endlich alles so weit, dass das Denkmal errichtet und der Sarg nach Sommerschenburg überführt werden konnten. |
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:Hugo Graf Neidhardt von Gneisenau |
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:Königl. Major a.D. Majoratsherr |
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:geb. 10. August 1804 |
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:gest. 23. Februar 1882 |
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Der neue König von Preußen, [[Friedrich Wilhelm IV.|Friedrich Wilhelm IV.]], der den Generalfeldmarschall sehr verehrt hatte, sah es als eine seiner ersten Regierungsmaßnahmen an, die lange verzögerte öffentliche Ehrung nun endlich durchzuführen. Am 18. Juni 1841 – 26 Jahre nach Waterloo – fand die Einweihung des [[Mausoleum]]s in Gegenwart des Königs sowie des königlichen Hauses und Hofes statt. Generale aller Waffengattungen, Vertreter der Behörden und der Geistlichkeit waren als Ehrengäste geladen. Auch die Bevölkerung durfte an der Feier teilnehmen. |
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Sarkophag: |
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Das Grabdenkmal war eine Stiftung des Königs und des preußischen Offizierskorps. Mit einer namhaften Stiftung hatte auch ein Freund Gneisenaus aus der [[Kołobrzeg|Kolberger]] Zeit, der Generalkonsul des [[Britisches Weltreich|Britischen Empires]] in Danzig, [[Alexander Gibsone]], zu dem Bauwerk beigetragen. |
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:General-Feldmarschall |
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:August Wilhelm Anton Graf Neidhardt von Gneisenau |
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:geb. 27. Oktober 1760 |
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:gest. 23. August 1831 |
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Im Einvernehmen mit der Familie Neidhardt von Gneisenau wurde auf Gibsones Wunsch ein Denkmal-Wächterhaus im schweizerischen Stil erbaut, das „für alle Zeiten von einem verdienten Kriegsveteranen zu bewachen und zu pflegen“ sei.<br /> |
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:Lothar Graf Neidhardt von Gneisenau |
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Die [[Deutsche Inflation 1914 bis 1923|Inflation von 1923]] verschlang jedoch das Stiftungskapital. Nach dem Tode des letzten Veteranen betraute Friedrich August Graf Neidhardt von Gneisenau – seit 1882 Besitzer von Sommerschenburg – einen Angestellten der Gutsverwaltung mit der nebenberuflichen Überwachung des Mausoleums. Der letzte Wächter war der Förster Tomaschewski; er wurde ein Opfer des Krieges. |
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:stud. jur. et. rer. pol. |
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:geb. 24. November 1901 |
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:gest. 15. März 1926 |
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Über der Gruft steht auf einer halbrund geführten Mauer aus Sandsteinquadern ein dorisches Tempelchen des Architekten Köppe aus Magdeburg, das den Hintergrund für das Standbild des Generalfeldmarschalls bildet. Im Inneren des Tempels führen Sandsteinstufen zur eigentlichen Gruft hinab, die aus einer tonnengewölbten Vorhalle besteht, hinter der der Bronzesarkophag des Feldherrn steht. Fußboden und Seitenwände der Vorhalle bestehen aus Marmorplatten, die an den Seiten mit Grabschriften der Familie Gneisenau beschriftet sind. Der Raum empfängt von der Decke her blaues Licht.<br /> |
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:Ernestine Ottilie Wilhelmine Auguste Gräfin Neidhardt von Gneisenau |
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An der Wand über dem [[Sarkophag]] stand der Bibelspruch: |
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:geb. 16. Oktober 1802 |
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:„''Ich habe einen guten Kampf gekämpft,'' |
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:gest. 03. Mai 1883 |
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:''ich habe den Lauf vollendet,'' |
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:''ich habe Glauben erhalten,'' |
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:''Hinfort wird mir beigelegt'' |
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:''die Krone der Gerechtigkeit.'' |
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:::::::2. Tim.4,7“ |
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Dieser Spruch wurde von einer ''ewigen Lampe'' beleuchtet. |
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Das Marmorstandbild des Grafen steht vor der Tempelfassade auf einem hohen Marmorpostament. Es hat durch den drapierten Mantel ein antikes Gepräge, der Kopf ist unbedeckt, die Linke auf den Degen gestützt. In der rechten Hand hält er eine Rolle, der Blick ist nach Westen gewandt.<br /> |
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:Agnes Kunigunde von Scharnhorst geb. Gräfin Neidhardt von Gneisenau |
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Zu beiden Seitens des Sockels stehen zwei preußische Mörser von 1838 aus der Geschützfabrik Berlin-Spandau; später wurden, als Geschenk Kaiser Wilhelms I., zwei französische Kanonen von 1870/71 hinzugefügt; im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurden sie jedoch zur [[Rohstoff]]gewinnung eingeschmolzen. |
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:geb. 24. April 1800 |
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:gest. 05. Juli 1822 |
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=== Standbild in Berlin === |
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1855 wurde in Berlin ein [[Gneisenau-Denkmal (Berlin)|Gneisenau-Standbild]] an der Prachtstraße [[Unter den Linden]] zwischen dem [[Prinzessinnenpalais]] und dem [[Staatsoper Unter den Linden|Opernhaus]] errichtet, wo es mit den Standbildern für [[Friedrich Wilhelm Bülow von Dennewitz|Bülow]] und [[Gerhard von Scharnhorst|Scharnhorst]] vor der [[Neue Wache|Neuen Wache]] korrespondierte. Es war von [[Karl Friedrich Schinkel]] geplant, von [[Christian Daniel Rauch]] ausgeführt und von dem französischen Bronzegießer Claude François Lequine hergestellt worden. Die Plastik stellt den Feldmarschall in realistischer Uniform dar, den Kopf seinem Freund [[Gebhard Leberecht von Blücher|Blücher]] zugewandt, die linke Hand einen Säbel haltend, die rechte Hand vorwärtsweisend. Auf der Vorderseite stand die Inschrift „FRIEDRICH WILHELM IV / DEM FELDMARSCHALL / GRAFEN V. GNEISENAU / IM IAHRE<!--sic!--> MDCCCLV“; sie wurde 1951 zerstört und 1963 durch „GNEISENAU“ ersetzt. Das Standbild wurde zusammen mit den Standbildern für [[Ludwig Yorck von Wartenburg|Yorck]] und Blücher 1951 entfernt und 1963 etwa 50 Meter weiter südlich auf den [[Bebelplatz]] versetzt.<ref>[https://denkmaldatenbank.berlin.de/daobj.php?obj_dok_nr=09060125 Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste mit weiteren Informationen], Hrsg. [[Landesdenkmalamt Berlin]], Stand 3. Februar 2024.</ref> Über eine Wiederaufstellung am ursprünglichen Ort Unter den Linden wird immer wieder diskutiert. |
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Gneisenaus Söhne August, Hugo und Bruno schlugen militärische Laufbahnen ein. Die Tochter Agnes war mit Wilhelm von Scharnhorst, die Tochter Hedwig seit [[1828]] mit Graf Friedrich von Brühl, die Tochter Emilie mit Graf [[Stauffenberg]] verheiratet. Die Tochter Ottilie blieb unverehelicht. |
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=== Weitere Denkmäler === |
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Die Hitler-Attentäter [[Berthold Graf Schenk von Stauffenberg|Berthold]] und [[Claus Schenk von Stauffenberg|Claus Graf Schenk von Stauffenberg]] waren Urenkel Gneisenaus aus der Familie seiner Tochter Emilie. |
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* Das [[Roßgärter Tor]] in [[Königsberg (Preußen)|Königsberg]] trug sein Relief in gelbem Sandstein. Dort war in den [[Hufen (Königsberg)|Hufen]] seit 1911 eine Straße nach ihm benannt.<ref>Robert Albinus: ''Königsberg Lexikon. Stadt und Umgebung'' Flechsig, Würzburg 2002, S. 104. ISBN 3-88189-441-1.</ref> |
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* Aus Dankbarkeit und zur Erinnerung an die ruhmreiche Verteidigung der Stadt [[Kołobrzeg|Kolberg]] gegen das überlegene französische Heer 1807 wurde vor dem Mariendom in Kolberg am 2. Juli 1903 ein Denkmal für Gneisenau und den Kapitän Joachim Nettelbeck enthüllt. Das Denkmal war ein Werk des Berliner Bildhauers [[Georg Meyer-Steglitz]]. Es wurde nach der Inbesitznahme Kolbergs durch [[Polen]] 1945 zerstört. |
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* Zur Platzanlage des ''Borussia-Nationaldenkmals'' von [[Peter Breuer (Bildhauer)|Peter Breuer]] in [[Klaipėda|Memel]] gehörte eine [[Herme]] Gneisenaus. Nach der Inbesitznahme der Stadt durch Litauen 1923 wurde die Anlage zerstört. |
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* In [[Schildau]] ([[Landkreis Torgau-Oschatz|Kreis Torgau]]) stand eine Gneisenau-Büste auf dem Marktplatz. Die Büste ist verschollen. 1960 wurde in Schildau an derselben Stelle eine Büste des Heeresreformers vom Dresdner Bildhauer [[Walter Flemming (Künstler)|Walter Flemming]] mit vier Reliefmedaillons am Sockel aufgestellt. |
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* In Erfurt erinnert eine Gedenktafel am ehemaligen Wohnhaus Gneisenaus in der Marktstraße 7 an dessen biografische Verbindungen zu Erfurt.<ref>[[Steffen Raßloff]]: [http://www.erfurt-web.de/Neidhardt_von_Gneisenau ''Preußischer Militärreformer'']. In: [[Thüringer Allgemeine]], Thüringer Allgemeine Verlag GmbH & Co. KG, Erfurt vom 31. August 2013. {{ISSN|0863-3452}}</ref> |
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== Rezeption == |
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[[Datei:Schildau Gneisenaudenkmal.jpg|mini|Gneisenau-Denkmal in Schildau]] |
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Nach Neidhardt von Gneisenau wurden u.a. ein [[Großer Kreuzer]] der [[Kaiserliche Marine|Kaiserlichen Marine]], ein [[Schlachtschiff]] der deutschen [[Kriegsmarine]] und eine Schulfregatte der [[Bundesmarine]] benannt (''siehe [[Gneisenau (Begriffsklärung)]]''). |
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=== Auftragstaktik === |
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Unter anderem auf Grundlage von Gneisenaus Ideen wurde später die [[Führen mit Auftrag|Auftragstaktik]] entwickelt, die heute vor allem in den [[Bundeswehr|deutschen]] und [[Israelische Verteidigungsstreitkräfte|israelischen Streitkräften]] angewandt wird.<ref>{{Internetquelle |autor=Donald E. Vandergriff |url=https://smallwarsjournal.com/jrnl/art/how-germans-defined-auftragstaktik-what-mission-command-and-not |titel=How the Germans defined Auftragstaktik: What Mission Command is - AND - is Not {{!}} Small Wars Journal |datum=2018-06-21 |sprache=en |abruf=2024-02-03}}, Hrsg. Small Wars Journal is published by Small Wars Foundation.</ref> |
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Seit [[1952]] trägt die Geburtsstadt des Generalfeldmarschalls und Heeresreformers den offiziellen Beinamen [[Gneisenaustadt Schildau]]. |
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=== Benennungen === |
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* Von 1952 bis zu ihrem Aufgehen in der [[Städtefusion|Doppelstadt]] [[Belgern-Schildau]] 2013 führte Schildau, die Geburtsstadt des Generalfeldmarschalls und [[Preußische Heeresreform|Heeresreformers]], den offiziellen [[Beiname]]n ''Gneisenaustadt''. |
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* Die nach ihm benannte ''[[Zeche Gneisenau]]'' war ein 1873 gegründetes [[Steinkohle]]-[[Bergwerk]] im [[Dortmund]]er Stadtteil [[Derne]], das bis zum 5. August 1985 in Betrieb war. In seiner Nachbarschaft wurde 2008 der ''Landschaftspark Gneisenau'' eröffnet und 2013 erweitert.<ref>{{Internetquelle |url=https://dortmund-nordwaerts.de/2020/05/14/landschaftspark-gneisenau/ |titel=Landschaftspark Gneisenau – Dortmund Nordwärts |sprache=de-DE |abruf=2024-02-03}} Hrsg. Stadt Dortmund, Koordinierungsstelle “nordwärts“, Dortmund, Stand 2024-02-03.</ref> |
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* Drei deutsche [[Marine]]n [[Schiffstaufe|tauften]] Schiffe auf den Namen Gneisenau: |
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** 1879 lief die ''[[Gneisenau (Schiff, 1880)|Gneisenau]]'', eine Dreimast-Kreuzerfregatte, als [[Seekadett|Kadettenschulschiff]] der [[Kaiserliche Marine|Kaiserlichen Marine]] vom Stapel. |
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** 27 Jahre später wurde ein [[Panzerkreuzer]] auf den Namen ''[[Gneisenau (Schiff, 1908)|Gneisenau]]'' getauft. |
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** Die [[Kriegsmarine]] hatte seit 1936 ein [[Schlachtschiff]] mit [[Gneisenau (Schiff, 1938)|diesem Namen]]. |
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** Die [[Bundesmarine]] stellte 1958 mit der Schulfregatte ''[[Gneisenau (Schiff, 1942)|Gneisenau]]'' einen vormaligen britischen Geleitzerstörer in Dienst. |
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* Bei den [[Grenztruppen der DDR]] trug das Grenzregiment 25 den Ehrennamen ''Neidhardt von Gneisenau''. |
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* Die Gneisenau-Kaserne in [[Erfurt]] wird heute zivil genutzt. |
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* Das [[Militärmusik|Heeresmusikkorps 300]] ist in der [[Gneisenau-Kaserne (Koblenz)|Gneisenau-Kaserne]] in [[Koblenz-Pfaffendorf]] stationiert. Die Kaserne wird heute teilweise zivil genutzt. |
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* Die Gneisenau-Kaserne in [[Hann. Münden|Münden]] fungierte nach dem Zweiten Weltkrieg als [[Landespolizeischule Niedersachsen]] und ist inzwischen Teil der [[Polizeiakademie Niedersachsen]]. |
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* In [[Trier]] hat sich die [[Städtische Kaserne (Trier)|Gneisenau-Kaserne]] von einer Unterkunft für Soldaten zu einem Zentrum kirchlicher [[Sozialarbeit]] entwickelt. |
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* In [[Zerbst/Anhalt|Zerbst]] (Anhalt) wurde die Gneisenau-Kaserne für Truppenteile der [[Wehrmacht]] erbaut. |
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* Zivile Schiffe: |
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** ''[[Gneisenau (1903)|Gneisenau]]'', Reichspostdampfer der Feldherren-Klasse des [[Norddeutscher Lloyd|Norddeutschen Lloyd]]. |
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** ''[[Gneisenau (Schiff, 1935)|Gneisenau]]'', Passagierschiff des Norddeutschen Lloyd, getauft am 17. Mai 1935 von Ursula Gräfin von Gneisenau. |
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* Im [[Manfred-Wörner-Zentrum]] der [[Führungsakademie der Bundeswehr]] wurde der zentrale Saal nach Gneisenau benannt. |
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* In vielen deutschen Orten wurden Straßen, Alleen und Wege nach Gneisenau benannt, so zum Beispiel in [[Berlin-Kreuzberg]] die [[Gneisenaustraße]]. |
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* Zur Erinnerung an den 200. Geburtstag Gneisenaus legte die [[Deutsche Post (DDR)|Postverwaltung der DDR]] eine [[Briefmarke|Sonderbriefmarke]] auf. |
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== Briefe == |
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* ''Briefe August Neidhardts von Gneisenau: eine Auswahl.'' Koehler und Amelang, München 2000. ISBN 3-7338-0236-5. |
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* von August Neidhardt von Gneisenau verfasste ''[http://www.lexikus.de/Briefe-1813 Briefe im Jahr 1813]''. |
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* Regina Henscheid (Hrsg.): ''Briefe des August Neidhardt von Gneisenau an seine Frau, 1796–1831''. Aus dem Bestand des Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin-Dahlem, in vier Bänden: |
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** Band 1, ''Hundert Briefe'' / Hauptmann Neidhardt von Gneisenau schreibt an seine Frau, 1796–1806. Büro Wilhelm Verlag, Amberg 2017. ISBN 978-3-943242-86-7. |
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** Band 2, ''Unfrieden und Krieg'' / Neidhardt von Gneisenau schreibt an seine Frau, 1809–1815. Büro Wilhelm Verlag, Amberg 2017. ISBN 978-3-943242-87-4. |
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** Band 3, ''Nach dem Triumph'' / General Graf Gneisenau schreibt an seine Frau, 1815–1822. Büro Wilhelm Verlag, Amberg 2019. ISBN 978-3-948137-02-1. |
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** Band 4, ''Letzte Jahre'' / Generalfeldmarschall Graf Gneisenau schreibt an seine Frau, 1823–1831. Büro Wilhelm Verlag, Amberg 2021. ISBN 978-3-948137-45-8. |
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Gneisenaus Persönlichkeit zeigt sich in seinem unverwechselbaren Briefstil, der viele Register nutzte und der bei entsprechendem Anlass von einer beneidenswerten Ausdruckskraft zeugt. Seine unermesslich große Korrespondenz wurde schon im 19. Jahrhundert in Teilen veröffentlicht. Jetzt liegen die Briefe an seine Frau Caroline vor, wie sie im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem aufbewahrt werden. Sie umfassen den Zeitraum von 1796 bis 1831 und beleuchten Gneisenaus Wandel durch die Jahre, seine Gefühlswelten und wie man lebte in der uns fernen Epoche in Niederschlesien, in europäischen Großstädten, endlich bei Waterloo, in Berlin und Posen. |
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== Literatur == |
== Literatur == |
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* Frank Bauer: ''Neidhardt von Gneisenau. Der Bezwinger Napoleons'', Kleine Reihe Geschichte der Befreiungskriege 1813–1815, Sonderheft 1, Potsdam 2005. |
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*[[Georg Heinrich Pertz]]: ''Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neitharth von Gneisenau''. 3 Bände (Berlin, 1864 - 1869) Bände 4 und 5 fortgeführt von [[Hans Delbrück]] (1879, 1880) - große Biographie mit vielen Dokumenten |
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* Frank Bauer: ''Gneisenau im Feldzug 1815. Der endgültige Sieg über Napoleon'', Kleine Reihe Geschichte der Befreiungskriege 1813–1815, H. 40, Doppelheft, Altenburg 2015. |
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*[[Hans Delbrück]]: ''Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neidhardt von Gneisenau''. 2., umgearbeitete Auflage. Walther, Berlin 1894 |
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* {{Literatur |Autor=[[Hans Delbrück]] |Titel=Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neithardt von Gneisenau |Verlag=G. Reimer |Ort=Berlin |Datum=1882 |Online=[https://archive.org/stream/daslebendesfeld05delbgoog#page/n28/mode/2up Google-Archiv, digitalisiert am 10.7.2007, Original von der New York Public Library]}} |
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*Hans Otto: ''Gneisenau: Preußens unbequemer Patriot''. Keil, Bonn 1983, ISBN 3-921591-10-4 |
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* [[Hans Friedrich von Ehrenkrook]], Jürgen Thiedicke von Flotow, [[Friedrich Wilhelm Euler (Genealoge)|Friedrich Wilhelm Euler]]: [[Genealogisches Handbuch des Adels]], Gräfliche Häuser B (Briefadel nach 1400 nobilitiert), Band I, Band 6 der Gesamtreihe GHdA, Hrsg. u. a. Deutsches Adelsarchiv, [[Starke Verlag|C. A. Starke]], Glücksburg/Ostsee 1953, S. 311. {{ISSN|0435-2408}} |
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*Gerhard Thiele (Hrsg.): ''Gneisenau. Leben und Werk des königlich-preußischen Gnerealfeldmarschalls; eine Chronik''. Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 1999, ISBN 3-932981-55-3 |
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* [[Regina Henscheid]]: Gneisenau – auf den Spuren eines Kriegers in Preußen und Polen. Büro Wilhelm Verlag, Amberg 2021. ISBN 978-3-948137-45-8 |
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* {{ADB|9|280|293|Gneisenau, August Wilhelm Antonius Neidhart von|[[Richard von Meerheimb]]|ADB:Gneisenau, August Graf Neidhardt von}} |
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* Hans Otto: ''Gneisenau: Preußens unbequemer Patriot.'' Keil, Bonn 1983. ISBN 3-921591-10-4. |
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* [[Georg Heinrich Pertz]]: ''Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neitharth von Gneisenau''. 3 Bde., Berlin 1864–1869, Bde. 4 und 5 fortgeführt von Hans Delbrück, 1879, 1880. [Große Biographie mit vielen Dokumenten]. |
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* G. H. Pertz: [https://books.google.de/books?id=cmwOAAAAYAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false ''Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neithardt von Gneisenau''], Verlag Georg Reimer, Berlin 1864. |
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* [[Kurt von Priesdorff]]: ''[[Soldatisches Führertum]].'' Band 4, Hanseatische Verlagsanstalt Hamburg, o. O. [Hamburg], o. J. [1937], {{DNB|367632799}}, S. 33–65, Nr. 1236. |
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* {{NDB|6|484|487|Gneisenau, August Wilhelm Anton Graf Neidhardt v.|Hermann Teske|118539957}} |
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* Gerhard Thiele: ''Gneisenau – Leben und Werk des Königlich-Preußischen Generalfeldmarschalls.'' 2. überarb. Auflage Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2007. ISBN 978-3-86650-695-4. |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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{{Commonscat|August Neidhardt von Gneisenau|audio=1|video=0}} |
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* [http://www.Gneisenau.de www.Gneisenau.de] - Homepage der Familie und der Gneisenau-Gesellschaft; erinnert an den GFM |
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* [https://www.gneisenau-gesellschaft-sommerschenburg.de/ Generalfeldmarschall Graf Neidhardt von Gneisenau-Gesellschaft e. V.] |
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* [http://tag-des-offenen-denkmals.de/laender/sn/kreis_torgau_oschatz/schildau Gneisenaumuseum in Schildau] |
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* {{DNB-Portal|118539957}} |
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* {{DDB|Person|118539957}} |
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* {{PGDA|204}} |
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* {{Spk-digital|"August Neidhardt von Gneisenau" OR "Gneisenau, August Neidhardt von"|NAME=August Neidhardt von Gneisenau|SBB=1}} |
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* [https://gneisenau-gesellschaft-sommerschenburg.de/ Generalfeldmarschall Graf Neidhardt von Gneisenau-Gesellschaft e. V. Sommerschenburg] – Familie und Gneisenau-Gesellschaft; erinnert an den GFM |
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* {{RPPD Vw|nr=-pka0298-}} |
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== Einzelnachweise == |
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[[Kategorie:Mann|Gneisenau, August Graf Neidhardt von]] |
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<references /> |
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[[Kategorie:Deutscher|Gneisenau, August Graf Neidhardt von]] |
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[[Kategorie:Militärperson (Preußen)|Gneisenau, August Graf Neidhardt von]] |
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[[Kategorie:Freimaurer|Gneisenau, August Graf Neidhardt von]] |
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[[Kategorie:Geboren 1760|Gneisenau, August Graf Neidhardt von]] |
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[[Kategorie:Gestorben 1831|Gneisenau, August Graf Neidhardt von]] |
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[[Kategorie:Koalitionskriege (Person, Preußen)|Gneisenau, August Graf Neidhardt von]] |
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{{Navigationsleiste Chefs des Preußischen Generalstabs (1808–1871)}} |
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{{Personendaten| |
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NAME=Neidhardt von Gneisenau, August Wilhelm Antonius Graf |
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|ALTERNATIVNAMEN= |
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[[Kategorie:August Neidhardt von Gneisenau| ]] |
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[[Kategorie:Ritter des Schwarzen Adlerordens]] |
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[[Kategorie:Ehrendoktor der Humboldt-Universität zu Berlin]] |
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[[Kategorie:Freimaurer (18. Jahrhundert)]] |
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[[Kategorie:Freimaurer (19. Jahrhundert)]] |
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[[Kategorie:Mitglied der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt]] |
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[[Kategorie:Namensgeber für ein Schiff]] |
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[[en:August von Gneisenau]] |
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[[sl:August Neithardt von Gneisenau]] |
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[[sv:August von Gneisenau]] |
Aktuelle Version vom 29. April 2025, 21:49 Uhr

August Wilhelm Anton Neidhardt (ursprünglich: Neithardt), ab 1783 Neidhardt von Gneisenau, ab 1814 Graf Neidhardt von Gneisenau (* 27. Oktober 1760 in Schildau; † 23. August 1831 in Posen) war ein preußischer Feldmarschall, Heeresreformer und Befreiungskämpfer. Während der Stein-Hardenbergschen Reformen modernisierte er zusammen mit Gerhard von Scharnhorst die Preußische Armee im Sinne der Aufklärung, schaffte die alten Adelsvorrechte ab und führte die allgemeine Wehrpflicht ein. In der Schlacht bei Waterloo 1815 trug er entscheidend zum Sieg über Napoleon bei. Gneisenau gehörte zu den bedeutendsten Reformern der Befreiungskriege;[1] unter anderem auf der Grundlage seiner Ideen wurde später die Auftragstaktik entwickelt.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Herkunft und Name
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August Wilhelm Antonius Neithardt wurde am 27. Oktober 1760 in Schildau geboren, das damals zum Kurfürstentum Sachsen gehörte. Er war das einzige Kind seiner Eltern, die sich erst ein Jahr vor seiner Geburt kennengelernt hatten. Sein Vater war der sächsische Artillerieleutnant und Baumeister August Wilhelm Neithardt (* 24. Januar 1734 in Reick, † 6. Juni 1802 in Oppeln), der im Siebenjährigen Krieg im Reichs-Reserve-Artilleriepark des Obersächsischen Kreises der Reichsarmee diente. 1759/60 bezog er mit seiner Einheit ein Winterquartier in Würzburg. Dort lernte er Maria Eva Dorothea Müller (* 8. November 1738 in Würzburg, † 22. Oktober 1761 in Fürth) kennen und heiratete sie wenig später. Sie war die älteste Tochter von Michael Anton Müller (* 1700; † 1781 in Würzburg), einem Ingenieuroberst der Fürstbischöflich-würzburgischen Armee. [2]
August Neithardt senior nahm später den Beinamen „von Gneisenau“ an, der von Schloss Gneisenau, einem früheren Besitztum seiner Familie in Oberösterreich, herrührte. Was die weitere Namensführung betraf, so wurde der spätere Feldmarschall 1777 bei seiner Immatrikulation an der Universität Erfurt im Register als „Antonius Neithardt, Torgaviensis Stud. phil.“ aufgeführt.[3] Dagegen nannte ihn die brandenburg-ansbachische Rangliste von 1783 „Neithardt von Gneisenau“, und diesen Doppelnamen behielt er auch im preußischen Dienst, wobei später das „t“ in ein „d“ umgewandelt wurde.
Frühe Kindheit in Schildau (1760–1769)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als im Frühjahr 1760 die Kriegshandlungen wieder aufgenommen wurden, folgte Maria Neithardt wie damals üblich ihrem Ehemann im Tross. Im Oktober 1760 lagen sich die feindlichen Armeen im Raum Torgau gegenüber; die hochschwangere Maria Neidhardt war im nahen Schildau einquartiert. Dort brachte sie am 27. Oktober im Gasthof „Zur Weintraube“ ihren Sohn August zur Welt und ließ ihn noch am selben Abend protestantisch taufen. Bereits fünf Tage später flüchtete der Tross jedoch aus Schildau, weil der Preußenkönig (aufgrund einer Falschmeldung) hier die österreichische Hauptarmee vermutete und demzufolge mit seinen Truppen auf die Stadt zumarschierte. Tatsächlich fand die Schlacht dann zwei Tage später auf den Süptitzer Höhen bei Torgau statt. Obwohl noch Wöchnerin, schloss sich auch Maria Neithardt mit ihrem Säugling der Flucht an. Bei der nächtlichen Fahrt im offenen Bauernwagen glitt das Kind der erschöpften Mutter jedoch bereits am Ortsausgang von Schildau unbemerkt aus den Armen. Erstaunlicherweise wurde es nicht von einem der nachfolgenden Wagen überfahren; stattdessen fand es im Morgengrauen ein Grenadier, der es zurück nach Schildau brachte und dort vergeblich nach seiner Mutter suchte. In der Folgezeit wurde das Findelkind von einer Amme versorgt. Maria Neithardt überlebte die Strapazen der Reise und den Kummer über den Verlust ihres Kindes nicht lange und starb knapp ein Jahr später in Fürth.[4]
Seine frühe Kindheit verbrachte August Neithardt in äußerster Armut in Schildau bei Pflegeeltern, die von seinem Vater ein geringes Pflegegeld erhielten. Gneisenau selbst befand später über seine Kindheit: „Ich würde, hätte jener Grenadier mich nicht aufgehoben, unfehlbar in der Finsternis vom nächsten Wagen totgefahren sein [...] Ich bin ein Findling im Kriege gewesen, die Torgauer Schlacht stand mir Pate, meine arme junge Mutter starb, und mein Vater hat sich im ganzen Leben nur dreimal um mich gekümmert. Es war nie zu meinem Besten“[5]. Augusts Kindheit war überaus hart und teilweise von Misshandlungen überschattet. Als er etwas größer geworden war, musste er seine schulfreie Zeit mit Gänsehüten verbringen. Als er schließlich neun Jahre alt war, gelang es einem Schneider aus Schildau, Augusts Großvater in Würzburg ausfindig zu machen und ihn auf die missliche Lage seines Enkels hinzuweisen.
Würzburg und Erfurt (1769–1782)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als August Neithardts Großvater Andreas Müller von seinem Enkel erfuhr, handelte er umgehend und ließ ihn zu sich nach Würzburg holen. Dort im Milieu des Bildungsbürgertums genoss er ein reichhaltiges klassisches Bildungsangebot, erlernte gründlich Latein und Französisch und erwarb Grundkenntnisse des Englischen und Italienischen; großen Einfluss übte dabei seine Tante Margarethe Müller (später verh. von Storr) auf ihn aus. August Neidhardts besondere Interessen galten der Geschichte, speziell des klassischen Altertums, und der Musik. Andreas Müller bemühte sich auch, ihm den katholischen Glauben nahezubringen, und ließ ihn deshalb die Jesuitenschule besuchen; allerdings blieb August Neidhardt zeitlebens, wie er selbst bekundete, Protestant und ließ auch seine eigenen Kinder später in diesem Sinne erziehen.
Neithardts Vater war im Gefolge des Friedens von Hubertusburg aus dem Militärdienst ausgeschieden und hatte danach zunächst ein unstetes Leben geführt. Im Jahre 1772 ließ er sich jedoch in Erfurt nieder und bekam dort 1773 eine Anstellung als kurmainzischer Bauinspektor; 1777 wurde er zum Baudirektor für „Stadt und Land Erfurt und das Eichsfeld“ ernannt; in der Zwischenzeit hatte er erneut geheiratet und ein Haus erworben. Aus dieser zweiten Ehe seines Vaters bekam August Neithardt drei Halbbrüder und zwei Halbschwestern. Nachdem August Neithardt senior in Erfurt sesshaft geworden war, ließ er seinen Sohn ebenfalls nach Erfurt holen und von 1773 bis 1777 das katholische Gymnasium besuchen. Am 1. Oktober 1777 immatrikulierte sich August Neithardt an der Universität Erfurt für die Fächer Militärische Mathematik, Artilleriewesen, Befestigungskunst und Kartografie. Durch seinen lockeren Lebenswandel vertändelte der 18-Jährige das großväterliche Erbe und musste deshalb 1778 sein Studium abbrechen. Er trat dann in das in Erfurt in Garnison liegende österreichische Husaren-Regiment „Graf Wurmser“ ein und zog als Gemeiner in den Bayerischen Erbfolgekrieg. Nach dem Frieden von Teschen (Cieszyn) im Jahr 1779 trat Neithardt in den Dienst des Markgrafen Karl Alexander von Brandenburg-Ansbach. In der Rangliste des dortigen Jägerbataillons ist Gneisenau erstmals mit dem Namen verzeichnet, den inzwischen auch sein Vater angenommen hatte: Neithardt von Gneisenau.
Teilnahme am Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1782/83)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der – wie andere deutsche Fürsten auch – an Geldmangel leidende Markgraf Karl Alexander vermietete während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges Truppen an Großbritannien. Gneisenau meldete sich zum Einsatz in Nordamerika, wurde zum Leutnant ernannt und 1782 über den Hafen Marktsteft nach Amerika verschifft. Da der Krieg fast vorüber war, verbrachte Gneisenau seine Zeit meist in der Garnison von Québec. Bereits Ende 1783 kehrte er in die Garnison Bayreuth zurück und wechselte zur Infanterie.
Aufstieg in der Preußischen Armee (1783–1806)
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Unter anderem wegen des eintönigen Dienstes verließ er die Dienste des Markgrafen von Ansbach-Bayreuth und bewarb sich 1785 beim preußischen Heer. Vor seiner eigentlichen Anstellung hospitierte Gneisenau mit Genehmigung Friedrichs des Großen als Sekondeleutnant im Potsdamer Generalquartiermeisterstab. Als jüngster Premierleutnant wurde er 1786 zum leichten Infanterie-Regiment Chaumontet in die Garnison Löwenberg (Lwowek) versetzt. Er ergänzte in seiner Garnisonszeit seine Englisch- und Französischkenntnisse und erlernte zusätzlich auch die polnische Sprache. Außerdem studierte er Geschichte, Literatur und Kriegswissenschaften. Am 17. März 1788 wurde er in die Freimaurerloge „Zu den drei Felsen“ der Großloge „Große National-Mutterloge Zu Den Drei Weltkugeln“ in Schmiedeberg im Riesengebirge aufgenommen.
1790 erfolgte die Beförderung zum Stabskapitän. Von 1792 bis 1795 war Gneisenau mit seinem Bataillon bei der zweiten Polnischen Teilung zusammen mit russischen Truppen eingesetzt. Im Jahr 1795 wurde Gneisenau zum Hauptmann befördert und als Kompaniechef nach Jauer (Jawor) versetzt. Er heiratete 1796 die vermögende Karoline von Kottwitz, mit der er in den Folgejahren vier Töchter und drei Söhne bekam. Nachdem seine Frau 1803 das Gut Mittel-Kauffung erworben hatte, studierte Gneisenau landwirtschaftliche Schriften, entwarf Pläne zur Melioration und richtete eine Kartoffelbrennerei ein. Nebenher beschäftigte er sich weiter intensiv mit Studien zum Truppendienst, zur Infanterie, Kavallerie, Artillerie, Ingenieurkunde, Taktik und Militärgeografie.
Heeresreformer während der napoleonischen Herrschaft (1806–1812)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 10. Oktober 1806 nahm Gneisenau unter dem Befehl des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen beim Gefecht bei Saalfeld erstmals an Kampfhandlungen gegen die Truppen Napoleons teil und wurde verwundet. Trotzdem kämpfte er in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 im Gefolge des preußischen Generals Ernst von Rüchel. Nach der Niederlage der preußischen Truppen entkam Gneisenau zum Sammelpunkt der geschlagenen preußischen Armee nach Graudenz. Er wurde am 17. Dezember 1806 zum Major befördert und mit seinem Bataillon an die russische Grenze in (Preußisch-)Litauen verlegt. In Denkschriften analysierte Gneisenau die Fehler der Preußen in den Schlachten bei Jena und Auerstedt und forderte eine Reform der Taktik. Vom König Friedrich Wilhelm III. von Preußen wurde Gneisenau auf Empfehlung des Generals Ernst von Rüchel, inzwischen Generalgouverneur der Provinz Preußen, als neuer Kommandant in die belagerte pommersche Festung Kolberg entsandt, wo er am 29. April 1807 auf dem Seeweg über die Ostsee eintraf. Gneisenau organisierte die erfolgreiche Verteidigung der Festung auch durch die Einbeziehung patriotischer Bürger um den Bürgerrepräsentanten Joachim Nettelbeck. Der Waffenstillstand zwischen Preußen und Frankreich beendete den Kampf um Kolberg am 2. Juli 1807. Gneisenau war bereits am 13. Juni 1807 zum Oberstleutnant befördert worden und wurde auf Wunsch Scharnhorsts in die Militär-Reorganisationskommission berufen.
Zwischen 1807 und 1810 hielt sich Gneisenau meist in Memel und Königsberg auf. Unter anderem arbeitete er mit General Graf Yorck das neue Exerzier-Reglement für die Infanterie (1812) aus. Mit weiteren Offizieren war er mit der Aufklärung der Vorgänge betraut, die zur Kapitulation der Festungen Erfurt, Magdeburg, Nienburg und Neiße sowie des Hohenloheschen Korps bei Prenzlau und zu den Niederlagen bei der Schlacht bei Jena und Auerstedt und dem Gefecht bei Halle geführt hatten. Im Sommer 1808 forderte er in einer Denkschrift an den König die Volksbewaffnung, die Züge der Guerillataktik erkennen ließ, und verfasste wenig später die „Konstitution für die allgemeine Waffenerhebung des nördlichen Deutschlands gegen Frankreich“. Im Mai 1808 wurde Gneisenau zum Inspekteur der Festungen ernannt und im September 1808 auch zum Chef des Ingenieurkorps. Am 1. März 1809 wurde er als Mitglied des Artillerie- und Ingenieurdepartements ins preußische Kriegsministerium berufen. Im Mai 1809 griff Gneisenau seinen Gedanken der Volkserhebung wieder auf und regte die Aufstellung einer „Preußischen Legion“ an der Seite der Österreicher an.
Im Mai 1809 wurde Gneisenau zum Oberst befördert und quittierte im Juli 1809 seinen Dienst „für die Dauer des Friedens“, nachdem er und andere Reformer von reaktionären Kräften am Hof verleumdet und des Verrats beschuldigt worden waren. In inoffiziellem Auftrag reiste Gneisenau im August 1809 nach Großbritannien, um die Möglichkeiten britischer Hilfe im Kampf gegen Napoleon zu sondieren. In Kenntnis seiner militärischen Fähigkeiten boten ihm lediglich Friedrich Wilhelm, der Herzog von Braunschweig, das Kommando über sein Freikorps, die Schwarze Schar, und die Briten den Eintritt in ihre Deutsche Legion („King’s German Legion“) an. Enttäuscht kehrte Gneisenau im Dezember 1810 nach Berlin zurück. Zum Schutz vor französischen Spitzeln brachte ihn Clausewitz bei einem Tischler in Pankow (heute Berlin) unter. Danach begab sich Gneisenau auf sein Gut in Schlesien, hielt aber weiter engen Kontakt zu den anderen Reformern (Scharnhorst, Boyen und Blücher).
Im März 1811 wurde er vom Staatskanzler Hardenberg auf dessen Gut Tempelberg bei Fürstenwalde gerufen, um die neue Situation aufgrund der sich verschärfenden Zuspitzung der russisch-französischen Beziehungen zu erörtern. Im gleichen Jahr bereiteten Scharnhorst, Boyen, Clausewitz und Gneisenau eine Volkserhebung vor, deren Plan Gneisenau verfasste und Hardenberg am 8. August 1811 dem König übergab. Dieser Plan wurde jedoch vom König abgelehnt. Gneisenau arbeitete aber weiter an den Planungen für den Aufstand. Nach dem Vertrag vom 24. Februar 1812, in dem sich Preußen zur Aufstellung eines Hilfskorps für den Krieg der Franzosen gegen Russland verpflichtete, reichte Gneisenau seine Entlassung aus dem Staatsdienst ein und reiste auf Umwegen ein weiteres Mal nach Großbritannien. Erneut wollte er die Möglichkeiten einer britischen Unterstützung in Erfahrung bringen. Die Reise führt ihn über Wien nach Wilna zu Zar Alexander I., für den er eine Analyse der russischen Streitkräfte ausarbeitete. Über Stockholm kam Gneisenau – wieder ohne offiziellen Auftrag – nach London. Er führte Gespräche mit der Regierung, ohne allerdings konkrete Zusagen zu erhalten. Über Kolberg reiste Gneisenau dann an den preußischen Königshof in Breslau, wo er am 11. März 1813 eintraf.
Wirken in den Befreiungskriegen (1812–1815)
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Nach der französischen Niederlage im Russlandfeldzug von 1812/13 konnten sich die Reformer in Preußen endlich durchsetzen, und am 16. März 1813 erklärte König Friedrich Wilhelm III. von Preußen dem napoleonischen Frankreich den Krieg. Gneisenau wurde im selben Monat als Generalmajor wieder in das preußische Heer eingestellt und als Zweiter Generalquartiermeister zur Armee Blüchers versetzt, in der auch sein Sohn August bei der Kavallerie diente. Beim Einrücken in den Rheinbundstaat Sachsen verfasste Gneisenau einen Aufruf zum gemeinsamen Widerstand. In Dresden, das von den Franzosen geräumt worden war, ordnete Gneisenau die Schaffung von Flussübergängen an, da die Elbbrücken von den Franzosen gesprengt worden waren. In der Schlacht bei Großgörschen am 2. Mai 1813 befehligte Gneisenau die Kavallerie des linken Flügels. Da der Erste Generalquartiermeister der Blücher-Armee, Scharnhorst, in dieser Schlacht verwundet wurde, übernahm Gneisenau in der Folge dessen Aufgaben. In der Schlacht bei Bautzen unterlagen die vereinten preußisch-russischen Truppen erneut, während das Reitergefecht bei Haynau (Chojnow) gewonnen wurde.
Die Zeit des Waffenstillstands vom 4. Juni bis August 1813 nutzte Gneisenau zur weiteren Ausbildung und Ausrüstung der preußischen Truppen, insbesondere der Schlesischen Armee Blüchers. Gleichzeitig führte er – in der Nachfolge des erkrankten Friedrich Wilhelm von Götzen d. J. – auch die Geschäfte des Generalgouvernements Schlesien. Er ließ auch die schlesischen Festungen ausbauen und weiter aufrüsten. Mitte August hatte die Schlesische Armee eine Stärke von 105.000 Mann und bestand aus zwei russischen und einem preußischen Korps. Nach den Gefechten bei Löwenberg, Bunzlau und Goldberg zwischen dem 21. und dem 23. August 1813 musste sich die schlesische Armee allerdings zurückziehen. Aber in der Schlacht an der Katzbach am 26. August errangen die Verbündeten den Sieg.
Bis Ende September 1813 kämpfte die von Blücher und Gneisenau geführte Schlesische Armee in Schlesien und drang dann ab 26. September 1813 über Bautzen nach Norden vor. Am 5. Oktober 1813 stand die Armee östlich von Bitterfeld. Auch die anderen beiden verbündeten Heere, die Nordarmee unter dem schwedischen Kronprinzen Bernadotte und die Böhmische Armee unter dem österreichischen Fürsten Karl Philipp zu Schwarzenberg, konzentrierten ihre Kräfte im mitteldeutschen Raum bei Leipzig, wo es am 18. Oktober 1813 zur entscheidenden Völkerschlacht bei Leipzig kam, die mit dem Sieg der Verbündeten endete. Blücher und Gneisenau zogen mit ihren Truppen als erste in die Stadt ein. Beide wurden auf dem Marktplatz von Zar Alexander I. von Russland, von Kaiser Franz von Österreich, von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und von Fürst Schwarzenberg belobigt. Gneisenau vermisste allerdings schmerzlich ein persönliches Wort der Anerkennung durch den preußischen König. Am 18. Dezember 1813 wurde Gneisenau zum Generalleutnant befördert. Sein Feldzugsplan zum direkten Marsch der verbündeten Armeen wurde allerdings aus politischen Gründen anfangs verworfen. Erst am Jahresende 1813 gelang es Gneisenau, seinen Plan durchzusetzen. Die Schlesische Armee überschritt am 1. Januar 1814 bei Kaub den Rhein und marschierte westwärts Richtung Frankreich. In seinen Briefen warnte Gneisenau vor Verhandlungen mit Napoleon über einen Friedensabschluss, die bis Februar 1814 geführt wurden. Am 31. März 1814 endete der Feldzug mit der Kapitulation von Paris. Napoleon, dessen zivile und militärische Anhänger sich daraufhin den Bourbonen zugewandt hatten, musste abdanken und Frankreich verlassen. Der König erhob Gneisenau wegen seiner Verdienste in den Grafenstand und am 3. August 1814 ernannte ihn die Berliner Universität gemeinsam mit Hardenberg, Blücher, Yorck, Kleist, Bülow und Tauentzien zum Dr. phil. h. c. Über seine Erlebnisse im Freiheitskrieg berichtete Gneisenau unter anderem in zahlreichen Briefen an den inzwischen entlassenen General Ernst von Rüchel, seinen alten Gönner.
Nach Napoleons Rückkehr 1815 blieb Gneisenau weiterhin Chef des Stabes von Blüchers Armee. Ein eigenes Kommando blieb ihm somit versagt, eine Entscheidung, die auf das andauernde Misstrauen des Hofes gegen ihn als „Jakobiner“ (mit seinen vormaligen Volksbewaffnungsplänen) zurückging und ihn tief kränkte. Trotzdem erfüllte er seine Aufgaben mit Tatkraft und Energie. Er bemühte sich um Waffen und Geld für die Armee aus Großbritannien, um die Versorgung der Truppe mit Verpflegung und Bekleidung zu gewährleisten, und plante mit Blücher den Feldzug. Die geplante Vereinigung der britisch-niederländischen Armee unter Wellington mit der preußischen Armee unter Blücher scheiterte, als Napoleon die Preußen bei Ligny angriff und schlug. Die Schlacht der Franzosen gegen die Briten bei Quatre-Bras endete unentschieden. Blücher war bei einem von ihm geführten Angriff vorübergehend vermisst; die Verantwortung für die Armee ging auf Gneisenau über. So fasste er allein den Plan, unter Aufgabe der Versorgungslinien nicht nach Osten, sondern nach Norden zu marschieren, um so doch noch eine Vereinigung mit den Truppen Wellingtons zu erreichen. Diese Entscheidung dürfte dadurch erleichtert worden sein, dass der Rückzug nach Osten durch das anmarschierende IV. Armee-Korps unter Bülow unmöglich wurde. Wellington stellte sich Napoleon am 18. Juni 1815 bei Belle-Alliance in Belgien zur Schlacht von Waterloo. Erst als am späten Nachmittag die preußischen Truppen das Schlachtfeld erreichten, fiel die Entscheidung zugunsten der Verbündeten. Napoleon wurde vernichtend geschlagen und später auf Beschluss der Alliierten nach St. Helena verbannt. Die preußischen Truppen erbeuteten zahlreiche Gegenstände aus Napoleons Besitz. Gneisenau behielt das kaiserliche Siegel und wurde im Juli 1815 zum General der Infanterie befördert. Der bayerische König Maximilian I. Joseph zeichnete ihn mit dem Großkreuz des Militär-Max-Joseph-Ordens aus.[6]
Verlust des Einflusses, Alter und Tod (1815–1831)
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Nach dem Krieg zog sich der an Gicht erkrankte Gneisenau zunächst auf sein verschuldetes Gut zurück. Aber bereits im Oktober 1815 übernahm er das Generalkommando am Rhein. Gneisenau hielt Verbindung zu fortschrittlichen Intellektuellen zumal in Berlin und wurde – als „Jakobiner“ – verstärkt und dauerhaft zum Ziel von Angriffen konservativer Kreise am Königshof. Daraufhin reichte er im April 1816 seinen Abschied ein. Der König lehnte ab und gewährte stattdessen einen „Urlaub auf unbestimmte Zeit“. Als Gneisenau Wochen später zurückkehrte, war seine Dienststellung schon mit einem anderen besetzt. Gneisenau wurde vom König in den Preußischen Staatsrat berufen, aber erst Hardenberg gelang es, Gneisenau zur Annahme der Berufung zu überreden. Er erhielt den Vorsitz in den Abteilungen „Äußere Angelegenheiten“ und „Militärangelegenheiten“. Im Jahr 1818 wurde Gneisenau vom König zum (nur der Repräsentation dienenden) Gouverneur von Berlin ernannt. 1819 wurde die Eigenständigkeit der Landwehr abgeschafft, ohne dass man Gneisenau als Vorsitzenden der Abteilung für Militärangelegenheiten konsultierte. Er wurde zum Präses der Ober-Militär-Examinationskommission ernannt, die die wissenschaftliche Eignungsprüfung der Offiziere abhielt, und war dort mit reiner Verwaltungsarbeit beschäftigt. Jeder Einfluss auf Entscheidungen war ihm damit entzogen; seine Gegner hatten ihn kaltgestellt. Auf Gneisenaus eigene Empfehlung wurde die Position des Gouverneurs von Berlin 1820 zur Entlastung der Staatskasse gestrichen, Titel und Berliner Dienstwohnung blieben ihm jedoch erhalten. Er pendelte zwischen Berlin und seinem Schloss und Gut Erdmannsdorf bei Hirschberg, das er gegen sein Gut Mittel-Kauffung eingetauscht hatte. Gneisenau engagierte sich für die Künste, befürwortete die Wiederherstellung des alten Schlossgartens in Berlin und sorgte unter anderem mit Schinkel, Christian Daniel Rauch und Carl von Clausewitz dafür, dass Scharnhorst ein würdiges Grabmal erhielt, das noch heute auf dem Invalidenfriedhof zu Berlin zu sehen ist.
Im Jahr 1822 starb die Tochter Agnes, verheiratet mit Scharnhorsts Sohn Wilhelm, bei der Geburt ihres dritten Kindes. Gneisenau kümmerte sich nun um seine Enkel, da sich sein Schwiegersohn im Ausland aufhielt.
Am 18. Juni 1825 fand bei den Feierlichkeiten zum 10. Jahrestag der Schlacht bei Waterloo die Ernennung Gneisenaus zum Generalfeldmarschall statt. Als königliche Schenkung erhielt er das Gut Sommerschenburg in der preußischen Provinz Sachsen. Er wurde auch weiterhin revolutionärer Ideen verdächtigt, obwohl er längst konservative Ansichten hatte; so wurde sein Briefwechsel kontrolliert.
Als sich die Kämpfe des 1830 ausgebrochenen Novemberaufstands in Russisch-Polen im März 1831 einer Entscheidung näherten, ernannte Friedrich Wilhelm III. Gneisenau zum Oberkommandierenden der Truppen in den vier Ostprovinzen Preußens, nämlich des I. (preußischen), II. (pommerschen), V. (Posener) und VI. (schlesischen) Armee-Korps, und stattete ihn mit besonderen Vollmachten aus. Sein Chef des Stabes war Clausewitz. Zar Nikolaus I. von Russland wünschte jedoch, die aufständischen Polen allein niederzuwerfen. Die preußischen Truppen verhielten sich entlang der Grenze neutral, wobei sie einen Kordon gegen die aus Russisch-Polen herandringende Cholera-Epidemie bildeten. Dennoch fiel Neidhardt von Gneisenau am 23. August 1831 in Posen der Cholera zum Opfer, nachdem er noch am 1. Mai an Wilhelm von Scharnhorst geschrieben hatte: „Ich meinerseits halte die Cholera weder für so ansteckend noch für so gefährlich.“
Nachkommen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gneisenaus Söhne August, Hugo und Bruno schlugen eine militärische Laufbahn ein. Die Tochter Agnes (1800–1822), heiratete Wilhelm von Scharnhorst, die Tochter Hedwig (1805–1890) 1828 den Grafen Friedrich von Brühl, die Tochter Emilie Graf Karl Friedrich Anton von Hohenthal auf Schloss Püchau. Die Tochter Ottilie blieb ledig.
Zu Gneisenaus Nachfahren gehörten die NS-Widerstandskämpfer Claus und Berthold Schenk Graf von Stauffenberg, Nikolaus Graf von Üxküll-Gyllenband und Cäsar von Hofacker. Die Hitler-Attentäter Berthold und Claus Schenk Graf von Stauffenberg sowie ihr Cousin und Mitverschwörer Caesar von Hofacker waren Ururenkel Gneisenaus aus der Familie seiner Tochter Emilie.[7] Bertholds nicht am Attentat beteiligter Zwillingsbruder Alexander Schenk Graf von Stauffenberg war ein bedeutender Althistoriker.
Gedenken
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Mausoleum in Sommerschenburg
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die sterblichen Überreste des Generalfeldmarschalls Graf Neidhardt von Gneisenau wurden zunächst auf einer Bastion der Festung Posen aufgebahrt. Nach Abklingen der Cholera wurden sie in die Kirche von Wormsdorf (Landkreis Börde) überführt und fanden ihre letzte Ruhe 1841 in Sommerschenburg.
Nach dem Willen des Königs sollte dem verdienten Freiheitskämpfer und Soldaten ein würdiges Grabmal mit einer Marmorstatue errichtet werden. Dem bekannten Architekten Karl Friedrich Schinkel wurden die Planung und Errichtung des Mausoleums übertragen, während der Bildhauer Christian Daniel Rauch – der seine Ausbildung, darunter mehrere Jahre in Italien, der Königin Luise verdankte – mit der Ausführung des Denkmals beauftragt wurde. Jedoch verzögerte sich dessen Herstellung, da das Schiff, das den dafür vorgesehenen Marmorblock aus Carrara in Italien beförderte, in einem Sturm in der Biskaya unterging. Weitere Jahre vergingen, bis ein neuer Block in Auftrag gegeben, in Marmorbrüchen von Carrara ausgewählt, herausgebrochen und auf die Reise geschickt werden konnte. Als König Friedrich Wilhelm III. am 7. Juni 1840 starb, trat eine erneute Verzögerung ein. Im Frühjahr 1841 war endlich alles so weit, dass das Denkmal errichtet und der Sarg nach Sommerschenburg überführt werden konnten.
Der neue König von Preußen, Friedrich Wilhelm IV., der den Generalfeldmarschall sehr verehrt hatte, sah es als eine seiner ersten Regierungsmaßnahmen an, die lange verzögerte öffentliche Ehrung nun endlich durchzuführen. Am 18. Juni 1841 – 26 Jahre nach Waterloo – fand die Einweihung des Mausoleums in Gegenwart des Königs sowie des königlichen Hauses und Hofes statt. Generale aller Waffengattungen, Vertreter der Behörden und der Geistlichkeit waren als Ehrengäste geladen. Auch die Bevölkerung durfte an der Feier teilnehmen.
Das Grabdenkmal war eine Stiftung des Königs und des preußischen Offizierskorps. Mit einer namhaften Stiftung hatte auch ein Freund Gneisenaus aus der Kolberger Zeit, der Generalkonsul des Britischen Empires in Danzig, Alexander Gibsone, zu dem Bauwerk beigetragen.
Im Einvernehmen mit der Familie Neidhardt von Gneisenau wurde auf Gibsones Wunsch ein Denkmal-Wächterhaus im schweizerischen Stil erbaut, das „für alle Zeiten von einem verdienten Kriegsveteranen zu bewachen und zu pflegen“ sei.
Die Inflation von 1923 verschlang jedoch das Stiftungskapital. Nach dem Tode des letzten Veteranen betraute Friedrich August Graf Neidhardt von Gneisenau – seit 1882 Besitzer von Sommerschenburg – einen Angestellten der Gutsverwaltung mit der nebenberuflichen Überwachung des Mausoleums. Der letzte Wächter war der Förster Tomaschewski; er wurde ein Opfer des Krieges.
Über der Gruft steht auf einer halbrund geführten Mauer aus Sandsteinquadern ein dorisches Tempelchen des Architekten Köppe aus Magdeburg, das den Hintergrund für das Standbild des Generalfeldmarschalls bildet. Im Inneren des Tempels führen Sandsteinstufen zur eigentlichen Gruft hinab, die aus einer tonnengewölbten Vorhalle besteht, hinter der der Bronzesarkophag des Feldherrn steht. Fußboden und Seitenwände der Vorhalle bestehen aus Marmorplatten, die an den Seiten mit Grabschriften der Familie Gneisenau beschriftet sind. Der Raum empfängt von der Decke her blaues Licht.
An der Wand über dem Sarkophag stand der Bibelspruch:
- „Ich habe einen guten Kampf gekämpft,
- ich habe den Lauf vollendet,
- ich habe Glauben erhalten,
- Hinfort wird mir beigelegt
- die Krone der Gerechtigkeit.
- 2. Tim.4,7“
Dieser Spruch wurde von einer ewigen Lampe beleuchtet.
Das Marmorstandbild des Grafen steht vor der Tempelfassade auf einem hohen Marmorpostament. Es hat durch den drapierten Mantel ein antikes Gepräge, der Kopf ist unbedeckt, die Linke auf den Degen gestützt. In der rechten Hand hält er eine Rolle, der Blick ist nach Westen gewandt.
Zu beiden Seitens des Sockels stehen zwei preußische Mörser von 1838 aus der Geschützfabrik Berlin-Spandau; später wurden, als Geschenk Kaiser Wilhelms I., zwei französische Kanonen von 1870/71 hinzugefügt; im Zweiten Weltkrieg wurden sie jedoch zur Rohstoffgewinnung eingeschmolzen.
Standbild in Berlin
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1855 wurde in Berlin ein Gneisenau-Standbild an der Prachtstraße Unter den Linden zwischen dem Prinzessinnenpalais und dem Opernhaus errichtet, wo es mit den Standbildern für Bülow und Scharnhorst vor der Neuen Wache korrespondierte. Es war von Karl Friedrich Schinkel geplant, von Christian Daniel Rauch ausgeführt und von dem französischen Bronzegießer Claude François Lequine hergestellt worden. Die Plastik stellt den Feldmarschall in realistischer Uniform dar, den Kopf seinem Freund Blücher zugewandt, die linke Hand einen Säbel haltend, die rechte Hand vorwärtsweisend. Auf der Vorderseite stand die Inschrift „FRIEDRICH WILHELM IV / DEM FELDMARSCHALL / GRAFEN V. GNEISENAU / IM IAHRE MDCCCLV“; sie wurde 1951 zerstört und 1963 durch „GNEISENAU“ ersetzt. Das Standbild wurde zusammen mit den Standbildern für Yorck und Blücher 1951 entfernt und 1963 etwa 50 Meter weiter südlich auf den Bebelplatz versetzt.[8] Über eine Wiederaufstellung am ursprünglichen Ort Unter den Linden wird immer wieder diskutiert.
Weitere Denkmäler
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Das Roßgärter Tor in Königsberg trug sein Relief in gelbem Sandstein. Dort war in den Hufen seit 1911 eine Straße nach ihm benannt.[9]
- Aus Dankbarkeit und zur Erinnerung an die ruhmreiche Verteidigung der Stadt Kolberg gegen das überlegene französische Heer 1807 wurde vor dem Mariendom in Kolberg am 2. Juli 1903 ein Denkmal für Gneisenau und den Kapitän Joachim Nettelbeck enthüllt. Das Denkmal war ein Werk des Berliner Bildhauers Georg Meyer-Steglitz. Es wurde nach der Inbesitznahme Kolbergs durch Polen 1945 zerstört.
- Zur Platzanlage des Borussia-Nationaldenkmals von Peter Breuer in Memel gehörte eine Herme Gneisenaus. Nach der Inbesitznahme der Stadt durch Litauen 1923 wurde die Anlage zerstört.
- In Schildau (Kreis Torgau) stand eine Gneisenau-Büste auf dem Marktplatz. Die Büste ist verschollen. 1960 wurde in Schildau an derselben Stelle eine Büste des Heeresreformers vom Dresdner Bildhauer Walter Flemming mit vier Reliefmedaillons am Sockel aufgestellt.
- In Erfurt erinnert eine Gedenktafel am ehemaligen Wohnhaus Gneisenaus in der Marktstraße 7 an dessen biografische Verbindungen zu Erfurt.[10]
Rezeption
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Auftragstaktik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Unter anderem auf Grundlage von Gneisenaus Ideen wurde später die Auftragstaktik entwickelt, die heute vor allem in den deutschen und israelischen Streitkräften angewandt wird.[11]
Benennungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Von 1952 bis zu ihrem Aufgehen in der Doppelstadt Belgern-Schildau 2013 führte Schildau, die Geburtsstadt des Generalfeldmarschalls und Heeresreformers, den offiziellen Beinamen Gneisenaustadt.
- Die nach ihm benannte Zeche Gneisenau war ein 1873 gegründetes Steinkohle-Bergwerk im Dortmunder Stadtteil Derne, das bis zum 5. August 1985 in Betrieb war. In seiner Nachbarschaft wurde 2008 der Landschaftspark Gneisenau eröffnet und 2013 erweitert.[12]
- Drei deutsche Marinen tauften Schiffe auf den Namen Gneisenau:
- 1879 lief die Gneisenau, eine Dreimast-Kreuzerfregatte, als Kadettenschulschiff der Kaiserlichen Marine vom Stapel.
- 27 Jahre später wurde ein Panzerkreuzer auf den Namen Gneisenau getauft.
- Die Kriegsmarine hatte seit 1936 ein Schlachtschiff mit diesem Namen.
- Die Bundesmarine stellte 1958 mit der Schulfregatte Gneisenau einen vormaligen britischen Geleitzerstörer in Dienst.
- Bei den Grenztruppen der DDR trug das Grenzregiment 25 den Ehrennamen Neidhardt von Gneisenau.
- Die Gneisenau-Kaserne in Erfurt wird heute zivil genutzt.
- Das Heeresmusikkorps 300 ist in der Gneisenau-Kaserne in Koblenz-Pfaffendorf stationiert. Die Kaserne wird heute teilweise zivil genutzt.
- Die Gneisenau-Kaserne in Münden fungierte nach dem Zweiten Weltkrieg als Landespolizeischule Niedersachsen und ist inzwischen Teil der Polizeiakademie Niedersachsen.
- In Trier hat sich die Gneisenau-Kaserne von einer Unterkunft für Soldaten zu einem Zentrum kirchlicher Sozialarbeit entwickelt.
- In Zerbst (Anhalt) wurde die Gneisenau-Kaserne für Truppenteile der Wehrmacht erbaut.
- Zivile Schiffe:
- Gneisenau, Reichspostdampfer der Feldherren-Klasse des Norddeutschen Lloyd.
- Gneisenau, Passagierschiff des Norddeutschen Lloyd, getauft am 17. Mai 1935 von Ursula Gräfin von Gneisenau.
- Im Manfred-Wörner-Zentrum der Führungsakademie der Bundeswehr wurde der zentrale Saal nach Gneisenau benannt.
- In vielen deutschen Orten wurden Straßen, Alleen und Wege nach Gneisenau benannt, so zum Beispiel in Berlin-Kreuzberg die Gneisenaustraße.
- Zur Erinnerung an den 200. Geburtstag Gneisenaus legte die Postverwaltung der DDR eine Sonderbriefmarke auf.
Briefe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Briefe August Neidhardts von Gneisenau: eine Auswahl. Koehler und Amelang, München 2000. ISBN 3-7338-0236-5.
- von August Neidhardt von Gneisenau verfasste Briefe im Jahr 1813.
- Regina Henscheid (Hrsg.): Briefe des August Neidhardt von Gneisenau an seine Frau, 1796–1831. Aus dem Bestand des Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin-Dahlem, in vier Bänden:
- Band 1, Hundert Briefe / Hauptmann Neidhardt von Gneisenau schreibt an seine Frau, 1796–1806. Büro Wilhelm Verlag, Amberg 2017. ISBN 978-3-943242-86-7.
- Band 2, Unfrieden und Krieg / Neidhardt von Gneisenau schreibt an seine Frau, 1809–1815. Büro Wilhelm Verlag, Amberg 2017. ISBN 978-3-943242-87-4.
- Band 3, Nach dem Triumph / General Graf Gneisenau schreibt an seine Frau, 1815–1822. Büro Wilhelm Verlag, Amberg 2019. ISBN 978-3-948137-02-1.
- Band 4, Letzte Jahre / Generalfeldmarschall Graf Gneisenau schreibt an seine Frau, 1823–1831. Büro Wilhelm Verlag, Amberg 2021. ISBN 978-3-948137-45-8.
Gneisenaus Persönlichkeit zeigt sich in seinem unverwechselbaren Briefstil, der viele Register nutzte und der bei entsprechendem Anlass von einer beneidenswerten Ausdruckskraft zeugt. Seine unermesslich große Korrespondenz wurde schon im 19. Jahrhundert in Teilen veröffentlicht. Jetzt liegen die Briefe an seine Frau Caroline vor, wie sie im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem aufbewahrt werden. Sie umfassen den Zeitraum von 1796 bis 1831 und beleuchten Gneisenaus Wandel durch die Jahre, seine Gefühlswelten und wie man lebte in der uns fernen Epoche in Niederschlesien, in europäischen Großstädten, endlich bei Waterloo, in Berlin und Posen.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Frank Bauer: Neidhardt von Gneisenau. Der Bezwinger Napoleons, Kleine Reihe Geschichte der Befreiungskriege 1813–1815, Sonderheft 1, Potsdam 2005.
- Frank Bauer: Gneisenau im Feldzug 1815. Der endgültige Sieg über Napoleon, Kleine Reihe Geschichte der Befreiungskriege 1813–1815, H. 40, Doppelheft, Altenburg 2015.
- Hans Delbrück: Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neithardt von Gneisenau. G. Reimer, Berlin 1882 (Google-Archiv, digitalisiert am 10.7.2007, Original von der New York Public Library).
- Hans Friedrich von Ehrenkrook, Jürgen Thiedicke von Flotow, Friedrich Wilhelm Euler: Genealogisches Handbuch des Adels, Gräfliche Häuser B (Briefadel nach 1400 nobilitiert), Band I, Band 6 der Gesamtreihe GHdA, Hrsg. u. a. Deutsches Adelsarchiv, C. A. Starke, Glücksburg/Ostsee 1953, S. 311. ISSN 0435-2408
- Regina Henscheid: Gneisenau – auf den Spuren eines Kriegers in Preußen und Polen. Büro Wilhelm Verlag, Amberg 2021. ISBN 978-3-948137-45-8
- Richard von Meerheimb: Gneisenau, August Wilhelm Antonius Neidhart von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 280–293.
- Hans Otto: Gneisenau: Preußens unbequemer Patriot. Keil, Bonn 1983. ISBN 3-921591-10-4.
- Georg Heinrich Pertz: Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neitharth von Gneisenau. 3 Bde., Berlin 1864–1869, Bde. 4 und 5 fortgeführt von Hans Delbrück, 1879, 1880. [Große Biographie mit vielen Dokumenten].
- G. H. Pertz: Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neithardt von Gneisenau, Verlag Georg Reimer, Berlin 1864.
- Kurt von Priesdorff: Soldatisches Führertum. Band 4, Hanseatische Verlagsanstalt Hamburg, o. O. [Hamburg], o. J. [1937], DNB 367632799, S. 33–65, Nr. 1236.
- Hermann Teske: Gneisenau, August Wilhelm Anton Graf Neidhardt v.. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 484–487 (Digitalisat).
- Gerhard Thiele: Gneisenau – Leben und Werk des Königlich-Preußischen Generalfeldmarschalls. 2. überarb. Auflage Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2007. ISBN 978-3-86650-695-4.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Generalfeldmarschall Graf Neidhardt von Gneisenau-Gesellschaft e. V.
- Literatur von und über August Neidhardt von Gneisenau im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über August Neidhardt von Gneisenau in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Werke von August Neidhardt von Gneisenau im Projekt Gutenberg-DE
- Suche nach August Neidhardt von Gneisenau im Online-Katalog der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
- Generalfeldmarschall Graf Neidhardt von Gneisenau-Gesellschaft e. V. Sommerschenburg – Familie und Gneisenau-Gesellschaft; erinnert an den GFM
- August Neidhardt von Gneisenau in der Rheinland-Pfälzischen Personendatenbank
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Gneisenau, August Graf Neidhardt von, Hrsg. Wissen, Konradin Medien GmbH Leinfelden-Echterdingen.
- ↑ Johannes Mack: Der Baumeister und Architekt Joseph Greissing. Mainfränkischer Barock vor Balthasar Neumann (= Quellen und Darstellungen zur fränkischen Kunstgeschichte. Band 16). Gesellschaft für Fränkische Geschichte e. V., Würzburg 2008, S. 182 ff.
- ↑ Der Biograph Hans Delbrück folgert aus diesem Immatrikulationsnamen, dass Gneisenau zum einen in seiner Jugend den Rufnamen Anton hatte, und dass er andererseits bei seinen Kommilitonen nicht als „Schildbürger populär werden wollte“ (vgl. Schildau), und deshalb Torgau als seinen Herkunftsort angab. Die letztere Angabe stimmt auch überein mit der von Pertz (Siehe Literatur).
- ↑ Joachim Sauer: Der große Sohn Schildaus, in: Torgauer Zeitung, 2010-10-29.
- ↑ Hans-Joachim Füssel: Schildau ehrt den großen Sohn der Stadt, Neidhardt von Gneisenau, in: Torgauer Zeitung 2009-10-30.
- ↑ Rudolf von Kramer, Otto Freiherr von Waldenfels: VIRTUTI PRO PATRIA. Der königlich bayerische Militär-Max-Joseph-Orden Kriegstaten und Ehrenbuch 1914–1918. Selbstverlag des königlich bayerischen Militär-Max-Joseph-Ordens, München 1966, S. 444.
- ↑ Eberhard Birk: Caesar von Hofacker und der militärische Widerstand. In: Militärgeschichte. Zeitschrift für historische Bildung, Jg. 2004, Heft 2, Hrsg. (ZMSBw), Potsdam 2004, S. 8–11, hier S. 8. ISSN 0940-4163
- ↑ Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste mit weiteren Informationen, Hrsg. Landesdenkmalamt Berlin, Stand 3. Februar 2024.
- ↑ Robert Albinus: Königsberg Lexikon. Stadt und Umgebung Flechsig, Würzburg 2002, S. 104. ISBN 3-88189-441-1.
- ↑ Steffen Raßloff: Preußischer Militärreformer. In: Thüringer Allgemeine, Thüringer Allgemeine Verlag GmbH & Co. KG, Erfurt vom 31. August 2013. ISSN 0863-3452
- ↑ Donald E. Vandergriff: How the Germans defined Auftragstaktik: What Mission Command is - AND - is Not | Small Wars Journal. 21. Juni 2018, abgerufen am 3. Februar 2024 (englisch). , Hrsg. Small Wars Journal is published by Small Wars Foundation.
- ↑ Landschaftspark Gneisenau – Dortmund Nordwärts. Abgerufen am 3. Februar 2024 (deutsch). Hrsg. Stadt Dortmund, Koordinierungsstelle “nordwärts“, Dortmund, Stand 2024-02-03.
Personendaten | |
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NAME | Neidhardt von Gneisenau, August |
ALTERNATIVNAMEN | Neidhardt von Gneisenau, August Wilhelm Antonius Graf; Neidhardt, August Wilhelm Antonius (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | preußischer Generalfeldmarschall und Heeresreformer |
GEBURTSDATUM | 27. Oktober 1760 |
GEBURTSORT | Schildau |
STERBEDATUM | 23. August 1831 |
STERBEORT | Posen |
- August Neidhardt von Gneisenau
- Generalfeldmarschall (Preußen)
- Preußischer Staatsrat (1817–1918)
- Militärtheoretiker
- Person in den Koalitionskriegen (Preußen)
- Gouverneur (Preußen)
- Person (Preußische Reformen)
- Titulargraf
- Ritter des Ordens Pour le Mérite mit Eichenlaub
- Träger des Militär-Max-Joseph-Ordens (Großkreuz)
- Träger des Militär-Maria-Theresien-Ordens (Kommandeur)
- Ritter des Schwarzen Adlerordens
- Ehrendoktor der Humboldt-Universität zu Berlin
- Freimaurer (18. Jahrhundert)
- Freimaurer (19. Jahrhundert)
- Freimaurer (Deutschland)
- Mitglied der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt
- Namensgeber für ein Schiff
- Walhalla
- Preuße
- Geboren 1760
- Gestorben 1831
- Mann