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„Zweitausendeins“ – Versionsunterschied

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{{Dieser Artikel|befasst sich mit dem Verlag Zweitausendeins; für andere Bedeutungen siehe [[2001 (Begriffsklärung)]].}}
{{Dieser Artikel|befasst sich mit dem Verlag Zweitausendeins; zu anderen Bedeutungen siehe [[2001 (Begriffsklärung)]].}}
'''Zweitausendeins''' ist eine 1969 in [[Frankfurt am Main]] gegründete, seit Juli 2011 in [[Leipzig]]<ref>''Merkheft'' 245, Juli 2011.</ref> ansässige deutsche [[Verlag]]s- sowie Musik- und [[Buchhandel]]sfirma mit Direktvertrieb über den Versandhandel und in Kooperation mit lokalen Buchhandlungen. Von 1974 bis 2016 führte das Unternehmen mehrere eigene Ladengeschäfte in Deutschland, 2018 feierte die Leipziger Filiale Wiedereröffnung. Zum weiteren Angebot zählen auch Medien anderer Verlage sowie Bücher und CDs aus dem Ausland. Seit 2020 vertreibt Zweitausendeins seine Eigenverlagstitel teilweise auch direkt über den Buchhandel.


== Geschichte des Unternehmens ==
'''Zweitausendeins''' ist ein [[deutscher Verlag]] mit direktem Vertrieb in ''Zweitausendeins''-Läden und Internet-Versand. Das Angebot wird neben dem Internet im etwa alle sechs Wochen versandte „Merkheft“ angezeigt. Es werden auch Medien anderer Verlage angeboten sowie Bücher und Platten aus dem Ausland.
=== Gründungsjahre ===
Der Zweitausendeins-Mitbegründer [[Lutz Kroth|Lutz Reinecke]] arbeitete vor seiner Firmengründung beim [[Suhrkamp]]-Vertrieb, nachdem [[Siegfried Unseld]] in den 1960er Jahren auf den jungen Buchhändler Reinecke aufmerksam geworden war. 1968 fand während der [[Frankfurter Buchmesse]] eine Demonstration der [[APO]] gegen die Verleihung des [[Friedenspreis des deutschen Buchhandels|Friedenspreises des deutschen Buchhandels]] an [[Léopold Sédar Senghor]] statt. Reinecke verließ spontan den Suhrkamp-Buchstand, nahm an der Demonstration teil und wurde daraufhin von Unseld entlassen. Bei einer späteren Begegnung mit Unseld räumte Reinecke ein, dass er „genauso“ gehandelt hätte.<ref name="P.Unfried_23.12.2006" />


Noch im selben Monat konnte Reinecke bei der Satire-Zeitschrift ''[[Pardon (Zeitschrift)|pardon]]'' arbeiten. Reinecke, ab 1983<ref name="Bröckers_S._59">[[Mathias Bröckers]]: ''Zweitausendeins. Der Versand. 40 Jahre danach.'' Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-86150-999-8, S.&nbsp;59.</ref> verheirateter Kroth,<ref name="P.Unfried_23.12.2006">[[Peter Unfried]]: ''[https://taz.de/!336987/ Ich sitze am Ufer eines Flusses und warte.]'' In: ''[[die tageszeitung]]'', 23.&nbsp;Dezember 2006, Interview mit [[Lutz Kroth]].</ref> und Walter Treumann, der damalige Geschäftsführer beim ''pardon''-Verlag Bärmeier & Nikel, entwickelten ab September 1969<ref>Sonnenberg, ''Von Marx zum Maulwurf'', S.&nbsp;287.</ref> eine [[Merchandising]]-Abteilung, den ''pardon-shop''.<ref name="Kobold_Wobser_2019">Oliver Kobold und Jochen Wobser: ''[https://www.swr.de/swr2/programm/download-swr-13756.pdf Nur bei uns. Wie Zweitausendeins die Gegenkultur verlegte.]'' In: ''[[SWR2]]'', [[Radio-Feature]], 10.&nbsp;März 2019, (PDF; 324&nbsp;kB).</ref> Als sich der ''pardon''-Verlag 1971 auflöste, gliederten im April 1971<ref>Bröckers, ''Zweitausendeins'', ISBN 978-3-86150-999-8, S.&nbsp;5.</ref> Reinecke und Treumann den Versand als ein eigenständiges Unternehmen in [[Frankfurt am Main]] aus. Der Betrieb wurde nach dem Kultfilm ''[[2001: Odyssee im Weltraum]]'' benannt.<ref>Bröckers, ''Zweitausendeins'', ISBN 978-3-86150-999-8, S.&nbsp;8 und 67.</ref><ref>[[Willi Winkler (Autor)|Willi Winkler]]: {{Webarchiv | url=http://www.zeit.de/1994/42/drei-frische-als-verleger/komplettansicht | wayback=20170516180230 | text=''Drei F&#91;r&#93;ische<small>&nbsp;&#91;sic!&#93;</small> als Verleger.''}}. In: ''[[Die Zeit]]'', 14.&nbsp;Oktober 1994.</ref> Zunächst war es ein Vertrieb für Kuriosa und [[Ramsch|verramschte]] preisreduzierte Restauflagen von Büchern und [[Schallplatte]]n. Bald danach begannen mit Erfolg die Nachdrucke von vergriffenen Büchern und Zeitschriften. Unter der Leitung des dritten Gesellschafters Wolfgang Müller (Ressort Musik) dehnte das Unternehmen sein Angebot auf Schallplatten aus.
Die [[1969]] von Lutz Reinecke, später Kroth, und Walter Treumann in [[Frankfurt am Main]] gegründete Firma vertrieb zunächst Kuriosa und verramschte Restauflagen, begann dann erfolgreich Nachdrucke von vergriffenen Büchern und Zeitschriften herzustellen. Durch seine gezielte und außergewöhnliche Programmauswahl wurde die Firma zum Hausverlag der [[68er-Generation]].


=== Programm und Werbung ===
Später kamen auch sehr preisgünstige, von anderen Verlagen lizensierte Neuausgaben oder edel hergestellte eigene Klassiker-Ausgaben ([[Boris Vian]]) dazu. Die kleinformatigen Buchklötze mit Zeitschriften-Nachdrucken ([[Kursbuch (Zeitschrift)|Kursbuch]], [[Akzente]]) wurden von Franz Greno hergestellt, der nach der Trennung von Reinecke/Kroth später einen eigenen Verlag gründete, in dem er einige der bei Zweitausendeins entwickelten Ideen weiterführte. Allerdings scheiterte er, da ihm die gut funktionierende Vertriebsmaschine von Zweitausendeins fehlte.
Durch ihre gezielte und außergewöhnliche Programmauswahl und den unkonventionellen Stil der Kundenansprache wurde die Firma zu einem bedeutenden Verlag der [[68er-Generation]]. „Der Verlag von Lutz Reinecke und Walter Treumann wurde zum Kraftwerk der Alternativkultur, das die Jugend der Republik bis tief in das flache Land unter subkulturellen Strom setzte.“<ref name="Hans Riebsamen">{{Literatur |Autor=Hans Riebsamen |Titel=Frankfurter Laden schließt: Zweitausendaus |Sammelwerk=FAZ.NET |ISSN=0174-4909 |Online=https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/frankfurter-laden-von-zweitausendeins-schliesst-14915462.html |Abruf=2022-06-30}}</ref> Das wichtigste [[Marketing]]-Mittel war der alle vier bis acht Wochen unter dem Titel ''Merkheft'' versandte kleinformatige Katalog. Das ''Merkheft'' führte Neuzugänge und einen Großteil der lieferbaren [[Backlist]] auf, deckte aber nicht das gesamte lieferbare Programm ab. „Guestwriter“ Bertel Schmitt<ref>{{Internetquelle|url=https://www.google.de/search?q=%22Bertel+Schmitt |titel=Google-Suchanfrage: "Bertel Schmitt" |abruf=2009-09-10}}</ref> verfasste vier Jahrzehnte lang anonym die Texte für das Hausorgan „Merkheft“. Es wurde zu einem Kultobjekt und zu einem Vorbild für viele Nachahmer.


Ein Markenzeichen des ''Merkhefts'' war das [[Editorial]], das immer mit „Guten Tag“ begann. Den Abschluss bildete die kurze Schlusskolumne der Mitarbeiterin Annemarie Susemihl (1905–1997). Später wirkte sie auch als Sprecherin an einer [[Peter und der Wolf|Peter-und-der-Wolf]]-CD mit. Das „Merkheft“ war lange Zeit auf unüblich dünnem Papier gedruckt, schwarzweiß und in den konservativen Schriftarten ''Times New Roman'' und ''Univers 67'' gehalten. Zum wirtschaftlichen Erfolg trug auch die aggressive Preispolitik mit oft außerordentlich stark verbilligten Sonderangeboten bei.
Zu den eigenen Buchreihen gehört z.&nbsp;B. „Haidnische Alterthümer“, in der [[Hans-Michael Bock]] vergessene Romane des 18. und 19. Jahrhunderts unter dem Motto „Die Lieblingsbücher von [[Arno Schmidt]]“ publiziert. Daneben verlegte Zweitausendeins auch Bücher z.&nbsp;B. des Comic-Zeichners [[Robert Crumb]], Gerichtsreportagen von [[Peggy Parnass]], Texte von [[Bob Dylan]], Übersetzungen von [[Harry Rowohlt]], die Autobiografie von [[Woody Guthrie]] oder Werke der „Neuen Frankfurter Schule“ ([[F.W. Bernstein]], [[Robert Gernhardt]], [[F.K. Waechter]]). Zum Programm gehörten auch politisch wichtige Dokumentationen wie die „Deutschland-Berichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Sopade) 1934-1940“.


Später erweiterte sich das Buchangebot um sehr preisgünstige, von anderen Verlagen lizenzierte Neuausgaben und selbst verlegte Neuerscheinungen. Darunter waren Ausgaben vergessener Klassiker wie z.&nbsp;B. [[Boris Vian]] und Titel mit politischer und gesellschaftskritischer Thematik. Nach der Heirat von Lutz Reinecke mit der Fotografin Eva Kroth,<ref> Sabine Rosenbladt: {{Webarchiv | url=https://www.zeit.de/1977/49/ansichten-von-frauen/komplettansicht | wayback=20170119160542 | text=''Die Photographin Eva Kroth: Ansichten von Frauen.''}}. In: ''[[Die Zeit|Zeitmagazin]]'', 2.&nbsp;Dezember 1977.</ref> deren Namen er 1983 annahm,<ref name="Bröckers_S._59" /> öffnete sich das Angebot ökologischen und spirituellen Themen. Die kleinformatigen Buchklötze mit kompletten Zeitschriften-Nachdrucken ([[Kursbuch (Zeitschrift)|Kursbuch]], [[Akzente (Zeitschrift)|Akzente]]) wurden von [[Franz Greno]] hergestellt. Dieser trennte sich später von Zweitausendeins, um einen eigenen Verlag zu gründen. Zweitausendeins gab aber weiterhin einen Teil der von ihm gestalteten Bücher heraus.
Er bietet heute Produkte aller gängigen Medienformate (CDs, Bücher, Hörbücher, CD-ROMs). Er vertreibt u.&nbsp;a. exklusiv die Bücher der früher selbständigen Verlage [[Rogner & Bernhard]] sowie [[Haffmans-Verlag]].


== Weblink ==
=== Vertrieb ===
[[Datei:Zweitausendeins.jpg|mini|Sortiment der Frankfurter Filiale (2012)]]
*[http://www.zweitausendeins.de/ www.zweitausendeins.de]
Der Verlag vertrieb lange Zeit nicht über den Buchhandel, sondern nur direkt im Versand und später in eigenen Läden. Das erste Ladengeschäft öffnete 1974 in der [[Eschersheimer Landstraße]] 5–7 in Frankfurt am Main. 1979 zog es an den [[Kornmarkt (Frankfurt am Main)|Kornmarkt]] 14 im [[Parkhaus Hauptwache]] um. Filialen in [[Berlin]], [[Freiburg im Breisgau|Freiburg]], [[Hamburg]], [[Mannheim]] und [[Nürnberg]]<ref>[https://www.nordbayern.de/region/nuernberg/zweitausendeins-in-nurnberg-schliesst-seine-filiale-1.3399486 Zweitausendeins in Nürnberg schließt seine Filiale] auf nordbayern.de, vom 25. Januar 2014, abgerufen am 11. Januar 2024</ref> folgten; zu den Blütezeiten des Unternehmens Mitte der 1990er waren es deutschlandweit 14 Geschäfte mit insgesamt über 200 Mitarbeitern. Erst seit 2006 gibt es „Partnershops“ in ausgewählten Buchhandlungen, meist in Universitätsstädten. Der Umsatz lag 2005 bei etwa 40 Millionen Euro, die Zahl der Mitarbeiter bei etwa 150. Die Zahl der Versandkunden bezifferte das Unternehmen zu Hochzeiten auf etwa eine Million. Da es in der Schweiz und in Österreich keine Zweitausendeins-Läden gibt, kann das Verlagsprogramm hier auch über den traditionellen Buchhandel bestellt werden.


=== Literatur, Musik und Film ===
[[Kategorie:Verlag]]
Zu den eigenen Buchreihen gehörte z.&nbsp;B. „[[Haidnische Alterthümer]]“, in der [[Hans-Michael Bock]] vergessene Romane des 18. und 19. Jahrhunderts unter dem Motto „Die Lieblingsbücher von [[Arno Schmidt]]“ publizierte. Daneben verlegte Zweitausendeins auch Bücher z.&nbsp;B. des Comic-Zeichners [[Robert Crumb]], Gerichtsreportagen von [[Peggy Parnass]], Texte von [[Bob Dylan]], Übersetzungen von [[Harry Rowohlt]], die Autobiografie von [[Woody Guthrie]], die gesammelten Werke von [[Eckhard Henscheid]] und andere Werke der „[[Neue Frankfurter Schule|Neuen Frankfurter Schule]]“ ([[F. W. Bernstein]], [[Robert Gernhardt]], [[F. K. Waechter]]). Zweitausendeins vertrieb auch politisch wichtige Dokumentationen wie die „[[Deutschland-Berichte der Sopade|Deutschland-Berichte]] der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands ([[Sopade]]) 1934–1940“ und verlegte Kunstbände und Bücher zu Film und Fotografie.

Zweitausendeins vertrieb von 1975 bis 1980 exklusiv die Bücher des [[März Verlag]]es. Ab 2004 waren die Titel des Verlags [[Rogner & Bernhard]] bis zu dessen Übernahme durch [[Kein & Aber]] im Jahre 2015 exklusiv über Zweitausendeins erhältlich. Die Publikationen des [[Haffmans Verlag]]s, darunter Titel wie der alljährliche [[Der Rabe (Zeitschrift)|Raben-Kalender]], erscheinen seit 2002 ausschließlich bei Zweitausendeins. Auch die Schallplatten des Labels [[Mood Records]], die Klassik-Titel des holländischen Labels ''Brilliant Classics'' und das Weltmusik-Label Network Medien wurden in Deutschland längere Zeit exklusiv über Zweitausendeins vertrieben. Zudem befindet sich das Label Blue Angel im Firmenbesitz.

Neben dem Verlag und dem Buchvertrieb ist das umfangreiche CD-, Vinyl- und DVD-Angebot weiterhin das zweite Standbein der Firma. Insbesondere die Zweitausendeins Edition mit über 650 lieferbaren Filmtiteln auf DVD wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zweitausendeins.de/zweitausendeins-titel/film.html |titel=Film - Zweitausendeins-Titel |abruf=2022-06-30}}</ref>

=== Übernahme durch Gebrüder Kölmel und wirtschaftliche Krise ===
Die Beteiligungsgesellschaft ''MK Medien Beteiligungs GmbH'' der [[Kinowelt]]-Gründer und Brüder [[Michael Kölmel]] und Rainer Kölmel aus [[Leipzig]] übernahm Zweitausendeins 2006 zu einem nicht genannten Kaufpreis. Zu diesem Zeitpunkt war das Unternehmen bereits in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und hatte die eigene Logistikabteilung auflösen müssen.<ref>{{Literatur |Autor=Thorsten Winter |Titel=Medien: Zweitausendeins: In der Nische wachsen statt Kosten senken |Sammelwerk=FAZ.NET |ISSN=0174-4909 |Online=https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/wirtschaft/medien-zweitausendeins-in-der-nische-wachsen-statt-kosten-senken-1355572.html |Abruf=2022-06-30}}</ref> Firmengründer Lutz Kroth verabschiedete sich im „Merkheft“ vom Januar 2007 von den Lesern und erklärte, sich nach 37 Jahren in den Ruhestand zurückzuziehen. An Lutz Kroths Stelle trat Till Tolkemitt (Sohn von Waltraud Tolkemitt, geborene Staben, und des Finanzwissenschaftlers [[Georg Tolkemitt]]<ref>Walter Habel (Hrsg.): ''[[Wer ist wer?]] Das deutsche Who’s who.'' 24. Ausgabe. Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 1255.</ref>) als Geschäftsführer. In der Folge wurde versucht, durch Ausbau der Internetpräsenz und ein Shop-in-Shop-System in Kooperation mit örtlichen Buchhändlern den Umsatz zu steigern. Ende 2009 umfasste das Vertriebsnetz neben 14 eigenen Läden 35 solcher „Partnershops“.<ref>{{Webarchiv | url=https://www.zweitausendeins.de/thema/aktuell/wir-feiern-zweitausendeins-ist-40-mathias-broeckers-hat-unsere-geschichte-aufgeschrieben.html | wayback=20160304073850 | text=''Zweitausendeins – 40 Jahre danach. „Wir feiern: Zweitausendeins ist 40!“ Mathias Bröckers hat unsere Geschichte aufgeschrieben.''}}. In: ''Zweitausendeins'', Februar 2009.</ref><ref name="boersenblatt.net">TW:
{{Webarchiv | url=https://www.boersenblatt.net/350287/ | wayback=20150518090413 | text=''Zweitausendeins: Umzug nach Mainhattan.''}}. In: ''[[Börsenblatt]]'', 11.&nbsp;Dezember 2009.</ref>

Dennoch gingen die Umsätze, auch aufgrund der Krise im CD-Markt, weiter zurück,<ref>Thorsten Winter: {{Webarchiv |url=http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/wirtschaft/versandhandel-zweitausendeins-sieht-die-schwarze-null-1510381.html |wayback=20150519040718 |text=''Versandhandel: Zweitausendeins sieht die „schwarze Null“.''}}. In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]]'', 12.&nbsp;Februar 2008.</ref> Zweitausendeins machte siebenstellige Verluste pro Jahr und wurde nur durch zusätzliche Mittel des Eigentümers Michael Kölmel am Leben erhalten.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.buchreport.de/news/tag-der-entscheidung-fuer-zweitausendeins/ |titel=Tag der Entscheidung für Zweitausendeins |datum=2010-06-04 |sprache=de-DE |abruf=2022-06-30}}</ref> Weitere namhafte Mitarbeiter schieden aus: Nach exakt vierzigjähriger Zugehörigkeit beendete Guestwriter Bertel Schmitt 2009 nach Verfassen des Jubiläums-Merkhefts die Mitarbeit. Geschäftsführer Till Tolkemitt verließ am 1.&nbsp;Oktober 2009 das Unternehmen, um in Berlin den Verlag Haffmans & Tolkemitt zu gründen.<ref>TW: {{Webarchiv | url=https://www.boersenblatt.net/341957 | wayback=20181019205610 | text=''Tolkemitt und Haffmans machen sich selbstständig.''}}. In: ''[[Börsenblatt]]'', 8.&nbsp;Oktober 2009.</ref> Wolfgang Müller, letztes verbliebenes Mitglied des Zweitausendeins-Gründertrios Reinecke-Treumann-Müller und zuständig für die Musiksparte, beendete zum 31.&nbsp;März 2010 seine Tätigkeit bei Zweitausendeins.

Auf Tolkemitt folgte zunächst Hubert Snehotta und dann Ende 2009 Ralph Koch und Bianca Krippendorf als Geschäftsführer. Letztere war bis dahin Justiziarin der MK Medien und Assistentin von Michael Kölmel gewesen war. Auf Ralph Koch als Geschäftsführer folgte Andreas Kalski. Um Kosten zu senken, wurden Anfang 2010 der Verlags- und Marketingstandort Hamburg aufgegeben und die Verwaltung in Frankfurt konzentriert.<ref name="boersenblatt.net" /> Anfang Juni 2010 einigten sich Geschäftsführung und Betriebsrat zur Abwendung der drohenden Insolvenz auf ein Sanierungskonzept, das unter anderem die Entlassung von 51 der 116 Beschäftigten und die Aufgabe der eigenen Kundenbetreuung vorsah.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.buchreport.de/nachrichten/verlage/verlage_nachricht/datum/2010/06/09/agenda-zweitausendeins.htm | archive-is=20120721051103 | text=''Agenda Zweitausendeins. Buch- und Medienhändler verabschiedet Sanierungsplan.''}}. In: ''[[Buchreport]]'', 9.&nbsp;Juni 2010.</ref>

Im Jahr 2011 verlegte Zweitausendeins seinen Firmensitz von Frankfurt am Main nach Leipzig. Seit Februar 2017 liegen die Produktion und der Vertrieb des ehemaligen Zweitausendeins-Kundenkatalogs „Merkheft“ bei der [[Ganske-Verlagsgruppe]]. Das Merkheft erscheint in der zu Ganske gehörenden Frölich & Kaufmann GmbH, deren Geschäftsführer Andreas Kaufmann und Thomas Ganske sind.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.froelichundkaufmann.de |titel=Impressum {{!}} Jetzt online kaufen |sprache=de |abruf=2022-06-30}}</ref> Hierzu wurde das Geschäftsvermögen des Merkhefts aus der Zweitausendeins Versand-Dienst GmbH in die in Berlin neu gegründete Merkheft GmbH überführt. Nach der Überführung wurde die GmbH wieder aufgelöst. Die Geschäftsführung lag zunächst bei Bianca Krippendorf, danach bei Andreas Kaufmann. Ein wesentlicher Teil der Produktpalette von ''Zweitausendeins'' wird auch bei Frölich & Kaufmann GmbH vertrieben.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.zweitausendeins.de |titel=Zweitausendeins. Merkheft |sprache=de |abruf=2023-10-5}}</ref>

Im Laufe des Jahres 2017 wurde der Geschäftsbetrieb der Zweitausendeins Versand-Dienst GmbH in die neue Zweitausendeins GmbH & Co. KG unter Geschäftsführung von Peter Deisinger und Nicolas Kölmel überführt. Die persönlich haftende Gesellschaft ist die Kinowelt Einzelhandels GmbH. Seit Oktober 2017 gehört die Leipziger Verlagsgruppe Seemann Henschel mit den traditionsreichen Verlagen [[E. A. Seemann|E.A. Seemann, Henschel und Edition Leipzig]] zu dem gleichen Konzern wie Zweitausendeins.<ref>''[https://www.buchreport.de/2017/12/21/themen-im-oktober-arbeitsmesse-mit-konfrontation-tolino-select-und-die-personalie-des-jahres/ Jahresrückblick 2017: Themen im Oktober.]'' In: ''[[Buchreport]]'', 21.&nbsp;Dezember 2017.</ref> Nach Aufgabe der eigenen Logistik im Jahre 2006 ist diese nach häufig wechselnden Dienstleistern seit 2021 wieder in eigener Hand. Zu diesem Zwecke wurde eine Halle unweit des Firmensitzes angemietet. Dies ging einher mit einem Relaunch des Webshops und Verbringung der Waren aus dem Lager des Dienstleisters in die eigene Halle. Von Ende 2022 bis Anfang 2024 wurde die Geschäftsführung von Peter Deisinger gemeinsam mit Bianca Krippendorf geleitet.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zweitausendeins-verlag.de/Impressum |titel=Zweitausendeins. Der Verlag. |sprache=de |abruf=2023-08-15}}</ref> Seit März 2024 ist Bianca Krippendorf alleinige Geschäftsführerin. Seitdem konzentriert sich die Zweitausendeins GmbH & Co. KG in Leipzig auf das Verlagsgeschäft, auf den Betrieb und Ausbau der eigenen Verlagsauslieferung und Logistik sowie den Filialbetrieb in Leipzig. Die neue [[Domain (Internet)|Domain]] des Verlages ist seither www.zweitausendeins-verlag.de. Bei Zweitausendeins sind zuletzt [[Kai Grehn]]s Hörspiel ''Kennen Sie Emily Dickinson?'' mit [[Birgit Minichmayr]] als Sprecherin, der Dokumentarfilm ''Cicero. Zwei Leben, eine Bühne'', [[Nicola Bardola]]s Biografien über John Lennon und Yoko Ono sowie Werke von Gustave Flaubert, Arthur Conan Doyle oder Charles Baudelaire erschienen. Zusätzlich erscheint nach wie vor jährlich der traditionsreiche Raben-Kalender.

=== Ende und Neubeginn des Filialbetriebs ===
[[Datei:Laden frontal.jpg|mini|rechts|Zweitausendeins-Laden im Geschwister-Scholl-Haus in Leipzig (2021)]]
Im April 2012 gab Zweitausendeins bekannt, die Läden schließen und sich auf den Versandhandel konzentrieren zu wollen.<ref name="buchreport-2017">{{Internetquelle |url=https://www.buchreport.de/news/zweitausendeins-in-frankfurt-schliesst/ |titel=Zweitausendeins in Frankfurt schließt |datum=2017-01-06 |sprache=de-DE |abruf=2022-06-30}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Willi Winkler |url=https://www.sueddeutsche.de/kultur/zweitausendeins-schliesst-ladengeschaefte-kulturrevolution-ade-1.1424718 |titel=Kulturrevolution ade |sprache=de |abruf=2022-06-30}}</ref> Zweitausendeins bot über das Merkheft Investoren an, die Läden im [[Franchising|Franchise]]-System zu übernehmen. Die Läden, für die sich keine Franchisenehmer fanden, wurden bis 2016 geschlossen.<ref>Franziska Gerlach: ''[http://www.sueddeutsche.de/muenchen/kultladen-zweitausendeins-schliesst-der-letzte-macht-das-licht-aus-1.1775766 Der Letzte macht das Licht aus.]'' In: ''[[Süddeutsche Zeitung]]'', 20.&nbsp;September 2013.</ref><ref>Volker Albers: {{Webarchiv | url=http://www.abendblatt.de/kultur-live/article115724488/Auch-die-Filiale-in-den-Colonnaden-macht-dicht.html | wayback=20140409034844 | text=''Kulturhändler Zweitausendeins: Auch die Filiale in den Colonnaden macht dicht.''}}. In: ''[[Hamburger Abendblatt]]'', 30.&nbsp;April 2013.</ref> Der einzige seit 2013 als Franchise geführte und somit letzte verbliebene Zweitausendeins-Laden in Frankfurt am Main schloss am 23.&nbsp;März 2017.<ref name="Hans Riebsamen" /><ref>{{Internetquelle |autor=Jan Willmroth |url=https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/zweitausendeins-der-zeitgeist-siegt-1.3351702 |titel=Der Zeitgeist siegt |sprache=de |abruf=2022-06-30}}</ref> Es bleiben die derzeit 16 (Stand: Januar 2023) sogenannten Zweitausendeins-Kooperationen in örtlichen Buchhandlungen, die eine Auswahl des Sortiments führen sowie alle Artikel bestellen können.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zweitausendeins-verlag.de/laeden |titel=Unser Laden und unsere Kooperationen |abruf=2023-07-23}}</ref>

Im Oktober 2018 eröffnete Zweitausendeins im [[Volkshaus (Leipzig)|Volkshaus]] in Leipzig wieder ein eigenes Ladengeschäft.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.boersenblatt.net/archiv/1535481.html |titel="Wir blicken wieder nach vorn!" |sprache=de |abruf=2022-06-30}}</ref> Seit Oktober 2021 ist die Filiale im [[Geschwister-Scholl-Haus (Leipzig)|Geschwister-Scholl-Haus]] nahe der [[Nikolaikirche (Leipzig)|Nikolaikirche]] zu finden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.buchreport.de/news/zweitausendeins-laden-zieht-in-leipziger-innenstadt/ |titel=Zweitausendeins-Laden zieht in Leipziger Innenstadt |datum=2021-09-15 |sprache=de-DE |abruf=2022-06-30}}</ref>

== Literatur ==
* [[Mathias Bröckers]]: ''Zweitausendeins. Der Versand. 40 Jahre danach.'' Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-86150-999-8, [http://deposit.dnb.de/cgi-bin/dokserv?id=3245415&prov=M&dok_var=1&dok_ext=htm Klappentext.]
* Uwe Sonnenberg: ''Von Marx zum Maulwurf: Linker Buchhandel in Westdeutschland in den 1970er Jahren.'' Wallstein, Göttingen 2016, ISBN 978-3-8353-2934-8, S.&nbsp;287–290, {{Google Buch | BuchID=Klp4DwAAQBAJ | Seite=PA287 | Hervorhebung="Neckermann für Intellektuelle?"}}.

== Radio ==
* ''Nur bei uns – Wie Zweitausendeins die Gegenkultur verlegte.'' [[Radio-Feature]], Deutschland, 54:07&nbsp;Min., 2019, Buch und Regie: Oliver Kobold, Jochen Wobser, Produktion: [[SWR2]], Reihe: ''Feature am Sonntag'', Erstsendung: 10.&nbsp;März 2019, [https://www.mixcloud.com/swr2feature/50-jahre-zweitausendeins-nur-bei-uns/ Audio-Datei], [https://www.swr.de/swr2/programm/broadcastcontrib-swr-14828.html Manuskript.]

== Weblinks ==
* [https://www.zweitausendeins-verlag.de/ zweitausendeins-verlag.de]
* [[Matthias Politycki]]: {{Webarchiv | url=http://www.zweitausendeins.de/ueber-uns/merkheft-roman.html | wayback=20120529082519 | text=''Pop-Ereignis, Trostbüchlein. Der große Merkheft-Roman der Bundesrepublik liegt jetzt in 156 Folgen vor.''}}. In: [[Frankfurter Rundschau]], 25.&nbsp;November 1998, ([https://web.archive.org/web/20191017200613/https://archiv.matthiaspolitycki.de/werkverzeichnis-vollstaendig Nachweis]).
* {{Webarchiv | url=http://www.gazette.de/Archiv/Gazette-Juni2003/Pfitzinger08.html | wayback=20170128191435 | text=''"Wr sprn!" "Shr gt!" Kommerz fürs linke Herz.''}}. In: [[Die Gazette]], Juni 2003
* [http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/glosse-feuilleton-nostalgieverlust-1353069.html ''Nostalgieverlust.''] und [https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/wirtschaft/medien-zweitausendeins-in-der-nische-wachsen-statt-kosten-senken-1355572.html ''Zweitausendeins: In der Nische wachsen statt Kosten senken.''] In: [[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]], 14. September 2006
* [https://taz.de/!378207/ ''Gestrichene Gegenkultur.''] In: [[die tageszeitung]], 14. September 2006
* [https://www.brandeins.de/archiv/2012/loyalitaet/der-apo-opa/ ''Der Apo-Opa.''] In: [[brand eins]], 2012, Nr.&nbsp;5, Michael Kölmel im Porträt.

== Einzelnachweise ==
<references responsive />

{{Normdaten|TYP=k|GND=2071192-X}}

[[Kategorie:Buchverlag (Deutschland)]]
[[Kategorie:Verlag (Leipzig)]]
[[Kategorie:Buchhandlung (Deutschland)]]
[[Kategorie:Musikhandelsunternehmen]]
[[Kategorie:Versandhändler]]
[[Kategorie:Handelsunternehmen (Frankfurt am Main)]]
[[Kategorie:Verlag (Frankfurt am Main)]]
[[Kategorie:68er-Bewegung]]
[[Kategorie:Unternehmensgründung 1969]]

Aktuelle Version vom 24. April 2025, 00:22 Uhr

Zweitausendeins ist eine 1969 in Frankfurt am Main gegründete, seit Juli 2011 in Leipzig[1] ansässige deutsche Verlags- sowie Musik- und Buchhandelsfirma mit Direktvertrieb über den Versandhandel und in Kooperation mit lokalen Buchhandlungen. Von 1974 bis 2016 führte das Unternehmen mehrere eigene Ladengeschäfte in Deutschland, 2018 feierte die Leipziger Filiale Wiedereröffnung. Zum weiteren Angebot zählen auch Medien anderer Verlage sowie Bücher und CDs aus dem Ausland. Seit 2020 vertreibt Zweitausendeins seine Eigenverlagstitel teilweise auch direkt über den Buchhandel.

Geschichte des Unternehmens

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Gründungsjahre

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Der Zweitausendeins-Mitbegründer Lutz Reinecke arbeitete vor seiner Firmengründung beim Suhrkamp-Vertrieb, nachdem Siegfried Unseld in den 1960er Jahren auf den jungen Buchhändler Reinecke aufmerksam geworden war. 1968 fand während der Frankfurter Buchmesse eine Demonstration der APO gegen die Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels an Léopold Sédar Senghor statt. Reinecke verließ spontan den Suhrkamp-Buchstand, nahm an der Demonstration teil und wurde daraufhin von Unseld entlassen. Bei einer späteren Begegnung mit Unseld räumte Reinecke ein, dass er „genauso“ gehandelt hätte.[2]

Noch im selben Monat konnte Reinecke bei der Satire-Zeitschrift pardon arbeiten. Reinecke, ab 1983[3] verheirateter Kroth,[2] und Walter Treumann, der damalige Geschäftsführer beim pardon-Verlag Bärmeier & Nikel, entwickelten ab September 1969[4] eine Merchandising-Abteilung, den pardon-shop.[5] Als sich der pardon-Verlag 1971 auflöste, gliederten im April 1971[6] Reinecke und Treumann den Versand als ein eigenständiges Unternehmen in Frankfurt am Main aus. Der Betrieb wurde nach dem Kultfilm 2001: Odyssee im Weltraum benannt.[7][8] Zunächst war es ein Vertrieb für Kuriosa und verramschte preisreduzierte Restauflagen von Büchern und Schallplatten. Bald danach begannen mit Erfolg die Nachdrucke von vergriffenen Büchern und Zeitschriften. Unter der Leitung des dritten Gesellschafters Wolfgang Müller (Ressort Musik) dehnte das Unternehmen sein Angebot auf Schallplatten aus.

Programm und Werbung

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Durch ihre gezielte und außergewöhnliche Programmauswahl und den unkonventionellen Stil der Kundenansprache wurde die Firma zu einem bedeutenden Verlag der 68er-Generation. „Der Verlag von Lutz Reinecke und Walter Treumann wurde zum Kraftwerk der Alternativkultur, das die Jugend der Republik bis tief in das flache Land unter subkulturellen Strom setzte.“[9] Das wichtigste Marketing-Mittel war der alle vier bis acht Wochen unter dem Titel Merkheft versandte kleinformatige Katalog. Das Merkheft führte Neuzugänge und einen Großteil der lieferbaren Backlist auf, deckte aber nicht das gesamte lieferbare Programm ab. „Guestwriter“ Bertel Schmitt[10] verfasste vier Jahrzehnte lang anonym die Texte für das Hausorgan „Merkheft“. Es wurde zu einem Kultobjekt und zu einem Vorbild für viele Nachahmer.

Ein Markenzeichen des Merkhefts war das Editorial, das immer mit „Guten Tag“ begann. Den Abschluss bildete die kurze Schlusskolumne der Mitarbeiterin Annemarie Susemihl (1905–1997). Später wirkte sie auch als Sprecherin an einer Peter-und-der-Wolf-CD mit. Das „Merkheft“ war lange Zeit auf unüblich dünnem Papier gedruckt, schwarzweiß und in den konservativen Schriftarten Times New Roman und Univers 67 gehalten. Zum wirtschaftlichen Erfolg trug auch die aggressive Preispolitik mit oft außerordentlich stark verbilligten Sonderangeboten bei.

Später erweiterte sich das Buchangebot um sehr preisgünstige, von anderen Verlagen lizenzierte Neuausgaben und selbst verlegte Neuerscheinungen. Darunter waren Ausgaben vergessener Klassiker wie z. B. Boris Vian und Titel mit politischer und gesellschaftskritischer Thematik. Nach der Heirat von Lutz Reinecke mit der Fotografin Eva Kroth,[11] deren Namen er 1983 annahm,[3] öffnete sich das Angebot ökologischen und spirituellen Themen. Die kleinformatigen Buchklötze mit kompletten Zeitschriften-Nachdrucken (Kursbuch, Akzente) wurden von Franz Greno hergestellt. Dieser trennte sich später von Zweitausendeins, um einen eigenen Verlag zu gründen. Zweitausendeins gab aber weiterhin einen Teil der von ihm gestalteten Bücher heraus.

Sortiment der Frankfurter Filiale (2012)

Der Verlag vertrieb lange Zeit nicht über den Buchhandel, sondern nur direkt im Versand und später in eigenen Läden. Das erste Ladengeschäft öffnete 1974 in der Eschersheimer Landstraße 5–7 in Frankfurt am Main. 1979 zog es an den Kornmarkt 14 im Parkhaus Hauptwache um. Filialen in Berlin, Freiburg, Hamburg, Mannheim und Nürnberg[12] folgten; zu den Blütezeiten des Unternehmens Mitte der 1990er waren es deutschlandweit 14 Geschäfte mit insgesamt über 200 Mitarbeitern. Erst seit 2006 gibt es „Partnershops“ in ausgewählten Buchhandlungen, meist in Universitätsstädten. Der Umsatz lag 2005 bei etwa 40 Millionen Euro, die Zahl der Mitarbeiter bei etwa 150. Die Zahl der Versandkunden bezifferte das Unternehmen zu Hochzeiten auf etwa eine Million. Da es in der Schweiz und in Österreich keine Zweitausendeins-Läden gibt, kann das Verlagsprogramm hier auch über den traditionellen Buchhandel bestellt werden.

Literatur, Musik und Film

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Zu den eigenen Buchreihen gehörte z. B. „Haidnische Alterthümer“, in der Hans-Michael Bock vergessene Romane des 18. und 19. Jahrhunderts unter dem Motto „Die Lieblingsbücher von Arno Schmidt“ publizierte. Daneben verlegte Zweitausendeins auch Bücher z. B. des Comic-Zeichners Robert Crumb, Gerichtsreportagen von Peggy Parnass, Texte von Bob Dylan, Übersetzungen von Harry Rowohlt, die Autobiografie von Woody Guthrie, die gesammelten Werke von Eckhard Henscheid und andere Werke der „Neuen Frankfurter Schule“ (F. W. Bernstein, Robert Gernhardt, F. K. Waechter). Zweitausendeins vertrieb auch politisch wichtige Dokumentationen wie die „Deutschland-Berichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Sopade) 1934–1940“ und verlegte Kunstbände und Bücher zu Film und Fotografie.

Zweitausendeins vertrieb von 1975 bis 1980 exklusiv die Bücher des März Verlages. Ab 2004 waren die Titel des Verlags Rogner & Bernhard bis zu dessen Übernahme durch Kein & Aber im Jahre 2015 exklusiv über Zweitausendeins erhältlich. Die Publikationen des Haffmans Verlags, darunter Titel wie der alljährliche Raben-Kalender, erscheinen seit 2002 ausschließlich bei Zweitausendeins. Auch die Schallplatten des Labels Mood Records, die Klassik-Titel des holländischen Labels Brilliant Classics und das Weltmusik-Label Network Medien wurden in Deutschland längere Zeit exklusiv über Zweitausendeins vertrieben. Zudem befindet sich das Label Blue Angel im Firmenbesitz.

Neben dem Verlag und dem Buchvertrieb ist das umfangreiche CD-, Vinyl- und DVD-Angebot weiterhin das zweite Standbein der Firma. Insbesondere die Zweitausendeins Edition mit über 650 lieferbaren Filmtiteln auf DVD wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut.[13]

Übernahme durch Gebrüder Kölmel und wirtschaftliche Krise

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Die Beteiligungsgesellschaft MK Medien Beteiligungs GmbH der Kinowelt-Gründer und Brüder Michael Kölmel und Rainer Kölmel aus Leipzig übernahm Zweitausendeins 2006 zu einem nicht genannten Kaufpreis. Zu diesem Zeitpunkt war das Unternehmen bereits in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und hatte die eigene Logistikabteilung auflösen müssen.[14] Firmengründer Lutz Kroth verabschiedete sich im „Merkheft“ vom Januar 2007 von den Lesern und erklärte, sich nach 37 Jahren in den Ruhestand zurückzuziehen. An Lutz Kroths Stelle trat Till Tolkemitt (Sohn von Waltraud Tolkemitt, geborene Staben, und des Finanzwissenschaftlers Georg Tolkemitt[15]) als Geschäftsführer. In der Folge wurde versucht, durch Ausbau der Internetpräsenz und ein Shop-in-Shop-System in Kooperation mit örtlichen Buchhändlern den Umsatz zu steigern. Ende 2009 umfasste das Vertriebsnetz neben 14 eigenen Läden 35 solcher „Partnershops“.[16][17]

Dennoch gingen die Umsätze, auch aufgrund der Krise im CD-Markt, weiter zurück,[18] Zweitausendeins machte siebenstellige Verluste pro Jahr und wurde nur durch zusätzliche Mittel des Eigentümers Michael Kölmel am Leben erhalten.[19] Weitere namhafte Mitarbeiter schieden aus: Nach exakt vierzigjähriger Zugehörigkeit beendete Guestwriter Bertel Schmitt 2009 nach Verfassen des Jubiläums-Merkhefts die Mitarbeit. Geschäftsführer Till Tolkemitt verließ am 1. Oktober 2009 das Unternehmen, um in Berlin den Verlag Haffmans & Tolkemitt zu gründen.[20] Wolfgang Müller, letztes verbliebenes Mitglied des Zweitausendeins-Gründertrios Reinecke-Treumann-Müller und zuständig für die Musiksparte, beendete zum 31. März 2010 seine Tätigkeit bei Zweitausendeins.

Auf Tolkemitt folgte zunächst Hubert Snehotta und dann Ende 2009 Ralph Koch und Bianca Krippendorf als Geschäftsführer. Letztere war bis dahin Justiziarin der MK Medien und Assistentin von Michael Kölmel gewesen war. Auf Ralph Koch als Geschäftsführer folgte Andreas Kalski. Um Kosten zu senken, wurden Anfang 2010 der Verlags- und Marketingstandort Hamburg aufgegeben und die Verwaltung in Frankfurt konzentriert.[17] Anfang Juni 2010 einigten sich Geschäftsführung und Betriebsrat zur Abwendung der drohenden Insolvenz auf ein Sanierungskonzept, das unter anderem die Entlassung von 51 der 116 Beschäftigten und die Aufgabe der eigenen Kundenbetreuung vorsah.[21]

Im Jahr 2011 verlegte Zweitausendeins seinen Firmensitz von Frankfurt am Main nach Leipzig. Seit Februar 2017 liegen die Produktion und der Vertrieb des ehemaligen Zweitausendeins-Kundenkatalogs „Merkheft“ bei der Ganske-Verlagsgruppe. Das Merkheft erscheint in der zu Ganske gehörenden Frölich & Kaufmann GmbH, deren Geschäftsführer Andreas Kaufmann und Thomas Ganske sind.[22] Hierzu wurde das Geschäftsvermögen des Merkhefts aus der Zweitausendeins Versand-Dienst GmbH in die in Berlin neu gegründete Merkheft GmbH überführt. Nach der Überführung wurde die GmbH wieder aufgelöst. Die Geschäftsführung lag zunächst bei Bianca Krippendorf, danach bei Andreas Kaufmann. Ein wesentlicher Teil der Produktpalette von Zweitausendeins wird auch bei Frölich & Kaufmann GmbH vertrieben.[23]

Im Laufe des Jahres 2017 wurde der Geschäftsbetrieb der Zweitausendeins Versand-Dienst GmbH in die neue Zweitausendeins GmbH & Co. KG unter Geschäftsführung von Peter Deisinger und Nicolas Kölmel überführt. Die persönlich haftende Gesellschaft ist die Kinowelt Einzelhandels GmbH. Seit Oktober 2017 gehört die Leipziger Verlagsgruppe Seemann Henschel mit den traditionsreichen Verlagen E.A. Seemann, Henschel und Edition Leipzig zu dem gleichen Konzern wie Zweitausendeins.[24] Nach Aufgabe der eigenen Logistik im Jahre 2006 ist diese nach häufig wechselnden Dienstleistern seit 2021 wieder in eigener Hand. Zu diesem Zwecke wurde eine Halle unweit des Firmensitzes angemietet. Dies ging einher mit einem Relaunch des Webshops und Verbringung der Waren aus dem Lager des Dienstleisters in die eigene Halle. Von Ende 2022 bis Anfang 2024 wurde die Geschäftsführung von Peter Deisinger gemeinsam mit Bianca Krippendorf geleitet.[25] Seit März 2024 ist Bianca Krippendorf alleinige Geschäftsführerin. Seitdem konzentriert sich die Zweitausendeins GmbH & Co. KG in Leipzig auf das Verlagsgeschäft, auf den Betrieb und Ausbau der eigenen Verlagsauslieferung und Logistik sowie den Filialbetrieb in Leipzig. Die neue Domain des Verlages ist seither www.zweitausendeins-verlag.de. Bei Zweitausendeins sind zuletzt Kai Grehns Hörspiel Kennen Sie Emily Dickinson? mit Birgit Minichmayr als Sprecherin, der Dokumentarfilm Cicero. Zwei Leben, eine Bühne, Nicola Bardolas Biografien über John Lennon und Yoko Ono sowie Werke von Gustave Flaubert, Arthur Conan Doyle oder Charles Baudelaire erschienen. Zusätzlich erscheint nach wie vor jährlich der traditionsreiche Raben-Kalender.

Ende und Neubeginn des Filialbetriebs

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Zweitausendeins-Laden im Geschwister-Scholl-Haus in Leipzig (2021)

Im April 2012 gab Zweitausendeins bekannt, die Läden schließen und sich auf den Versandhandel konzentrieren zu wollen.[26][27] Zweitausendeins bot über das Merkheft Investoren an, die Läden im Franchise-System zu übernehmen. Die Läden, für die sich keine Franchisenehmer fanden, wurden bis 2016 geschlossen.[28][29] Der einzige seit 2013 als Franchise geführte und somit letzte verbliebene Zweitausendeins-Laden in Frankfurt am Main schloss am 23. März 2017.[9][30] Es bleiben die derzeit 16 (Stand: Januar 2023) sogenannten Zweitausendeins-Kooperationen in örtlichen Buchhandlungen, die eine Auswahl des Sortiments führen sowie alle Artikel bestellen können.[31]

Im Oktober 2018 eröffnete Zweitausendeins im Volkshaus in Leipzig wieder ein eigenes Ladengeschäft.[32] Seit Oktober 2021 ist die Filiale im Geschwister-Scholl-Haus nahe der Nikolaikirche zu finden.[33]

  • Nur bei uns – Wie Zweitausendeins die Gegenkultur verlegte. Radio-Feature, Deutschland, 54:07 Min., 2019, Buch und Regie: Oliver Kobold, Jochen Wobser, Produktion: SWR2, Reihe: Feature am Sonntag, Erstsendung: 10. März 2019, Audio-Datei, Manuskript.

Einzelnachweise

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  1. Merkheft 245, Juli 2011.
  2. a b Peter Unfried: Ich sitze am Ufer eines Flusses und warte. In: die tageszeitung, 23. Dezember 2006, Interview mit Lutz Kroth.
  3. a b Mathias Bröckers: Zweitausendeins. Der Versand. 40 Jahre danach. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-86150-999-8, S. 59.
  4. Sonnenberg, Von Marx zum Maulwurf, S. 287.
  5. Oliver Kobold und Jochen Wobser: Nur bei uns. Wie Zweitausendeins die Gegenkultur verlegte. In: SWR2, Radio-Feature, 10. März 2019, (PDF; 324 kB).
  6. Bröckers, Zweitausendeins, ISBN 978-3-86150-999-8, S. 5.
  7. Bröckers, Zweitausendeins, ISBN 978-3-86150-999-8, S. 8 und 67.
  8. Willi Winkler: Drei F[r]ische [sic!] als Verleger. (Memento vom 16. Mai 2017 im Internet Archive). In: Die Zeit, 14. Oktober 1994.
  9. a b Hans Riebsamen: Frankfurter Laden schließt: Zweitausendaus. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 30. Juni 2022]).
  10. Google-Suchanfrage: "Bertel Schmitt". Abgerufen am 10. September 2009.
  11. Sabine Rosenbladt: Die Photographin Eva Kroth: Ansichten von Frauen. (Memento vom 19. Januar 2017 im Internet Archive). In: Zeitmagazin, 2. Dezember 1977.
  12. Zweitausendeins in Nürnberg schließt seine Filiale auf nordbayern.de, vom 25. Januar 2014, abgerufen am 11. Januar 2024
  13. Film - Zweitausendeins-Titel. Abgerufen am 30. Juni 2022.
  14. Thorsten Winter: Medien: Zweitausendeins: In der Nische wachsen statt Kosten senken. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 30. Juni 2022]).
  15. Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 24. Ausgabe. Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 1255.
  16. Zweitausendeins – 40 Jahre danach. „Wir feiern: Zweitausendeins ist 40!“ Mathias Bröckers hat unsere Geschichte aufgeschrieben. (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive). In: Zweitausendeins, Februar 2009.
  17. a b TW: Zweitausendeins: Umzug nach Mainhattan. (Memento vom 18. Mai 2015 im Internet Archive). In: Börsenblatt, 11. Dezember 2009.
  18. Thorsten Winter: Versandhandel: Zweitausendeins sieht die „schwarze Null“. (Memento vom 19. Mai 2015 im Internet Archive). In: FAZ, 12. Februar 2008.
  19. Tag der Entscheidung für Zweitausendeins. 4. Juni 2010, abgerufen am 30. Juni 2022 (deutsch).
  20. TW: Tolkemitt und Haffmans machen sich selbstständig. (Memento vom 19. Oktober 2018 im Internet Archive). In: Börsenblatt, 8. Oktober 2009.
  21. Agenda Zweitausendeins. Buch- und Medienhändler verabschiedet Sanierungsplan. (Memento vom 21. Juli 2012 im Webarchiv archive.today). In: Buchreport, 9. Juni 2010.
  22. Impressum | Jetzt online kaufen. Abgerufen am 30. Juni 2022.
  23. Zweitausendeins. Merkheft. Abgerufen am 5. Oktober 2023.
  24. Jahresrückblick 2017: Themen im Oktober. In: Buchreport, 21. Dezember 2017.
  25. Zweitausendeins. Der Verlag. Abgerufen am 15. August 2023.
  26. Zweitausendeins in Frankfurt schließt. 6. Januar 2017, abgerufen am 30. Juni 2022 (deutsch).
  27. Willi Winkler: Kulturrevolution ade. Abgerufen am 30. Juni 2022.
  28. Franziska Gerlach: Der Letzte macht das Licht aus. In: Süddeutsche Zeitung, 20. September 2013.
  29. Volker Albers: Kulturhändler Zweitausendeins: Auch die Filiale in den Colonnaden macht dicht. (Memento vom 9. April 2014 im Internet Archive). In: Hamburger Abendblatt, 30. April 2013.
  30. Jan Willmroth: Der Zeitgeist siegt. Abgerufen am 30. Juni 2022.
  31. Unser Laden und unsere Kooperationen. Abgerufen am 23. Juli 2023.
  32. "Wir blicken wieder nach vorn!" Abgerufen am 30. Juni 2022.
  33. Zweitausendeins-Laden zieht in Leipziger Innenstadt. 15. September 2021, abgerufen am 30. Juni 2022 (deutsch).