„Udars“ – Versionsunterschied
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Udars auf der Wahlung, der Halbinsel östlich gegenüber der Insel Hiddensee,östlich der Landstraße von Granskevitz- Schaprode unweit der Udarser Wiek liegend, der Name aus dem slawischen Sprachraum stammend - "udarzici" = "die Männer des Udarg. |
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'''Udars''' ist ein Ortsteil und ein Dorf der Gemeinde [[Schaprode]] im nordwestlichen Teil der Insel [[Rügen]]. Udars liegt südlich der Landstraße von Schaprode im Westen nach [[Trent (Rügen)|Trent]] im Osten unweit der [[Udarser Wiek]]. Der Name stammt aus dem slawischen Sprachraum („udarzici“ = „die Männer des Udarg“) und war vermutlich slawischer Fürstensitz. |
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Udars war vermutlich slawischer Fürstensitz, erste urkundliche Nachrichten stammen aus dem frühen 14. Jhdt. Eigentümer waren v. Pentz (vor 1408), v. Barnekow, bis zur Reformation das Kloster Hiddensee und danach Dominialbesitz = Eigentum des Landesherrschers. Der letze Herzog aus dem Greifengeschlecht Pommern richtete den Besitz um 1624 als Witwensitz für seine Gattin ein, deren Schwägerin, die Herzogin von Croy, Udars nach ihrem Ableben um 1629 erbte. Ihr Sohn veräusserte Udars 1657 an die Stralsunder Ratsfamilie von Wolfrad, die nach 1734 an die Familie v. Usedom auf Kartzitz abgab. Diese hielt den Gutsbesitz mit etwa 400 ha bester Böden an der Udarser Wiek bis etwa 1901. Hiernach erwarb bürgerlicher Besitzer das Gut, gab es aber schon bald weiter. Sein Nachfolger errichtete um 1920 die passablen Arbeiterwohnhäuser an der Ortseinfahrt.In der Zeit der Weltwirtschaftskrise geriet der Besitz in den Bankrott und wurde von der Berliner Siedlerbank aufgeteilt und an überwiegend aus dem Holsteinischen stammende nachgeborene Bauernsöhne verkauft, die hiert kleinere Landwirtschaften mit 20 bis 35 ha einrichteten.Die Hauptgebäude, d.h. das Schloss ( Bezeichnung fast aller Gutshäuser in Ostelbien ) und eine kleinere Fläche nebst Gutspark übernahm Carl von Schultz-Granskevitz, der hier in den 30er Jahren Mitarbeiter wohnen ließ und einen Anzuchtgarten einrichtete. - Bis zum und nach dem Kriegsende war Schloss Udars in raschem Wechsel Lazarett, nach der Enteignung dann sowjetgenutztes Gebäude und Flüchtlingswohnhaus. Anfang der 50er Jahre wurde es als Eigentum der "Vereinigung volkseigener Güter, Schwerin" zugeschrieben. Bis 1994 war es dann Mitarbeiterwohnhaus für das VEG - volkseigene Gut - Tierproduktion Granskevitz, dessen letzter Direktor Eckard Daberkow war. Hiernach erwarb Matthias Graf von Krockow Gutshaus und kleinen Park, legte mit Hilfe von fleissigen Mitarbeitern aus den benachbarten Dörfern das Parkgelände als englischen Landschaftspark wieder frei, indem die rd. 12 stark verwilderten Schrebergärten entsorgt wurden, beschaffte den letzten Mietern Ersatzwohnungen und entsorgte Schloss von containerweise abzufahrendem Müll und Einbauten der Zeit von 1940 bis 1994. |
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Um das Haus sinnvollen Zwecken zuzuführen, wurden verschiedene Konzepte entwickelt. So sollte Udars Aussenstelle des pommerschen Landesmuseums für Wechselausstellungen werden, auch ein Schmetterlingspark war mit Hilfe der Fürstin Bismark-Friedrichruhe geplant. Sämtlich Vorhaben waren nicht umsetzbar, weil entweder Gemeinde und Kreis oder andere öffentliche Stellen massiv blockierten. 1998 war Schloss Udars noch einmal strahlender Mittelpunkt eines großen Festes, wo über dreihundert Menschen am sog. Herrentag = Vatertag Polterabendgäste waren. 2005 übernahm eine Spekulantengruppe aus dem Allgäu den Besitz von Graf Krockow unter denkwürdigen Begleitumständen und aktiver Hilfestellung des örtlichen Bürgermeisters, um ihn "bestmöglich zu verwerten" ..... . - Hiermit endet die Bedeutung von Schloss Udars als Bestandteil pommerscher Herzogs- und Adelskultur endgültig und unwiederbringlich. |
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Das Schloss ist ein neunachsiger Bau von etwa 16 x 34 m, der um 1660 über wesentlich älterem Gebäude errichtet wurde. Aus dem Ursprung stammt ein gotischer Kreuzgewölbekeller unter der Südseite des Hauses. Der westliche Kellerbereich ist noch vermauert, in ihm ruhen wohl - wie unter Schloss Granskevitz auch - Pesttote, die dort vor 1650 notbestattet worden sind. Der zweigeschossige Putzbau mit geohrten Putzfaschen hat ein im 19 Jhdt. errichtetes gekrontes hohes Mansarddach mit Zwerchgiebeln nach Osten (Hofseite) und Westen (Feld-/Parkseite), sowie einigen aus dieser Zeit stammenden Gaupen. Erhalten aus diesem Ursprung sind das schlichte Treppenhaus mit barocken Brettbalustern, die barocke Eingangstür (teilweise nachträglich verkleidet), zwei offene Kamine im großen Saal im ersten Obergeschoß und Reste von textilen Wandbespannungen. Im EG-Seitenflur am südlichen Seiteneingang wurde ein offener Rauchfang freigelegt, der aus der Zeit vor 1660 stammt. Schloss Udars stand bereits zu DDR-Zeiten unter Denkmalschutz und wurde nach dem Beitritt in die Denkmalschutzliste des Kreises Rügen aufgenommen. Der regionale Volksmund berichtet von einem unterirdischen Gang, der zum Gutshaus nach Streu-Schaprode führen soll, weiterhin soll der Geist der letzten Gräfin Usedom im Haus umgehen, die Anfang des 20. Jhdt. fernab der Insel Rügen in Frankfurt verstarb. Auch ein Puck soll auf Udars beheimatet sein, der vor vierhundert Jahren über Holstein aus Skandinavien kam..... . |
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Quellen: u.A. Landesarchiv Greifswald, Pommersches Urkundenbuch, Landwirtschaftliches Adreßbuch von Pommern, Graf Krockow/Valencia |
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== Geschichte == |
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Literatur: Sabine Bock/Herrenhäuser und Schlösser auf Rügen - Ohle-Baier/Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen - Baier u.a./Die Bau- und Kunstdenkmale in Mecklenburg-Vorpommern/Vorpommersche Küstenregion - Piltz/Kunstführer durch die DDR |
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Erste urkundliche Nachrichten stammen aus dem frühen 14. Jahrhundert. Eigentümer waren die Familien von Pentz (vor 1408), von [[Barnekow (Adelsgeschlecht)|Barnekow]] und bis zur [[Reformation]] das [[Kloster Hiddensee]]. Danach war der Ort in [[Dominium|Dominialbesitz]]. Der letzte Herzog von Pommern-Wolgast, [[Philipp Julius]], richtete den Besitz um 1624 als Witwensitz für seine Gattin [[Agnes von Brandenburg (1584–1629)|Agnes]] ein, und vereinigte die bis dahin bestehenden drei Bauerngehöfte zum Vorwerk Agnesen- oder Agnisenhof. |
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Die Schwester des letzten Pommernherzogs, die Herzogin [[Anna von Croÿ]], erhielt Udars 1629 als Geschenk. Ihr Sohn [[Ernst Bogislaw von Croy]] veräußerte Udars 1657<ref>{{Literatur |Autor=[[Carl Gesterding]] |Titel=Genealogien und beziehungsweise Familienstiftungen Pommerscher, besonders ritterschaftlicher Familien |Sammelwerk=Erste Sammlung |Band=X. Die Familie von Wolffradt |Verlag=G. Reimer |Ort=Berlin |Datum=1842 |Seiten=208 |Online=http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/content/pageview/7673512?query=Udars |Abruf=2022-03-04}}</ref> an die Stralsunder Ratsfamilie von Wolfrad, die Udars nach 1734 an die Familie von [[Usedom (Adelsgeschlecht)|Usedom]] auf Kartzitz abgab. Der Wirkliche Geheime Rat und Kammerherr Guido von Usedom-Kartzitz gehörten mehrere Güter, auch Udars.<ref>{{Literatur |Titel=Matrikeln und Verzeichnisse der Pommerschen Ritterschaft vom XIV. bis in das XIX. Jahrhundert |Hrsg=[[Robert Klempin]], [[Gustav Kratz]] |Band=VII. Verzeichniß der am 1. Januar 1862 mit landtags- und kreistagsfähigen Rittergüter |Verlag=Commission bei A. Bath (Mittler`s Sortimentsbuchhandlung) |Ort=Berlin |Datum=1863 |Seiten=635–636 |Online=http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/content/pageview/7793150?query=Udars |Abruf=2022-03-04}}</ref> Diese hielt den Gutsbesitz mit etwa vierhundert Hektar an der [[Udarser Wiek]] bis etwa 1901. Hiernach erwarb ein bürgerlicher Besitzer das Gut, gab es aber schon bald weiter. |
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Sein Nachfolger Fritz Kroos errichtete nach 1920 Arbeiterwohnhäuser an der Ortseinfahrt. In der Zeit der [[Weltwirtschaftskrise]] geriet der Besitz in den Bankrott und wurde von der Berliner Siedlerbank aufgeteilt und an überwiegend aus dem Holsteinischen stammende Familien verkauft, die hier kleinere Landwirtschaften mit 20,5 bis 31,0 Hektar einrichteten. Nach dem 1939 letztmals amtlich publizierten ''Landwirtschaftlichen Güter-Adressbuch Pommern'' waren dies A. Brüdgam, K. Obsthagen, E. Ratje, H. Rogge sowie H. Wohlers.<ref>{{Literatur |Titel=Landwirtschaftliches Adreßbuch der Provinz Pommern 1939. Verzeichnis von ca. 20000 landwirtschaftlichen Betrieben von 20 ha aufwärts mit Angabe der Besitzer, Pächter und Verwalter, der Gesamtgröße des Betriebes und Flächeninhalt der einzelnen Kulturen; nach amtlichen Quellen |Hrsg=H. Seeliger |Sammelwerk=Letzte Ausgabe Paul Niekammer |Band=Band I f. Ausgabe Pommern, Kreis Rügen |Nummer=Reprint Klaus D. Becker Potsdam |Auflage=9 |Verlag=Verlag von Niekammer’s Adreßbüchern G.m.b.H. |Ort=Leipzig |Datum=1939 |Seiten=57 |Online=https://www.google.de/books/edition/Landwirtschaftliches_Adre%C3%9Fbuch_der_Prov/LzgDEAAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Udars+1939&pg=PA57&printsec=frontcover |Abruf=2022-03-04}}</ref> |
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Das Hauptgebäude, Herrenhaus, das Inspektorat und eine kleinere Fläche nebst Gutspark und westlich hiervon gelegener Gartenparzelle übernahm Karl von Schultz-Granskevitz, der hier in den 1930er Jahren Mitarbeiter wohnen ließ und einen Anzuchtgarten für seinen Saatzuchtbetrieb „Norddeutsche Saatzuchtgesellschaft KG von Schultz-Granskevitz“ einrichtete. Bis zum und nach dem Kriegsende war das Herrenhaus Udars in raschem Wechsel Lazarett, nach der Enteignung von der [[Rote Armee|Roten Armee]] genutztes Gebäude und Flüchtlingswohnhaus. Karl von Schultz, dessen Vorfahren das Besitztum durch Einheiratung aus der alten Rügen-Familie [[Grafen von Platen|von Platen-Granskevitz]] übernahmen, wurde von der [[Sowjetische Militäradministration in Deutschland|Sowjetischen Militäradministration in Deutschland]] 1945 verschleppt und war seitdem verschollen.<ref>{{Literatur |Autor=Walter v. Hueck, Erik Amburger, Ernst-Otto v. Dewitz, Friedrich Wilhelm Euler |Titel=Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser / B (Briefadel/ nach 1400 nobilitiert). 1986 |Hrsg=[[Deutsches Adelsarchiv]] e. V. |Sammelwerk=[[Genealogisches Handbuch des Adels|GHdA]], von 1951 bis 2014; Nachfolge im [[Gothaisches Genealogisches Handbuch|GGH]] |Band=XVII |Nummer=89 |Verlag=C. A. Starke |Ort=Limburg an der Lahn |Datum=1986 |ISSN=0435-2408 |Seiten=386–397 |Online=https://d-nb.info/871003228 |Abruf=2022-03-04}}</ref> |
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== Herrenhaus Udars == |
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[[Datei:Herrenhaus Udars.jpg|mini|Das Herrenhaus in Udars am 16. März 2014.]] |
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Das Herrenhaus Udars ist ein neunachsiger Bau von etwa 16 × 34 m, der um 1660 über wesentlich älterem Gebäude errichtet wurde. Aus dem Ursprung stammt ein [[Gotik|gotischer]] [[Kreuzgewölbe]]keller unter der Südseite des Hauses. Der nördliche Kellerbereich ist vermauert und mit Sand verfüllt. In diesem wurden vermutlich Pesttote vor 1650 notbestattet. Im Frühsommer 1994 wurde dieser vermauerte Bereich an drei Stellen mit größeren Bohrlöchern zwecks Probenentnahme erschlossen, aber nicht dergleichen gefunden. |
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Der zweigeschossige Putzbau mit geohrten Putz[[fasche]]n an den Fenstern und ausgeprägten [[Bossenwerk|Eckrustizierungen]] hat ein im 19. Jahrhundert errichtetes, gekrontes hohes Mansarddach mit Zwerchgiebeln nach Osten (Hofseite) und Westen (Feld-/Parkseite), sowie einigen aus dieser Zeit stammenden Gaupen. |
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Erhalten aus dem Umbau von 1660 sind das schlichte Treppenhaus mit [[barock]]en [[Baluster|Brettbalustern]], der Dienstbotenaufgang, die barocke Eingangstür (teilweise nachträglich verkleidet), einige Innentüren und Fenster, zwei offene Kamine im großen Saal im ersten Obergeschoss, teilweise schlichte Stuckleisten in den alten Räumen und spärliche Reste von textilen Wandbespannungen. Im Erdgeschoss-Seitenflur am südlichen Seiteneingang wurde ein offener Rauchfang freigelegt, der aus der Zeit vor 1660 stammt. |
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Anfang der 1950er Jahre wurde das Herrenhaus Teil der „Vereinigung volkseigener Güter, Schwerin“. Bis 1994 war es dann Mitarbeiterwohnhaus für das VEG ([[Volkseigenes Gut]]) Tierproduktion Granskevitz, dessen letzter Direktor Eckard Daberkow war. Hiernach erwarb [[Matthias Graf von Krockow]] das Herrenhaus und kleinen Park, die von ihm geplante Sanierung des Hauses blieb in den Anfängen stecken. |
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Für die Nutzung des Gebäudes wurden verschiedene Konzepte entwickelt. So sollte Udars Außenstelle des pommerschen Landesmuseums für Wechselausstellungen werden, auch ein Schmetterlingspark war geplant. Eine Finanzierung der restlichen Investsumme kam durch das Ausbleiben der behördlichen Genehmigungen für Um-, respektive Neubau und Nutzungsänderung nicht zustande. Seit 2004 war das Herrenhaus Udars im Besitz einer Familie aus Kempten, die es 2012 an einen skandinavischen Privatmann verkaufte. |
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Das Gebäude stand bereits zu DDR-Zeiten unter Denkmalschutz und wurde nach dem Beitritt unter der Nr. 764 in die Denkmalschutzliste des Landkreises Rügen aufgenommen. |
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== Sage == |
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Der regionale Volksmund berichtet von einem unterirdischen Gang, der zum Gutshaus nach Streu-Schaprode führen soll; weiterhin soll der Geist der letzten Gräfin Usedom im Haus umgehen, die Anfang des 20. Jahrhunderts fernab der Insel Rügen in Frankfurt verstarb. Auch ein Puck soll auf Udars beheimatet sein, der vor vierhundert Jahren über Holstein aus Skandinavien kam. |
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== Literatur == |
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* [[Pommersches Urkundenbuch]] |
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* Landwirtschaftliche Adressbücher von Pommern |
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* [[Sabine Bock]] und Thomas Helms: ''Herrenhäuser und Schlösser auf Rügen'', Edition Temmen, 3. Auflage 2011, ISBN 3-86108-912-2 |
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* Walter Ohle, Gerd Baier: ''Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen''. Seemann, Leipzig, 1963. Nachdruck/Reprint Steinbecker, Greifswald, 1997. ISBN 978-3-931483-04-3 |
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* Gerd Baier, Horst Ende, Beatrix Dräger, Dirk Handorf, Brigitte Oltmanns: ''Die Bau- und Kunstdenkmale in Mecklenburg-Vorpommern/Vorpommersche Küstenregion.'' Henschel, Leipzig, 1995, ISBN 978-3-89487-222-9 |
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* [[Georg Piltz]]: ''Kunstführer durch die DDR.'' Urania-Verlag, Leipzig, Jena, Berlin. 1969 |
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== Weblinks == |
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* {{LBMV PPN|234531207}} |
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== Einzelnachweise == |
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<references /> |
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[[Kategorie:Ort im Landkreis Vorpommern-Rügen]] |
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[[Kategorie:Ort auf Rügen]] |
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[[Kategorie:Dorf]] |
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[[Kategorie:Schaprode]] |
Aktuelle Version vom 6. April 2025, 18:41 Uhr
Udars ist ein Ortsteil und ein Dorf der Gemeinde Schaprode im nordwestlichen Teil der Insel Rügen. Udars liegt südlich der Landstraße von Schaprode im Westen nach Trent im Osten unweit der Udarser Wiek. Der Name stammt aus dem slawischen Sprachraum („udarzici“ = „die Männer des Udarg“) und war vermutlich slawischer Fürstensitz.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Erste urkundliche Nachrichten stammen aus dem frühen 14. Jahrhundert. Eigentümer waren die Familien von Pentz (vor 1408), von Barnekow und bis zur Reformation das Kloster Hiddensee. Danach war der Ort in Dominialbesitz. Der letzte Herzog von Pommern-Wolgast, Philipp Julius, richtete den Besitz um 1624 als Witwensitz für seine Gattin Agnes ein, und vereinigte die bis dahin bestehenden drei Bauerngehöfte zum Vorwerk Agnesen- oder Agnisenhof.
Die Schwester des letzten Pommernherzogs, die Herzogin Anna von Croÿ, erhielt Udars 1629 als Geschenk. Ihr Sohn Ernst Bogislaw von Croy veräußerte Udars 1657[1] an die Stralsunder Ratsfamilie von Wolfrad, die Udars nach 1734 an die Familie von Usedom auf Kartzitz abgab. Der Wirkliche Geheime Rat und Kammerherr Guido von Usedom-Kartzitz gehörten mehrere Güter, auch Udars.[2] Diese hielt den Gutsbesitz mit etwa vierhundert Hektar an der Udarser Wiek bis etwa 1901. Hiernach erwarb ein bürgerlicher Besitzer das Gut, gab es aber schon bald weiter.
Sein Nachfolger Fritz Kroos errichtete nach 1920 Arbeiterwohnhäuser an der Ortseinfahrt. In der Zeit der Weltwirtschaftskrise geriet der Besitz in den Bankrott und wurde von der Berliner Siedlerbank aufgeteilt und an überwiegend aus dem Holsteinischen stammende Familien verkauft, die hier kleinere Landwirtschaften mit 20,5 bis 31,0 Hektar einrichteten. Nach dem 1939 letztmals amtlich publizierten Landwirtschaftlichen Güter-Adressbuch Pommern waren dies A. Brüdgam, K. Obsthagen, E. Ratje, H. Rogge sowie H. Wohlers.[3]
Das Hauptgebäude, Herrenhaus, das Inspektorat und eine kleinere Fläche nebst Gutspark und westlich hiervon gelegener Gartenparzelle übernahm Karl von Schultz-Granskevitz, der hier in den 1930er Jahren Mitarbeiter wohnen ließ und einen Anzuchtgarten für seinen Saatzuchtbetrieb „Norddeutsche Saatzuchtgesellschaft KG von Schultz-Granskevitz“ einrichtete. Bis zum und nach dem Kriegsende war das Herrenhaus Udars in raschem Wechsel Lazarett, nach der Enteignung von der Roten Armee genutztes Gebäude und Flüchtlingswohnhaus. Karl von Schultz, dessen Vorfahren das Besitztum durch Einheiratung aus der alten Rügen-Familie von Platen-Granskevitz übernahmen, wurde von der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland 1945 verschleppt und war seitdem verschollen.[4]
Herrenhaus Udars
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Das Herrenhaus Udars ist ein neunachsiger Bau von etwa 16 × 34 m, der um 1660 über wesentlich älterem Gebäude errichtet wurde. Aus dem Ursprung stammt ein gotischer Kreuzgewölbekeller unter der Südseite des Hauses. Der nördliche Kellerbereich ist vermauert und mit Sand verfüllt. In diesem wurden vermutlich Pesttote vor 1650 notbestattet. Im Frühsommer 1994 wurde dieser vermauerte Bereich an drei Stellen mit größeren Bohrlöchern zwecks Probenentnahme erschlossen, aber nicht dergleichen gefunden.
Der zweigeschossige Putzbau mit geohrten Putzfaschen an den Fenstern und ausgeprägten Eckrustizierungen hat ein im 19. Jahrhundert errichtetes, gekrontes hohes Mansarddach mit Zwerchgiebeln nach Osten (Hofseite) und Westen (Feld-/Parkseite), sowie einigen aus dieser Zeit stammenden Gaupen.
Erhalten aus dem Umbau von 1660 sind das schlichte Treppenhaus mit barocken Brettbalustern, der Dienstbotenaufgang, die barocke Eingangstür (teilweise nachträglich verkleidet), einige Innentüren und Fenster, zwei offene Kamine im großen Saal im ersten Obergeschoss, teilweise schlichte Stuckleisten in den alten Räumen und spärliche Reste von textilen Wandbespannungen. Im Erdgeschoss-Seitenflur am südlichen Seiteneingang wurde ein offener Rauchfang freigelegt, der aus der Zeit vor 1660 stammt.
Anfang der 1950er Jahre wurde das Herrenhaus Teil der „Vereinigung volkseigener Güter, Schwerin“. Bis 1994 war es dann Mitarbeiterwohnhaus für das VEG (Volkseigenes Gut) Tierproduktion Granskevitz, dessen letzter Direktor Eckard Daberkow war. Hiernach erwarb Matthias Graf von Krockow das Herrenhaus und kleinen Park, die von ihm geplante Sanierung des Hauses blieb in den Anfängen stecken.
Für die Nutzung des Gebäudes wurden verschiedene Konzepte entwickelt. So sollte Udars Außenstelle des pommerschen Landesmuseums für Wechselausstellungen werden, auch ein Schmetterlingspark war geplant. Eine Finanzierung der restlichen Investsumme kam durch das Ausbleiben der behördlichen Genehmigungen für Um-, respektive Neubau und Nutzungsänderung nicht zustande. Seit 2004 war das Herrenhaus Udars im Besitz einer Familie aus Kempten, die es 2012 an einen skandinavischen Privatmann verkaufte.
Das Gebäude stand bereits zu DDR-Zeiten unter Denkmalschutz und wurde nach dem Beitritt unter der Nr. 764 in die Denkmalschutzliste des Landkreises Rügen aufgenommen.
Sage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der regionale Volksmund berichtet von einem unterirdischen Gang, der zum Gutshaus nach Streu-Schaprode führen soll; weiterhin soll der Geist der letzten Gräfin Usedom im Haus umgehen, die Anfang des 20. Jahrhunderts fernab der Insel Rügen in Frankfurt verstarb. Auch ein Puck soll auf Udars beheimatet sein, der vor vierhundert Jahren über Holstein aus Skandinavien kam.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Pommersches Urkundenbuch
- Landwirtschaftliche Adressbücher von Pommern
- Sabine Bock und Thomas Helms: Herrenhäuser und Schlösser auf Rügen, Edition Temmen, 3. Auflage 2011, ISBN 3-86108-912-2
- Walter Ohle, Gerd Baier: Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen. Seemann, Leipzig, 1963. Nachdruck/Reprint Steinbecker, Greifswald, 1997. ISBN 978-3-931483-04-3
- Gerd Baier, Horst Ende, Beatrix Dräger, Dirk Handorf, Brigitte Oltmanns: Die Bau- und Kunstdenkmale in Mecklenburg-Vorpommern/Vorpommersche Küstenregion. Henschel, Leipzig, 1995, ISBN 978-3-89487-222-9
- Georg Piltz: Kunstführer durch die DDR. Urania-Verlag, Leipzig, Jena, Berlin. 1969
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Carl Gesterding: Genealogien und beziehungsweise Familienstiftungen Pommerscher, besonders ritterschaftlicher Familien. In: Erste Sammlung. X. Die Familie von Wolffradt. G. Reimer, Berlin 1842, S. 208 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 4. März 2022]).
- ↑ Robert Klempin, Gustav Kratz (Hrsg.): Matrikeln und Verzeichnisse der Pommerschen Ritterschaft vom XIV. bis in das XIX. Jahrhundert. VII. Verzeichniß der am 1. Januar 1862 mit landtags- und kreistagsfähigen Rittergüter. Commission bei A. Bath (Mittler`s Sortimentsbuchhandlung), Berlin 1863, S. 635–636 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 4. März 2022]).
- ↑ Landwirtschaftliches Adreßbuch der Provinz Pommern 1939. Verzeichnis von ca. 20000 landwirtschaftlichen Betrieben von 20 ha aufwärts mit Angabe der Besitzer, Pächter und Verwalter, der Gesamtgröße des Betriebes und Flächeninhalt der einzelnen Kulturen; nach amtlichen Quellen. In: H. Seeliger (Hrsg.): Letzte Ausgabe Paul Niekammer. 9. Auflage. Band I f. Ausgabe Pommern, Kreis Rügen, Reprint Klaus D. Becker Potsdam. Verlag von Niekammer’s Adreßbüchern G.m.b.H., Leipzig 1939, S. 57 (google.de [abgerufen am 4. März 2022]).
- ↑ Walter v. Hueck, Erik Amburger, Ernst-Otto v. Dewitz, Friedrich Wilhelm Euler: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser / B (Briefadel/ nach 1400 nobilitiert). 1986. In: Deutsches Adelsarchiv e. V. (Hrsg.): GHdA, von 1951 bis 2014; Nachfolge im GGH. Band XVII, Nr. 89. C. A. Starke, 1986, ISSN 0435-2408, S. 386–397 (d-nb.info [abgerufen am 4. März 2022]).
Koordinaten: 54° 31′ N, 13° 13′ O