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„Jacob van Utrecht“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Kreuzigungsretabel HL Jakobi 02.jpg|mini|Mögliches Selbstbildnis von Jacob van Utrecht im Kreuzigungsretabel in der Sakristei der Lübecker [[Jakobikirche (Lübeck)|Jakobikirche]] (ca. 1525)]]
'''Jacob van Utrecht''' ''(nach seiner [[Signatur]] Jacobus Traicentsis)'' (* um 1479 wohl in [[Utrecht]]; † nach 1525) war ein [[Niederlande|niederländischer]] Maler der Frührenaissance, der nachgewiesen in [[Antwerpen]] und [[Lübeck]] wirkte.
'''Jacob van Utrecht''', nach seiner [[Signatur (Kunst)|Signatur]] ''Jacobus Traiectensis'' (* um 1479 wohl in [[Utrecht]]; † nach 1525), war ein [[Niederlande|niederländischer]] [[Malerei|Maler]] der [[Frührenaissance]], der nachgewiesen in [[Antwerpen]] und [[Lübeck]] wirkte.

==Leben==
== Leben ==
[[Datei:Portrait of a Member of the Alardes Family (Jacob Claesz van Utrecht) - Nationalmuseum - 17225.tif|mini|Porträt ''Mitglied der Familie Alardes'', Nationalmuseum Stockholm]]
[[Datei:UtrechtPloennies.jpg|mini|Verkündigungsaltar]]
[[Datei:Kreuzigungsaltar Nødebo-Kirke.jpg|mini|Kreuzigungsaltar]]
[[Datei:Kreuzigungsretabel HL Jakobi 01.jpg|mini|Zugeschriebenes Kreuzigungsretabel aus der [[Jakobikirche (Lübeck)|Jakobikirche]]]]
[[Datei:JacobvanUtrechtKerckring.jpg|mini|Kerckring-Altar (1520): [[Maria lactans]] im Mittelteil, außen die Bilder der Stifter]]
Die weitgehend im Dunkeln liegenden Lebensumstände dieses bedeutenden [[Flandern|flämischen]] Künstlers wurden erst seit Ende des 19. Jahrhunderts erforscht und gedeutet. Seine Herkunft aus Utrecht ist bislang nicht völlig abgesichert. Er wird wohl um 1500 das Bürgerrecht von Antwerpen erlangt haben und wurde [[1506]] bis [[1512]] als [[Freimeister]] der [[Lukasgilde]] von Antwerpen geführt.
Die weitgehend im Dunkeln liegenden Lebensumstände dieses bedeutenden [[Flandern|flämischen]] Künstlers wurden erst seit Ende des 19. Jahrhunderts erforscht und gedeutet. Seine Herkunft aus Utrecht ist bislang nicht völlig abgesichert. Er wird wohl um 1500 das Bürgerrecht von Antwerpen erlangt haben und wurde [[1506]] bis [[1512]] als [[Freimeister]] der [[Lukasgilde]] von Antwerpen geführt.


Ab [[1519]] bis [[1525]] ist er als Mitglied der ''Leonardsbruderschaft'' in der [[Hansestadt]] Lübeck nachgewiesen. Danach verliert sich seine Spur im Dunkeln.
Ab [[1519]] bis [[1525]] ist er als Mitglied der ''Leonardsbruderschaft'' in der [[Hansestadt]] Lübeck nachgewiesen. Danach verliert sich seine Spur im Dunkeln.


==Signatur==
== Signatur ==
Neben ''Jacobus Traicetensis'' signierte er auch mit dem Namen ''Claez.''.
Neben ''Jacobus Traicetensis'' signierte er auch mit dem Namen ''Claez.''


==Werke==
== Werke ==
* ''Berliner Altar'', (1513), in der [[Gemäldegalerie (Berlin)|Gemäldegalerie]] in [[Berlin]];
* Triptychon mit der Kreuzabnahme (''Berliner Altar'')<ref>[https://www.bildindex.de/document/obj02558091 Abb.] im [[Bildindex der Kunst und Architektur]]</ref> (1513), in der [[Gemäldegalerie (Berlin)|Gemäldegalerie]] in [[Berlin]];
* ''Kölner Tafel'', (1515), für die Kirche [[Groß St. Martin (Köln)|Groß St. Martin]], heute im [[Wallraf-Richartz-Museum]] in [[Köln]];
* ''Kölner Tafel'' (1515), für die Kirche [[Groß St. Martin]], heute im [[Wallraf-Richartz-Museum]] in [[Köln]];
* ''Rochustafel'' (1515), [[Lübecker Dom]] (zugeschrieben)<ref>Uwe Albrecht (Hrsg.): ''Corpus der mittelalterlichen Holzskulptur und Tafelmalerei in Schleswig-Holstein.'' Band 2: ''Hansestadt Lübeck, Die Werke im Stadtgebiet.'' Ludwig, Kiel 2012, ISBN 978-3-933598-76-9, Nr. 42 S. 170</ref>
* ''[[Triptychon]] des Lübecker Ratsherrn Hinrich Kerckring'', (1520), [[St.-Annen-Kloster Lübeck|St.-Annen-Museum]] in Lübeck;
* ''Portrait einer jungen Lübecker Frau'', (um 1520), im [[Louvre]] in [[Paris]];
* ''[[Triptychon]] des Lübecker Ratsherrn Hinrich Kerckring'' (1520), [[Museumsquartier St. Annen|St.-Annen-Museum]] in Lübeck;
* ''Milchspende des Heiligen [[Bernhard von Clairvaux]]'' (um 1520), St.-Annen-Museum;
* ''Portrait eines Mannes mit Hündchen'', (um 1520), im [[Nationalmuseum (Stockholm)|Nationalmuseum]] in [[Stockholm]];
* ''Portrait Johann Wigerick'', (1522), auf [[Schloss Herdringen]];
* ''Porträt einer jungen Lübecker Frau'' (um 1520), im [[Louvre]] in [[Paris]];
* ''Porträt eines Mannes mit Hündchen'' bzw. eines Mitglieds der Familie Alardes (um 1520), im [[Schwedisches Nationalmuseum|Nationalmuseum]] in [[Stockholm]];
* ''Bildnis eines briefschreibenden Mannes'', (1524), Gemäldegalerie in Berlin;
* ''[[Verkündigung]]saltar'' (1520/22), mit den Bildern des Stifters und Ratsherrn [[Hermann Plönnies]] und seiner Frau, früher in der Sammlung ''Reedtz-Thott'' auf [[Schloss Gavnø]] auf der Insel Gavnø bei [[Næstved]] auf [[Seeland (Dänemark)|Seeland]], seit 2012 im St.-Annen-Museum in Lübeck<ref>[http://www.shz.de/nachrichtenticker-nord/artikeldetail/article//bedeutender-mittelalterlicher-altar-wieder-in-luebeck.html Bedeutender mittelalterlicher Altar wieder in Lübeck]{{Toter Link|date=2018-04 |archivebot=2018-04-16 16:40:35 InternetArchiveBot |url=http://www.shz.de/nachrichtenticker-nord/artikeldetail/article//bedeutender-mittelalterlicher-altar-wieder-in-luebeck.html }} (sh:z vom 10. Februar 2012)</ref>
* ''Männerportrait mit Ringen'', (1524), [[Eremitage (St. Petersburg)|Eremitage]] in [[St. Petersburg]];
* ''Porträt [[Mathias Mulich]]'' (1522), 2013 von den Lübecker Museen mit Unterstützung der [[Kulturstiftung der Länder]] bei [[Christie’s]] erworben
* ''Kreuzigungsaltar'', (um 1525), in [[Nøddebo]], [[Dänemark]]
* ''Porträt [[Hermann Plönnies]]'' (1522), Verbleib unklar
* ''Dreifaltigkeitsaltar'', (1525), für die [[Marienkirche (Lübeck)|Marienkirche]] in Lübeck - im 2. Weltkrieg infolge des Bombenangriffs zerstört.
* ''Bildnis eines Mannes'' (1523), Gemäldegalerie in Berlin (seit 1945 verschollen)<ref>[http://www.lostart.de/DE/Verlust/93363 Eintrag] in der ''lost art''-Datenbank, abgerufen am 8. März 2019</ref>
* ''Bildnis eines briefschreibenden Mannes'' (1524), Gemäldegalerie in Berlin;
* ''Männerportrait mit Ringen'' (1524), [[Eremitage (Sankt Petersburg)|Eremitage]] in [[Sankt Petersburg]];
* ''Porträt [[Johann Wigerinck]]'' (um 1525), Sammlung [[Fürstenberg (westfälisches Adelsgeschlecht)|Fürstenberg]] auf [[Schloss Herdringen]] bei [[Arnsberg]] im [[Sauerland]], als Dauerleihgabe im [[LWL-Museum für Kunst und Kultur]] in [[Münster]]<ref>''Renaissance und Barock: im Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster.'' Münster: Landesmuseum 2000, ISBN 978-3-88789-137-4, S. 94</ref>;
* ''[[Kreuzigung]]saltar'' (um 1525), in der [[Kirche von Nødebo]] im Norden der Insel [[Seeland (Dänemark)|Seeland]], [[Dänemark]].<ref>[http://www.noedebosogn.dk/~/media/noedebokirke/Files/N%C3%B8debo%20kirke%2083%20lav%20opl.ashx Kreuzigungsaltar in Nødebo]{{Toter Link|date=2018-04 |archivebot=2018-04-16 16:40:35 InternetArchiveBot |url=http://www.noedebosogn.dk/~/media/noedebokirke/Files/N%C3%B8debo%20kirke%2083%20lav%20opl.ashx }}</ref> Der Altar kam 1746 aus Helsingör in diese Kirche.
* ''Kreuzigungsaltar'' in der Sakristei der Lübecker [[Jakobikirche (Lübeck)|Jakobikirche]] (ca. 1525, zugeschrieben)<ref>[[Uwe Albrecht (Kunsthistoriker)|Uwe Albrecht]], Ulrike Nürnberger, [[Jan Friedrich Richter]], Jörg Rosenfeld, Christiane Saumweber: ''Corpus der Mittelalterlichen Holzskulptur und Tafelmalerei in Schleswig-Holstein.'' Band II: ''Hansestadt Lübeck, Die Werke im Stadtgebiet.'' Ludwig, Kiel 2012, ISBN 978-3-933598-76-9, S. 303–311, Nr. 98</ref>
* ''[[Dreifaltigkeit]]saltar'' (1525), für die [[Marienkirche (Lübeck)|Marienkirche]] in Lübeck beim [[Luftangriff auf Lübeck am 29. März 1942]] zerstört.


== Geschichte des Kerckringaltars ==
==Literatur==
Das im Jahr 1520 wohl als Hausaltar für den Lübecker Ratsherrn und Kaufmann [[Hinrich Kerckring]] geschaffene Kunstwerk zeigt als [[Triptychon]] auf den äußeren Flügeln den [[Stifter]] und seine Ehefrau. Auf der Mitteltafel die nährende [[Maria (Mutter Jesu)|Mutter Gottes]] mit dem Jesuskind. Die Familie Kerckring war eine in Lübeck ansässige, aus westphälischem Adel stammende Ratsfamilie, die im Rat der Stadt Lübeck vom Ende des 14. bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts nachweisbar ist<ref>[[Emil Ferdinand Fehling]]: ''Lübeckische Ratslinie.'' Lübeck 1925.</ref> und seit dem Spätmittelalter der einflussreichen [[Zirkelgesellschaft]] angehörte.
* H. Vogler: ''Das Tryptychon des Hinrich und der Katharina Kerckring von Jacob van Utrecht'', Lübeck 1999
Im Testament des Hinrich Kerkring wird dieser Altar nicht mehr erwähnt, dafür aber zum Beispiel der gesamte dort dargestellte Schmuck seiner Ehefrau. Damit beginnt das bislang nicht aufgeklärte Mysterium der [[Provenienzprinzip|Provenienz]] dieses Altars, der heute zu den bedeutsamsten Sammlungsstücken des [[St.-Annen-Kloster Lübeck|St.-Annen-Museums]] in Lübeck gehört.
* J. Barck: ''Das Kerckring-Triptychon von Jacob van Utrecht oder Die bürgerliche Säkularisierung mittelalterlicher Bildräume'', Frankfurt u.a.^, 2001, ISBN 3-631-36829-1


Die erste heute bekannte Erwähnung fand er 1893 in der alten Hansestadt [[Riga]] im [[Baltikum]].
==Weblinks==
Der [[Deutsch-Balten|deutsch-baltische]] Kaufmann [[Friedrich Wilhelm Brederlo]] (1779–1862) hatte als Kunstsammler in Riga eine große Kunstsammlung von über zweihundert Gemälden zusammengetragen. Sein Testament aus dem Jahr 1852 bestimmte, dass die Sammlung von seinen Töchtern in Verwaltung durch seinen Schwiegersohn Wilhelm von Sengbusch „in ihrem Bestande ungeteilt“ und Riga verbunden bliebe, ansonsten sie der Stadt Riga anzudienen sei. Ein 1893 erstellter Katalog der Brederloschen Sammlung erwähnt erstmals den Kerckring-Altar von 1520. Zur Herkunft dieses für die übrige Sammlung atypischen Stücks findet sich in den nachgelassenen Papieren kein Wort. Bei Eröffnung des Kunstmuseums in Riga 1905 übernahm dieses die gesamte Sammlung als [[Dauerleihgabe]] der Familie von Sengbusch, die einen zentralen Teil seiner Gemäldesammlungen bildete (heute im Rigaer [[Kunstmuseum Rigaer Börse|Museum für Ausländische Kunst]]).
* [http://www.lostart.de/recherche/global.php3?lang=german&search=Jacob+van+Utrecht&Submit=Search J. v. Utrecht bei Lostart]


Die [[Vertreibung]]en aufgrund des [[Deutsch-Sowjetischer Grenz- und Freundschaftsvertrag|Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrages]] betrafen auch die deutschstämmige Familie von Sengbusch, die bei ihrer Zwangsaussiedlung 1940 sieben der Gemälde mitnehmen durfte. Die restlichen Sammlungsstücke wurden anschließend von der Regierung unter [[Kārlis Ulmanis]] enteignet und in [[Lettland|lettisches]] Staatseigentum überführt.
[[Kategorie:Mann|Jacob van Utrecht]]
Nach dem Einmarsch der deutschen [[Wehrmacht]] im Baltikum wurde Lettland dem Generalkommissar für Lettland im [[Reichskommissariat Ostland]] [[Otto-Heinrich Drechsler]] unterstellt, der gleichzeitig noch [[Lübecker Bürgermeister|Bürgermeister]] von Lübeck war. Der eingesetzte deutsche Bürgermeister von Riga, [[Hugo Wittrock]], suchte nun dessen Gunst für seine eigenen politischen Absichten 1942 dadurch zu gewinnen, dass er ihm nach den Kriegszerstörungen des großen [[Luftangriff auf Lübeck am 29. März 1942|Bombenangriffs auf Lübeck]] vom März 1942 und den damit verbundenen immensen Kulturgutverlusten den Kerckring-Altar als Geschenk anbot.
Dieser Altar hatte in den 1920ern dadurch Bekanntheit erlangt, dass sich die kunstgeschichtliche Literatur verstärkt mit ihm befasst hatte. Die Übergabe der [[Beutekunst (Zweiter Weltkrieg)|Beutekunst]] erfolgte feierlich im Juni 1943 in Riga. So gelangte der Altar im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wieder zurück nach Lübeck in die Sammlung des St.-Annen-Museums. Dort wurde er nach dem Krieg 1965 von der Familie von Sengbusch zufällig als Exponat entdeckt. Die juristischen Auseinandersetzungen währten bis 1992.<ref>Holger Walter: ''Wo ein Wille, da ist auch ein Weg. Restitutionserfahrungen in einer kommunalen Verwaltung.'' als [http://www.initiativefortbildung.de/pdf/provenienz2004/walter.pdf PDF]</ref> Die Hansestadt Lübeck erkannte nach fast dreißig Jahren trotz aller juristischen Vorbehalte die Eigentumsrechte der Familie von Sengbusch an, die ihrerseits das Eigentum an dem Kerckring-Altar sogleich auf die Hansestadt Lübeck zurück übertrug, mit der Verpflichtung diesen Altar zu erhalten, ihn auszustellen und künftig auf den bekannten Teil seines Schicksals angemessen hinzuweisen.

2024 forderte Lettland das Werk zurück mit der Begründung, Lübeck hätte den Kerckring-Altar nicht an die Erben, die Familie von Sengbusch, zurückgeben dürfen, weil sie keine Eigentumsrechte mehr daran besessen hätten.<ref>[https://www.ln-online.de/kultur/regional/luebeck-lettland-fordert-kerckring-altar-aus-st-annen-museum-zurueck-RGCJOAURKJBSHNYCXUPP5YJBZI.html ''Lettland fordert kostbaren Renaissance-Altar aus Lübeck zurück.''] LN-online, 22. September 2024.</ref>

== Literatur ==
* [[Uwe Albrecht (Kunsthistoriker)|Uwe Albrecht]]: ''Kostbarer Flügelaltar des 16. Jahrhunderts kehrt zurück – Lübeck erwirbt das Gavnø-Retabel in London.'' In: ''Lübeckische Blätter'' (2012), S. 44–45.
* Joanna Barck: ''Das Kerkring-Triptychon von Jacob van Utrecht oder Die bürgerliche Säkularisierung mittelalterlicher Bildräume'' (= ''Europäische Hochschulschriften: Reihe 28, Kunstgeschichte.'' Band 364). Frankfurt u.&nbsp;a.: Lang 2001, ISBN 3-631-36829-1.
* Anna Lena Frank: S''og. Kerckring-Retabel.'' In: [[Jan Friedrich Richter]] (Hrsg.): ''Lübeck 1500 – Kunstmetropole im Ostseeraum.'' Ausstellungskatalog. Imhof, Petersberg 2015, S. 328–331 (Nr. 57).
* [[Max J. Friedländer]]: ''Neues über Jacob van Utrecht.'' In: ''Oud Holland'' 58 (1941), S. 6–17 ([https://www.jstor.org/stable/42710388 Digitalisat, JSTOR]).
* Rainald Grosshans: ''Jacob van Utrecht. Der Altar von 1513.'' Berlin-Dahlem: Gemäldegalerie, Staatl. Museen Preuss. Kulturbesitz 1982, ISBN 978-3-88609-095-2.
* Friederike Schütt: S''og. Gavnø-Retabel.'' In: Jan Friedrich Richter (Hrsg.): ''Lübeck 1500 – Kunstmetropole im Ostseeraum.'' Ausstellungskatalog. Imhof, Petersberg 2015, S. 332–333 (Nr. 58).
* [[Rudolf Struck]]: ''Jacob van Utrecht.'' In: ''Lübeckische Blätter'' 63 (1921), S. 118–121.
* [[Hildegard Vogeler]]: ''Madonnen in Lübeck.'' Lübeck 1993.
* Hildegard Vogeler: ''Das Triptychon des Hinrich und der Katharina Kerckring von Jacob van Utrecht.'' Lübeck 1999.
* Hildegard Vogeler (Hrsg.): ''Das Gavnø-Retabel von Jacob van Utrecht mit einem Nachtrag zum Porträt von Mathias Mulich, St. Annen-Museum, Lübeck'' (= ''Patrimonia.'' Band 363). Berlin 2013.

== Weblinks ==
{{Commonscat|Jacob van Utrecht}}

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Normdaten|TYP=p|GND=118556282|LCCN=n/82/250039|VIAF=37708352}}

{{SORTIERUNG:Utrecht, Jacob van}}
[[Kategorie:Altniederländischer Maler]]
[[Kategorie:Maler der flämischen Renaissance]]
[[Kategorie:Maler (Lübeck)]]
[[Kategorie:Kultur (Lettland)]]
[[Kategorie:Leonhardsbruderschaft Lübeck]]
[[Kategorie:Niederländer]]
[[Kategorie:Niederländer]]
[[Kategorie:Maler]]
[[Kategorie:Geboren im 15. Jahrhundert]]
[[Kategorie:Person (Lübeck)]]
[[Kategorie:Gestorben im 16. Jahrhundert]]
[[Kategorie:Mann]]

{{Personendaten
|NAME=Utrecht, Jacob van
|ALTERNATIVNAMEN=Traiectensis, Jacobus
|KURZBESCHREIBUNG=niederländischer Maler der Frührenaissance
|GEBURTSDATUM=um 1479
|GEBURTSORT=unsicher: [[Utrecht]]
|STERBEDATUM=nach 1525
|STERBEORT=
}}

Aktuelle Version vom 19. Januar 2025, 18:35 Uhr

Mögliches Selbstbildnis von Jacob van Utrecht im Kreuzigungsretabel in der Sakristei der Lübecker Jakobikirche (ca. 1525)

Jacob van Utrecht, nach seiner Signatur Jacobus Traiectensis (* um 1479 wohl in Utrecht; † nach 1525), war ein niederländischer Maler der Frührenaissance, der nachgewiesen in Antwerpen und Lübeck wirkte.

Porträt Mitglied der Familie Alardes, Nationalmuseum Stockholm
Verkündigungsaltar
Kreuzigungsaltar
Zugeschriebenes Kreuzigungsretabel aus der Jakobikirche
Kerckring-Altar (1520): Maria lactans im Mittelteil, außen die Bilder der Stifter

Die weitgehend im Dunkeln liegenden Lebensumstände dieses bedeutenden flämischen Künstlers wurden erst seit Ende des 19. Jahrhunderts erforscht und gedeutet. Seine Herkunft aus Utrecht ist bislang nicht völlig abgesichert. Er wird wohl um 1500 das Bürgerrecht von Antwerpen erlangt haben und wurde 1506 bis 1512 als Freimeister der Lukasgilde von Antwerpen geführt.

Ab 1519 bis 1525 ist er als Mitglied der Leonardsbruderschaft in der Hansestadt Lübeck nachgewiesen. Danach verliert sich seine Spur im Dunkeln.

Neben Jacobus Traicetensis signierte er auch mit dem Namen Claez.

Geschichte des Kerckringaltars

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Das im Jahr 1520 wohl als Hausaltar für den Lübecker Ratsherrn und Kaufmann Hinrich Kerckring geschaffene Kunstwerk zeigt als Triptychon auf den äußeren Flügeln den Stifter und seine Ehefrau. Auf der Mitteltafel die nährende Mutter Gottes mit dem Jesuskind. Die Familie Kerckring war eine in Lübeck ansässige, aus westphälischem Adel stammende Ratsfamilie, die im Rat der Stadt Lübeck vom Ende des 14. bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts nachweisbar ist[8] und seit dem Spätmittelalter der einflussreichen Zirkelgesellschaft angehörte. Im Testament des Hinrich Kerkring wird dieser Altar nicht mehr erwähnt, dafür aber zum Beispiel der gesamte dort dargestellte Schmuck seiner Ehefrau. Damit beginnt das bislang nicht aufgeklärte Mysterium der Provenienz dieses Altars, der heute zu den bedeutsamsten Sammlungsstücken des St.-Annen-Museums in Lübeck gehört.

Die erste heute bekannte Erwähnung fand er 1893 in der alten Hansestadt Riga im Baltikum. Der deutsch-baltische Kaufmann Friedrich Wilhelm Brederlo (1779–1862) hatte als Kunstsammler in Riga eine große Kunstsammlung von über zweihundert Gemälden zusammengetragen. Sein Testament aus dem Jahr 1852 bestimmte, dass die Sammlung von seinen Töchtern in Verwaltung durch seinen Schwiegersohn Wilhelm von Sengbusch „in ihrem Bestande ungeteilt“ und Riga verbunden bliebe, ansonsten sie der Stadt Riga anzudienen sei. Ein 1893 erstellter Katalog der Brederloschen Sammlung erwähnt erstmals den Kerckring-Altar von 1520. Zur Herkunft dieses für die übrige Sammlung atypischen Stücks findet sich in den nachgelassenen Papieren kein Wort. Bei Eröffnung des Kunstmuseums in Riga 1905 übernahm dieses die gesamte Sammlung als Dauerleihgabe der Familie von Sengbusch, die einen zentralen Teil seiner Gemäldesammlungen bildete (heute im Rigaer Museum für Ausländische Kunst).

Die Vertreibungen aufgrund des Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrages betrafen auch die deutschstämmige Familie von Sengbusch, die bei ihrer Zwangsaussiedlung 1940 sieben der Gemälde mitnehmen durfte. Die restlichen Sammlungsstücke wurden anschließend von der Regierung unter Kārlis Ulmanis enteignet und in lettisches Staatseigentum überführt. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht im Baltikum wurde Lettland dem Generalkommissar für Lettland im Reichskommissariat Ostland Otto-Heinrich Drechsler unterstellt, der gleichzeitig noch Bürgermeister von Lübeck war. Der eingesetzte deutsche Bürgermeister von Riga, Hugo Wittrock, suchte nun dessen Gunst für seine eigenen politischen Absichten 1942 dadurch zu gewinnen, dass er ihm nach den Kriegszerstörungen des großen Bombenangriffs auf Lübeck vom März 1942 und den damit verbundenen immensen Kulturgutverlusten den Kerckring-Altar als Geschenk anbot. Dieser Altar hatte in den 1920ern dadurch Bekanntheit erlangt, dass sich die kunstgeschichtliche Literatur verstärkt mit ihm befasst hatte. Die Übergabe der Beutekunst erfolgte feierlich im Juni 1943 in Riga. So gelangte der Altar im Zweiten Weltkrieg wieder zurück nach Lübeck in die Sammlung des St.-Annen-Museums. Dort wurde er nach dem Krieg 1965 von der Familie von Sengbusch zufällig als Exponat entdeckt. Die juristischen Auseinandersetzungen währten bis 1992.[9] Die Hansestadt Lübeck erkannte nach fast dreißig Jahren trotz aller juristischen Vorbehalte die Eigentumsrechte der Familie von Sengbusch an, die ihrerseits das Eigentum an dem Kerckring-Altar sogleich auf die Hansestadt Lübeck zurück übertrug, mit der Verpflichtung diesen Altar zu erhalten, ihn auszustellen und künftig auf den bekannten Teil seines Schicksals angemessen hinzuweisen.

2024 forderte Lettland das Werk zurück mit der Begründung, Lübeck hätte den Kerckring-Altar nicht an die Erben, die Familie von Sengbusch, zurückgeben dürfen, weil sie keine Eigentumsrechte mehr daran besessen hätten.[10]

  • Uwe Albrecht: Kostbarer Flügelaltar des 16. Jahrhunderts kehrt zurück – Lübeck erwirbt das Gavnø-Retabel in London. In: Lübeckische Blätter (2012), S. 44–45.
  • Joanna Barck: Das Kerkring-Triptychon von Jacob van Utrecht oder Die bürgerliche Säkularisierung mittelalterlicher Bildräume (= Europäische Hochschulschriften: Reihe 28, Kunstgeschichte. Band 364). Frankfurt u. a.: Lang 2001, ISBN 3-631-36829-1.
  • Anna Lena Frank: Sog. Kerckring-Retabel. In: Jan Friedrich Richter (Hrsg.): Lübeck 1500 – Kunstmetropole im Ostseeraum. Ausstellungskatalog. Imhof, Petersberg 2015, S. 328–331 (Nr. 57).
  • Max J. Friedländer: Neues über Jacob van Utrecht. In: Oud Holland 58 (1941), S. 6–17 (Digitalisat, JSTOR).
  • Rainald Grosshans: Jacob van Utrecht. Der Altar von 1513. Berlin-Dahlem: Gemäldegalerie, Staatl. Museen Preuss. Kulturbesitz 1982, ISBN 978-3-88609-095-2.
  • Friederike Schütt: Sog. Gavnø-Retabel. In: Jan Friedrich Richter (Hrsg.): Lübeck 1500 – Kunstmetropole im Ostseeraum. Ausstellungskatalog. Imhof, Petersberg 2015, S. 332–333 (Nr. 58).
  • Rudolf Struck: Jacob van Utrecht. In: Lübeckische Blätter 63 (1921), S. 118–121.
  • Hildegard Vogeler: Madonnen in Lübeck. Lübeck 1993.
  • Hildegard Vogeler: Das Triptychon des Hinrich und der Katharina Kerckring von Jacob van Utrecht. Lübeck 1999.
  • Hildegard Vogeler (Hrsg.): Das Gavnø-Retabel von Jacob van Utrecht mit einem Nachtrag zum Porträt von Mathias Mulich, St. Annen-Museum, Lübeck (= Patrimonia. Band 363). Berlin 2013.
Commons: Jacob van Utrecht – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Abb. im Bildindex der Kunst und Architektur
  2. Uwe Albrecht (Hrsg.): Corpus der mittelalterlichen Holzskulptur und Tafelmalerei in Schleswig-Holstein. Band 2: Hansestadt Lübeck, Die Werke im Stadtgebiet. Ludwig, Kiel 2012, ISBN 978-3-933598-76-9, Nr. 42 S. 170
  3. Bedeutender mittelalterlicher Altar wieder in Lübeck@1@2Vorlage:Toter Link/www.shz.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (sh:z vom 10. Februar 2012)
  4. Eintrag in der lost art-Datenbank, abgerufen am 8. März 2019
  5. Renaissance und Barock: im Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster. Münster: Landesmuseum 2000, ISBN 978-3-88789-137-4, S. 94
  6. Kreuzigungsaltar in Nødebo@1@2Vorlage:Toter Link/www.noedebosogn.dk (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  7. Uwe Albrecht, Ulrike Nürnberger, Jan Friedrich Richter, Jörg Rosenfeld, Christiane Saumweber: Corpus der Mittelalterlichen Holzskulptur und Tafelmalerei in Schleswig-Holstein. Band II: Hansestadt Lübeck, Die Werke im Stadtgebiet. Ludwig, Kiel 2012, ISBN 978-3-933598-76-9, S. 303–311, Nr. 98
  8. Emil Ferdinand Fehling: Lübeckische Ratslinie. Lübeck 1925.
  9. Holger Walter: Wo ein Wille, da ist auch ein Weg. Restitutionserfahrungen in einer kommunalen Verwaltung. als PDF
  10. Lettland fordert kostbaren Renaissance-Altar aus Lübeck zurück. LN-online, 22. September 2024.