„Mittelhessische Dialekte“ – Versionsunterschied
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Wörtlich übersetzt: "Du machst vieleicht eine Front herunter" |
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Soll heissen: Du siehst vielleicht aus oder z.B. wenn jemand nicht ordentlich gekleidet ist, |
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Version vom 21. Juli 2005, 22:15 Uhr
Mittelhessisch wird in einem Gebiet gesprochen, das im Süden und Westen etwa von den Orten Limburg a.d. Lahn, Marburg, Bad Orb, Bad Vilbel und Taunusstein begrenzt wird und im Osten bis an die Grenzen des fuldischen heranreicht. Insbesondere im Süden wird der Dialekt schon seit längerer Zeit durch die städtischen Mundarten des Rhein-Main-Gebiets umgeformt und verdrängt. Zunehmend versuchen sogar Frankfurter ihr Dialekt als "hessisch" auszugeben.
Außer dem charakteristischen gerollten r, das in vielen Dialekten auch am Wortende und vor Konsonant deutlich hörbar bleibt (z.B. in "Wasser" oder "Ort"), sind die kennzeichnenden Merkmale des Mittelhessischen:
- hd. /u:/ wird zu /ou/: Kuh > Kouh
- hd. /i:/ wird zu /ei/: lieb > läib
- hd. /y:/ wird zu /oi/: müde > moid
- hd. /e:/ wird zu /i:/: gehen > giehe
- hd. /o:/ wird zu /u:/: Brot > Brut
- hd. /t/, /d/ zwischen Vokalen wird zu /r/: Wetter > Wearrer
- hd. /b/ zwischen Vokalen wird zu /w/: aber > awwer
- hd. /pf/ ist in allen Stellungen /p/: Pfennig > Penning
- hd. "ich habe" > aich hun
- hd. "ich bin" > aich sein
- hd. "nicht" > näi
- hd. "nichts" > naut
In zahlreichen (aber nicht allen) mittelhessischen Dialekten wird außerdem
- hd. /i/ zu /ea/: ist > eas (oft auch "iäs")
- hd. /u/ zu /uo/: und > uon (oft auch "ean")
- hd. /u/ zu /o/: Pfund > Pond
Der Dialekt wurde bis vor etwa 50 Jahren vom überwiegenden Teil der ländlichen Bevölkerung gesprochen. Die zahlreichen Flüchtlinge nach dem Krieg und der Einfluss der modernen Massenmedien führten dazu, dass er immer seltener verwendet wird.
Am südlichen Rand des Sprachgebiets ist der Dialekt teilweise schon gänzlich verschwunden, andernorts wird er nur noch von Angehörigen der ältesten Generation benutzt.
Zur Illustration hier eine Strophe aus einem Lied, das früher jedes Kind kannte, das heute aber kaum noch gesungen wird:
- Ei truotz näi su, ei truotz näi su,
- Es kimmt däi Zeit beast wearrer fruh,
- Ei truotz näi su, ei truotz näi su,
- Es kimmt däi Zeit beast fruh.
- Wann alles rar uon deuer eas, no easse m'r de waaße Käs,
- Wann Schouh uon Strimp verreasse sein, no foahr m'r meat de Schees.
Auf hochdeutsch etwa:
Ei trotz nicht so, es kommt die Zeit bist wieder froh; Wenn alles rar und teuer ist, dann essen wir den weißen Käse (d.h. den Quark), Wenn Schuhe und Strümpfe zerrissen sind, dann fahren wir mit der Chaise (d.h. dem Wagen).
Ein weiteres Volkslied aus Oberhessen:
- Siehsde näid die säu iam goare;
- siehsde wäi se wäule?
- Wäi se täife Lächr growe
- ian die geäle Räuwe.
- Spitz komm enaus,
- ian beis se ian die Boo!
- Däi Missgebihrer freässe uus
- die Räuwe korz n kloo.
Übersetzung:
Siehst du nicht die Schwein' im garten; siehst du wie sie wühlen? Wie sie tiefe Löcher graben in die gelben Rüben. Spitz komm heraus, und beiss sie in die beine! Die Fehlgeburten fressen uns die Rüben kurz und kleine.
Redewendungen:
- Dou mächst vielleicht e Front e ropp.-
Wörtlich übersetzt: "Du machst vieleicht eine Front herunter" Soll heissen: Du siehst vielleicht aus oder z.B. wenn jemand nicht ordentlich gekleidet ist, das Hemd aus der Hose kuckt usw.
- Aich hu die gonz Noacht monder gelähe.-
Wörtlich übersetzt: "Ich habe die ganze Nacht munter gelegen." Soll heissen: Ich habe die ganze Nacht kein Auge zu gemacht.