„Arnold Hauser“ – Versionsunterschied
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war ein namhafter ungarisch-deutscher, lange in Großbritannien lebender Kunstwissenschaftler, ein sensibler Grenzgänger zwischen verschiedenen Theorien und Disziplinen wie: Kunstgeschichte, Kunstsoziologie, Psychoanalyse, Kunsttheorie, Sozialgeschichte, Kulturgeschichte, Kunstpsychologie..., der auch (im kalten Krieg) zwischen Ost und West vermitteln wollte. |
war ein namhafter ungarisch-deutscher, lange in Großbritannien lebender Kunstwissenschaftler, ein sensibler Grenzgänger zwischen verschiedenen Theorien und Disziplinen wie: Kunstgeschichte, Kunstsoziologie, Psychoanalyse, Kunsttheorie, Sozialgeschichte, Kulturgeschichte, Kunstpsychologie..., der auch (im kalten Krieg) zwischen Ost und West vermitteln wollte. |
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Hauser hielt Mitte des 20. Jahrhunderts "die Stunde der soziologischen Deutung" von Kunst für gekommen, akzentuierte sozialgeschichtliche Aspekte der Kunstentstehung und -verbreitung, ohne formale, psychoanalytische bzw. psychologische u.a. Momente vernachlässigen zu wollen. Kunst analysierte er als autonomes Gebilde, als vielseitige Kommunikation innerhalb zeitbestimmter Kunstverhältnisse, die sich teils nach Bildungsschichten spezifizieren. Basierend auf Karl Mannheims Wissenssoziologie betrachtete Hauser Kunst als standortgebundenes "soziologisches Dokument", das auch ideologiekritisch gedeutet werden muss. |
Hauser hielt Mitte des 20. Jahrhunderts "die Stunde der soziologischen Deutung" von Kunst für gekommen, akzentuierte sozialgeschichtliche Aspekte der Kunstentstehung und -verbreitung, ohne formale, psychoanalytische bzw. psychologische u.a. Momente vernachlässigen zu wollen. Kunst analysierte er als autonomes Gebilde, als vielseitige Kommunikation innerhalb zeitbestimmter Kunstverhältnisse, die sich teils nach Bildungsschichten spezifizieren. Basierend auf [[Karl Mannheims]] Wissenssoziologie betrachtete Hauser Kunst als standortgebundenes "soziologisches Dokument", das auch ideologiekritisch gedeutet werden muss. |
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Weil Kunst traditionell wie antitraditionell, nämlich nonkonform agiert, bedeuten auch neue Reproduktionsmöglichkeiten nicht das Ende der Kunst. Neuere "Massenkunst" (Film, Beat, Pop) fand bei Hauser als einem der ersten Eingang in die Kunstgeschichte. Die eigentliche Kunstkrise sah Hauser im antihumanen Kampf der Gesellschaftssysteme nach 1945 begründet, aber selbst das neue "negativ Künstlerische ... bewegt sich noch ... in mehr oder weniger unverkennbar ästhetischen Kategorien..." Letztendlich findet Hausers Kunstbestimmung, ausgehend von der Widersprüchlichkeit im Manierismus sein Zentrum im Begriff der Paradoxie als "Vereinigung unversöhnlicher Gegensätze", "unvermeidliche Zweideutigkeit und ewiger Zwiespalt" des künstlerischen Bildes. Paradox sei schließlich die gesamte "Dialektik des Ästhetischen" (Wechselspiel von Form-Inhalt, Distanz-Bindung, Faktischem-Phantastischem, Geschichtlichkeit-Zeitlosigkeit, Bewusstem-Unbewusstem usw. usf.). Es bewährt sich bei Hauser als durchgängig gehandhabtes Erklärungsmuster, welches im "Paradoxen, der Verbindung von Unvereinbarem, eine Grundform der Kunst" entdeckt. |
Weil Kunst traditionell wie antitraditionell, nämlich nonkonform agiert, bedeuten auch neue Reproduktionsmöglichkeiten nicht das Ende der Kunst. Neuere "Massenkunst" (Film, Beat, Pop) fand bei Hauser als einem der ersten Eingang in die Kunstgeschichte. Die eigentliche Kunstkrise sah Hauser im antihumanen Kampf der Gesellschaftssysteme nach 1945 begründet, aber selbst das neue "negativ Künstlerische ... bewegt sich noch ... in mehr oder weniger unverkennbar ästhetischen Kategorien..." Letztendlich findet Hausers Kunstbestimmung, ausgehend von der Widersprüchlichkeit im Manierismus sein Zentrum im Begriff der Paradoxie als "Vereinigung unversöhnlicher Gegensätze", "unvermeidliche Zweideutigkeit und ewiger Zwiespalt" des künstlerischen Bildes. Paradox sei schließlich die gesamte "Dialektik des Ästhetischen" (Wechselspiel von Form-Inhalt, Distanz-Bindung, Faktischem-Phantastischem, Geschichtlichkeit-Zeitlosigkeit, Bewusstem-Unbewusstem usw. usf.). Es bewährt sich bei Hauser als durchgängig gehandhabtes Erklärungsmuster, welches im "Paradoxen, der Verbindung von Unvereinbarem, eine Grundform der Kunst" entdeckt. |
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* Studium der Germanistik und Romanistik sowie Philosophie an der Uni Budapest |
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* Studienaufenthalt in Paris |
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* 1916 führt ihn sein bester Freund Karl Mannheim in den Budapester "Sonntagskreis" um Georg Lukács (Béla Balázs, Edith Hajós, Béla Fogarasi, Friedrich Antal, Emma Ritoók, Juliska Lang, Anna Schlamadinger) ein |
* 1916 führt ihn sein bester Freund [[Karl Mannheim]] in den Budapester "Sonntagskreis" um [[Georg Lukács]] (Béla Balázs, Edith Hajós, Béla Fogarasi, Friedrich Antal, Emma Ritoók, Juliska Lang, Anna Schlamadinger) ein |
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* 1917 gründeten Mitglieder des Sonntagskreises die "Freie Schule der Geisteswissenschaften" (Beteiligung von Lajos Fülep, Zoltán Kódaly, Béla Bartók, Ervin Szabó), Hauser hält Vorlesungen zur nachkantschen Ästhetik |
* 1917 gründeten Mitglieder des Sonntagskreises die "Freie Schule der Geisteswissenschaften" (Beteiligung von Lajos Fülep, Zoltán Kódaly, Béla Bartók, Ervin Szabó), Hauser hält Vorlesungen zur nachkantschen Ästhetik |
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* 1919 Beteiligung Arnold Hausers an der Kulturpolitik der ungarischen Räterepublik (Dominanz Georg Lukács´, der seine Freunde in Hochschule und Bildungspolitik einbindet) |
* 1919 Beteiligung Arnold Hausers an der Kulturpolitik der ungarischen Räterepublik (Dominanz Georg Lukács´, der seine Freunde in Hochschule und Bildungspolitik einbindet) |
Version vom 20. November 2004, 15:39 Uhr
Mach da mal Links rein, und benutze öfter die Vorschau bitte. --Suricata 14:26, 20. Nov 2004 (CET)
Arnold Hauser (1892-1978) war ein namhafter ungarisch-deutscher, lange in Großbritannien lebender Kunstwissenschaftler, ein sensibler Grenzgänger zwischen verschiedenen Theorien und Disziplinen wie: Kunstgeschichte, Kunstsoziologie, Psychoanalyse, Kunsttheorie, Sozialgeschichte, Kulturgeschichte, Kunstpsychologie..., der auch (im kalten Krieg) zwischen Ost und West vermitteln wollte.
Hauser hielt Mitte des 20. Jahrhunderts "die Stunde der soziologischen Deutung" von Kunst für gekommen, akzentuierte sozialgeschichtliche Aspekte der Kunstentstehung und -verbreitung, ohne formale, psychoanalytische bzw. psychologische u.a. Momente vernachlässigen zu wollen. Kunst analysierte er als autonomes Gebilde, als vielseitige Kommunikation innerhalb zeitbestimmter Kunstverhältnisse, die sich teils nach Bildungsschichten spezifizieren. Basierend auf Karl Mannheims Wissenssoziologie betrachtete Hauser Kunst als standortgebundenes "soziologisches Dokument", das auch ideologiekritisch gedeutet werden muss. Weil Kunst traditionell wie antitraditionell, nämlich nonkonform agiert, bedeuten auch neue Reproduktionsmöglichkeiten nicht das Ende der Kunst. Neuere "Massenkunst" (Film, Beat, Pop) fand bei Hauser als einem der ersten Eingang in die Kunstgeschichte. Die eigentliche Kunstkrise sah Hauser im antihumanen Kampf der Gesellschaftssysteme nach 1945 begründet, aber selbst das neue "negativ Künstlerische ... bewegt sich noch ... in mehr oder weniger unverkennbar ästhetischen Kategorien..." Letztendlich findet Hausers Kunstbestimmung, ausgehend von der Widersprüchlichkeit im Manierismus sein Zentrum im Begriff der Paradoxie als "Vereinigung unversöhnlicher Gegensätze", "unvermeidliche Zweideutigkeit und ewiger Zwiespalt" des künstlerischen Bildes. Paradox sei schließlich die gesamte "Dialektik des Ästhetischen" (Wechselspiel von Form-Inhalt, Distanz-Bindung, Faktischem-Phantastischem, Geschichtlichkeit-Zeitlosigkeit, Bewusstem-Unbewusstem usw. usf.). Es bewährt sich bei Hauser als durchgängig gehandhabtes Erklärungsmuster, welches im "Paradoxen, der Verbindung von Unvereinbarem, eine Grundform der Kunst" entdeckt.
Hausers konkrete kunstgeschichtlichen Arbeiten und seine kunstsoziologische Konzeption zeugen von beeindruckendem Gedankenreichtum, außergewöhnlicher Kunstkenntnis und immenser Dialogbereitschaft.
Werke:
- 1951 "Sozialgeschichte der Kunst und Literatur" (The social history of art)
- 1958 "Philosophie der Kunstgeschichte" (The Philosophy of Art History)
- 1964 "Der Manierismus. Die Krise der Renaissance und der Ursprung der modernen Kunst" (Mannerism: The Crisis of the Renaissance and the Origin of Modern Art)
- 1974 "Soziologie der Kunst" (Sociology of Art)
- 1978 "Im Gespräch mit Georg Lukács" kleiner Sammelband mit Interviews und dem Essay "Variationen über das tertium datur bei Georg Lukács"
Biografie:
- geboren am 8. 5. 1892 in der ungarischen Kleinstadt Temesvar
- Besuch des Gymnasiums
- Studium der Germanistik und Romanistik sowie Philosophie an der Uni Budapest
- Studienaufenthalt in Paris
- 1916 führt ihn sein bester Freund Karl Mannheim in den Budapester "Sonntagskreis" um Georg Lukács (Béla Balázs, Edith Hajós, Béla Fogarasi, Friedrich Antal, Emma Ritoók, Juliska Lang, Anna Schlamadinger) ein
- 1917 gründeten Mitglieder des Sonntagskreises die "Freie Schule der Geisteswissenschaften" (Beteiligung von Lajos Fülep, Zoltán Kódaly, Béla Bartók, Ervin Szabó), Hauser hält Vorlesungen zur nachkantschen Ästhetik
- 1919 Beteiligung Arnold Hausers an der Kulturpolitik der ungarischen Räterepublik (Dominanz Georg Lukács´, der seine Freunde in Hochschule und Bildungspolitik einbindet)
- 1919 nach Zusammenbruch der Räterepublik Flucht Hausers nach Italien
- 1919-1938 Exil-, Studien- und Wanderjahre (Aufenthalte in Italien, Deutschland, Österreich, Arbeit im Filmgeschäft, Arbeitslosigkeit)
- 1938-1977 Schaffensperiode in Großbritannien, Beschäftigung im Filmgeschäft, 1940 fordert ihn sein Freund Karl Mannheim auf, ein Vorwort zu einer Anthologie kunstsoziologischer Werke zu schreiben. Statt eines Vorwortes entsteht in zehnjähriger Arbeit die berühmte Sozialgeschichte...:
- 1951-1957 Arbeit als Lektor an der Universität Leeds
- 1957/59 Gastprofessur an der Universität Brandeis/USA
- 1959/62 Lehre am Hornsey College of art/London
- 1963/65 Gastprofessur an der Staatsuniversität Ohio/USA
- 1965 Rückkehr nach London
- 1977 Übersiedlung in die ungarische Heimat, Ehrenmitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften
- am 28. 1. 1978 verstirbt Arnold Hauser im Alter von 85 Jahren in der ungarischen Hauptstadt Budapest
Sekundärliteratur: - Zoltán Halász: In Arnold Hauser´s workshop. In: The new Hungarian quarterly. Budapest: 16(1975)58, S.90-96 - Ekkehard Mai: Kunst, Kunstwissenschaft und Soziologie. Zur Theorie und Methodendiskussion in Arnold Hausers Soziologie der Kunst". In: Das Kunstwerk, 1/1976, S. 3-10 - Jürgen Scharfschwerdt: Arnold Hauser. In: Klassiker der Kunstsoziologie, hg. von Alphons Silbermann. München: Beck, 1979. S. 200 -222 - Klaus-Jürgen Lebus: Kritik theoretischer Grundpositionen der Kunstsoziologie Arnold Hausers. Dissertation A, Greifswald 1986. - Klaus-Jürgen Lebus: Eine sozialhistorische Sicht auf Kunst und Gesellschaft. (Annotation zur Herausgabe der Sozialgeschichte... im Verlag der Kunst, Dresden, 1987). In: Bildende Kunst. Berlin: 35(1988)12, S. 572 - Klaus-Jürgen Lebus: Zum Kunstkonzept Arnold Hausers. In: Weimarer Beiträge. Berlin 36(1990) 6, S. 210-228 [1] - Authors´ Calendar : Arnold Hauser (1892-1978)[2] - Internetbeitrag der Uni Essen (Literaturwissenschaft) [3] (KJL, Greifswald)