Parodie
Parodie (griechisch παρωδία parōdía „Gegenlied“ oder „verstellt gesungenes Lied“) bezeichnet eine verzerrende, übertreibende oder verspottende Nachahmung.
Begriff
Oft wird ein bekanntes Werk oder eine prominente Person parodiert. Durch die deutliche Abweichung gegenüber dem Original entsteht ein humoristischer Effekt. Eine Parodie braucht nicht zwingend abwertenden Charakter zu haben, denn sie bestätigt die Bedeutung des Originals. Oft kann sie sogar eine Hommage für den parodierten Gegenstand sein.
Parodien benötigen nicht zwingend ein konkretes Original. Auch ein Genre als Ganzes kann parodiert werden, wenn es gut wiedererkennbar ist. Literaturtheoretisch lässt sich die Parodie als eine spezifische Form des intertextuellen Schreibens begreifen. Verbindet sich mit der Parodie eine Gesellschaftskritik, so nennt man sie Satire.
Der Parodie nahe verwandte Formen sind die Travestie, die Persiflage und das Pastiche. Eine Sonderform der Parodie ist das Cento. Als eine der frühesten Parodien der abendländischen Literatur gilt der Homer zugeschriebene, tatsächlich aber aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. stammende „Batrachomyomachie“ (Froschmäusekrieg), wo in parodistischer Manier unter anderem die Kriegsszenen der Ilias nachgeahmt werden.
Theater
Die Parodie im 17./18. Jahrhundert ist der Ursprung des populären, nichthöfischen Theaters in Europa. Dies hängt damit zusammen, dass sich das barocke Drama bzw. die Oper an den Höfen entwickelten und für die Allgemeinheit nicht zugänglich waren. (Italien erfuhr durch die Veröffentlichung der Oper zum Teil eine andere Entwicklung.) Die wandernden Schauspieler (vgl. Deutsche Wanderbühne) ahmten daher das höfische Theater nach und nahmen gedruckte (zunächst italienische, später französische) Texte als Grundlage (vgl. Haupt- und Staatsaktion). Weil sie ihre Vorbilder niemals erreichen konnten, wurde ihre Darstellung zur Parodie. Aus dieser Not machten manche eine Tugend, indem sie durch die Banalisierung ihrer Vorlagen bewusst das höfische Leben karikierten.
Auf den Pariser Jahrmärkten entwickelte sich im 18. Jahrhundert im Vorfeld der französischen Revolution eine weitherum beachtete Kultur der theatralischen Parodie und Travestie, die den Anstoß zu vielen Theatergattungen des 19. Jahrhunderts wie Opéra comique, Pantomime, Melodram und Posse gab.
Im Alt-Wiener Volkstheater wurden häufig bekannte Opern oder Theaterstücke als Vorlage genommen oder ironisch zitiert. Johann Nestroy etwa hat ganze Werke paraphrasiert (Judith und Holofernes, Robert der Teuxel, Tannhäuser oder Die Keilerei auf der Wartburg) oder musikalische Anleihen sogar bei Mozart genommen (Der Talisman, Höllenangst).
Musik
In der Musik hatte der Begriff ursprünglich eine andere Bedeutung. Parodie oder Parodieverfahren war in der Barockmusik und in der Klassik die Umgestaltung eines musikalischen Werks, um es für andere Zwecke verfügbar zu machen oder anderen Klangvorstellungen anzupassen. Diese Umgestaltung kann eine neue Textunterlegung sein (siehe auch Kontrafaktur) oder eine rein musikalisch-kompositorische.
Beispiele finden sich bei Händel, Bach, Haydn und vielen anderen. Parodien in diesem Sinne sind auch die Umarbeitungen von Musikstücken, etwa aus Musicals, wie sie von den Musikern des Modern Jazz unter der Gattungsbezeichnung bebop head komponiert wurden, jedoch wird hier, angelehnt an die Terminologie der englischsprachigen Musiktheorie, meist der Begriff Kontrafaktur verwendet.
Seit dem 18./19. Jahrhundert meint eine Parodie auch in der Musik zunehmend eine karikierende, satirisch zuspitzende oder ironisierende Nachahmung bestimmter musikalischer Gattungen (Bsp.: Opernparodie), Stilrichtungen oder Satztechniken. Beispielhaft seien die Konzerte von P. D. Q. Bach oder Gerard Hoffnung genannt.
Literarische Parodien
- Leben und Taten des Scharfsinnigen Edlen Don Quixote von La Mancha von Miguel de Cervantes-Saavedra. Das Buch handelt von einem Landedelmann, der über das Lesen von im 16. und 17. Jahrhundert in Spanien sehr populären Ritterromanen den Verstand verliert und beschließt, selbst ein fahrender Ritter zu werden. Er zieht aus mit einem alten, mageren Pferd und einem Knappen, der kein Edelknabe, sondern ein Bauer mittleren Alters ist, und phantasiert sich zu jeder Begebenheit, die er sieht, und jeder Person, der er begegnet, eine Geschichte zurecht, die seinem Wissen aus den Ritterromanen entspricht: Ein Gasthaus hält er für eine Burg. Er kämpft mit Weinschläuchen, weil er sie für Riesen hält. Er redet mit Huren, als handele es sich um adelige Damen. Er greift eine Schafherde an, weil er sie für zwei in einer Schlacht kämpfende Armeen hält. Schließlich kämpft er mit Windmühlen, die er für Riesen hält. Jedes Mal, wenn sein Trugbild zusammenbricht, so ist er der festen Überzeugung, ein ihm feindlich gesinnter Zauberer habe die Dinge verwandelt, um ihn an der Ausübung einer Heldentat zu hindern, genau wie er es in den Ritterromanen gelesen hat.
- Faust. Der Tragödie dritter Teil von Friedrich Theodor Vischer , 1862.
- Barry Trotter von Michael Gerber.
- Die Helden von Muddelerde von Paul Stewart
- Der Herr der Augenringe von H.N. Beard.
- ... und sie verpfuschten mir mein Leben. Ein Mädchenleben aus brauner Zeit von Hella-Dore Tietjen.
Filmparodien
Zu den bekanntesten Filmparodisten zählt Mel Brooks, der 1968 mit der Nazi-Persiflage Frühling für Hitler seine Karriere startet. Es folgt eine ganze Reihe an Parodien, u.a. die Star-Wars-Parodie Spaceballs (1987) und die Western-Parodie Der wilde wilde Westen (1974). Im selben Jahr wie der letztgenannte Film feiert auch die britische Comedy-Gruppe Monty Python mit Die Ritter der Kokosnuss ihr Leinwand-Debüt, die u. a. die König Artus Sage aufs Korn nimmt. Viele Werke von Woody Allen sind Parodien. In den 1980er Jahren wird das Team um David Zucker, Jim Abrahams und Jerry Zucker (auch bekannt als ZAZ) durch ihre Katastrophenfilm-Parodie Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug bekannt. In den 1990ern kann das Trio weitere Erfolge, u. a. mit den Filmreihen Die nackte Kanone und Hot Shots!, verbuchen. Auch die Aaron Seltzer-Parodien wie z.B. Scary Movie oder Meine Frau, die Spartaner und ich haben eine große Fangemeinde.
Weitere beispielhafte Filmparodien:
- Drei Zeitalter (Film) (1923)
- Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten (1965)
- Casino Royale (1967)
- Mein Name ist Nobody (1973) parodiert das Western-Genre
- Dark Star (1974), parodiert 2001: Odyssee im Weltraum
- Die Ritter der Kokosnuss (1974), parodiert König Artus und die Ritter der Tafelrunde
- Die letzte Nacht des Boris Gruschenko (Love and death) parodiert Krieg und Frieden (1956)
- Eine Leiche zum Dessert (1976)
- Das Leben des Brian (1979), parodiert Die Bibel
- Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug (1982), parodiert Airport
- Spaceballs (1987), parodiert Star Wars, Planet der Affen
- Die nackte Kanone (1988), parodiert diverse Kriminalserien
- Hot Shots! (1991), parodiert Top Gun
- Loaded Weapon 1 (1993), parodiert Lethal Weapon, Basic Instinct
- Robin Hood – Helden in Strumpfhosen (1993), parodiert Robin Hood
- Hot Shots! Der zweite Versuch (1993), parodiert Rambo, Star Wars
- Das Schweigen der Hammel (1994), parodiert Das Schweigen der Lämmer
- Mars Attacks! (1996), parodiert diverse Katastrophen- und Science-Fiction-Filme
- Austin Powers (1997), parodiert James Bond
- Mafia! – Eine Nudel macht noch keine Spaghetti! (1998), parodiert Der Pate, Vergessene Welt: Jurassic Park (Jurassic Park II)
- Galaxy Quest – Planlos durchs Weltall (1999), parodiert Star Trek
- Shriek – Schrei, wenn du weißt, was ich letzten Freitag, den 13. getan habe (2000), parodiert Scream - Schrei!
- Scary Movie (2000), parodiert diverse Horrorfilme; u.a. Scream, Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast'
- Nicht noch ein Teenie-Film (2001), parodiert Eine wie keine, American Pie und Eiskalte Engel
- Der Schuh des Manitu (2001), parodiert Winnetou
- Johnny English (2003), parodiert James Bond
- Shaun of the Dead (2004), parodiert diverse Zombiefilme
- Der Wixxer (2004), parodiert Edgar Wallace - Der Hexer
- (T)Raumschiff Surprise – Periode 1 (2004), parodiert sowohl Star Trek als auch Star Wars
- The Ring Thing (2004), parodiert Der Herr der Ringe
- Date Movie (2006), parodiert diverse Liebesfilme, insbesondere Meine Braut, ihr Vater und ich sowie dessen Fortsetzung Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich
- Fantastic Movie (2007), parodiert diverse Filme, insbesondere Die Chroniken von Narnia
- The Comebacks (2007), parodiert diverse Sportfilme, wie z.B. Rocky und Spiel auf Bewährung
- Neues vom Wixxer (2007), parodiert Edgar Wallace - Neues vom Hexer
- Meine Frau, die Spartaner und ich (2008), parodiert 300
- ProSieben Funny Movie (2008), TV-Filmserie, parodierte bis jetzt Dirty Dancing, Halloween, Eine wie keine sowie Spiel mir das Lied vom Tod.
- Dance Flick (2009), parodiert Save the Last Dance, Stomp the Yard und Street Style,Step Up
- Beilight (2010) Parodie von Twilight
Siehe auch: Kategorie:Filmparodie
Sonstige Parodien
- Das Videospiel Parodius ist eine Parodie auf das Videospiel Gradius.
- Das Computerspiel Lamers ist eine Parodie auf das Computerspiel Lemmings.
- Die Front Deutscher Äpfel ist eine Parodie auf rechtsextreme Vereinigungen.
- Der Film The Legend of Zelda: Parody of Time ist eine Parodie auf das Videospiel The Legend of Zelda: Ocarina of Time.
- In Form anderer Internetseiten, die die Media-Wiki-Software nutzen (Wikis) finden sich Parodien auf die Internet-Enzyklopädie Wikipedia, etwa die Kamelopedia, die Stupidedia oder die Uncyclopedia.