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Episches Theater

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Der von Bertolt Brecht 1926 geprägte Begriff episches Theater verbindet zwei literarische Gattungen, das Drama und die Epik, also die Theaterbühne mit erzählenden Formen der Literatur. In den 1920er-Jahren hatten Bertolt Brecht und Erwin Piscator begonnen, mit neuen Formen des Theaters zu experimentieren. Sie wollten weg von der Darstellung tragischer Einzelschicksale, von der klassischen Illusionsbühne und ihrer Scheinrealität. Ihr Ziel war die Darstellung der großen gesellschaftlichen Konflikte wie Krieg, Revolution, Ökonomie und soziale Ungerechtigkeit. Sie wollten ein Theater, das diese Konflikte durchschaubar macht und die Zuschauer dazu bewegt, sie zu einem Besseren zu verändern.

Überblick

Bertolt Brecht (1898-1956) 1954)
Erwin Piscator (1893-1966) (Berlin um 1927)

Das epische Theater bricht mit Qualitätsvorstellungen, die erzählende Elemente auf der Bühne als unzureichende Umsetzung in lebendiges Spiel abwerteten. Zwar gab es schon in der Antike erzählende Elemente in der Tragödie, etwa durch den Chor, der Ereignisse kommentierte, oder durch Mauerschau und Botenbericht, in der handelnde Figuren Ereignisse schilderten, die sich schlecht auf der Bühne darstellen ließen, etwa große Schlachten. Diese wendeten sich jedoch an die anderen Bühnenfiguren, der Schein der Realität wurde aufrechterhalten.

Erwin Piscator und Bertolt Brecht setzten erzählende Elemente bewusst anders ein: Sie durchbrachen die Bühnenrealität. Die avantgardistische Piscator-Bühne der zwanziger Jahre verwendete moderne Technik: Simultanbühnen, die mehrere Aspekte des Geschehens gleichzeitig präsentierten, Laufbänder, Drehscheiben und bewegliche Brücken. Piscator verwendete Bildprojektionen und seit 1925 Dokumentarfilme, die das Bühnengeschehen ergänzten und überlagerten. Brecht ließ z.B. Darsteller vor den Vorhang treten und die Ereignisse auf der Bühne kommentieren. Schauspieler wendeten sich ans Publikum, Texte und Bilder wurden eingeblendet, es gab Musikeinlagen und Songs. Bewusst wurde die Identifikation der Zuschauer mit dem Helden torpediert.

Damit steht das epische Theater im Gegensatz zum aristotelischen Theater, welches das Ziel verfolgte, den Zuschauer durch Einfühlen in das Gesehene zu läutern (Katharsis). Das epische Theater will den Zuschauer zu einer distanzierten und kritischen Betrachtung der Ereignisse auf der Bühne führen. Nicht Mitgefühl und Emotionen sind das Ziel, sondern gesellschaftskritische Erkenntnisse.

Zugleich werden auch weitere Vorgaben der traditionellen Dramatik durchbrochen, etwa der klassische Aufbau des Dramas mit fünf Akten, einem vorgegebenen Spannungsbogen, einem Wendepunkt, einer Reduktion in Bezug auf Handlungsorte und Zeit des Geschehens. Die einzelnen Szenen stehen für sich, häufig gibt es einen offenen Schluss wie in Brechts Der gute Mensch von Sezuan:

„Verehrtes Publikum, jetzt kein Verdruß:
Wir wissen wohl, das ist kein rechter Schluss.
Vorschwebte uns: die goldene Legende.
Unter der Hand nahm sie ein bitteres Ende.
Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen
Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“[1]

Der Begriff „episches Theater“ wird heute meist ausschließlich auf die Werke und Inszenierungstechniken Brechts und - mit Abstrichen - Piscators bezogen, obwohl es im 20. Jahrhundert zahlreiche Dramatiker gab, die epische Elemente einsetzten. Günther Mahal sieht diesen Exklusivanspruch als diskurstaktischen Erfolg Brechts. Brecht sei es gelungen, unter dem Oberbegriff „aristotelisches Theater“ einen Großteil der Dramatik vor ihm zu erfassen und zu desavouieren. Mahal hält dies für ein „Zerrbild“ und für „manipulativ“.[2]

Das epische Theater Brechts und Piscators ist politisch engagiert. Das enge Korsett der traditionellen Dramatik wird gesprengt, weil beide komplexe politische Verhältnisse darstellen wollen, nicht begrenzte und tragische Einzelschicksale. Das epische Theater ist marxistisch orientiert, will gegen Ausbeutung und Krieg wirken, sich einsetzen für eine sozialistische Veränderung der Gesellschaft.

Neben dem Begriff „Episches Theater“ verwendete Bertolt Brecht später häufiger den Begriff „dialektisches Theater“ für sein Gesamtkonzept.

Entstehung des Begriffs „episches Theater“

Sowohl Brecht als auch Piscator haben für sich reklamiert, den Begriff „episches Theater“ geprägt zu haben. Brecht-Mitarbeiterin Elisabeth Hauptmann gibt an, Brecht habe die Idee 1926 im Kontext des Stücks Jae Fleischhacker entwickelt.[3] Brecht habe gesagt, „daß unsere heutige Welt nicht mehr ins Drama paßt“[4] und begonnen, sein Gegenkonzept des epischen Theaters zu entwickeln. „Die eigentliche Theorie des nichtaristotelischen Theaters und der Ausbau des V-Effekts ist dem Augsburger zuzuschreiben“[5], schreibt Brecht im „Messingkauf“ über sich. Piscators Verdienst sei „vor allem die Wendung des Theaters zur Politik“[6]. Am Ende spricht Brecht diplomatisch von gleichzeitiger Anwendung, „der Piscator mehr im Bühnenmäßigen (in der Verwendung von Inschriften, Chören, Filmen usw.), der Augsburger im Schauspielstil.“[7]

Piscator behauptete, dass seine Inszenierung des Stücks „Fahnen“ von Alfons Paquet 1924 an der Berliner Volksbühne der erste Bruch mit dem „Schema der dramatischen Handlung“ gewesen sei. Das Stück habe bereits den Untertitel „episches Drama“ getragen.[8] Brecht-Herausgeber Jan Knopf hält die letztere Behauptung Piscators für eine glatte Fälschung. Der wirkliche Untertitel habe „Ein dramatischer Roman“ gelautet,[9] ein Begriff, der auf Lion Feuchtwanger zurückgeht.[10]

Dennoch steht die Bedeutung Piscators für die neue Form des Dramas außer Zweifel. Sarah Bryant-Bertail bezeichnet Brechts und Piscators gemeinsame Dramatisierung des Romans Der brave Soldat Schwejk von Jaroslav Hašek im Jahre 1928 als „Prototyp des epischen Theaters“[11]. Piscator entwickelte für sein „revolutionären“ und „proletarischen“ Inszenierungen im Dienste des Klassenkampfs[12] Ideen und technische Mittel, die auch Brecht später einsetzte, wenn auch häufig modifiziert. Piscator aktivierte das Publikum und experimentierte mit moderner Bühnentechnik: Film- und Bildprojektionen, Simultanbühnen und verschiedene Maschinerie eröffneten neue Möglichkeiten. Piscator mit seiner Experimentierfreude ist - so formuliert Brecht plakativ - insofern „der große Baumeister des epischen Theaters“.[13] Dennoch gibt Jan Knopf an, Brecht habe Piscators effektvolle Bühnen kritisch gesehen, als innovativ, aber bloß formal verwendet. Aus politischer Sympathie habe er diese Kritik aber nur selten geäußert.[14] Piscators Theaterprojekte wurden von der zeitgenössischen Kritik häufig als zu propagandistisch kritisiert. Hinck sieht Piscators Theater als „reportagehaft und tendenziös zugeschnittene Wirklichkeit.“[15] Zwischen Brechts und Piscators Inszenierungen bestand zudem ein prinzipieller Unterschied: Piscator wollte die Zuschauer mitreißen, ganz im Gegensatz zu Brechts Konzept des nüchternen, distanzierten Spiels.

Dass zuletzt der Begriff episches Theater fast ausschließlich mit den Dramen Brechts verbunden wurde, führt Sarah Bryant-Bertail auf die ungeheure Wirkung der Inszenierung der Mutter Courage und die umfangreiche Dokumentation der Aufführung zurück.[16]

Walter Hinck weist darauf hin, dass schon vor Brecht und Piscator Meyerhold in Moskau nach der Oktoberrevolution ähnliche Theaterexperimente unternommen habe. Er habe den Vorhang entfernt, Filme projiziert und mit Maschinerie bewegliche Bühnen bauen lassen.[17] Auch für die begriffliche Verbindung der Gattungen gibt es mit Thomas Hardy einen Vorläufer, der sein Mammutwerk „The Dynasts“ 1904 „an epic-drama of the war with Napoleon, in three parts, nineteen acts and one hundred and thirty scenes“ untertitelte. Allerdings scheint die Namensähnlichkeit kein ähnliches Konzept zu bezeichnen, sondern wurde „nur wegen der Länge und des geschichtlichen Gegenstands“ gewählt.[18]

Epik und Drama in der Literaturgeschichte - Vorläufer

Lange war die Poetik des Aristoteles bestimmend für das Verständnis des Dramas, auch wenn seine Grundsätze im Laufe der Geschichte immer wieder modifiziert wurden. Dabei wurde die Trennung der literarischen Gattungen regelmäßig zum Qualitätsmaßstab: Epos und Drama sollten in keinem Fall vermischt werden.[19] Marianne Kesting weist darauf hin, dass es, meist weniger beachtet, dennoch immer auch andere dramatische Formen gegeben habe.[20] Als epische Formen nennt sie etwa das mittelalterliche Mysterienspiel, die Fronleichnamsspiele Calderóns und das Drama des Sturm und Drang. Brecht selber nennt weitere Vorbilder:

„In stilistischer Hinsicht ist das epische Theater nichts besonders Neues. Mit seinem Ausstellungscharakter und seiner Betonung des Artistischen ist es dem uralten asiatischen Theater verwandt. Lehrhafte Tendenzen zeigte sowohl das mittelalterliche Mysterienspiel als auch das klassische spanische und das Jesuitentheater.“[21]

Am asiatischen Theater faszinieren Brecht die „große Bedeutung der Geste“, die „entpersönlichte Darstellungsweise“ und das Minimum von Illusion, wozu die sparsame Dekoration und Unterbrechungen des Spiels gehören.[22]

Oft beruft sich Brecht auch auf William Shakespeare, dessen Dramen er „ungemein lebendig“[23], experimentierfreudig und innovativ fand. Shakespeare war für Brecht „ein großer Realist“, seine Dramen zeigten „jene wertvollen Bruchstellen, wo das Neue seiner Zeit auf das Alte stieß.“[24]

Frühe Zweifel an der strikten Trennung von Dramatik und erzählenden Texten in Europa demonstriert Marianne Kesting am Briefwechsel von Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe. Bei aller Bewunderung für Aristoteles hätten die beiden Autoren dennoch in Frage gestellt, ob jeder Stoff mit der strengen Trennung des Gattungen zu vereinbaren sei. Bei Schiller habe vor allem die komplexe Geschichte der Jeanne d’Arc, bei Goethe die Arbeit am Faust zu Skepsis gegenüber einer dogmatischen Trennung der Gattungen geführt.[25]

Die eigentlichen Vorläufer des epischen Theaters entstanden nach Kesting im Vormärz, in den Dramen Christian Dietrich Grabbes und Georg Büchners.[26] Sie sieht in den Stücken Büchners „Modelle epischer Dramaturgie“.[27] Das Dramenfragment Woyzeck zeige bereits den Anti-Helden, „determiniert durch das soziale Milieu“[28], ausgeliefert, passiv, „Opfer“ einer „zerrütteten Gesellschaft“.[28] „Der Heroismus des Leidens aber und die Determiniertheit des Handelns verursachen den Verfall des aktiven Moments im Drama.“[29] Auch Brecht nennt ausdrücklich die Bedeutung des Woyzeck für seine frühe schriftstellerische Entwicklung.[30]

Walter Hinck sieht in einigen typisierten, parodistisch gezeichneten Figuren Brechts den Einfluss der Commedia dell'arte. So entspräche die Figur des Shu Fu aus dem „guten Menschen von Sezuan“ der Figur des Pantalone. Pantalone gehörte in der italienischen Volkskomödie zu den „Vecchi“, den Repräsentanten der Oberschicht.[31] Brechts Masken sind wie die der Commedia dell'arte nicht auf einen bestimmten Gefühlsausdruck festgelegt, sie dienen wie die groteske Übersteigerung des Spiels der satirischen Darstellung der Oberschicht.[32] In Bezug auf den „Puntila“ hat Brecht die Orientierung an der commedia dell'arte ausdrücklich gefordert. Dabei ging es ihm nicht nur um Typen und Masken, sondern auch um artistische Bewegungsregie.[33]

Naturalismus

Emile Zola um 1875

Der veränderte gesellschaftliche und historische Hintergrund im Zusammenhang der Industrialisierung bringt das aristotelische Modell im 19. Jahrhundert immer stärker in die Krise. Neue Konzepte entwickelt der Naturalismus. Ausgangspunkt von naturalistischen Dramatikern wie Hauptmann und Ibsen waren die Romane Zolas und Dostojewskis. In der Literaturwissenschaft wird Zola häufig auch aufgrund seiner theoretischen Schriften als wichtigster Vorgänger Brechts gesehen, obwohl sich Brecht später sehr deutlich vom Naturalismus abgrenzte.[34]

In einer Hinsicht stand Zolas naturalistische Dramatik konträr zu Brechts epischem Theater: Der Franzose wollte die perfekte Illusion. Schauspieler und Bühnenbild sollten den Eindruck realen Lebens auf der Bühne vermitteln. Aber Zola überschritt dabei deutlich das aristotelische Modell. Alltag sollte gezeigt werden, Charakterdarstellung war ihm wichtiger als die Fabel. Einzelne unabhängige Szenen wie Ausschnitte aus einem Roman sollte es geben, die Regie wissenschaftlich und experimentell vorgehen.[35] In Molieres Der Menschenfeind sieht Zola ein frühes Beispiel für erzählendes Drama. Bereits 1881 schreibt Zola in einer Kritik am französischen Drama seiner Zeit:[36] „Die Bretter der Jahrmarktsgaukler sind breiter und epischer (plus large et plus épiques) als unsere elenden Bühnen, auf denen das Leben erstickt.“[37] Zola versucht an Beispielen zu zeigen, dass das Theater sich abhängig von Geschichte verändert habe. Das klassische Drama sei obsolet geworden und es gelte Neues zu erproben. Wesentliche Elemente solcher Experimente seien dem alten epischen Drama und dem naturalistischen Roman zu entnehmen.[38] Die deutschen Naturalisten nahmen Zolas Ideen auf. Dabei adaptierten sie vor allem die These vom prägenden Einfluss des Romans auf das Drama.

Obwohl sich Brecht von den Naturalisten mehrfach scharf distanziert hat, kann man einige Parallelen festhalten: Das Interesse an Experimenten, wissenschaftlicher Ansatz, Ablehnung von Religion und Metaphysik, Dramen mit offenem Schluss, die Episierung des Dramas, Anknüpfen an alte Dramenformen und den Jahrmarkt, Glaube an den Einfluss des geschichtlichen Wandels auf das Theater. Als entscheidende Unterschiede bleiben die naturalistische Idee von der perfekten Illusion und die Natürlichkeit der Schilderungen, die keine Veränderung zu ermöglichen schien. Anders als die Naturalisten hielt Brecht die Fabel für entscheidend, sie sollte die gesellschaftlichen Widersprüche zeigen, die gesellschaftlichen Strukturen.[39]

Schon Zola spricht von epischen Darstellungsformen. Der Unterschied zu Brecht liegt dabei nach Grimm im Begriff der Epik selbst. Habe Zola den Erzähler als neutralen Protokollführer gesehen, der sich nicht ins Romangeschehen einmischt, so sei für Brecht der auktoriale Erzähler das Vorbild für seine Dramatik gewesen. Reinhold Grimm belegt dies an Brechts Drama Der Kaukasische Kreidekreis, wo der Erzähler, der die ganze Zeit am Bühnengeschehen teilnimmt, kommentiert, Figuren vorstellt und ihre Gedanken kennt und das Bühnengeschehen in den Rahmen einer alten Geschichte einbettet.[40] Jan Knopf betont stärker den inhaltlichen Gegensatz. Die naturalistische Literatur zeige nach Brecht bloß die Fassade der gesellschaftlichen Realität, die als unveränderlich erscheine. Selbst das genaue Abbild einer Fabrik zeige nicht deren innere Struktur. Brecht dagegen wolle die gesellschaftliche Realität nicht einfach abbilden, sondern Strukturen und Veränderungsmöglichkeiten zeigen.[41]

Datei:Stamps of Germany (DDR) 1974, MiNr 1945.jpg
Lion Feuchtwanger, Erfinder des „dramatischen Romans“

Zeitgenössische Einflüsse auf Brechts Dramatik

Klaus Ziegler beobachtet die Abkehr verschiedener Autoren um den Zweiten Weltkrieg vom „Formtypus des neuzeitlichen Kunstdramas“ und einen Rückgriff auf deutlich ältere, erzählende Konzepte.[42] Ulrich Weisstein betont den Einfluss Lion Feuchtwangers auf diese neue Mischung von Epik und Dramatik. Der „dramatische Roman Thomas Wendt“ (1918-1919) stelle nicht bloß ein Einzelschicksal dar, sondern ein „Weltbild“, wie es später auch Brecht angestrebt habe.[43] Die Romanelemente sollten bei Feuchtwanger die Enge des Dramas überwinden, das Dramatische das Tempo erhöhen und Gefühle vermitteln. Die Wirkung von Feuchtwangers formalen Experiment war groß. So übernahm Alfons Paquet das Konzept des ‚dramatischen Romans‘ für sein Drama „Fahnen“ (1923) und wählte den gleichen Untertitel. Feuchtwanger selber gab an, dass der 20-jährige Brecht ihn während der Arbeit am „Dramatischen Roman“ besucht habe: „Diese Bezeichnung gab Brecht Stoff zum Nachdenken. Er fand, man müsse in der Verschmelzung des Dramatischen mit dem Epischen viel weiter gehen. Er machte immer neue Versuche, das „epische Theater“ zu schaffen.“.[44] Gemeinsam bearbeiteten Feuchtwanger und Brecht 1923 Marlowes Drama „Leben Eduard des Zweiten von England“ für die Münchner Kammerspiele und entwickelten epische Grundstrukturen (z.B. Auflösung der Struktur und der Versform, Szenentitel, auf Desillusionierung gerichtete Regieanweisungen)[45]

Brecht selber nennt im „Messingkauf“ zwei weitere Zeitgenossen, die seine Entwicklung wesentlich beeinflusst hätten. Er habe Frank Wedekind gesehen, dessen Stil von Kabarett und Bänkelsang geprägt gewesen sei und der eigene Liedkompositionen zur Gitarre vortrug. Sarah Bryant-Bertail sieht in Wedekind ein Idol des jungen Brecht, der wie andere Autoren seiner Generation durch Oktoberrevolution, Weltkrieg und die Weimarer Katastrophen radikalisiert gewesen sei.[46] „Aber am meisten lernte er von dem Clown Valentin[47], schreibt Brecht über sich in der dritten Person.[48]

Brechts episches Theater

Theater und Gesellschaft

Das epische Theater soll nach Brecht gesellschaftliche und politische Veränderungen in Gang setzen. Die Demonstration gesellschaftlicher Widersprüche auf der Bühne soll Zuschauer aktivieren, Kritik am Schicksalsglauben und eine materialistische Haltung vermitteln. Das Theater sollte vom Repräsentations- und Unterhaltungsinstrument für die Oberschicht zum rebellischen Lehrstück insbesondere für das Proletariat werden.

„Brechts theoretische Grundlegungen seines „epischen Theaters“ richten sich auf eine Wirkungsästhetik (-poetik) strengsten Sinnes. Über die Wahl aller dramatischen und bühnenmäßigen Mittel, über das Wie der Gestaltung entscheidet das Ziel.“[49]

Als Marxist verstand er seine Dramen als „Instrument der Aufklärung im Sinne einer revolutionären gesellschaftlichen Praxis“[50] Um aufzuklären, müsse beim Zuschauer ein Denkprozess ausgelöst werden. Dazu sollte er sich der Illusion des Theaters bewusst werden und dürfe sich nicht, wie in der klassischen Theatertheorie der aristotelischen Katharsis gefordert, von der Handlung gefangen nehmen lassen, mit dem Protagonisten Mitleid empfinden, das Geschehene als individuelles Schicksal empfinden und als solches hinnehmen. Er soll das Dargebotene vielmehr als Parabel auf allgemeine gesellschaftliche Verhältnisse sehen und sich fragen, wie etwas an den dargestellten Missständen verändert werden könnte. Brechts Dramentheorie ist eine politische Theorie, seine im Exil geschriebenen Stücke versteht er als Versuche für ein neuartiges Theater, das „Theater eines wissenschaftlichen Zeitalters“[51]. Dieses Theater sollte die Ideologie der Herrschenden entlarven und ihre verborgenen Interessen aufdecken.

Mutter Courage und ihre Kinder stellt die Ideologie der Mächtigen und der Kirchen bloß, es ginge im 30-jährigen Krieg um Religion, man kämpfe gottgefällig in einem „Glaubenskrieg“. Diese Ideologie wird auf verschiedene Weise entlarvt: durch Parodie oder Persiflage werden die hochtrabenden Worte in Frage gestellt,[52] der protestantische Feldprediger erscheint als machtlose, scheinheilige Figur, die den Militärs absolut nichts zu sagen hat.

Brecht wollte ein analytisches Theater, das den Zuschauer zum distanzierten Nachdenken und Hinterfragen anregt. Zu diesem Zweck verfremdete und desillusionierte er das Spiel absichtlich, um es als Schauspiel gegenüber dem wirklichen Leben erkennbar zu machen. Schauspieler sollten analysieren und synthetisieren, d.h. von außen an eine Rolle herangehen, um dann ganz bewusst so zu handeln, wie es die Figur getan hätte. Das epische Theater Brechts steht damit im Gegensatz sowohl zur Lehre Stanislawskis als auch zur Lehre der methodischen Schauspielkunst von Lee Strasberg, die größtmögliche Realitätsnähe anstrebten und vom Schauspieler verlangten, sich in die Rolle hineinzuversetzen.

Vergleich: Dramatisches Theater – Episches Theater bei Brecht

Aristoteles, dessen Poetik über Jahrhunderte die Dramatik beeinflusste
Gotthold Ephraim Lessing, dessen Hamburgische Dramaturgie (1767) prägend für die Adaptation von Aristoteles für das deutsche Drama war.
Gustav Freytag, dessen „Technik des Dramas“ (1863) die Dramentheorie des geschlossenen Dramas zusammenfasste

Brechts Kritik an der klassischen Tragödie trifft zunächst die Grundkonstruktion der Fabel. Im „Kleinen Organon für das Theater“ (1948) führt Brecht aus, dass der Konflikt des tragischen Helden mit den göttlich legitimierten Normen der Gesellschaft für das Individuum stets tragisch ende.[53] Eine Änderung der Gesellschaft erscheine vor diesem Hintergrund als unmöglich, die Geschichte als blindes Schicksal. Entgegen diesem Grundkonstrukt will Brecht die gesellschaftlichen Verhältnisse als veränderbar zeigen, sie als Werk von Menschen entlarven.[54] Erstes Mittel, die realen Interessen hinter den fest gefügten Normen der kapitalistischen Gesellschaft zu zeigen, ist für Brecht, den sozialen „Vorgängen den Stempel des Vertrauten zu entziehen“.[55]

Seit 1933[56] arbeitet Brecht systematisch sein Konzept der epischen Theaters aus und entwickelt es in Texten und Inszenierungen weiter. Brecht verstand das epische Theater nicht als absoluten Gegensatz zum dramatischen Theater; es lägen „lediglich Akzentverschiebungen“ vor. Episches Theater soll erzählend sein, die Aktivität des Zuschauers wecken, ihn zu Entscheidungen führen und ihn dem Gezeigten gegenüberstellen. Nachahmung (Mimesis) und Identifikation sollen im epischen Theater vermieden werden. Vom Schauspieler verlangte Brecht ständige Reflexion. Der Darsteller sollte sich nicht wie in der traditionellen Theaterpraxis in die Rolle „einfühlen“, sondern sie und ihre Handlungen „zeigen“^1 und diese gleichzeitig bewerten. Eine wesentliche Methode ist dabei der Verfremdungseffekt, der eine Handlung durch unterbrechende Kommentare oder Lieder so modifiziert, dass der Zuschauer eine Distanz zum Stück und seinen Darstellern aufbauen kann. Auch Bühnenbild und Ausstattung können diese Distanz verstärken.

Diese distanzierte Ästhetik, die sich an Vernunft und Urteilsvermögen richtet, hat bei Brecht auch aktuelle politische Hintergründe. Am Ende der Weimarer Republik sieht Brecht eine „Krise der Emotionen“, eine „rationalistische Wendung“ in der Dramatik.[57] „Der Faschismus mit seiner grotesken Betonung des Emotionellen und vielleicht nicht minder ein drohender Verfall des rationellen Moments in der Ästhetik des Marxismus veranlasste uns zu einer besonderen Betonung des Rationellen.“[58]

Der Literaturwissenschaftler Walter Hinck fasst den Gegensatz zwischen epischem Theater und dem von Lessing und der Weimarer Klassik geprägten „neuzeitlichen Kunstdrama“ begrifflich als Gegensatz von „offener“ und „geschlossener“ Dramaturgie. Der „Idealtypus“ des klassischen, geschlossenen Dramas erwecke in „Analogie zum Organismus (…) den Anschein natürlichen Wachstums“.[59] Jedes Ereignis folge logisch aus den vorherigen, die zeitliche Folge sei dadurch festgelegt. Dichter und Regisseur seien bei der Aufführung nicht mehr sichtbar, die Schauspieler gingen völlig in ihrer Rolle auf. Die Welt auf der Bühne erscheine als Realität, die Öffnung zum Publikum werde als „‚vierte‘ Wand“ betrachtet. Die „Illusionsbühne“ sei ihrer Struktur nach „ohne Bezug zur Alltagsrealität und zum Zuschauer“.[60]

Die offene Form verzichte dagegen auf den Anschein von Realität, sie zeige mehr als die erfundene Welt der Bühne. „Das Drama enthüllt die Bedingungen seiner Existenz“.[61] Dichter, Regisseur und Publikum können ins Bühnengeschehen aufgenommen werden, die Szenen entwickeln sich in loser Folge, nicht in strenger Verkettung von Ursache und Folge. Die „zum Zuschauer hin offene Bühne“ biete Möglichkeiten, die Welt des Dramas „als eine fiktive, als eine Welt des Scheins“[62] zu zeigen und ihre Grenzen zu überschreiten. Die Bühnenwelt erhält dadurch didaktische Möglichkeiten, sie kann als Gleichnis oder Gedankenexperiment betrachtet werden.

Das folgende Schema mit einigen „Gewichtsverschiebungen vom dramatischen zum epischen Theater“ wird in der von Brecht 1938 überarbeiteten Fassung aus den Anmerkungen zur Oper „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny wiedergegeben:[63]

Aristotelische Form des Theaters Epische Form des Theaters
handelnd erzählend
verwickelt den Zuschauer in eine Bühnenaktion macht den Zuschauer zum Betrachter
verbraucht seine Aktivität weckt seine Aktivität
ermöglicht ihm Gefühle erzwingt von ihm Entscheidungen
Erlebnis Weltbild
Der Zuschauer wird in etwas hineinversetzt er wird gegenübergesetzt
Suggestion Argument
Die Empfindungen werden konserviert bis zu Erkenntnissen getrieben
Der Zuschauer steht mittendrin Der Zuschauer steht gegenüber
miterlebt studiert
Der Mensch als bekannt vorausgesetzt Der Mensch ist Gegenstand der Untersuchung
Der unveränderliche Mensch Der veränderliche und verändernde Mensch
Spannung auf den Ausgang Spannung auf den Gang
Eine Szene für die andere Jede Szene für sich
Wachstum Montage
Geschehnisse linear in Kurven
evolutionäre Zwangsläufigkeit Sprünge
Der Mensch als Fixum Der Mensch als Prozeß
Das Denken bestimmt das Sein Das gesellschaftliche Sein bestimmt das Denken
Gefühl Ratio
Idealismus Materialismus

Epische Elemente bei Brecht

Erzähler auf der Bühne

Bertolt Brecht 1954

Brechts Drama Der Kaukasische Kreidekreis wird dem Publikum von einem auktorialen Erzähler präsentiert, der das Geschehen auf der Bühne kommentiert, Figuren vorstellt und ihre Gedanken kennt und durch eine Rahmenhandlung Distanz schafft. Der Erzähler beeinflusst die Interpretation des Geschehens und schafft eine zweite Handlungsebene.

„Die Gestaltung des ‚auktorialen Erzählers‘ auf der Bühne … ist das weitgehendste epische Mittel, da es die dramatische Handlung wie beim Moritatensänger als ‚bebilderte Erzählung‘ aufhebt, wobei die Trennung von Erzähler und Erzählgegenstand betont wird (andere Sprache, andere Haltung, der Erzähler als Sänger). Durch den Erzähler kann die zeitliche Kontinuität (…) aufgehoben werden: dieser verfügt über den Ablauf der Handlung und kann sie (wie im Film) neu zusammenstellen, sie ‚schneiden‘. In bezug auf das Publikum kann der Erzähler die Handlung dem Zuschauer direkt (mit Aufforderung, sie in bestimmter Weise zur Kenntnis zu nehmen) konfrontieren.“[64]

Walter Hinck zeigt auf, dass durch den Erzähler Spannungen und Brüche in der Dramaturgie entstehen. Anders als im Roman sei der Erzähler von seinem Erzählgegenstand, dem szenischen Spiel, deutlich unterschieden. Diesen Abstand markiere Brecht sowohl sprachlich als auch durch die Anordnung auf der Bühne. Brecht platzierte Musiker und Sänger in seiner Inszenierung des Kaukasischen Kreidekreises in einer Loge zwischen Publikum und Bühne, für Hinck „der ‚ideale‘ Ort (…) im Schnittpunkt von Bühne und Zuschauerraum“.[65]

Typischer für Brechts Verwendung eines Erzählers auf der Bühne ist das zeitweilige Heraustreten eines der Darsteller aus seiner Rolle. Der Schauspieler wendet sich etwa an das Publikum und kommentiert die Ereignisse oder singt ein Lied vor dem Vorhang. Durch solche Brüche erzeugt Brecht Distanz zum Geschehen, rafft die Handlung oder deklariert sie zum bloßen Spiel.[66]

Im 8. Bild des „Guten Menschen von Sezuan“ schlüpft Frau Yang in die Rolle des Erzählers.

„Frau Yang (zum Publikum): Ich muß Ihnen berichten, wie mein Sohn Sun durch die Weisheit und Strenge des allgemein geachteten Herrn Shui Ta aus einem verkommenen Menschen in einen nützlichen verwandelt wurde (…)“[67]

Das szenische Spiel zeigt nun diese Entwicklung und blendet dabei 3 Monate zurück. Dadurch „bestehen (…) auf der Bühne zwei Zeitdimensionen: die des Szenischen und die des Berichterstatters. Die Bühne bekommt der temporalen Struktur nach Simultanbühnencharakter.“[68] Aber auch räumlich teilt sich die Bühne in den Raum des szenischen Spiels und den Standort der kommentierenden Frau Yang, der nicht zum Geschehen gehört. Nach Walter Hinck erscheint in diesem Gegeneinander von epischen Kommentaren und der Darstellung der Schauspieler die Rolle des Erzählers „als der eigentlich authentische, objektive der beiden Pole“[69]. Das Spiel erscheint als Demonstration vergangener Ereignisse, die der Erzähler schon lange kennt. Dadurch, dass der Erzähler das Spiel dirigiert und nacheinander verschiedene Ereignisse aus der Vergangenheit ‚aufrufen‘ kann, wird die strenge zeitliche Ordnung des Dramas aufgehoben, die Szenen werden austauschbar.[70]

Die Publikumsansprachen sind bei Brecht unterschiedlich stark an die Handlung gebunden. Sie können die Handlung voranbringen, anhalten oder sich ganz von der Handlung lösen und sich auf die Realität des Publikums beziehen. Dabei thematisieren die Sprecher regelmäßig soziale und wirtschaftliche Probleme.[71]

Rollendistanz der Schauspieler

Kernpunkt der Brechtschen Vorstellung vom Schauspieler ist die Abkehr von der vollkommenen Identifikation mit der Rolle. Insofern ist der russische Regisseur Stanislawski mit seinem naturalistischen Konzept der perfekten Illusion, die der Darsteller erzeugen solle, die Gegenfigur zu Brechts Konzept des distanzierten Spiels. Stanislawski perfektionierte die Technik der perfekten Nachahmung, bis ins Detail sollte der Darsteller durch Einfühlung das wirkliche Leben auf der Bühne zeigen. Dadurch wollte er auch die Zuschauer die vollständige Einfühlung ermöglichen. Brecht hält dieses Konzept für völlig ungeeignet, die komplexe Realität der modernen Gesellschaft zu zeigen und zu verstehen.[72] Um einen kritischen Abstand zu den Figuren auf der Bühne herzustellen, „verfremdete“ Brecht ihre Darstellung durch distanziertes Spiel oder irritierende Details.

Die „Verfremdung“ der Figuren kann bereits bei der Besetzung der Rolle beginnen. Brecht ließ junge Schauspieler alte Leute spielen, etwa die junge Angelika Hurwicz in Die Gewehre der Frau Carrar die alte Frau Perez.[73] Andere Möglichkeiten bei der Besetzung nutzte Brecht, indem er in Furcht und Elend des Dritten Reiches den SA-Mann von einem besonders sympathisch wirkenden Schauspieler besetzte. „Die Gemeinheit der Handlung wurde damit nicht aus dem ‚Charakter‘ erklärt, sondern mit der faschistischen Ideologie.“[74]

Regietechniken

Um die Rollendistanz, eine „Unterkühlung des Spiels“[75], bei den Schauspielern zu fördern, entwickelt Brecht Regietechniken, die den Darstellern bewusst machen, dass sie die Bühnenfigur aus einem inneren Abstand zeigen und sich nicht völlig mit ihr identifizieren sollen. Der Schauspieler „zeigt seine Rolle nur vor“[76]. Eine einfache Regietechnik beschreibt Brecht in Bezug auf die Proben zur „Mutter Courage“:

„Erst in der elften Szene schalte ich für zehn Minuten episches Probieren ein. Gerda Müller und Dunskus als Bauersleute beschließen, daß sie gegen die Katholischen nichts tun können. Ich lasse sie jeweils hinzufügen »sagte der Mann«, »sagte die Frau«. Plötzlich wurde die Szene klar, und die Müller entdeckte eine realistische Haltung.“[77]

Proben zu Mutter Courage mit Gisela May und Manfred Wekwerth im Berliner Ensemble, 1978

Andere Mittel zur Erzeugung von Rollendistanz sind die „Überführung in die dritte Person“[78], die Verlegung der aktuell dargestellten Ereignisse in die Vergangenheit oder das Mitsprechen von Regieanweisungen. Ein weiterer Übungsvorschlag Brechts zum distanzierten Spiel ist die Übertragung klassischer Stoffe in ein anderes Milieu. Aus dem 3. Akt von Schillers Maria Stuart soll etwa der „Streit der Fischweiber“ werden.[79] Auch ein Rollentausch zwischen den Schauspielern bei den Proben, etwa zwischen Herrn und Knecht, ist ein Mittel, die Bedeutung der sozialen Stellung der Figur zu vermitteln.[80] „Der Darsteller hat nicht nur und nicht so sehr seine Figur zu verkörpern, sondern auch und vor allem ihr Verhältnis zu anderen Figuren.“[81]

„Brechts Schauspieler soll sich nicht in die dargestellte Figur vollkommen ‚verwandeln‘, sie ‚sein‘; er soll vielmehr dem Zuschauer deutlich machen, daß er einen Text, den er auswendig zu lernen hatte, ‚zitiert‘, wie er - im übertragenen Sinn - auch die Figur, das heißt: ihr Verhalten und ihre Handlungen, zitiert, indem er seinen Körper, seinen Ausdruck etc. entsprechend zeigt.“[82]

Brecht erläutert seine Vorstellung von Rollendistanz an einer Straßenszene: „der Augenzeuge eines Verkehrsunfalls demonstriert einer Menschenansammlung, wie das Unglück passierte“.[83] Hier gehe es um das Zeigen eines Sachverhalts, die Illusion der Realität sei nicht gefordert, das Spiel habe den „Charakter der Wiederholung“.[84] Analog dazu sei beispielhaft das Vorspielen einer erwarteten Haltung durch den Regisseur bei der Probe oder das Zeigen einer Rolle, wenn ein Schauspieler einem anderen etwas demonstriert.

In den Vorspielen zum „Kaukasischen Kreidekreis“ und zur Parabel Die Rundköpfe und die Spitzköpfe ziehen die Darsteller wie in weltlichen Spielen des Mittelalters zunächst auf die Bühne und übernehmen erst dort ihre Rollen, um den Spielcharakter der Vorstellung zur verdeutlichen.[85]

Der „Gestus“ als Ausdruck einer sozialen Stellung

Für die Rollendistanz der Schauspieler, das Zeigen einer Figur, ohne völlig darin aufzugehen, ist die „Gestik“ (Brecht spricht auch vom „Gestus“) von zentraler Bedeutung. Brecht arbeitete als Regisseur intensiv am körperlichen Ausdruck geistiger und sozialer Haltungen. Sein Konzept ähnelt dabei dem Habitus-Begriff in der modernen Soziologie: Das verinnerlichte Verhalten einer Person, ihre Gestik, die Sprache, die Kleidung, der Geschmack, die Art des Handelns und Denkens, deuten ihren Rang und Status in der Gesellschaft an. Brechts Definition des „Gestus“ hebt die soziale Funktion hervor:

„Unter einem Gestus sei verstanden ein Komplex von Gesten, Mimik und (für gewöhnlich) Aussagen, welchen ein oder mehrere Menschen zu einem oder mehreren Menschen richten.“[86]

Bei Proben achtete Brecht sehr genau auf Details, Disziplin und zurückhaltendes Spiel: Helene Weigel als trauernde Mutter in der Courage steht vor ihrer erschossenen Tochter Kattrin und singt ihr ein Wiegenlied, als schlafe sie nur. Schließlich übergibt sie den umstehenden Bauern Geld für die Beerdigung, zögert einen Augenblick und legt dann eine Münze ins Portemonnaie zurück.[87] Die einfache Geste zeigt dem Publikum den Charakter der Courage: Selbst angesichts des Todes ihres Kindes bleibt sie Geschäftsfrau und ändert sich nicht.[88] Dieses „leise Spiel“ der Weigel, ihre zurückhaltende, „asiatische Körpersprache“ erzeugte einen „hypergenauen sozialen Ausdruck“, gleichzeitig aber auch etwas Universelles, das bei Tourneen auch in Ländern erfasst wurde, in denen das Publikum kein Deutsch verstand.[89] Auch in anderen Stücken entwickeln Brecht und die Darsteller einfache, wiederholt gezeigte Gesten, die Personen und ihr Sozialverhalten charakterisieren, etwa die ausgestreckte Hand des korrupten Richters Azdak im „Kaukasischen Kreidekreis“.[90]

Diese einfache und klare Gestik darf aber nicht Brechts „Betonung des Artistischen, Tänzerischen und gelegentlich Maskenhaften“ verdecken.[91]

Brecht verallgemeinerte den Begriff Gestik von der Körpersprache auf andere Bereiche der Darstellung. Musik, Sprache und Text sind „gestisch“, wenn sie gezielt soziale Beziehungen zwischen Menschen zeigen.

Typisierung der Figuren

Walter Hinck zeigt, wie Brechts Protagonisten ihre Kompromisse machen, der brave Soldat Schwejk ebenso wie Shen Te in Der gute Mensch von Sezuan oder Galileo Galilei. Brecht vermeide gezielt das Tragische.[92] Walter Benjamin spricht von Brechts untragischen Helden.[93] Sarah Bryant-Bertail beschreibt das Grundkonstrukt der Abkehr vom Tragischen:

„Das epische Theater demystifiziert das Konzept, dass es wesentlich für die menschliche Natur sei, ein unausweichliches Schicksal zu durchleben, indem es zeigt, dass beides, menschliche Natur und das Schicksal, historische und insofern veränderbare Konstrukte sind.“[94]

Brecht reduziert seine Figuren, weil der Mensch (…) für ihn Schnittpunkt gesellschaftlicher Kräfte ist, nicht starkes Individuum, in dessen Verhalten sein Charakter zum Ausdruck kommt.[95] Brecht stellt seine Figuren nicht als einzelne vor eine Entscheidung, sondern nach Möglichkeit in sozialen Kontexten. Es geht ihm wesentlich um gesellschaftliche Prozesse, weniger um die Psyche seiner Figuren. Dabei lässt er den Figuren das Leben, durch List und Kompromisse schlagen sie sich meist durch.[96] Auf der Bühne schaffen sie meist keine Veränderung, die Mutter Courage lernt nichts. Das ganze ist jedoch so angelegt, dass der Zuschauer verstehen soll, welche Alternativen es gibt, welche Fehler die Figuren auf der Bühne machen.

Die Figuren Brechts erfordern also vom Schauspieler Darstellung ihrer „Modellhaftigkeit“[97] , die Vermittlung des Exemplarischen. Aus der Distanz kann er für oder gegen seine Figur Partei ergreifen und diese Parteinahme dem Publikum vorführen, damit es sich ein Urteil bilden kann. So nimmt der Schauspieler eine „Vermittlerstelle“ zwischen Spiel auf der Bühne und dem Zuschauer ein.[98]

Spielräume für Schauspieler

Trotz der Typisierung der Figuren will Brecht vielschichtige „Menschen“ auf die Bühne stellen, „die Ahnungen, Erwartungen, Sympathien, die wir Leuten in der Wirklichkeit entgegenbringen,“ ermöglichen.[99] John Fuegi zeigt am Beispiel der Proben zum „kaukasischen Kreidekreis“, wie Brecht systematisch die Widersprüche seiner Figuren herausgearbeitet habe. Wenn in einer Probe die Selbstlosigkeit der Magd Grusche erarbeitet worden sei, habe bei der Fortsetzung ein negativer Aspekt ihrer Persönlichkeit im Mittelpunkt des Interesses gestanden, immer mit dem Ziel der „Anlage einer vielschichtigen Person“. Der Weg dazu sei nach Brecht „die bewußte Anwendung des Widerspruchs.“[100] Nur Figuren, die auch überraschen können, hält Brecht für geeignet, ein kritisches Denken der Zuschauer zu ermöglichen.[101]

Die fette Küche; Vorbild für Brechts Arrangements; die soziale Ordnung auf Gemälden Pieter Breughel d.Ä.
Der soziale Gegensatz: Die magere Küche

Zur Komplexität der Figuren gehört auch, dass der Schauspieler sie so zeigen soll, dass sie trotz aller Zwänge auch anders handeln könnten.[102] Brecht hielt es weiterhin für akzeptabel, wenn die Schauspieler aus der Rolle fallen und ihre Gefühle zur Figur zeigten. Wut der Darstellerin über das Verhalten der Courage oder Trauer über die Bäurin, die sich von ihrem Sohn lossagt, der längst gefallen ist, dienten der „Zerreißung der Illusion“[103], Improvisationen und Extempores der Schauspieler seien in diesem Sinne erwünscht. Angestrebt ist eine Überdeterminierung, wie sie Sigmund Freud beschrieben hat, „das Sichüberschneiden“[104] des eigenen Gesichts des Schauspielers mit dem der Figur. Dabei soll die Rolle langsam und mit einer gewissen „Leichtigkeit“ entwickelt werden.[105]

Zur Gestaltung des Spielraums gehört für Brecht ganz wesentlich das Arrangement der Figuren auf der Bühne, die minutiöse Planung von Gruppierungen und Gängen. In der Stellung der Figuren zueinander sollen ihre sozialen Beziehungen deutlich werden.

„Brecht ging (…) gern auf das Vorbild Brueghels zurück, dessen Gruppierungen sozial bestimmt sind. Es sei an ‚Die fette Küche‘ und ‚Die magere Küche‘ erinnert, die nicht nur - einander widersprechend - gegenübergestellt sind, sondern von denen jedes Blatt seinen eigenen Widerspruch enthält: Aus der vollgestopften Küche der Fettwänste wird ein dürrer Armer hinausgeworfen, in die dürre Küche (deren Möbel und Geräte dürr sind wie die Menschen) soll ein Fettwanst, der sich anscheinend in der Tür geirrt hat, hineingezogen werden.“[106]

Die Anordnung und der Gänge und Gruppierungen entwickelt Brecht aus der inhaltlichen Aussage, nicht aus abstrakten ästhetischen Überlegungen. Wie stehen die Figuren zueinander? Welche sozialen Gegensätze werden deutlich? Wer geht auf jemanden zu? Wer wendet sich ab?

„Ob die Interessen der handelnden Figuren einander widersprechen oder ob sie übereinstimmen, wird im Arrangement durch ihr Auseinander- oder Zueinandergehen ausgesagt.“[107]

Käthe Rülicke-Weiler erläutert dies an verschiedenen Beispielen: In der ersten Szene der Mutter Courage versucht der Feldwebel die Mutter abzulenken, indem er eine Schnalle kauft. In dieser Zeit will der Werber den Sohn für das Militär verpflichten. Die Mutter gehe zum Feldwebel und wende sich dabei von ihrem Sohn ab und verliere ihn dadurch.[108] Brecht schreibt über den ersten Akt des Coriolan: „Wie nehmen die Plebejer die Nachricht vom Kriegsgeschehen auf? - Begrüßen sie die neuen Tribunen? Drängen sie sich um sie? Bekommen sie von ihnen die Weisung? Ändert sich ihre Haltung zu Marcius? Wenn die Fragen gestllt und beantwortet sind und alles herauskommt auf der Bühne, sind die hauptsächlichen Verfremdungen gesetzt.“[109]

Das Publikum

Walter Benjamin beginnt seine Definition des epischen Theaters (1939) mit der veränderten Rolle des Zuschauers. Wie der entspannt auf dem Sofa liegende Romanleser solle er den Ereignissen auf der Bühne folgen.[110] Anders als der Romanleser trete das Publikum jedoch als „Kollektiv“ auf, das sich „zu prompter Stellungnahme veranlaßt“ sehe.[110] Weiterhin richte sich Brechts Drama auch an „die Massen“, an „Interessenten, die ohne Grund nicht denken‘“.[110] Für diese Zuschauer müssten die Vorgänge auf der Bühne „durchsichtig“ und „aus der Erfahrung des Publikums (…) zu kontrollieren sein“.[110]

Ein Mittel, das Publikum zur Beurteilung des Bühnengeschehens zu bewegen, waren für Brecht Gerichtsszenen, die sich in sehr vielen seiner Stücke finden. Der Zuschauer wird hier in die Rolle des Gerichtspublikums versetzt, das sich ein Urteil über den verhandelten Fall bildet. Das Geschehen auf der Bühne wird als „Rechtsfall zur Entscheidung gestellt“.[111]

Brechts Regiearbeit schloss durch öffentliche Proben des Berliner Ensembles von Anfang an das Publikum ein. Dabei sah er das Publikum nicht als homogene Masse, sondern erkannte die verschiedenen Interessen und Positionen der Theaterbesucher. Die Ansprachen des Publikums sollten die Gegensätze im Publikum nicht ausgleichen, sondern eher verstärken.[112] Die Darsteller sollten den „Kontakt zu den fortschrittlichen Teilen des Publikums“[113] suchen.

Brechts Dramatik versucht nicht, die Zuschauer formal ins Bühnengeschehen einzubinden, sondern will ihn gedanklich, als Beurteilenden aktivieren. Der Zuschauer wird der Illusion beraubt und gewinnt dadurch die Fähigkeit, die Theaterereignisse auf seine Realität zu beziehen. Das Illusionstheater, lässt Brecht den „Philosophen“ im „Messingkauf“ sagen, fesselt den Zuschauer so, dass kein Platz für lustvollen Zweifel bleibt.[114] Zudem seien die neuen Fragen der Zeit nicht mehr durch „Einfühlung“ zu beantworten. Die Gesellschaft sei zu komplex, um das Zusammenleben der Menschen durch eine perfekte Imitation der Gefühle eines Individuums und ihrer unmittelbaren Ursachen zu begreifen.

Prologe und Epiloge

Prolog und Epilog sind weitere erzählende Elemente, die Brecht auf verschiedene Weise einsetzt und die „zunächst ähnliche Funktion wie Titel, Zwischentitel oder Erzähler übernehmen“[64]. In Der gute Mensch von Sezuan wird im „Vorspiel“ deutlich, dass die Götter ihren Besuch auf der Erde als Experiment verstehen: „die Welt kann bleiben, wie sie ist, wenn genügend gute Menschen gefunden werden, die ein menschenwürdiges Dasein leben können.“[115] Der Prolog von Herr Puntila und sein Knecht Matti, gesprochen von einer der Darstellerinnen, stellt dem Publikum Charakter und Intention der Inszenierung vor:

„Geehrtes Publikum, die Zeit ist trist.
Klug, wer besorgt, und dumm, wer sorglos ist!
Doch ist nicht überm Berg, wer nicht mehr lacht
Drum haben wir ein komisches Spiel gemacht.
Wir zeigen nämlich heute abend hier
Euch ein gewisses vorzeitliches Tier
Estatium possessor, auf deutsch Gutsbesitzer genannt
Welches Tier, als sehr verfressen und ganz unnützlich bekannt …“[116]

Verfremdungseffekt

Die Verfremdungseffekte, kurz V-Effekte, werden angewandt, um den Zuschauer der Illusion des Theaters zu berauben. V-Effekte sollen der Auslöser für die Reflexion des Zuschauers über das Dargestellte sein. Nur über das Verfremdete, dem Zuschauer Unbekannte und merkwürdig Erscheinende, denkt dieser intensiver nach, ohne es hinzunehmen. Erst wenn das Bekannte und Alltägliche – wie beispielsweise gesellschaftliche Verhältnisse – in einem neuen, ungewohnten Zusammenhang erscheint, beginnt der Zuschauer mit einem Denkprozess, der in einem tieferen Verständnis dieses eigentlich längst bekannten Sachverhalts mündet. Dies kann sich beispielsweise in einer Historisierung der Personen oder Ereignisse niederschlagen:

Einen Vorgang oder einen Charakter verfremden heißt zunächst einfach, dem Vorgang oder dem Charakter das Selbstverständliche, Einleuchtende zu nehmen und über ihn Staunen und Neugier zu erzeugen [...] Verfremden heißt also Historisieren, heißt Vorgänge und Personen als vergänglich darzustellen[117] (Brecht, Gesammelte Werke Band 15, S. 301).

Für den Schauspieler ist das Mittel zur Verfremdung nach Brecht ein deutlicher „Gestus des Zeigens“. Dabei gelte es für Schauspieler und Zuschauer, das Mittel der Einfühlung zu kontrollieren. Vorbild für diese Form der Darstellung ist der alltägliche Vorgang, dass jemand das Verhalten einer anderen Person zeigt, etwa um sich über jemanden lustig zu machen. Eine solche Imitation komme völlig ohne eine Illusion aus.[118] Um die Schauspieler von unkritischer Identifikation mit ihrer Rolle abzuhalten, soll lange am Tisch geprobt werden. Die Schauspieler sollen ihre ersten Eindrücke und Widersprüche von der Figur festhalten und in ihr Spiel integrieren. Auf der Bühne müsse immer eine andere Möglichkeit des Verhaltens angedeutet werden. Rollendistanz im Spiel sei zu illustrieren am Beispiel des Spiels des Regisseurs, der einem Schauspieler etwas zeigt, ohne ganz in die Rolle zu schlüpfen.[118]

Historisierung

Bei der Historisierung handelt es sich um eine Erzähltechnik, die z.B. im Leben des Galilei zu finden ist. Um Erkenntnisse aus der gesellschaftlichen Situation der Gegenwart zu ziehen, wird „ein bestimmtes Gesellschaftssystem vom Standpunkt eines anderen Gesellschaftssystems betrachtet“[117]. Dies ermöglicht ein tieferes Verständnis dieser Epoche im Vergleich zum aktuellen Gesellschaftssystem:

Die Klassiker haben gesagt, dass der Affe sich am besten vom Menschen aus, seinem Nachfolger in der Entwicklung, begreifen lasse.[117] (Brecht, Gesammelte Werke, Band 16, S. 610).

Die Gegenwart eröffnet Erkenntnismöglichkeiten über die Vergangenheit, die den Menschen der Zeit unzugänglich waren. Jan Knopf erläutert dies an Brechts Gedicht Der Schneider von Ulm: Für den Bischof von Ulm ist der gescheiterte Flugversuch eines Schneiders der Beweis, dass nie ein Mensch wird fliegen können. Dieser feste Glaube an die gottgegebenen Grenzen des Menschen erscheint aus heutiger Sicht als groteske Selbstüberschätzung. Die Geschichte beweist die Veränderbarkeit auch starrer Verhältnisse.[119]

Die andere Form ist die Historisierung der Gegenwart. Knopf sieht Brechts Mittel zur Infragestellung gegenwärtiger Selbstverständlichkeiten und Sicherheiten in Komödien wie der Kleinbürgerhochzeit, die die Gegenwart „als komisch aufgehoben, …, als bereits überlebt, hohl, ohne Zukunft“[120] entlarvt.

Walter Benjamin weist darauf hin, dass das epische Theater die Fabel der Spannung beraubt habe. Eine altbekannte Geschichte sei dafür ebenso geeignet wie bekannte historische Ereignisse. Weil das Theater auf diese Weise von der auf das Ende des Stücks gerichteten Spannung der Zuschauer befreit sei, könne es, wie einst das Mysterienspiel größere Zeiträume darstellen.[121] Brechts Dramen berichten über große Zeiträume, das „Leben des Galilei“ stellte bei einer Premierenspieldauer von 158 Minuten 32 Jahre dar, bei der „Mutter Courage“ zeigte Brecht in 179 Minuten 12 Jahre.[122] Käthe Rülicke-Weiler analysiert, dass dass durch diese „ungeheure Verkürzung des Geschehens“[123] ein klarer Unterschied zur Realität bestehe. Brecht setze dabei durchaus weder Anfang noch Ende der Fabel willkürlich: Sie zeigt, dass auch „Brechts Stücke nicht an irgendeinem, sondern an einem bestimmten, für die gezeigte Handlung wesentlichen Punkt einsetzen und aufhören“.[124] Bei der „Mutter Courage“ etwa beginne das Stück mit dem Marsch der Familie in den Krieg und ende mit dem Verlust des letzten Kindes. Was aufgegeben werde, sei der feste Spannungsbogen des klassischen Dramas, das sich durch eine Kette von Ursachen und Folgen erfüllende, tragische Schicksal des Helden. In der Courage verliere die Mutter nach und nach ihre 3 Kinder. Jeder dieser Verluste könnte einen Höhe- und Wendepunkt darstellen, die Courage reagiert jedoch nicht und setzt weiter auf die Geschäfte mit dem Krieg.[125]

Bühnenbild

Brechts langjähriger Bühnenbildner Caspar Neher erfand einen Bühnenstil, der zu Brechts Idee des epischen Theaters passte. Zunächst untersuchte Neher, ob Gegenständen für die Handlung eine Funktion hatten oder nicht. Alles Dekorative und nicht Handlungsrelevante deutete er nur an. Bei wichtigen Requisiten achtete er jedoch detailversessen auf Genauigkeit. Aber auch die nur skizzierten Elemente hatten die Aufgabe, einen Eindruck von der Welt der Figuren zu vermitteln und die Phantasie der Zuschauer anzuregen.[126] Der Zerstörung der Illusion diente auch die helle Beleuchtung, fast ausschließlich mit weißem Licht, wobei die Scheinwerfer sichtbar aufgestellt wurden. Umbauten fanden bei offenem Vorhang statt. Neher gliederte die Bühne oft in zwei Bereiche. Im Vordergrund stand die Umgebung, in der das Spiel stattfand, im Hintergrund gemalt oder projiziert eine Umgebung, die oft während des ganzen Stücks sichtbar blieb. Häufig zeigte Neher dabei Kontraste, etwa das kleine Zimmer der Mutter Wlassowa im Vordergrund und im Hintergrund die Projektion einer großen Fabrikanlage.[127]

In vielen Inszenierungen versah Brecht das Bühnenbild mit Texten und Inhaltsangaben in Form von Plakaten oder Projektionen. In seiner Berliner Inszenierung des Stücks Mutter Courage und ihre Kinder wurde 1949 in großen Lettern der Ort der Handlung angezeigt, darunter eine kurze Inhaltsangabe der Szene.[128] Brecht nahm den Zuschauern so die Spannung, um ihnen zu ermöglichen, mehr auf das „Wie“ der Ereignisse zu achten als gebannt dem Schicksal der Bühnenfiguren zu folgen. Zusammen mit einer äußerst sparsam, aber im Detail sorgfältig ausgestatteten Bühne hoffte Brecht, die Phantasie des Publikums zu aktivieren.[129] Dabei setzte Brecht technische Hilfsmittel und Projektionen nur sparsam ein. Eine Ausnahme bildete die Aufführung des Schwejk, die er gemeinsam mit Piscator inszeniert hat. Zwei gegenläufige Fließbänder transportierten Darsteller, von George Grosz gezeichnete Marionetten und Teile des Bühnenbildes über die Bühne, auf großen Projektionsflächen wurden Bilder oder Filme gezeigt. Erzielt wurde eine komische Wirkung.[130] Regelmäßig setzte Brecht die damals noch neue Drehbühne ein, für schnelle Szenenwechsel oder bestimmte Bewegungen auf der Bühne. Mit Filmen arbeitete Brecht nur selten.

Lieder

Datei:Paul Dessau.jpg
Paul Dessau um 1955
Hanns Eisler 1950
Kurt Weill 1932

Bei seinen Inszenierungen setzt Brecht Musik und „Songs“ ein. Diese Lieder waren verschieden stark in die dramatische Handlung eingebunden. In einigen Stücken ist der Schnitt zwischen szenischem Geschehen und Liedvortrag deutlich betont: Der Darsteller verlässt die Szene, Beleuchtung und manchmal auch das Bühnenbild verändern sich. Der Schauspieler tritt als Sänger vor den Vorhang und trägt ein Lied vor. Dadurch entsteht eine starke Spannung zwischen lyrischem Liedtext und szenischer Darstellung, was eine zusätzliche Reflexionsebene eröffnet. In der Berliner Inszenierung der Mutter Courage hat Brecht die Lieder optisch deutlich vom übrigen Bühnengeschehen abgesetzt. Ein „Musikemblem (…) aus Trompete, Trommel, Fahnentuch und Lampenbällen, welche aufleuchteten“ wurde bei den Songs von oben herabgelassen, im Verlauf der Aufführung immer mehr „zerschlissen und zerstört“.[131] Das kleine Musikensemble befand sich in einer Loge, klar getrennt von der Bühne. Die Songs – so Brecht – sollten „Einlagen“ sein, nicht aus der Handlung herauswachsen.[131] Dennoch sind die Lieder in der Mutter Courage deutlich stärker in die Handlung eingebunden als in früheren Stücken und Inszenierungen, etwa in der Dreigroschenoper. Sie richten sich zudem an ein Figur der Szene.

Walter Hinck hält diese Adressaten allerdings mit Ausnahme vom „Lied von der Großen Kapitulation“ für „fingiert“. Nur dort verändere der Song die Handlung, die anderen Lieder wirkten „nicht in die Handlung selbst hinein“, sie „greifen ins Exemplarische“. Hinck schließt aus diesen Beobachtungen, dass auch in der Courage „kein anderer als der Zuschauer (…) Adressat der Belehrung oder Warnung“ sei.[132] Im Stück Der gute Mensch von Sezuan verzichtet Brecht auf fiktive Adressaten der Songs, vielleicht mit Ausnahme des Liedes vom Rauch. Die Lieder sind nach Hinck wie das Stück am Parabolischen orientiert. Trotz solcher Unterschiede sei den Sängern eine „Doppelwertigkeit“ gemeinsam: „einmal bleibt er Figur im ästhetisch-szenischen Raum, zum anderen wird er Partner des Publikums“[133].

Komposition und Songs

Distanzierend sollte auch die Komposition selbst wirken, die „nicht hauptsächlich eingängig“[131] sein sollte. Der Zuhörer müsse erst „die Stimmen und die Weise … vereinigen“.[131] Brecht arbeitete mit verschiedenen Komponisten zusammen, regelmäßig aber mit Paul Dessau, Hanns Eisler und Kurt Weill. Spannungsreich war die Musik selbst durch die eigentümliche Mischung aus Neuer Musik und Zwölftontechnik und volkstümlichen Elementen. Die Musik hat dabei nicht nur die Aufgabe, die Songs zu begleiten, sondern kommentiert das szenische Geschehen. Dabei wird wesentlich mit Kontrasten gearbeitet.

„Musik hatte weder zu ‚untermalen‘, um dem ‚Wort‘, der Handlung zu dienen (wie im Film), noch das Wort zu unterdrücken, indem sie dieses unhörbar und belanglos machte (wie in der alten Oper). Auch da, wo Musik und Wort zusammentreffen, sollen beide auch getrennt zu hören sein: das Wort soll verstehbar bleiben (…), die Musik soll Selbständigkeit haben, sich nicht dem Wort unterordnen, sondern ihm eine bestimmte Haltung (‚Gestik‘) verleihen, seine Bedeutung bewusst machen, kommentieren oder auch relativieren.“[134]

Episches Theater soll auch im Bereich der Musik unterhaltend sein in dem Sinne, dass Produktivität Unterhaltung darstellt. Der Aspekt der Unterhaltung bestand also für Brecht im Denk- und Reflexionsprozess beim Zuhören. Für die entsprechende Musik führte er die Bezeichnung Misuk[135] ein.

Seit März 1937 arbeitete Brecht im musikalischen Bereich mit Kurt Weill zusammen. Weill hatte bereits 1925 begonnen, in seine Kompositionen Elemente aus Revue, populärer Tanzmusik und Jazz einzubauen. Nach Texten von Iwan Goll und Georg Kaiser hatte er neue Formen erprobt. Erstes Produkt der Kooperation mit Brecht war die Neuvertonung der Mahagonnygesänge.[136] Größter Erfolg der beiden war die Dreigroschenoper. Brechts Anteil an der musikalischen Gestaltung ist unklar, es wird aber angenommen, dass er Einfluss darauf genommen hat. Weill und Brecht stimmten darin überein, dass der gestische Charakter der Songs ein zentrales Anliegen sei.[137]

Mit dem Komponisten Hanns Eisler arbeitete Brecht parallel zu Weill und nach der Trennung von Weill bis zu seinem Tode zusammen. Eisler komponierte z.B. die Musik zur Maßnahme (1930) und zur Mutter (1932) und stand Brecht politisch nahe. Brecht erwartete von Eisler, „der Musik einen bewußt ‚vernünftigen‘ Charakter“ zu geben, Abstand von den starken Gefühlswerten der Musik zu gewinnen.[138] Für Eisler war diese „vernunftbetonte Musik“ zunächst schwer zu akzeptieren. Merkmale waren Abstand von der musikalischen Inszenierung der „bürgerlichen Konzertsäle“, Vermeidung von „Gefühlsverwirrung“, „Streben nach Vernunft“.[139]

Der dritte Komponist, mit dem Brecht über längere Zeit zusammenarbeitete, war Paul Dessau, der z. B. die Musik zu Mutter Courage und ihre Kinder, Herr Puntila und sein Knecht Matti und Das Verhör des Lukullus schuf. Dessaus Festhalten an der Zwölftontechnik und seine Sympathie für Arnold Schönberg und andere Avantgardekomponisten führte zu heftigen Auseinandersetzungen in der DDR-Kulturpolitik.

siehe auch den Artikel zu den verschiedenen Vertonungen des Stücks Mutter Courage und ihre Kinder (Vertonung)

Wirkung und Aktualität von Brechts Konzepts des epischen Theaters

Internationale Erfolge

Brechts Dreigroschenoper war und ist seit der Uraufführung 1928 einer der größten Erfolge der Theatergeschichte. Elias Canetti kommentierte die Brecht-Inszenierung mit Bezug auf die epische Form: „Es war eine raffinierte Aufführung, kalt, berechnend. Es war der genaueste Ausdruck dieses Berlin. Die Leute jubelten sich zu, das waren sie selbst, und sie gefielen sich. Erst kam ihr Fressen, dann kam ihre Moral.“[140] Einige tausend Aufführungen und Song-Einspielungen zeigen, dass das Stück trotz einiger Kritik immer wieder begeisterte. Die Aufführungen sorgen immer noch für heftige Diskussionen, 2006 die Inszenierung von Klaus Maria Brandauer im Berliner Admiralspalast, bei der Campino, der Sänger der Punkrocker Die toten Hosen den „Mackie Messer“ spielte.

Die Jahre nationalsozialistischer Herrschaft und das Exil schnitten den Zugang Brechts zum deutschsprachigen Theater weitgehend ab. Bis auf die Schweiz gab es lange kaum Aufführungsmöglichkeiten. Dennoch gelang es Brecht nach dem Kreig, relativ schnell wieder Fuß zu fassen. Erfolge des epischen Theaters über Deutschland hinaus erzielten Brecht und sein Berliner Ensemble schon Mitte der 50er Jahre. Gastspielerfolge mit der Courage-Inszenierung in Paris 1954 und London 1956 verhalfen dem Ensemble zu internationaler Anerkennung. Der französische Theoretiker Roland Barthes spricht aufgrund des Gastspiels bei dem Festival Théâtre des Nations in Paris von einer „révolution brechtienne“, von einer ungeheuren Wirkung auf das französische Theater. In seiner Kritik macht Barthes die Wirkung des epischen Theaters auf die Zuschauer deutlich und schildert sie als Reformperspektive für das französische Theater.

„Das zentrale Anliegen von Mutter Courage ist die radikale Unproduktivität des Krieges, seine merkantilen Ursachen. Das Problem besteht keineswegs darin, wieder einmal die intellektuelle oder sentimentale Zustimmung des Zuschauers zu dieser Binsenweisheit zu erreichen; es besteht nicht darin, ihn genüßlich in ein romantisch gefärbtes Leiden am Verhängnis zu führen, sondern, ganz im Gegenteil, darin, dieses Verhängnis aus dem Publikum heraus auf die Bühne zu tragen, es dort festzumachen und ihm die Distanz eines aufbereiteten Objekts zu verleihen, um es zu demystifizieren und endlich dem Publikum auszuliefern. In Mutter Courage ist das Verhängnis auf der Bühne, die Freiheit im Saal, und die Rolle der Dramaturgie besteht darin, eines vom anderen zu trennen. Mutter Courage ist in der Fatalität verhaftet, sie glaubt, der Krieg sei unvermeidlich, für ihr Geschäft, für ihr Leben notwendig, sie stellt ihn nicht einmal in Frage. Doch das wird vor und hingestellt und geschieht außerhalb von uns. Und in dem Moment, in dem uns dieser Abstand geschenkt wird, sehen wir, wissen wir, daß der Krieg kein Verhängnis ist: Wir wissen es nicht durch eine Wahrsagerei oder eine Demonstration, sondern durch eine tiefe, körperliche Evidenz, die aus der Konfrontation des Schauenden mit dem Angeschauten entsteht und in der die konstitutive Funktion des Theaters liegt.“[141]

Die internationale Wirkung der „Mutter Courage“ ist nach Brechts Tod nicht erloschen. 2008 erhielt Claus Peymanns Inszenierung von Bertolt Brechts „Mutter Courage und ihre Kinder“ beim Fadjr-Theaterfestival in Teheran den ersten Preis.[142] „Bertolt Brecht ist im Iran einer der beliebtesten deutschsprachigen Schriftsteller. Fast alle seiner Dramen sind ins Persische übersetzt worden, nach Expertenmeinung in sehr guter Qualität.“[143]

Wirkung auf verschiedene Regisseure

Für Regisseur Peter Brook ist „Brecht (…) die Schlüsselfigur unserer Zeit und jede heutige Arbeit für das Theater geht von seinen Aussagen und seiner Leistung aus oder kehrt dahin zurück.“[144] Claus Peymann, Leiter des Berliner Ensembles, formuliert es plakativ:

„Ich weiß, für Sie ist das alles out: Sozialismus, Revolution, der Kampf um eine gerechtere Gesellschaft. Aber wieso eigentlich? Weil Idioten und Verbrecher diese große Idee gegen die Wand gefahren haben? Kommen Sie doch einmal zu unseren Publikumsdiskussionen: Die Leute fühlen sich bei uns in ihren Ängsten und Sehnsüchten ernst genommen. Sie erkennen zum Beispiel im Chicagoer Fleischmarktmonopol der „Johanna“ die Strukturen der Globalisierung von heute. Ich weiß, wir werden als altmodisches, anachronistisches Theater verspottet. Aber Sie werden sehen: Wir sind die eigentliche Avantgarde!“[145]

Sarah Bryant-Bertail hat Regiearbeiten in der Tradition des epischen Theaters untersucht. Mit Piscators Schwejk-Inszenierung auf der Basis von Brechts Bearbeitung des Textes sei das erste Muster, der Prototyp für das epische Theater entstanden. Am Beispiel von Brechts Regie bei der einflussreichen und gut dokumentierten „Mutter Courage“-Inszenierung zeigt sie die Weiterentwicklung des Konzepts. Brechts Bearbeitung des Dramas „Der Hofmeister“ von Lenz[146] im Jahre 1950 für das Berliner Ensemble zeige Brechts kritischen Umgang mit der deutschen Geschichte.

Ariane Mnouchkine

In der Folge zeigt Bryant-Bertail moderne Umsetzungen von Prinzipien des epischen Theaters. Ariane Mnouchkine inszenierte als langjährige Leiterin des Théâtre du Soleil in Paris 1991-92 die Tetralogie Les Atrides und konfrontierte die klassischen griechischen Dramen „mit Tanz, Kostümen und Musik, die vom indischen Kathakali-Theater inspiriert waren“[147] Obwohl Mnouchkine, anders als Brecht, die antiken Texte nur wenig veränderte, stehe ihre Konfrontation von asiatischem Theater mit den klassischen Texten der Antike in der Tradition des Brechtschen V-Effekts und verfolge auch ähnliche Absichten: durch die Verfremdung den Blick der Zuschauer zu schärfen für „die sexuelle und rassistische Gewalt in den Gründungsmythen der westlichen Kultur“.[148]

JoAnne Akalaitis' Inszenierung „Leon und Lena (&lenz)“ aus dem Jahre 1988 für das Guthrie Theater in Minneapolis setze die Kontraste anders. Während in der Kulisse der Fernsehserie „Dallas“ Leon und Lena auf der Bühne gespielt wurde, liefen im Hintergrund schwarz-weiß und ohne Ton expressionistische Filme, die die Novelle Lenz zeigten. Sarah Bryant-Bertail bezeichnet dies Verfahren als „epische Montage“[149]

Ibsens Peer Gynt (1867) sei episch sowohl im klassischen Sinne als auch im Sinne Brechts. Hier analysiert sie zwei Inszenierungen, die „offen epische, neomarxistische“[150] von Peter Stein für die Schaubühne am Halleschen Ufer 1971 und die von Rustom Bharucha, der sich für die Übertragbarkeit der erzählenden und folkloristischen Elemente in den Kontext der indischen Künste interessiert habe. Bharucha habe dabei das epische Theater „als effektives Medium sozialer und politischer Kritik“ entdeckt.[151] Sie sieht die Bedeutung von Brechts Dramatik darin, dass sie Wege eröffnet, abstrakte gesellschaftliche Prozesse auf der Bühne darzustellen.[152]

Aktualität des epischen Theaters

Hermann Beil, Dramaturg, Regisseur und langjähriger Mitarbeiter Claus Peymanns, hält Brechts Konzept des mitdenkenden Schauspielers und aktivierbaren Zuschauers für nach wie vor aktuell. Auch die marxistische Analyse sozialer Konflikte, wie sie Brecht etwa mit der „heiligen Johanna der Schlachthöfe“ gestaltet habe, gewinne immer wieder an Aktualität. Habe man bei der Uraufführung, die Gustaf Gründgens 1959 inszenierte, „die theatralische Qualität der Aufführung“ gelobt, das Stück aber „als längst überholt und wirtschaftlich total falsch bezeichnet“[153], so seien die Fragen Brechts später angesichts sozialer Konflikte in Europa und in der Dritten Welt wieder hochaktuell geworden. Auch die seit 2005 am Berliner Ensemble laufende, werktreue Peymann-Inszenierung von Mutter Courage und ihre Kinder mit Carmen Maja Antoni in der Titelrolle zeige die Tragfähigkeit der Brechtschen Dramen. „Ich halte ‚Mutter Courage‘ für ein Menschheitsdrama wie Antigone oder Nathan der Weise.“[154]

Brechtforscher Jan Knopf weist darauf hin, dass Brecht neben Shakespeare „der meistgespielte Autor auf unseren Bühnen ist“.[155] Er weist eine Festlegung Brechts auf ein festgefügtes marxistisches Weltbild zurück. Brecht habe „als kritischer Materialist“ immer wieder darauf hingewiesen, dass die soziale Wirklichkeit sich stetig verändere und dass die Anschauungen dem zu folgen hätten.[156] Eine Quelle der Aktualität Brechts seien die Songs, vor allem die Kompositionen Kurt Weills, was sich schon daran zeige, dass „Sänger wie Max Raabe (1999), Robbie Williams (2001) oder jetzt Campino von den Toten Hosen Brecht/Weill neu interpretieren.“[157] Die Beliebtheit der klassischen Brechtstücke führt Knopf auf die „hoch attraktiven Rollen“ zurück. Außerdem erzählten sie „große Geschichten“.[158] Die Debatten um Brecht in den Feuilletons aktualisierten in den letzten Jahren alte ideologische Konflikte. Der Brechtschüler und langjährige Intendant des Berliner Ensembles Manfred Wekwerth sehe die Aktualität Brechts zu Unrecht in seinem marxistischen Ansatz. Knopf versucht nachzuweisen, dass selbst in der oft als marxistisches Paradestück interpretierten „Heiligen Johanna“ nicht die Marxsche Zyklentheorie und die Darstellung eines Geschichtsgesetzes Ideengeber gewesen sei, sondern die genaue Kenntnis der Warentermingeschäfte mit Grundnahrungsmitteln und ihrer Folgen.[159] Knopf bezweifelt, dass Brecht überhaupt über profunde Kenntnisse der Marxschen Theorie verfügt habe. Knopf sieht im Fordismus und in der behaviouristisch gesteuerten Konsumwelt das Ende von Verlendungstheorie und Arbeiterklasse. Brecht habe das gewusst und im „Dreigroschenprozess“ verarbeitet.[160] Knopf versucht, „den Blick auf einen ‚neuen‘ Brecht, ohne Ideologie zu lenken“, um den Blick auf den großen Künstler Brecht zu öffnen.[161] Dennoch sei Brechts „Kapitalismuskritik“ und die „These, dass Kapitalismus immer auch und immer wieder Krieg bedeute, durchaus nicht widerlegt.“[162] Die Größe Brechts liege dabei unter anderem darin, dass Brecht „auf ästhetische Weise“ archetypische „‚Menschenbilder‘ geschaffen“ habe, die „wie Gestalten aus der Bibel, wie die Helden Shakespeares, Goethes oder Schillers“ „zum bleibenden Bestand der Menschheit gehören“.[163]

Der Literaturwissenschaftler Marc Silbermann stellt die Frage nach der Aktualität von Brechts politischem Theater. Er untersucht, ob es „ein bestimmtes Set von Techniken oder Stilelementen (gibt), die Brecht in den dreißiger, vierziger und fünfziger Jahren für bestimmte historische und gesellschaftliche Situationen entwarf und die heute noch gültig sind“.[164] Silbermann betont, dass es dabei nicht darum gehen könne, „einen isolierten dramaturgischen Effekt“ herauszunehmen, da bei Brecht „alle Bestandteile einer Aufführung“ mit „Brechts (undogmatischem) Marxismus und seiner Agenda der Gesellschaftsveränderung verknüpft“ seien.[165] Silbermann zeigt zunächst auf, wie sich Brechts Gesellschaftskritik und seine Utopien vor dem Hintergrund der historischen Veränderungen entwickelten. Ausgehend von den „nicht-sozialen Antihelden der frühen Stücke“ und ihren Exzessen habe Brecht erst vor dem Hintergrund des aufkommenden Faschismus seine Hoffnungen auf Klassenkampf und Kollektiv gesetzt. Die „Opferung des Individuellen zu Gunsten des Kollektivs in den ‚Lehrstücken‘“[166] und die radikale Ablehnung des alten Systems seien die Konsequenz aus der Erfahrung der untergehenden Weimarer Republik. Im Exil habe Brecht vor allem sein Konzept der Verfremdung weiterentwickelt und die Entwicklung der Utopie dem Zuschauer auferlegt. Seine Idee des produktiven Kollektivs habe Brecht nach dem Krieg mit dem Berliner Ensemble zu realisieren versucht.

Brechts Selbstverständnis als Marxist seit dem Ende der 20er Jahre stehe dabei im Widerspruch zu seinem Konzept des epischen Theaters. Während die marxistische Theorie auf eine revolutionäre Aufhebung der sozialen Gegensätze hoffe, setze Brechts Dramatik gerade auf die Produktivität der Widersprüche, auf die Spannungen zwischen den Elementen seiner Dramatik. Brechts Utopie sei durch den Zusammenbruch der Gesellschaften sowjetischen Typs nicht widerlegt, weil „die innovative, experimentelle Energie“[167] seines Theaters in Richtung auf Gleichheit und Gerechtigkeit nicht auf ein festes Modell festgelegt seien.

Elfriede Jelinek fragt sich, „ob das Elend, die Armut und die Ausbeutung als literarische Gegenstände in Mode kommen und aus der Mode auch wieder verschwinden können“.[168] Gerade Brechts Interesse an der Form, „das Äußerliche, das dem literarischen Gegenstand ‚Aufgesetzte‘“ wie der bewusst schräge Kragen an Brechts Ledermantel, habe dafür gesorgt, dass sein Werk „wie die Mode und deren Wiedergänger, seinen Datumsstempel deutlich sichtbar trägt“.[168] Sie sieht die Aktualität von Brechts Theater in der Spannung, im stetig gezeigten „Riß zwischen dem Realen und dem Gesagten“[168] Brechts „Codes der Äußerlichkeiten, mit der die Mitglieder der Klassengesellschaft wie Kleidungsstücke katalogisiert werden“ verweise gerade in einer Zeit der Entlarvung dieser Gegensätze als Äußerlichkeiten auf „das eigentlich Wahre an solchen Äußerlichkeiten“[168].

Frank Raddatz hat 2007 11 Künstler und Literaturwissenschaftler zur Aktualität Brechts befragt.[169] Der Musiker, Komponist, Hörspielautor, Regisseur und Professor für Angewandte Theaterwissenschaft Heiner Goebbels zeigt am Beispiel seiner Canetti-Inszenierung „Eraritjaritjaka“[170] die an Brecht geschulte Unabhängigkeit der einzelnen Bausteine seiner Aufführung ((Darsteller, Musik, Licht, Raum, Text, Film). Er kritisiert, dass in Bezug auf Brecht die Aspekte der Unterhaltung und die Weiterentwicklung der Theaterästhetik durch das epische Theater und V-Effekte zu wenig gewürdigt würden. Dabei scheint er an der politischen Intention Brechts nicht interessiert zu sein.[171] Theaterautor und Regisseur Armin Petras gibt in seinem Interview an, stark von Brecht zu profitieren: „Überhaupt bildet die Idee des epischen Theaters und der Verfremdung das Zentrum meiner Arbeit.“[172] Der Dramatiker und Regisseur René Pollesch sieht den Einfluss von Brecht schwinden. An den deutschen Stadttheatern dominierten psychologisch orientierte Stücke im klasssischen Illusionsstil.

Epische Konzepte von Zeitgenossen Brechts

Thornton Wilder, Unsere kleine Stadt, Aufführung am Deutschen Theater in Berlin 1945

Marianne Kesting weist auf Theaterautoren hin, die zeitgleich zu Brecht und auch schon vorher epische Elemente in ihre Dramatik einbauten. Sie vermutet mehrere Ursachen für den Bruch mit der aristotelischen Tradition: „Stoffe von großer räumlicher Ausdehnung“[173], die menschliche „Kontaktlosigkeit und Isolation“ sowie die „gesellschaftliche Determination“[174] sprengten den Rahmen der klassischen Dramatik. Sie nennt Paul Claudel, der mit seinem Werk „Der seidene Schuh“ (1919-1924) die Begrenztheit von Raum und Zeit durchbrochen habe. Die Geschichte des Conquistadors Rodrigo knüpfe an das Jesuitendrama an und stehe für die größte Zeit der Katholischen Kirche in der Renaissance.[175] Als weitere Beispiele nennt sie Thornton Wilder und Tennessee Williams.

Walter Hinck findet in Thornton Wilders Drama Unsere kleine Stadt (1938) verschiedene Analogien zu Brechts Dramatik. Ein Spielleiter tritt als Erzähler und Regisseur auf und relativiert und unterbricht die Handlung. Er stellt Verbindungen zum Alltag der Zuschauer her und trägt beeinflusst damit die Interpretation der Handlung. Zuletzt ist die Handlung fortsetzbar und nicht im klassischen Sinn geordnet. Trotz der christlich humanistischen Tendenz des Wilder-Stückes zeige sich eine ähnliche Theaterauffassung wie bei Brecht.[176]

Sigle

  • GBA = Bertolt Brecht: Werke. Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe, Hg. von Werner Hecht, Jan Knopf, Werner Mittenzwei, Klaus-Detlev Müller. 30 Bände und ein Registerband, 1998-2000

Textausgaben

  • Bertolt Brecht: Couragemodell 1949. in: Schriften 5, GBA Bd. 25, Berlin, Frankfurt am Main 1994, S. 169–398
  • Bertolt Brecht: Das Leben des Galilei. Suhrkamp Verlag
  • Bertolt Brecht: Schriften zum Theater. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1999.
  • Bertolt Brecht: Der Messingkauf. GBA Band 22.2, S. 695-869 (Pläne, Dialogfragmente und Gedichte in Form von Handschriften und Typoskripten aus dem Nachlaß); entstanden 1939-1955)
  • Bertolt Brecht: Kleines Organon für das Theater. In: Versuche 27/32 Heft 12. Aufbau Verlag. Berlin 1953; in der GBA S. 65ff.
  • Bertolt Brecht: Der gute Mensch von Sezuan. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1964, ISBN 978-3-518-10073-8.
  • Bertolt Brecht: Der gute Mensch von Sezuan, GBA Band 6, Stücke 6, ISBN 3-518-40006-1

Sekundärliteratur

  • Walter Benjamin: Was ist das epische Theater? In: Rolf Tiedemann u.a. (Hrsg.): Walter Benjamin, Gesammelte Schriften, Frankfurt/M, II, S.532ff
  • Berliner Ensemble / Helene Weigel (Hrsg.): Theaterarbeit. 6 Aufführungen des Berliner Ensembles. VVV Dresdner Verlag, Dresden 1952 (Lizenzausgabe: Progress Verlag Johann Fladung, Düsseldorf o.J.)
  • Sarah Bryant-Bertail: Space and Time in Epic Theater: The Brechtian Legacy (Studies in German Literature, Linguistics, and Culture). Boydell & Brewer 2000, 245 Seiten, ISBN 978-1571131867
  • Reinhold Grimm (Hrsg.): Episches Theater. Köln 1972, 3. Auflage, 481 S., ISBN 3-462-00461-1
  • Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. Göttingen 1977 (6. Auflage), Reihe: Palaestra 229, ISBN 3-525-20537-6
  • Sabine Kebir: Helene Weigel - Abstieg in den Ruhm. Aufbau Verlag 2002, ISBN 978-3746618203
  • Sabine Kebir: Ich fragte nicht nach meinem Anteil. Elisabeth Hauptmanns Arbeit mit Bertolt Brecht. 292 Seiten, Aufbau Verlag 2000, ISBN 978-3746680583
  • Marianne Kesting: Das epische Theater. Stuttgart 1959, ISBN 3-17-004843-0
  • Jan Knopf: Brecht-Handbuch, Theater, Stuttgart (Metzler) 1986, ungekürzte Sonderausgabe, ISBN 3-476-00587-9
  • Jan Knopf (Hg.), Brigitte Bergheim (Red.), Joachim Lucchesi (Red.): Brecht Handbuch in fünf Bänden. Band 1. Stücke. ISBN 3-476-01829-6, Stuttgart (Metzler) 2001
  • Jan Knopf: Brecht im 21. Jahrhundert. Aus Politik und Zeitgeschichte 23-24, 6. Juni 2006, Themenheft Bertolt Brecht, S.
  • Günther Mahal: Auktoriales Theater - Die Bühne als Kanzel. Autoritäts-Akzeptierung des Zuschauers als Folge dramatischer Persuasionsstrategie, Tübingen (Narr) 1982, 342 Seiten, ISBN 978-3-87808-575-1
  • Frank Raddatz: Brecht frißt Brecht: Neues episches Theater im 21. Jahrhundert. Berlin (Henschel Verlag) 2007, 288 Seiten, ISBN: 978-3-89487-566-4
  • Käthe Rülicke-Weiler: Die Dramaturgie Brechts : Theater als Mittel der Veränderung. Westberlin (Verlag das europäische Buch) 1966, 288 S., ISBN 3-920-303-59-8
  • Marc Silbermann: Die Tradition des politischen Theaters in Deutschland. Aus Politik und Zeitgeschichte 23-24, 6. Juni 2006, Themenheft Bertolt Brecht, S. 13ff.
  • Manfred Wekwerth: Theater in Veränderung. Aufbau-Verlag, Berlin 1959.
  • Brecht spielen. Hermann Beil[177] im Gespräch mit Günter Erbe. Aus Politik und Zeitgeschichte 23-24, 6. Juni 2006, Themenheft Bertolt Brecht, S. 3ff.

Einzelnachweise

  1. Bertolt Brecht: Der gute Mensch von Sezuan, GBA Band 6, a.a.O., S. 178
  2. beide Zitate: Günther Mahal: Auktoriales Theater - Die Bühne als Kanzel. a.a.O., S. 25
  3. Auch andere Autoren sehen das Jahr 1926 als „Zäsur“ im Schaffen Brechts; vgl. etwa: Frank Thomsen,Hans-Harald Müller,Tom Kindt: Ungeheuer Brecht. Eine Biographie seines Werks. Vandenhoeck & Ruprecht 2006 ISBN 978-3525208465, S. 74
  4. Elisabeth Hauptmann: Notizen über Brechts Arbeit 1926. In: Sinn und Form, 2. Sonderheft Bertolt Brecht, S. 243; zitiert nach: Jan Knopf: Brecht-Handbuch, Theater, a.a.O., S. 395
  5. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 763
  6. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 763
  7. vgl. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 794
  8. Erwin Piscator: Das politische Theater. Berlin 1929, S. 57; zitiert nach Jan Knopf, Brecht-Handbuch, Theater, a.a.O., S. 394
  9. Jan Knopf, Brecht-Handbuch, Theater, a.a.O., S. 394
  10. Der Untertitel von Lion Feuchtwangers Drama „Thomas Wendt“ lautete „Ein dramatischer Roman“; Kessinger Publishing Januar 2010, ISBN 1-120-94160-1
  11. Sarah Bryant-Bertail: Space and time in epic theater: the Brechtian legacy. S. 3
  12. vgl. Erwin Piscator: Das politische Theater. Berlin 1929, S. 37 ff.
  13. vgl. Bertolt Brecht: Das einzige Prinzip.(um 1940), GBA Bd 22.2, S. 679
  14. Jan Knopf, Brecht-Handbuch, Theater, a.a.O., S. 395
  15. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 130
  16. Sarah Bryant-Bertail: Space and time in epic theater: the Brechtian legacy. S. 3; vgl. auch Brechts Couragemodell
  17. vgl. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 129
  18. John Fuegi, Brecht & Co, a.a.O., S. 223f.
  19. vgl. etwa Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. Göttingen 1959, S. 137ff.
  20. vgl. Marianne Kesting: Das epische Theater, S. 10
  21. Bertolt Brecht: Schriften zum Theater. Frankfurt am Main 1957, S. 72
  22. vgl. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 100
  23. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 749
  24. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 807
  25. vgl. Marianne Kesting: Das epische Theater, S. 19ff.
  26. vgl. Marianne Kesting: Das epische Theater, S. 27f.
  27. Marianne Kesting: Das epische Theater, S. 28
  28. a b Marianne Kesting: Das epische Theater, S. 29
  29. Marianne Kesting: Das epische Theater, S. 31
  30. vgl. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 722
  31. vgl. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 67
  32. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 104
  33. vgl. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 105
  34. vgl. Reinhold Grimm: Naturalismus und episches Theater. In: ders.: Episches Theater. S. 13; Brecht besaß Friedrich Spielhagens Werk „Neue Beiträge zur Theorie und Technik der Epik und Dramatik“ über den Naturalismus aus dem Jahre 1898 und kannte die Konzepte sehr genau.
  35. vgl. Reinhold Grimm: Naturalismus und episches Theater. In: ders.: Episches Theater. S. 15
  36. Zola: Nos auteurs dramatiques
  37. zitiert nach: Reinhold Grimm: Naturalismus und episches Theater. S. 16
  38. vgl. Reinhold Grimm: Naturalismus und episches Theater. S. 16f.
  39. vgl. Reinhold Grimm: Naturalismus und episches Theater. In: ders.: Episches Theater. S. 26f.
  40. vgl. Reinhold Grimm: Naturalismus und episches Theater. In: ders.: Episches Theater. S. 29
  41. vgl. Jan Knopf: Brecht-Handbuch, Theater, Stuttgart 1986, S. 386
  42. Klaus Ziegler: Das deutsche Drama der Neuzeit. Zitiert nach: Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 24
  43. Ulrich Weisstein: Vom dramatischen Roman zum epischen Theater. Eine Untersuchung der zeitgenössischen Voraussetzungen für Brechts Theorie und Praxis. In: Reinhold Grimm: Episches Theater. S. 37f.
  44. Lion Feuchtwanger: 2. Brecht-Heft von Sinn und Form, Berlin o.J., S. 105, zitiert nach: Ulrich Weisstein: Vom dramatischen Roman zum epischen Theater. a.a.O., S. 40
  45. Ulrich Weisstein: Vom dramatischen Roman zum epischen Theater. Eine Untersuchung der zeitgenössischen Voraussetzungen für Brechts Theorie und Praxis. In: Reinhold Grimm: Episches Theater. S. 41f.
  46. Sarah Bryant-Bertail: Space and time in epic theater: the Brechtian legacy. S. 5
  47. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 722
  48. Der Spiegel zum Einfluss Karl Valentins
  49. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 16
  50. Hahnengrep, Karl-Heinz, Klett Lektürenhilfe: Leben des Galilei, Stuttgart 1992, S. 5
  51. Brecht: Kleines Organon für das Theater, GBA S. 66
  52. vgl. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 20
  53. Brecht: Kleines Organon für das Theater, § 33, GBA S. 78
  54. Kleines Organon für das Theater, § 38; GBA S. 79f.
  55. Kleines Organon für das Theater, § 43; GBA S. 81
  56. Jan Knopf: Brecht-Handbuch, Theater, a.a.O., S. 385
  57. vgl. Bertolt Brecht: Kurze Beschreibung einer neuen Technik der Schauspielkunst, die einen Verfremdungseffekt hervorbringt, a.a.O., S. 657
  58. vgl. Bertolt Brecht: Kurze Beschreibung einer neuen Technik der Schauspielkunst, die einen Verfremdungseffekt hervorbringt. entstanden um 1940, GBA Bd 22.2, S. 657f.
  59. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 26
  60. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 26f.
  61. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 27
  62. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 28
  63. Bertolt Brecht: Anmerkungen zur Oper „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“. In: Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe. Bd. 24: Schriften 4. Berlin u. a.: Aufbau Verlag, Suhrkamp Verlag. 2003, S. 78f. ISBN 3-518-41480-1
  64. a b Jan Knopf: Brecht-Handbuch, Theater, a.a.O., S. 397
  65. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 48
  66. vgl. Jan Knopf: Brecht-Handbuch, Theater, a.a.O., S. 397
  67. Bertolt Brecht: Der gute Mensch von Sezuan. 8. Szene, GBA S. 253
  68. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 51
  69. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 53
  70. vgl. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 60f.
  71. vgl. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 71
  72. vgl. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 785ff.
  73. Angaben nach: Käthe Rülicke-Weiler: Die Dramaturgie Brechts, S. 203
  74. Käthe Rülicke-Weiler: Die Dramaturgie Brechts, S. 202
  75. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 103
  76. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. In: Reinhold Grimm: Episches Theater. Köln (Kiepenheuer & Witsch) 1971, ISBN 3-462-00461-1, S. 320
  77. Journale 2, S. 286, Eintrag vom 10. Dezember 1948
  78. vgl. Bertolt Brecht: Kurze Beschreibung einer neuen Technik der Schauspielkunst, die einen Verfremdungseffekt hervorbringt. entstanden um 1940, GBA Bd 22.2, S. 644
  79. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 101; Übungstext Brechts im Messingkauf, S. 834ff.
  80. Organon § 59; GBA S. 88
  81. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 103
  82. Jan Knopf: Brecht-Handbuch, Theater, a.a.O., S. 388
  83. zitiert nach: Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 98; Brechts Text findet sich in Gedichtform („Über alltägliches Theater“) im Messingkauf, S. 857ff.
  84. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 98
  85. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 320
  86. Bertolt Brecht: Typoskript zum Thema Gestus, um 1940, GBA Bd 22.2, S. 616
  87. Abbildung in: Bertolt Brecht: Couragemodell 1949, S. 344
  88. vgl. Bertolt Brecht: Couragemodell 1949, S. 239
  89. vgl. Sabine Kebir: Abstieg in den Ruhm. Eine Biographie. Berlin 2000, ISBN 3-7466-1820-7, S. 8f.
  90. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 103
  91. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 103
  92. vgl. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 20f.
  93. vgl. Walter Benjamin: Was ist episches Theater? S. 345f.
  94. Sarah Bryant-Bertail: Space and time in epic theater: the Brechtian legacy. S. 13; „The epic theater demystifies the concept of an essential human nature living out its inevitable fate, byshowing both human nature and fate as historical and thus changeable human constructs.“
  95. vgl. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 21
  96. vgl. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 22
  97. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 107
  98. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 108
  99. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 725
  100. Brecht bei der Probe vom 26. August 1954; zitiert nach: John Fuegi, Brecht & Co, a.a.O., S. 815
  101. vgl. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 725
  102. vgl. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 737
  103. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 739
  104. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 740
  105. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 817
  106. Käthe Rülicke-Weiler: Die Dramaturgie Brechts, S. 199
  107. Käthe Rülicke-Weiler: Die Dramaturgie Brechts, S. 199
  108. vgl. Käthe Rülicke-Weiler: Die Dramaturgie Brechts, S. 199
  109. zitiert nach: Käthe Rülicke-Weiler: Die Dramaturgie Brechts, S. 199
  110. a b c d Walter Benjamin: Was ist episches Theater? S. 344
  111. vgl. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 74
  112. vgl. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 131
  113. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 738
  114. vgl. Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 781
  115. Bertolt Brecht: Der gute Mensch von Sezuan, GBA, S. 179
  116. Bertolt Brecht: Herr Puntila und sein Knecht Matti, GBA Bd. 6, S. 285
  117. a b c Bertolt Brecht, Gesammelte Werke in 20 Bänden, Frankfurt a.M. 1967 Band 16, S. 653
  118. a b vgl. Bertolt Brecht: Kurze Beschreibung einer neuen Technik der Schauspielkunst, die einen Verfremdungseffekt hervorbringt. entstanden um 1940, GBA Bd 22.2, S. 642
  119. vgl. Jan Knopf: Brecht-Handbuch, Theater, a.a.O., S. 387
  120. Jan Knopf: Brecht-Handbuch, Theater, a.a.O., S. 387
  121. Walter Benjamin: Was ist episches Theater? zitiert nach: ders., Angelus Novus, ausgewählte Schriften 2, Frankfurt am Main 1966, S. 344
  122. Angaben nach: Käthe Rülicke-Weiler: Die Dramaturgie Brechts, S. 86
  123. Angaben nach: Käthe Rülicke-Weiler: Die Dramaturgie Brechts, S. 86
  124. Käthe Rülicke-Weiler: Die Dramaturgie Brechts, S. 87
  125. vgl. Käthe Rülicke-Weiler: Die Dramaturgie Brechts, S. 87f.
  126. vgl. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 112f.
  127. vgl. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 114f.
  128. Abbildungen in: Bertolt Brecht: Couragemodell 1949. S. 169–398
  129. vgl. Jan Knopf: Brecht-Handbuch, Theater, a.a.O., S. 396 f. und 448
  130. vgl. Jan Knopf: Brecht-Handbuch Theater, a.a.O., S. 398
  131. a b c d Bertolt Brecht: Couragemodell 1949, S. 173
  132. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 42
  133. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 43
  134. Jan Knopf: Brecht-Handbuch, Theater, a.a.O., S. 391
  135. Ein ähnliches Sprachspiel findet sich im Messingkauf mit der Bezeichnung „Thaeter“ für ein neues Theater; Bertolt Brecht: Der Messingkauf. S. 779
  136. vgl. Jost Hermand: "Die Toten schweigen nicht": Brecht-Aufsätze, 196 Seiten, Lang, Peter Gmbh Mai 2010, ISBN 978-3-631-60002-3, S. 31
  137. vgl. Jost Hermand: "Die Toten schweigen nicht", S. 33
  138. vgl. Jost Hermand: "Die Toten schweigen nicht", S. 37f.
  139. vgl. Jost Hermand: "Die Toten schweigen nicht", S. 38
  140. zitiert nach: Joachim Mischke: Die Verhältnisse, sie sind nun mal so. Hamburger Abendblatt online vom 11.06.2009, 02:36 Uhr
  141. Roland Barthes: Théâtre capital, France Observateur, 8. Juli 1954, Deutsch in: Roland Barthes (Autor); Jean-Loup Rivière (Hrsg.): Ich habe das Theater immer sehr geliebt, und dennoch gehe ich fast nie mehr hin. Schriften zum Theater. Berlin (Alexander Verlag) 2001 ISBN 3-89581-068-1, S. 102f.
  142. Focus Online: Brecht in Teheran. Berliner Ensemble ausgezeichnet. Samstag, 16.02. 2008, 15:35
  143. Farshid Motahari im Kölner Stadtanzeiger online, 13.02. 2008, 13:33h
  144. Peter Brook: The Empty Space. New York 1968, S. 80; zitiert nach: John Fuegi: Brecht & Co: Biographie, autorisierte erweiterte und berichtigte deutsche Fassung von Sebastian Wohlfeil, ISBN 3-434-50067-7, S. 223
  145. FOCUS Magazin Nr. 51, 15.12. 2003, Interview von FOCUS-Autor Andres Müry mit Claus Peymann (Online-Ausgabe)
  146. 1940 verfasste Brecht das Sonett Über das bürgerliche Trauerspiel „Der Hofmeister“ von Lenz, 1949/50 hat er die Komödie für das Berliner Ensemble bearbeitet. Bertolt Brecht: GBA 8: Stücke,  Berlin u. a.: Aufbau 2003, S. 556
  147. Sarah Bryant-Bertail: Space and Time in Epic Theater, S. 5
  148. Sarah Bryant-Bertail: Space and Time in Epic Theater, S. 5
  149. Sarah Bryant-Bertail: Space and Time in Epic Theater, S. 4
  150. Sarah Bryant-Bertail: Space and Time in Epic Theater, S. 5
  151. Sarah Bryant-Bertail: Space and Time in Epic Theater, S. 5
  152. vgl. Sarah Bryant-Bertail: Space and Time in Epic Theater: The Brechtian Legacy, S. 3ff.
  153. Brecht spielen. Hermann Beil im Gespräch mit Günter Erbe. S. 5
  154. Brecht spielen. Hermann Beil im Gespräch mit Günter Erbe. S. 5
  155. Jan Knopf: Brecht im 21. Jahrhundert. S. 7
  156. Jan Knopf: Brecht im 21. Jahrhundert. S. 6
  157. Jan Knopf: Brecht im 21. Jahrhundert. S. 7
  158. Jan Knopf: Brecht im 21. Jahrhundert. S. 7
  159. vgl. Jan Knopf: Brecht im 21. Jahrhundert. S. 8
  160. vgl. Jan Knopf: Brecht im 21. Jahrhundert. S. 9
  161. Jan Knopf: Brecht im 21. Jahrhundert. S. 10
  162. Jan Knopf: Brecht im 21. Jahrhundert. S. 11
  163. Jan Knopf: Brecht im 21. Jahrhundert. S. 12
  164. Marc Silbermann: Die Tradition des politischen Theaters in Deutschland. S. 15
  165. Marc Silbermann: Die Tradition des politischen Theaters in Deutschland. S. 16
  166. Marc Silbermann: Die Tradition des politischen Theaters in Deutschland. S. 17
  167. Marc Silbermann: Die Tradition des politischen Theaters in Deutschland. S. 19
  168. a b c d Elfriede Jelinek: Brecht aus der Mode, Berliner Tagesspiegel vom 10. Februar 1998
  169. Frank Raddatz: Brecht frißt Brecht: Neues episches Theater im 21. Jahrhundert.
  170. vgl. etwa: Kai Luehrs-Kaiser: "Eraritjaritjaka": Heiner Goebbels' entlarvt Canettis Kalendersprüche. Welt online vom 16.11.2004
  171. vgl. Von der Unabhängigkeit der Mittel. Interview mit Heiner Goebbels. In: Frank Raddatz: Brecht frißt Brecht: Neues episches Theater im 21. Jahrhundert., S. 124ff.
  172. Frank Raddatz: Brecht frißt Brecht: Neues episches Theater im 21. Jahrhundert. S. 186
  173. vgl. Marianne Kesting: Das epische Theater, S. 45
  174. vgl. Marianne Kesting: Das epische Theater, S. 46
  175. vgl. Marianne Kesting: Das epische Theater, S. 89ff.
  176. vgl. Walter Hinck: Die Dramaturgie des späten Brecht. S. 145ff.
  177. Hermann Beil (* 1941), Dramaturg und Regisseur, enge Zusammenarbeit mit Claus Peymann