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Virtuelles Wasser

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Als virtuelles Wasser bzw. latentes Wasser wird jenes Wasser bezeichnet, das zur Erzeugung eines Produkts aufgewendet wird. Zieht man die Bilanz des virtuellen Wassers, verbraucht jeder Deutsche pro Tag rund 4000 Liter Wasser. Den Begriff prägte der englische Geograf John Anthony Allan um 1995.Hallo Für seine Leistung erhielt er 2008 den „Stockholmer Wasserpreis“ des Stockholm International Water Institute.[1]

Mit virtuellem Wasser ist die Wassermenge bezeichnet, die nach einer umfassenden Bilanz als tatsächlich verbrauchte Menge pro Produkt anfällt. Bei der Herstellung eines Mikrochips werden 32 Liter Wasser verbraucht, bei der Herstellung einer Tomate 13 Liter. In die Bilanz geht auch auf den ersten Blick verdeckter Wasserverbrauch ein. Zum Beispiel fällt bei der Erzeugung von Rindfleisch nicht nur der Verbrauch von Trinkwasser für die Tiere an, sondern auch der natürliche Niederschlag und die Bewässerung von den Feldern und Wiesen, welche das Futter liefern.

Bilanzierung des virtuellen Wassers

Geschätzter Verbrauch virtuellen Wassers verschiedener landwirtschaftlicher Produkte (m³ Wasser/Tonne Produkt = l/kg) nach diversen Autoren[2]
Hoekstra & Hung (2003) Chapagain & Hoekstra
(2003)
Zimmer & Renault (2003) Oki et al. (2003) Durch­schnitt
Rindfleisch 15977 13500 20700 16726
Schweinefleisch 5906 4600 5900 5469
Käse 5288 5288
Hühnerfleisch 2828 4100 4500 3809
Eier 4657 2700 3200 3519
Reis 2656 1400 3600 2552
Sojabohnen 2300 2750 2500 2517
Weizen 1150 1160 2000 1437
Mais 450 710 1900 1020
Milch 865 790 560 738
Kartoffeln 160 105 133

Die Untersuchungen zielen auf einen künftig sparsameren Wasserverbrauch in Regionen mit Wassermangel. Insbesondere soll transparent gemacht werden, dass wasserintensive und exportorientierte Agrarnutzung in Trockenregionen der Erde ökologisch unsinnig und wirtschaftlich vergleichsweise unrentabel ist. Wasserarme Länder können durch gezielten Import von Gütern, deren Herstellung viel Wasser benötigt, ihre eigenen Wasserressourcen schonen.

Die Berechnung des virtuellen Wassers ermöglicht auch, den internationalen Transfer von in Produkten gebundenem Wasser zu untersuchen. Deutschland exportiert virtuelles Wasser, das in der Industrieproduktion verbraucht wird und importiert virtuelles Wasser vor allem in Agrarprodukten (zu denen auch die besonders wasserverbrauchende Baumwolle gehört). In der Bilanz gehört Deutschland zu den zehn größten Importeuren von virtuellem Wasser.

Mit der Bilanzierung virtuellen Wassers beschäftigt sich vor allem das UNESCO-IHE Institute for Water Education der UNESCO. Das Institut veröffentlichte unter anderem diese Verbrauchsmengen virtuellen Wassers:

  • Die Produktion einer Rose benötigt 5 l Wasser [3]
  • Die Produktion einer Tasse Tee benötigt 35 l Wasser [4]
  • Die Produktion von 0,25 l Bier benötigt bis 75 l Wasser [4]
  • Die Produktion einer Tasse Kaffee benötigt 140 l Wasser [4]
  • Die Produktion eines Liters Milch benötigt 1000 l Wasser
  • Die Produktion eines Kilogramms Papier benötigt ca. 750 l Wasser, bzw. ein DIN-A4-Blatt bis 10 l Wasser [5]
  • Die Produktion eines ca. 2 g schweren Mikrochip benötigt 32 l Wasser [4][6]
  • Die Produktion eines Kilogramms Mais benötigt 900 l Wasser [3]
  • Die Produktion eines Kilogramms Weizen benötigt ca. 1.100 l Wasser
  • Die Produktion eines Kilogramms Sojabohnen benötigt 1.800 l Wasser [3]
  • Die Produktion eines Baumwoll-T-Shirts benötigt ca. 2.000 l Wasser
  • Die Produktion eines Kilogramms Kokosnüsse benötigt 2.500 l Wasser [3]
  • Die Produktion eines Kilogramms Hühnereier benötigt ca. 4.500 l Wasser
  • Die Produktion eines Kilogramms Reis benötigt ca. 3.000–5.000 l Wasser
  • Die Produktion von 500 Blatt DIN-A4-Papier benötigt 5.000 l Wasser [3]
  • Die Produktion einer Jeans benötigt 6.000 l Wasser [3]
  • Die Produktion eines Kilogramms Rindfleisch benötigt ca. 15.000 l Wasser, wobei nur 155 Liter tatsächliches Wasser verbraucht wird [7]
  • Die Produktion eines PKWs benötigt zwischen 20.000 bis 300.000 l Wasser [4]

Water Footprint

"Water Footprint", übersetzbar mit Fußabdruck des Wasserverbrauchs, umfasst die Gesamtmenge an Wasser, die für die Produktion der Güter und Dienstleistungen benötigt wird, welche die Bevölkerung eines Landes in Anspruch nimmt. Diese Definition umfasst also auch Wassermengen, die außerhalb dieses Landes verbraucht wurden für Güter, die für dieses Land produziert werden. Ein Netzwerk von Wissenschaftlern, die mit der UN bei diesen Fragestellungen kooperieren, arbeiten im Water footprint network zusammen.

  • Beispiele: Der Wasserverbrauchsindex Chinas, sein Fußabdruck, beträgt etwa 700 m³ pro Kopf und Jahr. Davon werden ca. 7 % über Güter importiert.
  • Deutschland 1545 m³ pro Kopf und Jahr. Ursachen liegen im hohen Konsum von Industrieprodukten und dem Fleischkonsum. Ihr versteckter Wasserimport übersteigt den -export deutlich (106:70).
  • Der Fußabdruck Japans beträgt 1150 m³ pro Kopf und Jahr; davon werden ca. 65 % bereits außerhalb des Landes verwendet.
  • Der so berechnete Wasserverbrauchsindex der Vereinigten Staaten, deren Wasserspur, beträgt 2483 m³ pro Kopf und Jahr.

Siehe auch

Literatur

  • Arjen Y. Hoekstra, Ashok K. Chapagain: Water Footprints of Nations. Water Use by People as a Function of Their Consumption Pattern. Springer Netherlands, 2006, ISSN 0920-4741 (14 Seiten, 436 KB-PDF). doi:10.1007/s11269-006-9039-X ISSN 1573-1650 (online)
  • Diana Hummel, Thomas Kluge, Stefan Liehr, Miriam Hachelaf: Virtual Water Trade. Documentation of an International Expert Workshop. July 3-4, 2006. In: Materialien Soziale Ökologie. Nr. 24. ISOE, 2006, ISSN 1614-8193 (608 KB-PDF, 53 Seiten – englisch).
  • P.R. van Oel, M.M. Mekonnen, A.Y. Hoekstra: The External Water Footprint of the Netherlands. Quantification and Impact Assessment. Elsevier Science, 2008, ISSN 0921-8009 (englisch: Beispielhaft wird der externe Beitrag des Wasserverbrauchs eines industrialisierten Landes errechnet).
  • Fred Pearce: Wenn die Flüsse versiegen. Kunstmann, München 2007, ISBN 978-3-88897-471-7 (Originaltitel: When the Rivers Run Dry. Übersetzt von Gabriele Gockel, Barbara Steckhan, Über die Wasserkrise und ihre Auswirkungen, 400 Seiten).
  • Wolfgang Sachs, Tilman Santarius, Dirk Aßmann u. a.: Vereinnahmung von Wasser. In: Wuppertal-Institut (Hrsg.): Fair Future – Begrenzte Ressourcen und globale Gerechtigkeit. C. H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52788-4, S. 108 ff. (278 Seiten).

Einzelnachweise

  1. n-tv: Erfinder des "virtuellen Wassers": Allan erhält Wasserpreis
  2. A.Y. Hoekstra (Hrsg.): Virtual water trade. Proceedings of the International Expert Meeting on Virtual Water Trade (= Value of Water Research Report Series. No. 12). 2003, UNESCO-IHE, Delft, 2003, S. 16 (englisch; waterfootprint.org; PDF).
  3. a b c d e f Wirtschaftswoche, Heft 30 und 31, 2008
  4. a b c d e GEO Themenlexikon Bnd. 1 Unsere Erde, S. 48, 2006, ISBN 3-7653-9421-1
  5. Magazin P.M., Fragen&Antworten, Dezember
  6. http://www.eurekalert.org/pub_releases/2002-11/acs-ttp110502.php
  7. http://www.waterfootprint.org/Reports/Hoekstra_and_Chapagain_2006.pdf

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