Feinstrukturkonstante
Allgemeines
Die Feinstrukturkonstante ist eine fundamentale Konstante, die in physikalischen Theorien im wesentlichen folgende Bedeutungen besitzt:
- Sie ist eine dimensionslose Kombination von anderen Fundamentalkonstanten und besitzt deshalb eine grundlegende Bedeutung für die gesamte Physik.
- Sie beschreibt die Aufspaltung (Feinstruktur) von Spektrallinien im Spektrum des Wasserstoffatoms.
- Sie ist die elektromagnetische Kopplungskonstante, das heißt sie beschreibt die Wechselwirkung zwischen Photonen und elektrisch geladenen Elementarteilchen, wie zum Beispiel dem Elektron. Diese Wechselwirkung äußert sich unter anderem in der Emission von Photonen durch ein schwingendes Elektron (Dipolstrahlung). Über die Feinstrukturkonstante ist eine Charakterisierung der Stärke der elektromagnetischen Kraft möglich, da diese Kraft durch den Austausch von Photonen zwischen geladenen Teilchen vermittelt wird.
Der Wert von beträgt:
Die Hypothese, dass die Feinstrukturkonstante sich im Laufe der Entwicklung des Universums geändert hat, ist durch widersprüchliche Forschungsergebnisse noch unentschieden. Allerdings zeigt sich definitiv keine zeitliche Variation der Feinstrukturkonstanten in den letzten 7 Milliarden Jahren durch eine systematische Auswertung hunderter Galaxienspektren des DEEP2-Programms (s. Weblink).
Vergleich der Grundkräfte
Wie kann eine reine Zahl die Stärke einer Kraft angeben? Womit wird verglichen? Eine Charakterisierung der Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung ergibt sich zum Beispiel aus dem Coulomb-Kraftgesetz für die elektrostatische Abstoßung zwischen zwei Elektronen mit den Elementarladungen :
Durch Integration erhält man die Energie, die nötig ist um zwei Elektronen aus dem Unendlichen auf eine Distanz von anzunähern:
Für andere Wechselwirkungen (Gravitation, Kernkräfte) kann man ähnliche Kraftgesetze aufstellen. Man vergleicht diese Energien bei gleichem Abstand . Gleichzeitig nutzt man aus, dass der Term die Dimension Energie mal Länge besitzt und somit bei Division durch eine Größe der selben Dimension dann eine reine Zahl entsteht. Nimmt man als Vergleichsgröße, ergibt sich für die relative Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung die Feinstrukturkonstante:
Nach diesem Schema ergeben sich für die anderen fundamentalen Kräfte der Physik folgende Werte: Die Gravitation besitzt eine relative Stärke von , die schwache Kernkraft von und die starke Kernkraft eine Stärke von etwa 1. Die Angaben für die Schwache Kernkraft und die Starke Kernkraft sind aber nicht direkt vergleichbar, da diese Kräfte keinem 1/r² Kraftgesetz gehorchen.
Der Nobelpreisträger Richard P. Feynman schreibt in seinem Buch "QED - The strange theory of light and matter, Princeton University Press 1985, p. 129:
"There is a most profound and beautiful question associated with the observed coupling constant, , the amplitude for a real electron to emit or absorb a real photon. It is a simple number that has been experimentally determined to be close to -0.08542455. (My physicist friends won't recognize this number, because they like to remember it as the inverse of its square: about 137.03597 with about an uncertainty of about 2 in the last decimal place. It has been a mystery ever since it was discovered more than fifty years ago, and all good theoretical physicists put this number up on their wall and worry about it.) Immediately you would like to know where this number for a coupling comes from: is it related to pi or perhaps to the base of natural logarithms? Nobody knows. It's one of the greatest damn mysteries of physics: a magic number that comes to us with no understanding by man. You might say the 'hand of God' wrote that number, and 'we don't know how He pushed his pencil.' We know what kind of a dance to do experimentally to measure this number very accurately, but we don't know what kind of dance to do on the computer to make this number come out, without putting it in secretly!"
(Dieser "Finger Gottes" (בְּאֶצְבַּע אֱלֹהִים) könnte sogar biblisch interpretiert werden: 2. Mose 31,18; 5. Mose 9,10)
Interessanterweise könnte es über die Betrachtung der Wechselwirkungsentropie eine Möglichkeit geben, den numerischen Wert der Feinstrukturkonstanten zu berechnen. Wegen der vollen Reversibilität und dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik (dS/dt >= 0) muss die Wechselwirkung zwischen Elektronen und Photonen mit dS=0 ablaufen, also eine Entropieerhaltung gelten. Betrachtet man die Wechselwirkung eines Photonengases (Entropie proportional der Anzahl der Mikrozustände N) mit einem Gas aus unterscheidbaren Teilchen (Entropie proportional ln N!) des Spins 1/2 (Spinentropie proportional (N-1)/2 ln (2), so kommt man zu einer Lösungsgleichung:
mit der numerischen Lösung (Computerprogramm) N = 1/ = 137.1356131.. Die Formel der Entropie für das Photonengas kann zum Beispiel in (Greiner W. Theoretische Physik Vol. 9 Thermodynamik und Statistik, 1. Auflage 1987, Seite 334) nachgelesen werden, = pi^4 / 90 und = 1.2020567.. sind die Werte der Zeta-Funktion.
Es werden also aus thermodynamischer Sicht im Mittel ca. 137 Mikrozustände für die Wechselwirkung von Photonen mit Elektronen benötigt. Wenn sich die gesamte Wechselwirkungsenergie (aus der Unschärferelation) gleichmässig auf diese Anzahl von Mikrozuständen verteilt, so "spürt" ein Elektron jeweils nur den N-ten Bruchteil dieser Energie, so dass sich das Wechselwirkungspotential ergibt. Berücksichtigt man noch Korrekturen der Quantenfluktuationen der Entropie (als reale Observable) bis zu einer Ordnung von ², erhält man einen berechneten Wert von 137.027998.., so dass man diesen durch Hinzunahme höherer Korrekturterme weiter an den experimentell bekannten Wert der Feinstrukturkonstanten rechnerisch annähern kann.
Eine andere Möglichkeit könnte in der Betrachtung des Unschärfe-Prinzipes und dem Vergleich mit dem elektrodynamischen Potential bestehen. Zwei Elektronen können nicht weiter entfernt sein, als die Ausdehnung des Universums (entsprechend c ), wobei für das Weltalter steht (14 Mrd. Jahre). Andererseits können zwei Elektronen nicht näher als auf die Plancksche Länge (4E-35 m) aneinander angenähert werden. Daher kann man schreiben:
und kommt mit den gegebenen Werten der Planckschen Länge und des Weltallradius auf:
Literatur
- Wolfgang Nistler, Winfried Weirauch: Mit Neutronen zur Feinstrukturkonstanten: Bestimmung von Naturkonstanten. Physik in unserer Zeit 33(1), S. 10 – 15 (2002), ISSN 0031-9252
Weblinks
Press Release, keine Veränderung der Feinstrukturkonstante messbar
Videos
- Real Video: Ist die Welt stabil? (Aus der Fernsehsendung Alpha Centauri)