Kunstrasen


Kunstrasen ist eine Art Kunststoffteppich, der in Beschaffenheit und Aussehen einem Naturrasen nahe kommt. Gewöhnlich wird er auf Sportplätzen, vorzugsweise für Feldhockey und Fußball, verwendet.
Vorteile
Die Vorteile des Kunstrasens gegenüber dem Naturrasen sind geringerer Pflegebedarf, die höhere Belastbarkeit und die Bespielbarkeit auch bei schlechter Witterung. Manche Sportarten wie z. B. Hockey lassen sich auf Kunstrasen viel leichter und präziser spielen als auf Naturrasen. Aus diesem Grund wird Feldhockey auf hohem Niveau fast nur noch auf Kunstrasen gespielt.
Erhebliche Nutzungs- und Pflegevorteile ergeben sich insbesondere im Vergleich mit Tennenflächen, die in der Frost-Tauperiode häufig nicht bespielbar sind.
Bei allen Vorteilen, die der Kunstrasen bei verschiedenen Bedarfslagen bietet, dürfen, und darauf weisen alle Experten immer wieder hin, wichtige Punkte nicht vergessen werden. Ob privat finanziert, über Fördermittel oder aus der kommunalen Kasse – die Nutzungsdauer eines Kunstrasensystems ist immer beschränkt. Je nach Belastung hält die Oberfläche zwischen 10 und 15 Jahren, beim Unterbau, sofern dieser fachmännisch nach den DIN-Vorgaben hergerichtet wurde, ist von der doppelten Zeitspanne auszugehen. In jedem Fall müssen bei der Anfangsinvestition schon die Folgekosten eingeplant werden – jene, die durch eine Renovation oder Neubau (und gegebenenfalls auch durch die Entsorgung) entstehen, aber auch solche, die die kontinuierliche und saisonale Pflege mit sich bringt.
Nachteile
Die höhere Reibung zwischen Haut und Kunstrasen resultiert in häufigeren Schürfwunden und Verbrennungen im Vergleich zu Naturrasen. Dies stellt bei manchen Sportarten ein Problem dar. Ein Beispiel hierfür ist der American Football, bei dem Rutschmanöver häufig vorkommen und die Unterschenkel meist ungeschützt sind.
Herstellung und Verwendung
Die sportfunktionellen und technischen Eigenschaften werden nicht nur durch den Kunststoffrasenbelag, sondern durch das gesamte Belagsystem, einschließlich Elastikschicht (EL) beziehungsweise Elastische Tragschicht (ET) bestimmt. Aufgrund der schnellen Weiterentwicklung der Kunststoffrasenbeläge und der großen Vielzahl an Belagtypen werden an die Projektierung, fachkundige Belagauswahl und eine konsequente Bauüberwachung hohe Anforderungen gestellt. Technische Anforderungen und Pflegehinweise enthält unter anderem DIN V 18035, Teil 7 (Sportplätze, Kunststoffrasenflächen).
Aufbau

Kunstrasen wird überwiegend im sogenannten Tuftverfahren hergestellt. Die verwendeten Garne bestehen aus Polypropylen, Polyethylen oder Polyamid. Der Tuftrücken (Trägergewebe) wird mit Latex beschichtet und zumeist zusätzlich stabilisiert. Die Spielfelder für Fußball werden heute in der Regel mit Sand und/oder Gummigranulat befüllt.
Trotz der meist ähnlichen Optik gibt es eine Vielzahl diverser Kunstrasenqualitäten, die je nach Einsatz (Fußball, Hockey, Tennis, Golf, Mehrzweck oder Ähnlichem) eine unterschiedliche Faserstruktur (gerade, gekräuselt), Faserdichte und Polhöhe haben. Für die Hockeynutzung kommen in der Regel Kunststoffrasenbeläge ohne Polverfüllung zur Verwendung. Kunststoffrasen wird meist in Rollen mit einer Breite von 3–5 m verlegt.
Die Verlegung erfolgt jeweils auf einer Elastikschicht aus PUR-gebundenem Gummigranulat oder Schaumstoff-Bahnen oder -Platten. Eine weitere Gruppe von Belägen ist so konzipiert, dass ohne Elastikschicht, direkt auf dem mineralischen bzw. Asphalt-Untergrund, verlegt wird. In der Regel werden unverfüllte Beläge lose auf der Elastikschicht verlegt (nur am Platzrand fixiert), unverfüllte mit dem Untergrund verbunden. Die Verbindung der Belagsstöße erfolgt durch Nahtbandagen aus Polyester- oder Polyamid-Vlies und PUR-Beschichtungsmasse oder (nur für unverfüllte Beläge) durch Vernähen mit einem, durch PUR-Bindemittel auf der Belagsrückseite gesicherten, PES-Faden.
Eine Belagsart mit unverfüllter Polschicht wird in Platten von 1 mal 2 m geliefert. Die Verbindung der Platten erfolgt mit Klettbändern und kann jederzeit gelöst werden.
Die Kunststoffrasenfläche ist in der Regel wasserdurchlässig. Diese Eigenschaft verbessert zum einen die Sport- und Schutzfunktion, zum anderen wird der Boden nicht versiegelt, so dass Niederschlagswasser an die unteren Schichten abgegeben werden kann. Die Wasserdurchlässigkeit wird in der Regel durch Perforation mit Löchern von etwa 4 mm Durchmesser im Abstand von 10-15 mm erreicht.
Untergrund
Die Tragschicht muss für die Stabilität des Belagssystems (bleibende Ebenheit auch bei Belastung) und Wasserabführung sorgen. Die Erstellung erfolgt nach den bekannten Regeln des Sportplatzbaus (zum Beispiel DIN 18035-6 und -7). Mineralische Tragschichten müssen insbesondere frostunempfindlich ausgelegt sein. In der Regel sollte die oberste Tragschicht gebunden sein (zum Beispiel Drainasphalt).
Die Entwässerung erfolgt nur bei mäßig ergiebigen Regenfällen ausschließlich in vertikaler Richtung (das heißt durch die Tragschicht). Bei ergiebigem Regen tritt auch oberflächlicher Abfluss zu den Platzrändern ein (mit einem Gefälle des Platzes von 0,5-1 %), wo für eine ausreichend leistungsfähige Wasserabführung gesorgt werden muss.
Die direkte Verlegung von Kunststoffrasenbelägen auf ungebundenen (mineralischen) Tragschichten ist problematisch. Dies trifft insbesondere auf die Schweiz zu, weil standfeste Korngemische mangels gebrochenem Gesteinsmaterial nicht immer verfügbar sind. Nicht trittfeste Korngemische führen im Laufe der Zeit zu Unebenheiten, die sich an der Belagsoberfläche abbilden. Die Standfestigkeit ist auch während der Verlegung des Belages wichtig, wenn Transportfahrzeuge die schweren Rasenbelagsrollen bewegen und die Polschichtfüllung aufbringen, damit die Tragschicht eben bleibt. Für die Trittfestigkeit von ungebundenen/mineralischen Tragschichten ist der Zustand im wassergesättigten Zustand maßgebend (beim Betreten darf zum Beispiel keine Entmischung der Feinteile des Tragschichtmaterials eintreten). Geeignete Materialien bestehen im Prinzip aus gebrochenem Gestein ausreichender Festigkeit mit einem Größtkorn von mindestens 24 mm und einem geringen Feinkorngehalt.
Verwendung
Kunstrasenplätze ohne Granulatfüllung (Vollkunststoffrasen) werden nass bespielt. Der Rasen wird regelmäßig – zum Beispiel in den Halbzeitpausen – gewässert. Die Nässe verringert die Gefahr von Schürfwunden bei Tacklings oder im Fall von Stürzen und reduziert den Abrieb des Fasermaterials.
Die gebräuchliche Formel, die zur Entscheidungshilfe bezüglich des Sportplatzbelags beiträgt, besagt, dass bei einer Nutzung von 800 bis 2.500 Stunden pro Jahr der Kunstrasen am besten geeignet ist und daher empfohlen wird.
Pflege
Das Mindestmaß an Pflege für den Kunstrasen besteht im Aufbürsten des Platzes, das, ganz gleich um welchen Typ es sich handelt, alle zwei Wochen erfolgen muss. Ein Mal jährlich ist eine Grundreinigung erforderlich, in deren Rahmen die Verfüllung durch ein Sieb gefiltert wird, um Verunreinigungen zu entfernen. Nur so lässt sich die Wasserdurchlässigkeit und Elastizität gewährleisten. Die jährliche Maßnahme wird meist durch Fachbetriebe ausgeführt, weil die hierbei zum Einsatz kommenden Geräte sich aus Kostengründen selten im Besitz der Kommunen befinden. Bei dieser Gelegenheit machen sich die Experten auch ein Bild vom Zustand des Platzes, kontrollieren die Nähte und Linien und führen bei Handlungsbedarf entsprechende Reparaturen durch. Auch, wenn die Basis-Pflege des Kunstrasens vergleichsweise überschaubar ausfällt, sollte darauf geachtet werden, dass zum Beispiel im Herbst regelmäßig das Laub abgeblasen wird. Eine Bewässerung dient bei einem künstlichen Sportplatz selbstverständlich nicht dem Rasenwachstum – aber sie kann unter Umständen helfen, die Spieleigenschaften zu optimieren. Je höher der Anspruch an letztere ausfällt, desto höher ist auch der Pflegeaufwand. Davon ausgehend, dass ein High-End-Produkt auch tatsächlich für anspruchsvolle Einsätze verlegt wurde, verlangt es auch mehr Zuwendung als das einer mittleren Qualität.
Verwendung in unterschiedlichen Sportarten

Fußball
Von den Fußball-Spitzenverbänden UEFA und FIFA wurden Kunstrasenplätze inzwischen auch für den Wettkampfbetrieb freigegeben, sofern die Kunstrasensysteme den Qualitätskriterien dieser Verbände entsprechen.
Auf internationaler Ebene lässt die FIFA bei allen Spielen, außer denen einer WM-Endrunde, Kunstrasen zu. Bedingung: Das Produkt muss zertifiziert sein. Hier gibt es zwei Möglichkeiten, „FIFA Recommended 1 Star“ oder „FIFA Recommended 2 Star“. Seitens der UEFA ist die „2 Star“-Variante generell zugelassen, auch in der Champions League. Im deutschen Profi-Fußball gibt es zwischen DFB und DFL die Verabredung, dass bis in die Regionalliga nur Naturrasen zugelassen ist. Im deutschen Amateur-Fußball von der Regionalliga bis in die Landesliga sind die Belagstypen B, D, E und G laut DIN V 18035-7 zugelassen, in tieferen Spielklassen auch der Belagstyp A.
Im neuen Salzburger Stadion (Red Bull Arena) war das Spielfeld mit Kunstrasen belegt, dieser wurde im Sommer 2010 gegen einen Naturrasen ausgetauscht[1]. Bereits 2002 wurde im Olympiastadion Luschniki in Moskau, in dem Spartak Moskau seine Heimspiele austrägt, ein Kunstrasenplatz installiert. Dort erlebte dieser Bodenbelag auch in der Saison 2006/2007 seine Premiere in der UEFA Champions League. Im Frühling 2006 wurde das neue Stade de Suisse in Bern ebenfalls mit Kunstrasen ausgerüstet. Auch in Frankreich bekamen im Sommer 2010 zwei Erstligastadien den Kunstrasen eines deutschen Herstellers (Polytan): das Stade du Moustoir in Lorient und das Stade Marcel-Picot in Nancy. Diverse zertifizierte Kunstrasenplätze existieren auch in den skandinavischen Ländern.[2] Ein anderer Anbieter wurde für das Stadion des niederländischen Erstligisten Heracles Almelo ausgewählt.
Da die Tendenz im Stadionbau immer mehr hin zu Stadien mit voll überdachten Zuschauerrängen geht und dadurch der Rasen zu wenig Sonne und Wind bekommt, muss bisher sehr aufwändig der Rasen mehrfach pro Saison ausgetauscht werden, da er unter diesen Bedingungen nur schlecht gedeiht.
Golf
Für Golfer bietet Kunstrasen, in Form eines synthetischen Putting Grüns, die Möglichkeit, ihren Sport auch zu Hause auszuüben. Ein privates Putting Grün aus Naturrasen wäre nur mit allerhöchstem Aufwand zu erhalten: tägliches Mähen, der benötigte Gerätepark, das Düngen und Pflegen gehen weit über die Möglichkeiten eines „normalen“ Gärtners hinaus.
Es gibt zwei Arten von Putting Grüns aus Kunstrasen:
- Putting Grüns aus Nylon sind für das reine Putten gedacht. Nylon-Oberflächen sind sehr dicht und widerstandsfähig. Sie bleichen so gut wie nicht aus und sind für alle Wetterbedingungen geeignet.
- Putting Grüns aus Polypropylen werden generell mit Quarzsand befüllt und sind besonders dann empfehlenswert, wenn aus mehr als fünf Metern gechippt oder das Grün auch aus größerer oder großer Entfernung angespielt werden soll. Diese Grüns nehmen auch Backspin an. Die Sandfüllung verteilt dabei die Aufprallenergie des Balles. Durch das Auffüllen mit Quarzsand bleichen die Fasern nicht aus.
- Putting Grüns mit Kunstrasen von verschiedenen Herstellern. Kunstrasen im Bereich Golfsport sind Kunstrasengreens, die speziell für den Golfsport konzipiert wurden.
Immer häufiger werden Greens mit hochwertigen Kunstrasenkomponenten angelegt.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ http://redbulls.com/soccer/salzburg/de/stadion.html
- ↑ France Football vom 27. Juli 2010, S. 18–21