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Diskussion:Maskulismus/Archiv des ehemaligen Artikels

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Das Wort Maskulismus ist eine Analogbildung zu Feminismus, und bezeichnet den philosophisch-ideologischen Hintergrund der Neuen Männerbewegung.

Maskulismus ist ein unscharfer Begriff, da er ähnlich wie der Feminismus zum Teil unterschiedliche, weltanschaulich nicht völlig übereinstimmende Positionen umfasst. Er lässt sich am besten als Gegenbewegung und Gegenposition zum ebenso vielschichtigen Feminismus beschreiben.

Während der Maskulismus sich selbst als emanzipatorische Bewegung versteht, sehen einige Kritiker und Kritikerinnen (die naturgemäß oft aus einem feministischen Hintergrund kommen) darin eine Ansammlung reaktionärer Kräfte.

Eine Trennschärfe zu anderen Strömungen ("Männerrechtsbewegung" etc.) gibt es noch nicht.

Der kleinste gemeinsame Nenner dürfte sein, dass Maskulisten Interessen von Männern vertreten wollen, von denen sie glauben, dass sie in der bisherigen gesellschaftlichen Debatte zu kurz kommen.


In den USA, in denen die maskulistische Bewegung etwa 15 Jahre älter als in Deutschland ist, gibt es inzwischen Bestrebungen von liberalen Frauen (wie Wendy McElroy mit ihren "individual feminists") und liberalen Männerrechtlern, zusammenzuarbeiten und Bündnisse zu schmieden, die beiden Geschlechtern gerecht werden. Ob sich in Deutschland eine ähnliche Entwicklung abzeichnen wird, ist derzeit noch nicht abzusehen.

Die maskulistische Bewegung formuliert sich mehr mittels des Internets, und nicht in Aktionen oder Happenings auf der Straße.

Durch den Maskulismus formulierte Kritikpunkte

Vom Maskulismus werden unter anderem folgende Sachverhalte als problematisch gesehen:

Lebenserwartung und Gesundheit

Die um sieben Jahre geringere Lebenserwartung von Männern im Vergleich zu Frauen sei nicht allein biologisch bedingt. Beispielsweise stürben überwiegend Männer an gesundheitlichen Folgeschäden ihrer Arbeit (Herzinfarkt, Staublunge). Tödliche Berufsunfälle seien bei Männern zwölfmal so häufig wie bei Frauen.

Gegen diese männerspezifischen Unbillen fordern Maskulisten einen mindestens so starken Schutz wie ihn Feministen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz fordern. Dabei sollte Männern auch stärker vermittelt werden, dass sie nicht ihre Gesundheit oder ihr Leben beispielsweise in einem der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) so bezeichneten "Todesberufe" aufs Spiel setzen müssen, nur um mit dem erzielten Einkommen Frauen zu unterhalten.

Die geringere Lebenserwartung sei durch ein besser für Männer zugeschnittenes Gesundheitssystem auszugleichen. Beispielsweise beklagt der Kölner Urologe Theodor Klotz, dass für die Erforschung weiblicher Tumoren, etwa Brustkrebs, wesentlich mehr Geld ausgegeben werde als für typisch männliche Krebsarten wie Magen-, Darm-, Bronchial- und Prostatakarzinom, obwohl diese häufiger seien. Auch andere Mediziner legten nach maskulistischer Darstellung dar, dass der Wissensstand über den männlichen Körper im Vergleich zur Frauenforschung um rund dreißig Jahre zurückliege. Einen "Männerarzt", analog zum Frauenarzt, der die Angehörigen des weiblichen Geschlechts von der Jugend bis ins Alter regelmäßig betreut, untersucht und behandelt, fordern etwa die Wiener Hormonforscher Meryn und Metka:

"Der Mann ist bisher bei allen Überlegungen, die das Älterwerden, die Verlängerung der Lebensspanne und die Verbesserung der Lebensqualität betreffen, von der Medizin nachlässig behandelt worden. Der medizinische Fokus war vielmehr auf das weibliche Geschlecht konzentriert."

Dennoch beschlossen im August 2000 die deutschen Regierungsparteien SPD und Grüne, die speziell auf Frauen ausgerichtete Gesundheitsfürsorge weiter zu fördern, was von Maskulisten kritisch beurteilt wird.

Depressionen seien bei Männern stark unterdiagnostiziert, galten noch vor wenigen Jahren als rein weibliches Leiden und bleiben heute noch bei Männern häufig unbehandelt. Dies sei der Fall, obwohl beispielsweise Selbstmord knapp dreimal so viele Männer wie Frauen zum Opfer habe (verdeckte Selbstmorde zum Beispiel durch tödliche "Unfälle" unter Alkoholeinfluss nicht mitgerechnet). Maskulisten fordern, die Gründe dafür zu erforschen und gezielt Beratungs- und Hilfsangebote für Männer zu entwickeln, wie es sie für Frauen seit langem gibt.

Soziale Ungleichheit

Männer benötigen nach maskulistischer Auffassung dieselben Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen wie Frauen. Beispiel: Obwohl Schätzungen zufolge knapp 90 Prozent der Obdachlosen männlich seien, gebe es ein staatliches Sozialprogramm allein für die weibliche Minderheit von zehn Prozent. Und obwohl weit häufiger Männer Gewalttaten zum Opfer fallen, gebe es Vorkehrungen wie Frauentaxis, Frauenparkplätze etc. allein für das weibliche Geschlecht. Tatsächlich könne ein männlicher Rentner einem Überfall aber weit hilfloser gegenüberstehen als eine weibliche Zwanzigjährige.

Häusliche Gewalt

Ein Schwerpunkt in der aktuellen Öffentlichkeitsarbeit der Maskulisten stellt der Hinweis auf männliche Opfer häuslicher und sexueller Gewalt dar. In diesem Zusammenhang verweisen sie gerne auf die Forschungsergebnisse von Gelles, Straus, und Steinmetz (USA), denen zufolge bei häuslicher Gewalt die Täterschaft in etwa gleichem Ausmaß zwischen Männern und Frauen verteilt sei, deren Aussagekraft jedoch selbst von den Autoren relativisiert wird, da das für die Studie gewählte Messinstrument (CTS oder Konflikttaktik-Skalen) methodische Fehler aufweist und für weitergehende Interpretationen ungenügend ist. Die zweite von Maskulisten aus dem deutschsprachigen Raum oft als Beleg angeführte Studie, die Opferbefragung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsens hingegen lässt nur bedingt Schlüsse auf die Täter zu und schließt sexuelle Gewalt in Partnerschaften explizit aus.
Es gebe bisher in Deutschland aber nur zwei Hilfsprojekte für männliche Opfer häuslicher Gewalt (in Berlin und in Oldenburg), beide erhalten bislang keinerlei staatliche Unterstützung. Maskulisten kritisieren auch eine Berichterstattung über das Problem der häuslichen Gewalt, bei der ausschließlich Frauen als Opfer erscheinen, und fordern, dass männliche Opfer-Erfahrungen nicht länger verschwiegen, geleugnet, trivialisiert oder belächelt werden sollten. Vor der Polizei und dem Richter sollten bei häuslicher Gewalt beide Geschlechter gleich behandelt werden. Auch weibliche Täter müssen in Programmen psychologischer Beratung lernen, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Häusliche Gewalt sei nur zu überwinden, wenn man ihre systemischen Ursachen erkenne und nicht länger ein Schwarzweißbild von bösen Männern, die brave Frauen prügeln, zeichne.

Falschanzeigen

Ein spezielles Problem stellen für Maskulisten Falschbezichtigungen bei Vergehen wie sexuellem Missbrauch und bei anderen Formen sexueller Gewalt dar. Durch verbesserte Aufklärung über die Häufigkeit falscher Beschuldigungen sollten nach maskulistischer Auffassung ungünstige Faktoren wie einseitige Ermittlungen, Vorverurteilungen in den Medien usw. verhindert werden. Stattdessen sei besondere Sensibilität gegenüber allen Beteiligten bei solchen Vorwürfen erforderlich. Es sei nicht länger hinnehmbar, dass durch willkürliche Bezichtigungen Leben zerstört und Familien auseinandergerissen werden.

Kindesmissbrauch

Organisationen, die von Frauen missbrauchte Jungen betreuen, haben nach maskulistischer Auffassung ebenso ein Anrecht auf staatliche Unterstützung wie das umgekehrt für Gruppen gilt, die sich missbrauchten Mädchen widmen. Auch hier versuchen Maskulisten, ein gesellschaftliches Schweigen zu durchbrechen, was sexuellen Missbrauch durch Frauen angehe.

Abtreibung

Maskulisten verweisen auch auf Erkenntnisse, denen zufolge Väter, deren Nachkommen gegen ihren Willen abgetrieben wurden, dadurch häufig traumatisiert seien. Hier geht eine maskulistische Forderung dorthin, diesen Vätern wenigstens jede nötige Hilfe zukommen lassen, damit psychisch zurechtzukommen.

Wehr- und Ersatzdienst

Maskulisten fordern eine Wehrgerechtigkeit, die mit dem Gleichheitsgrundsatz der Verfassung zu vereinbaren ist und für Frauen wie Männer gleichermaßen gilt.

Geschlechtergetrennte Einrichtungen

Derselbe Gleichheitsgrundsatz wird von Maskulisten in Anspruch genommen, was Einrichtungen in öffentlichen Institutionen angehe, die von beiden Geschlechtern finanziert werden, die aber nur Frauen benutzen dürfen (universitäre Frauenbibliotheken etc.).

Im akademischen Bereich sei es darüber hinaus notwendig, die so genannten Gender Studies nicht länger automatisch nur unter feministischer Perspektive durchzuführen, sondern entweder einen neutralen Blickwinkel einzunehmen oder aber Frauen- und Männerperspektive gleichermaßen zu gewähren.

Vielen Pädagogen und den ersten Elternverbänden sei inzwischen klar, dass die momentane Form des Schulunterrichts in mehrfacher Hinsicht die Jungen benachteiligt. An besseren Konzepten werde bereits gearbeitet. Das sei zu unterstützen und voranzutreiben.

Scheidung und Sorgerecht

Da ein großer Teil der Maskulisten aus der Väterbewegung hervorging, wurden auch deren Anliegen in großen Teilen übernommen. Eines der Grundprobleme in diesem Zusammenhang sei, dass viele Väter für ihre Kinder zwar Unterhalt zahlen müssen, die Mütter aber den Kontakt mit ihnen sabotierten. Dies könne durch verschiedene Maßnahmen unterbunden werden: etwa Entzug des Unterhalts und bei hartnäckigen Fällen des Sorgerechts. Grundsätzlich sollte nach Auffassung vieler Maskulisten Sorge- und Umgangsrecht bei beiden Eltern liegen, gleichgültig ob sie verheiratet, geschieden oder getrennt leben. Die gemeinsame Verantwortungsgemeinschaft für das gezeugte Leben könne nicht einseitig zerstört werden. Insbesondere uneheliche Väter müssten aus ihrer weitgehend rechtlosen Position befreit werden.

Diffamierung und Gleichberechtigung

Ein zentrales Anliegen vieler Maskulisten ist die von ihnen so wahrgenommene sexistische Herabwürdigung von Männern in unseren Medien. Diese solle ebenso sozial geächtet werden wie die Herabwürdigung von Frauen. Es gebe keinen Grund, die Diffamierung von Männern als einen Akt politischer Befreiung zu preisen. Gegen Slogans wie "Männer sind Schweine", "Nur ein toter Mann ist ein guter Mann" etc. müsse nachdrücklich Einspruch erhoben und eine Gegenposition eingenommen werden. Es sei auch fair, Männer nicht nur als Schurken, Trottel oder Probleme darzustellen, sondern auch ihre positiven Seiten herauszustellen.

Auch im politischen Bereich sei es nach Ansicht vieler Maskulisten nicht länger sinnvoll so zu tun, als ob die Forderungen von Frauen berechtigter seien als die von Männern. Warum, so heißt es etwa, gibt es in Deutschland eine Frauenministerin, aber keinen Männerminister? Warum kann sich ein Politiker damit brüsten, was er alles für Frauen getan hat, aber nicht, was er für Männer erreichte? Verschiedene Maskulisten fordern eine Abschaffung von Frauenbeauftragten zugunsten von Gleichstellungsbüros, die idealerweise annähernd paritätisch mit Frauen und Männern besetzt sind und die sich den Problemen und Benachteiligungen beider Geschlechter widmen.

Internationale Anliegen

Nicht zuletzt seien nach maskulistischer Auffassung auch auf internationaler Ebene Diskriminierungen von Männern zu bekämpfen.

Beispielsweise berichtet die Menschenrechtsorganisation Gendercide Watch (www.gendercide.org), dass staatlich angeordnete geschlechtsbezogene Massentötungen in der gesamten Welt weit überwiegend Männer zum Opfer haben. Dieser Punkt werde aber weder von der Politik, noch von anderen Menschenrechtlern, noch von der wissenschaftlichen Forschung zur Kenntnis genommen.

Weitgehend ungehört bleiben bislang auch Menschenrechtsgruppen, die kritisieren, dass bei internationalen Kampagnen gegen Beschneidung männliche Opfer dieser Praktik außer acht gelassen werden. Tatsächlich finde die Beschneidung von Jungen der Quellenliteratur nach überall dort statt, wo auch Mädchen beschnitten werden, nur sechsmal so häufig. Maskulisten sind der Ansicht, dass in Ländern der Dritten Welt diese Verstümmelungen um nichts weniger brutal vorgenommen werden als bei Mädchen und die entstandenen Schädigungen gleichermaßen ernst zu nehmen seien.

Kritik am Maskulismus

Neben Susan Falludi, die unter Backlash den organisierten Widerstand gegen die weibliche Emanzipation definierte, melden auch auch viele andere Kritik am Maskulismus an, die im Folgendem wiedergegeben werden soll:

  • Ein wesentlicher Kritikpunkt wirft Maskulisten vor, die Benachteiligungen beider Geschlechter unangemessen zu gewichten: Noch immer seien Frauen als Geschlecht weitaus übler dran. Hier entsteht gelegentlich die Gefahr eines Art Opfer-Wettbewerbs, bei dem das (subjektive wie objektive) Leiden des jeweiligen Gegenübers beiseite gewischt wird ("Deine Probleme möchte ich haben ... ") und nur das eigene Missempfinden zählt. In einer extremen Fassung dieser Kritik wird Maskulisten vorgeworfen, mit ihren "trivialen" Problemen von ihrer eigenen Täterschaft bei der Frauenunterdrückung ablenken zu wollen bzw. (in einer noch einmal extremeren Kritik) die Zustände "patriarchaler Unterdrückung" wiederherstellen zu wollen. Letzteres konnte indes durch Schriften und Veröffentlichungen von Maskulisten in keiner Weise belegt werden.
  • Des weiteren geht an die Maskulisten der Vorwurf, Veränderungen allein im Außen, in der Gesellschaft, hervorrufen zu wollen, statt im Innern, im eigenen Ich. Hier wird eine fehlende Auseinandersetzung mit der eigenen Männerrolle und dem dazugehörenden Verhalten beklagt.
  • In einigen Themenfeldern wird Maskulisten vorgehalten, naiv oder willentlich mit falschen Zahlen zu operieren, so etwa bei der Geschlechterverteilung im Bereich der Täterschaft bei häuslicher Gewalt. Bislang wurden diesen Vorhaltungen von maskulistischer Seite durch den Verweis auf zahlreiche Forschungsergebnisse widersprochen, welche von etablierten Sozialwissenschaftern (darunter auch Männerforscher) größtenteils als methodisch fehlerhaft, nicht repräsentativ, auf Deutschland nicht zutreffend, oder als Fehlinterpretationen bezeichnet werden. Hier konnte indes noch keine letzte Einigung auf die Faktenlage erzielt werden.
  • Schließlich wird der maskulistischen Bewegung vorgeworfen, sich nicht ausreichend von "reaktionären", "frauenfeindlichen" oder anderweitig moralisch fragwürdigen Mitgliedern bzw. deren Positionen distanziert zu haben.

Kritik am Maskulismus durch die traditionelle Männerbewegung

Diverse Autoren der traditionellen Männerbewegung erklären das Erstarken des Maskulismus mit der Verknappung der Ressourcen und verdächtigen die Maskulisten, traditionelle männliche Positionen auf Kosten von Frauen durchsetzen und die männliche Herrschaftsstruktur wiederherstellen zu wollen.

Laut Hand-Joachim Lenz verpassen sie es dabei, ihre eigene Rolle als Männer in einer männerdominierten Gesellschaft und ihre eigenen Herrschaftsinteressen kritisch zu hinterfragen:

"Die Revitalisierung traditioneller Männerbilder wird angestrebt. Diese Strömungen gehen von der Unterdrückung der Männer durch die Frauen aus. Im Zentrum ihres Ansatzes steht die Unterstützung von Männern, die an Frauen leiden, insbesondere in Ehescheidungs- und Sorgerechtsangelegenheiten. [...] Anzeichen einer Fundamentalisierung auf der Geschlechterebene finden sich auch in Deutschland. So bieten sich Gruppierungen der ?wilden Männer", wie sie nach Robert Blys Bestseller "Eisenhans" in vielen Städten aufkeimen, als Sammelbecken einer unkritischen Aufwertung alter Männerherrlichkeit bis hin zum sexistischen "roll back" an. Diese Entwicklung hin zur Mythologisierung und Biologisierung des Geschlechterverhältnisses halte ich aus der emanzipatorischen Perspektive für sehr gefährlich."