Domkapitel Minden
Im Mindener Domkapitel waren die Domherren des Mindener Doms zusammengeschlossen. Es geht bis in die Entstehungsphase des Bistums Minden zurück. Seit der Reformation setzte es sich aus evangelischen und katholischen Mitgliedern zusammen. Es bestand bis zur Säkularisation 1803/1810.
Geschichte
Anfänge
Erste mögliche Nachrichten gehen auf das Jahr 887 zurück, als vom „clerus Mimidonensis ecclesiae“ gesprochen wurde. Wie in Münster oder Paderborn entwickelte sich das Kapitel aus dem Domkloster. Sicher bezeugt ist es als monasterium ab 961 als Otto I. der Gemeinschaft das Bischofswahlrecht zugestand. Anfangs gab es enge auch personale Beziehungen zum Kloster Fulda, später wurde Kloster Lorsch wichtiger. Eine erste eigenständige Urkunde des Kapitels stammt aus dem Jahr 1025. In dieser Zeit dürfte noch ein gemeinschaftliches Leben bestanden haben. Neben der Feier der Gottesdienstes, betrieben die Mitglieder Seelsorge und unterhielten die Domschule. Bis ins hohe Mittelalter hat sich das Gemeinschafsleben erhalten. Noch in der ersten Hälfte des 13. Jahrhundert gab es Rest der vita communis. Aber bereits zu dieser Zeit lebten die Domherren wohl nicht mehr in einer wirklichen klosterähnlichen Gemeinschaft. Es gab aber eine gemeinsame Güterverwaltung, die sich von der des Bischofs trennte. Bereits seit dem 12. Jahrhundert gibt es Hinweise auf Domherrenkurien. Insgesamt löste sich das Gemeinschaftsleben zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert auf. Bezeichnend auch, dass sich die Kanoniker zuvor als frates, später aber als domini bezeichneten.[1]
Struktur und Rechte im Mittelalter
Bereits im 11. Jahrhundert erscheinen in den Urkunden verschiedene Dignitäten. An der Spitze stand der Dompropst, ferner werden Dekan, Kellner, Kustos und Scholaster genannt.[2][1]
Es kam im 13. Jahrhundert zur Festlegung von 24 Dompräbenden. Ihre Inhaber hatten das Recht der Bischofswahl, verwalteten die Archidiakonate des Bistums und besetzten auch die Propststellen der Kollegiatstifte St. Martini und St. Johannis. Ebenfalls in dieser Zeit wurden die Einkünfte der Kanoniker geregelt. Neben den Archidiakonaten wurden dem Kapitel zehn Ämter des Bistums zur Verwaltung übertragen. Hinzu kamen acht Zehnten. Das Kapitel hatte das Recht die Mitglieder, mit Ausnahme einiger päpstlicher und kaiserlicher Sonderrechte frei zu wählen.[3] Ein erheblicher Teil der Bischöfe von Minden ging aus dem Domkapitel hervor. In der Zeit zwischen 1150 und 1400 war von 23 Bischöfen 14 vor ihrer Wahl Mitglied im Domkapitel gewesen.[4]
Ohne die Zustimmung der Domherren konnten die Bischöfe keine Güter mehr verkaufen. Mussten dem zunächst auch die übrigen Geistlichen und die Ministrale („das Volk“) zustimmen, hat das Domkapitel ab dem 12. Jahrhundert dieses Recht monopolisiert. Seit dieser Zeit sind zum Zweck der Beurkundung auch eine größere Zahl von Siegel des Domkapitels erhalten. Die Siegel des 13. und 14. Jahrhunderts zeigen den Heiligen Petrus und später auch den Heiligen Gorgonius. Beide waren Patrone der Domkirche.[5]
Der Bedeutungsgewinn des Kapitels hing auch damit zusammen, dass es ihm gelang sein ab dem 12. Jahrhundert entstehendes Sondervermögen weiter auszubauen. Dagegen nahmen die bischöflichen Einkünfte unter anderem durch seine landesherrlichen Pflichten absanken. Als die Bischöfe im 14. Jahrhundert Steuern erheben mussten, um die Herrschaftsausgaben bestreiten zu können, konnten sie nicht verhindern, dass das Domkapitel die Kontrolle über die Steuereinziehung an sich bringen konnte. Auch über die Ausgaben erlangte es Einfluss.[6]
Seit 1353 wurden die Rechte des Kapitels vertraglich in Form einer Wahlkapitulation festgeschrieben. Ohne Zustimmung des Kapitels durfte kein Kirchenbesitz veräußert werden. Der Bischof hatte den Bau fremder Burgen im Hochstift Minden zu verhindern. Außerdem durfte er die Rechte der Domherren in der Domimmunität und die dortige Gerichtsbarkeit des Kapitels über Volk und Klerus nicht antasten. Urteile des Kapitel durfte der Bischof nicht aufheben. Verträge durfte er nur mit Zustimmung der Kapitulare abschließen. Neue Domkapitulare und Bischöfe sollten zukünftig die Einhaltung des Vertrages beschwören.[7]
Spätmittelalter und Frühe Neuzeit

Die Domherren entstammten meistens dem Stiftsadel. Bürgerliche Domherren hatten eine Universitätsausbildung zu absolvieren. Grundsätzlich hat sich an der Zahl der Domstellen bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts nichts geändert. Neben 23 Domherren, gab es weitere 48 Vikare, acht Altaristen und sechs Choralisten. Insgesamt gehörten zur Zuständigkeit des Domstifts damit 85 Geistliche. Viele der Domherren hatten allerdings noch Präbenden in anderen Stiften inne und waren damit nicht ständig anwesend.[8]
Nach der Durchsetzung der Reformation versuchte das Kapitel seine Stellung zu behaupten. Im Jahr 1535 hatten sie mit einer Klage Erfolg und es wurde der Dom den Katholiken zur Zeit von Bischof Franz von Waldeck als Pfarrkirche zugewiesen. Auch später war das Domkapitel teilweise weiterhin mit Katholiken besetzt. Im Jahr 1618 zählte es noch 18 Mitglieder. Davon waren 11 katholisch und 7 evangelisch.[9]
Seit dem Homaginalrezeß von 1650 war Zusammensetzung und Aufgaben geregelt. Das Domkapitel war danach weiterhin neben Prälaten und Ritterschaft sowie den Vertretern der Städte und Flecken einer der Landstände im nunmehrigen Fürstentum Minden. Die katholischen Mitglieder übten die bischöflichen Rechte über die verbliebenen Katholiken aus.[10] Das Domkapitel setzte sich aus Angehörigen der katholischen und der evangelischen Konfession zusammen. So war das Amt des Domdechanten stets mit einem Protestanten zu besetzen.
Liste der Domherren
A
- Ulrich von Ahlden (erw. nach 1330) [11]
- Volkmar von Alten (erw. 1327) [11]
- Johannes Andree (erw. 1321) [11]
- Conrad von Aschwede
- Curdt von Aschwede (1550-1590), Domsenior
- Schwerder von Aspelkamp († 1581)
B
- Johann Sergius von Baeck († 1634)
- Georg Ludwig von Baer (erw. 1728), auch Propst zu Levern
- Hermann von Balve (erw. 1363) [11]
- Arnold von der Beck (erw. 1318) [11]
- Gerhard vom Berge, Domkantor, später Domdechant (ab 1339)
- Gerhard vom Berge (erw. 1350) [11]
- Johann vom Berge († 1392)
- Johann vom Berge (erw. nach 1364) [11]
- Otto vom Berge (erw. 1358) [11]
- Simon vom Berge (erw. 1370) [11]
- Simon vom Berge († 1395), Dompropst
- Volquin vom Berge (erw. 1301), Dompropst
- Wedekind vom Berge (erw. 1339) [11]
- Wittekind von Berge (auch Schalksberge) († 1383), Dompropst, später Bischof
- Andreas von Bergen (auch de Bergis) (erw. 1324) [11]
- Bernhard (erw. 1335) [11]
- Wilhelm Bock zu Pattersen (erw. 1631)
- Bodo (erw. 1339) [11]
- Johann von Braunschweig (erw. 1324) [11]
- Ludwig von Braunschweig (erw. vor 1324) [11]
- Ludwig von Braunschweig (erw. 1335) [11]
- Bruno (erw. 1304) [11]
- Bruno (erw. 1339) [11]
- Wilhelm von Buchen († 1402), Dompropst, später Bischof
- Burchard (erw. 1300) [11]
- Bruno von Büren (erw. 1354) [11]
- Reinbert von Büren (erw. 1321) [11]
- Albert Clamor von dem Bussche († 1710), Domdechant, auch Landrat im Fürstentum Minden, Propst zu Levern
C
D
- Gottschalk von Diepholz († 1119), Dompropst, später Bischof von Osnabrück
- Leonhard von Dorp (auch de Villa) (erw. 1324) [11]
- Friedrich Dume (erw. 1369/1379)
- Werner Dume (erw. 1304/1314/1327) [11]
E
F
- Hermann von Falkenberg (erw. 1304) [11]
G
- Johann von Gesmold (erw. 1337) [11]
- Leonhard von Gnadenstedt (erw. 1327) [11]
- Lippold von Gnadenstedt (erw. 1325) [11]
- Johannes von Greven (erw. 1363) [11]
- Heinrich Griph (erw. 1318) [11]
- Berthold Gruelhot (erw. 1323) [11]
H
- Franz Christoph von Hanxleden, auch Domherr zu Münster [12]
- Hermann Kaspar von Hanxleden († 19. Januar 1760), auch Domküster zu Münster[12]
- Hermann von Hardenberg (erw. 1299) [11]
- Günther von Hedwigessen (erw. 1340) [11]
- Johann von Heimburg (erw. 1305) [11]
- Johann von Helmburg (erw. 1352) [11]
- Volkmar von Heimburg (erw. 1375) [11]
- Heinrich (erw. 1325) [11]
- Heinrich de Hollage (erw. 1352) [11]
- Wedekind von Holte (erw. 1310) [11]
- Heinrich von Homburg (erw. 1302) [11]
- Ludolf von Horne (erw. 1361) [11]
- Dietrich von der Horst (erw. nach 1329) [11]
- Wittekind von Hoya († 1261), Dompropst, später Bischof
J
L
- Otto von Landsburg (1190-1200), Domküster
- Gottschalk von Ledebur († 1600), auch Dompropst zu Osnabrück, Propst zu Levern
- Heinrich Plato von Ledebur, auch Drost zu Ravensberg
- Bernhard von der Lippe (erw. 1311) [11], ab 1321 Bischof von Paderborn
- Heinrich von der Lippe (erw. 1305) [11]
- Johann von Lübeke (erw. 1309) [11]
M
- Hermann von Madelsloh (erw. 1303) [11]
- Eberhard von Mallinckrodt († 1617), Domdechant, auch Propst zu Levern
- Johannes vom Markte (auch de Foro) (erw. 1319) [11]
- Werner von Minden († 1170), Dompropst später Bischof
- Siegward von Minden († 1140), Dompropst, später Bischof
- Hartwich von Münchhausen (erw. 1324) [11]
O
- Otto (erw. 1361) [11]
P
- Burchard Post (erw. 1321) [11]
- Eckerius Post (erw. 1329) [11]
- Johannes Post (erw. 1327) [11]
- Burkhard von Post († 1321)
- Eggerich von Post (†n. 1321)
- Johann von Post (n. 1300)
- Walter von Post (1247–1272)
R
- Heinrich Rabber (erw. 1306) [11]
- Heinrich von Raesfeld (1556–1597)
- Heinrich Rant (erw. 1358) [11]
- Ludwig II. von Ravensberg († 1308), später Propst von St. Johann in Osnabrück und des Stift Schildesche, Bischof von Osnabrück
- Ernst von Reden (luth.) (1626–1631; † 1643), auch Propst zu Levern
- Johann von Rotorp (erw. 1357) [11]
- Johann von Rüdenberg (1266-1318)
- Werner von Rüdenberg (1220-1260), Dompropst
S
- Bernhard von Schaumburg (erw. 1363) [11]
- Gerhard von Schaumburg (erw. 1300) [11]
- Gerhard von Schaumburg (erw. 1304) [11]
- Gerhard von Schaumburg (erw. 1354) [11]
- Simon von Schaumburg (erw. 1350) [11]
- Johann Scheele (erw. 1303) [11]
- Detmar Scheleke (erw. 1350) [11]
- Heinrich von Schloen gen. Tribbe (erw. 1460; † 1464)
- Johann von Schloen (erw. 1533) [11]
- Justaz von Schlon (erw. 1316) [11]
- Justaz von Schlon (erw. 1375) [11]
- Günther von Schwalenberg (erw. 1303) [11]
- Konrad von Solms (erw. 1377) [11]
- Johann von Spiegelberg (erw. 1376) [11]
- Hermann von Stael († 1607)
- Heinrich von Steding († 1625), auch Propst zu Levern
- Dietrich von Stendal (erw. 1355) [11]
T
- Thethard (erw. 1297) [11]
- Thethard (erw. 1304) [11]
- Segeband von Thune (erw. 1351) [11]
- Heinrich Tribbe († 1464), Geschichtsschreiber
- Arnold Heinrich von Treskow († 1728), Archidiakon zu Minden, auch Propst von St. Marien zu Minden, Landrat für die Ämter Reineberg und Rahden, Propst zu Levern
V
- Johann von Vincke († 1596), auch Propst zu Levern
- Johann Dietrich von Vincke, († 1714), auch Großvogt zu Minden
- Johann Heinrich von Vincke († n. 1643), auch Senior zu Minden, Propst zu Levern
- Volquin (seit 1269), Dompropst
W
- Adolf von Waldeck (erw. 1324) [11]
- Eberhard von Waldeck (erw. 1319) [11]
- Gottfried von Waldeck († 1324), Domdechant, später Bischof
- Ludwig von Waldeck (erw. 1337) [11]
- Gervasius von Warberg (erw. 1353) [11]
- Johann Adrian von Wendt († 1694), Domküster, auch Domdechant und Propst zu Osnabrück, Domherr zu Halberstadt, Propst zu Levern
- Albert von Werne (erw. 1357) [11]
- Lubbert Westfal (erw. 1370) [11]
- Otto von Wölpe, (1248-1301 oder 1307), Dompropst
- Liborius von Wülpke (erw. 1346) [11]
Z
- Ludwig von Zersen (erw. 1372) [11]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b Nathalie Kruppa: Verhältnis zwischen Bischof und Domkapitel am Beispiel des Bistums Minden. In: Concilium medii aevi 6/2003 S. 3–5.
- ↑ Nathalie Kruppa: Emanzipation vom Bischof. Zum Verhältnis zwischen Bischof und Stadt am Beispiel Minden. In: Uwe Grieme (u.a.) (Hrsg.): Bischof und Bürger. Herrschaftsbeziehungen in den Kathedralstädten des Hoch- und Spätmittelalters. Göttingen, 2004.
- ↑ Nathalie Kruppa: Verhältnis zwischen Bischof und Domkapitel am Beispiel des Bistums Minden. In: Concilium medii aevi 6/2003 S. 6.
- ↑ Nathalie Kruppa: Verhältnis zwischen Bischof und Domkapitel am Beispiel des Bistums Minden. In: Concilium medii aevi 6/2003 S. 160.
- ↑ Nathalie Kruppa: Verhältnis zwischen Bischof und Domkapitel am Beispiel des Bistums Minden. In: Concilium medii aevi 6/2003 S. 157–158.
- ↑ Nathalie Kruppa: Verhältnis zwischen Bischof und Domkapitel am Beispiel des Bistums Minden. In: Concilium medii aevi 6/2003 S. 158–159.
- ↑ Nathalie Kruppa: Verhältnis zwischen Bischof und Domkapitel am Beispiel des Bistums Minden. In: Concilium medii aevi 6/2003 S. 160.
- ↑ Gertrud Angermann: Volksleben im Nordosten Westfalens zu Beginn der Neuzeit. Münster, 1995 S. 38.
- ↑ Albert Ludorff: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Minden. Bd. 11, Schoeningh, Verlagsbuchhandlung in Paderborn, Münster i.W. 1902 S. 62.
- ↑ Conrad Bornhak: Geschichte des preußischen Verwaltungsrechts. Bd.1. Berlin, 1884 S. 429.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai aj ak al am an ao ap aq ar as at au av aw ax ay az ba bb bc bd be bf bg bh bi bj bk bl bm bn bo bp bq br bs bt bu bv bw bx by bz ca cb cc cd ce cf cg ch Jörg Erdmann: "Quod est in actis, non est in mundo". Päpstliche Benefizialpolitik im sacrum imperium des 14. Jahrhunderts, Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 113, Tübingen 2006, Anhang C.2.18.2
- ↑ a b Wilhelm Kohl: Das Domstift St. Paulus zu Münster, S. 245
Literatur
- Wilhelm Dräger: Das Mindener Domkapitel und seine Domherren im Mittelalter, in: Mindener Jahrbuch 8, 1936, S. 1–119.
- William C. Schrader: The Cathedral Chapter at Minden and its Members, 1650–1803. In: Westfälische Zeitschrift. Bd. 139, 1989, S. 83–122.
- Das gemischte Domkapitel zu Minden im Jahr 1794. In: Carl Eduard Vehse: Geschichte der deutschen Höfe seit der Reformation. Bd.47–48, Hamburg 1859, S. 105ff. (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
- Nathalie Kruppa: Verhältnis zwischen Bischof und Domkapitel am Beispiel des Bistums Minden. In: Concilium medii aevi 6/2003 Onlinefassung
- Jörg Erdmann: "Quod est in actis, non est in mundo". Päpstliche Benefizialpolitik im sacrum imperium des 14. Jahrhunderts, Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 113, Tübingen 2006, Anhang C.2.18.1: Domherrenliste 1295-1378, Anhang C.2.18.2: Päpstliche Rechtstitel 1295-1378