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Aramäer (Volk)

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Die Aramäer sind ein vorderasiatisches Volk, das seit der ausgehenden Bronzezeit in Syrien mehrere Stadtkönigreiche, wie Arad (Damaskus), Arpad (Aleppo) und Hamath (Hama) gründete, die meist unter assyrische Herrschaft gerieten. Durch Umsiedlungen und die generellen Bevölkerungsverschiebungen in neuassyrischer Zeit wurde aramäisch mehr und mehr zur Verkehrssprache im vorderen Orient.

Als Aramäer bezeichnet man auch die Angehörigen der syrisch-orthodoxen Kirche, die bis heute besteht.

Geschichte

Vermutlich handelt es sich bei den Aramäern zunächst um eine Sammelbezeichnung für verschiedene Nomadenstämme, die seit dem 13. Jahrhundert von Westen her nach Mesopotamien und Assyrien einzudringen begannen. Im Verlauf des jahrhundertelangen Konfliktes mit den altorientalischen Reichen und einer teils allmählichen, teils langsamen Seßhaftwerdung dürfte es zu einer Angleichung der Sprache und der Sitten gekommen sein (Ethnogenese). Zur Zeit von Hattusili III. (1275-1250 v. Chr.) erwähnen hethitische Briefe die Ahlamu, räuberische Nomaden, die den sicheren Handelsverkehr am mittleren Euphrat bedrohten, aber auch als Führer und Viehtreiber der Karawanen eingesetzt wurden. Einer ihrer Teilstämme waren die Aramu. Dieser Name wurde bald als Bezeichnung der ganzen Bevölkerungsgruppe verwendet. Vielleicht sind auch die Hirana, die in Briefen aus Dur-Kurigalzu auftauchen, zu diesen Völkergruppen zu rechnen. Diese Hirana hatten sich in Subaru niedergelassen und wohnten auch in Mari und Suhi am mittleren Euphrat.

Sehr bald wuchsen sich die Ahlamu zu einer Bedrohung für Assur aus. Assur-resh-ishi I. (1133-1116 v. Chr.) rühmte sich, sie vernichtend geschlagen zu haben, aber sein Sohn Tiglat-Pilesar I. (1115-1077 v. Chr.) mußte insgesamt 14 Feldzüge gegen führen. Die Nomaden flohen vor seinem Heer über dem Euphrat. Es gelang ihm, sechs ihrer Städte einzunehmen, aber ein dauernder Erfolg blieb aus, die Nomaden zerstreuten sich, statt sich zur Schlacht zu stellen. Diese Feldzüge fanden im Gebiet zwischen Tadmor (Palmyra) und Dschebel Bisri statt. Tiglat-Pilesar I. ließ die Euphratübergänge befestigen, in der Hoffnung, die Nomaden so westlich des Flusses halten zu können, was jedoch nicht gelang. Unter Assur-rabi (1010-979) fielen Mutkinu am Euphrat und Pitru am Sagur an die Nomaden. Diese Festungen wurden erst unter Salmanasser III. (858-824 v. Chr.) wieder erobert.


Nach dem Zerfall des Hethiterreiches um 1200 und in einer Zeit der Schwäche Ägyptens konnten die Aramäer in Nordsyrien zahlreiche Kleinkönigreiche begründen, z. B. Bit Agusi (Aleppo und Arpad), Bit Adini und Ja'udi/Sam'al (Zincirli). Die späthethitischen Kleinstaaten wie Karkemisch, Hamath, Aleppo und Hattina konnten ihnen auf Dauer keinen Widerstand leisten. Hamath fiel Ende des 11. Jh an die Aramäer, auch das Orontes- und Litani-Tal und weite Teile Süd-Syriens wurden besetzt.

Im 11. Jahrhundert bekämpften die israelitischen Könige Saul, David und Salomon die Aramäer im Libanon. Die Bibel nennt die Stämme von Aram (Damaskus), Aram-Zoba (Beka'a, [[Geschur in Hauran, Aram-Ma'ka am Hermon und Aram-Bet-Rehob.

Im 10 Jh. bestanden zahlreiche aramäische Siedlungen im Euphratbogen südlich von Karkemisch. Das Königreich von Bit Adini mit der Hauptstadt Til Barsip (Tell Achmar) erstreckte sich bereits auf beiden Seiten des Flusses. Weitere Fürstentümer dieser Zeit waren Bit-Bahiani mit der Hauptstadt Guzana (Tell Halaf am oberen Habur, Laqê an der Habur-Mündung, Suhi am Euphrat und Gidara (aram. Radammate) am Tigris. Auch am unteren Tigris um die Dijala-Mündung siedelten sich aramäische Stämme an.

Mit Adad-apla-iddin bestieg sogar ein Aramäer den Thron Babylons.

Mit Adad-nirari II. (911-891) war die assyrische Schwächeperiode überwunden (Beginn des Neuassyrischen Reiches), und er begann mit Feldzügen gegen die Aramäer und Hanigalbat (Mitanni). Er unterwarf Suhi, Hit, Nasibina Nisibis, Huzirina und Gidara. Assurnasirpal konnte die aramäische Vorherrschaft am Habur brechen und erreichte das Mittelmeer, unter Salmanasser III., der ebenfalls seine Waffen im 'Oberen Meer' reinigte, wurde die assyrische Herrschaft über die Aramäerstämme am Euphrat (Bit Adini), Habur und in Nordsyrien (Bit Agusi) konsolidiert. Die Aramäer am Euphrat wurden mehr und mehr in das assyrische Reich integriert. Das Königreich von Aram leistete jedoch heftigen Widerstand und konnte verhindern, daß sich die assyrische Herrschaft weiter nach Süden ausbreitete. In der Schlacht von Qarqar 852 v. Chr. besiegte Salmanasser zwar angeblich eine Koalition von zwölf Stämmen unter der Führung von Irhuleni von Hama und IM-idri von Damaskus, konnte diesen Sieg aber nicht ausbauen. Seine Schiffsfahrt auf dem Mittelmeer war wohl eher eine Propaganda-Aktion. Auch 849, 848, 845, 841 und 838 mißlang die Eroberung von Aram. Er konnte lediglich 841 und 383 den Tribut von Israel und Sidon eintreiben. Samsi-Adad V. hatte seine militärischen Aktivitäten vor allem auf Babylon konzentriert, erst sein Sohn [[Adad-nirari III.) bez. seine Mutter Semiramis kümmerte sich wieder um die Verhältnisse in Syrien. 805 konnte er den Tribut von Aram entgegennehmen. Ferner führte er Feldzüge gegen den Nomadenstamm der Itu im Zab-Tal. Auch nach babylonischen Berichten richteten plündernde nomadisierende Aramäer im Süden, im Gebiet von Babylon und Borsippa große Schäden an. Erst Tiglat-Pilesar III. (744-727 v. Chr.) konnte die Nomadenstämme im Süden unterwerfen, er erreichte mit seinem Heer den persischen Golf. In Syrien konnte er Arpad, das unter Assur-nirari V. (754-745 v. Chr.) abgefallen war und ein Bündnis mit Meliddu, Kummuhu und Gurgum eingegangen war, nach zweijähriger Belagerung 740 einnehmen, obwohl Sardur versuchte, ihnen zur Hilfe zu kommen. 739 eroberte er Sam'al, übergab es aber einem einheimischen Herrscher. Aram fiel erst 732 unter Tiglath-Pileser III. (744-727), die Bevölkerung wurde deponiert. Unter Tiglath-Pileser III. fanden auch weitere große Deportationen statt, so wurden 30.000 Leute aus dem Königreich Hama nach Urartu und in den Zagros zwangsumgesiedelt, 150.000 Aramäer aus dem südlichen Babylonien mußten sich im östlichen Hochland niederlassen. Diese Maßnahmen sollten dazu dienen, den Widerstand der unterworfenen Bevölkerung zu brechen und die Bevölkerungsverluste durch die ständigen Kriege auszugleichen. Gleichzeitig führten diese Maßnahmen zu einer zunehmenden Aramäisierung des assyrischen Reiches.

Die unterworfenen aramäischen Stämme wurden zunehmend in das assyrische Reich eingegliedert. So war die Mutter von Assurbanipal (669-627) Naqi'a/Zakûtu eine Aramäerin. Sie genoß am Hof großen Einfluß und war letztlich diejenige, die nach dem Tod von Assurhaddon die Thronbesteigung von Assurbanipal sicherte.


Christianisierung

Aramäer ist heute die Bezeichnung für Angehörige der syrisch-orthodoxen Kirche. Als die ersten Christen, aus Jerusalem verdrängt, in Antiochia am Orontes eine neue Heimat gefunden hatten Apg 11,19 ff. [1] und von dort aus ihre Missionsreisen unternahmen, scheint der Nahe Osten für die Aufnahme der neuen Religion nicht minder bereit gewesen zu sein als der griechische und römische Westen. Ein Vorteil für die neue Lehre mag dabei gewesen sein, dass sie in der selben Sprache von Antiochien bis nach Babylonien und Elam verkündigt werden konnte. Wir kennen die einzelnen Etappen der Ausbreitung gegen Westen, entbehren aber gänzlich gleichzeitiger Nachrichten über den Weg, den das Evangelium in seiner Verbreitung nach Osten eingeschlagen hat. Wir müssen annehmen, dass das Christentum, den großen Landstraßen folgend, frühzeitig Edessa, die Hauptstadt Nordmesopotamiens, erreichte und dass diese Stadt nach [[Antiochia zu einem neuen Zentrum der Mission wurde, dass die Sendboten von dort dem Tigris zustrebten und bis nach Babylonien und Elam, Ktesiphon und Susa vordrangen.

Geschichte in römischer und persischer Zeit

In nachchristlicher Zeit konnten sich ein unabhängiges Fürstentum Edessa behaupten. Unter den Abgar-Fürsten blühte die syrische Kultur und Sprache für kurze Zeit selbstständig auf. Nach dem Frieden zwischen den Persern und Kaiser Jovian im Jahre 363 befand sich nahe Nisibis auf der Straße von Amid nach Nisibis ein Kastell, von dem heute noch mächtige Quadern Zeugnis geben. Es war die Grenze zwischen dem christlichen Römischen Reich und dem zoroastrischen Persischen Reich, welche die syrischen Christen trennte.

Sprache

Die aramäische Sprache wurde schon unter Neo-assyrischer Herrschaft nach und nach zur Verkehrssprache des Vorderen Orients. Neuassyrische Reliefs zeigen nebeneinander Schreiber, die mit einem Griffel auf Tontafeln schreiben, sich also vermutlich der akkadischen Sprache bedienten, und Schreiber mit Schriftrollen, die aramäische Texte verfassen. Aramäische Inschriften des 7. Jh. sind zum Beispiel aus Zincirli und Nerab in Nordsyrien/Südostanatolien bekannt.

Das aramäische trat nach dem Ende des assyrischen und des babylonischen Reiches mehr und mehr in den Vordergrund. Es war die lingua franca des Achämenidenreiches. Es verdrängte andere Sprachen und behauptete sich im Gebrauch der Millionen auch unter babylonischer, persischer, seleukidischer, parthischer, römischer und neupersischer Herrschaft. Aus Teima in Arabien sind aramäische Inschriften bekannt, die um 500 v. Chr. datieren. Auch im Gebiet der Nabatäer wurden zahlreiche aramäische Inschriften gefunden, wie auch auf dem Sinai. Teile der Bibel, wie die Bücher Daniel und Ezra wurden vielleicht auf aramäisch verfaßt, andere zeigen deutlichen aramäischen Einfluß. Im allgemeinen haben die Sprachen dieser fremden Herrscher und ihrer Regierungen das Aramäische nicht mehr beeinflußt, als etwa die englische Sprache die Sprachen Afrikas zu kolonialen Zeiten beeinflusst hat.

Um die Zeit Christi Geburt sprachen alle Bewohner von Palästina im weiten Bogen nach Norden über Syrien und Nordmesopotamien bis nach Babylonien eine und dieselbe Sprache, das Aramäische. Es wurde auch zur gesprochenen Sprache der Israeliten, Hebräisch war bis zur Neugründung des Staates Israel nur auf die Bibel und den Gottesdienst beschränkt. Jesus Christus und seine Zeitgenossen sprachen Aramäisch. Da in der rabbinischen Literatur das Wort 'aramäisch' aber mit heidnisch gleichgesetzt war, bezeichnete man die Sprache lieber als "syrisch". Der mehr als tausendjährigen Vorrangstellung des Aramäischen wurde erst durch das Arabische des Islams ein Ende bereitet, es überlebte als Sprache der aramäischen Christen.

Aramäer heute

Einige der heutigen Aramäer betrachten sich als Nachfahren der Bewohner der alten syro-mesopotamischen Reiche von Ur, Uruk, Edessa, Mari, Ugarit, Palmyra, Hatra und anderer, also als die Urbevölkerung Syriens, Libanons, Iraq, Süd-Ost Türkei und Mesopotamiens. Über die Jahrhunderte hinweg - tradiert durch die Ostchristlich-Syrischen Kirchen - ist die syrische Schrift und Sprache erhalten geblieben. Die Schriftsteller der Arameär haben damals eine zweite Schrift geschrieben. Die Araber haben diese zweite Schrift (jetzt arabische Schrift-gennant) der Arameär als eigene anschließend benutzt, weil Sie keine hatten ! Es leben heute noch ungefähr ca. 2 Millionen Arameär in Syrien, 1 Millionen in Iraq, 50000 in Süd-Ost Türkei, und 45 % der Einwohner in Lybanon sind Arameär.


aramäische Stämme und Königreiche

  • Aram, Damaskus
  • Aram-Bet-Rehob
  • Aram Geschur (II Sam. 15, 8; Joschua 13, 13)
  • Aram-Maacha
  • Aram-Zoba Beka'a
  • Bit Adini, mittlerer Euphrat, Hauptstadt Til Barsip (assyrisch Dur-Salmanassar, heute Tell Achmar)
  • Bit Agusi, Aleppo und Arpad (Tell Rifa'at)
  • Bit Bahiani, Hauptstadt Guzana/Tell Halaf am Girgip, Nebenfluß des Habur
  • Bit Zamani, Gebiet von Diyarbekir
  • Geschur in Hauran
  • Gidara/Radammate, Euphrat
  • Hama, Orontes
  • Harran, Habur
  • Hindanu, Euphrat
  • Huzurina
  • Ituäer, Tal des kleinen Zab
  • Ja'udi/Sam'al, Südost-Türkei (Zincirli)
  • Laqê, mittlerer Euphrat
  • Nasibina, Nisibis
  • Sirqu, mittlerer Euphrat
  • Temaniten
  • Til Abna
  • Utuate, Tigris

Ausgrabungen

  • Hama
  • Tell Halaf
  • Tell Rifa'at

Literatur

  • Fischer Weltgeschichte II, Das Ende des 2. Jahrtausends (Frankfurt, Fischer 1966).
  • H. Tadmor, The Aramaization of Assyria: aspects of Western impact. In: Hans-Jörg Nissen/Johannes Renger, Mesopotamien und seine Nachbarn. Politische und kulturelle Wechselbeziehungen im Alten Orient vom 4. bis 1. Jahrtausend v. Chr. Berliner Beiträge zum Vorderen Orient 1 (Berlin, Reimer 1982) 449-470.