Zum Inhalt springen

Fußballspiel Borussia Mönchengladbach – Borussia Dortmund am 29. April 1978

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. April 2010 um 09:58 Uhr durch Wiegels (Diskussion | Beiträge) (Typografie, Rechtschreibung). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Das Fußballspiel zwischen Borussia Mönchengladbach und Borussia Dortmund vom 29. April 1978 war ein Spiel vom letzten Spieltag der Bundesligasaison 1977/78. Mönchengladbach gewann das Spiel mit 12:0 und stellte damit den bis heute gültigen Rekord für den höchsten Sieg in der Geschichte der Fußball-Bundesliga auf.

Vorgeschichte

Borussia Mönchengladbach ging als Titelverteidiger in die Saison 1977/78. Nach einem verkorksten Saisonstart belegte die Mannschaft vom 22. Spieltag an den zweiten Platz hinter dem 1. FC Köln. Vor dem letzten Spieltag lagen beide Mannschaften punktgleich an der Tabellenspitze, wobei die Kölner ein um zehn Tore besseres Torverhältnis hatten.[1] Borussia Dortmund hingegen kämpfte in der zweiten Saison nach dem Wiederaufstieg 1976 darum, sich wieder in der Bundesliga zu etablieren. Nach einem 2:0-Sieg beim FC Schalke 04 am 31. Spieltag sicherte die Mannschaft den Klassenerhalt.[2]

Vor dem letzten Spieltag war der Stammtorhüter Horst Bertram nach einer Verletzungspause wieder fit.[3] Dennoch entschied sich Trainer Otto Rehhagel dafür, Bertrams Stellvertreter Peter Endrulat einzusetzen. Endrulat sollte noch eine Chance erhalten, sich für eine Verlängerung seines am 30. Juni 1978 auslaufenden Vertrages zu empfehlen. Am Morgen des Spieles wurde Endrulat von Vereinsseite jedoch mitgeteilt, dass sein Vertrag nicht verlängert wird.[4]

Das Spiel

38.000 Zuschauer sahen die vom Schiedsrichter Ferdinand Biwersi geleitete Partie. Da die eigentliche Spielstätte der Gladbacher, das Bökelbergstadion, umgebaut wurde, fand die Partie im Düsseldorfer Rheinstadion statt.

Obwohl sich die Gladbacher Mannschaft keine Chancen mehr auf den Titel ausrechnete, ging die Mannschaft hoch motiviert in die Partie. Bereits in der ersten Spielminute brachte Jupp Heynckes die Gastgeber in Führung. Durch zwei weitere Tore von Heynckes sowie je einem Tor von Nielsen, Del’Haye und Wimmer stand es zur Halbzeit 6:0 für Mönchengladbach. Da der direkte Konkurrent aus Köln gleichzeitig beim bereits als Absteiger feststehenden FC St. Pauli mit 1:0 führte, witterten die Gladbacher ihre Chance.[5]

Dortmunds Trainer Otto Rehhagel hielt nur eine kurze Ansprache in der Halbzeitpause und appellierte an die Ehre der Spieler. Auf Dortmunder Seite gab es keinen Spielerwechsel, da keiner der Reservespieler eingewechselt werden wollte. Rehhagel fragte Torhüter Endrulat, ob er ausgewechselt werden möchte. Endrulat erklärte jedoch, dass er weiterspielen wolle. Diese Entscheidung bezeichnete Endrulat später als falsch.

„Heute weiß ich: Ich hätte rausgehen sollen. Dann hätte Horst Bertram die sechs Dinger bekommen. Davon bin ich überzeugt. Die meisten vergessen, dass ich eigentlich fast alles gehalten habe, was haltbar war.“

Peter Endrulat[3]

In der zweiten Halbzeit machte Mönchengladbach mit dem Toreschießen weiter. Heynckes (59. Minute) und Nielsen (61.) erhöhten auf 8:0. Dortmunds Trainer Rehhagel wollte Siegfried Held einwechseln, doch der lehnte mit den Worten „Trainer, soll ich jetzt etwa noch die Wende bringen?“ ab.[6] Nach 66 Minuten erzielte Del’Haye das 9:0.

„Von der Ersatzbank rief man uns ständig zu, wie viel Tore wir noch machen mussten, um Köln zu packen. Als es 9:0 stand und sie riefen ‚noch drei‘, habe ich geantwortet: „Habt Ihr sie nicht mehr alle?““

Jupp Heynckes[7]

Nach weiteren Treffern von Heynckes (77.), Lienen (87.) und Kulik (90.) endete das Spiel mit 12:0. Für weitere Tore wäre auf der Anzeigetafel kein Platz mehr gewesen. Da es zur damaligen Zeit noch keine Balljungen gab, musste der Schiedsrichter teilweise die über das Dortmunder Tor geschossenen Bälle wieder holen.[5]

Aufstellungen

Borussia Mönchengladbach Borussia Dortmund
Logo von Borussia Mönchengladbach 29. April 1978, 15:30 Uhr
Rheinstadion (Düsseldorf)
Zuschauer: 38.000
Schiedsrichter: Ferdinand Biwersi (Bliesransbach)
Logo von Borussia Dortmund
Wolfgang KleffBerti Vogts, Hans-Jürgen Wittkamp, Wilfried Hannes, Horst WohlersChristian Kulik, Herbert Wimmer, Carsten NielsenKarl Del’Haye, Jupp Heynckes, Allan Simonsen
Trainer: Udo Lattek
Peter EndrulatAmand Theis, Werner Schneider, Lothar Huber, Herbert MeyerBurkhard Segler, Miroslav Votava, Hans-Joachim WagnerManfred Burgsmüller, Wolfgang Frank, Peter Geyer
Trainer: Otto Rehhagel
1:0 Jupp Heynckes (1.)
2:0 Jupp Heynckes (12.)
3:0 Carsten Nielsen (13.)
4:0 Karl Del’Haye (22.)
5:0 Jupp Heynckes (32.)
6:0 Herbert Wimmer (38.)
7:0 Jupp Heynckes (59.)
8:0 Carsten Nielsen (61.)
9:0 Karl Del’Haye (66.)
10:0 Jupp Heynckes (77.)
11:0 Ewald Lienen (87.)
12:0 Christian Kulik (90.)

Auswirkungen

Trotz des Rekordsieges verpasste Mönchengladbach die Meisterschaft. Der 1. FC Köln gewann gleichzeitig mit 5:0 beim FC St. Pauli und hatte bei gleicher Punktzahl ein um drei Tore besseres Torverhältnis. Damit gewannen die Kölner ihre dritte und bis heute letzte Deutsche Meisterschaft.[8]

Am Tag nach dem Spiel wurde Trainer Otto Rehhagel, der in der Folgezeit „Otto Torhagel“ gerufen wurde, entlassen. Interimstrainer wurde Siegfried Held, bevor Carl-Heinz Rühl zur neuen Saison das Traineramt übernahm.

„Nach dieser Katastrophe fuhr ich mit Otto Rehhagel, der auch in Essen wohnte, zurück, und schon da sagte er mir, dass ich morgen einen neuen Trainer hätte. Er ahnte, was passieren würde. Es war selbstverständlich nicht Rehhagels Schuld. Otto Rehhagel war das Bauernopfer, damit der Verein sein Gesicht bewahren konnte.“

Manfred Burgsmüller[4]

Der Verein Borussia Dortmund belegte die beteiligten Spieler mit einer Geldstrafe in Höhe von jeweils 2.000 Mark. Torhüter Peter Endrulat wurde zum Zweitligisten Tennis Borussia Berlin abgeschoben. In den Wochen nach dem Spiel tingelte die Dortmunder Mannschaft für einige Freundschaftsspiele über die Dörfer und musste sich den Spott der Zuschauer gefallen lassen.[6]

Manipulationsverdacht

Behauptungen, dass das Spiel manipuliert worden sei, werden von Dortmunder Seite vehement bestritten. Verteidiger Amand Theis erklärte, dass „am Ende jeder Schuss ein Treffer war und dass sich die Mannschaft irgendwann aufgegeben hat“.[6] Mönchengladbachs Herbert Wimmer, der beim 12:0-Sieg sein letztes Bundesligaspiel absolvierte, erklärte in einem Interview, dass er froh sei, dass seine Mannschaft nicht Meister wurde, da dies „nur Spekulationen wegen Schiebung gegeben“[5] hätte. Von Seiten des DFB wurden nur kurze Ermittlungen vorgenommen. So mussten sich die beteiligten Dortmunder Spieler in der Frankfurter DFB-Zentrale erklären.[6]

Einzelnachweise

  1. fussballdaten.de: Bundesligatabelle nach dem 33. Spieltag
  2. fussballdaten.de: Bundesligatabelle nach dem 31. Spieltag
  3. a b 11freunde.de: »Ich hätte rausgehen sollen«
  4. a b Dietrich Schulze-Marmeling: Der Ruhm, der Traum und das Geld – Die Geschichte von Borussia Dortmund. Verlag die Werkstatt, Göttingen 2005, ISBN 3-89533-480-4, S. 169.
  5. a b c Spiegel Online: Darf's ein Törchen mehr sein?
  6. a b c d derwesten.de: Otto Torhagel und das dicke Dutzend
  7. rp-online.de: Der Rekord, der nicht reichte
  8. fussballdaten.de: Abschlußtabelle der Saison 1977/78