Fußballspiel Borussia Mönchengladbach – Borussia Dortmund am 29. April 1978
Das Fußballspiel zwischen Borussia Mönchengladbach und Borussia Dortmund vom 29. April 1978 war ein Spiel vom letzten Spieltag der Bundesligasaison 1977/78. Mönchengladbach gewann das Spiel mit 12:0 und stellte damit den bis heute gültigen Rekord für den höchsten Sieg in der Geschichte der Fußball-Bundesliga auf.
Vorgeschichte
Borussia Mönchengladbach ging als Titelverteidiger in die Saison 1977/78. Nach einem verkorksten Saisonstart belegte die Mannschaft vom 22. Spieltag an den zweiten Platz hinter dem 1. FC Köln. Vor dem letzten Spieltag lagen beide Mannschaften punktgleich an der Tabellenspitze, wobei die Kölner ein um zehn Tore besseres Torverhältnis hatten.[1] Borussia Dortmund hingegen kämpfte in der zweiten Saison nach dem Wiederaufstieg 1976 darum, sich wieder in der Bundesliga zu etablieren. Nach einem 2:0-Sieg beim FC Schalke 04 am 31. Spieltag sicherte die Mannschaft den Klassenerhalt.[2]
Vor dem letzten Spieltag war der Stammtorhüter Horst Bertram nach einer Verletzungspause wieder fit.[3] Dennoch entschied sich Trainer Otto Rehhagel dafür, Bertrams Stellvertreter Peter Endrulat einzusetzen. Endrulat sollte noch eine Chance erhalten, sich für eine Verlängerung seines am 30. Juni 1978 auslaufenden Vertrages zu empfehlen. Am Morgen des Spieles wurde Endrulat von Vereinsseite jedoch mitgeteilt, dass sein Vertrag nicht verlängert wird.[4]
Das Spiel
38.000 Zuschauer sahen die vom Schiedsrichter Ferdinand Biwersi geleitete Partie. Da die eigentliche Spielstätte der Gladbacher, das Bökelbergstadion, umgebaut wurde, fand die Partie im Düsseldorfer Rheinstadion statt.
Obwohl sich die Gladbacher Mannschaft keine Chancen mehr auf den Titel ausrechnete, ging die Mannschaft hoch motiviert in die Partie. Bereits in der ersten Spielminute brachte Jupp Heynckes die Gastgeber in Führung. Durch zwei weitere Tore von Heynckes sowie je einem Tor von Nielsen, Del’Haye und Wimmer stand es zur Halbzeit 6:0 für Mönchengladbach. Da der direkte Konkurrent aus Köln gleichzeitig beim bereits als Absteiger feststehenden FC St. Pauli mit 1:0 führte, witterten die Gladbacher ihre Chance.[5]
Dortmunds Trainer Otto Rehhagel hielt nur eine kurze Ansprache in der Halbzeitpause und appellierte an die Ehre der Spieler. Auf Dortmunder Seite gab es keinen Spielerwechsel, da keiner der Reservespieler eingewechselt werden wollte. Rehhagel fragte Torhüter Endrulat, ob er ausgewechselt werden möchte. Endrulat erklärte jedoch, dass er weiterspielen wolle. Diese Entscheidung bezeichnete Endrulat später als falsch.
„Heute weiß ich: Ich hätte rausgehen sollen. Dann hätte Horst Bertram die sechs Dinger bekommen. Davon bin ich überzeugt. Die meisten vergessen, dass ich eigentlich fast alles gehalten habe, was haltbar war.“
In der zweiten Halbzeit machte Mönchengladbach mit dem Toreschießen weiter. Heynckes (59. Minute) und Nielsen (61.) erhöhten auf 8:0. Dortmunds Trainer Rehhagel wollte Siegfried Held einwechseln, doch der lehnte mit den Worten „Trainer, soll ich jetzt etwa noch die Wende bringen?“ ab.[6] Nach 66 Minuten erzielte Del’Haye das 9:0.
„Von der Ersatzbank rief man uns ständig zu, wie viel Tore wir noch machen mussten, um Köln zu packen. Als es 9:0 stand und sie riefen ‚noch drei‘, habe ich geantwortet: „Habt Ihr sie nicht mehr alle?““
Nach weiteren Treffern von Heynckes (77.), Lienen (87.) und Kulik (90.) endete das Spiel mit 12:0. Für weitere Tore wäre auf der Anzeigetafel kein Platz mehr gewesen. Da es zur damaligen Zeit noch keine Balljungen gab, musste der Schiedsrichter teilweise die über das Dortmunder Tor geschossenen Bälle wieder holen.[5]
Aufstellungen
Borussia Mönchengladbach | Borussia Dortmund | ||
Logo von Borussia Mönchengladbach | 29. April 1978, 15:30 Uhr Rheinstadion (Düsseldorf) Zuschauer: 38.000 Schiedsrichter: Ferdinand Biwersi (Bliesransbach) |
Logo von Borussia Dortmund | |
Wolfgang Kleff – Berti Vogts, Hans-Jürgen Wittkamp, Wilfried Hannes, Horst Wohlers – Christian Kulik, Herbert Wimmer, Carsten Nielsen – Karl Del’Haye, Jupp Heynckes, Allan Simonsen Trainer: Udo Lattek |
Peter Endrulat – Amand Theis, Werner Schneider, Lothar Huber, Herbert Meyer – Burkhard Segler, Miroslav Votava, Hans-Joachim Wagner – Manfred Burgsmüller, Wolfgang Frank, Peter Geyer Trainer: Otto Rehhagel | ||
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Auswirkungen
Trotz des Rekordsieges verpasste Mönchengladbach die Meisterschaft. Der 1. FC Köln gewann gleichzeitig mit 5:0 beim FC St. Pauli und hatte bei gleicher Punktzahl ein um drei Tore besseres Torverhältnis. Damit gewannen die Kölner ihre dritte und bis heute letzte Deutsche Meisterschaft.[8]
Am Tag nach dem Spiel wurde Trainer Otto Rehhagel, der in der Folgezeit „Otto Torhagel“ gerufen wurde, entlassen. Interimstrainer wurde Siegfried Held, bevor Carl-Heinz Rühl zur neuen Saison das Traineramt übernahm.
„Nach dieser Katastrophe fuhr ich mit Otto Rehhagel, der auch in Essen wohnte, zurück, und schon da sagte er mir, dass ich morgen einen neuen Trainer hätte. Er ahnte, was passieren würde. Es war selbstverständlich nicht Rehhagels Schuld. Otto Rehhagel war das Bauernopfer, damit der Verein sein Gesicht bewahren konnte.“
Der Verein Borussia Dortmund belegte die beteiligten Spieler mit einer Geldstrafe in Höhe von jeweils 2.000 Mark. Torhüter Peter Endrulat wurde zum Zweitligisten Tennis Borussia Berlin abgeschoben. In den Wochen nach dem Spiel tingelte die Dortmunder Mannschaft für einige Freundschaftsspiele über die Dörfer und musste sich den Spott der Zuschauer gefallen lassen.[6]
Manipulationsverdacht
Behauptungen, dass das Spiel manipuliert worden sei, werden von Dortmunder Seite vehement bestritten. Verteidiger Amand Theis erklärte, dass „am Ende jeder Schuss ein Treffer war und dass sich die Mannschaft irgendwann aufgegeben hat“.[6] Mönchengladbachs Herbert Wimmer, der beim 12:0-Sieg sein letztes Bundesligaspiel absolvierte, erklärte in einem Interview, dass er froh sei, dass seine Mannschaft nicht Meister wurde, da dies „nur Spekulationen wegen Schiebung gegeben“[5] hätte. Von Seiten des DFB wurden nur kurze Ermittlungen vorgenommen. So mussten sich die beteiligten Dortmunder Spieler in der Frankfurter DFB-Zentrale erklären.[6]
Einzelnachweise
- ↑ fussballdaten.de: Bundesligatabelle nach dem 33. Spieltag
- ↑ fussballdaten.de: Bundesligatabelle nach dem 31. Spieltag
- ↑ a b 11freunde.de: »Ich hätte rausgehen sollen«
- ↑ a b Dietrich Schulze-Marmeling: Der Ruhm, der Traum und das Geld – Die Geschichte von Borussia Dortmund. Verlag die Werkstatt, Göttingen 2005, ISBN 3-89533-480-4, S. 169.
- ↑ a b c Spiegel Online: Darf's ein Törchen mehr sein?
- ↑ a b c d derwesten.de: Otto Torhagel und das dicke Dutzend
- ↑ rp-online.de: Der Rekord, der nicht reichte
- ↑ fussballdaten.de: Abschlußtabelle der Saison 1977/78