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Private Equity

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Private Equity (engl.: privates Beteiligungskapital) ist der englische Begriff für das von Privatanlegern beschaffte Beteiligungskapital im Unterschied zum Public Equity, das das an der Börse beschaffte Kapital darstellt.

Der Begriff hat aber auch für eine kontroverse Anlageform Eingang in den Sprachgebrauch gefunden. Auf Private Equity haben sich außerbörsliche Finanzunternehmen spezialisiert, die mit Hilfe privater Investoren ganze Unternehmen oder Beteiligungen an ihnen kaufen, um sie zu restrukturieren und mittelfristig mit möglichst hohem Gewinn weiterzuverkaufen.

Geschäftsmodell

Das Geschäftsmodell von Private Equity-Gesellschaften besteht in der Übernahme von Firmen oder Beteiligungen an Firmen, die in der Regel als unterbewertet eingestuft werden. Die als Finanzinvestoren auftretenden Gesellschaften sind nicht an einer strategischen Investition interessiert, sondern verfolgen lediglich das Ziel der Geldanlage mit einer möglichst hohen Rendite. Die Rendite wird in der Regel durch starke Umstrukturierungsmaßnahmen (Produktionsverlagerungen ins Ausland, Entlassungen, Zerschlagungen, Ausgliederungen etc.) in den übernommenen Unternehmen erreicht.

Charakteristisch für Private Equity-Investitionen ist der kurze Anlagehorizont von etwa 3 bis 6 Jahren. Nach dieser Zeit werden die Beteiligungen mit Gewinn wieder verkauft oder an der Börse platziert.

Das für die Investition benötigte Kapital wird von Privatanlegern, Pensionsfonds, Rentenfonds und Versicherungen eingesammelt, die im Gegenzug sogenannte Private Equity-Fonds erhalten. Dem Risiko solcher Anlagen steht eine jährliche Rendite des eingesetzten Kapitals von nicht selten 20 bis 40 Prozent gegenüber. Allerdings gibt es auch eine Reihe von Private Equity-Gesellschaften, die eine deutlich seriösere Renditehöhe in Anlehnung an die Entwicklung des Aktienmarktes anstreben. Die erwirtschaftete Rendite wird als Fondsertrag ausgeschüttet. Zur Risikostreuung werden meist mehrere Beteiligungen in einem Fond gebündelt, der ebenfalls eine begrenzte Laufzeit hat.

Substitution des Eigenkapitals

Einer der ersten Schritte nach der Übernahme eines Unternehmens besteht für gewöhnlich darin, Unternehmen das Eigenkapital zu reduzieren und so einen möglichst großen Teil des für den Kauf eingesetzten Kapitals wieder zurückholen. Dieses Eigenkapital wird durch kreditfinanziertes Fremdkapital ersetzt. Zinsen und Tilgungsraten der Kredite werden dem Unternehmen aufgelastet und müssen von ihm erwirtschaftet werden. Dieses Verfahren wird als "Rekapitalisierung" bezeichnet.

Wenn bereits der Unternehmenskauf überwiegend mit Fremdkapital getätigt wird, spricht man von "Leveraged Buyout".

Beide Verfahrensweisen habe das gleiche Ziel. Sie zielen auf die Ausnutzung des sogenannten Leverage-Effekts, der eine hohe Eigenkapitalrentabilität bei niedrigem Eigenkapital- und hohem Fremdkapitalanteil ermöglicht. Solange die Gesamtkapitalrentabilität höher ist als der Zinssatz für das Fremdkapital, wirkt sich die Erhöhung des Fremdkapitals positiv auf die Eigenkapitalrentabilität des Unternehmens aus, die ausschlaggebend für den auszuschüttenden Gewinn der Private Equity-Gesellschaft ist. Um die hohen Zins- und Tilgungsraten zahlen zu können, benötigt das Unternehmen einen entsprechend hohen Netto Cash-Flow. Wenn dies nicht der Fall ist, besteht die Gefahr, dass das Unternehmen die Schuldenlast nicht mehr tilgen kann. Die hohen Kreditraten können das Unternehmen in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränken. Wenn auf Dauer nur noch geringe Free Cash-Flow verbleiben, kann dass Unternehmen nur noch wenig Investitionen für das zukünftige Bestehen im Wettbewerb tätigen und somit an wirtschaftlicher Stärke verlieren.

Verbreitung

Während Private Equity-Firmen sich im angloamerikanischen Wirtschaftsraum bereits seit mehr als 20 Jahren betätigen, sind diese Finanzinvestoren in den letzten Jahren auch stark zunehmend in Europa tätig.

Das in Deutschland investierte Private-Equity-Kapital betrug 2002 noch 6,9 Milliarden Euro. 2004 waren es bereits 22,5 Milliarden Euro. Der Anstieg ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass der Verkauf von Beteiligungen an Unternehmen seit kurzem gesetzlich steuerfrei ist.

Der weltweite Anteil von Private Equity-Gesellschaften an Unternehmenskäufen betrug im Jahr 2000 noch 3 Prozent. 2004 war er auf 14 Prozent angewachsen und hatte ein Volumen von 294 Milliarden Dollar erreicht. Um Käufe von sehr großen Konzernen vornehmen zu können, bilden die Private Equity-Gesellschaften zunehmend Bietergemeinschaften. Ein wichtige Rolle im Geschäft der Private Equitys spielen die Banken. Bei kreditfinanzierten Unternehmensübernahmen werden bis zu zwei Drittel des Kaufpreises mit Fremdkapital finanziert. Angesichts fehlender Alternativen hochrentabler Geldanlage und der Möglichkeit, das Kreditrisiko durch die Weitergabe an andere Banken (die sogenannte Syndizierung) zu streuen, wird in Zukunft damit gerechnet, dass die Zahl der zu großem Anteil von Banken finanzierten Übernahmen durch Private-Equity-Konsortien noch steigen wird.

Bekannte Private Equity-Gesellschaften sind Advent, APAX Partners, BC Partners, Blackstone, Carlyle Group, CVC, Doughty Hanson, Kohlberg Kravis Roberts & Co., Permira, Saban Capital sowie Investmentbanken wie Goldman Sachs.

Politische und gesellschaftliche Reaktionen

Private Equity-Gesellschaften werden oft kritisiert, da sie entsprechend ihres Unternehmenszwecks ihre Investments in finanzieller Hinsicht maximieren. Weil die betriebswirtschaftliche Vorgehensweise der Finanzinvestoren meist in starkem Maße zu Lasten der betroffenen Belegschaften geht, gelten diese Finanzinvestoren in der politischen Debatte in Deutschland als "marktradikal". Aber auch in den USA werden sie seit der spektakulären Übernahme von RJR Nabisco für mehr als 30 Milliarden Dollar oft als "Ausbeuter" und "Firmenjäger" angesehen.

Manche Wirtschaftswissenschaftler sehen bei Private Equity-Beteiligungen den positiven Aspekt, dass ein Unternehmen in kurzer Zeit umgebaut und für den Wettbewerb fit gemacht werden kann, dies insbesondere dann, wenn das Unternehmen seinen Umbau aus eigener Kraft nicht über die Börse finanzieren kann und die Banken die dafür notwendigen Kredite verweigert haben. In der Vergangenheit hat sich in Deutschland gezeigt, dass Private Equity Gesellschaften nicht nur den Erfolg und den Wert ihrer Portfoliounternehmen steigern können, sondern oftmals auch Arbeitsplätze sichern.