Filbinger-Affäre

Die Filbinger-Affäre oder der Fall Filbinger im Jahr 1978 war eine Kontroverse um das Verhalten Hans Filbingers in der Zeit des Nationalsozialismus und seinen Umgang damit als Ministerpräsident Baden-Württembergs. Sie begann im Februar 1978 mit einer Unterlassungsklage Filbingers gegen den Dramatiker Rolf Hochhuth, der ihn öffentlich als „furchtbaren Juristen“ bezeichnet hatte.
Im weiteren Verlauf wurden allmählich vier Todesurteile entdeckt, die Filbinger als Marinerichter 1943 und 1945 beantragt oder gefällt hatte. Er bestritt die Urteile zunächst und gab dann an, sie vergessen zu haben, hielt aber gleichzeitig an ihrer Rechtmäßigkeit fest. Dadurch wuchs die Kritik in der Öffentlichkeit, so dass er den Rückhalt seiner Partei, der CDU, verlor. Daraufhin trat er am 7. August 1978 als Ministerpräsident zurück.
Seine bis zu seinem Tod im April 2007 fortgesetzten Rehabilitierungsversuche und eine umstrittene Trauerrede Günther Oettingers für ihn hielten die Erinnerung an die Affäre wach. Sie hatte erhebliche Auswirkungen auf die Vergangenheitsbewältigung der Bundesrepublik Deutschland und trieb die Rehabilitierung der Opfer der NS-Militärjustiz voran. Heute gilt Filbingers Verhalten in der NS-Zeit als Beispiel für das Versagen vieler Mitläufer unter damaligen Juristen.[1]
Vorgeschichte
Militärrichter im und nach dem Zweiten Weltkrieg
Filbinger war während seiner Juristenausbildung 1937 NSDAP-Mitglied, nach deren Abschluss 1940 freiwillig Soldat in der deutschen Kriegsmarine geworden. Im März 1943 wurde er in die Marinegerichtsbarkeit berufen. Er wurde nacheinander an fünf verschiedenen NS-Militärgerichten in Norddeutschland und Norwegen eingesetzt und nahm dort nach erhaltenen Gerichtsakten an mindestens 234 Strafverfahren teil. In 169 Fällen war er Richter oder Untersuchungsführer und damit für Urteil und Strafverfügung direkt verantwortlich. In 63 Fällen trat er als Ankläger auf. Nach dem Kriegsende wurde er als britischer Kriegsgefangener in Oslo bis Februar 1946 als Marinerichter zur Lageraufsicht eingesetzt und verhängte dort Strafen gegen Mitgefangene.[2]
Dieses Kapitel seiner Biografie wurde erstmals 1972 zum Medienthema, aber erst 1978 von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen. Ein Großteil der unvollständigen, international verstreuten Akten der Wehrmachtsjustiz war bis dahin unter Verschluss oder unbeachtet geblieben. Akten von mindestens 41 Verfahren, an denen Filbinger beteiligt war, wurden bis zum 13. Juni 1978 im Bundesarchiv, Zweigstelle Kornelimünster, aufgefunden, aber von ihm nicht zur Veröffentlichung freigegeben.[3]
Prozess Filbingers gegen den Spiegel 1972

Die Zeitschrift Der Spiegel berichtete am 10. April 1972 von Kurt Olaf Petzold, der sich als Gefangener in einem britischen Kriegsgefangenenlager Hakenkreuze von seiner Kleidung gerissen und einen Umzugsbefehl mit den Worten verweigert hatte:[4]
„Ihr habt jetzt ausgeschissen. Ihr Nazihunde, Ihr seid schuld an diesem Krieg. Ich werde bei den Engländern schon sagen, was Ihr für Nazihunde seid, dann kommt meine Zeit.“
Marinerichter Filbinger verurteilte ihn dafür am 1. Juni 1945 zu sechs Monaten Gefängnis und begründete dies mit einem „hohen Maß von Gesinnungsverfall“. Petzold habe „zersetzend und aufwiegelnd für die Manneszucht gewirkt“.[5] Der Begriff „Manneszucht“ stammte aus preußischer Militärtradition und bestimmte im Nationalsozialismus Soldatenausbildung und Militärrecht. Mit einer „Gefahr für die Manneszucht“ hatten Wehrmachtsrichter, besonders oft die der Marine, in der letzten Kriegsphase tausende Todesstrafen wegen meist geringfügiger Dienst- oder Disziplinvergehen begründet.[6]
Im Interview mit dem Spiegel erklärte Petzold 1972, Filbinger habe vor seinem Prozess „unseren geliebten Führer“ gerühmt, der „das Vaterland wieder hochgebracht hat“. Dieser klagte auf Unterlassung dieser Aussagen. Er erinnere sich nicht mehr an den Fall, habe sich aber als „religiöse Persönlichkeit“ „vielfach aktiv gegen dieses Regime betätigt“. Er sei 1933 wegen antinazistischer Gesinnung von der Studienstiftung des deutschen Volkes ausgeschlossen worden und später Mitglied eines bekannten regimefeindlichen Freiburger Kreises gewesen. Zudem habe er als unbeteiligter Marinerichter für den wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tod verurteilten Priester Karl-Heinz Möbius im Frühjahr 1945 ein Wiederaufnahmeverfahren erreicht, in dem Möbius freigesprochen worden sei. Für den Oberleutnant Guido Forstmaier habe er durch Verzögern der Verhandlung ein drohendes Todesurteil abgewendet.[7]
Akten zu diesen Fällen legte Filbinger nicht vor; sie wurden auch im späteren Verlauf nicht aufgefunden.[8] Doch beide Genannten bezeugten 1978 schriftlich, dass Filbinger ihr Leben gerettet habe.[9] Adolf Harms, Kollege Filbingers als Marinerichter und seit 1944 am gleichen Militärgericht tätig, bezeugte, dieser habe zum NS-Regime „eine ausgesprochen negative Einstellung“ gehabt.[10] Das Gericht gab Filbingers Klage am 3. August 1972 statt, weil es die von Petzold zitierten Aussagen für unwahrscheinlich hielt und eine Verwechslung vermutete.[11]
Filbingers Gedenkrede am 19. Juli 1974
Zum Gedenken an das Attentat vom 20. Juli 1944 hielt Filbinger, damals Bundesratspräsident, als zweiter Redner nach Richard von Weizsäcker im Berliner Reichstagsgebäude am 19. Juli 1974 einen Vortrag über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus.[12] Er beschrieb zunächst Hintergründe des Attentats und die Gewissensnot der Teilnehmer wegen ihres zuvor geleisteten Führereids. Dann erklärte er, er habe in der NS-Zeit zum Freiburger Freundeskreis um den katholischen Schriftsteller Reinhold Schneider gehört, der Kontakte zu Widerstandsgruppen gehabt habe, und habe „aus der Gesinnung, die diesen Kreis beseelte, gehandelt, unter Inkaufnahme der damit gegebenen Risiken“. Dennoch empfinde er sein damaliges Handeln angesichts des Notwendigen als „schwerwiegende Unterlassung“. Dies sehe er in der Stuttgarter Schulderklärung vom Oktober 1945 treffend ausgedrückt, deren Kernsatz er zitierte. Anschließend sprach er von einem Kirchenkampf der katholischen Bischöfe und der Bekennenden Kirche, der sich bald nach Adolf Hitlers Machtübernahme zu einer „Totalfront des Widerstandes“ entwickelt und „dem nationalsozialistischen System selbst“, seinem Totalitätsanspruch, Führerkult, Rassismus, seiner Menschenverachtung und „Verspottung elementarer Rechtsbegriffe“ gegolten habe.
Schon im Vorfeld hatten manche Angehörige von hingerichteten Widerständlern gegen Filbingers Rederecht protestiert. Bei der Rede ertönten Zwischenrufe wie „Nazi“, „Heuchler“, „NS-Richter“. Der Sohn Julius Lebers wurde daran gehindert, eine Erklärung zu verlesen, und aus dem Saal gewiesen; andere verließen diesen dann mit ihm. Filbinger kritisierte die Störungen als „schlechten Stil“ und Verstoß gegen die „Würde des Hohen Hauses“.
Die Wochenzeitung Die Zeit kommentierte die Vorfälle mit Bezug auf den 1972 bekanntgewordenen Fall Petzold:
„…wer nach Kriegsende einen Soldaten im Gefangenenlager wegen 'Auflehnung gegen Zucht und Ordnung' und wegen 'Gesinnungsverfalls' zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, der hat mit denen, die sich gegen die Ordnung jener Zeit aufgelehnt haben, wenig gemein.“
Dass Filbinger einen angeblich prinzipiellen Antinazismus der Kirchen als Widerstandshaltung für sich reklamiert hatte, blieb unkommentiert.[13] Zeithistoriker vergleichen Filbingers Vortrag mit Gustav Heinemanns Gedenkrede zum 20. Juli 1944 von 1969. Dieser hatte darin auch den kommunistischen Widerstand anerkannt, auf die undemokratische, deutschnationale Tradition der Attentäter des 20. Juli hingewiesen, die deutsche Teilung auch als Folge ihres Zu-Spät-Kommens und Scheiterns beschrieben und zuletzt eigene Versäumnisse in der NS-Zeit biografisch konkret benannt.[14]
Verlauf

Prozess Filbingers gegen Rolf Hochhuth und die Zeit 1978
In einem Vorabdruck seines Romans Eine Liebe in Deutschland vom 17. Februar 1978 bezeichnete Rolf Hochhuth Filbinger als „Hitlers Marinerichter, der sogar noch in britischer Gefangenschaft nach Hitlers Tod einen deutschen Matrosen mit Nazi-Gesetzen verfolgt hat“. Er sei „ein so furchtbarer Jurist gewesen, daß man vermuten muß – denn die Marinerichter waren schlauer als die von Heer und Luftwaffe, sie vernichteten bei Kriegsende die Akten – er ist auf freiem Fuß nur dank des Schweigens derer, die ihn kannten.“[15]
Auf Filbingers erneute Unterlassungsklage hin untersagte das Landgericht Stuttgart am 23. Mai 1978 durch eine einstweilige Verfügung die Behauptung, er sei nur wegen Strafvereitelung einer Haftstrafe entgangen. Hochhuth hatte diesen Teil seiner Aussagen zuvor zurückgenommen: Sie seien absurd gewesen, da kein Richter der NS-Zeit in der Bundesrepublik je für Unrechtsurteile bestraft worden sei. Die übrigen Aussagen erlaubte das Gericht als freie und zum Teil faktengestützte Meinungsäußerung. Damit schien die Affäre zunächst abgeschlossen zu sein.[16]
Filbinger hatte jedoch auch die Zeit verklagt, um sie zu verpflichten, Hochhuths gesamte Äußerungen zu ihm nicht mehr abzudrucken. Im Zuge dieses Prozesses gewährte das Bundesarchiv Kornelimünster Hochhuths und Filbingers Anwälten Einsicht in die Akten der Marinegerichte, an denen Filbinger tätig gewesen war. Dabei fand Hochhuth am 15. März 1978 den Fall Walter Gröger, den der Chefredakteur der Zeit Theo Sommer Filbinger am 4. Mai vorlegte. Sommers Anwalt Heinrich Senfft präsentierte ihn in seinem Plädoyer am 9. Mai, nahm auf das Urteil von 1972 Bezug und fragte, wer Filbinger angesichts seiner angeblichen antinazistischen Gesinnung und seines Einsatzes für zum Tod Verurteilte gezwungen habe, diesmal das Todesurteil zu beantragen und seine Vollstreckung anzuordnen.
Erich Schwinge erwiderte mit einem Rechtsgutachten, der Fall Gröger könne Filbinger weder rechtlich noch moralisch angelastet werden.[17] Schwinge war führender Militärstrafrechtler der NS-Zeit gewesen, hatte mit seinem Gesetzeskommentar zum 1940 verschärften Militärstrafgesetzbuch unter anderem die Todesstrafe für „Wehrkraftzersetzung“ zur Generalprävention gefordert und als Wehrmachtsrichter selbst Todesurteile verhängt.[18] Seit 1949 verteidigte er ehemalige Wehrmachts- und SS-Angehörige in etwa 150 Prozessen und beeinflusste die bundesdeutsche Rechtsprechung noch bis 1991 mit seiner These, die NS-Militärjustiz habe gegen den Nationalsozialismus rechtsstaatliche Prinzipien vertreten.[19]
Am 13. Juli 1978 bestätigte das Gericht die vorherige Verfügung und ließ die Aussagen „furchtbarer Jurist“, „Hitlers Marinerichter“ und „Filbinger verfolgte einen deutschen Matrosen noch in britischer Gefangenschaft mit Nazigesetzen“ als freie Meinungsäußerungen zu. Sein Urteil gegen Petzold und Urteilsantrag gegen Gröger passe nicht „zu einem Richter, der seine Gegnerschaft zum NS-Regime hervorhebt“. Zwar habe er in beiden Verfahren „im Rahmen des damals geltenden Rechts“ gehandelt, müsse sich aber heutige Anfragen an sein Verhalten gefallen lassen.[20]
Der Fall Walter Gröger

Am 12. Mai 1978 veröffentlichte die Zeit Details zum Verfahren des zweiundzwanzigjährigen Matrosen Walter Gröger. Dieser hatte sich 1943 vier Wochen lang in Oslo bei einer norwegischen Freundin, Marie Lindgren, versteckt und erwogen, mit ihr in das neutrale Schweden zu fliehen. Sie erzählte einem befreundeten Polizeibeamten davon, der Gröger am 6. Dezember 1943 festnehmen ließ. Er wurde wegen vollendeter „Fahnenflucht im Felde“ am 14. März 1944 zu acht Jahren Zuchthaus und Verlust der Wehrwürdigkeit verurteilt. Sein Fluchtplan wurde nicht als versuchte Fahnenflucht ins Ausland gewertet, weil er seine Uniform wiedergeholt und damit Rückkehrabsicht zur Truppe signalisiert habe.
Der Gerichtsherr, Generaladmiral Otto Schniewind, hob das Urteil am 1. Juni 1944 auf, „weil auf Todesstrafe hätte erkannt werden sollen“. Er begründete dies mit Grögers Vorstrafen, einer „Führerrichtlinie“ zu Fahnenflucht vom 14. April 1940 und einem Erlass des Oberbefehlshabers der Marine (ObdM), Karl Dönitz, vom 27. April 1943.[21] Die Führerrichtlinie verlangte die Todesstrafe für Fluchtversuche ins Ausland und erheblich vorbestrafte Täter, nannte aber auch mildernde Umstände, bei denen eine Zuchthausstrafe ausreiche: „jugendliche Unüberlegtheit, falsche dienstliche Behandlung, schwierige häusliche Verhältnisse oder andere nicht unehrenhafte Beweggründe“. Der Dönitz-Erlass dagegen verlangte bei jeder Fahnenflucht, die ein „Versagen treuloser Schwächlinge“ sei, die Todesstrafe.[22]
Filbinger wurde nach der Voruntersuchung am 15. Januar 1945 anstelle des bisherigen Anklägers mit dem Fall beauftragt. In der Hauptverhandlung am Folgetag wertete das Gericht negativ, dass Gröger ein Eisernes Kreuz und eine Ostmedaille als sein Eigentum ausgegeben hatte. Nun wurde sein Fluchtplan als Fluchtversuch ins Ausland ausgelegt. Dem Gerichtsherren folgend, beantragte Filbinger auf der Basis der „Führerrichtlinie“ wegen charakterlicher Schwächen und Vorstrafen im soldatischen Führungszeugnis die Todesstrafe für Gröger. Verteidiger Werner Schön bat für ihn um Gnade: Das Gericht habe eingeräumt, dass nach geltendem Militärgesetz kein Fluchtversuch ins Ausland vorgelegen habe. Er warf Ankläger und Richter damit indirekt Rechtsbeugung vor.[23]
Marineoberstabsrichter Adolf Harms verurteilte Gröger am 22. Januar 1945 zum Tod als „einzig angemessene Sühne“. Als die Urteilsbestätigung aus Berlin zunächst ausblieb, stellte Filbinger mehrere schriftliche und fernmündliche Nachfragen und trieb damit Grögers Hinrichtung ungewöhnlich zielstrebig voran.[24] Am 27. Februar 1945 bestätigte das Oberkommando der Marine (OKM) in Berlin das Todesurteil und lehnte das Gnadengesuch ab. Am 15. März traf der Schriftsatz dazu in Oslofjord ein. Am selben Tag ordnete Filbinger die Vollstreckung an und verkürzte damit die übliche Dreitagesfrist bis zur Hinrichtung. Er setzte sich selbst zum leitenden Offizier dafür ein, wie es für Anklagevertreter üblich war. Am 16. März um 14:05 Uhr verkündete er dem Verurteilten die Anordnung des Gerichtsherrn und ließ Gröger den Empfang unterzeichnen. Um 16:02 Uhr ließ er ihn erschießen. Dabei war er anwesend und gab wohl als leitender Offizier den Feuerbefehl.[25]
Entgegen seiner Dienstpflicht hatte Filbinger Grögers Anwalt den Hinrichtungstermin nicht mitgeteilt. Dieser hätte seinem Mandanten beistehen dürfen und äußerte noch Jahrzehnte später sein Befremden über Filbingers Versäumnis.[26] Grögers Angehörige erhielten keine Nachricht von seiner Hinrichtung. Seine Mutter Anna Gröger erfuhr 1954 davon, die genauen Umstände jedoch erst 1978 durch Hochhuth, ebenso Marie Lindgren.[27] Nach zwei Ablehnungsbescheiden bewilligte der niedersächsische CDU-Sozialminister Hermann Schnipkoweit Anna Gröger am 24. September 1979 eine Versorgungsrente als NS-Opferangehörige, indem er das Todesurteil für ihren Sohn nun als „den Umständen nach ein offensichtliches Unrecht“ einstufte.[28]
Filbingers Stellungnahmen
In Kenntnis der bevorstehenden Veröffentlichungen erklärte Filbinger am 4. Mai 1978, Fahnenflucht sei 1945 weltweit mit Todesstrafe bedroht gewesen. An allen Fronten hätten die Befehlshaber dieses Delikt gegen Kriegsende „mit besonderem Nachdruck verfolgt“. Deshalb habe der Flottenchef als Gerichtsherr für Gröger die Todesstrafe verlangt und abweichende Urteile damit von vornherein nicht akzeptiert. Der Anklagevertreter habe daher nur die Höchststrafe beantragen können. Zudem habe er, Filbinger, auf Grögers Verfahren in der Rolle des Sitzungsvertreters keinen Einfluss nehmen können.
Er habe nicht Marinerichter werden wollen, sondern diese Tätigkeit „mit allen Mitteln“ in seiner Soldatenzeit zu vermeiden versucht und sich dazu als U-Boot-Soldat angeboten, wissend, „dass dieser Dienst als Himmelfahrtskommando galt“. In der ganzen NS-Zeit habe er seine „antinazistische Gesinnung“ nicht nur innerlich, sondern auch „sichtbar gelebt“ und darum beruflich „erhebliche Nachteile“ seit seiner Studentenzeit erfahren.[29]
Filbinger folgte damit der in der bundesdeutschen Justiz bis dahin üblichen formalen Gleichsetzung des Wehrmachtsstrafrechts mit dem Militärrecht der angegriffenen Staaten. Indem er die letzte Phase des verlorenen Angriffskriegs als „Vaterlandsverteidigung“ deutete, legitimierte er auch die exzessive Anwendung des NS-Kriegsrechts, das 1945 zur Fortsetzung von Unrechtskrieg, Kriegsverbrechen und Völkermord beigetragen hatte. Er behauptete fehlenden Handlungsspielraum der beteiligten Juristen, so auch für sich, und erklärte sich zugleich zu einem konsequenten NS-Gegner, Widerständler und NS-Verfolgten, der für seine antinazistische Überzeugung sein Leben riskiert habe. Belege dafür legte er nicht vor. Die Zeit veröffentlichte Auszüge seiner Stellungnahme mit dem Bericht über Gröger am 12. Mai 1978.[30]
Der Spiegel berichtete schon am 8. Mai 1978 über Gröger, bemerkte, dass Filbinger sich erst auf Vorhalt an ihn erinnerte, und fragte nach seiner Beteiligung an weiteren Todesurteilen.[31] Am 10. Mai 1978 und öfter behauptete Filbinger:[32]
„Es gibt kein einziges Todesurteil, das ich in der Eigenschaft als Richter gesprochen hätte.“
Auch habe er außer bei Gröger „bei keinem anderen Verfahren, das zum Todesurteil geführt hat, mitgewirkt“.[33] Beide Aussagen erwiesen sich im Juli als falsch. Am 15. Mai 1978 zitierte der Spiegel ihn wie folgt:[34]
„Was damals Rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein!“
Nachdem Gerd Bucerius den Satz in der Zeit vom 9. Juni 1978 aufgriff und auf „Hitlers Gesetze“ bezog[35], stellte Filbinger in der Folgeausgabe vom 16. Juni 1978 klar: Er habe den Satz so nicht gesagt, sondern die Spiegel-Journalisten hätten seine Reaktion auf ihren Vorwurf, er habe im Fall Gröger Recht gebeugt, so ausgelegt.[36] Am 1. September 1978 erklärte er im Rheinischen Merkur:[37]
„Meine Äußerung bezog sich nicht auf die verabscheuungswürdigen NS-Gesetze, sondern auf die seit 1872 im Militärstrafgesetzbuch angedrohte Todesstrafe für Fahnenflucht im Felde.“
Diese Darstellung bekräftigte er oft, auch 1987 in seinen Memoiren. Dem widersprach jedoch der Ermessensspielraum, den die Führerrichtlinie von 1940 zuließ, auf die er sich als Ankläger Grögers berufen hatte. Daher gilt das Zitat als Ausdruck seiner Auffassung, eine formal korrekte Rechtsprechung in einem Unrechtsstaat bleibe normativ und praktisch auch in einem Rechtsstaat gültig:[38]
„Alles, was Herr Filbinger zu den Vorwürfen zu sagen hat, ergibt, gedreht und gewendet, keinen anderen Sinn als den, dass damals 'Recht' gesprochen worden sei.“
Diese in den Nachkriegsjahrzehnten übliche These einer Rechtskontinuität wirkte nun als Skandal. Erhard Eppler, damaliger SPD-Fraktionsvorsitzender und Oppositionsführer im baden-württembergischen Landtag, bescheinigte Filbinger darum ein „pathologisch gutes Gewissen“.[39]
Am 8. Juli 1978 gestand Filbinger bei einer Pressekonferenz auf Nachfrage zu, er habe seine Betroffenheit über seine Beteiligung am Fall Gröger nicht rechtzeitig und deutlich genug zum Ausdruck gebracht.[40]
Bekanntwerden von Todesurteilen
Das ARD-Magazin Panorama berichtete am 3. Juli 1978 über zwei Todesurteile, die Filbinger als Vorsitzender Richter gegen Deserteure verhängt hatte. Am 9. April 1945 hatte er den Obergefreiten Bigalke wegen Mordes in Tateinheit mit Meuterei und Fahnenflucht zum Tod verurteilt. Bigalke hatte am 15. März 1945 den Kommandanten des Hafenschutzboots NO 31 erschossen und war dann mit der übrigen Besatzung in das neutrale Schweden geflohen. Am 17. April 1945 verurteilte Filbinger den Obersteuermann Alois Steffen wegen Fahnenflucht und Wehrkraftzersetzung zum Tod. Dieser war Bigalke mit dem Hafenschutzboot NO 21 und 15 Mann Besatzung nach Schweden gefolgt. Beide Urteile konnten wegen der Flucht der Verurteilten nicht vollstreckt werden.[41]
Dies erwies Filbingers vorherige Falschaussagen. Er bezeichnete die Todesurteile nun als „Phantomurteile“, die weder vollstreckt werden konnten noch sollten und die er daher vergessen habe.[42] Gegenüber dem damaligen Bundesarchivar Heinz Boberach erklärte er, falls noch ein viertes Todesurteil von ihm auftauche, werde er zurücktreten.
Am 27. Juli 1978 fand eine Mitarbeiterin des Bundesarchivs bei der versehentlichen Durchsicht von älteren Gerichtsakten der Marinestation Ostsee, Zweigstelle Westerland, ein weiteres Todesurteil. Als Anklagevertreter hatte Filbinger 1943 gegen einen jungen Matrosen, der bei Aufräumarbeiten nach Luftangriffen auf Hannover einige Gegenstände von geringem Wert aus einer Drogerie an sich genommen hatte, die Todesstrafe wegen Plünderei beantragt; dem war der Richter gefolgt. Den vorgesetzten Militärjuristen erschien das Urteil übertrieben, so dass sie es in eine Lagerhaftstrafe umwandelten. Deren Verbüßung überlebte der Matrose nicht. Am 1. August 1978 sandte Bundesinnenminister Gerhart Baum, der sich laufend über die Archivsuche unterrichten ließ, Filbinger eine Liste aller bisher ermittelten Todesurteile, aus der vierte Fund ohne Details dazu hervorging.[43]
Am 3. August 1978 gab das Staatsministerium Baden-Württembergs das vierte Todesurteil bekannt, stellte den Verlauf aber wie folgt dar: Der Matrose Herbert Günther Krämer sei am 17. August 1943 wegen fortgesetzten Plünderns zuerst zu acht Jahren Zuchthaus, dann zum Tod verurteilt worden. Filbinger habe das Todesurteil beantragt, dem Gerichtsherrn zugleich aber Verhörergebnisse vorgelegt, die eine Begnadigung rechtlich möglich erscheinen ließen. Nach seiner Aussage erreichte er als Ankläger in einem weiteren Verfahren, dass dieses Urteil zu einer Freiheitsstrafe umgewandelt wurde.
Diese Angaben wirkten nun umso unglaubwürdiger, nachdem er monatelang erklärt hatte, er habe kein weiteres Todesurteil beantragt und keines gefällt und dann angab, er habe die Urteile wegen Belanglosigkeit vergessen. Er galt in den Medien nun als „Mann, der ein Todesurteil vergisst“.[44]
Rücktritt
Heinrich Senfft hatte Filbinger im Hochhuthprozess am 9. Mai 1978 vor die Wahl gestellt, weitere Urteile selbst bekannt zu geben oder „abzutreten“. Theo Sommer hatte am 12. Mai 1978 gefragt:[45]
„Müsste Filbinger nicht zurücktreten – oder aber zu Mutter Gröger nach Langenhagen fahren und für die eigene Person jenen läuternden Kniefall vor der Vergangenheit tun, den Willy Brandt in Warschau für das ganze deutsche Volk vollzogen hat?“
Nach Hochuths Teilerfolg vor Gericht forderte die oppositionelle Landes-SPD ab 27. Mai 1978 Filbingers Rücktritt als Ministerpräsident. Die Landes-CDU wies dies geschlossen zurück. Helmut Kohl und Heiner Geißler gaben mehrmals Ehrenerklärungen für ihn ab; die Bundes-CDU stellte sich bis Anfang Juli nach außen einmütig hinter ihn. Kritisiert wurde intern nicht sein Verhalten als Marinerichter, sondern die Form seiner öffentlichen Verteidigung: Sie sei zu sehr auf die juristische Ebene fixiert und berücksichtige die moralische Ebene nicht. Dass er die Vorgänge am Kriegsende nicht ausdrücklich bedauert habe, empfanden manche CDU-Mitglieder als engstirnig und ungeschickt.[46]
Seit dem Bekanntwerden der „Phantomurteile“ wandte sich die öffentliche Meinung zunehmend gegen Filbinger.[47] Parteifreunde kritisierten seinen Umgang damit nun auch öffentlich.[48] Norbert Blüm schrieb in einem Artikel vom 10. Juli über persönliche Schuld trotz formalen Rechthabens und folgerte, Kommunisten hätten dasselbe Recht zur „Umkehr“ wie NSDAP-Mitglieder. Der „Radikalenerlass“, dessen verschärfte Anwendung in Baden-Württemberg Filbinger verfügt und dies über den Bundesrat als Bundesgesetz durchzusetzen versucht hatte, sei infolge der Affäre zu überdenken. Er solle „Fehler“ zugeben, denn „die Selbstgerechten“ könne man nicht verteidigen.[49]
Am 11. Juli gab das Bundesarchiv bekannt, es habe Filbinger schon am 24. Mai von weiteren Aktenfunden zu seinen Urteilen 1945, darunter den „Phantomurteilen“, informiert. Daraufhin gingen die führenden Gremien von CDU und CSU zu ihm auf Distanz. Die Welt schrieb am 12. Juli, trotz der „Nibelungen-Gymnastik der CDU“ seien Filbingers politische Tage „selbstverständlich gezählt“; Matthias Walden kommentierte in der ARD am Folgetag, Filbingers Festhalten an seinem Amt schade dem „Geist der Demokratie“.[50] Einige Medien (FAZ, 14. Juli, Der Spiegel, 17. Juli) machten den erwarteten Rücktritt zum Thema.[51] Franz Josef Strauß sagte am 29. Juli 1978 vor Parteifreunden, Filbinger sei sein Verhalten am Kriegsende nicht vorzuwerfen, aber „mit Ratten und Schmeißfliegen führt man keine Prozesse.“[52]
Lothar Späth berief zum 27. Juli eine Sondersitzung der Landes-CDU ein, deren Teilnehmer Filbinger nochmals ihre „kritische Solidarität“ versicherten. Nach dem Bekanntwerden eines weiteren Todesurteils am 3. August versuchten die Landesgremien jedoch, Filbinger zum Rücktritt zu bewegen, und begannen die Suche nach einem Nachfolger.[53]
Am 7. August 1978 trat Filbinger von seinem Amt als Ministerpräsident zurück. Er erklärte dazu:[54]
„Dies ist die Folge einer Rufmordkampagne, die in dieser Form bisher in der Bundesrepublik nicht vorhanden war. Es ist mir schweres Unrecht angetan worden. Das wird sich erweisen, soweit es nicht bereits offenbar geworden ist.“
Schon vorher hatte Filbinger von einem „linken Abschusskartell“ gesprochen; er sah sich zeitlebens als Opfer eines „Feldzugs linksliberaler Medien“.[55] Seine Anhänger in der Landes-CDU, sein Vorgänger Gebhard Müller, sein Nachfolger Erwin Teufel und rechtskonservative sowie neurechte Autoren teilten diese Sicht.[56]
Filbingers Kritikern zufolge hatte er seinen Rücktritt selbst verursacht. Dass er keine Reue gegenüber den Opferangehörigen zeigte, kritisierte Theo Sommer als starr und uneinsichtig: „Er wehrt jede Schulderfahrung ab…“[45] Filbingers Haltung zu den damals diskutierten Antiterrorgesetzen stimme mit seinen Anträgen und Urteilen als Marinerichter überein:[45]
„Er bleibt dem Obrigkeitsstaat hörig … Er ist ein Mann von law and order geblieben…“
Der Kommunikationswissenschaftler Hans Mathias Kepplinger führt Filbingers Rücktritt auf damalige Forderungen konservativer Medien[57], der Zeitgeschichtler Knud Andresen auf eine damalige Liberalisierung der CDU zurück, durch die etwa Filbingers Einsatz für den Radikalenerlass nun hinderlich gewirkt habe.[58] Der Politikwissenschaftler Klaus Kamps beschreibt den Rücktritt als Folge missglückten „Skandalmanagements“ Filbingers: Er habe mit einer „Salamitaktik“ reagiert und damit umso stärkere Recherchen zu seiner Vergangenheit herausgefordert. Doch nicht seine Tätigkeit als Marinerichter, sondern deren aufgedeckte Verschleierungsversuche seien ihm zum Fallstrick geworden. Schlüssel zur Schadensbegrenzung sei, nicht zu lügen; erst das Ertapptwerden beim Lügen über Vorwürfe mache den Schaden für den Skandalisierten unbeherrschbar.[59]
Ende März 1979 gab Filbinger auch sein Amt als einer von sieben stellvertretenden Bundesvorsitzenden ab. Die baden-württembergische CDU ernannte ihn 1979 zum Ehrenvorsitzenden. Im CDU-Bundesvorstand blieb er bis 1981.
Nachgeschichte
Rehabilitierungsversuche
Filbinger versuchte in den folgenden Jahrzehnten, seine öffentliche Rehabilitierung zu erreichen. Dazu veröffentlichte er mehrere Schriften, darunter 1987 seine Memoiren. Mit deren Titel Die geschmähte Generation machte er sich zum Sprecher der Generation der NS-Zeit.
Er entfaltete seine frühere Darstellung, dass er seit 1938 Mitglied eines widerständigen Freiburger Freundeskreises um Reinhold Schneider gewesen sei. Dazu berief er sich auch auf den katholisch-konservativen Publizisten Karl Färber: Dieser hatte im Entnazifizierungsverfahren 1946 für ihn ausgesagt, Filbinger habe seit 1938 zu seinem Freundeskreis gläubiger Christen gehört, bei der Gegnerschaft zum Hitlerregime „selbstverständliche Voraussetzung“ gewesen sei.[60] Filbinger behauptete zudem, die Verschwörer des 20. Juli 1944 hätten ihn „für eine Verwendung nach geglücktem Attentat auf Adolf Hitler vorgesehen“. Der Sohn Paul von Hases, Alexander von Hase, habe ihm dies brieflich am 7. Juni 1978 bestätigt.[61]
Reinhold Schneider war in der NS-Zeit als Gegner des Nationalsozialismus bekannt[62], aber Karl Färber und sein Freundeskreis tauchen in aktueller Forschung zum Widerstand nicht auf[63] und gehörten nicht zu den christlich-marktliberalen, im Dezember 1938 gegründeten Freiburger Kreisen.[64] Auch Filbingers Bezüge zum nach erfolgreichem Hitlerattentat geplanten Putsch von 1944 sind historisch unbelegt.
Neben einer aktiven Widerstandshaltung beanspruchte Filbinger eine „aristokratische Form der Emigration“ bei der nationalsozialistischen Militärjustiz für sich.[65] Zudem erklärte er, die Kriegsgerichtsbarkeit sei zur Wahrung der Disziplin unter den Soldaten im Frühjahr 1945 überlebensnotwendig gewesen, da die Marine sonst nicht so viele ostdeutsche Flüchtlinge über die Ostsee nach Schleswig-Holstein habe retten können. In einem Leserbrief in der Badischen Zeitung vom 4. April 1995 schrieb sein Anwalt Gerhard Hammerstein in seinem Auftrag wahrheitswidrig, Walter Gröger (für ihn „der Matrose G.“) sei im Frühjahr 1945 im Verlauf einer Rettungsaktion der Kriegsmarine für 2,5 Millionen Flüchtlinge fahnenflüchtig geworden. Fahnenflucht habe „diese größte humane Rettungsaktion über See der Geschichte“ gefährdet.[66]
1992 gaben zwei ehemalige Offiziere beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS, „Stasi“) der DDR an, Filbinger sei seit 1976 als möglicher Anwärter auf das Bundespräsidentenamt von der Hauptverwaltung Aufklärung des MfS beobachtet worden.[67] Daraufhin traf sich Filbinger am 30. April 1993 mit einem der beiden, Günter Bohnsack. Filbinger schrieb das Gespräch auf, ließ Bohnsack es unterzeichnen und veröffentlichte es als „Bohnsack-Protokoll“ unter dem Titel Die Wahrheit aus den Stasiakten als Vorwort zur dritten Auflage seiner Memoiren vom Oktober 1993. Darin hieß es:[68]
„Wir haben Filbinger durch aktive Maßnahmen bekämpft, d.h., Material gesammelt, gefälschtes oder verfälschtes Material in den Westen lanciert.“
Bohnsack gab nicht an, was dieses Material beinhaltete, wann es entstand und wer es verfasste. In Anwesenheit eines Zeugen des MAD, der das Gespräch vermittelt hatte, erklärte er Filbinger, er habe das Material nicht gesehen, sondern nur von ungenannten Kollegen davon gehört. Dass die Stasi Hochhuth in Ost-Berlin damit versorgt habe, wie Filbinger es in das Protokoll aufnehmen wollte, bestritt er. Er und Brehmer hätten keine Dokumente mit Todesurteilen Filbingers fabriziert und westlichen Medien oder Behörden zugespielt. Bundesdeutsche Journalisten sahen in dem „Protokoll“ daher einen durchsichtigen Versuch Filbingers, den Eindruck gefälschter Akten zu seinen Todesurteilen zu erwecken und sich so zum Stasi-Opfer zu machen. Dabei lagerten die Filbingerakten aus der Marinejustiz der NS-Zeit seit langem im Bundesarchiv in Aachen-Kornelimünster.[69]
Filbinger hielt bis an sein Lebensende daran fest, Opfer einer Medienhetze geworden zu sein und kein Unrecht begangen zu haben:[70]
„Man hatte mir ja immer vorgeworfen, ich wäre nicht bereit, Schuld einzugestehen. Es gibt keine Schuld einzugestehen.“
So erklärte er in verschiedenen Interviews 2002 und 2003:[71]
„Ich hätte damals offensiv sagen sollen: ‚Durch den Filbinger ist kein einziger Mensch ums Leben gekommen.‘ […] Wer meuterte, gefährdete das Ganze.“
Diese Sicht fand bis 2007 viel Zustimmung in Teilen der CDU. Helmut Kohl hatte 1978 von einer „erneuten Entnazifizierungskampagne“ gesprochen und wiederholte dies in seinen Memoiren 2004, betonte dort aber auch, dass Filbinger die Affäre „mit einem menschlichen Wort des Bedauerns an die Angehörigen der Opfer“ hätte überstehen können. Dies habe er ihm damals† vergeblich geraten.[72]
Das von Filbinger 1979 gegründete, bis 1997 geleitete rechtskonservative Studienzentrum Weikersheim betreibt seine Homepage, die ihn bis heute als NS-Gegner darstellt. Der ihm folgende Präsident Weikersheims, Wolfgang von Stetten, behauptete 1997 im Bundestag, Filbinger sei durch eine „ferngelenkte Stasikampagne“ gestürzt worden und inzwischen „absolut rehabilitiert“. Wer dies bestreite, entlarve sich als „Mittäter der Stasi“.[73] Klaus Voss, Redakteur der Preußischen Allgemeinen Zeitung, [74] und Rechtsextremisten wie Andreas Molau[75] sehen Filbinger ebenfalls als „Opfer einer Hetze“. Sein Zeuge Guido Forstmaier verteidigte ihn noch 2000 in Weikersheim[76] und 2007 nach seinem Tod in der National-Zeitung.[77]
Demgegenüber beschrieb Ralph Giordano den Fall Filbinger als „schmähliches Beispiel“ für die „zweite Schuld“, die viele Deutsche durch Verdrängen und Verleugnen ihrer Beteiligung am Nationalsozialismus und seinen Verbrechen nach 1945 auf sich geladen hätten.[78] Für Neele Kerkmann und Torben Fischer verkörpert Filbinger durch „seine unbewegliche Rechtfertigungshaltung, die keinerlei selbstkritische Reflexion seiner Tätigkeit erkennen ließ, […] in den Augen der sensibilisierten Öffentlichkeit geradezu idealtypisch einen in Diktatur wie Demokratie erfolgversprechenden konservativ-autoritären Habitus, der sich durch ein 'pathologisch gutes Gewissen' (Erhard Eppler) und – so die Ergänzung der Süddeutschen Zeitung – ein 'pathologisch schlechtes Gedächtnis' auszeichnete.“[79]
Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger griff in seiner Trauerrede am 7. April 2007 Filbingers Behauptung, durch ihn sei niemand zu Tode gekommen, wörtlich auf und bezeichnete ihn als „Gegner des Nationalsozialismus“. Dies löste bundesweit Empörung und Widerspruch bei vielen Opferangehörigen, Verbänden, Parteien und Prominenten aus; einige Historiker sprachen von Geschichtsfälschung. Nach deutlicher Kritik der Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm Oettinger den Ausdruck „Gegner“ am 16. April zurück.[80] In diesem Zusammenhang wurden Filbingers Todesurteile als Marinerichter und sein Umgang damit als führender CDU-Politiker nochmals betrachtet.
Diskurs über Filbingers Verhältnis zum Nationalsozialismus
Am 22. Mai 1978 veröffentlichte der Spiegel Auszüge aus Filbingers Aufsatz vom März/April 1935 aus der Zeitschrift Werkblätter des Bundes Neudeutschland.[81] Darin erklärte Filbinger die damals vom preußischen Justizminister mit einer Denkschrift vorbereitete nationalsozialistische Strafrechtsreform:[82]
„Erst der Nationalsozialismus schuf die geistigen Voraussetzungen für einen wirksamen Neubau des deutschen Rechts…“
Denn er habe den Schutz der Freiheitsrechte des Einzelnen vor staatlichen Eingriffen durch den Schutz der „Volksgemeinschaft“ durch einen starken Staat ersetzt. Dieser habe die Strafen für Hoch- und Landesverrat schon verschärft und mit Todesstrafe bedroht. Dies genüge jedoch noch nicht, denn die Volksgemeinschaft sei nach nationalsozialistischer Auffassung „Blutsgemeinschaft“:
„Diese Blutsgemeinschaft muß rein erhalten und die rassisch wertvollen Bestandteile des deutschen Volkes planvoll vorwärtsentwickelt werden.“
Daher enthalte die Denkschrift „Schutzbestimmungen für die Rasse, für Volksbestand und Volksgesundheit, darüber hinaus aber auch für die geistigeren Elemente des Volksseins: für Religion und Sitte, schließlich für Volksehre und Volksfrieden.“ Auch Familie und Ehe würden als „sittliche Basis“ der Volksgemeinschaft künftig vor „höhnischer Herabsetzung“ geschützt; „willkürliche Eingriffe in die Zeugungskraft oder das keimende Leben“ (Sterilisation und Schwangerschaftsabbruch) würden strafbar.
„Schädlinge am Volksganzen jedoch, deren offenkundiger verbrecherischer Hang immer wieder strafbare Handlungen hervorrufen wird, werden unschädlich gemacht werden.“
Ihnen gegenüber habe das bisherige Strafrecht versagt, weil es das „Seelenleben des Verbrechers“ und Einflüsse von Erbanlagen, Erziehung und Umwelt darauf untersucht habe, um den „meist unverbesserlichen“ Täter zu resozialisieren, statt „auf eine eindrucksvolle und scharfe Strafe sowie wirksamen Schutz der Gesamtheit bedacht“ zu sein. Das neue Gesetz werde jedoch nur durch „lebendige Richterpersönlichkeiten“ in das Volk hinein wirken; es verlange daher „den neuen Juristen, der aus Kenntnis und Verbundenheit mit dem Volke des Volkes Recht spreche“, nicht bloß nach formaler Sach- und Gesetzeslage.
Filbinger erklärte am Tag der Veröffentlichung, er habe diesen Aufsatz nur als Referat der Ansichten seines damaligen Lehrers Erik Wolf verfasst, ohne sich dessen Ideen zu eigen zu machen. Laut Clemens Heni übernahm der 21-jährige Filbinger mit dem Aufsatz wesentliche Elemente der nationalsozialistischen Volkstums- und Rassenlehre, die sich im September in den Nürnberger Rassegesetzen niederschlug. Dieses Denken habe seine Urteile als Marinerichter später mitbestimmt.[83]
Filbingers Behauptung, er sei gegen seinen Willen zum Marinerichter berufen worden, widerlegte der Militärhistoriker Frank Roeser 2007 mit dem Hinweis, dass die Nationalsozialisten nur in ihrem Sinne zuverlässige Juristen als Militärrichter arbeiten ließen und man dieses Amt ohne Nachteile für sich ablehnen konnte. Filbingers Urteil mit NS-Vokabular gegen Petzold belege, dass er auch nach der deutschen Kapitulation „der nationalsozialistischen Denkweise noch sehr verhaftet“ gewesen sei.[84] Ähnlich urteilte im Mai 2007 der Richter Helmut Kramer im Blick auf den Fall Petzold:[85]
„Es ist müßig, darüber zu streiten, ob Filbinger im Innern ein Anhänger Hitlers war. Auch kann dahinstehen, ob Hans Filbinger allein als Opportunist und aus Karrieregründen der SA und der NSDAP beigetreten ist und ob er den Nationalsozialisten nur nach dem Munde reden wollte, wenn er im Jahre 1935 in einer Studentenzeitschrift von „Blutsgemeinschaft“, „Schädlingen am Volksganzen“ und „rassisch wertvollen Teilen des deutschen Volkes“ sprach. Hatte er tatsächlich die NS-Ideologie durchschaut, war dies um so schlimmer. Denn dann hätte er sich im Widerspruch zu seiner Überzeugung in den Dienst des Unrechtsstaates gestellt. Vielleicht war er aber selbst nach Kriegsende noch ein unbelehrbarer Nazi…“
In einer Gedenkrede 1960 in Brettheim hatte sich Filbinger von nationalsozialistischem Unrecht distanziert. Dort hatte ein Standgericht einen Bauern, der Hitlerjugend-Angehörige entwaffnet hatte, und zwei Beamte, die ihn dafür nicht zum Tod verurteilen wollten, 1945 kurz vor Kriegsende erhängt. Das Ansbacher Gericht erklärte das Standgerichtsurteil in einem Verfahren gegen die Mörder 1960 für rechtsgültig, nachdem es den verurteilten Kriegsverbrecher Albert Kesselring und Erich Schwinge als Sachverständige gehört hatte. Filbinger dagegen bezeichnete die Erhängungen in Reaktion auf dieses Urteil als „himmelschreiendes Unrecht“.[86]
Diskurs über Filbingers Entscheidungsspielräume
Ob und wie weit Filbinger Grögers Hinrichtung mitverursacht hatte, wurde zu einer entscheidenden Streitfrage der Affäre. Grögers ehemaliger Verteidiger Werner Schön erklärte am 4. Mai 1978 in einem Leserbrief, Filbingers Beteiligung sei ihm nicht erinnerlich; er habe wohl nur eine Statistenrolle gehabt. Zwar habe das Gericht der Weisung des Gerichtsherren nicht folgen müssen, und es habe durchaus rechtliche Argumente gegen die Todesstrafe gegeben. Aber der Ankläger hätte eine geringere Strafe nur mit neuen Fakten beantragen können. Diese seien jedoch schon in Grögers erstem Verfahren geklärt gewesen.[87]
Spiegelredakteur Rudolf Augstein wies am 8. Mai 1978 auf die von 1938 bis 1945 geltende Kriegsstrafverfahrensordnung hin, die die Weisungsbefugnis der Gerichtsherren eng begrenzte und Anklagevertreter verpflichtete, rechtliche Bedenken gegen eine Weisung oder Entscheidung vorzutragen und schriftlich festzuhalten, falls diese unberücksichtigt blieben. Davon hatte Filbinger bei Gröger abgesehen, weil er sie, wie er Augstein gegenüber bestätigte, nicht für rechtswidrig hielt. Er habe wegen seiner antinazistischen Haltung ausssichtslose Fälle „anstandslos passieren lassen, um in aussichtsreicheren Fällen erfolgreich tätig werden zu können“.[31]
Am 12. Mai 1978 fragte Zeitredakteur Theo Sommer dazu, ob „Bemühung, Mannhaftigkeit, vielleicht schon ein wenig Schläue genügt haben könnten, das nur scheinbar Unabwendbare abzuwenden?“[45] Joachim Fest fragte in der FAZ am 26. Mai, „ob nicht etwas weniger beflissener Erledigungswahn dem Verurteilten das Leben hätte retten können“.[88]
Heinz Hürten untersuchte in einem 1980 veröffentlichten Aufsatz Filbingers Urteile als Marinerichter. Dieser habe wegen der in der Verhandlung aufgedeckten Täuschungsversuche Grögers keine andere Wahl gehabt, als die Todesstrafe zu beantragen. Er habe als Ankläger auch kein Recht gehabt, auf die dem Urteil folgende gerichtliche Prüfung eines Gnadengesuchs einzuwirken. Die Hinrichtung habe sich nach der Urteilsbestätigung durch den Oberbefehlshaber der Kriegsmarine nicht mehr hinauszögern lassen. Ob Filbinger die Gründe für das dem Urteil folgende Gnadengesuch schon in seinem Antrag hätte geltend machen können, ließ Hürten offen. Er erwähnte einen anderen Marine-Ankläger, der nach einem Todesurteil eine Eingabe an den Oberbefehlshaber gesandt und dafür zwar einen dienstlichen Verweis erhalten, jedoch die Aufhebung des Urteils erwirkt hatte.[89]

Golo Mann sprach bereits am 6. August 1978 von einer „Menschenhatz“ gegen Filbinger. 1987 erklärte er Filbingers Memoiren folgend, das Todesurteil gegen Gröger habe festgestanden und seine Rettung sei „von vornherein unmöglich“ gewesen. Selbst Grögers ehemaliger Verteidiger habe sich 1978 nicht mehr an Filbinger erinnert. Dieser sei kein Anhänger Hitlers, sondern eines „freiheitlichen Rechtsstaates” gewesen, der sich gegen seinen Einsatz als Militärjurist gewehrt habe. In seinem Amt habe er sich dann so „human“ verhalten, „wie er irgend durfte.” Er könne durchaus zwei Todesurteile vergessen haben, da diese ohnehin nicht hätten vollstreckt werden können. Mann fragte, ob Hochhuth 1978 „eine Liste deutscher Politiker durchging, biographische Fakten studierte und sich dann für die Akten eines Marinerichters entschloß – oder, ob er Winke von anderswoher erhalten hat.”[90]
Zu Filbingers 90. Geburtstag 2003 untersuchten Historiker das Thema erneut. So fand Florian Rohdenburg bei Recherchen im Bundesarchiv keine Fälle, wo Ankläger und Richter der NS-Militärjustiz bestraft wurden, wenn sie von Vorgaben der Gerichtsherrn abweichende Anträge stellten oder Urteile erließen. Nach Wolfram Wette, der sich auf Rohdenburgs Forschung stützte, hätte Filbinger dem Gerichtsherrn oder dessen juristischen Beratern mitteilen können, dass er das erstinstanzliche Urteil gegen Gröger nach wie vor für ausreichend halte. Er hätte dies mit dem unsoldatischen Charakterbild des Matrosen begründen können. Denn Grögers militärischer Vorgesetzter, Korvettenkapitän Schneider, hatte in einer für den zweiten Prozess angeforderten Stellungnahme diesen als „hoffnungslosen Schwächling“ bezeichnet, „der nie seine Soldatenpflichten erfüllen wird“.[91] Fehlende „Mannhaftigkeit“ war im NS-Militärrecht ein Grund, von der Todesstrafe abzusehen. Dass Filbinger diese Möglichkeiten nicht erwog, führt Wette auf eine Geringschätzung Grögers zurück: Dieser sei mit seinen militärischen Vorstrafen in Filbingers Sicht „für die kämpfende Volksgemeinschaft ohne Wert“ gewesen. Dass nach Forstmaier nur Filbingers Einsatz “ein sicheres Todesurteil” gegen ihn verhindert habe, bestätige seine Handlungsspielräume und lasse fragen, warum er sich nicht ebenso für Gröger eingesetzt habe.[92]
Demgegenüber betonte Günther Gillessen im November 2003 mit Berufung auf Franz Neubauer die damaligen Prozessumstände: Filbinger habe den Fall erst am Tag der Hauptverhandlung übernommen, nachdem die Untersuchung mildernder Umstände abgeschlossen und negativ ausgefallen war. Er habe die Vorbereitung der Anklage nicht mehr beeinflussen können. Die Weisung des Flottenchefs sei nicht gesetzwidrig ergangen, daher habe Filbinger keinen Widerspruch gegen sie einlegen können. Ein Gnadengesuch habe er nach der Prozessordnung nicht stellen können, da dies nur dem Verteidiger zustand. Doch räumt auch Gillesen ein, dass der Richter verpflichtet war, dem Gerichtsherrn bei Todesstrafenanträgen Gründe für einen Gnadenerweis darzustellen. Ob Filbinger als Ankläger solche Gründe hätte nennen können, ließ er offen.[93] Strafanzeigen gegen Filbinger wegen der Mitwirkung an Todesurteilen wurden im Jahr 2004 von der Staatsanwaltschaft nicht weiter verfolgt.[94]
Der Militärhistoriker Manfred Messerschmidt, der den Fall Gröger anhand der Originalakten erforscht hat, sagte im April 2007:[95]
„Filbinger hätte die Todesstrafe nicht fordern müssen, er hat trotzdem in dem Verfahren mitgespielt. Das war gut, um seine Position als Marine-Oberstabsrichter zu sichern. Aus anderen Fällen ist bekannt, dass es keinen Zwang dazu gab. Filbinger hätte nicht einmal ein Disziplinarverfahren fürchten müssen, hätte er sich anders entschieden… Um aber Filbingers Rolle zu beleuchten, sollte man als Gegenbeispiel den Fall des Reichkriegsgerichtsrates Dr. Rottka nehmen. Er hat häufig im Sinn der Angeklagten genauere Prüfungen gefordert, um voreilige Todesurteile zu vermeiden. Er ist schließlich entlassen worden. Das wären für Filbinger die maximalen Konsequenzen gewesen.“
Helmut Kramer zufolge versuchte Filbinger seinen Anteil als Ankläger am Todesurteil gegen Gröger mit der „formal korrekten Behauptung, es gebe kein einziges Urteil von ihm, durch das ein Mensch sein Leben verloren habe“, zu verschleiern. Er habe als Staatsanwalt damals „ein ungerechtes Todesurteil gefordert und damit das Gericht in Zugzwang gebracht“. Auch er sieht Filbinger weiterhin als „furchtbaren Juristen“, der jedoch nur ein typischer Mitläufer unter etwa 2.500 bis 2.800 Militärrichtern der NS-Zeit gewesen sei.[96]
Historische und rechtliche Aufarbeitung der Wehrmachtsjustiz

Die Filbingeraffäre trieb die um 1966 begonnene empirisch-wissenschaftliche Erforschung der Wehrmachtsjustiz voran, die rechtfertigende Legenden entkräftete. So hatte Erich Schwinge im Anschluss an den ehemaligen Luftwaffenrichter Otto Peter Schweling 1977 die Wehrmachtsjustiz als „antinationalsozialistische Enklave der Rechtsstaatlichkeit“ dargestellt und zugleich Todesstrafen auch für jugendliche Deserteure, die sogar nach Hitlers Erlass hätten freigesprochen werden können, gerechtfertigt.[97] Darauf und auf seine Gleichsetzung der Wehrmachtsjustiz mit der Militärjustiz der Alliierten berief sich Filbinger seit 1978 in seinen Stellungnahmen und Memoiren.[98]
Demgegenüber wiesen Fritz Wüllner und Manfred Messerschmidt vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Freiburg/Breisgau 1987 detailliert nach, dass die Wehrmachtsjustiz in „nahtloser Anpassung an die NS-Rechtslehre“ zehntausende Unrechtsurteile und über 30.000 Hinrichtungen zu verantworten hatte. Ohne Hochhuths Angriff auf Filbinger, so die Autoren, wäre die NS-Militärjustiz weiter kaum näher untersucht worden.[99] 1987 erschien auch Ingo Müllers Buch Furchtbare Juristen, das die Rolle der NS-Justiz und den Umgang der bundesdeutschen Justiz damit behandelte. Der Buchtitel machte Hochhuths Bezeichnung Filbingers zu einer Redewendung. 1988 beschrieb Heinrich Senfft in einem Buch zur politischen Justiz in Deutschland auch seine Erfahrungen als Hochhuths Verteidiger von 1978 mit dem damaligen Gutachter Erich Schwinge und Filbingers Berufung auf diesen. Er stellte fest, dass die 30.000 Todesurteile der „fürchterlichen Juristen“ der NS-Zeit nach 1945 nicht gesühnt wurden: In der Bundesrepublik seien nur fünf Standrichter zu insgesamt neun Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt worden.[100]
Auch die gesetzliche Rehabilitierung der Opfer der NS-Militärjustiz und Entschädigung ihrer Angehörigen, die vor allem die Evangelische Kirche in Deutschland verlangte, wurde seit 1978 stärker vorangetrieben. Der Bundesgerichtshof (BGH), der die Strafverfolgung von Militärrichtern der NS-Zeit bis dahin erschwert hatte, stellte in einem obiter dictum (lat. „nebenbei Gesagtes“) am 16. November 1995 fest: Die NS-Justiz habe die Todesstrafe beispiellos missbraucht; Todesurteile von Volksgerichtshof, Sonder- und Kriegsgerichten der NS-Zeit seien ungesühnt geblieben, die damalige Rechtsprechung sei „angesichts exzessiver Verhängung von Todesstrafen nicht zu Unrecht oft als ‚Blutjustiz‘ bezeichnet worden“. Eine „Vielzahl ehemaliger NS-Richter“, die in der Bundesrepublik ihre Laufbahn fortsetzten, hätten nach rechtsstaatlichen Kriterien „strafrechtlich wegen Rechtsbeugung in Tateinheit mit Kapitalverbrechen zur Verantwortung gezogen werden müssen… Darin, daß dies nicht geschehen ist, liegt ein folgenschweres Versagen bundesdeutscher Strafjustiz.“[101] Damit fand der BGH laut Wolfram Wette „…endlich den Mut, alte Betrachtungsweisen über Bord zu werfen und eine selbstkritische Bilanz des Umgangs mit der NS-Militärjustiz zu ziehen.“[102]
Am 23. Juli 2002 wurde das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege verabschiedet, das alle als Deserteure der Wehrmacht Verurteilten nachträglich rehabilitiert. Nur die NS-Urteile gegen sogenannte Kriegsverräter waren noch einer Einzelfallprüfung überlassen. Nachdem historische Forschung von diesen angeblich verursachte Kriegsverluste widerlegt hatte, gab die CDU-CSU-Fraktion ihren jahrzehntelangen Widerstand gegen ihre Rehabilitierung 2009 auf.[103] Am 8. September 2009 hob der Bundestag einstimmig alle wegen Kriegsverrats gefällten NS-Urteile auf.[104]
Am 22. Juni 2007 eröffnete die Berliner Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Wien eine Wanderausstellung unter dem an das bekannte Filbingerzitat angelehnten Titel „Was damals Recht war … – Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht“. Die durch zwei Jahre Forschungsarbeiten vorbereitete Ausstellung zeigt in Städten Österreichs und Deutschlands die Unrechtsjustiz der NS-Zeit, die zehntausende Soldaten und Zivilisten zu Tode brachte.[105] Richard von Weizsäcker sagte dazu:[106]
„Die Jahrzehnte währenden Debatten um die Motive der Angeklagten verstellten den Blick auf die Justiz, die sie verurteilte. Die Wehrmachtgerichte waren ein Instrument des nationalsozialistischen Unrechtsstaates.“
Künstlerische Verarbeitung
Am 29. Juni 1979 wurde in Stuttgart das Stück Vor dem Ruhestand, Eine Komödie von deutscher Seele von Thomas Bernhard unter der Regie von Claus Peymann uraufgeführt. Die Hauptfigur ist ein ehemaliger KZ-Lagerkommandant und nachmaliger Gerichtspräsident, der noch als Rentner jährlich zu Heinrich Himmlers Geburtstag seine alte Uniform anzieht. Dies wurde als metaphorische Anspielung auf die Filbinger-Affäre und auf fehlende Abkehr vom Ungeist des Nationalsozialismus verstanden.[107]
Im Oktober 1979 erschien Hochhuths Theaterstück Juristen, das im Anschluss an sein Buch Eine Liebe zu Deutschland, aber allgemeiner die Rolle von Wehrmachtsrichtern in der NS-Zeit thematisierte. Es wurde zum Teil als unzeitgemäß plakativ, effekthascherisch und künstlerisch wertlos kritisiert.[108]
Literatur
- verteidigend
- Hans Karl Filbinger: Die geschmähte Generation. Politische Erinnerungen. Die Wahrheit aus den Stasi-Akten. 3. Auflage, Bechtle, Esslingen u. a. 1994, ISBN 3-7628-0523-7
- Bruno Heck (Konrad-Adenauer-Stiftung, Hrsg.), Heinz Hürten, Wolfgang Jäger, Hugo Ott: Hans Filbinger – Der Fall und die Fakten: Eine historische und politologische Analyse. Hase & Koehler, Mainz 1980, ISBN 3-7758-1002-1
- Franz Neubauer: Das öffentliche Fehlurteil – Der Fall Filbinger als ein Fall der Meinungsmacher. Roderer, Regensburg 1990, ISBN 3-89073-487-1
- kritisch
- Wolfram Wette (Hrsg.): Filbinger, eine deutsche Karriere. Klampen, Springe 2006, ISBN 3-934920-74-8
- Helmut Kramer: Hans Filbinger. In: Helmut Kramer, Wolfram Wette (Hrsg.): Recht ist, was den Waffen nützt: Justiz und Pazifismus im 20. Jahrhundert. Aufbau, Berlin 2004, ISBN 3-351-02578-5, S. 43ff.
- Thomas Ramge: Der furchtbare Jurist – Marinerichter Hans Karl Filbinger und sein pathologisch gutes Gewissen (1978). In: Thomas Ramge: Die großen Polit-Skandale. Eine andere Geschichte der Bundesrepublik. Campus Verlag, 1. Auflage 2004, ISBN 3-593-37069-7 (Buchauszug online)
- Norbert Frei: Karrieren im Zwielicht. Hitlers Eliten nach 1945. Das Buch zur ARD-Fernsehserie. Campus, 2001, ISBN 3-593-36790-4
- Rolf Surmann: Filbinger, NS-Militärjustiz und deutsche Kontinuitäten. In: Dieter Schröder, Rolf Surmann (Hrsg.): Der lange Schatten der NS-Diktatur. Unrast, Münster 1999, ISBN 3-89771-801-4
- Rosemarie von dem Knesebeck (Hrsg.): In Sachen Filbinger gegen Hochhuth. Die Geschichte einer Vergangenheitsbewältigung. Rowohlt, 1983, ISBN 3-499-14545-6
- zeitgeschichtlicher Kontext
- Jörg Musiol: Vergangenheitsbewältigung in der Bundesrepublik. Kontinuität und Wandel in den späten 1970er Jahren. Tectum, 2006, ISBN 3-8288-9116-0
- Michael Schwab-Trapp: Konflikt, Kultur und Interpretation: eine Diskursanalyse des öffentlichen Umgangs mit dem Nationalsozialismus, Westdeutscher Verlag, Opladen 1996, ISBN 3-531-12842-6
Weblinks
- DIE ZEIT, 12. Mai 1978 (Nachdruck 16. April 2007): „Erschießen, Sargen, Abtransportieren“ (zu den Fällen Petzold und Gröger)
- DIE ZEIT, 12. Mai 1978 (Nachdruck 13. April 2007): „Deshalb stelle ich fest“ (Stellungnahme Filbingers zum Fall Gröger)
- DIE ZEIT, 12. Mai 1978 (Nachdruck 13. April 2007) Theo Sommer: „Die Bürde der Vergangenheit“ (Kommentar zu Filbingers Reaktionen im politischen Gesamtkontext 1978)
- Diskussionsforum des Fritz Bauer Instituts: Literatur zum Fall Filbinger und zur NS-Justiz
Einzelbelege
- ↑ Reinhard Mohr (Der Spiegel, 2. April 2007): Nachruf auf Hans Filbinger: Ministerpräsident, Marinerichter, Mitläufer
- ↑ Torben Fischer, Matthias N. Lorenz (Hrsg.): Lexikon der 'Vergangenheitsbewältigung' in Deutschland. Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945, Transcript, 2. Auflage 2009, ISBN 3-89942-773-4, S. 203
- ↑ Heinrich Senfft: Richter und andere Bürger. 150 Jahre politische Justiz und neudeutsche Herrschaftspolitik. Greno, Nördlingen 1988, ISBN 3-89190-957-8, S. 23
- ↑ Der Spiegel 16/10. April 1972, S. 49ff: „Er hat die Manneszucht zersetzt“: So urteilte Hans Filbinger, heute Ministerpräsident in Stuttgart, als Marinerichter nach Kriegsende
- ↑ Heinrich Senfft: Richter und andere Bürger, S. 16f.
- ↑ Norbert Haase: Gefahr für die Manneszucht. Zur Geschichte der Verfolgung von Nichtanpassung, Verweigerung und Widerstand der Deutschen Wehrmacht im Spiegel der Spruchtätigkeit von Marinegerichten in Wilhelmshaven (1939-1945). Hahnsche Buchhandlung, Bremen 1995, ISBN 978-3-7752-5844-9
- ↑ Heinrich Senfft: Richter und andere Bürger, S. 31, Anmerkung 10
- ↑ Der Spiegel 20/15. Mai 1978: Affäre Filbinger: „Was Rechtens war ...“
- ↑ Homepage hans-filbinger.de: Erklärungen und Briefe von Karl-Heinz Möbius; Eidesstattliche Erklärung Guido Forstmeiers
- ↑ Heinrich Senfft: Richter und andere Bürger, S. 16
- ↑ Heinrich Senfft: Richter und andere Bürger, S. 21
- ↑ Hans Filbinger: Die Reinigung des deutschen Namens (pdf)
- ↑ Die Zeit 31/1974: Fehl am Platz
- ↑ Peter Reichel: Schwarz, Rot, Gold. Kleine Geschichte Deutscher Nationalsymbole nach 1945. C.H. Beck, 1. Auflage 2005, ISBN 3406535143, S. 71f
- ↑ Heinrich Senfft: Richter und andere Bürger, S. 18
- ↑ Heinrich Senfft: Richter und andere Bürger, S. 22f
- ↑ Heinrich Senfft: Richter und andere Bürger, S. 37
- ↑ Bernhard Nolz, Wolfgang Popp: Erinnerungsarbeit. Grundlage einer Kultur des Friedens. Lit, 2000, ISBN 3-8258-4611-3, S. 105ff.
- ↑ Detlef Garbe: „In jedem Einzelfall ... bis zur Todesstrafe“. Der Militärstrafrechtler Erich Schwinge. Ein deutsches Juristenleben. Hamburg 1989, ISBN 3927106003, S. 58ff.; Stefan Chr. Saar: „Ich trage aber nicht Verantwortung dafür“ – Erich Schwinge (1903-1994). In: Stefan Chr. Saar, Andreas Roth, Christian Hattenhauer (Hrsg.): Recht als Erbe und Aufgabe. Heinz Holzhauer zum 21. April 2005. Berlin 2005, ISBN 3503079459, S. 332-349
- ↑ Heinrich Senfft: Richter und andere Bürger, S. 18–22
- ↑ Wolfram Wette: Filbinger – eine deutsche Karriere, 2006, S. 57
- ↑ Wolfram Wette: Filbinger – eine deutsche Karriere, 2006, S. 75
- ↑ Horst Bieber, Joachim Holtz, Joachim Schilde, Hans Schueler, Theo Sommer (Die Zeit, 12. Mai 1978, S. 4/6): Erschießen, Sargen, Abtransportieren
- ↑ Ricarda Berthold: Filbingers Tätigkeit als Marinerichter im Zweiten Weltkrieg, S. 61
- ↑ Der Spiegel 19/8. Mai 1978: Filbinger: „Der Verurteilte erklärte nichts“. Rolf Hochhuth über das Todesurteil gegen den Marinesoldaten Walter Gröger
- ↑ Rosemarie von dem Knesebeck: In Sachen Filbinger gegen Hochhuth. Die Geschichte einer Vergangenheitsbewältigung, 1983, S. 36
- ↑ Horst Bieber, Joachim Holtz, Joachim Schilde, Hans Schueler, Theo Sommer (Die Zeit, 12. Mai 1978): Erschießen, Sargen, Abtransportieren
- ↑ Der Spiegel 39/24. September 1979: Filbinger: Letzte Lektion
- ↑ Presseerklärung der Landesregierung Baden-Württembergs am 4. Mai 1978, zitiert bei Rosemarie von Knesebeck: In Sachen Filbinger gegen Hochhuth, S. 31
- ↑ Hans Filbinger (Die Zeit, 12. Mai 1978): Deshalb stelle ich fest
- ↑ a b Der Spiegel Nr. 19/1978: Erleuchtung beim Stichwort „Schweden“
- ↑ zitiert nach Rosemarie von dem Knesebeck: In Sachen Filbinger gegen Hochhuth, S. 48
- ↑ Heinrich Senfft: Richter und andere Bürger, S. 24
- ↑ Der Spiegel 20/15. Mai 1978, S. 23: Affäre Filbinger: Was Rechtens war…
- ↑ Die Zeit vom 9. Juni 1978, Gerd Bucericus: Hinrichtungen vor Kriegsende?
- ↑ Die Zeit, 25/16. Juni 1978: Zum Fall Filbinger: Klarstellung
- ↑ Rheinischer Merkur vom 1. September 1978, zitiert nach Musiol: Vergangenheitsbewältigung in der Bundesrepublik, 2006, S. 56, FN 209
- ↑ Heinrich Senfft: Richter und andere Bürger, S. 19
- ↑ Der Spiegel 16/16. April 2007: Ministerpräsidenten: Pathologisch gutes Gewissen
- ↑ Wolfgang Jäger: Der Sturz des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger 1978. In: Heinz Hürten, Wolfgang Jäger, Hugo Ott: Hans Filbinger – Der Fall und die Fakten: Eine historische und politologische Analyse. Mainz 1980, S. 109 und 168
- ↑ Ricarda Berthold: Filbingers Tätigkeit als Marinerichter im Zweiten Weltkrieg, S. 46f. und 60; Der Spiegel Nr. 16/2007, S. 37
- ↑ ZDF, Sendung Aspekte, 13. April 2007: Die Wahrheit und das gute Gewissen. Die Fakten zum Marinerichter Hans Filbinger
- ↑ Heinz Boberach: Archivar zwischen Akten und Aktualität, Books on Demand GmbH, 1. Auflage 2004, ISBN 3-8334-0607-0, S. 106f (Buchauszug online)
- ↑ Siegfried Weischenberg: Journalistik. Theorie und Praxis aktueller Medienkommunikation. Band 2: Medientechnik, Medienfunktionen, Medienakteure. Vs-Verlag, 1995, ISBN 978-3-531-12378-3, S. 232
- ↑ a b c d Theo Sommer (Die Zeit, 12. Mai 1978): Die Bürde der Vergangenheit
- ↑ Wolfgang Jäger: Der Sturz des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger 1978. In: Hans Filbinger – Der Fall und die Fakten, S. 113
- ↑ Der Spiegel 28/10. Juli 1978, S. 28: „Wie lange noch mit erhobenem Haupt?“ Pressestimmen zur Affäre Filbinger
- ↑ Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. April 2007, S. 2: Hans Filbinger. In den Strömungen der Zeit
- ↑ Der Spiegel, 10. Juli 1978: Die Zeit der Schuldlosen ist Utopie. CDU-MdB Norbert Blüm über den Fall Filbinger
- ↑ Theo Sommer, Die Zeit, 14. Juli 1978: Uneinsichtig bis zum Ende: Filbinger wird zur Belastung der CDU
- ↑ Der Spiegel 29/17. Juli 1978: Vor dem Fall?
- ↑ Franz Josef Strauß in Wort und Bild: Zitate; dazu Gerhard Strauß, Ulrike Haß, Gisela Harras: Brisante Wörter von Agitation bis Zeitgeist. Ein Lexikon zum öffentlichen Sprachgebrauch. Walther de Gruyter, 1. Auflage 1989, ISBN 311012078X, S. 663
- ↑ Paul Ludwig Weihnacht (Hrsg.): Die CDU in Baden-Württemberg und ihre Geschichte. Kohlhammer, Stuttgart u.a. 1978, S. 23f und Anmerkungen 40, 41
- ↑ zitiert nach Thomas Ramge: Die großen Polit-Skandale. Eine andere Geschichte der Bundesrepublik, S. 137
- ↑ Hans Filbinger: Die geschmähte Generation, 3. Auflage 1994, S. 130 u.ö.
- ↑ Reginald Rudorf: Die vierte Gewalt. Das linke Medienkartell. Ullstein 1995, ISBN 354836635X, S. 25; Rainer Zitelmann: Wohin treibt unsere Republik? Ullstein, 1995, ISBN 3548366414, S. 111; Barbara Junge, Julia Naumann, Holger Stark: RechtsSchreiber, Espresso Verlag, 1997, ISBN 3885206218, S. 83 u.a.
- ↑ Hans Mathias Kepplinger: Politikvermittlung. Vs Verlag, 1. Auflage 2009, ISBN 353116421X, S. 24
- ↑ Knud Andresen, Vortrag auf der Tagung Geschichtspolitik und kollektives Gedächtnis (Kiel, 16.-18. Oktober 2008); rezensiert von Friederike Steiner, Institut für schleswig-holsteinische Zeit- und Regionalgeschichte
- ↑ Klaus Kamps: Politisches Kommunikationsmanagement. Grundlagen und Professionalisierung moderner Politikvermittlung. Vs-Verlag 2007, ISBN 978-3-531-13280-8, S. 243
- ↑ zitiert nach Hugo Ott: Hans Filbinger – Der 'Fall' und die Fakten, 1980, S. 30
- ↑ Brief erstmals veröffentlicht von Lothar Bossle (Hrsg.) in: Hans Filbinger, ein Mann in unserer Zeit: Festschrift zum 70. Geburtstag, 1983, S. 17
- ↑ Peter Steinbach: Reinhold Schneider: Bekenntnis zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus
- ↑ Jürgen Frölich: Opposition und Widerstand auf liberaler Grundlage, in: Peter Steinbach, Johannes Tuchel (Hrsg.): Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur 1933–1945, Bonn 2004, S. 167–184
- ↑ Anja von Cysewski: Freiburger Kreise, in: Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (Hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus, München 1998, 3. Auflage, S. 469
- ↑ Hans Karl Filbinger: Die geschmähte Generation, München 1987, S. 58
- ↑ zitiert nach Wolfram Wette: Filbinger, eine deutsche Karriere, 2006, S. 25ff
- ↑ Günter Bohnsack, Herbert Brehmer: Auftrag Irreführung. Wie die Stasi Politik im Westen machte. Hrsg. von Christian von Dithfurth, Hamburg 1992
- ↑ zitiert nach Homepage hans-filbinger.de: Im Visier der Stasi
- ↑ Hartmut Palmer (Der Spiegel, 24. April 1995, S. 26f): Furchtbare Juristen: „Sauber in die Urne“
- ↑ Tilman Jens, ZDF, Sendung Aspekte, 13. April 2007: Die Wahrheit und das gute Gewissen. Die Fakten zum Marinerichter Hans Filbinger
- ↑ Netzeitung, 12. April 2007: Wie Filbinger seine Vergangenheit geschönt hat
- ↑ Helmut Kohl: Erinnerungen 1990-1994, Droemer Knaur, 2007, ISBN 3426274086, S. 495
- ↑ Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/175 vom 15. Mai 1997, Seite 15833 (Wolfgang von Stetten in der Debatte um das Gesetz zur Aufhebung von NS-Unrechtsjustiz)
- ↑ Klaus D. Voss: Opfer einer Hetze. Zum Tode von Filbinger (Preußische Allgemeine Zeitung Nr. 15 vom 14. April 2007)
- ↑ Andreas Molau: Der „Steher“ von Stuttgart
- ↑ 6. Kaminabend des Studienzentrums Weikersheim e.V.: Guido Forstmeier: Dr. Hans-Karl Filbinger im Kriege (9. Mai 2000 in Berlin)
- ↑ dazu Blick nach Rechts: Filbingers Kronzeuge
- ↑ Arian Fariborz: Filbingers Rücktritt (Kalenderblatt, DW-WORLD.DE, 7. August 2009)
- ↑ Artikel Filbinger-Affäre, in: Torben Fischer, Matthias N. Lorenz (Hrsg.): Lexikon der „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland. Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945. Transcript, 2. Auflage 2009, ISBN 3899427734, S. 204
- ↑ FAZ, 16. April 2007: Filbinger ein „NS-Gegner“? Oettinger: „Halte meine Formulierung nicht aufrecht“
- ↑ Der Spiegel, 22. Mai 1978: Affäre Filbinger: Akt der Hingabe
- ↑ Hans Filbinger (1935): Kritische Würdigung des geltenden Strafgesetzbuches und Ausblick auf die kommende Strafrechtsreform, in: Werkblätter, 7. Jg., Heft 5–6, März/April 1935, S. 265–269
- ↑ Clemens Heni: Hans Filbinger war ein Nazi. Wenig bekannte Quellen des katholischen Bundes Neudeutschland (pdf)
- ↑ Frank Roeser (Die Welt, 16. April 2007): Solche Lügen dürfen nicht stehen bleiben
- ↑ Helmut Kramer: Hans Filbinger – ein Furchtbarer Jurist (Mai 2007)
- ↑ Wolfram Wette: Der Fall Filbinger (Vortrag in Freiburg im Breisgau, 14. September 2003) (PDF, S. 15ff.)
- ↑ Werner Schön (Die Zeit Nr. 32, 4. 8. 1978): Spontan falsche Antwort am Telephon
- ↑ zitiert nach Heinrich Senfft: Richter und andere Bürger, 1988, S. 23
- ↑ Heinz Hürten: Die Tätigkeit Hans Filbingers als Marinerichter. In: Heinz Hürten, Wolfgang Jäger, Hugo Ott: Hans Filbinger – Der Fall und die Fakten: Eine historische und politologische Analyse. Mainz 1980, S. 78ff
- ↑ Golo Mann (Welt am Sonntag, 27. August 1987): Rezension zu Filbingers Memoiren
- ↑ Heinz Hürten, Wolfgang Jäger, Hugo Ott: Hans Filbinger – Der Fall und die Fakten: Eine historische und politologische Analyse. Mainz 1980, S. 79
- ↑ Wolfram Wette: Der Fall Filbinger (Vortrag in Freiburg im Breisgau, 14. September 2003) (PDF, S. 13)
- ↑ Günther Gillessen (Die Politische Meinung Nr. 408/November 2003, S. 67–74): Der Fall Filbinger. Ein Rückblick auf die Kampagne und die historischen Fakten
- ↑ Netzeitung, 21. Mai 2004: Strafanzeige gegen Filbinger
- ↑ Manfred Messerschmidt (Spiegel-Interview, 12. April 2007): Er hätte auch anders gekonnt
- ↑ Helmut Kramer: Hans Filbinger – ein Furchtbarer Jurist (Mai 2007)
- ↑ Otto Peter Schweling: Die deutsche Militärjustiz in der Zeit des Nationalsozialismus. Überarbeitet, eingeleitet und herausgegeben von Erich Schwinge. Elwert, Marburg 1977, ISBN 3-7708-0590-9, u.a. S. 48, 243 und 347
- ↑ Kristina Brümmer-Pauly: Desertion im Recht des Nationalsozialismus. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-8305-1208-2, S. 10f
- ↑ Manfred Messerschmidt, Fritz Wüllner: Die Wehrmachtjustiz im Dienste des Nationalsozialismus. Zerstörung einer Legende, Nomos, 1987, ISBN 3-7890-1466-4, S. 16; Manfred Messerschmidt: Was damals Recht war ... NS- Militär- und Strafjustiz im Vernichtungskrieg, Klartext-Verlagsgesellschaft, 1996, ISBN 3884744879
- ↑ Heinrich Senfft: Richter und andere Bürger. 150 Jahre politische Justiz und neudeutsche Herrschaftspublizistik, 1988, S. 10
- ↑ Bundesgerichtshof, Urteil vom 16. November 1995, Az. 5 StR 747/94; BGHSt 41, 317–347
- ↑ Wolfram Wette: Filbinger – eine deutsche Karriere, 2006, S. 163. Wette verweist dazu auf: Neue Juristische Wochenschrift 1996, S. 857ff., und auf Otto Gritschneder: Rechtsbeugung. Die späte Beichte des Bundesgerichtshofs, in: Neue Juristische Wochenschrift 1996, S. 1239ff.
- ↑ Die Welt, 7. September 2009: Zweiter Weltkrieg: Späte Rehabilitierung von Opfern der NS-Justiz
- ↑ Die Welt, 8. September 2009: NS-Justiz: Bundestag rehabilitiert sogenannte Kriegsverräter
- ↑ Ulrich Baumann, Magnus Koch (Hrsg.): „Was damals Recht war ...“: Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht. Be.bra-Verlag, Berlin-Brandenburg 2008, ISBN 978-3-89809-079-7 (Ausstellungskatalog); Ankündigung der Stiftung Gedenkstätte für die ermordeten Juden Europas
- ↑ Richard von Weizsäcker: Kommentar zur Ausstellung: „Was damals Recht war ...“
- ↑ Der Spiegel 27/1979: Aus glücklichen SS-Tagen - Thomas Bernhards „Vor dem Ruhestand“ in Stuttgart
- ↑ Benjamin Henrichs (Die Zeit, 22. Februar 1980): Porträt eines Jägers; Hellmuth Karasek (Der Spiegel, 22. Oktober 1979): Das Stück zum Filbinger-Sturz