Zum Inhalt springen

Türken

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 23. August 2009 um 21:07 Uhr durch BKSlink (Diskussion | Beiträge) (Änderungen von 91.115.85.141 (Diskussion) rückgängig gemacht und letzte Version von Koenraad wiederhergestellt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Türken (türkisch Türkler) sind eine Ethnie, deren autochthone Hauptsiedlungsgebiete in Südosteuropa und Anatolien liegen. Des Weiteren existiert eine große Diaspora in vielen Ländern der Welt, überwiegend in europäischen und asiatischen Ländern, vor allem in Deutschland. Der Großteil der Türken lebt in der nach ihnen benannten Türkei, wo sie ca. 70-80 % der Bevölkerung der Türkei ausmachen (also ca. 58 Millionen Menschen).

Geschichte

Reich der Göktürken

Die Volksbezeichnung Türk wird erstmals in chinesischen Chroniken des 6. Jahrhunderts als T'u-küe erwähnt und war wahrscheinlich eine ethnische Selbstbezeichnung mit der Bedeutung von mächtig.[1][2] Jedoch existierten ethnische Türken schon lange, bevor sie mit dem Namen Türk in die Annalen der Geschichte eingingen.[1]

Erstes türkisches Reich in Mittelasien

Im 6. Jahrhundert begründete der in den alttürkischen Inschriften Bumin genannte Kagan der Göktürken (Blaue oder himmlische Türken) „auf dem Gebiet der späteren Mongolei ein mächtiges Reich“[3][4][5][6], das sich zeitweise von der Halbinsel Krim in Osteuropa bis nach Ostasien erstreckte[6][7], und als das erste – mit Sicherheit – türkische Staatswesen angesehen werden kann.[4] Aus der Zeit der Göktürken stammen die berühmten Orchon-Inschriften. Die alttürkischen Inschriften stellen die frühesten schriftlichen Zeugnisse des türkischen Volkes dar und künden von der Macht und dem Selbstbewusstsein der türkischen Kagane.[8][5]

Das Osmanische Reich

Religion der frühen Türken Zentralasiens war überwiegend der Schamanismus.[5] Erst im 10. Jahrhundert nahmen die Türken den Islam an.[9][10][11] Für die Geschichte der islamischen Welt sollte die türkische Annahme des muslimischen Glaubens herausragende Bedeutung haben.[9]

Einwanderung nach Anatolien

Der Aufstieg der Türken zur islamischen Großmacht begann bereits im 11. Jahrhundert, als die Großseldschuken ein riesiges Gebiet eroberten, das vom Mittelmeer bis nach Zentralasien reichte.[12] Es waren die Seldschuken, die mit der siegreichen Schlacht von Manzikert im Jahre 1071 die türkische Landnahme Anatoliens einleiteten.[13][14] Die Welle der Einwanderung der ogusischen Stämme, anderer türkischen Ethnien und mongolischer Elemente verlief wellenförmig von der Mitte des 11. Jahrhunderts bis in das 15. Jahrhundert hinein. Diese Gemeinschaften waren stets polyethnisch und politischen Charakters. Ihre Mitglieder waren entweder in die Gemeinschaft hineingeboren worden oder hatten sich ihr angeschlossen. Schätzungsweise trafen bis zum 12. Jahrhundert 100.000 bis 300.000 „Türken“ in Anatolien ein. Und trafen dort auf zwei bis drei Millionen Alteingesessene. Vermutlich stellten die Türken im 13. Jahrhundert in Anatolien die relative und spätestens im 15. Jahrhundert die absolute Bevölkerungsmehrheit.[15] Das Türkische setzte sich in der Folge rasch als Umgangssprache zwischen den einzelnen Bevölkerungsteilen durch. Das Persische war neben dem Arabischen die wichtigste Bildungs- und Literatursprache. Sämtliche Chroniken der Rumseldschuken wurden auf Persisch verfasst. Unter der christlichen Bevölkerung waren Syrisch-Aramäisch, Armenisch und Arabisch die wichtigsten Bildungssprachen. Das Arabische wurde im Osmanischen Reich in Kadiregistern, Stiftungsurkunden und Inschriften bis zum Ende des 16. Jahrhunderts durch das Osmanische ersetzt.[16]

Nach der Eroberung weiter Teile Anatoliens durch die Türken gründete ein Zweig der Großseldschuken das Sultanat Rum. Das Sultanat von Rum stellte den ersten kulturellen und politischen Höhepunkt der Türkenherrschaft in Anatolien dar.[17]

In einem Bericht über den Kreuzzug von Friedrich Barbarossa im Jahre 1190 (Historia Peregrinorum) erscheint erstmals der Begriff „Türkei“ in abendländischen Quellen. Im 13. Jahrhundert wird er in vielen europäischen Quellen verwendet. Im Arabischen ist die Bezeichnung „barr al-turkiyya“ („Land der Türkei“) seit Anfang des 14. Jahrhunderts belegt.[18]

Der Begriff „Türk“ oder „Türki“ als Volks- oder Sprachbezeichnung war trotz der verschiedenen pejorativen Verwendung in historischen und literarischen Texten des Osmanischen Reiches nicht auf nomadisierende oder bäuerliche Bevölkerungsgruppen beschränkt.[19]

Das Osmanische Reich

Auf die anatolischen Seldschuken folgten die türkischen Osmanen, die bald darauf große Teile Anatoliens unter ihre Herrschaft brachten und im Jahr 1453 Konstantinopel eroberten. Mit gewaltigen Kriegszügen eroberten die Osmanen ein Reich, das von Armenien bis nach Ungarn, von der südrussischen Steppe bis nach Nordafrika reichte. Auch große Teile der arabischen Halbinsel und des Mittelmeerraums gehörten zum türkischen Imperium.

Anzahl und Siedlungsgebiet

Anteil der Türken in Bulgarien laut der Volkszählung 2001 in den Oblasten:
10% und höher 20% und höher 50% und höher

Etwa 58 Millionen Türken[20][21] leben vor allem in der nach ihnen benannten Republik Türkei. Als autochthone Minderheiten sind sie auch in Nordzypern (265.000[22]) und in Südosteuropa in Bulgarien (628.000[23], vor allem in den Oblasten Kardschali, Rasgrad, Schumen, Targowischte und Silistra), Griechenland (157.000[23], vor allem in den Präfekturen Rodopi und Xanthi), Mazedonien (79.000[23], vor allem in Skopje und Gostivar), Rumänien (44.500[24], vor allem im Kreis Constanţa) und Kosovo (22.500[25], vor allem in Prizren) beheimatet. Als nicht-autochthone Minderheiten leben sie ebenso in Europa und Nordamerika, überwiegend in Deutschland (2.196.000[23]), in den Niederlanden (400.000[26][27]), in Frankreich (224.000[23]) und in den Vereinigten Staaten (171.818[28]).

Religion

Die überwiegende Mehrheit der religiösen Türken sind sunnitische Muslime hanafitischer Rechtsschule. Die zweitgrößte religiöse Gruppe bilden die Aleviten. Es existieren auch kleine schiitische und jüdische Minderheiten der Türken.

Siehe auch

Literatur

  • Europa und die Türken in der Renaissance. Hrsg. von Bodo Guthmüller und Wilhelm Kühlmann. Niemeyer, Tübingen 2000, ISBN 3-484-36554-4.

Einzelnachweise

  1. a b Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Steinbach17.
  2. Wolfgang-Ekkehard Scharlipp: Die frühen Türken in Zentralasien. Eine Einführung in ihre Geschichte und Kultur, Darmstadt 1992, S. 13
  3. Klaus Kreiser: Kleine Geschichte der Türkei, Stuttgart 2003, S. 19-20
  4. a b Josef Matuz: Das Osmanische Reich. Grundlinien der Geschichte, Darmstadt 1985, S. 9
  5. a b c Steinbach (1996), S. 18
  6. a b Claudia Römer: Die beiden alttürkischen Kaghanate, in: Zentralasien. 13. Bis 20. Jahrhundert. Geschichte und Gesellschaft. hg. von Andreas Kappeler, Wien 2006, S. 64
  7. Steinbach (1996), René Grousset: Die Steppenvölker, München 1970
  8. Römer (2006) S. 65
  9. a b Steinbach (1996), S. 21
  10. Claude Cahen(Hrsg.): Der Islam (Fischer Weltgeschichte, 14), Frankfurt am Main 1968, S.287
  11. Kreiser (2003), S. 19
  12. Matuz (1985)
  13. Steinbach (1996), S. 22
  14. Matuz (1985), S. 16
  15. Klaus Kreiser: Der Osmanische Staat 1300-1922. München 2001, S. 5
  16. Klaus Kreiser in: Kreiser und Neumann: Kleine Geschichte der Türkei. Stuttgart 2003, S. 51 ff.
  17. Steinbach (1996), S. 23
  18. Klaus Kreiser in: Kreiser und Neumann: Kleine Geschichte der Türkei. Stuttgart 2003, S. 54
  19. Klaus Kreiser: Der Osmanische Staat 1300-1922. München 2001, S. 2
  20. Central Intelligence Agency. The World Factbook: Turkey
  21. Turkey: A Country Study
  22. The press statement of Prime Minister Ferdi Sabit Soyer on the tentative results of 2006 population and housing census (5 May 2006)
  23. a b c d e Joshua Project: Türken
  24. Central Intelligence Agency
  25. Kosovo in figures 2005
  26. Netherlands Info Services
  27. Dutch News
  28. U.S. Census Bureau; American FactFinder: U.S. Census Tables. Abgerufen am 9. Juli 2008.