Leopold Schwarzschild
Leopold Schwarzschild (* 8. Dezember 1891 in Frankfurt am Main; † 2. Oktober 1950 in Santa Margherita in Italien) war ein deutscher Publizist und Soziologe.
Werdegang
Er war Sohn einer alten Frankfurter jüdisch-orthodoxen Gelehrten- und Kaufmannsfamilie und studierte nach einer Handelslehre Geschichte und Volkswirtschaft. Nach dem Ersten Weltkrieg, an dem er als Soldat teilnahm, studierte er zudem Soziologie, zeitweilig auch bei Franz Oppenheimer in Frankfurt am Main.
Nach ersten journalistischen Berufserfahrungen beim Frankfurter Generalanzeiger ging Schwarzschild nach Berlin und publizierte zusammen mit dem Wiener Stefan Großmann die Zeitschrift Das Tage-Buch, die kritisch die Machtverhältnisse der Weimarer Republik beleuchtete. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten musste Schwarzschild [1] 1933 von Berlin (wo sein Vermögen beschlagnahmt wurde und alle seine Schriften verboten) nach Paris flüchten, wo er die Exil-Zeitschrift Das neue Tage-Buch publizierte. Im Lutetia-Kreis (1935-36) wirkte er am Versuch mit, eine „Volksfront“ gegen die Hitlerdiktatur zu schaffen. Er unterzeichnete den „Aufruf an das deutsche Volk“. Im Juli 1937 gründete er aus Protest gegen die stalintreue Linie der Volksfront gemeinsam mit Bernard von Brentano, Alfred Döblin, Konrad Heiden, Rudolf Lang u.a. den „Bund Freie Presse und Literatur“, der sich explizit gegen jede totalitäre Bevormundung von Schriftstellern (sowohl von faschistischer als auch von stalinistischer Seite) richtete. Im Sommer 1940 emigrierte er nach New York und arbeitete als Schriftsteller und Journalist.
Schwarzschild kehrte 1949 nach Deutschland zurück. Im Herbst 1950 starb er auf einer Urlaubsreise in Italien, es wird Selbstmord vermutet.[2]
Politische Auseinandersetzung im Exil
Während seines Exils in Paris versuchte der SDS (Schutzverband deutscher Schriftsteller im Exil), ihn als Agenten Goebbels' zu denunzieren. Grund dafür war seine kritische Auseinandersetzung mit den Moskauer Prozessen. Er veröffentlichte eine Reihe von Artikeln dazu. Hans Sahl als Mitglied des Vorstandes des SDS weigerte sich, den Beschluss des Verbandes zu unterzeichnen und verhinderte so die Liquidierung Schwarzschilds.
Bedeutung für die Soziologie
Laut Sven Papcke gehört Schwarzschilds sozialwissenschaftlich gut untermauerte Forderung, möglichst schnell das Ende der Illusionen (so auch der Titel des bekanntesten Schwarzschild-Buches) herbeizuführen, zu den „wichtigsten Deutungen des Aufstiegs, der Herrschaft und der allfälligen Verkennung des Nationalsozialismus, die das Exil vorgelegt hat.“[3] Im Ende der Illusionen hatte Schwarzschild verbreitete zeitgenössische Fehlurteile über die Friedensschlüsse nach 1919, die vielen Wirtschaftskrisen, die Konfliktvermeidung (Völkerbund/Abrüstung) und die Profitgier präsentiert und analysiert. Gleichzeitig erläuterte er auch die soziale Funktion solcher „Derivationen“ (Vilfredo Pareto) als scheinbar rationale Motive des Handelns.
Resigniert musste Schwarzschilde in der Emigration feststellen, dass auch die deutschen Flüchtlinge weiter ihre jeweiligen Ideologien und Illusionen pflegten und zu keiner gemeinsamen Argumentation fähig waren. Er selbst stand letztlich isoliert zwischen allen Stühlen.
Werke
- Das Ende der Illusionen , Querido Verlag, Amsterdam 1934
- Primer of the coming world , Knopf New York, 1944
- Von Krieg zu Krieg, 491 S., Querido Verlag Amsterdam 1947
- The red Prussian. The life and legend of Karl Marx, Scribner , 422 S., New York 1947)
- Der rote Preusse : Leben und Legende von Karl Marx. 468 S., Stuttgart 1954
- Chronik eines Untergangs: Deutschland 1924 - 1939; die Beiträge Leopold Schwarzschilds in den Zeitschriften "Das Tage-Buch" und "Das Neue Tage-Buch", hrsg. v. Andreas Wesemann, 511 S . Czernin Verlag, Wien 2005, ISBN 3707601560
Literatur
- Papcke, Sven: Deutsche Soziologie im Exil. Gegenwartsdiognose und Epochenkritik 1933–1945. Campus, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-593-34862-4, (darin Kapitel I: Zur Soziologie der Illusion. Leopold Schwarzschild, S. 13-37).
Weblinks
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Schwarzschild stand auf der Ersten Ausbürgerungsliste des Deutschen Reichs von 1933.
- ↑ Vgl. Sven Papcke: Deutsche Soziologie im Exil. Gegenwartsdiognose und Epochenkritik 1933–1945. Campus, Frankfurt am Main 1993, S. 31.
- ↑ Papcke, a.a.O., S. 17
Personendaten | |
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NAME | Schwarzschild, Leopold |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Publizist und Soziologe |
GEBURTSDATUM | 8. Dezember 1891 |
GEBURTSORT | Frankfurt am Main |
STERBEDATUM | 2. Oktober 1950 |
STERBEORT | Santa Margherita, Italien |