Zum Inhalt springen

Diskussion:Funktionshäftling

Seiteninhalte werden in anderen Sprachen nicht unterstützt.
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 8. Juli 2009 um 14:39 Uhr durch Holgerjan (Diskussion | Beiträge) (Einsetzen von Häftlingen in die entsprechende Positionen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Letzter Kommentar: vor 16 Jahren von Holgerjan in Abschnitt Einsetzen von Häftlingen in die entsprechende Positionen

Überarbeitungskommentar

1) Ich habe etwas strukturiert, daher mussten einige Infos entfallen - anderes ist aus neuerer Lit eingeflossen.
2) Diese Einzelheiten habe ich nicht mehr eingearbeitet:
Manche konnten über Leben und Tod anderer Häftlinge entscheiden, andere Funktionshäftlinge töteten aktiv, beispielsweise Josef Heiden in der Funktion eines Henkers. [1] [2]
3) Wünschenswert wären konkretere Angaben zu den Funktionsbeschreibungen und ggf. Privilegien. -Holgerjan 20:04, 25. Feb. 2008 (CET)Beantworten

Schreibt Orth nichts genaueres zu Privilegien? --- Finde den derzeitigen Artikeltext in Verteidigungshaltung, das ginge neutraler. -- „Die Historikerin Karin Orth urteilt....“ bitte bei Deutungen anführen, nicht mitten im Text.-- „ spaltete und entsolidarisierte damit die Häftlingsgruppen“ die Häftlinge waren keine homogene Masse, waren schon gespaltet z.B. aufgrund der unterschiedlichen Sprachen.—-- „Wahrnehmung und Erlebnisse der Mehrheit nur unzureichend wiederspiegeln. Eine große Rolle nimmt in den Erinnerungen der deutschen politischen Gefangenen der erbitterte Kampf um einflussreiche Funktionsstellen ein“ Zámečník war tschechischer Häftling. --- Bitte bei Deutungen differenzieren, bzw. die jeweils untersuchten Lager nennen. HotChip 17:31, 27. Feb. 2008 (CET) -- Nachtrag: siehe auch Seite von Heiden, neu angelegtBeantworten

Hallo, ganz witzig, dass wir wieder mal so kurz hintereinander auf das gleiche Lemma stoßen ;)) - Leider bringt Orth zu wenig über die Privilegien.
Orths Urteil habe ich - wie von dir vorgeschlagen - entsprechend eingeordnet.
Spaltung und Entsolidarisierung war referenzierte Wiedergabe - um deinen Einwand zu berücksichtigen, habe ich die Worte umgestellt, und nun heißt es "spaltete weiter".
Tatsächlich untersuchen die beiden von mit angeführten Artikel die autobiografischen Aufzeichnungen der "deutschen" polit. Gefangenen (beziehen sich nicht ausdrücklich auf nicht-deutsche) und beschränken sich nicht auf Buchenwald und Auschwitz allein. Dieser Teil steht unter "Deutungen" - natürlich nicht meine eigenen, sondern Fazit von Orth (S. 131).
"Verteidungungshaltung" und mangelnde "Neutralität" kann ich nicht nachvollziehen.
Mit freundlichem Gruß -Holgerjan 17:59, 27. Feb. 2008 (CET)Beantworten

  • Hallo hallo :) Liegts etwa an ähnlichen Interessen? *zwinker* ;-) Zu Neutralität/Verteidigungshaltung: Es sind Formulierungssachen. Mich irritiert das „verübten Verbrechen, bei denen Mithäftlinge zu Tode kamen“. Würde es analog so formulieren „ermordeten/verübten Totschlag“, wie man es auch formuliert wenn z.B. ein SS-Arzt eine tödliche Spritze gab.
  • 1)Mit der Formulierung „wurden Opfer zu Tätern“ bin ich nicht einverstanden. Heiden als Opfer eines Systems zu bezeichnen halte ich für nicht zutreffend.
  • 2) Zu Orths Zitat: „Quellenkritische Betrachtungen berücksichtigen neuerdings, dass die meisten Häftlingsberichte von politischen Häftlingen stammen und die Wahrnehmung und Erlebnisse der Mehrheit nur unzureichend wiederspiegeln. Eine große Rolle nimmt in den Erinnerungen der deutschen politischen Gefangenen der erbitterte Kampf um einflussreiche Funktionsstellen ein, die von „Berufsverbrechern“ besetzt waren. Dabei wird als Hauptfeind vielfach nicht die SS, sondern der „grüne“ Kapo herausgestellt.“ Hört sich an, als hätten reichsdeutsche politische Gefangene wenig gegen die SS gehabt, bleibt die Frage warum sie dann überhaupt inhaftiert waren. --- Zu „neuerdings“: die derzeit angeführte Stelle (Gab es eine Lagergesellschaft? ... S. 131) stammt aus dem Jahr 2000, ist älter als Quelle Zámečník/2002. --- Will Orth mit „die meisten Häftlingsberichte“ sagen, dass aus Vernichtungslagern weniger Häftlingsberichte vorliegen als aus KZs? Quelle Orth liegt mir nicht vor, kann nicht nachlesen.
  • 3) Füge zu Orth ein Gegenbeispiel an: Textauszug eines nichtpolitischen, jüdischen Häftlings aus Österreich: „Ich will hier nur jenen Lagerführer aus dem Lager, in dem ich zuletzt war und aus dem ich befreit wurde, erwähnen: Er war SS-Mann. Nach der Befreiung des Lagers stellte sich jedoch heraus, wovon bis dahin nur der Lagerarzt (selber ein Häftling) wußte: der Lagerführer hatte aus eigener Tasche nicht geringe Geldbeträge insgeheim hergegeben, um aus der Apotheke des nahen Marktflecken Medikamente für seine Lagerinsassen besorgen zu lassen! Die Geschichte hatte ein Nachspiel: Nach der Befreiung versteckten jüdische Häftlinge den SS-Mann vor den amerikanischen Truppen und erklärten deren Kommandanten gegenüber, sie würden ihm den SS-Mann einzig und allein unter der Bedingung ausliefern, daß ihm kein Haar gekrümmt wird.“ Textauszug aus: Viktor Frankl, Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn. Eine Auswahl aus dem Gesamtwerk, München.Piper Verlag. c 1979. 1. Auflage 1985, 19.Auflage 2006, ISBN-13:978-3-492-20289-3. S.176-177 (der Textauszug ist auch in: trotzdem Ja zum Leben sagen /Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager).
  • 4)Auch mit einer weiteren Formulierung von Orth bin ich nicht wirklich einverstanden: „Karin Orth urteilt: Wohl kaum eine Maßnahme der SS war perfider als ihr Versuch, die Ausführung von Terror und Gewalt an die Opfer zu delegieren“ Vor allem mit dem „perfide“ kann ich mich nicht anfreunden: kann man einer Sache gegenüber niederträchtig sein? Füge eine Aussage Frankls zum Vergleich an: Textauszug aus Kapitel „Wert und Würde“: „Wert, Sachwert, hat eine Sache für mich. Würde jedoch hat eine Person, und diese Würde ist ein Wert an sich. Mit diesem Wert der Person, mit deren Würde, darf nicht verwechselt werden der Nutzwert, den die Person auch über ihre Würde hinaus haben kann. Der soziale Nutzwert eines Menschen hat nichts zu tun mit dessen personaler Würde. Würde-blind muss jede Behandlung sein, sobald sie die Person zur Sache macht. Wo ist nun die Person versachlicht worden wie nie? Im KZ. Im KZ wurden aus Menschen Objekte. Erinnern wir uns doch daran wie dort die Menschen zu medizinisch-experimentellen Studienobjekten gemacht wurden. Nun, dieses Studium war, wenn man so sagen darf, ein Studium sine ira [lat.: ohne Hass]: von Haß konnte da keine Rede sein – und zwar aus begreiflichen Gründen: hassen kann man nur ein Subjekt, aber nicht etwas das man zum bloßen Objekt herabgewürdigt hat. Die Menschen im KZ hat man nicht einmal gehaßt, wie man etwa Ungeziefer haßt – das man ebenfalls vertilgt, vergast. Nicht einmal gehaßt hat man diese Menschen, ja nicht einmal strafen hat man sie gewollt – so wie man beispielsweise Verbrecher bestrafen will. Hier wurde vielmehr der letzte Rest Personalität ausradiert. So kam es, daß dort wo die Würde von Personen hätte gesehen werden müssen, nur mehr der Nutzwert von Sklaven gesehen wurde – solange diese Sklaven am Leben waren und zur Arbeit taugten: sobald sie gestorben waren langte nämlich ihr Sachwert nur noch zur Verarbeitung zu Seife.“ (Textauszug aus: Viktor Frankl, Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn. Eine Auswahl aus dem Gesamtwerk, München.Piper Verlag. c 1979. 1. Auflage 1985, 19.Auflage 2006, S.241.)
  • 5)Vorschlag: Vgl. auch Dachauer Hefte, Heft 21/2005, „Häftlingsgesellschaft“. Neuen Haupt-Artikel KZ-Häftlingsgesellschaft, VL-Häftlingsgesellschaft o.ä. anlegen, Wertungen/Sichtweisen etc. eher dort anführen? Hier bei Artikel Funktionshäftling grundlegendes nennen, eher Basisinformationen? HotChip 22:27, 2. Mär. 2008 (CET)Beantworten

@HotChip: Ich habe mal deine Punkte nummeriert.
1)“Opfer wurden zu Tätern“ übersetze ich gedanklich nicht mit „Heiden war ein Opfer des Systems“. Tatsache ist doch: Ohne Rechtsgrundlage wurden „befristete Vorbeugehäftlinge“ in Konzentrationslager geschafft, schufteten und litten wie alle anderen (solange sie nicht als Funktionshäftlinge eingesetzt wurden). Die abwertende Bezeichnung „BV ler“ oder „Berufsverbrecher“ verdeckt, dass diese Leute nicht Mörder und Kapitalverbrecher waren, sondern oft nur mehrfach rückfällige Diebe, kleine Betrüger und Kleinkriminelle.
Insofern waren diese Personen zunächst einmal Opfer.
Sie wurden teilweise zu Tätern, wenn sie unbeschränkte Macht erhielten und Sadisten waren. Vielleicht könnte folgende Erläuterung deine Bedenken ausräumen (Vorschlag:)

  • Sie waren zwar nicht Urheber, oft aber Vollstrecker eines Systems, das Gewalttätigkeiten und den Tod eines Zwangsarbeiters billigend in Kauf nahm.[3]

2) Orth macht auf die gefärbte Sichtweise dieser Quellen aufmerksam. Ich verstehe Orth so, dass die meisten Zeitzeugenberichte von politischen Gefangenen stammen und diese stark auf den Kampf um die von „Berufsverbrechern“ eingenommenen Funktionsstellen fokussieren, die laut Orth übrigens außerhalb des Reiches von der SS gern eingesetzt wurden, weil deutschsprachig und deutschblütig.
Tatsächlich findet sich in der Erinnerungsliteratur viel über Grausamkeiten der „Berufsverbrecher“ und die Verantwortlichkeit der SS auch dafür (!) wird nicht deutlich benannt.
Es gerät auch aus dem Blick, dass die politischen Häftlinge (z. B. der KPD in Buchenwald) ihrerseits alle Funktionsstellen zu besetzen trachteten, ihre eigenen Leuten schützten und ggf. einen „Opfertausch“ vornahmen – also durchaus eigennützig und nicht immer im Interesse der Gesamtheit aller KZ-Häftlinge handelten. Auch die Gruppe der politischen Häftlinge war nicht einheitlich – so agierten national-polnische und kommunistische Gruppierungen gegeneinander.
Deine unter 2) genannten Einwände leuchten mir nicht ein. Das Wort „neuerdings“ bedeutet hier, dass vordem die Herkunft/Eingruppierung der Quellen nicht/kaum berücksichtigt wurde.

3) Dein unter 3) aufgeführtes Einzel-Beispiel widerspricht IMO Orths allgemeiner Beurteilung nicht.

4) „Eine von Niedertracht zeugende Maßnahme“ ist sicher sprachlich genauer als „eine perfide Maßnahme“ – aber ab davon finde ich die Bewertung Orths zutreffend und trotz dieser stilistischen Ungenauigkeit zitierfähig.

5) Als „Zukunfts-Projekt“ ist dein Vorschlag prima. Zur Zeit würde ich gerne belegbare Deutungen/Wertungen hier belassen.

6) Nachbessern möchte ich gerne die Konkretisierung der Privilegien und die Information, dass etwa 5% der Häftlinge irgendwelche Funktionsstellen hatten (gelesen, aber wo? Und daher fehlt der Beleg). Auch der erste Satz „Aufseher über andere Häftlinge“ trifft es noch nicht: Küchenbullen, Schreiber, Arzthelfer... Gruß und leider in Eile -Holgerjan 19:19, 4. Mär. 2008 (CET)Beantworten

Lit-Hinweis

  • Marc Schemmel: Funktionshäftlinge im KZ Neuengamme. o.O. 2007 ISBN 3-83641718-9
  • Lutz Niethammer (Hrsg.): Der „gesäuberte“ Antifaschismus. Die SED und die roten Kapos von Buchenwald. Berlin 1994

beide noch nicht ausgewertet.

  • Karin Orth: Die Konzentrationslager-SS. dtv München 2004, ISBN 3-423-34085-1 (S. 49-51 geht nicht über den im Lemma schon angegebenen Aufsatz hinaus)

-Holgerjan

s. a.

Albert Kuntz

Einsetzen von Häftlingen in die entsprechende Positionen

Eventuell sollte man erwähnen das der überwiegende Teil der Funktionshäftlinge sich zumeist aus der Gruppe der im jeweiligen Lager vorherrschenden Häftlingsformation rekrutierte. So bevorzugte Karl Koch im KL Buchenwald die "Grünen" während sein Nachfolger Pisters die "Roten" bevorzugte. NAch diesem Kommandantenwechsel wurden fast sämtlich Führungspositionen innerhalb der Häftlingsstruktur vollständig ersetzt. (sie dazu Eugen Kogon "Der SS-Staat"). Ähnliches geschah in Dachau und Natzweiler, während zum Beispiel Groß-Rosen von Anfang an stehts in der Hand der Grünen blieb.

Mich interessiert ob diese Info relevant genug ist (natürlich bequellt) um Eingang in den Artikel zu finden. Würde das gerne übernehmen aber bei Artikeln zu diesem Thema bin ich immer etwas vorsichtiger. ;) --Ironhoof 12:11, 8. Jul. 2009 (CEST)Beantworten
Tatsächlich sind derartige Auswechselungen/Bevorzugungen bestimmter Gruppen von Funktionshäftlingen durch Kommandeure nachweisbar - ich erinnere mich, für Auschwitz etwas darüber gelesen zu haben. Allerdings sind die "internen" Kämpfe der unterschiedlichen Häftlingsgruppen (Nationalitäten, Parteizugehörigkeiten u. ä.) um die Besetzung von Funktionsstellen wohl bedeutsamer/häufiger.
Wie im Abschnitt "Deutungen" bereits dargestellt, lassen sich allgemeingültige Aussagen (z. B. negativ-Urteile über die "Grünen"-BVler-Funktionshäftlinge) im Lichte neuer Untersuchungen so nicht halten. Zeitzeugenberichte (Quellen) sind überwiegend von politischen Gefangenen gefertigt und oft gefärbt; moralisch-problematisch auch der erwähnte "Opfertausch".
Insgesamt ist das Problem IMO von der Wissenschaft noch nicht umfassend aufgearbeitet - und daher sollten meiner Meinung nach die bereits im Lemma vorhandenen Hinweise ausreichen (Schemmel ist ausgewertet, Niethammer noch nicht) MfG --Holgerjan 14:38, 8. Jul. 2009 (CEST)Beantworten
  1. Der Revierkapo Heiden im KZ Dachau war als Henker bekannt, Quelle: Stanislav Zámečník: (Hrsg. Comité International de Dachau): Das war Dachau. Luxemburg, 2002. S.153. Krankenrevier-Kapo Heiden amputierte mehrmals anderen Häftlingen einen Finger, oder Blinddarmoperationen, medizinisch war dies nicht notwendig, er übte chirurgische Eingriffe.
  2. Eine Vergünstigung war beispielsweise, dass ein Funktionshäftling für das Erhängen eines Mithäftlings 3 Zigaretten bekam. Quelle: Stanislav Zámečník: (Hrsg. Comité International de Dachau): Das war Dachau. Luxemburg,2002. S.159
  3. Bernd C. Wagner: IG Auschwitz. Zwangsarbeit und Vernichtung von Häftlingen des Lagers Monowitz 1941-1945. München. 2000. ISBN 3-598-24032-5, S. 119