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Schlacht bei Orscha (1514)

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Schlacht bei Orscha
Teil von: Moskowitisch-Litauischer Krieg 1512–1522

Die Schlacht bei Orscha 1514 (Gemälde 16. Jahrhundert)
Datum 8. September 1514
Ort Orscha (Großfürstentum Litauen, heute Weißrussland)
Ausgang Niederlage der Moskowiter
Konfliktparteien
Befehlshaber
Truppenstärke

40.000[2], 80.000[3][4][5][6][7][8][9]bis zu 100.000 Mann [10],
bis zu 300 Kanonen[11][12][13]

32.000[14], 35.000 [15][16] [17]
bis zu 40.000 Mann[18][19], unbekannte Anzahl Kanonen

Verluste

ab 30.000[20][21][22] bis zu 40.000 Mann[23][24][25],
1.545 Gefangene[26][27],
bis zu 300 Kanonen, Gepäck, Standarten[28][29]

unbekannt, wohl wenige Tausend[30]

Die Schlacht bei Orscha fand in der Nähe der Stadt Orscha im heutigen Weißrussland am 8. September 1514[31] zwischen den Streitkräften des Großfürstentums Litauen im Bund mit dem Königreich Polen unter dem Kommando des Großhetmans von Litauen Fürst Konstanty Ostrogski auf der einen Seite und des Großfürstentums Moskau unter der Führung des Konjuschis Iwan Tscheljadnin auf der anderen Seite statt.

In dieser Schlacht, die ein Teil des Moskowitisch-Litauischen Krieges 1512–1522 war, besiegte die zahlenmäßig viel kleinere polnisch-litauische Armee die Streitmacht des russisch-moskowitischen Großfürsten. Im Anschluss nahm das siegreiche Heer das russische Lager ein und nahm die meisten Würdenträger und Kommandanten gefangen.

Hintergrund

Die Schlacht war ein Teil der durch das Großfürstentum Moskau gegen das Großfürstentum Litauen geführten Kriege beim „Sammeln des russischen Landes[32], das allerdings vor dem Ausbruch der moskowitisch-litauischen Konflikte politisch zu keinem Zeitpunkt[33] ein Teil des „Moskowiter Reiches“ war. Das beanspruchte Territorium gehörte bis 1240 dem während des Mongolensturms untergegangenem, ruthenischem Reich der Kiewer Rus[34] an, dessen westlicher, mittlerer und südlicher Teil, aufgrund einer Schwächephase der mongolischen Goldenen Horde, im Kampf gegen die Horde vom Großfürstentum Litauen im Verlauf des 14. Jahrhunderts vollständig absorbiert wurde[35]. Die Großfürsten von Moskau betrachteten diese Gebiete, da sie sich ab der Herrschaft Iwans III. in der Nachfolge dieses Reiches sahen, als ureignes „Erbland“[36].

Am Vorabend der Schlacht

Gegen Ende des Jahres 1512 fing der russische Großfürst einen neuen Krieg um die Länder der alten Kiewer Rus, die ein Teil Litauens waren, an[37]. Die Festung Smolensk war der wichtigste östliche Vorposten der Jagiellonen, welche das Großfürstentum Richtung Osten schützte. Sie wehrte die ersten russischen Belagerungen zu Beginn des Krieges erfolgreich ab, so in den Jahren 1512[38] und 1513[39]. Allerdings ließ Großfürst Wassili III. 1514 eine bis zu 100.000 Mann [40][41] starke Moskowitische Armee mit bis zu 300 Kanonen unter der Führung der Fürsten Glinski und Schtschenja gegen Smolensk in Marsch setzen, die am 17. März[42]mit der Belagerung der Stadt begann, während das Smolensker Umland durch Razzien der Nowgoroder Statthalter Schujski und Morosow verheert wurde. Großfürst Wassili kam persönlich im Juli an die Mauern von Smolensk und ließ die Festung am 29. Juli[43] durch seine Artillerie beschießen, konnte die Stadt damit aber nicht zur Aufgabe zwingen. Erst durch die Vermittlung von Knjas Glinski, eines abgefallenen Vasallen des polnisch-litauischen Königs mit guten Kontakten nach Litauen, dem der Moskauer Großfürst für den Fall eines Erfolgs die Stadt und das Umland als russisches Erblehen versprach[44], fiel die Festung schließlich durch den Verrat[45] des Garnisonskommandeurs Juri Solohub[46] am 30. Juli[47][48][49] in die Hände der Russen[50]. Einen Tag darauf hielt der russische Großfürst seinen feierlichen Einzug in die Stadt[51].

Das Großfürstentum Moskau errang durch die Einnahme der Stadt die Schlüsselposition am Oberlauf des Dnepr[52]. Die Nachricht über die Niederlage der Polen und Litauer breitete sich über ganz Europa aus[53]. Durch diesen Sieg angespornt, befahl Großfürst Wassili III. des Monats August einem Teil seiner Armee [wohl reichlich um die 60.000 Mann[54]] den Vorstoß tief ins Landesinnere des Großfürstentums Litauen und die Einnahme der Städte Krytschau, Mstsislaw und Dubrouna. Währenddessen sammelte der polnische König und litauische Großfürst, Sigismund, seine Truppen für einen Gegenschlag unter dem Kommando von Fürst Konstanty Ostrogski. Das polnisch-litauische Heer war dem des Moskauer Staates zahlenmäßig unterlegen. Es enthielt aber, anders als das russische[55], eine zeitgemäß ausgebildete und -gerüstete Kavallerie, inklusive einer Artillerie-[56] und Militäringenieureinheit[57]. Sie bestand aus etwa:

König Sigismund marschierte in das heutige Weißrussland ein und stieß bis Baryssau vor. Er blieb in der Stadt und verstärkte die Stadtgarnison mit bis zu 4.000 Mann[59] aus seiner Armee. Der Rest des Hauptaufgebots zog unter dem Kommando des Fürsten Ostrogski Richtung Orscha, um sich der feindlichen Streitmacht in den Weg zu stellen. Am 27. August[60] fanden bereits einige Scharmützel an den Übergängen der Flüsse Bjaresina und Drut statt, aber die Moskowiter vermieden zum Zeitpunkt jedwede direkte Konfrontation.

Die Truppen des Moskauer Großfürsten rückten nach der vorherigen Sicherung der eroberten Städte (Smolensk, Mstsislaw, Krytschau, Dubrouna etc.) unter der Führung des Konjuschis Iwan Tscheljadnin mit bis zu 50.000 Mann in die Gegend um Wizebsk zwischen Orscha und Dubrouna am Fluss Kropivna vor[61], wo sie ihr Lager aufschlugen. Sie bekamen den Befehl vorerst nur die Bewegungen der feindlichen Truppen zu observieren, was aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Kommandeuren Tscheljadnin und Knjas Bulgakow-Galitzin völlig missachtet wurde. Tscheljadnin vertrat die Ansicht, die polnisch-litauischen Truppen müssten zumindest eine der zwei Brücken über dem Dnepr überqueren, um ihn zu stellen. Folglich spaltete er seine eigenen Streitkräfte auf, um jene Übergänge zu sichern. Jedoch setzte die etwa 30.000 Mann[62]zählende Armee des Großhetmans einige Kilometer nördlich der erwähnten Brücken in der Nacht vom 7. zum 8. September, ca. fünf Kilometer östlich von Orscha, mit zwei Pontonbrücken die Furt gegenüber dem Dorf Paszyno auf das südliche Ufer über.

Die polnische Armee war einschließlich der Söldneranteile etwa 14.000 Mann stark. Sie bestand aus Infanterie, leichter und schwerer Kavallerie sowie Artillerie und wurde vom Starosten Świerczowski und Sampoliński befehligt. Das Kommando über die 16.000 Mann der zumeist litauischen Reiter ging teils an den Kiewer Wojewoden Radziwiłł, teils an Ostrogski, der auch das Oberkommando innehatte. Um neun Uhr morgens stand das gesamte Heer in einer Flussschlinge und war somit von drei Seiten vom Wasser umgeben. Seine Aufstellung folgte der sogenannten altpolnischen Tradition, die zum Ziel hatte die gegnerische Hauptstreitmacht im Zentrum ihrer Linien zu binden, um sie anschließend über die an den Flanken stationierte schwere polnische Kavallerie zu zerschlagen. Das Zentrum der polnisch-litauischen Formation wurde auf der linken Seite in vorderster Linie mit der polnischen Infanterie und der schlesischen Söldnerinfanterie inklusive einem Teil der Artillerie bemannt. Auf der rechten Seite im Zentrum stand mit etwa 5.000 Mann die polnisch-böhmische Söldner- und Freiwilligenkavallerie. Das Kommando über die „Gruppe Mitte“ hatte Sampoliński. Der linke Flügel wurde in gleicher Mannstärke mit schwerer polnischer Kavallerie unter dem direkten Kommando des Świerczowski besetzt, während der rechte Flügel den litauischen Einheiten unterstand. Beide Flügel wurden durch die Kavalleriereserve, die aus der leichten litauischen Kavallerie bestand, zusätzlich geschützt. Ein Teil der Infanterie mit Artillerie wurde taktisch im Bereich eines Hohlwegs vor dem Feind im Wald versteckt, für den Fall Teile der gegnerischen Streitmacht in diesen Bereich locken zu können.

Die Moskowitische Armee, bestehend aus fünf Regimentern[63][64], wurde in einer traditionellen Schlachtformation aufgestellt. In der Mitte das Große Polk unter der Führung des Tscheljadnin. Vor ihm stellte sich in einer breiten Formation das Regiment des Fürsten Rostowski auf. Auf der rechten Seite stand ein Polk des Knjas Bulgakow-Galitzin, auf der linken das Regiment unter Knjas Obolenski. Die Reserve stand in den hinteren Reihen unter der Führung des Wojewoden Tscheljadin-Dawydow.

Die Schlacht

Am 8. September 1514, um die Mittagszeit, erteilte Tscheljadnin den Befehl zum Angriff[65] und die Kriegsparteien machten ihre Züge. Bulgakow-Galitzin griff mit seinem Regiment vom rechten Flügel als erster an und versuchte den Feind an seiner rechten, litauischen Flanke zu fassen. Ihm stellte sich, ohne Ostrogskis Angriffsbefehl abzuwarten, Sampoliński mit seinen Reitern entgegen. Er wurde allerdings durch die Schlagkraft des Gegners überrascht und zog sich auf seine Startlinie zurück, wo erst die dort stehenden Infanterie- und Artillerieinheiten die Angriffswucht der Russen stoppte. Durch das Sperrfeuer und die leichte Reiterei der Litauer im Rücken ging Sampoliński erneut zur Offensive über. Er zerstreute einen Teil der gegnerischen Einheiten, die Kernstreitmacht des Polks warf er zurück, einige Reste drängte er Richtung des Dnepr ab. Derart in die Zange genommen, erhielt Bulgakow-Galitzin keinerlei Entlastung durch die anderen russischen Truppenteile. Laut dem Chronisten Herberstein lag die Ursache für das Fehlen militärischer Unterstützung in einer persönlichen Fehde zwischen Bulgakow-Galitzin und dem Oberbefehlshaber Tscheljadnin.

Gleichzeitig griff das Regiment des Obolenski die polnische Front an. Ostrogski schickte ihm seine litauische Kavallerie entgegen, die den Angriff stoppte und langsam zurückdrängte. Tscheljadnin entschied seine Offensive durch einen Teil seines Polks und das des Rostowskis zu verstärken. Aufgrund der zahlenmäßigen Unterlegenheit[66] befahl Ostrogski seinen Truppen den Geordneten Rückzug in Richtung des Hohlwegs, wo ein Teil der Infanterie und fast die gesamte Artillerie versteckt war[67]. Die Kriegslist gelang dem weißrussischen Fürsten. Die feindliche Kavallerie schluckte die Finte und folgte den ostrogskischen Truppen in den engen Hohlweg, der Richtung des Dnepr führte. Kurz darauf fiel eine Feuerlawine aus Handbüchsen und Falkonetten über die Russen her. Eine Artilleriekugel tötete Rostowski, ebenso fand Knjas Obolenski den Schlachtentod, das russische Heer bestehend aus zwei Polks mit Reserven wurde im dichten Schlachtengemänge auf ein Minimum dezimiert.

Die Vernichtung der Regimenter Rostowski und Obolenski, leitete die Niederlage der russischen Armee ein. Ostrogski rief zum Generalangriff und warf den Rest seiner Truppen dem Großen Polk des Tscheljadnin entgegen. Unter der Wucht des Angriffs schmolz die Mannstärke im Zentrum des tscheljadninschen Regiments. Er selbst, Tscheljadnin, konnte nur mit Mühe die hintere Reserve des Tscheljadin-Dawydow erreichen, wo auch dort alsbald die schwere polnische Kavallerie des Świerczowski und die Einheiten des Radziwiłł vordrangen und die russischen Streitkräfte zerschmetterten. Die Polen und Litauer verfolgten die flüchtenden Russen bis zum Fluß Kropivna, vier Kilometer vom Schlachtort entfernt, wo viele, die den Kampf überlebt hatten, dem Ertrinkungstod erlagen[68]. Gegen Abend war die Schlacht im Großen und Ganzen vorbei, allerdings dauerte die Verfolgung zersprengter russischer Einheiten noch bis in die Mitternacht.

Folgen

Laut den Aufzeichnungen der polnischen Chronisten, zum Beispiel Martin Cromer, kamen in der Schlacht bei Orscha bis zu 30.000 Moskowiter ums Leben, 4.000 Mann nahmen die Polen und Litauer gefangen, darunter viele einflussreiche Bojaren (den gesamten Senat des Moskauer Reiches) und die meisten der Kommandeure, einschließlich Iwan Tscheljadnin. Den polnisch-litauischen Truppen fiel das reiche Lager der Moskowiter, inklusive ihrer 300 Kanonen in die Hände. Großfürst Wassili in persona, ein erfahrener Kriegsführer, Sieger über die Tataren und andere Nachbarvölker, floh hinter die dicken Mauern seiner Hauptstadt Moskau und erst dort, 120 Meilen vom Schlachtort entfernt, erkannte er an, dass er sich sicher fühlen konnte. Die Nachrichten über die hohen Verluste vernehmend, entgegnete er trotzig: „die Gefangenen [waren] so nützlich wie die Toten“. Da er, genauso wie sein Sohn Iwan IV., nicht bereit war über ihre Rückkehr zu verhandeln, schmachteten die meisten ihr Gefangenendasein jahrzehntelang in polnisch-litauischer Haft. Erst 1552 entließ der polnische König Sigismund II. August den russischen Kommandanten Michail Bulgakow-Galitzin aus der Haft ohne ein Lösegeld vom Zaren Iwan IV. einzufordern. Wie es hieß, aus Achtung für des Knjas' Loyalität [gegenüber der russischen Krone] und stoische Festigkeit[69].

Die Schlacht bei Orscha war eine der größten Schlachten des 16. Jahrhunderts in Europa. Die Armee des Ostrogskis setzte die Verfolgung der Moskowiter fort und nahm die meisten durch die Russen eroberten Festungen (Krytschau, Dubrouna, Mstsislaw) ein, jedoch waren die polnisch-litauischen Kräfte zu erschöpft, um Smolensk noch vor dem Winter zu belagern. Ostrogski erreichte die Tore von Smolensk erst im späten September mit etwa 6.000 Mann und gab dem Großfürsten Wassili genügend Zeit, die Verteidigung vorzubereiten. Eine noch 1514 erfolgte, allerdings erfolglose, Erhebung mit dem Ziel eines Abfalls der Smolensker Bevölkerung vom Moskauer Staat Richtung Polen-Litauen, wurde durch den russischen Statthalter, Fürst Wassili Schujski, bereits im Keimstadium erstickt. Die Konspiranten hing man an der Stadtmauer auf, den Anführer des Aufstands, den orthodoxen Bischof Varsonophius[70], verschleppte man nach Moskau. Eine erfolgte Stürmung der Festung durch die Truppen des Ostrogskis, als Antwort auf das Kriegsgreuel, wehrte Schujski siegreich ab. Da die Schar der Belagerer zu einer dauerhaften Belagerung zu schwach war, musste sie sich nach Litauen in die Winterquartiere zurückziehen[71][72][73].

Im Dezember 1514 marschierte Ostrogski triumphierend in Vilnius ein und wurde von Polen und Litauern[74]als Held gefeiert[75]. Um des Sieges zu gedenken, wurden zwei orthodoxe Kirchen gebaut[76][77]: die Kirche der Heiligen Dreiheit und die Kirche von Heiligem Nicholas, die zu den eindrucksvollsten Beispielen der orthodoxen Kirchenarchitektur in Litauen gehören.

Trotz seiner Größe zog die Schlacht für den Verlierer kaum territoriale Konsequenzen nach sich[78], sie minderte allerdings das Ansehen des Moskauer Großfürsten als potenziellen Verbündeten und steigerte das Prestige des polnisch-litauischen Königtums [79]. Im Anschluss an die Schlacht verließ der römisch-deutsche Kaiser Maximilian I., aus Furcht der polnische König würde mit seinem Schwager, dem ungarischen Magnaten Johann Zápolya, der im gleichen Jahr über den Bauernaufstand des György Dózsa obsiegte, ihre beiden siegreichen Heere gegen ihn, als Anstifter dieser Kriege, vereinen. Er bat den böhmisch-ungarischen König Vladislav II., den älteren Bruder des polnischen Königs Sigismund, eine Aussöhnung und Allianz mit Krakau zu vermitteln[80][81]. Die militärische Niederlage wird Iwan Tscheljadnin und Fürst Bulgakow-Galitzin zugeschrieben, da sie in ihrer Uneinigkeit nicht in der Lage waren, ihre Streitmacht gemeinsam erfolgreich zu koordinieren[82]. Sie kam für den Moskauer Staat einer „Elitenkatastrophe“ gleich[83][84], zudem wurde durch Schwächung der Offensivkraft der russisch-moskowitischen Westexpanison gegen Litauen bis etwa 1563[85] Grenzen gesetzt. Sie konnte jedoch die entscheidenen strategisch-territorialen Resultate der vorhergehenden Schlacht an der Wedroscha des Jahres 1503 (Moskowitisch-Litauischer Krieg 1500–1503) nicht ausgleichen. Der Krieg zwischen dem Großfürstentum Litauen und dem Großfürstentum Moskau setzte sich in einem Grenzkrieg aus gegenseitigen Raubzügen ohne eine Entscheidungschlacht bis 1522 fort. Er endete im Vertrag von Moskau, der einen zunächst auf fünf Jahre begrenzeten Waffenstillstand[86][87][88]beiden Seiten auferlegte, zudem hatte Litauen auf Basis Uti possidetis auf bis zu ein Drittel seiner ruthenischen Gebiete einschließlich Smolensk zu verzichten, das erst 1611 im Polnisch-Russischen Krieg 1609–1618, nach einer monatelangen Belagerung, von Polen-Litauen zurückerobert wurde.

Umstrittene Daten

Aufgrund der vernichtenden Niederlage der russischen Seite, wurden Informationen über die Schlacht in den moskowitischen Chroniken verschwiegen. Sogar angesehene Historiker des Russischen Reiches, wie Sergei Solowjow, waren auf nicht-russische Quellen angewiesen. Andererseits suchte der polnische König, Sigismund I., so viel politischen Nutzen mit Mitteln der Propaganda[89] aus der russischen Niederlage zu ziehen, wie es ihm nur möglich war[90]. Folglich werden die Größenverhältnisse der jeweiligen Armeen und die Zahlen der Umgekommenen oder Gefangenen vorallem von russischen Historikern in Frage gestellt.

Insbesondere die Größe der russischen Armee (ca. 80.000 Mann) wird kritisch hinterfragt. Selbst Zar Iwan der Schreckliche, der über ein größeres Reich als sein Vater herrschte, konnte kaum mehr als 40.000 Mann Truppen ausheben, 20% gehörten den zuvor unterworfenen Völkern der Finnen und Tataren an. In der Konsequenz wird auch die Zahl der getöteten 30.000 Moskowiter hinterfragt. Allerdings berichten einige Quellen, dass Zar Iwan IV., als er 1552 gegen Kasan in den Krieg zog, eine Armee aus bis zu 150.000 Mann [wohl inklusive eines Trosses] anführte [91][92][93].

Als ein indirekter Beweis der Übertreibung kann gemäß der Meinung russischer Historiker folgendes dienen: König Sigismund schrieb Papst Leo X., dem Kaiser Maximilian I. und anderen europäischen Herrschern, dass seine Armee 30.000 Moskowiter tötete, zudem 45 Fürsten, Wojewoden, Offiziere und 1.500 Edelleute (Dworane) gefangennahm[94][95]. Laut polnisch-litauischen Dokumenten werden allerdings nur 611 Gefangene der russischen Aristokratie namentlich erwähnt.

Siehe auch

Referenzen

Literatur

  • Baumgarten, Sigmund Jacob: Algemeine Welthistorie, S. 232−237
  • Dróżdż, Piotr: Orsza 1514, Bellona Verlag, Warschau 2000, ISBN 831109134X
  • Stryjkowski, Maciej: Kronika polska, litewska, żmódzka i wszystkiéj Rusi, Bd. 2, S. 381−388
Commons: Schlacht bei Orscha – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Bemerkungen und Einzelnachweise

  1. Im Bündnis mit dem Königreich Polen
  2. Christien Ostrowski, Krystyan Józef Ostrowski: Lettres slaves, S. 160
  3. Rainer Lindner: Historiker und Herrschaft, S. 89
  4. Eduard Pelz: Geschichte Peters des Grossen, S. 47
  5. Icon Group International, Inc.: Attackers, S. 204
  6. Charles Knight: The English Cyclopaedia
  7. Philipp Strahl, Ernst Herrmann: Geschichte des russisschen Staates, S. 22
  8. Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, S. 241
  9. Stryjkowski, Maciej: Kronika polska, litewska, żmódzka i wszystkiéj Rusi, Bd. 2, S. 381
  10. František Palacký: Geschichte von Böhmen, S. 317
  11. Icon Group International, Inc.: Attackers, S. 204
  12. Tadeusz Korzon, Bronisław Gembarzewski: Dzieje wojen i wojskowości w Polsce
  13. Laut Alexander Bronikowski: Die Geschichte Polens, S. 50; bis zu 500 Kanonen, die er als „Stücke“ beschreibt
  14. Charles Knight: The English Cyclopaedia
  15. Rainer Lindner: Historiker und Herrschaft, S. 89
  16. Philipp Strahl, Ernst Herrmann: Geschichte des russisschen Staates, S. 22
  17. Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, S. 241
  18. František Palacký: Geschichte von Böhmen, S. 317
  19. Eduard Pelz: Geschichte Peters des Grossen, S. 47
  20. František Palacký: Geschichte von Böhmen, S. 317
  21. Philipp Strahl, Ernst Herrmann: Geschichte des russisschen Staates, S. 22
  22. Friedrich Stra, Wilhelm Havemann: Handbuch der Weltgeschichte, S. 429
  23. Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, S. 241
  24. Alexander Bronikowski: Die Geschichte Polens, S. 50
  25. Maciej Stryjkowski: Kronika polska, litewska, żmódzka i wszystkiéj Rusi, Bd. 2, S.386
  26. die Quellen erwähnen bis zu 1.545 Gefangene alleine aus dem russischen Adel, denen wohl einige Tausend Gefangene aus dem „einfachen Volk“, Knechte, in die Gefangenschaft folgten
  27. Philipp Strahl, Ernst Herrmann: Geschichte des russisschen Staates, S. 22
  28. Philipp Strahl, Ernst Herrmann: Geschichte des russisschen Staates, S. 22
  29. Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, S. 241
  30. Laut Algemeine Welthistorie, S. 236: 400 Mann
  31. František Palacký: Geschichte von Böhmen, S. 317
  32. Peter Nitsche, Eckhard Hübner: Zwischen Christianisierung und Europäisierung, S. 91
  33. Norman Davies: Im Herzen Europas, S. 266
  34. Vorgängerstaat der heutigen Staaten Weißrussland, Ukraine und Russland
  35. Norman Davies, Im Herzen Europas, S. 264
  36. Hermann Wiesflecker: Maximilian I. Das Reich, Österreich und Europa an der Wende zur Neuzeit, Bd. 1-5 / Jugend, burgundisches Erbe und Römisches Königtum bis zur Alleinherrschaft 1459-1493: BD 1 (Gebundene Ausgabe), S. 311-312
  37. Der vorangegangene Konflikt war der Moskowitisch-Litauische Krieg 1507–1508, der durch den Moskauer „Ewigen Frieden“ 1508 [Paweł Jasienica: Polska Jagiellonów, S. 314: Ewiger Friede Oktober 1508] beendet wurde, der de facto nichts mehr als ein vierjähriger Waffenstillstand war
  38. Laut Philipp Strahl und Ernst Herrmann in Geschichte des russisschen Staates, S.18, ...war der Casus belli unter anderem eine Allianz [Defensivallianz] zwischen König Sigismund und Meñli I. Giray, dem Khan der Krim, der das Moskauer Gebiet gegen polnische Tribute mit Razzien verheeren ließ. Die erste Belagerung begann etwa im November 1512 [die Autoren erwähnen nicht das genaue Datum, nur dass der Großfürst im Dezember erschien]. Der Großfürst erschien am 19. Dezember persönlich vor Smolensk, sah sich jedoch aufgrund des Austretens des Dneprs, der die Kommunikation und Zufuhr erschwerte, zum Abzug im März 1513 genötigt
  39. Laut Philipp Strahl und Ernst Herrmann in Geschichte des russisschen Staates, S.18, begann die zweite Belagerung im September des Jahres 1513 und wurde aufgrund des schlechten Herbstwetters bereits nach sechs Wochen abgebrochen
  40. Laut Algemeine Welthistorie, S. 233: ...„So führte er [Wassili von Russland] 100.000 Mann gegen Sigmunden [Sigismund von Polen-Litauen] an; er selbst setzte sich mit 20.000 Mann in einem lager bey Smolensk; die andern 80.000 schickte er nach littauen
  41. wohl inklusive eines Trosses
  42. Algemeine Welthistorie, S. 232: 17. März 1514
  43. Philipp Strahl, Ernst Herrmann: Geschichte des russisschen Staates, S.19
  44. Algemeine Welthistorie, S. 233: siehe da
  45. Meyers Konversationslexikon: Glinski, Michael, S. 435
  46. Algemeine Welthistorie, S. 233: Solohub
  47. Jerzy Hrycyk, Józef Buszko, Walter Leitsch, Stanisław Dzida: Österreich Polen, S. 35
  48. Sigmund von Herberstein, Wolfram von den Steinen, Paul König, Walter Leitsch: Das alte Russland, S. 185
  49. Paweł Jasienica: Polska Jagiellonów, S. 317: nur Juli
  50. Solohub, der anfangs Widerstand gegen die voreilige Übergabe leistete [laut Algemeine Welthistorie, S. 233], aber nach Morddrohungen durch die lokalen Würdenträger gegen seine Person den Forderungen der prorussischen Konspiranten nachgegeben hatte, wurde für seine Entscheidung später angeklagt und hingerichtet [Paweł Jasienica: Polska Jagiellonów, S. 317]
  51. Hermann Aubin: Geschichtliche Landeskunde und Universalgeschichte, S. 170
  52. Paweł Jasienica: Polska Jagiellonów, S. 317
  53. In Rom dachte man schon, das Ende des Königreichs Polen wäre angekommen, des Weiteren erwartete man einen Angriff seitens deutscher Staaten (Kaiser Maximilian von Habsburg im Bund mit Hochmeister Albrecht von Hohenzollern) [Paweł Jasienica: Polska Jagiellonów, S. 317] zur Stützung der moskowitischen Offensive. Im August 1514 ratifizierte Kaiser Maximilian die im Januar 1514 bei Großfürst Wassili von Russland vorgelegte Allianzurkunde, die sich gegen König Sigismund von Polen-Litauen richtete [Maike Sach: Hochmeister und Grossfürst, S. 210].
  54. Laut Algemeine Welthistorie, S. 233: 80.000 Mann
  55. Die technische Unterlegenheit versuchte der Moskauer Großfürst durch die schiere Masse seiner Reiterei auszugleichen, die den Kern russischer Streitkräfte darstellte. Erst Knjas Glinski, der im westlichen Europa Kenntnisse der Renaissance-Kriegsführung erwarb, leitete grundlegende Militärreformen des russischen Heeres ein, das er auch um Infanterie- und Artillerieeinheiten erweiterte
  56. Unter der Leitung der Nürnberger Hans Weiß und Jan Behem
  57. Unter der Leitung von Jan Baszta aus Żywiec
  58. Algemeine Welthistorie, S. 235: siehe da
  59. Algemeine Welthistorie, S. 235: siehe da
  60. Stryjkowski, Maciej: Kronika polska, litewska, żmódzka i wszystkiéj Rusi, Bd. 2, S. 382
  61. Algemeine Welthistorie, S. 235: siehe da
  62. Algemeine Welthistorie, S. 233: 30.000 Mann bei Baryssau
  63. auf russisch Polk, Polk=Regiment; Regimenter, die in den „Vorderen Polk“ und Polks „zur linker“ und „rechter Hand“ eingeteilt wurden u. a.
  64. fast ausschließlich leichte Kavallerie
  65. Laut Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, S. 241, ...Angriff der Russen gegen die feindlichen Linien
  66. Der Vorteil der Russen lag in dieser Kampfsituation bei 3:1
  67. Laut Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, S. 241, ...verstellter Rückzug in den Bereich der Kanonen
  68. Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, S. 241
  69. Arthur Kleinschmidt: Russland's Geschichte und Politik dargestellt in der Geschichte des russischen hohen Adels, S. 82
  70. auch Warssonosii genannt
  71. Philipp Strahl, Ernst Herrmann: Geschichte des russisschen Staates, S. 22
  72. Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, S. 241
  73. Algemeine Welthistorie, S. 237: siehe da
  74. Von der litauischen Staatsbevölkerung, darunter fielen vorallem auch die Weißrussen
  75. Philipp Strahl, Ernst Herrmann: Geschichte des russisschen Staates, S. 22
  76. Philipp Strahl, Ernst Herrmann: Geschichte des russisschen Staates, S. 22
  77. Algemeine Welthistorie, S. 237: siehe da
  78. Smolensk mit Umland blieb ab 1514 bis 1611 unter der russischer Herrschaft
  79. Maike Sach: Hochmeister und Grossfürst, S. 212
  80. Algemeine Welthistorie, S. 237: siehe da
  81. Die sich unter der Führung des Hauses Habsburg herausbildende antijagiellonische Liga aus deutschen Staaten im Heiligen Römischen Reich, Dänemark, Russland, dem Deutschen Orden in Preußen und Livland, brach als Ergebnis der Schlacht wie ein Kartenhaus in sich zusammen
  82. Philipp Strahl, Ernst Herrmann: Geschichte des russisschen Staates, S. 22
  83. Laut Rzeczpospolita vom 25.03.06 Nr. 72, ORSZA ROK 1514, Przez Orszę do Europy
  84. In die Gefangenschaft geriet fast die gesamte militärische Führung der Russen, namentlich Tscheljadnin und Bulgakow-Galitzin, Vertreter etlicher Fürsten- und Bojarenhäuser, so die Rurikiden-Fürsten der Linien Rjasan, Jaroslawl, Smolensk und Starodub
  85. Verlust von Polazk mit Umland nördlich der Düna 1563 an das Zarentum Russland im Moskowitisch-Litauischen Krieg 1562–1570
  86. Laut Feliks Koneczny, Dzieje Rosji: gab sich Polen-Litauen mit dem Verlust von Smolensk nicht ab, folglich wurde nur ein Waffenstillstand geschlossen, der 1527 um weitere sechs Jahre verlängert wurde
  87. Carol Belkin Stevens: Russia's wars of emergence, 1460-1730, S. 59
  88. Eduard Pelz: Geschichte Peters des Grossen, S. 47
  89. Für König Sigismund, der an der Ostflanke seines Herrschaftsgebiets in Litauen durch den „Wieliki Knjas“ zu Moskau durch endlose Kriege bedrängt [Großfürst Wassili erhob Anspruch auf fast das gesamte Staatsgebiet des Großfürstentums Litauen, das er als „sein Erbland“ ansah. Die geschlossenen Waffenstillstände mit den Litauern brach er nach Gutdünken, so 1512 unter Abgabe fadenscheiniger Gründe] und zudem durch eine deutsch-russische Allianz zwischen Großfürst Wassili und Kaiser Maximilian auch an der Westflanke seines Reiches unverblümt bedroht wurde, war der Sieg bei Orscha wie ein Befreiungsschlag, durch den er aus der defensiven Haltung in die politische Offensive überging
  90. Maike Sach: Hochmeister und Grossfürst, S. 212
  91. Peter Nitsche, Eckhard Hübner: Zwischen Christianisierung und Europäisierungt, S. 308
  92. Hans Uebersberger: Österreich und Russland seit dem Ende des 15. Jahrhunderts, S. 279
  93. Detlef Jena, Rainer Lindner: Die russischen Zaren in Lebensbildern, S.41
  94. Philipp Strahl, Ernst Herrmann: Geschichte des russisschen Staates, S. 22
  95. Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, S. 241