Verbraucherschutz
Verbraucherschutz bezeichnet die Gesamtheit der Bestrebungen und Maßnahmen, die Menschen in ihrer Rolle als Verbraucher von Gütern oder Dienstleistungen schützen sollen. Die Annahme eines Schutzbedürfnisses beruht auf der Erfahrung, dass Verbraucher gegenüber den Herstellern und Vertreibern von Waren und gegenüber Dienstleistungsanbietern „strukturell unterlegen“ sind, das heißt infolge mangelnder Fachkenntnis und/oder Erfahrung leicht übervorteilt werden können. Dieses Ungleichgewicht so weit als möglich auszugleichen ist das Anliegen des Verbraucherschutzes.
In einem weiteren Sinne wird der Begriff auch gebraucht, um den von gesetzlichen Vorschriften gewährleisteten Schutz vor Gesundheitsgefahren zu bezeichnen (siehe Sicherheitshinweis), die Verbrauchern typischerweise drohen (z. B. durch Verunreinigungen im Trinkwasser). Insoweit ist der Sprachgebrauch uneinheitlich; manche sprechen von Verbraucherschutz, manche von Gesundheitsschutz oder auch „gesundheitlichem Verbraucherschutz“.
Organisation des Verbraucherschutzes
Der Verbraucherschutz ist traditionell ein Betätigungsfeld von Vereinen und Verbänden, die ihren Anfang in Selbsthilfeorganisationen hatten, zum Beispiel in den - häufig zu Unrecht belächelten - Hausfrauenvereinen. Die heutigen Verbraucherberatungsstellen werden überwiegend von solchen Organisationen (Verbraucherverbänden) getragen. Nach und nach hinzugetreten sind auch fachspezifische Verbraucherorganisationen wie z. B. der Verband der Postbenutzer, die im Gegensatz zu den herkömmlichen Verbrauchervereinen nicht in erster Linie von Privatpersonen, sondern von kleineren und mittleren Unternehmen getragen werden.
In der Organisation der deutschen Politik auf Bundesebene hatte der Verbraucherschutz lange keinen eigenen Platz. Rechtliche Fragen wurden vom Justizministerium bearbeitet, wirtschaftliche eher vom Wirtschaftsministerium, gesundheitliche vom Gesundheitsministerium. Erst seit der Bildung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ist diese Aufgabe an einer Stelle zusammengefasst. Diese „Karriere“ des Verbraucherschutzes als Thema der Politik spiegelt sich auch in der Europäischen Kommission wider, die seit einigen Jahren eine eigene Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz hat.
Leitbild des Verbraucherschutzes
Schutzbestrebungen können, wenn sie zu weit getrieben werden, allerdings auch Entscheidungsmöglichkeiten der Verbraucher einschränken und zu einer Bevormundung werden. Deswegen geht die heutige Verbraucherschutzpolitik vom „mündigen Verbraucher“ aus, der selbst zu entscheiden willens und in der Lage ist. Schutzvorschriften sollen deswegen nur vor nicht akzeptablen Risiken bewahren. Das Treffen bewußter Verbrauchsentscheidungen hängt jedoch weitgehend davon ab, dass Entscheidungskriterien, also Informationen, für Verbraucher verfügbar sind. In einigen Bereichen wird dies durch Gesetze recht weitgehend gewährleistet, z. B. bei den Inhaltsangaben, die für verpackte Lebensmittel vorgeschrieben sind; in anderen Bereichen - z. B. bei Textilien - wären für viele Verbraucher weitergehende Informationen wünschenswert.
Verbraucherschutzrecht
Im deutschen Recht gibt es kein kompaktes Verbraucherschutzgesetz, das alle Fragen des Verbraucherschutzes regeln würde. Rechtsnormen, die hauptsächlich oder „nebenbei“ Zielen des Verbraucherschutzes dienen, gibt es in sehr vielen Einzelgesetzen. Oft überschneidet sich die Zielsetzung des Verbraucherschutzes auch mit anderen Zielsetzungen; dies liegt daran, dass „Verbraucher“ nur eine soziale Rolle von Menschen ist. Die gleichen Menschen können einer gleichen Gefährdung auch in einer anderen Rolle ausgesetzt sein, z. B. als Arbeitnehmer. Eine Vorschrift, die den Umgang mit einer Chemikalie regelt, kann deswegen sowohl dem Arbeitsschutz dienen als auch dem Verbraucherschutz und womöglich auch noch dem Umweltschutz. Als Rechtsgebiet ist Verbraucherschutz daher nicht eindeutig abgrenzbar. Die folgende Aufzählung von Verbraucherschutznormen des deutschen Rechts ist deswegen nicht abschließend und enthält auch Normen, die zugleich andere Zielsetzungen verfolgen.
- Im Bürgerlichen Gesetzbuch die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf (§§ 474-479), den Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491), über Finanzierungshilfen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (§§ 499-504), teilweise die Vorschriften über die Wohnraummiete (§§ 549-577a). Viele weitere Vorschriften des Bürgerlichen Rechts lassen sich nicht eindeutig dem Verbraucherschutz zuordnen, weil sie den Ausgleich typischer Interessengegensätze zwischen Vertragsparteien bezwecken und damit nicht „einseitige“ Schutznormen zugunsten des Verbrauchers sind, sondern auch die Interessen der Anbieter von Waren oder Dienstleistungen berücksichtigen. Zu diesen Vorschriften gehören z. B. diejenigen über Allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305-310).
- Viele Formvorschriften sind vom Verbraucherschutz motiviert, z. B. die Notwendigkeit, einen Grundstückskaufvertrag von einem Notar beurkunden zu lassen. Damit soll für Verträge, die typischerweise zu hohen Summen und mit der Absicht dauerhaften Eigentumserwerbs geschlossen werden, die fachkundige Beratung sichergestellt werden.
- Viele Vorschriften des öffentlichen Rechts, die auf zahlreiche Gesetze verstreut sind, dienen dem (meist gesundheitlichen) Verbraucherschutz. Diese Gesetze verpflichten in der Regel Hersteller und Händler von Waren zur Einhaltung bestimmter Mindeststandards im Hinblick auf Rohstoffe, sonstige Ausgangsmaterialien oder Zusatzstoffe oder auch im Hinblick auf Herstellungsverfahren oder Verpackungen. Im deutschen Recht ist das wichtigste derartige Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen (Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz - LMBG). Aufgrund dieses Gesetzes wurden zahlreiche Verordnungen mit sehr detaillierten Vorschriften erlassen, z. B. die Kosmetikverordnung. Weitere wichtige Gesetze aus diesem Bereich sind beispielsweise das Fleischhygienegesetz und das Arzneimittelgesetz.
- Seit Anfang 1999 besteht durch Inkrafttreten der Insolvenzordnung ("InsO") eine gesetzliche Möglichkeit zur Zahlungs-Entpflichtung (Entschuldung, Schuldenbefreiung, in der InsO: "Restschuldbefreiung") durch Gerichtsbeschluss für zahlungsüberpflichtete (überschuldete) Verbraucher und Verbraucherinnen durch Beantragung eines Verbraucher-Insolvenzverfahrens bei dem Amtsgericht, welches am Ort des für den Wohnsitz der Insolvenz-Person zuständigen Landgerichts seinen Sitz hat.
Literatur
Ultsch, in Schwarz/Peschel-Mehner (Hrsg.): Recht im Internet. Kognos Verlag Augsburg, ISBN 3-931314-04-9
Weblinks
- Ministerium für Verbraucherschutz (Deutschland)
- Verbraucherzentrale Bundesverband (Deutschland)
- Verbraucherschutz in Deutschland - ein historischer Überblick (der Verbraucherzentrale Bundesverband)
- Tätigkeitsbereich Verbraucher der Europäischen Union
- Stiftung für Konsumentenschutz (Schweiz)
Siehe auch
Konsumentenrechte, Verbraucherzentrale, Consumerism (engl. Wikipedia), Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft