Knochenbruchbehandlung
Konservative und operative Knochenbruchbehandlung
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Knochenbrüche sind die häufigsten schwereren Unfallfolgen. Ihre Behandlung ist qualitativ und quantitativ der wichtigste Schwerpunkt der Unfallchirurgie. Für den Betroffenen ist angesichts der Vielfalt der Behandlungsmöglichkeiten oft nur schwer nachvollziehbar, warum gerade bei ihm das eine, bei einem vermeintlich "gleichen" Fall ein anderes Verfahren gewählt wurde. In diesem Artikel sollen die Grundlagen sowie die wichtigsten Verfahren der Behandlung von Knochenbrüchen allgemeinverständlich dargestellt werden.
Definitionen
- Wegen der besseren Lesbarkeit wird im Weiteren statt des deutschen Begriffes Knochenbruch der übliche und bekannte Fachbegriff Fraktur verwendet.
Historisches
Einteilung der Frakturen
Wir unterscheiden Frakturen nach mehreren Kriterien:
- Nach der Zahl der Fragmente:
- Einfragmentfrakturen (nur ein Frakturspalt)
- Stückfrakturen (bis zu drei zusätzliche Fragmente)
- Trümmerfrakturen (mehr als drei zusätzliche Fragmente)
- Nach der Lokalisation:
- Schaftfrakturen (diaphysäre Frakturen)
- Gelenknahe Frakturen ( metaphysäre Frakturen)
- Gelenkfrakturen (Frakturen mit Beteiligung der Gelenkfläche und Luxationsfrakturen)
Eine systematische Klassifikation der Frakturen der langen Röhrenknochenwurde 1958 von der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen (AO)entwickelt [1]. Diese Klassifikation wird heute allgemein als Grundlage der Beschreibung von Frakturen sowohl im klinischen Alltag als auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen verwendet.
Des weiteren wird zwischen offenen Frakturen und geschlossenen Frakturen unterschieden. Der Schwergrad der Weichteilverletzung wird in beiden Fällen wie folgt dokumentiert:
Offene Frakturen

- Grad I: Durchspießung der Haut von innen ohne größere Verletzung von Sehnen, Muskeln, Blutgefäßen und Nerven, keine wesentliche Verschmutzung des Knochens.
- Grad II: Offene Hautwunde im Frakturbereich mit geringer Quetschung der Haut und der Muskulatur.
- Grad III: Offene Hautwunde mit tiefer, ausgedehnter Weichteilzerstörung und Schädigung von Nerven und/oder Blutgefäßen.
- Grad IV: "Subtotale" Amputationsverletzung, wobei weniger als 1/4 des Weichteilmantels intakt ist und ausgedehnte Verletzungen von Nerven und Blutgefäßen Vorliegen.
Geschlossene Frakturen
- Grad I: Oberflächlich Hautabschürfung im Frakturbereich, einfache bis mittelschwere Frakturform
- Grad II: Tiefe, verschmutzte Hautabschürfung, lokalisierte Quetschung (Kontusion) von Haut und Muskulatur
- Grad III: Ausgedehnte Hautkontusion oder Zerstörung der Muskulatur, subkutanes Décollement, Kompartmentsyndrom
Übersicht der Frakturformen
Querfraktur
Einfache, querverlaufende Fraktur. Entsteht oft durch direkte Krafteinwirkung auf die feststehende Extremität, z.B. durch eine Blutgrätsche beim Fußball.
Schrägfraktur
Wie Querfraktur, aber in unterschiedlichem Winkel schrägverlaufende Frakturlinie. Unfallhergang auch ähnlich, nur mit schräg einwirkender Kraft.
Spiral- oder Torsionsfraktur
Auf kürzerer oder längerer Strecke spiralig verlaufende Frakturlinie. Entsteht durch indirekte Gewalteinwirkung (Verdrehung der feststehenden Extremität). Häufig beim alpinen Skisport.
Berstungsfraktur
Kommt nur am knöchernen Schädel vor. Fraktur durch Einwirkung stumpfer Gewalt. Sternförmige Frakturlinien, oft auch mit Impression von Fragmenten.
Kompressionsfraktur
Fraktur durch Gewalteinwirkung auf die Längsachse eines Knochens. Unfallhergang oft Sturz aus größerer Höhe.
Beispiele:
- Fersenbeinfraktur (Dachdeckerfraktur)
- Schienbeinkopffraktur
- Wirbelkörperfraktur
Grünholzfraktur
Kindliche Frakturform, die Knochenhaut (Periost) reißt nicht, es kommt zur Knickbildung wie bei einem frischen grünen Zweig.
Ermüdungsfraktur
Fraktur durch ständige zyklische Belastung eines Knochens. Am Mittelfußknochen auch "Marschfraktur" genannt.
Diagnostik
Klinische Diagnostik
Die bei der körperlichen Untersuchung auffindbaren Frakturzeichen sind hier hinreichend daargestellt.
Im Regelfall werden von dem frakturverdächtigen Skelettabschnitt Röntgenaufnahmen in 2 senkrecht zueinander stehenden Ebenen angefertigt. Bleibt trotz unauffälliger Röntgenbilder klinisch der Frakturverdacht bestehen, müssen häufig Spezialprojektionen (Schrägaufnahmen, Zielaufnahmen, Spezialaufnahmen wie Schädelbasis, Nasennebenhöhlenaufnahme) oder Bildwandleraufnahmen angefertigt werden. Falls diese nicht zum Erfolg führen, wird mit den folgenden Methoden weitergesucht:
Ermöglicht nicht nur die Erkennung bislang nicht sichtbarer Frakturen, sondern auch die dreidimensionale Darstellung komplexer Frakturen (z.B. Schienbeinkopf, Oberarmkopf, Wirbelsäule), die dann zur Wahl des erforderlichen Behandlungsverfahrens hinzugezogen werden. Eine Besonderheit ist die Anwendung der modernen Spiral-CTs bei der Diagnostik des Polytraumas, es kann ein kompletter "Trauma-Scan" gefahren werden und zunächst auf Einzeldarstellung unbedeutenderer Frakturen verzichtet werden.
Die MRT ist ebenfalls ein geeignetes Verfahren zur Darstellung von Frakturen und kann im Gegensatz zu den radiologischen Verfahren auch bei der Schwangeren eingesetzt werden.
An manchen Körperregionen (Beispiel: Brustbein) lassen sich auch mit der Sonographie Frakturen dokumentieren oder ausschließen. Kann ebenfalls bei Schwangeren durchgeführt werden.
Frakturheilung
Die Frakturheilung erfolgt in 5 Phasen, die sich teilweise zeitlich überlappen:
Frakturphase: | Diese kurze Phase umfasst den Zeitraum vom Beginn der Gewalteinwirkung auf den Knochen bis zu dem Moment, ab dem keine Kräfte mehr auf den Knochen und das umgebende Gewebe einwirkt. In dieser Zeit wird die Kortikalis, das Knochenmark, die Knochenhaut und in unterschiedlichem Ausmaß auch Gewebe in der Umgebung durchtrennt. Im Frakturspalt entsteht ein Bluterguss. |
Entzündungsphase: | Nach Eintritt der Fraktur beginnt sofort ein überschiessende Aussprossung von feinsten Blutgefäßen (Kapillaren), begleitet von der raschen Ausbildung verschiedenere Entzündungszellen (weiße Blutkörperchen, Mastzellen, Fresszellen (Makrophagen)). Dies führt unter anderem zu einer raschen vermehrten Blutversorgung, die nach etwa 2 Wochen um das 6-fache der Norm erhöht sein kann. Die Entzündungsphase selbst ist normalerweise bereits nach 2-3 Tagen abgeklungen. |
Granulationsphase: | Nach Abklingen der Entzündungsphase wird der Bluterguss, in dem sich jetzt bereits ein Netz von Fibrin und Kollagen gebildet hat, durch Granulationsgewebe mit Fibroblasten, weiterem Kollagen und zahlreichen Kapillaren ersetzt. Dieser sogenannte "weiche Kallus" führt die erste überbrückung der Frakturenden herbei. Osteoklasten beginnen, tote, nicht durchblutete Knochensubstanz abzubauen, während Osteoblasten mit der Knochenneubildung im Bereich der Knochenhaut beginnen. Dies wird "primäre Kallusreaktion" genannt. Am Ende dieser Phase, nach 3-4 Wochen, sind die Bruchenden teils durch Bindegewebe, teils durch Knochen weich miteinander verbunden. Im Röntgenbild sieht man jetzt eine Unschärfe des Bruchspaltes und noch flaue Verschattungen in und um den Bruchspalt. |
Phase der Kallushärtung: | Anschließend wird der Kallus durch Mineralisation "ausgehärtet". Dies geschieht im wesentlichen durch die Einlagerung von Kalzium, welches von Chondrozyten abgegeben wird. So entsteht zunächst ein "Geflechtknochen", der sich entlang der neugebildeten Kapillaren netzartig ausbreitet. |
"modelling"- und "remodelling"-Phase: | Der Kallus wird im Weiteren nach und nach durch Lamellenknochen ersetzt. ("modelling"). Mit der zumindest teilweisen Wiederherstellung der normalen Knochenstruktur durch langsamen Ab-, Auf- und Umbau ("remodelling") ist die Frakturheilung abgeschlossen. |
Behandlungsprinzipien
Aus dem zuvor geschilderten Vorgang der Frakturheilung und der einleuchtenden Tatsache, dass die Funktion des verletzten Systems umso besser wiederhergestellt wird, je genauer er in Länge, Rotation und Achsenknick der unversehrten Anatomie entspricht, ergeben sich die drei Grundprinzipien der Frakturbehandlung nahezu von selbst:
- Reposition: Die Fraktur muss zunächst durch geeignete Maßnahmen in eine möglichst exakt anatomiegerechte Stellung verbracht werden. Dies sollte in der Regel so früh wie möglich geschehen, da sich bei grob fehlgestellten Frakturen die Begleitschäden rasch verschlimmern können (Hämatom, Spannungsblasen, Durchblutungsstörungen etc.). Die geeignete Repositionsmethode hängt sehr vom Frakturtyp ab: Manchmal genügt einfacher Zug in der Längsachse, sogar ausnahmsweise ohne Anästhesie, oftmals muss in Narkose unter Röntgenkontrolle aufwendig geschlossen reponiert werden, in vielen Fällen gelingt die Reposition erst operativ als "offene" Reposition. Sollte nach Lage der Dinge ohnehin eine sofortige operative Frakturversorgung erforderlich sein, genügt bis dahin die grob ausgerichtete Lagerung auf einer entsprechenden Schiene oder Vakuummatratze. Die endgültige Reposition soll in allen drei Ebenen (Länge, Achsenknick und Seitverschiebung) so exakt wie möglich sein. Ausnahmen werden in den entsprechenden Unterkapiteln beschrieben. Völlig unverschobene Frakturen bedürfen naturgemäß keiner Reposition.
- Retention: Die reponierte Fraktur muß durch geeignete Maßnahmen daran gehindert werden, nachträglich wieder aus der gewünschten anatomiegerechten Stellung abzuweichen ("Sekundärer Korrekturverlust"). Diese Ruhigstellung kann je nach Frakturtyp völlig unterschiedlichen Aufwand bedeuten. So reicht zum Beispiel bei wenig verschobenen oder "eingestauchten" Oberarmkopfbrüchen das Anwickeln des Armes an den Körper (Desault- oder Gilchrist-Verband aus, gebrochene Zehen werden einfach mit einem Pflasterstreifen an den Nachbarn "gefesselt". In vielen Fällen kommen Steifverbände (Gips oder wasserpolymerisierender Kunstharz) zur Anwendung, in vielen Fällen muss die Retention allerdings durch operative Versorgung mit den verschiedensten Methoden erfolgen. Auf die Einzelheiten wird in den folgenden Kapiteln eingegangen.
- Rehabilitation: Die Rehabilitation eines Frakturverletzten beginnt nicht etwa erst nach Abschluß der Knochenbruchheilung, sondern bereits direkt nach Erzielung einer geeigneten Retention. Die Frühmobilisierung des Verletzten ist essentieller Bestandteil der Rehabilitation. Sollte Bettruhe aufgrund der Verletzung oder anderer Faktoren (innere Erkrankungen, Begleitverletzungen wie Schädelhirntrauma u.ä.) erforderlich sein, so sollte die Beweglichkeit der Extremitäten durch intensive krankengymnastische Bewegungsübungen im Bett erhalten werden. Hierdurch kann auch eine Inaktivitätsatrophie der Muskulatur teilweise abgewendet werden. Mobile Verletzte werden angehalten, alle nicht ruhiggestellten Gelenke so normal wie möglich zu nutzen. Die ruhiggestellte Extremität wird mittels isometrischem Muskeltraining behandelt, um einer Atrophie vorzubeugen und nach Beendigung der Ruhigstellung rasch zum normalen Kraftniveau zurück zu gelangen. Bei Frakturen der unteren Extremitäten muss möglichst rasch das Gehen an Unterarmgehstützen erlernt werden, bei schwächeren Patienten ist dazu auch Krafttraining erforderlich. Nach schwereren Verletzungen wird eine Anschlussheilbehandlung (bei Arbeitsunfällen BGSW) in einer geeigneten Rehabilitationsklinik eingeleitet.
wird bald fortgesetzt!!!
Behandlungskonzepte
Die Auswahl des geeigneten Behandlungskonzeptes und seine fachgerechte Umsetzung ist für den Unfallchirurgen die eigentliche Herausforderung bei der Frakturbehandlung. Sie stützt sich keineswegs allein auf das Röntgenbild oder die AO-Klassifikation der Fraktur, sondern wird durch eine ganze Reihe weiterer Faktoren wesentlich beeinflusst. Die wichtigsten in Kürze:
- Compliance: ist der Patient in der Lage, das ausgewählte Behandlungskonzept mitzutragen? Oder ist zu befürchten, dass notwendige Verhaltensmaßregeln (z.B. Entlastung) nicht eingehalten werden? Diese Probleme treten regelhaft bei Kleinkindern, altersdementen, psychotischen oder geistig behinderten Patienten auf. Auch Alkoholkrankheit oder Drogenabhängigkeit können die Compliance erheblich beeinträchtigen.
- Begleiterkrankungen: Läßt der allgemeine Gesundheitszustand des Verletzten überhaupt das eigentlich ideale Behandlungskonzept zu? Schwere Osteoporose kann zum Scheitern einer guten osteosynthetischen Versorgung führen. Entgleister Diabetes mellitus beschwört Wundheilungsstörungen herauf. Behandlung mit Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmern erfordert oftmals das Aufschieben oder gar Unterlassen einer operativen Versorgung. Schwere konsumierende Grunderkrankungen (z.B. fortgeschrittene Tumorleiden) und ihre Therapie (Bestrahlung, Zytostatika) können die Knochenbruchheilung stark verzögern.
- Mehrfachverletzung: Liegt mehr als eine Verletzung vor, ist die Interaktion dieser Verletzungen zu bedenken. Das Entlasten eines Beines an Gehstützen z.B. ist bei einer gleichzeitigen schweren Verletzung der oberen Extremität eventuell unmöglich. Bei polytraumatisierten Patienten muss regelhaft die definitive Versorgung von Frakturen der Extremitäten zugunsten der Versorgung lebensbedrohlicher weiterer Verletzungen hintanstehen, in diesen Fällen werden Frakturen meist primär durch rasch angebrachte externe Fixation gesichert und nach der Stabilisierungsphase situationsgerecht endversorgt.
- Patientenwunsch: Kompromisse bei der Frakturbehandlung aufgrund persönlicher Wünsche des Patienten ("...muss so schnell wie möglich wieder arbeiten, bin selbständig", "...fahre aber nächste Woche in den Urlaub", "...kann jetzt aber nicht ins Krankenhaus, muss meine kranke Mutter / meine Kinder / meinen Hund versorgen..]] sollen wenn irgend möglich unterbleiben. Es mus nach einer Lösung des Problems gesucht werden. In Ausnahmefällen lässt sich keine Einwilligung des Verletzten in das geeignetste Verfahren erzielen, dann muss aber gerade das weniger geeignete Verfahren mit größter Sorgfalt angewendet werden.
Keine Behandlung
Konservative Behandlung
Funtionelle Behandlung
Ruhigstellende Behandlung
Operative Behandlung
Verwandte Themen
- Grundlagen: Knochen, Knochenheilung, Knochenbruch
Literatur
- A. Rüter u.a. (Hrsg.): Unfallchirurgie. 1. Auflage. Urban & Schwarzenberg, München - Wien - Baltimore, 1995, ISBN 3-541-17201-0.
- L. Schweiberer (Hrsg.): Konservative und operative Frakturbehandlung. 2. Auflage. Urban & Schwarzenberg, München - Wien - Baltimore, 1987, (Traumatologie; 1) (Breitner (Hrsg.):Chirurgische Operationslehre. Bd. VIII), ISBN 3-541-14482-3
- E. Beck (Hrsg.): Untere Extremität. 2. Auflage. Urban & Schwarzenberg, München - Wien - Baltimore, 1987, (Traumatologie; 4) (Breitner (Hrsg.):Chirurgische Operationslehre. Bd. XI), ISBN 3-541-14482-3
- B. G. Weber, Ch. Brunner, F. Freuler (Hrsg.): Die Frakturenbehandlung bei Kindern und Jugendlichen. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1977, ISBN 3-540-08299-9
Einzelnachweise
- ↑ Maurice E. Müller: The Comprehensive Classification of Fractures of Long Bones in: M.E. Müller u.a. (Hrsg.): Manual of Internal Fixation. 3. Auflage. S. 118ff. Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg - New York - Tokyo, 1991, ISBN 3-540-52523-8