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Nemi-Schiffe

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Museo delle Navi
Museo delle Navi

Die Nemi-Schiffe waren zwei große antike Schiffe, die 1929 – 1930 aus dem Nemisee, dem Kratersee eines erloschenen Vulkans 27 km südöstlich von Rom, geborgen wurden. Die Schiffe ließ Kaiser Caligula in seiner Amtszeit (37 – 41 n. Chr.) zu Ehren von Diana bauen.

Der Diana-Kult

Caligula war der Göttin Diana eng verbunden. Am Ufer des Nemisees ließ er ihren alten Tempel restaurieren. Bereits in der Bronzezeit wurde im dichten Wald des Kraters die Muttergöttin Dea Madre verehrt, die in römischer Zeit zur Diana umgewandelt wurde. Nachdem Nemi 338 v. Chr. von den Römern erobert wurde, wurde das Heiligtum monumental ausgebaut und näher an den See gerückt. Es war ein wichtiges Pilgerziel, vor allem für Frauen mit Kinderwunsch.

Die Schiffe

Die Schiffe hatten im Verhältnis zu dem kleinen See mit circa 1000 m Durchmesser gigantische Ausmaße. Das erste Schiff hatte eine Länge von 73 m und eine Breite von 24 m, das zweite eine Größe von 71 m auf 20 m. Beide hatten einen flachen, kiellosen Rumpf. Auf einem der Schiffe stand ein Tempel für Diana, der mit Marmorsäulen, Mosaikböden und vergoldeten Bronzeziegeln geschmückt war. Das zweite Schiff trug eine Palastanlage für Caligula mit einem Warmwassersysten, das Thermen an Bord versorgte. Durch die Bleirohre, die Stempel Caligulas tragen, konnten die Schiffe zweifelsfrei zugewiesen werden. Die Schiffe hatten zahlreiche technische Details, wie bewegliche Anker, Wasserhähne und Pumpsysteme, die erst Ende des 19. Jahrhunderts wieder erfunden wurden. Dies legt nahe, dass es sich bei den Schiffen auch um Prototypen handelte, an denen antike Schiffsbauingenieure neue Techniken auf dem ruhigen Nemisee zum Einsatz auf dem Meer erprobten. Ob die Schiffe sofort nach dem Sturz Caligulas 41 versenkt wurden oder erst später sanken ist ungeklärt.

Datei:Nemi Ship Hull 1930.jpg
Bergung eines der Schiffe 1930

Die Wiederentdeckung und Bergung

Bereits im 15. Jahrhundert wurden die Schiffe wieder lokalisiert. 1446 versuchte Leon Battista Alberti die Schiffe zu heben. Er ließ ein Floß aus Fässern bauen und ließ davon Seile mit Haken ins Wasser. Der Versuch scheiterte, es wurden nur Teile einer großen Statue geborgen. 1531 versuchte Francesco de Marchi mit einer der ersten Taucherglocken der Geschichte sein Glück. Doch auch er konnte nur wenige Einzelteile zu Tage fördern. Nicht mehr Erfolg hatten Bergungsversuche 1827 und 1895. Bei diesen Versuchen wurden zudem Teile der Schiffe beschädigt. Erst 1924 starteten die Vorarbeiten für die aufwändigste und letztendlich erfolgreiche Kampagne. In zweijähriger Arbeit wurde ein antiker Tunnel restauriert durch den das Wasser des Sees abgelassen werden konnte, so dass ab 1928 die Archäologen auf trockenem Seegrund an den Schiffen arbeiten konnten. Das erste Schiff konnte im September 1929 geborgen werden. Das zweite Schiff folgte fünf Monate später. Die restaurierten Schiffe konnten schließlich 1940 im neu erbauten Museum am Seeufer den Besuchern präsentiert werden.

Die Zerstörung

Am 31. Mai 1944 wurden das Museum und die Schiffe durch ein Feuer vollständig zerstört. Gerettet wurden nur wenige Einzelteile, die ins Kapitolinische Museum in Rom ausgelagert waren. Eine Untersuchung direkt nach Kriegsende beschuldigte Soldaten der deutschen Wehrmacht der vorsätzlichen Brandstiftung. Später wurde jedoch auch die Möglichkeit diskutiert, dass Flüchtlinge, die damals im Museum übernachteten, durch offenes Feuer den Brand ausgelöst haben könnten. Der tatsächliche Hergang wird sich wohl nicht mehr klären lassen.

Schiffsanker

Das Museum heute

Das Museo delle Navi Romane wurde 1933 bis 1939 von Vittorio Ballio Morpurgo erbaut. Nach einer Restaurierung wurde das Museum 1953 wieder eröffnet, jedoch schon nach kurzer Zeit wieder geschlossen. Nach umfangreicher Neustrukturierung wurde das Museum endgültig am 15. Dezember 1988 eröffnet und im Jahr 2000 nochmals neu gestaltet. Die zwei Schiffe werden heute in Modellen im Maßstab 1:5 gezeigt, dazu zahlreiche Einzelstücke, teilweise in Kopie, die 1944 gerettet wurden. Außerdem werden im Museum weitere archäologische Funde aus der Umgebung des Nemisees gezeigt. Einige Originaleinzelstücke von den Nemi-Schiffen sind auch im Museo Nazionale Romano, im Standort Palazzo Massimo, zu sehen.

Die 1995 gegründete Associazione Dianae Lacus hat sich zum Ziel gesetzt mindestens eines der Schiffe in Originalgröße zu rekonstruieren.

siehe auch