Albert Sever
Albert Sever (* 24. November 1867 in Agram, Kroatien, Österreich-Ungarn; † 12. Februar 1942 in Wien, war sozialdemokratischer Politiker in Wien und erster demokratisch gewählter Landeshauptmann von Niederösterreich.
Jugend und Politik
Nach dem Tod von Severs kroatischem Vater übersiedelte seine Mutter mit ihm nach Wien. Severs erlernter Beruf war der des Fleischhauergehilfen. Später arbeitete er in einer Papierfabrik, dann als Privatbeamter (Angestellter) einer Krankenkasse. Wegen politischer Delikte wurde er, wie die Website des österreichischen Nationalrats festhält, 1889 und 1890 bestraft (und galt seitdem als vorbestraft statt unbescholten). Politisch wurde er zwar nicht als großer Redner, aber als Organisationstalent eingeschätzt. Mit dem blendenden Redner Franz Schuhmeier soll er die bis heute angewandte interne Organisationsstruktur der österreichischen Sozialdemokratie entwickelt haben.
Ottakringer Abgeordneter
1908 wurde er zum Abgeordneten im Niederösterreichischen Landtag gewählt, am 3.10.1911 zum Reichsratsabgeordneten (letzte Sitzung: 12.11.1918). 1913 wurde er (als Ersatz für den ermordeten Franz Schuhmeier) Bezirksparteivorsitzender der Sozialdemokraten im Wiener Arbeiterbezirk Ottakring (damals die stärkste Wiener Bezirksorganisation der Partei).
Kurz vor Ende des Ersten Weltkriegs entsandte ihn auf Bitte der Marinesektion des k.u.k. Kriegsministerium der Parlamentsklub der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Ende Oktober 1918 zur Aufrechterhaltung der Ordnung in den k.u.k. Kriegshafen Pola in Istrien, weil Hafenkommandant Nikolaus Horthy nicht mehr Herr der Lage war. Gemeinsam mit August Forstner und Oskar Helmer gelang es Sever, 22.000 Soldaten vor der Gefangennahme zu bewahren und deren Rückführung sicherzustellen.
Als gewesener Reichsratsabgeordneter war er vom 21.10.1918 bis zum 16.2.1919 Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung des neuen Staates Deutschösterreich, war nach den ersten Wahlen, an denen auch Frauen teilnehmen konnten, vom 4.3.1919 bis zum 31.5.1919 Mitglied der Konstituierenden Nationalversammlung und war in der Folge von 10.11.1920 bis zum Februar 1934 Abgeordneter zum (nach dem 5.3.1933 nicht mehr einberufenen) Nationalrat. Am 18.11.1927 wurde Albert Sever zum Bürger der Stadt Wien (die höchste Ehrung nach der Ehrenbürgerschaft) ernannt.
Landeshauptmann von Niederösterreich
Das Land Niederösterreich umfasste bis Ende 1921 auch die Stadt Wien; die dadurch bei der Landtagswahl vom 4.5.1919 erreichte sozialdemokratische Mehrheit brachte Albert Sever vom 20.5.1919 bis zum 5.11.1921 in die Funktion des Landeshauptmannes des größten Bundeslandes der neuen Republik.
In dieser Funktion ermöglichte er die so genannten Sever-Ehen, die Wiederheirat geschiedener Katholiken. Diesen ist nach den kirchlichen Prinzipien bis heute eine zweite Ehe verboten. Mit einer Verordnung schuf Sever aber die Möglichkeit, beim Landeshauptmann um Dispens von diesem Verbot anzusuchen. So konnten wilde Ehen zu staatlich anerkannten gemacht werden.
Klerikale Gegner dieser Liberalität wandten sich an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) und den Obersten Gerichtshof (OGH). Die beiden Höchstgerichte konnten sich nicht darauf einigen, Severs Verordnung und die darauf beruhenden Ehen für ungültig zu erklären; der OGH sprach von Ungültigkeit, der VfGH von Gültigkeit. Die Ehen blieben aufrecht.
Ausgeschaltet
Nach dem 5.3.1933 war das Parlament, dem Sever mehr als 20 Jahre lang angehört hatte, nicht mehr funktionsfähig; die Regierung Dollfuß regierte ohne Parlament. Im Februaraufstand, dem letzten Aufbäumen der Sozialdemokratie gegen den sich formierenden Ständestaat, wurde Severs Frau Ida (geb. Kirchberger, * 1873) am 12./13.2.1934 bei der Beschießung des Ottakringer Arbeiterheimes getötet. Der damals 67-jährige Sever selbst wurde verhaftet, die Sozialdemokratische Partei verboten.
Albert Sever erlebte noch die ersten Jahre des Dritten Reichs und starb im 75. Lebensjahr in Wien.
Erinnerung
- Severhof: Gemeindebau mit 96 Wohnungen, 16., Maroltingergasse 56-58, erbaut 1930/31 nach Plänen von Alexander Popp, benannt 3.9.1949
- Albert-Sever-Straße: 21. Bezirk, Stammersdorf (Benennungsdatum unbekannt)
- Albert-Sever-Saal: 16., Schuhmeierplatz 17-18
Quellen, Literatur
- Albert Sever: Ein Mann aus dem Volke. 1956 (Autobiografie)
- Felix Czeike (Hrsg.): Historisches Lexikon Wien, Band 5, S. 209. Kremayr & Scheriau, Wien 1997
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Sever, Albert |
| KURZBESCHREIBUNG | Landeshauptmann von Niederösterreich |
| GEBURTSDATUM | 24. November 1867 |
| GEBURTSORT | Agram, Kroatien, Österreich-Ungarn |
| STERBEDATUM | 12. Februar 1942 |
| STERBEORT | Wien |