Zum Inhalt springen

Wenningstedt-Braderup (Sylt)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. November 2007 um 13:18 Uhr durch Sinn (Diskussion | Beiträge) (Änderungen von 80.130.124.221 (Beiträge) rückgängig gemacht und letzte Version von TecDax wiederhergestellt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Vorlage:Infobox Ort in Deutschland

Die amtsangehörige Gemeinde Wenningstedt-Braderup (Sylt) (dänisch: Venningsted-Brarup, friesisch: Woningstair-Brääderep) liegt im Kreis Nordfriesland und erstreckt sich von der Ostküste der Insel Sylt bis an die Westküste. Die nördlich der Stadt Westerland gelegene Gemeinde gehört dem Amt Landschaft Sylt an.

Geschichte

Der Sage nach befand sich einige Meter vor der heutigen Küste der alte Ort „Wendingstedt“ mit einem alten Friesenhafen zur Westküste. Ob dieser Hafen jemals bestand, ist jedoch fraglich, da die geografische Lage an der rauen Westküste der Insel keinen bevorzugten Ankerplatz geboten haben dürfte.

Die Stammesführer der Angeln, Horsa und Hengist, sollen nach alter Überlieferung von diesem Hafen aus mit Ihrem Heer gen England aufgebrochen sein. Noch heute erinnert die Straße Horsatal an diese Begebenheit.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestand der Ort aus nur acht Stavenplätzen (= Höfen), sein Wachstum begann erst mit dem Einsetzen des Fremdenverkehrs Mitte des 19. Jahrhunderts. Seit 1859 ist Wenningstedt Seebad, seit 1960 Nordseeheilbad. Wenningstedt bildete mit Kampen und Braderup die so genannten „Norddörfer“ - ein früher interkommunaler Zweckverband auf der Insel. Der Begriff „Norddörfer“ entstand zu der Zeit als List, die nördlichste Gemeinde/Siedlung der Insel, zum Dänischen Königreich gehörte. Somit waren Wenningstedt, Kampen und Braderup die deutschen „Norddörfer“. Im Jahr1914 wurde die protestantische Friesenkapelle am Dorfteich errichtet. Von 1907 bis 1970 lag Wenningstedt an der Kleinbahnstrecke der „Inselbahn“, die Westerland mit List verband.

Während des Zweiten Weltkrieges war in den Dünen nordwestlich von Wenningstedt eine schwere Seezielbatterie stationiert. Zu unmittelbaren Kriegshandlungen kam es jedoch nicht; die Anlagen wurden von den englischen Besatzungstruppen in den 1950er Jahren gesprengt und später von deutschen Pionieren vollständig abgetragen und mit Dünensand bedeckt.

Politik

Wappen

Blasonierung: „Schräglinks durch Wellenschnitt geteilt. Rechts in Rot ein goldenes, aus der Teilungslinie hervorkommendes Wikingerboot, dessen Vordersteven in einem Drachenkopf mit schwarzer, herausgeschlagener, pfeilförmiger Zunge endet, links in Silber zwei blaue, schräglinke Wellenbalken.“[1]

Ortsteile

Strandübergang zur Promenade von Wenningstedt.

Wenningstedt-Braderup besteht aus den Ortsteilen Wenningstedt, an der Westküste gelegen und dem östlich am Wattenmeer gelegenen Braderup.

Wenningstedt bildet aufgrund seiner erheblich höheren Einwohner- und Gästebettenzahl das Zentrum der Gemeinde mit Gemeindebüro, Kurverwaltung und Einzelhandel.

Der Ortsteil Braderup weist keinen eigentlichen alten Ortskern auf, sondern war bis Mitte des 19. Jahrhunderts lediglich eine Bauernschaft mit wenigen Höfen. Dort finden sich keine großen Hotels oder Tourismuseinrichtungen.

Sehenswürdigkeiten

Das Hünengrab Denghoog in Wenningstedt

Nordöstlich des Ortes befindet sich die Braderuper Heide. Diese urwüchsige Heidelandschaft wurde bereits in den 1920er Jahren zum Naturschutzgebiet erklärt und zählt heute zu den natürlichen Sehenswürdigkeiten der Insel. Dieses Naturschutzgebiet grenzt unmittelbar an den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, durch den geführte Wattwanderungen angeboten werden.

Das Ganggrab Denghoog, das vor über 5.000 Jahren in der Jungsteinzeit errichtet wurde, liegt im Gemeindegebiet. Der Name bedeutet Thinghügel. Es besteht aus zwölf Tragsteinen, die eine Decke aus drei Steinplatten stützen. Es wurde 1868 geöffnet und ist seit 1928 für Besucher zugänglich.

Der Dorfteich

Weiterer Anziehungspunkt ist der Dorfteich im Zentrum des Ortsteils Wenningstedt. Dieser Teich wurde der Gemeinde Wenningstedt in den 1950er Jahren von den Eigentümerfamilien geschenkt mit der Maßgabe, ihn für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen und als Kureinrichtung zu erhalten. Heute bildet dieser Bereich zwischen Hauptstraße und Friesenkapelle einen Ruhepol mitten im Ort. Eine Satzung regelt, dass angrenzende Bebauung mit Reetdächern zu versehen ist, um den dörflichen Charme zu erhalten.

Wenningstedt liegt am Rande der Dünenlandschaft auf dem Roten Kliff, unterhalb des Kliffs liegt über die gesamte Länge des Ortes ein Sandstrand, der insbesondere im Sommer die Haupt-Touristenattraktion ist. Der Ortsteil Braderup liegt am Rande der Braderuper Heide und des schleswig-holsteinischen Wattenmeeres, beide sind als Naturschutzgebiete ausgewiesen und bieten insbesondere Seevögeln einen Lebensraum.

Tourismus

Wenningstedt gilt heute als „Familienbad“ und ist mit ca. einer Million Übernachtungen der fünftgrößte Urlaubsort in Schleswig-Holstein. Diese Übernachtungen verteilen sich auf 7.000 Gästebetten, 2.000 davon werden dem Wenningstedter Campingplatz zugeordnet, ca. 4.000 den Ferienwohnungen und die verbleibenden findet man in den Wenningstedter Hotels und Pensionen. Das Lindner Hotel „Windrose“ ist das größte Hotel in Wenningstedt und momentan auch noch das größte der Insel, typischer und privater sind jedoch die weiteren 15 kleinen Hotels, welche fast alle familiär geführt werden und selten mehr als 25 Zimmer bieten.

Die Ferienwohnungen und Apartments sind größtenteils private Eigentumswohnungen, welche allerdings auch an Urlaubsgäste vermietet werden.

Wenningstedt ist ein Kurort, jedoch sind die klassischen Kuranwendungen auf Grund der veränderten Krankenkassenregelungen nahezu ausgestorben. So sind zur Zeit nur noch weniger als 2% aller Gäste echte Kurgäste, die gezielt eine verschriebene Kur nutzen. Dennoch ist der Kurwert Wenningstedts nach wie vor unbestritten, die Nordsee mit dem rauen Reizklima fördert die Gesundheit und stärkt das Abwehrsystem auch ohne spezielle Anwendungen.

Religion

Wenningstedter Kirche

Von jeher waren die Friesen aus christlicher Sicht ein heidnisches Volk. Mit der Christianisierung wurden die Friesen zwar offiziell protestantisch, behielten jedoch ihre heidnischen Rituale bei, wie z. B. das Biikebrennen. Die erste Kirche für das Dorf Wenningstedt lag im damaligen Hauptort der Insel in Keitum, es war die heute noch erhaltene Kirche St. Severin. Erst 1914 wurde in unmittelbarer Nähe zu einer heidnischen Kultstätte die Friesenkapelle von Wenningstedt-Braderup errichtet, nachdem zuvor in den Wintermonaten die Wenningstedter sich auf den beschwerlichen Weg zur Keitumer St.-Severins-Kirche machen mussten, denn nur in den Sommermonaten fand für die Kurgäste wöchentlich ein Gottesdienst im Saal des Gasthofes „Friesenhof“ statt. Die nächste römisch-katholische Kirche ist St. Christopherus in Westerland.

Zum Erhalt der Eigenständigkeit der Friesenkapelle und der Pastorenstelle wurde im September 2005 eine Stiftung ins Leben gerufen: Mit der Stiftung „Üüs Serk – Unsere Kirche“ will die Norddörfer-Kirchengemeinde ihre Arbeit in den Dörfern Kampen, Wenningstedt und Braderup sichern. Dazu sind bisher knapp 100 000 Euro Gründungskapital zusammengekommen. Langfristig wird ein Kapital von ca. einer Million Euro benötigt. Die Gemeinde hofft, mittelfristig allein aus den Zinsen des gespendeten Geldes rund 50 000 Euro pro Jahr für ihre Arbeit zu erzielen.

Das Buddhistische Haus

Durch den Arzt und Schriftsteller Paul Dahlke erreichte Anfang der 1920er Jahre der Buddhismus die Insel. Dahlke errichtete um 1914 in Wenningstedt ein „Buddhistisches Heim“, das als Treffpunktund Tempel für Buddhisten auf der Insel dienen sollte. Von dem geplanten Bau eines Buddhistischen Klosters in der Braderuper Heide, es wäre das erste auf europäischem Boden gewesen, nahm er jedoch Abstand, da ihm die Insel nicht abgeschieden genug erschien. Im Jahr 1920 errichtete er jedoch in der Braderuper Heide, an jener Stelle, wo er für das geplane Kloster bereits Land erworben hatte, ein „Buddha-Denkmal“, das jedoch nach dem Tode Dahlkes zusehends verfiel und Anfang der 1940er Jahre wieder abgetragen wurde. Heute spielt der Buddhismus auf Sylt keine bedeutende Rolle mehr.

Architektur, Siedlungsentwicklung

Schullandheim in Wenningstedt

Die Bebauung Wenningstedts war bis Mitte des 19. Jahrhunderts geprägt vom uthlandfriesischen Baustil der Bauerhäuser. Ortsmittelpunkt war der Dorfteich (Kiar). Mit Einsetzen des Tourismus entstanden in den Jahren vor 1900 zahlreiche Logierhäuser und Villen für Sommergäste. Bis dahin gab es im Ort kein planmäßiges Straßensysten, auf dem Reißbrett entstanden nun in dieser Zeit Straßen und Grundstücksparzellen. Die heutige Straßenführung beruht im Wesentlichen auf den damaligen Reißbrettentwürfen. Da die Gästehäuser sich immer weiter vom alten Ortskern entfernten, verlagerte sich das neue Zentrum nach Westen hin zum Strand. Nun war die prägende Bebauung des Ortsbildes der Bäderstil - zweigeschossige Bauten mit hohen Räumen und weißen Holzveranden, als Umfriedung diente nun ein weiß lackierter Staketenzaun. In den 1950er und 1960er Jahren erfasste der Bauboom auch Wenningstedt, und das Ortsbild veränderte sich erneut gravierend: Es entstanden die schlichten klassischen Ziegelbauten - oft als kleine Pensionen oder Gästehäuser, auch die ersten reinen Sommerhäuser entstanden in der Nachkriegszeit. in den 1980er und 1990er Jahren waren nahezu alle bebaubaren Grundstücke in Ortslage bebaut, so dass Neubauten in der Regel den Abriss alter Bausubstanz voraussetzten. Seit den 1980er Jahren entstehen nahezu ausschließlich Appartementhäuser - einige im friesisch-angelehnten Baustil - in der Regel in zweieinhalbgeschossiger Bauweise mit bis zu sechs Appartements. Verdrängt wurden dadurch nicht nur die klassischen Familienpensionen, auch der Wohnraum für Wenningstedter (Dauer)Einwohner ist seit Jahren stark rückläufig. Seit Mitte der achtziger Jahre entsteht somit eine neue Art der Bebauung: Gebäude mit (öffentlich geförderten) Mietwohnungen. Hochhäuser oder Wohnblocks wie in der Nachbargemeinde Westerland sind in Wenningstedt nicht entstanden, lediglich entlang der Hauptstraße entstanden in den frühen 1980er Jahren einige größere Appartementanlagen. Die durch den Abriss der alten Kurverwaltung im Jahr 2006 entstandene Baulücke unmittelbar am Strandübergang soll nach Willen der Gemeindeverwaltung mit einem Kurhotel-Neubau geschlossen werden. Gegen Art und Umfang dieses Bauprojektes regt sich jedoch großer Widerstand in der Bevölkerung, so dass dieses Neubauprojekt bisher nicht realisiert werden konnte.

Neue Straßennamen in Wenningstedt

In Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde und dem Amt Landschaft-Sylt ist eine Überarbeitung der Straßennamen und Hausnummern vorgenommen worden, die zum 1. Januar 2006 in Kraft getreten ist. Diese Überarbeitung war notwendig geworden, da in den letzten 50 Jahren durch erhebliche Bautätigkeit und Wachstum der Gemeinde ein gewisser „Wildwuchs“ entstanden ist, der insbesondere Rettungskräften, Postzustellern und nicht zuletzt den Gästen einige Orientierungsschwierigkeiten bereitete. Augenscheinlichste Änderung für Einwohner und Gäste ist die Umbenennung einiger Straßenzüge. So wurde z.B. aus dem Sachsenring der Friesenring, Am Ring wurde zu Westerheide und der neue Gaadt hieß früher Dolingsön. Dass die Haupt- und die Westerlandstraße nicht zusammengefasst und in Dorfstraße umbenannt wurden, scheiterte am erheblichen Widerstand der Anwohner. Dieses Hintergrundwissen ist nötig, um sich in alten Plänen zurechtzufinden.

Wirtschaft

Die Wirtschaft Wenningstedts ist - wie auf der gesamten Insel Sylt - stark vom Tourismus geprägt. Kaum ein Wirtschaftszweig lebt nicht wenigstens mittelbar vom Fremdenverkehr. Neben dem direkten Gast- und Gastronomiegewerbe, wie Hotels, Pensionen, Appartementvermietungen und Restaurants, sind sowohl der Einzelhandel als auch diverse Dienstleister auf die Kaufkraft der Gäste angewiesen.

Ehrenbürger

  • der erste Kurdirektor der Gemeinde Bertin Bleeg

Quellen

  1. Kommunale Wappenrolle Schleswig-Holstein