Winterkrieg
Der Winterkrieg (finn. Talvisota, schwed. Vinterkriget, russ. Зимняя война (Simnjaja wojna)) war ein zwischen der Sowjetunion und Finnland ausgetragener Krieg, der vom 30. November 1939 bis zum 13. März 1940 andauerte.
Ursachen und Ausgangslage
Politische Vorgeschichte
Seit der Mitte der 30er-Jahre war die sowjetische Führung durch das Wiedererstarken Japans und den Aufstieg Hitlers in Deutschland vom Kommen eines neuen Krieges zwischen den Großmächten überzeugt. Das Baltikum und Finnland wurde von der militärischen und politischen Führung der UdSSR als strategisch wichtig angesehen. Der finnische Meerbusen und die Küste der baltischen Staaten wurden als potentielles Einfallstor zur zweitgrößten Stadt Leningrad gesehen. Ebenso war man überzeugt, dass etwaige Küstenbefestigungen Finnlands und der baltischen Staaten die Aktionsfähigkeit der sowjetischen Baltischen Flotte in der Ostsee im Kriegsfall empfindlich einschränken könnten. Im Falle eines Landkrieges sah die Führung der Sowjetunion die baltischen Staaten als notwendiges Durchmarschgebiet für einen Einsatz ihrer Truppen gegen potentielle Gegner in Mitteleuropa und den finnischen Teil Kareliens als ein Einfallstor für fremde Mächte gegen Leningrad. Ebenso betrachtete Stalin Finnland als mögliche Basis für Luftangriffe einer fremden Macht gegen sowjetisches Territorium.[1]
Bis zum Abschluss des Hitler-Stalin-Pakts im September 1939 und dessen Ausführung im Angriff auf Polen versuchte die sowjetische Führung, die Neutralisierung des strategisch wichtigen Gebiets durch Nichtangriffspakte mit den Anrainerstaaten zu verwirklichen. Durch die Zerstörung Polens als Staat hatte sich das Gleichgewicht in Osteuropa allerdings geändert. Stalin versuchte nun Estland, Lettland und Litauen durch Bündnisse und die Stationierung sowjetischer Truppen in das Verteidigungssystem der Sowjetunion einzugliedern. Dies gelang ihm nach kurzen Verhandlungen im Herbst 1939, wobei die Drohung mit militärischer Gewalt ein Hauptfaktor dabei war, von den kleineren Nachbarn Zugeständnisse zu erhalten. Einen Sonderfall stellte Litauen dar, das durch die Überlassung von Vilnius aus dem sowjetisch besetzten Ostpolen überzeugt werden konnte.[2]
Am 11. September 1939 begann die Sowjetunion eine neue Verhandlungsrunde mit Finnland. Stalin forderte darin die Abtretung der befestigten Karelischen Landenge im Austausch gegen andere karelische Gebiete. Ebenso forderte er die Verpachtung der Halbinsel Hanko, die Überlassung von Inseln im finnischen Meerbusen und die Fischer-Halbinsel an der Küste des Nördlichen Eismeeres. Die finnische Regierung leitete daraufhin eine Teilmobilmachung ihrer Armee ein und versuchte erfolglos, sich mit Schweden zu verbünden. Auch eine Anfrage zwecks diplomatischer Unterstützung an Deutschland erbrachte keinen Erfolg. Die Verhandlungen gingen noch bis zum 13. November weiter, ohne dass jedoch eine Einigung erzielt werden konnte. Der finnische Außenminister Eljas Erkko ging davon aus, die Sowjetunion werde keinen Krieg beginnen, da der finnische Nachrichtendienst die Rote Armee als nicht einsatzbereit bezeichnete. Auch die Einschätzung der Regierung, dass das Parlament keinen Gebietsabtretungen zustimmen würde, trugen zur ablehnenden Haltung Finnlands bei.[3]
Die sowjetische Seite hatte allerdings schon vor dem Ende der Verhandlungen eine militärische Option ins Auge gefasst. Am 3. November 1939 unterstellte der sowjetische Außenminister Wjatscheslaw Molotow in der Prawda Finnland kriegerische Absichten gegenüber dem Sowjetstaat. Am selben Tag erhielt die baltische Flotte den Befehl, in Bereitschaft zu gehen und endgültige Pläne für eine Invasion Finnlands auszuarbeiten. Das Gleiche befahl Stalin dem Leningrader Militärdistrikt der Roten Armee am 15. November. Des Weiteren versuchte die Sowjetführung, eine kommunistische Gegenregierung Finnlands aus Finnen zusammenzustellen. Da sich der Chef der finnischen KP Otto Ville Kuusinen allerdings zunächst weigerte, konnte dieses Gremium nicht mit prominenten Personen bestückt werden. Am 26. November inszenierte die Rote Armee einen Grenzzwischenfall, bei dem angeblich sowjetische Truppen von finnischer Artillerie beschossen worden wären. Als die finnische Regierung diese Vorwürfe zurückwies, brach Molotow die Beziehungen zu Finnland ab und kündigte den Nichtangriffspakt. Am 30. November gab Stalin den Befehl zur Invasion des Nachbarlandes, ohne eine formale Kriegserklärung abzugeben.[4]
Kriegspläne
Die finnische Armee selbst war in ihrer Stärke an die im Vergleich zu Russland geringe Bevölkerungszahl gebunden. Insgesamt konnte die finnische Armee rund 160.000 Soldaten ins Feld stellen. Die Sowjetunion wurde vom finnischen Oberkommando in der Vorkriegszeit als einzig realistischer Kriegsgegner betrachtet. Deshalb wurde die karelische Landenge intensiv durch die Mannerheim-Linie befestigt. Hier sah das Kommando unter Mannerheim die entscheidende Front des Krieges, da hier der schnellste Weg nach Vipurii und Helsinki ins finnische Kernland führte. Bereits im Frieden wurde die Grenze durch vier Deckungsgruppen abgeschirmt. Diese verstärkte Mannerheim noch durch 5 Divisionen, gegliedert im 2. und 3. Korps der Armee. Insgesamt hatte der Befehlshaber an der Landenge Hugo Österman rund 92.000 Soldaten unter seinem Kommando. Am nördlichen Ufer des Ladogasees war auch genug Infrastruktur vorhanden um eine Offensive einer modernen Armee zu ermöglichen. Um diese Flanke der Mannerheim-Linie zu verteidigen postierten die Finnen hier das 4. Korps unter Woldemar Hägglund. Dem 4. Korps standen zwei Divisionen mit zusammen rund 28.000 Soldaten zur Verfügung. Das finnische Oberkommando dachte, dass die circa 1.000 km lange Grenze mit Russland aufgrund der dichten Bewaldung und mangelnder Straßen für eine Armee unpassierbar war. Deshalb wurden hier nur improvisierte kleinere Verbände eingesetzt, die die wenigen Verkehrsachsen blockieren sollten. Diese Gruppe Nordfinnland stand unter dem Befehl von General Viljo Tuompo. Mannerheim selbst hielt als Oberbefehlshaber der Armee zwei Divisionen als Reserve zurück.[5] Neben der mangelnden personellen Stärke wurde die finnische Armee noch durch andere Probleme geplagt. Budgeteinsparungen und das Bestreben Rüstungsimporte zu Gunsten heimischer Produktion zurück zufahren führten in vielen Bereichen zu einem Mangel an Ausrüstung. So hatte die finnische Armee nur 30 Panzer zur Verfügung, die auch erst einige Wochen in Dienst waren. Ebenso herrschte Mangel an automatischen Waffen. Die ganze Armee besaß insgesamt nur 100 Panzerabwehrkanonen, importiert aus Schweden. Die Artillerie stammte oft aus Zeiten des Ersten Weltkriegs, hatte deshalb eine geringe Reichweite und pro Division waren nur 36 Geschütze vorhanden. Darüberhinaus herrschte noch Mangel an Artilleriemunition. Die Luftwaffe Finnland umfasste nur 100 Flugzeuge. An die Kampftruppen selbst konnten keine Flugabwehrkanonen ausgegeben werden, da die verfügbaren einhundert Stück für die Verteidigung der Städte gegen Bombenangriffe verwendet wurden.[6]
Während den laufenden Verhandlungen beauftragte Stalin den Chef des Generalstabs der Roten Armee Boris Schaposchnikow um einen Plan zur Invasion Finnlands. Schaposchnikow skizzierte eine mehrmonatige Operation, welche einen Großteil der Armee benötigen würde. Dies lehnte Stalin ab und delegierte die Arbeit an den Befehlshaber des Leningrader Militärdistrikts Kirill Merezkow. Dieser General stellte eine Operation in Aussicht, die nur mehrere Wochen dauerte und bezüglich der Landstreitkräfte den Einsatz der Truppen des Leningrader Militärverwaltungsgebiets vorsah.[7]
Merezkows Plan legte den Hauptaugenmerk auf die karelische Landenge und damit auf die Mannerheim-Linie. Dieses Nadelöhr stellte den kürzesten Weg zur finnischen Hauptstadt Helsinki dar. Des weiteren waren die Straßen- und Eisenbahnverbindungen hier am besten ausgebaut. Die 7. Armee unter Jakowlew sollte mit Hilfe von 200.000 Soldaten und 1.500 Panzern direkt durch die finnische Befestigungslinie durchbrechen. Die 8. Armee unter Khabarov sollte nördlich des Ladogasees die finnischen Befestigungen umgehen und den Verteidigern der Linie in den Rücken fallen. Dazu standen 130.000 Soldaten und 400 Panzer zur Verfügung. Weiter nördlich sollten zwei weitere Armeen an der fast unbewohnten und kaum durch Straßen erschlossenen Grenze der beiden Ländern Angriffe durchführen um die Verkehrsverbindungen abzuschneiden und finnische Truppen zu binden. Dazu stand die 9. Armee unter Duchanow nördlich der sowjetischen 8. Armee. Sie stellte das Bindeglied zur 14. Armee unter Frolow dar, welche nach Petsamo vorrücken sollte. Den beiden Armeen an dieser Nebenfront standen insgesamt 140.000 Mann und 150 Panzer zur Verfügung.[8] Die baltische Flotte sollte in diesem Plan mehrere Aufträge erfüllen. Durch U-Boote sollte die Nachbarländer beobachtet und die Seeverbindungen Finnlands abgeschnitten werden. Marineinfanterie sollte die kleinen Inseln im Finnischen Meerbusen einnehmen, während die Marineflieger die Landstreitkräfte an der Hauptfront unterstützen sollte. Zusätzlich sollte ein sowjetischer Flottenverband mit drei Schlachtschiffen auf dem Ladogasee den Bodentruppen Artillerieunterstützung liefern. Insgesamt hatte die Rote Armee eine Überlegenheit an Soldaten von drei zu eins, an Artillerie von fünf zu eins und an Panzern achtzig zu eins.[9]
Kriegsverlauf


Der finnische Feldmarschall Carl Gustaf von Mannerheim war sich der Tatsache bewusst, dass die Rote Armee auf lange Sicht nicht gestoppt werden konnte. Seine Taktik war es, den Truppen der Roten Armee so lange wie möglich entgegenzutreten, um am Ende einen halbwegs akzeptablen Waffenstillstand zu erlangen.
Am 30. November begannen sowjetische Angriffe von Lappland bis Karelien. Die zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertiggestellte Mannerheim-Linie an der Karelischen Landenge stellte die wichtigste Verteidigungsanlage der Finnen dar. Zum Angriff auf die Linie standen die sowjetische 7. Armee unter General Kirill Afanasjewitsch Merezkow und die 13. Armee unter General Grendal bereit. Unter massivem Druck zogen sich die Finnen vorerst zurück. Lediglich einige Vorposten leisteten Widerstand. Beispielsweise wurden die ersten sowjetischen Angriffe in der Nähe von Petsamo von knapp 700 Finnen abgewehrt.
In Sachen Taktik waren die finnischen Soldaten den Rotarmisten weit überlegen. Die Finnen begannen einen Kleinkrieg gegen die ohne Winterausrüstung angetretenen sowjetischen Streitkräfte. Die mit Maschinenpistolen vom Typ Suomi M-31 ausgerüsteten Ski-Kommandos griffen mit schnellen und präzisen Schlägen immer wieder Kolonnen und Nachschubverbände im Hinterland an. Dadurch erlitt die Rote Armee besonders in den ersten zwei Monaten große Verluste. Taktische Fehleinschätzungen führten dazu, dass Panzer zum Angriff vorstießen und nach massiven Beschuss wieder abzogen. Die sowjetische Infanterie, die dann ohne Panzerunterstützung vorrückte, wurde in zermürbenden Waldkämpfen aufgerieben. Die finnischen Soldaten traten dabei nie in großen Verbänden auf, sondern bedienten sich einer Einkesselungstaktik mit kleinen Einheiten (Motti-Taktik). Die von ihrem Nachschub abgeschnittenen Rotarmisten unterlagen zum Teil im Nahkampf oder fielen der Kälte zum Opfer. Fatal für die russischen Soldaten erwies sich die Tatsache, dass die Soldaten in ihren dunklen Uniformmänteln ein perfektes Ziel in der weißen Winterlandschaft boten. Die Finnen waren dank ihrer weißen Tarnkleidung für die Russen nur schwer auszumachen und dominierten die Kämpfe durch ihren Einfallsreichtum und ihre Beweglichkeit. Des Weiteren wurde der nach dem sowjetischen Außenminister Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow benannte „Molotowcocktail“ eingesetzt, um die Besatzungen der gegnerischen Panzer mittels dieses Brandsatzes zum Ausstieg zu zwingen. Fatal für die sowjetischen Kräfte waren auch die schmalen Straßen, die eine Entfaltung kaum zuließen. Die Sowjettruppen mussten eingeengt in kilometerlangen Kolonnen vorrücken, die sich als verwundbar erwiesen.
Am 3. Dezember begann die sowjetische Blockade zur See. Die Gewässer zwischen Schweden und Finnland wurden durch ständige U-Boot-Patrouillen abgeriegelt.
Versuche, die Mannerheim-Linie zu umgehen oder direkt zu durchbrechen, schlugen die Finnen Ende Dezember zurück. Eine der größten Niederlagen erlitt die Rote Armee im Raum Suomussalmi. Am 25. Dezember erweiterten die Finnen ihre Truppenstärke in dem Gebiet durch fünf zusätzliche Bataillone. Der finnische Oberst Siilasvuo rieb bis zum 8. Januar 1940 in zwei großen Schlachten die 163. Division und die 44. motorisierte Division bei Raate auf (siehe Schlacht von Suomussalmi). Dabei hinterließen die sowjetischen Streitkräfte eine erhebliche Menge an Kriegsmaterial, das den Finnen in die Hände fiel und die Versorgung der finnischen Truppen verbesserte.
Der Luftkrieg wurde von der sowjetischen Luftwaffe dominiert. Die Finnen hatten zu Beginn des Krieges weder gute Jagdflugzeuge noch wirkungsvolle Flugabwehr-Geschütze, wodurch die Hauptstadt Helsinki den Bombenangriffen ausgeliefert war. Der 800 Flugzeuge zählende sowjetische Luftverband bombardierte außerdem Hanko/Hangö, Wyborg/Viipuri sowie auch Dörfer und kleinere Ansiedlungen. Im Gegenzug griffen die wenigen finnischen Lufteinheiten – gerade einmal 150 Flugzeuge – sowjetische Stützpunkte und Städte wie Leningrad oder Kronstadt an. Als sich im Januar 1940 Unwetter in Nordeuropa ausbreiten, wurde dadurch die Luftflotte der Roten Armee erheblich gestört.
Trotz oder gerade wegen des schlechten Wetters fügten die Verteidiger der sowjetischen Seite erhebliche Verluste durch Fliegerbomben zu. Auch war die finnische Luftwaffe inzwischen durch zahlreiche Flugzeuge aus Frankreich, Südafrika, Italien und Großbritannien erheblich gestärkt. Die Rote Armee verwendete am 4. Februar bei einer Großoffensive auf die Mannerheim-Linie zum ersten Mal in ihrer Geschichte Fallschirmspringer bei einem Einsatz in der Nähe von Summa. Diese Versuche scheiterten jedoch, da die Soldaten bereits in der Luft unter Beschuss genommen wurden und dadurch große Verluste erlitten.
Am 7. Januar 1940 übernahm Marschall Semjon Konstantinowitsch Timoschenko den Oberbefehl über die sowjetische Nord/Nordwestfront. Er begann, nach einer schweren Niederlage an der Mannerheim-Linie systematisch seine Truppen umzubauen und frische Kräfte, vor allem Artillerie, heranzuführen, um die Februaroffensive vorzubereiten.
Am 1. Februar 1940 begann eine Großoffensive der 7. und 13. sowjetischen Armee auf die Mannerheim-Linie, die sechs finnische Divisionen in einer zweitägigen Abwehrschlacht erfolgreich verteidigten. Eine Einschließung des Ladogasees verhinderten die Finnen ebenfalls. Eine am 11. Februar gestartete sowjetische Offensive mit 14 Divisionen in Karelien zwang die Verteidiger zum Rückzug nach Wyborg. Eine erneute Offensive der 7. Armee am 3. März gegen die Stadt brachte die Finnen weiter unter Druck. Der neue russische Befehlshaber hatte beträchtlich Artilleriekräfte aufgeboten, die mit 300.000 Granaten pro Tag die Verteidigungslinien zusammenschossen. Ebenfalls am Angriff beteiligt waren massiv eingesetzte Kampfpanzer vom Typ KW-1. Bis zum 7. März erhöhten sich die Verluste der Verteidiger auf bis zu 24.000 Tote, worauf Feldmarschall Mannerheim von der finnischen Regierung Waffenstillstandsverhandlungen mit Moskau verlangte. Am 12. März endete der Krieg, nachdem finnische Gesandte am 8. März entsprechende Verhandlungen eingeleitet hatten.
Unterstützung durch das Ausland
Der Westen griff nicht mit Kampfhandlungen in den Konflikt ein, dennoch wurde Finnland durch zahlreiche Waffenlieferungen, insbesondere Flugzeuge, unterstützt. Allein Großbritannien lieferte neben 33 Doppeldeckern vom Typ Gloster Gladiator 12 Hawker Hurricane-Jäger, 17 Schlachtflugzeuge und 24 Bombenflugzeuge Bristol Blenheim. Schweden und Südafrika lieferten ebenfalls je 12 bzw. 25 Gloster Gladiator-Kampfflugzeuge, Italien 17 Jagdflugzeuge vom Typ Fiat G.50. Abgesehen davon bestanden die Hilfslieferungen allerdings nahezu ausnahmslos aus ausgemustertem Kriegsgerät, das teilweise schon zu Beginn des Ersten Weltkriegs veraltet war.
Sowohl Frankreich als auch Großbritannien boten die Entsendung von Hilfstruppen an, auch um die Kontrolle über die schwedischen Erzminen zu erlangen. Churchill schrieb später in seinen Memoiren: „Die Gelegenheit wollten wir dann benutzen, um uns die Erzgruben von Gällivare zu sichern.“ Schweden verweigerte den Westalliierten aber aus Furcht vor einem deutschen Angriff den Durchmarsch. Möglicherweise führten die Hilfsangebote aber dazu, dass Stalin auf eine vollständige Besetzung Finnlands verzichtete, um nicht in einen bewaffneten Konflikt mit den Westalliierten gezogen zu werden.
Das Deutsche Reich war durch den sogenannten Hitler-Stalin-Pakt gebunden und unterstützte die Finnen deshalb nicht. Hilfe von anderen Staaten, die durch Deutschland lief, wie beispielsweise von Italien oder Ungarn, wurde jedoch toleriert.
Neben Flugzeugen wurden auch Freiwillige, insbesondere Flugpersonal, ins Land gebracht.
Folgen


Der Winterkrieg kostete 27.000 Finnen das Leben.[10] Die Rote Armee verlor etwa 127.000 Soldaten,[11] ca. 20 % davon durch Erfrieren und mangelnde Versorgung.
Durch den Waffenstillstandvertrag musste Finnland den größten Teil Kareliens mit den Städten Viipuri/Viborg, Käkisalmi, Enso und Sortavala sowie den finnischen Teil der Fischerhalbinsel am Nordmeer abtreten. Finnland verlor dazu noch seine langjährigen Verteidigungslinien. Die südwestliche Halbinsel Hanko/Hangö wurde an die Sowjetunion verpachtet. Bei dieser Grenzziehung wurde den Finnen seitens der UdSSR ein neuer Grenzverlauf aufgezwungen, welcher deutlich hinter dem damaligen Frontverlauf lag. Einzelheiten beim Grenzverlauf wurden zugunsten der Sowjetunion geregelt, damit sie Industriegebiete und Kraftwerke in unmittelbarer Grenznähe erhielt (zum Beispiel Enso). Die Sowjetunion erreichte dadurch das wichtige Kriegsziel, die Grenze weit vor Leningrad vorzuverlegen, jedoch hatte man anfangs von diesem Feldzug deutlich mehr (namentlich die Eroberung Finnlands) erwartet.
An die Witwen der gefallenen finnischen Soldaten oder, wenn es keine Witwe gab, an die älteste Tochter oder Mutter wurde das Reuekreuz verliehen. Angehörige von getöteten finnischen Zivilisten erhielten entsprechend eine Medaille. Beide Ehrungen sind Stufen des Finnischen Ordens des Freiheitskreuzes.
Vertreibung
Insgesamt wurden durch den Waffenstillstand etwa 400.000 Finnen praktisch über Nacht aus ihrer Heimat vertrieben. Die vertriebenen Karelier wurden im übrigen Finnland angesiedelt. Die finnische Regierung bemühte sich durch genaue Planung, die herkömmlichen Gemeinschaften der Vertriebenen zu bewahren, obwohl sie über das ganze Land verteilt werden mussten. Jedem einzelnen karelischen Dorf bzw. Gemeinde wurde eine Ansiedlungsgemeinde in Finnland angewiesen. Ein Teil der Vertriebenen und ihre Nachfahren leben heute auch im Ausland. Die Kultur der Vertriebenen wird heute noch in Vereinen wie z. B. dem Karjalan Liito (Karelischer Bund) gepflegt.
Militärische Folgen
Im Deutschen Reich (und auch im übrigen Westen) entstand während des Winterkrieges eine Fehleinschätzung gegenüber der Roten Armee, welche man nicht mehr als ebenbürtigen Feind betrachtete. Ab August 1940 näherte sich das Deutsche Reich Finnland an, was zu einem immer engeren Kontakt führte. So wurden der Wehrmacht Transitrechte nach Nordnorwegen im Austausch für Waffen gewährt. Während des Frühlings 1941 war die Truppenstärke in der nördlichen Hälfte Finnlands durch kräftige deutsche Verbände verstärkt worden. Mit deutscher Hilfe sah Finnland seine Chance, nicht nur die verlorenen Gebiete, sondern auch den Rest Kareliens im Fortsetzungskrieg zu erobern.
Eine Ursache für den geringen militärischen Erfolg der Roten Armee lag in den Säuberungen des Offizierskorps. Die Führung war ausgedünnt und damit teilweise ihrer fähigsten Offiziere beraubt worden. Nicht zuletzt wegen der Erfahrung des Winterkrieges erkannte Stalin jedoch, welche Folgen dies für die Rote Armee gehabt hatte und leitete Gegenmaßnahmen ein. So wurden in sibirische Lager internierte Offiziere zurückgerufen und wieder eingesetzt.
Rückgabe
Die sogenannte karelische Frage über eine eventuelle Rückgabe der abgetretenen Territorien war viele Jahre anathema in Finnland wegen des Verhältnisses zur Sowjetunion. In den 1990er Jahren wurde sie vereinzelt von finnischen Politikern und auch von dem russischen Präsidenten Boris Jelzin berührt. Der Verein ProKarelia tritt für eine friedliche Rückgabe Kareliens ein. Bei den finnischen Präsidentwahlen 2006 hatte der unabhängig-liberale Kandidat Arto Lahti eine Rückgabe Kareliens als Teil seines Programms. Jedoch lehnt der größte Teil der Bevölkerung eine Rückgabe ab, nicht zuletzt wegen der vermutlichen Kosten, der heutigen russischen Bevölkerung des Gebietes, sowie um Russland nicht zu provozieren.
Quellenangaben
- ↑ Carl van Dyke : The Soviet Invasion of Finland 1939-40, London, Portland, 1997 S. 13ff
- ↑ Carl van Dyke : The Soviet Invasion of Finland 1939-40, London, Portland, 1997 S. 1, S. 8f, S. 14ff
- ↑ Carl van Dyke : The Soviet Invasion of Finland 1939-40, London, Portland, 1997 S. 19f
- ↑ Carl van Dyke : The Soviet Invasion of Finland 1939-40, London, Portland, 1997 S. S. 20-27 ; S. 42
- ↑ William Trotter : A Frozen Hell, Chapell Hill, 1991, S. 47 ; Anthony Upton : Finland 1939-40, Newark, 1979, S. 51f, 61f
- ↑ Anthony Upton : Finland 1939-40, Newark, 1979, S. 52-55
- ↑ Carl van Dyke : The Soviet Invasion of Finland 1939-40, London, Portland, 1997 S. 8f ; S. 19
- ↑ Carl van Dyke : The Soviet Invasion of Finland 1939-40, London, Portland, 1997 S. 38f ; S. 44
- ↑ Carl van Dyke : The Soviet Invasion of Finland 1939-40, London, Portland, 1997 S. 40 ; S. 42 ; S. 52f
- ↑ [1]
- ↑ [2]
Literatur
- Richard W. Condon: Winterkrieg Russland - Finnland, München 1980 (Moewig-Verlag), ISBN 3-8118-4302-8
- Allan Sandström: Krieg unter der Mitternachtssonne - Finnlands Freiheitskampf 1939-1945, Graz 1996 (Stocker), ISBN 3-7020-0747-4
- Hj. Siilasvuo: Suomussalmi - Kampf und Sieg in nordfinnischer Wildmark, Potsdam 1943 (Rütten & Loening Verlag)
- Carl van Dyke : The Soviet Invasion oof Finland 1939-40, London, Portland, 1997 ISBN 0-7146-4653-5