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Ludolf Camphausen

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Gottfried Ludolf Camphausen (* 10. Januar 1803 in Hünshoven (heute zu Geilenkirchen gehörend) im Regierungsbezirk Aachen; † 3. Dezember 1890 in Köln) war ein rheinischer Bankier, führender Liberaler im Vormärz und preußischer Ministerpräsident in der Revolutionszeit von März bis Juli 1848.

Gottfried Ludolf Camphausen

Herkunft und Familie

Die Familie Camphausen spielte schon seit längerem eine bedeutende Rolle für den Handel und das produzierende Gewerbe im Rheinland. Gottfried Ludolf war Sohn des Kaufmannes Gerhard Gottfried Camphausen, der eine Tabak- und Ölhandlung betrieb. Die Mutter war Maria Wilhelmine geborene Peuchen. Camphausen besuchte das Gymnasium in Weilburg. Später ging er auf die Handelsschulen in Rheydt und Berg. Anschließend machte er eine kaufmännische Lehre in Düsseldorf.

Unternehmerisches Handeln

Camphausen war führend beteiligt an der Finanzierung der Bonn-Cölner Eisenbahn (Gemälde um 1844)

Camphausen gründete 1825 mit einem älteren Bruder in Köln das Handlungs- und Bankhaus A&L Camphausen. Seit 1831 war Camphausen Mitglied der Kölner Handelskammer. Von 1838 bis 1848 war er deren Präsident. Während sich die meisten Unternehmer in der Zeit der frühen deutschen Industrialisierung zunächst auf ein Geschäftsfeld konzentrierten, gab es insbesondere im Rheinland auch solche wie Camphausen, die in verschiedenste Unternehmungen investierten.[1] Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Eine Neuerung in der Schifffahrt war die Einführung von dampfgetriebenen Schleppern und Lastkähnen. Camphausen gründete 1841 eine rheinischen Dampfschleppschifffahrtsgesellschaft.[2] Insbesondere setzte er sich für den Eisenbahnbau ein. Bis 1837 schrieb er insgesamt 18 Denkschriften zu Wirtschaftsfragen. Die wohl berühmteste ist die vom Eisernen Rhein, der „Eisenbahn von Köln nach Antwerpen“. Neben Camphausen war daran auch David Hansemann und Gustav von Mevissen führend beteiligt. An dem tatsächlichen Zustandekommen der Strecke war er dann auch zunächst beteiligt, ehe er aus der Gesellschaft ausstieg. Stark engagiert war Camphausen auch am Bau der Köln-Mindener und der Köln-Bonner Eisenbahn.[3] Zu den vielen Aktivitäten gehörte auch die Beteiligung 1842 an der Gründung der (älteren) Rheinischen Zeitung. Dieses Projekt war durchaus bemerkenswert, Camphausen, Mevissen und andere Wirtschaftsbürger finanzierten das Blatt. Journalistisch geprägt wurde es allerdings von radikalen Intellektuellen wie Karl Marx. Deren Kritik führte 1843 schließlich zum Verbot der Zeitung.[4]

Politisches Wirken

Zeit des Vormärz

Neben seiner wirtschaftlichen Tätigkeit widmete sich Camphausen bereits früh politischen Fragen. Im kommunalen Bereich schlug er zur Finanzierung städtischer Aufgaben die Auflegung einer städtischen Anleihe mit progressiven Tilgungsraten vor. Er wurde 1831 Mitglied des Stadtrates von Köln.

Abgeordnete des Vereinigten Landtages, der preußischen und deutschen Nationalversammlung (unter ihnen auch Camphausen)[5]

Seit den 1830er Jahren entwickelte sich im Rheinland ein von den großbürgerlichen Unternehmern der Region getragene Spielart des Liberalismus. Dazu zählte neben Hermann von Beckerath, Mevissen und Hansemann Camphausen zu den führenden Köpfen. Diese Richtung war im Gegensatz zum süddeutschen Liberalismus wenig theoretisch orientiert. Stattdessen war sie macht- und selbstbewußter. Nicht verwunderlich ist, dass die rheinischen Liberalen die obrigkeitsstaatliche Gängelung der Wirtschaft angriffen. Auf Grund ihrer eigenen Erfahrungen sahen sie deutlicher als die süddeutschen Liberalen, die von einer klassenlosen Gesellschaft mittlerer Existenzen träumten, dass die Entwicklung in Richtung einer Klassengesellschaft verlaufen würde. Zum Schutz ihrer Interessen forderten die rheinischen Liberalen ein Zensuswahlrecht. War dies vornehmlich gegen die unteren Schichten gerichtet, bedeutete ihr Plädoyer für ein starkes Parlament eine Kampfansage gegen das bestehende monarchische System.[6]

Im Jahr 1842 wurde Camphausen in den rheinischen Provinziallandtag gewählt. Auf der Versammlung von 1843 trat er entschieden für die Einführung der Preßfreiheit ein und verlangte die Einrichtung einer Volksvertretung mit Hinweis auf die Beschlüsse des Wiener Kongresses und der früheren preußischen Verfassungsversprechen.

Im Jahr 1847 wurde Camphausen in den Vereinigten Landtag gewählt. Neben von Beckerath, Hansemann, von der Heydt, Mevissen, Graf Schwerin und von Vincke gehörte er zu den führenden Persönlichkeiten der liberalen konstitutionellen Opposition. Bereits unmittelbar nach der Eröffnung gehörte er zu denjenigen, die dafür Eintraten an Stelle der ständischen Strukturen aus dem Vereinigten Landtag eine einheitliche Versammlung zur Beratung der Gesetze zu machen. Außerdem plädierte Camphausen für den periodischen Zusammentritt einer solchen Versammlung. Zur Durchsetzung der Forderung der gemäßigten liberalen Opposition um Camphausen bereitete dieser zusammen mit Beckerath und von der Heydt eine Petition vor, die von 139 Mitgliedern der Versammlung unterzeichnet wurde. Camphausen unterstützte Beckeraths Antrag, dass Gesetz, dass bislang die Wählbarkeit an bestimmte Konfessionen knüpfte, aufzuheben.

Allerdings zeigte sich Camphausen durchaus kompromissbereit. So plädierte er am 25. Juni 1847 etwa dafür in der Verfassungsfrage der Herrenkurie entgegenzukommen, um überhaupt zu einer Einigung zu kommen. Dennoch ließ er keinen Zweifel daran, dass für die liberale Opposition die Verfassungsfrage weiterhin aktut bleiben würde.

Ministerpräsident während der Revolution von 1848

Seit Februar 1848 Mitglied des Vereinigten ständischen Ausschusses, wurde er nach dem Rücktritt des Grafen Arnim-Boitzenburg am 29. März 1848 zur Bildung eines neuen Ministeriums berufen, worin er den Vorsitz übernahm. Doch erlosch seine Popularität sehr bald, da er mit seiner Ansicht, dass die Bewegung bereits zu weit gegangen sei, nicht zurückhielt. Als der von ihm vorgelegte, von seinem Freund und Vertrauten David Hansemann ausgearbeitete Verfassungsentwurf keinen Beifall fand, nahm er 20. Juni seine Entlassung.

Die Aufforderung des Reichsverwesers, im Juli 1848 in das Reichsministerium, der Exekutive des Paulskirchenparlaments, einzutreten, lehnte er ab, ging aber als Bevollmächtigter Preußens bei der deutschen Zentralgewalt nach Frankfurt, um hier den seiner Ansicht nach zu weit gehenden demokratischen Tendenzen der Majorität entgegentreten und eine Verständigung mit der spezifisch preußischen Partei anzubahnen. Er bekämpfte die Kaiseridee und die Reichsverfassung, gegen welche er eine gemeinschaftliche Erklärung von 31 Regierungen veranlaßte, und war Urheber der preußischen Zirkularnote vom 23. Januar 1849, worin die Errichtung eines engern Bundesstaats unter Leitung Preußens angekündigt wurde. Als das Ministerium Brandenburg eine andre Politik einschlug, nahm er Ende April 1849 seine Entlassung.

Wirken nach der Revolution

In der preußischen Ersten Kammer von 1849-50, dem späteren Herrenhaus, machte er noch einmal seine vermittelnde Politik mit Erfolg geltend, verteidigte auch im Unionsparlament in Erfurt 1850 als Referent des Verfassungsausschusses die Annahme der Verfassung en bloc und befand sich in der Ersten Kammer von 1850-51 in den Reihen der Opposition. Nach seinem Austritt aus dem Staatsdienst trat er zuerst in seine frühere Stellung als Associé des Bankhauses A. u. L. Camphausen, dann ganz in das Privatleben zurück.

Gottfried Ludolf Camphausen war der Bruder des preußischen Finanzministers Otto von Camphausen.

Einzelnachweise

  1. Nipperdey. Bürgerwelt, S.206
  2. Nipperdey, Bürgerwelt, S.190
  3. Nipperdey, Bürgerwelt, S.191
  4. Nipperdey, Bürgerwelt, S.390
  5. Bildbeschreibung: Carl Mittermaier, David Hansemann, Maximilian von Schwerin-Putzar, Rudolf von Auerswald, Franz Leo Benedikt Waldeck, Friedrich Römer, Friedrich Christoph Dahlmann, Ludolf Camphausen, Hermann von Beckerath, Hermann Schulze-Delitzsch, Carl Theodor Welcker
  6. Nipperdey, Bürgerwelt, S.299, S.387

Literatur

Quellen

Sekundärliteratur

Vorlage:Meyers ist obsolet; heißt jetzt Vorlage:Hinweis Meyers 1888–1890