Zum Inhalt springen

Karl Maria Hettlage

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 8. Juni 2007 um 22:46 Uhr durch Machahn (Diskussion | Beiträge) (Weblinks: +kat MdL Preußen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Karl Maria Hettlage (* 28. November 1902 in Essen, † 3. September 1995) war Zentrums-Politiker, SS-Hauptsturmführer, Büroleiter und Berater in Etatangelegenheiten (Finanzchef) in Albert Speers Behörde Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt mit Dienststelle im heutigen Ernst-Reuter-Haus, habilitierter Jurist, Vorstandsmitglied der Commerzbank, seit Frühjahr 1959 Staatssekretär in der Bundesregierung Konrad Adenauers unter dem damaligen Finanzminister Franz-Josef Strauß.

Biographie

Hettlage ging in Eschweiler, wo sein Vater Carl Hettlage von 1911 bis 1920 Bürgermeister ist, zur Schule und studierte in Köln und Münster Jura. In Münster wurde er Mitglied der katholischen Studentenverbindung V.K.D.St. Saxonia im CV. Er promovierte zum Dr. jur. 1925 begann er ein Referendariat und zeitweise Beschäftigung im Auswärtigen Amt mit Eintritt in den preußischen Staatsdienst. 1929 erfolgte die Heirat mit Margarete Brenken aus der die, Kinder: Peter, Jan Bernt, Birgitta und Karin stammen. 1930 begann sein Eintritt als Regierungsassessor in den Dienst der Kölner Stadtverwaltung.

1930 erfolgte seine Habilitierung an der Kölner Universität mit dem Thema Finanz- und Lastenausgleich als Verfassungsproblem, dann Privatdozent, danach war er geschäftsführend im Deutschen Gemeindetag. 1931 wurde er Beigeordneter des Deutschen Gemeindetages in der Finanzabteilung und, Finanzdezernent. 1932-1933 und erneut 1933 war er für das Zentrum Mitglied im Preußischen Landtag.

Am 26. Juni 1933 wurde er Gründungsmitglied der Akademie für Deutsches Recht. 1934 wurde er Stadtkämmerer von Berlin bis 1938 und war schon vorher kommissarischer Amtsinhaber. 1936 ergfolgte Hettlages Ernennung zum nichtbeamteten, außerordentlicher Professor für Staats- und Verwaltungsrecht und Mentor von Johannes Popitz. Er war ab 1938 Vorstandsmitglied der Commerz- und Privatbank bis 1951. Am 17. Mai 1941 war Eröffnung der (noch nicht ganz fertigen) italienischen Botschaft. Für den GBI vertritt Hettlage Speer, der auf dem Obersalzberg weilt. Als Leiter des Amtes für Wirtschaft und Finanzen des Reichsministeriums für Rüstung und Kriegsproduktion gab er Anordnung zur Gründung der Mittelwerk GmbH am 24. September 1943 und war 1943 Mitglied im Beirat der Mittelwerk GmbH. Hettlage war bis 1945 Speers Vertreter.

Unter Hettlages Verantwortung entstand jene Kartei von Mietwohnungen in Berlin, die von Juden bewohnt waren. Diese Kartei wurde vom GBI benutzt, um durch Kündigung "freie" Mietwohnungen für Abrissmieter zu bekommen, deren Häuser und Wohnungen den Umplänen Berlins zur neuen Hauptstadt Germania weichen sollten. Eine typische Karteikartennummer war z.B. III KA 437 4948. Es handelte sich um die III. (dritte) Aktion, KA steht für Kündigungsanordnung, 437 war die Referenznummer in die Akten des Generalbauinspektors für die Wohnung der Familie Bendix in der Schwäbischen Straße in Berlin-Schöneberg und 4948 war die Personennummer eines Familienmitglieds der Familie Bendix.

Die Kartei war später Grundlage für die Erstellung der Deportationslisten durch die Gestapo. Bei den späteren so genannten Aktionen war nicht mehr die Wohnungskündigung der Vorbote der Verschleppung - mit der Möglichkeit unterzutauchen für jene, die dazu in der Lage waren -, sondern die Verhaftung, z.B. in der Fabrikaktion.

Hettlage war für Speer auch im Beirat der Mittelwerke tätig neben Personen wie Hans Kammler, Walter Dornberger (Peenemünde), Gerhard Degenkolb (Maschinenfabrik Duisburg). In der Geschäftsführung arbeiteten Kurt Kettler (Borsig), Otto Foerschner, SS-Sturmbannführer Buchenwald, Wehrwirtschaftsführer Otto Bersch (Wehrwirtschaftsführer aus Wien), Georg Rickhey (DEMAG).

Ab 1949 hatte Hettlage verschiedene Dozenturen für Rechts- und Finanzwissenschaften und Aufsichtsrats-Mitgliedschaften. Am 29. November 1951 gab er eine Antrittsvorlesung des neuernannten ordentlichen Professors für Öffentliches Recht in Mainz zum Thema der Vorlesung Wirtschaftswirklichkeit und Verfassungsgesetz. Er war Mitgliedschaft im Deutschen Institut für Urbanistik und ab 1956 Dekan der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz

1958 wurde er Leiter der Haushaltsabteilung des Bundesministeriums der Finanzen als Nachfolger des Ministerialdirektors Vialon (Verfechter der so genannten Schäffer'schen Juliusturm-Politik). Vom * 18. März 1959 - 1962 war er beamteter Staatssekretär im Finanzministerium als Nachfolger Hartmanns in Vertretung des häufig erkrankten Ministers Etzel und bei Differenzen mit dem neuen FDP-Finanzminister Starke.

1962-1967 wurde er Mitglied der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion) in Luxemburg in der Nachfolge von Potthoff. Hettlage schied bei der Zusammenlegung der Führungsgremien der EWG, der Euratom und EGKS zur neuen Superkommission aus. 1965 - 1967 war er Präsident des ifo Institut für Wirtschaftsforschung e. V. und 1966 Mitglied im Wissenschaftsrat,

Außerdem gehörte er der Wissenschaftlicher Beirat des Bundesministeriums der Finanzen, der Vorsitzender des Verwaltungsrates der Treuhandverwaltung für das Deutsch-Niederländische Finanzabkommen, Vorstand der Wirtschaftsberatungs-AG, Beirat der Fritz-Thyssen-Stiftung, stellv. Vorstandsvorsitzender der Treuhand-Vereinigung AG und der Studienstiftung des Deutschen Volkes an.

Von 1967 - 1969 war Hettlage beamteter Staatssekretär im Finanzministerium, berufen durch den Finanzminister Franz-Josef Strauß. Dort beteiligte sich Hettlage an der Finanzreform der CDU-SPD-Koalition. 1967 erhielt er die Auszeichnung mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband.

Zitate

  • Sie sind Hitlers unglückliche Liebe. zu Albert Speer
  • Ich selbst frage mich oft rückschauend, wie ich eigentlich als intelligenter und um Charakter bemühter Mensch jene Jahre durchgestanden habe. nach 1945 zu Albert Speer
  • Bei der Stadt Berlin haben sich die Ausgaben nach den Einnahmen zu richten, bei uns ist es umgekehrt. (zitiert nach Erinnerungen von Albert Speer, S. 155, dort zitiert nach der Chronik, vom 29. April (unüberprüft))
  • Die ärgsten, wenn auch oft arglosesten Feinde der Währung sitzen auf den Bänken des Parlaments. (nach 1945)
  • Traumfabrik des Staatsrechts
  • Traditionskompanie Preußens im liberal-demokratischen Verfassungsstaat rheinisch-bayerischer Prägung - über den Abschnitt Finanzwesen im Grundgesetz

Veröffentlichungen

  • Karl Maria Hettlage, Wilhelm Loschelder und Werner Zschintzsch: Die Gemeindefinanzverordnung vom 2. November 1932 nebst der Stellenplanverordnung vom 2. November 1932, der ersten und zweiten Verordnung über die Durchführung der Gemeindefinanzverordnung vom 17. Dezember 1932 und vom 28. Januar 1933. Kommentar, R.Müller, Eberswalde-Berlin, 1933, 452 Seiten
  • Karl Maria Hettlage, Wilhelm Loschelder, Wolfgang Spielhagen: Das preussische Gemeindefinanzgesetz vom 15. Dezember 1933 mit den Durchführungsverordnungen und Ausführungsanweisungen; Kommentar von Karl Maria Hettlage, Wilhelm Loschelder [und] Wolfgang Spielhagen, R.-Müller, Eberswalde-Berlin, 1934, 429 Seiten
  • Karl Maria Hettlage, Wilhelm Loschelder: Kommentar zu den Rechtsgrundlagen des Gemeindewirtschaftsrechts, drei Bände
  • Karl Maria Hettlage: Die Finanzverfassung im Rahmen der Staatsverfassung, Referat auf der Staatsrechtslehrertagung 1955 in Hamburg zusammen mit Theodor Maunz als Zweitreferenten
  • Rudolf Zorn, Hans Constantin Paulssen, Karl Maria Hettlage: Der öffentliche Dienst und die Wirtschaft. Wunsch und Wirklichkeit., bei Lutzeyer, Baden-Baden, 1960
  • Karl Maria Hettlage: Führungsauslese und Massengesellschaft, in Die Hochschule zwischen gestern und morgen. Analysen und Perspektiven., herausgegeben von Heinrich Drimmel bei Herder, Wien, 1966
  • Karl Maria Hettlage, Wolfgang Mansfeld, Klaus Heller, Wilhelm Weisser: Zwang durch leere Kassen, in Deutsches Industrieinstitut: Vortragsreihe, bei Deutsche Industrieverlags-Gesellschaft Jg. 16, 1966., Nr. 14
  • Karl Maria Hettlage: Grundfragen einer Neuordnung des deutschen Finanzrechts, in Finanzwissenschaft und Finanzpolitik, bei Mohr, Tübingen, 1964
  • Mitarbeit an einer fünfbändigen Geschichte der deutschen Verwaltung

Literatur

  • CARBONELL Mauve, "Karl-Maria Hettlage, un expert au service de l'Europe et des Allemagnes", in "Revue d'histoire de l'intégration européenne", 12(2006), no 1, p. 67-85
  • Vernehmung Hettlages in World War II Papers, SZ/BBSU/79 Speer interrogation reports Nos. 16-19, 1945, Solly Zuckerman-Archive
  • Prof. Dr. Klaus Vogel aus München: Karl Maria Hettlage zum 90. Geburtstag, in: AöR 117 (1992) S. 644 - 645. In diesem Glückwunsch wird Hettlage als Verkörperung von Sekundärtugenden gewürdigt, welche in ihrer fundamentalen Bedeutung für das Gemeinwesen aber jetzt [1992] zum Glück wiedereingesehen würden. Wörtlich: „(hoffentlich ist es dafür nicht schon zu spät): Zuverlässigkeit, Pflichtbewußtsein, Bereitschaft zum Einsatz für das Gemeinwohl. Mit dieser Haltung kann er auch heute noch Vorbild sein.“
  • Nachruf: Zum Gedenken an Karl Maria Hettlage, in: AöR 120 (1995) S. 631 - 632

Judenentmietung]