Udo Steinbach
Udo Steinbach (* 30. Mai 1943 in Pethau, Zittau) ist ein deutscher Islamwissenschaftler und leitet seit 1976 das Deutsche Orient-Institut
Leben
Steinbach übersiedelte 1954 nach Westdeutschland und absolvierte von 1965 bis 1970 ein Studium der Islamwissenschaft sowie der Klassischen Philologie an den Universitäten Freiburg im Breisgau und Basel. 1970 promovierte er zum Dr. phil. Von 1971 bis 1975 war er Leiter des Nahostreferats bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Ebenhausen / Isar, einem Forschungsinstitut der Bundesregierung (heute Berlin). 1975 leitete er die türkische Redaktion der türkischen Redaktion der Deutschen Welle. Vom Jahre 1976 bis 2007 war er Direktor des Deutschen Orient-Instituts in Hamburg Deutschen Orient-Instituts. Gegenwärtig ist er der Leiter des Instituts für Nahoststudien, des einzigen nicht-universitären Forschungsinstituts in der Bundesrepublik Deutschland, das sich mit wirtschaftlichen, politischen und sozialen Problemen des Modernen Nahen und Mittleren Ostens befasst (Institue of Middle East Studies, IMES). Er ist Mitbegründer der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Vorderer Orient für gegenwartsbezogene Forschung und Dokumentation (DAVO) und war viele Jahre ihr Vorsitzender. Des Weiteren wirkt er als Berater und Gutachter für zahlreiche öffentliche und private Einrichtungen.
Positionen
Neben seiner Tätigkeit als Wissenschaftler widmet er sich vor allem dem Dialog der Kulturen und Konfessionen. Steinbach bezeichnet sich als nicht konfessionell gebunden, sieht aber „in der Begegnung mit Frommen - Muslimen, Christen und anderen - eine Bereicherung und eine Chance, aus der Sackgasse des Völlig-ohne-Gott-Lebens herauszukommen“.[1]
Die Wahrnehmung des Islam in der westlichen Welt wird laut Steinbach durch eine unausgewogene Darstellung verzerrt:
- Die Bilder, die kämpfende und aufgewiegelte Muslime zeigen, sind insbesondere für das Fernsehen besonders ergiebig. Sie schaffen auf unserer Seite das Gefühl der Bedrohung durch den Islam und der Abwehr der Muslime. Demgegenüber sind friedliche Muslime kein Thema der Medien. Gleichwohl sind diese in der Welt zwischen Nordafrika und Indonesien weitaus in der Mehrheit.[2]
Die dänischen Mohammed-Karikaturen bezeichnete er als „primitiv“ und als „eine gezielte Provokation“.[3]
Kritik
Kritisiert wurde Steinbach für vermeintlich mangelnde Distanz zu islamistischen Vertretern. So soll er am 6. Januar 2003 bei einem Vortrag in der Evangelischen Propstei Salzgitter-Bad gefragt haben:
- Wir müssen dann auch einmal darüber nachdenken, was wir als Terrorismus bezeichnen wollen. Wenn wir sehen, wie israelische Panzer durch palästinensische Dörfer fahren und sich die verzweifelten Menschen mit Steinen wehren, dann müssen wir im Blick auf Warschau und im Blick auf den Aufstand der Juden im Warschauer Ghetto auch fragen dürfen, war das nicht auch Terror?
Antideutsche Gruppierungen rückten diese Äußerung in die Nähe des Antisemitismus.[4] Das Simon-Wiesenthal-Center forderte Steinbachs Rücktritt als Institutsleiter.[5] . Er selbst äußert sich in der „Stellungnahme zum offenen Brief, hagalil.com vom 14. Mai 2004 an das Kuratorium des Deutschen Orient-Instituts mit der Aufforderung zum Rücktritt“ wie folgt dazu:
Ich verwahre mich ausdrücklich gegen die in der obigen Erklärung wie in anderen früheren Pressemitteilungen geäußerten Unterstellungen, ich hätte bei einem Vortrag in Salzgitter im Januar 2003 „palästinensische Selbstmordattentäter mit Kämpfern im Warschauer Ghetto“ gleichgesetzt. Sätze wie „Wenn die einen Terroristen sind, dann müssen auch die anderen Terroristen gewesen sein.“ sind von mir weder gesagt noch in der Intention ähnlich geäußert worden. Die in der obigen Erklärung zitierten Sätze sind aus dem Zusammenhang gerissen und geben nicht die Logik und den Duktus meines Vortrages wieder. Die Intention meines Vortrages wird damit grob verfälscht. [6]
Steinbach war nach Angaben des Eingeladenen zuständig für die Teilnahme des iranischen Holocaustleugners Mohammad-Ali Ramin an zwei Konferenzen in der BRD, z.B. im Dezember 2003. Auf diese Vorwürfe entgegnet Steinbach, er sei auf diese Konferenzen eingeladen worden und sei Mohammad-Ali Ramin dort schlicht begegnet.
Quellen
- ↑ "Was sagt mir 'Gott'?", christ-in-der-gegenwart.de
- ↑ „Der islamische Fundamentalismus hat mit dem Islam wenig zu tun“, politik-digital.de, Steinbach im Chat
- ↑ „Udo Steinbach: Mohammed-Karikaturen sind "eine gezielte Provokation" “, Deutsche Welle, 8. Februar 2006
- ↑ „Antisemitismus als Massenansatz ???“, www.oam.antifa.net (1 Seite, pdf-Datei)
- ↑ Ralf Balke: „Blauäugig oder Einäugig?“, Die Jüdische, 17. Mai 2004
Veröffentlichungen (Auszug)
· Autochthone Christen. Zwischen Verfolgungsdruck und Auswanderung. DeutschesOrient-Institut Hamburg, Mitteilungen, Band 75/2006. · Werner Ende/Udo Steinbach (Hrsg.): Der Islam in der Gegenwart. Fünfte Auflage. München 2005. · Zusammen mit Marie-Carin v. Gumppenberg (Hrsg.): Zentralasien - Geschichte, Politik, Wirtschaft. Ein Lexikon. München 2005. · Die islamische Welt und der internationale Terrorismus. In: Vorländer, Hans (Hrsg.): Gewalt und die Suche nach weltpolitischer Ordnung. Baden-Baden 2004, S. 42-59. · Die Türkei und die EU – Die Geschichte richtig lesen. In: Aus Politik und Zeitgeschichte B 33-34/2004, S. 3-5. · Amerikas Scheitern im Irak. Demokratisierung als historischer Prozess. In: Internationale Politik 59 (Mai 2004) 5, S. 113-118. · Eine neue Ordnung im Nahen Osten – Chance oder Chimäre? In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 24-25/2003, S. 3-7. · German Foreign Policy and the Middle East: In Quest of a Concept. In: Goren, Haim (ed.): Germany and the Middle East. Past, Present and Future. - Jerusalem 2003, S. 85-113. · Die Türkei. - Informationen zur Politischen Bildung (Bonn) Nr. 277 (2002) 4, S. 3-53. · Geschichte der Türkei. 2. Aufl., München 2001. · Zusammen mit Rémy Leveau und Franck Mermier: Le Yémen contemporain. Paris 1999. · Zusammen mit Nils Feindt-Riggers: Islamische Organisationen in Deutschland. Eine aktuelle Bestandsaufnahme und Analyse. Deutsches Orient-Institut, Hamburg 1997. · Die Türkei im 20. Jahrhundert. Schwieriger Partner Europas. Bergisch Gladbach 1996.
- Der Islam in der Gegenwart (2005)
- Geschichte der Türkei (2000)
Weblinks
- Offizielle Seite von Prof. Steinbach beim Deutschen Orient-Institut / German Institute of Global and Area Studies (GIGA)
- „Die Muslime sind längst Teil unserer Gesellschaft“, Tagesspiegel, 27. September 2006, Interview
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Steinbach,Udo |
| KURZBESCHREIBUNG | Deutscher Islamwissenschaftler |
| GEBURTSDATUM | 1943 |