Tyr

Der g. Gott *Teiwa[1]ist aus den altisländischen Schriften der Edda unter der anord. Namensform Tyr allgemein am bekanntesten und gebräuchlichsten. Ähnlich lautende Formen sind die im ae. Tiw,Tig und ahd. Ziu. Dieser Name bedeutet eigentlich „göttlich“ und entspricht l. divus, er ist nahe verwandt, aber nicht identisch, mit dem indogermanischen Himmelsgott gr. Zeus, l. Iuppiter und dem alten Wort für den Taghimmel.[2] Tyr ist nach der Edda der einhändige Kriegs- und Rechts- Gott u. Soverän[3] der germanischen Mythologie.
Herkunft und umfassende Etymologie
Der Name ist urverwandt mit griechisch Zeus (neugriechisch Δίας, Dias o. Thias). Nach einer Theorie von Friedrich Max Müller sind aus dem indogermanischen "Vatergott" der germanische Ziu, der griechische Zeus, der römische Jupiter (von deus-pater, Gott-Vater) und der vedische Dyaus Pita[4]. Doch kann man alle diese Formen auf das Wort dyaus zurückführen, das er als "Erscheinung" oder "Strahlung" auffasste. Dieses Wort führt auf deva, deus und theos (gr.:θεός) als Begriffe für Gott[5].
Nach der Edda sind der Riese Hymir und dessen namenlose Gattin die Urkuh (symbolisiert die Erde) die Eltern. Tyr hatte einen Sohn Tuisto (Sohn des Tyr). Dieser ist der Vater von Mannus, dem ersten Menschen. Mannus wiederum ist Stammvater aller Germanen und seine Söhne Ing, Irmin und Istvo die Väter der drei germanischen Hauptstämme Ingwäonen (von Ing), Herminonen (von Irmin) und Istwäonen (von Istvo).
Bedeutung
Tyr war bei den Indogermanen und, bis hinein zur Völkerwanderungszeit, in Mitteleuropa der ursprüngliche Himmelsgott und Hauptgott der Vanen, wurde aber in dieser Funktion vom Asen Odin abgelöst. Er galt als der Beschützer des Things, der Stammesversammlung. Sein Symbol ist das Schwert, mit dem er sich selbst ins Schlachtengetümmel stürzt. Seine glühensten Verehrer waren die Sueben, die später auch in den Allemannen aufgingen. Ein Heiliger Hain war sein Heiligtum und wird angeblich irgendwo in Berlin vermutet.
Mythische Legende
Um den Fenriswolf durch eine magische Fessel binden zu können, sieht sich Tyr genötigt, dem gefährlichen Wolf die eigene Hand als Pfand ins Maul zu halten (vgl. Fenriswolf). Als der Wolf jedoch merkt, dass die Götter ihn gefesselt halten wollen, beißt er Tyr die Hand ab, und dieser muss fortan mit der linken Hand kämpfen. Im Ragnarök tötet Tyr Garm, den Höllenhund, wobei er aber selbst zu Tode kommt. Der frz. Religionswissenschaftler Dumezil hat auf die Strukturparallele zur Figur des Scaevola in der altrömischen Heldensage hingewiesen. Eine Ähnlichkeit besteht auch zu dem irischen Nuada mit der "Silberhand".
Die althochdeutsche Übersetzung des römischen Wochentagnamens dies Marti (Tag des Mars) lautete Ziostag (alemannisch Ziestag, heutiges Schweizerdeutsch Ziischtig, schwäb. Zeischdig) und bestätigt damit auch für den Kontinent die für die Skandinavier und Angelsachsen belegte Gleichsetzung des römischen Kriegsgottes Mars mit dem germanischen Tiwaz (vgl. auch engl. "Tuesday" (Tiu) und franz. "Mardi" (Mars)).
Der Gott Ziu wird in den althochdeutschen Quellen sonst nicht ausdrücklich erwähnt, eine Glosse zum sogenannten Wessobrunner Gebet nennt aber die Alamannen Cyowari (wohl: Verehrer des Cyo), ihre Hauptstadt sei Ciesburc (Augsburg); mit diesem Cyo ist wohl Ziu gemeint, falls es sich nicht um eine Verschreibung von "Raetiuvari" ("Anwohner von Raetien") und "Raetiesburc" handeln sollte. Augsburg (Augusta Vindelicorum) war Hauptstadt der römischen Provinz Raetien, hatte in der Geschichte des schwäbischen Stammesgebiets schon früh eine bedeutende Position und zeitweise den Rang der schwäbischen Hauptstadt inne.
Im westgermanischem Bereich hat neben Tiwaz offensichtlich auch noch die Nebenform dieses Götternamens existiert, die in einer friesisch-lateinischen Inschrift des 3. Jahrhunderts n.Chr. als Mars Thingsus belegt ist und auf die der deutsche Wochentagsname Dienstag (zu älterem dingesdach) zurückgeht.
Quellen und Fußnoten
- ↑ HERDER:Lexikon der germanischen und keltischen Mythologie, Stichwort→ Tyr; Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache - Stichwort→ Dienstag S.199
- ↑ Kluge
- ↑ G.Dumézil:Mythes et Dieux des Germains, Paris 1939 - Referenz bei U.Diedrichs Mythologischen Wörterbuch
- ↑ J.Grimm:Deutsche Mythologie, S.140
- ↑ Kluge:Stichwort → Gott; „ ..ursprünglich offenbar ein Neutrum, dann Übertragen auf den christlichen Gott... Vermutlich Abstraktbildung mit ableitenden -t- zu ig. *g(h)eu- gießen(besonders bei Opferhandlungen) [Vergleiche mit ai. u. avest. zeigen ebenfals gießen u. Opfern an] Urprünglich also Gießen,Opferung, dann übertragen auf den Gott, zu dessen Ehre das Opfer stattfindet.“
Literatur
- Rudolf Simek, Lexikon der germanischen Mythologie; Stuttgart (Kröner) 1984 (ISBN 3-520-36801-3)
- Der große Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Verlag De Gruyter 24.Auflage 2002 ISBN 978-3-11-017473-1
- HERDER - Lexikon der germanischen und keltischen Mythologie ISBN 3-451-04250-9
- Jacob Grimm: Deutsche Mythologie K. W. Schütz- Verlag, Coburg. ISBN 3-87725-133-1 (Überarbeiteter Reprint der Originalausgabe von 1943 nach dem Exempar des Verlagsarchives)
- Golther,Wolfgang: Handbuch der Germanischen Mythologie
- U.Diedrichs: Germanische Götterlehre mit mythologischen Wörterbuch - Eugen Diedrichs Verlag, München 1983 5. Auflage 1993 ISBN 3-424-00746-3
Siehe auch
Weblinks
- Commons: Tyr – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
- http://www.sungaya.de/schwarz/germanen/tyr.htm