Hrotsvit
Roswitha von Gandersheim (Hrotsvit, Hrosvith, Hroswitha u.ä.; ca. 935 - nach 973) war die bedeutendste deutsche Autorin des Frühmittelalters. Die Kanonisse im Stift Gandersheim gilt als die erste Frau, die nach der Antike Dramen schrieb.
Leben
Über ihr Leben sind kaum Zeugnisse erhalten. Hauptquelle sind die Angaben in ihren eigenen lateinischen Werken. Die wohl um 935 geborene Roswitha trat vermutlich schon jung in das eng an die Ottonische Familie gebundene Stift Gandersheim ein. Sie dürfte einer adeligen sächsischen Familie angehört haben. Als ihre Lehrerinnen nennt sie Rikkardis und die Nichte Ottos des Großen, Gerberg (ab 959 Äbtissin). Ihre Werke entstanden um 960/70. Man nimmt an, daß sie nach 973 verstorben ist.
Roswitha verfügte über eine beachtliche Bildung, die auch die Kenntnis einiger antiker Schriftsteller einbezog. Ihre Werke werden der "Ottonischen Renaissance" zugerechnet.
Werke
Die wichtigste Handschrift ihrer Werke, die alle Texte außer den Primordia enthält, ist Bayerische Staatsbibliothek München Clm 14485, ein von mehreren Händen in Gandersheim Ende des 10. oder Anfang des 11. Jahrhunderts geschriebener Codex, der von dem Humanisten Conrad Celtis 1493/94 im Regensburger Kloster St. Emmeram entdeckt und der editio princeps in Nürnberg 1501 (illustriert von Albrecht Dürer) zugrundegelegt wurde.
Roswitha hat ihr Werk selbst in drei Bücher eingeteilt. Das Legendenbuch, gewidmet an Gerberg, enthält acht Legenden - mit Ausnahme von Gongolf - in leoninischen Hexametern:
- Maria
- Ascensio
- Gongolf
- Pelagius
- Theophilus (eine Teufelspakt-Legende)
- Basilius
- Dionysius
- Agnes
Das Dramenbuch wollte eine christliche Alternative zu Terenz bieten. An die Stelle schlüpfriger Liebesgeschichten sollte die Darstellung der Keuschheit frommer Jungfrauen treten. Es sind die sechs Stücke, die allerdings weniger Dramen als "Dialoglegenden" sind:
- Gallicanus
- Dulcitius
- Calimachus
- Abraham
- Pafnutius
- Sapientia
Das dritte Buch umfaßt zwei historische Schriften in leoninischen Hexametern: die Gesta Ottonis (eine Geschichte des ottonischen Hauses 919-965) und die Primordia coenobii Gandeshemensis (eine Geschiche ihres Stifts 846-919). Beide sind nicht vollständig erhalten. Weitere Werke sind verloren.
Ausgaben
Hrotsvithae opera, hg. von Paul von Winterfeld, MGH SS rer. Germanicarum, 1902
Hrotsvithae opera, hg. von Karl Strecker, 1930
Hrosvit: Opera Omnia, hg. von Walter Berschin (Bibliotheca Scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). München/Leipzig 2001 ISBN 3-598-71912-4
Literatur
Fidel Rädle, Hrotsvit von Gandersheim. In: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon 4 (1983) Sp. 196-210
R. Düchting, in: Lexikon des Mittelalters Bd. 5, 148-149
Weblinks
- http://www.fh-augsburg.de/~harsch/hro_intr.html Lateinische Teilausgabe in der "Bibliotheca Augustana"
- Faksimile bei Gallica: MGH Scriptores in folio Bd. 4 mit den beiden historischen Werken (veraltete Ausgabe)
- http://home.infionline.net/~ddisse/hrotsvit.html Sehr gute Seite aus "Other Women's Voices" mit Links (engl.)
- http://www.bautz.de/bbkl/h/hroswitha_v_g.shtml Artikel im Kirchenlexikon
- http://www.storiamedievale.net/personaggi/rosvita.htm Artikel (italien.) mit Bildern