Zum Inhalt springen

Deutsche Volksliste

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. März 2007 um 20:52 Uhr durch Ghwolf (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Deutsche Volksliste (DVL) war ein Instrument zur Selektion der einheimischen Bevölkerung in den von den Deutschen im Zweiten Weltkrieg annektierten Teilen Westpolens, die in ähnlicher Form auch bald auf das Reichskommissariat Ukraine und auf Nordfrankreich ausgeweitet wurde. Sie wurde am 28. Oktober 1939 zunächst in der von den deutschen Besatzern auf polnischem Territorium eingerichteten Provinz Posen, dem späteren Wartheland, durch eine Verordnung des dortigen Reichsstatthalters Artur Greiser gegründet.

DVL-Gründungsdokument

Am 3. April 1941 wurde sie schließlich auf alle annektierten westpolnischen Gebiete (also die Provinzen Danzig-Westpreußen, Oberschlesien und Teile Ostpreußens) ausgeweitet.

Die Bevölkerung wurde dabei in folgende vier Abteilungen eingeteilt:

  • Volksliste 1: sog. Bekenntnisdeutsche, die sich vor dem Krieg für das "deutsche Volkstum" eingesetzt hatten, also etwa in Organisationen der deutschen Minderheiten organisiert waren - und zwar unabhängig davon, ob sie eine 'deutsche Abstammung' nachweisen konnten,
  • Volksliste 2: Menschen, die zwar nicht Mitglieder in den Organisationen der deutschen Minderheiten gewesen waren, aber an deutscher Sprache und Kultur festgehalten hatten,
  • Volksliste 3: entweder sog. Stammesdeutsche, also Menschen, die angeblich 'deutscher Abstammung' waren, obwohl sie in der Regel nicht mehr Deutsch sprachen, oder aber Angehörige der sog. Zwischenschicht, also Kaschuben, Masuren, Schlonsaken, soweit sie nicht Mitglieder in polnischen politischen Organisationen waren,
  • Volksliste 4: sog. Renegaten, 'Bekenntnisdeutsche' oder 'Stammesdeutsche', die als politische Feinde der Nationalsozialisten galten.

Die Einteilung in die verschiedenen „Abteilungen“ hatte umfangreiche Folgen in allen Bereichen des Lebens, von der Lebensmittelration über die Gesundheitsversorgung bis zur Bildung. Je ungünstiger die Eingruppierung, desto schwieriger die u.a. kriegsbedingte (Über-)Lebenssituation. Wer nicht in den vier Listen eingetragen war, wurde als Pole eingestuft und musste mit brutalen Repressalien rechnen. Wer nicht in die DVL eingetragen war lief Gefahr, ins Generalgouvernement deportiert zu werden. Rechtlos vegetierten sie mit Hungerrationen dahin. Diese Liste führte dazu, dass Mitglieder einer Familie oft unterschiedlich eingestuft wurden. Nach dem Krieg galten Menschen, die als „Volksdeutsche“ eingestuft worden waren, in Polen als Verräter. Die Antragsteller wurden „rassisch“ überprüft und, falls sie nur DVL III oder IV erhielten, durften sie sich zwar zu ihrer polnischen Abkunft bekennen, was aber Deportation („Reichseinsatz“) bedeuten konnte. Nach dem Krieg stellte die Volksrepublik Polen z.B. solche Menschen, die sich zur Eintragung in die „DVL“ in aller Regel genötigt gesehen hatten, oftmals als „faschistisch-hitleristische“ Kollaborateure dar, was nicht selten Repressalien zur Folge hatte (etwa Lagerhaft oder gar Vertreibung).