Wieger
Wieger ist die Bezeichnung für militärische Handfeuerwaffen der Serie STG 940 und des SSG 82 aus DDR Produktion.
Der Markenname "Wieger" wurde dabei speziell für den Export der Waffen des VEB Geräte- und Werkzeugbau Wiesa (GWB) in das Ausland kreiert. "Wieger" ist eine Zusammenziehung (Neologismus) der Wörter "Wiesa" und "Germany".
Wieger STG 940
(STG 941, STG 942, STG 943, STG 944, STG 945)
Beschreibung
Bei dem Wieger STG 940 handelt es sich um eine von der DDR in Eigenregie entwickelte Sturmgewehrfamilie, auf der Basis des russischen AK-74. So wurde zwar das Konstruktionssystem der 74er Baureihe übernommen, jenes jedoch technisch modifiziert. Als Besonderheit ist zu beachten, dass die STG-940-Serie von vornherein nicht für die ostblocktypische Patrone 5,45 x 39, sondern für das NATO-Kaliber 5,56x45 ausgelegt war und ein komplettes Redesign des äußeren Erscheinungsbildes aufweist. Neben der Verwendung eines anderen Kunststoffes für den neu entwickelten Handschutz und einem neuen Mündungsfeuerdämpfer, prägen vor allem die DDR-typische Schulterstütze die Formgebung des Sturmgewehrs. Die STG-940-Serie umfasst fünf bekannte Modelle, die sowohl Sturmgewehre in unterschiedlichen Varianten, als auch LMG und Scharfschützenwaffe beinhaltet. Den jeweiligen Waffentypen sind dabei unterschiedliche Numerierungen der Modellreihe 940 zugewiesen worden. Im Einzelnen sind dies: Das STG-941 als Standardsturmgewehr mit Plastikkolben, der STG-942-Karabiner mit Metallschulterstütze, das STG-943 als Kompaktvariante mit verkürztem Lauf und Metallschulterstütze, das LMG-944 als leichtes Gruppenmaschinengewehr und das Präzisionsgewehr PG-945 mit Zweibein, verlängertem Lauf und Zielfernrohr. Eine Waffe mit der Nummerierung 940 existiert nicht. Dies ist lediglich die Bezeichnung für die Grundausführung des Waffensystems.
Geschichte
Die Entwicklung der Waffenfamilie und Vorbereitung der Serienproduktion geschah ca. 1985 auf Initiative des Bereiches Kommerzielle Koordinierung (KoKo) des Ministeriums für Außenhandel (MAH) der DDR [Leiters der dortigen Abteilung Handelspolitik, Uhlig]. Träger des Entwicklungsprojektes war die der KoKo-Hauptabteilung II zugeordneten Firma IMES GmbH ("Internationale Messtechnik" Import-Export-GmbH), die hauptsächlich für den Handel mit Waffen und militärischem Gerät zuständig war. [Uhlig = Chef]. Des weiteren war die „Abteilung Bewaffnung und Chemische Dienste“ (BCD) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) beteiligt, welche wahrscheinlich für die Sicherung der geheimen Entwicklung verantwortlich zeichnete [Oberst Bernd Dreßler]. Die Produktion der Waffenfamilie erfolgte im VEB Geräte- und Werkzeugbau Wiesa (GWB), der mit einem Jahresaustoß von ca. 100.000 und einer angestrebten Produktionskapazität von 200.000 Stück Maschinenpistolen im Jahr neben dem Standort Suhl, wo die Waffenteile gefertigt wurden, alleiniger Schützenwaffenhersteller der DDR und für die Endmontage der Waffen verantwortlich war.
Was den Anstoß zur Entwicklung der STG 940 Familie gab ist weder klar, noch bestätigt. Jedoch kann vermutet werden, dass mögliche Devisengewinne aus Exportgeschäften in das nichtsozialistische Ausland den Hauptgrund darstellten. So ist die Auslegung der Waffen für das NATO-Kaliber ein zentraler Hinweis darauf. Da bereits seit den siebziger Jahren die Handfeuerwaffen des GWB Wiesa vor allem in Dritte Welt Staaten gewinnbringend exportiert wurden, sich aber der Export sonstiger militärischer Güter überwiegend auf die Staaten des Warschauer Paktes beschränkte, sahen viele Verantwortliche der DDR Wirtschaft vor allem in der Steigerung der Rüstungsexporte in die Staaten außerhalb des Warschauer Paktes eine Gelegenheit zur Verbesserung der sich stetig verschlechternden Außenhandelsbilanz. Zwar wurden im Jahre 1981 von der DDR im „Abkommen zwischen den Regierungen der DDR und der UdSSR über die Vergabe der Lizenz und technischen Dokumentation für die Produktion der Maschinenpistolen 5,45 mm Kalaschnikov AK74, AKS74 und AKS 74N in der DDR“ die Bauanleitungen und Lizenzrechte an der 74er Kalaschnikow Baureihe erworben, jedoch wurde eine Exportgenehmigung seitens der UdSSR nicht erteilt, was ein Ausweichen auf das NATO Kaliber, sowie die Entwicklung einer neuen Waffe nötig gemacht haben könnten um eben jenes Ausfuhrverbot zu umgehen. Des Weiteren liegt die Vermutung nahe, das besonders durch die Verschmelzung der weit verbreiteten NATO-Patrone mit dem bewährten Kalaschnikowsystem zu einem attraktiven Verkaufspreis, die Wahrscheinlichkeit eines realen Kaufinteresses im Ausland günstig beurteilen ließen. Eine großangelegte Umschulung auf die neue Waffe würde ebenfalls für die meisten Staaten entfallen, da Kalaschnikowsysteme weit verbreitet und einfach zu handhaben sind.
So existierten im Exportgeschäft 1989 hauptsächlich zwei Großaufträge über die Lieferung der Wiegerfamilie: Peru hatte ein Kontingent zur Ausrüstung seiner Polizeikräfte geordert und Indien hatte eine Bestellung über 10 Millionen Exemplare vormerken lassen. Die Erfüllung der Verträge kam jedoch nicht mehr zustande. Die Bundesrepublik als Rechtsnachfolger der DDR stornierte die bestehenden Bestellungen und zahlte an diese Länder entsprechende Konventionalstrafen.
Ausführliche Tests der Waffen der Wieger Serie wurden im September 1988 durch eine NVA-Erprobungsgruppe auf dem Gelände der Raketentechnischen Basis 2 in Brandenburg durchgeführt. Dabei wurde den Waffen eine zuverlässige Funktion, gute Treffsicherheit und im Wesentlichen keine Unterschiede zum vergleichbaren Kalaschnikowsystem der Reihe 74 bescheinigt. Positiv hervorgehoben wurden im Testbericht die Resistenz gegen Schmutz beim üblichen taktischen Gebrauch in der Truppe, die hohe Treffsicherheit, sowie das Handling der Modelle.
Über die Anzahl aller jemals gefertigten Waffen des Wiegersystems sind keine konkreten Zahlen vorhanden. Vielmehr widersprechen sich die Angaben über die Produktion, bis hin zur Vermutung völlig unrealistischer Stückzahlen. Einzig als gesichert gelten die Angaben über die Fertigung von ca. 10.000 Waffen der Modelle STG 941 und 942. Die Kompaktversion, das STG 943, lag wahrscheinlich nur als Prototyp vor.
Ob bereits gefertigte Waffen an Einheiten der bewaffneten Organe der DDR ausgegeben wurden ist nicht klar. Allerdings weisen einige Quellen auf eine geplante Ausgabe des STG 941/942 an Abteilungen der Volkspolizei-Bereitschaft für das Jahr 1990 hin.
Versionen
- STG-941 Sturmgewehr (Standard)
Länge: 920 mm, Lauflänge: 415 mm Kaliber 5,56x45, Stangenmagazin / Kapazität: 30 Schuss, Dauerfeuer-, Einzelfeuer-, 3-Schuss-Feuerstoß-Modus starrer Kunststoffkolben mit individuell anpassbarer Schaftkappe, antrazitfarben Pistolengriff mit Fingerauflage, Reinigungsgerät befindet sich im Griff, ein dreiteiliger Putzstock ist zerlegt im Vorderschaft untergebracht
- STG-942 Karabiner
Länge: 915mm
Lauflänge: 415 mm
Kaliber 5,56x45, Stangenmagazin / Kapazität: 30 Schuss,
Dauerfeuer-, Einzelfeuer-, 3-Schuss-Feuerstoß-Modus
Seitlich abklappbare Metallschulterstütze
Pistolengriff mit Fingerauflage,
Reinigungsgerät befindet sich im Griff, ein dreiteiliger Putzstock ist zerlegt im Vorderschaft
untergebracht.
- STG-943 Kurzversion
Länge: ??? (mit abgeklappter Schulterstütze)
Gekürzter Lauf: 317 mm
Kaliber 5,56x45, Stangenmagazin / Kapazität: 30 Schuss,
Dauerfeuer-, Einzelfeuer-, 3-Schuss-Feuerstoß-Modus
Seitlich abklappbare Metallschulterstütze
Pistolengriff mit Fingerauflage,
Reinigungsgerät befindet sich im Griff, ein dreiteiliger Putzstock ist zerlegt im Vorderschaft
untergebracht.
- LMG-944 Leichtes Maschinengewehr
Länge: 959mm Lauflänge: 500 mm Kaliber 5,56mmx45, starrer Kunststoffkolben mit individuell anpassbarer Schaftkappe, antrazitfarben Pistolengriff mit Fingerauflage, Reinigungsgerät befindet sich im Griff, ein dreiteiliger Putzstock ist zerlegt im Vorderschaft untergebracht. Abklappbares Zweibein vor der Kornhalterung, im abgeklappten Zustand im unteren Handschutz verborgen
- PG-945 Präzisionsgewehr
Länge: 950mm Lauflänge: 500 mm Kaliber 5,56x45, Stangenmagazin / Kapazität: 30 Schuss, nur Einzelfeuer_Modus starrer Kunststoffkolben mit individuell anpassbarer Schaftkappe, antrazitfarben Abklappbares Zweibein vor der Kornhalterung, im abgeklappten Zustand im unteren Handschutz verborgen Pistolengriff mit Fingerauflage, Reinigungsgerät befindet sich im Griff, ein dreiteiliger Putzstock ist zerlegt im Vorderschaft untergebracht.