Zum Inhalt springen

Mütter gegen Atomkraft

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 1. August 2024 um 21:15 Uhr durch 2003:e8:ef2a:27c:5980:a6a4:371a:cc7 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Mütter gegen Atomkraft bei der Gedenkveranstaltung zum 20. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl auf dem Marienplatz in München

Mütter gegen Atomkraft (MgA) ist ein Anfang Juni 1986[1] eingetragener und als gemeinnützig anerkannter Verein mit Sitz in München, der anlässlich der Katastrophe von Tschernobyl gegründet wurde.[2] Er ging aus einer Initiative von Müttern aus Starnberg hervor, die dazu aufgerufen hatten, am 12. Mai 1986, dem damaligen Muttertag, Muttertagssträuße in Form eines Strahlenzeichens auf dem Münchner Marienplatz auszubreiten.[1]

Geschichte und Ziele

Der Verein hat 1.100 Mitglieder und verfolgt das Ziel des Atomausstiegs.[3] Schon bei der Gründung wurde als Zielsetzung neben Schadensbegrenzung aus aktuellem Anlass ein energiepolitisches Umdenken gefordert.[1] Laut Satzung steht der Verein Eltern, Großeltern, Singles und allen Menschen, die sich gegen Atomkraft engagieren wollen, offen. Bereits zu Anfangszeiten des Vereins waren vereinzelt Männer unter den Mitgliedern, mehrheitlich haben sich Männer jedoch nach Einschätzung von Gründerin Gina Gillig[4] eher abgeschreckt gefühlt, was sie mit Rollenklischees, die sich mit dem Begriff „Mutter“ verbinden, erklärt. Eine Umbenennung des Vereins zu „Eltern gegen Atomkraft“ wurde diskutiert, jedoch nicht umgesetzt. Ausschlag gab nach Gillig, dass die Arbeit des Vereins zur positiven Besetzung der gesellschaftlichen Erziehungsfunktion von Müttern beiträgt.[5] Der Verein hat Mitglieder in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Neben München und Nürnberg gibt weitere Ortsverbände.[6][7]

Aktivitäten

Im ersten Jahr der Gründung bildeten Aktivitäten im Zusammenhang mit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl den Schwerpunkt der Vereinstätigkeit. So stand das Bemühen um glaubwürdige Informationen zum Geschehen im Vordergrund. Unabhängige Messergebnisse zur Strahlenbelastung wurden eingeholt und veröffentlicht. Über eigene Messgeräte wurde z. B. der Sand von Sandkästen auf radioaktive Belastung überprüft. Fundierte Information zur Atomkraft wurde eingeholt. Im zweiten Jahr des Bestehens wurde der Handlungsschwerpunkt in öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten auch gegen die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf[8] gesehen. Die Gefahren der Atomkraft wurden über verschiedenen Aktionsformen der Bevölkerung vermittelt sowie die Ersetzbarkeit von Atomenergie als realistische Möglichkeit nach außen getragen. Im Weiteren gewann die Unterstützung für alternative Energien Bedeutung. So war Mütter gegen Atomkraft Mitbegründerin des Nürnberger Energiewendebündnisses.[9]

Zu den Tätigkeiten des Vereins gehören öffentlichkeitswirksame Aktionen und Informationsveranstaltungen, Demonstrationen, atomkritische Konferenzen oder Briefe und Anfragen an Politiker.[10] Im Landkreis Miesbach betreibt der Verein eine eigene Messstation zur Messung des Radioaktivitätsgehalts der Luft, um Strahlungswerte unabhängig evaluieren zu können.[5] Mütter gegen Atomkraft hat nach eigenen Angaben bisher 630 000 Euro an Spenden erhalten. Der Verein leitet diese Spenden zur Verbesserung der medizinischen Infrastruktur in die Ukraine und nach Belarus weiter. Der Verein veranstaltet regelmäßig Mahnwachen, gibt jährlich zum Tschernobyl-Jahrestag das Magazin MÜTTER COURAGE heraus und organisiert seit 1990 die Hilfsaktion „Kinder von Tschernobyl“ in der Ukraine. Der Verein koordiniert dabei u. a. den Transport von Lebensmittelpaketen und Arzneimitteln. Die Initiierung notwendiger Operationen oder Erholungsaufenthalte für kranke Mütter sind ebenfalls Bestandteil der Aktion.[5][11]

Mütter gegen Atomkraft ist Mitglied der Plattform Umweltzentrum Bielefeld.[12]

Einzelnachweise

  1. a b c Homepage der Mütter gegen Atomkraft, abgerufen am 18. Januar 2014.
  2. Würmtals letzte Mutter gegen Atomkraft. In: Merkur Online, 17. März 2011, abgerufen am 6. Juni 2011.
  3. @1@2Vorlage:Toter Link/www.br-online.deMütter gegen Atomkraft wollen sich wehren. (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2018. Suche in Webarchiven) Bayerischer Rundfunk, 27. März 2011, abgerufen am 6. Juni 2011.
  4. merkur-online.de vom 20. Januar 2014 München Nord: Tragische Gewissheit: Die vermisste Gina Gillig ist tot. Abgerufen am 20. Januar 2014.
  5. a b c Kim Eberhardt: Mütter gegen Atomkraft „Ich bin erschüttert, entsetzt, wütend“. In: taz, 23. März 2011, abgerufen am 6. Juni 2011
  6. Mütter gegen Atomkraft Regensburg (PDF) - Kultur gegen die WAA
  7. Der Verein Mütter gegen Atomkraft (MgA). in: Jakob Felsberger: Tschernobyl in Erlangen - Reaktionen und Dynamiken im lokalen Umfeld 1986-1989. Hrsg. FAU, Erlangen 2020, ISBN 978-3-96147-285-7, S. 87–115.
  8. Mütter gegen Atomkraft - Fundus (PDF) auf Kultur gegen die WAA
  9. Nürnberger Zeitung vom 23. März 2011 Diese Technik verzeiht einfach keine Fehler, abgerufen am 12. Dezember 2011.
  10. Ulrike Röhr, Dagmar Vinz: Frauen gegen Atomenergie - die Auswirkungen von Tschernobyl auf das umwelt- und energiepolitische Engagement von Frauen, in: Lutz Mez, Lars Gerhold, Lars, Gerhard de Haan (Hrsg.): Atomkraft als Risiko. Analysen und Konsequenzen nach Tschernobyl. Internationaler Verlag der Wissenschaften, Frankfurt am Main 2010 (PDF) (Memento vom 16. August 2012 im Internet Archive)
  11. Blanche Mamer: „Mütter gegen Atomkraft“. Süddeutsche Zeitung, 12. Oktober 2010, abgerufen am 10. Dezember 2011
  12. Umweltzentrum Bielefeld, abgerufen am 6. Juni 2011.